kreditausfälle in niedrigzinsphasen

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kreditausfälle in niedrigzinsphasen
KREDITAUSFÄLLE IN NIEDRIGZINSPHASEN
ZEB.THEMEN • SEPTEMBER 2014
Dr. Roger Stettler
Dr. Dirk Holländer
Heinz Rubin
Marius Garbowski
INHALT
KREDITAUSFÄLLE IN NIEDRIGZINSPHASEN
Management Summary
4
1. Einleitung
5
2. Untersuchung
7
3. Fazit und Stellhebel
12
4. Quellen und weiterführende Literatur
14
15
Kontakt
zeb
3
MANAGEMENT SUMMARY
1. EINLEITUNG
ZINSEN AUF HISTORISCHEM TIEF
(IST-SITUATION)
Anfang der 1990er Jahre fielen in der Schweiz zeitlich
steigende Zinsen mit stark steigenden Ausfällen auf Immobilienfinanzierungen zusammen. Heute besteht im
Markt die Befürchtung, dass steigende Zinsen wiederum
mit höheren Kreditausfällen einhergehen könnten.
Vor dem Hintergrund der globalen Finanz- und der (süd-)
europäischen Schuldenkrise befinden sich die Geld- und
Kapitalmarktzinsen in der Schweiz, wie auch in anderen
europäischen Ländern, den USA und Japan, auf historisch niedrigem Niveau. So lag der durchschnittliche Hypothekarzins in CHF Ende 2013 bei nur noch ca. 2 %
(vgl. Abb. 2).
Ein Vergleich mit ausländischen Immobilienkrisen zeigt
jedoch, dass zwischen Zinsentwicklung und Kreditausfällen kein systematischer Zusammenhang besteht.
Vielmehr treibt die realwirtschaftliche Entwicklung und
insbesondere die Entwicklung des Arbeitsmarktes die
Kreditausfälle.
Neben der aktuell positiven Wirtschaftsentwicklung
in der Schweiz (vgl. Abb. 1) und der niedrigen Zinssituation ist auch aufgrund eines Mangels an attraktiven
alternativen Investmentmöglichkeiten die Nachfrage an
Immobilien in der Schweiz in den letzten Jahren stark
angestiegen.
Banken sollten somit die Prognose der Kreditausfälle unabhängig von Zinserwartungen vornehmen.
Die verstärkte Nachfrage an Wohn- und Gewerbeimmobilien führte wiederum zu einem Preisanstieg auf das
Niveau zu Zeiten des letzten Immobilienbooms in der
Schweiz zu Beginn der 1990er Jahre (vgl. Abb. 2).
Hypothekarzinsen in CHF
Historische Prägung
Damals war das makroökonomische Umfeld am Ausgangspunkt des Booms ebenfalls von einer positiven
konjunkturellen Entwicklung, mit einer sinkenden Arbeitslosenquote und einem steigenden Bruttoinlandsprodukt, geprägt. Eine weitere Parallele bildet das historisch niedrige nominale Zinsumfeld, was die Vergabe
von Hypothekarkrediten1 (vgl. Abb. 2) förderte und die
Immobilienpreise unterstützte. Ab 1989 reduzierte sich
bei weiter steigenden Immobilienpreisen und positiver
konjunktureller Lage die Vergabe von neuen Hypothekarkrediten. Die Phase der Zinserhöhung wurde begleitet von einer steigenden Inflation und mündete in den
Jahren 1991 bis 1993 in eine Rezession. Aufgrund der
folgenden konjunkturell angespannten Phase und der
erhöhten Refinanzierungskosten sank die Nachfrage vor
allem nach Wohnimmobilien in den kommenden Jahren.
Preisindex Wohnimmobilien
14,00
BIP Veränderungen
180
160
12,00
Kreditausfälle
140
10,00
Zinssatz / Quote (in %)
2
1
0
(in %)
-1
-2
-3
2000
2001
2002
2003
2004
2005
2006
2007
2008
Abbildung 1: Entwicklung des BIP und der Kreditausfälle in der Schweiz
2009
2010
2011
2012
8,00
100
6,00
80
60
4,00
40
2,00
20
0,00
0
1986
1987
1988
1989
1990
1991
1992
1993
1994
1995
1996
1997
1998
1999
2000
2001
2002
2003
2004
2005
2006
2007
2008
2009
2010
2011
2012
2013
3
Preisindex (in %)
120
4
Abbildung 2: Entwicklung der Zinssätze sowie der Hypothekenvergabe und der Preise für
Wohnimmobilien in der Schweiz
Die Quote setzt sich zusammen aus dem Verhältnis der in CHF im jeweiligen Jahr hinzugekommenen benutzten Hypothekenforderungen von
Schweizer Banken zum Bruttoinlandsprodukt in CHF (nicht inflationsbereinigt). Ab September 2006 wurde die Grundgesamtheit verändert.
Die Werte wurden auf die alte Grundgesamtheit hin angepasst.
1
4
5
2. UNTERSUCHUNG
ANGST VOR EINER WIEDERHOLUNG
Das derzeit niedrige Zinsumfeld führt bei vielen Schweizer Retailbanken zu rückläufigen Zinsmargen, insbesondere bei den Passivprodukten. Der Zinserfolg macht in
Retailbanken typischerweise 70 % bis 80 % des Gesamtertrags aus. Simulationen zeigen, dass bei weiterhin
tiefer Zinsentwicklung der rückläufige Zinserfolg bei einem Grossteil der Retailbanken zu einer ungenügenden
Eigenkapitalverzinsung führen wird.
Obgleich eine Zinsanhebung vielen Banken dienlich zu
sein scheint, wird im Marktumfeld aufgrund der historischen Erfahrung aus der Immobilienblase Anfang der
1990er Jahre ein deutlicher Anstieg von Forderungsausfällen in Verbindung mit einer erneuten Rezession befürchtet, falls die Zinsen angehoben würden. Trotz erheblich anderer Umstände (erhöhte EK-Vorschriften gem.
Basel II/III, antizyklischer Kapitalpuffer, geringe Inflation
etc.) scheint die bittere Erfahrung aus der Vergangenheit
noch bei vielen Marktteilnehmern präsent zu sein.
In der folgenden Untersuchung soll veranschaulicht werden, dass die Befürchtungen Schweizer Marktteilnehmer
auf eine Wiederholung des Szenarios der 1990er Jahre
nicht zwingend Realität werden müssen. Die folgenden
beiden Thesen werden im nächsten Abschnitt näher
beleuchtet:
•Ein Zusammenhang zwischen Zinshöhe und Kreditausfällen ist vor dem Hintergrund der makroökonomischen Gesamtentwicklung zu betrachten:
•Steigende Zinsen implizieren nicht unbedingt eine
übermässige Ausfallrate, das Platzen von Blasen sowie
Rezessionen.
•In einem Niedrigzinsumfeld können ebenfalls hohe
Ausfallraten vorherrschen bzw. Ausfallraten stark
ansteigen.
•Für eine Früherkennung des Platzens von Preisblasen
bzw. eine Prognose des Kreditmarktes sind die Entwicklung des BIP, die Arbeitslosenquote und die Entwicklung
der Aktienkurse von Immobilienaktien besser geeignet
als die Entwicklung des Zinsniveaus.
Niedrige Ausfallraten bei hohen Zinsen anhand des
Beispiels USA
Die Befürchtung vieler Schweizer Banker, dass ein Zinsanstieg mit einem Anstieg der Kreditausfallraten zusammenhängt, scheint auf den ersten Blick plausibel.
So können durch eine Anpassung des Zinssatzes nach
oben nach Ablauf einer bestimmten Zinsbindungsfrist
viele Kreditnehmer in ernsthafte Zahlungsschwierigkeiten geraten. Die dann höheren monatlich fälligen
Zinsen können bei knapper Kalkulation nicht mehr
geleistet werden. Ein hoher Risikoappetit der Banken
und eine lockere Kreditvergabe in Niedrigzinsphasen
verstärken dieses Risiko. Sinkt im Zuge dessen die
Nachfrage nach Immobilien und damit deren Marktwert, so sinkt auch der Besicherungswert des Kredites.
In einem Zweitrundeneffekt sind die Banken aufgrund
des erhöhten unbesicherten Teiles gezwungen, höhere
Zinsen zu verlangen und ein höheres Eigenmittelerfordernis zu erfüllen. Dies setzt wiederum die Kreditnehmer
unter einen erhöhten Druck, da der Kreditgeber vom Kreditnehmer zusätzliche Eigenmittel verlangen muss.
US Wohn-Hypothekarzinsen
Diese Befürchtungen müssen jedoch nicht unbedingt
bei einem Zinsanstieg in der Schweiz realisiert werden.
So zeigt ein Vergleich von Hypothekenzinsen mit Hypothekenausfällen (vgl. Abb. 3) in den USA in den 1990er
Jahren, dass trotz eines konstant hohen Zinsniveaus die
Ausfälle von Hypothekarforderungen für Wohnimmobilien sogar leicht rückgängig waren. Erst nach dem Platzen der Immobilienblase in den Jahren 2006 und 2007
sind die Kreditausfälle drastisch in die Höhe gestiegen.
Grund dafür war die lockere Geldvergabepolitik vieler
Banken auf Basis konstant steigender Immobilienpreise
in den Vorjahren. Nachdem die Preise nicht mehr stiegen, konnten viele Kunden ihre Häuser im Rahmen einer
Umschuldung nicht mehr refinanzieren.
Haupttreiber der Blase waren Immobilienspekulationen in erhöhtem Masse. In einer aktuelle Studie,
in der Ursachen für das Aufbauen und Platzen von
Blasen im amerikanischen Grundstücks- und Immobilienmarkt (1790 -2010) untersucht wurden, wurde
festgestellt, dass die meisten Blasen und Kreditausfälle
nicht von einer lockeren Kreditvergabepolitik der Banken
bzw. Staaten ausgegangen waren. Krisen bildeten sich
auf Basis von falschen und nicht weitsichtigen Erwartungen und Entscheidungen der Marktteilnehmer sowie
einer zu niedrigen Risikobepreisung durch Eigner und
Gläubiger.
Ausfall von Wohn-Hypotheken
Preise saisonbereinigt
12,00
250,00
10,00
200,00
8,00
150,00
6,00
100,00
4,00
2,00
50,00
0,00
0,00
1991
1993
1995
1997
1999
2001
2003
2005
2007
2009
2011
Preisindex (in %)
Für die Schweizer Banken zeichnete sich damals die Ära
des Abschwungs im Immobiliensektor durch eine hohe
Ausfallrate an Hypothekarforderungen aus, insbesondere bei Gewerbe- und Büroimmobilien. Vor allem Regionalbanken aber auch Kantonalbanken gerieten aufgrund
ihres hohen Anteils an Hypothekarkrediten in Schieflage,
sodass sich deren Anzahl in den 1990er Jahren deutlich
reduzierte. Es zeigte sich hier, dass die Risiken deutlich
zu niedrig eingepreist wurden. Experten der Eidgenössischen Bankenkommission (EBK) beziffern den gesamten Abschreibungsbedarf bei inländischen Krediten in
der Schweiz im Zeitraum 1991 bis 1996 auf 8,5 % bzw.
CHF 70 Mrd.
Zinssatz bzw. Ausfallrate (in %)
Ziel der Untersuchung
2.1 Zusammenhang zwischen
Zinshöhe und Kreditausfallraten
2013
Abbildung 3: Entwicklung von Hypotheken und Immobilienpreisen in den USA
6
7
10,00
650
8,00
550
6,00
450
4,00
350
2,00
250
0,00
94 995 996 997 998 999 000 001 002 003 004 005 006 007 008 009 010 011 012 013
1
1 1
1 1
2 2
2 2
2 2
2 2
2
2 2
2 2
2
19
Ø Verzinsung langlaufende Hypotheken
300
6,00
250
4,00
200
2,00
150
6,00
4,00
2,00
0,00
So konnten in Japan zu Beginn des Jahrtausends erhöhte
Kreditausfälle beobachtet werden (siehe Abb. 4), obwohl
sich das Zinsniveau seit einem längeren Zeitraum davor
auf einem sehr niedrigen Stand befand (siehe Abb. 5).
8
Der Grund für die erhöhte Anzahl ausgefallener Kredite
ist vielmehr an den makroökonomischen Entwicklungen
als an der Zinshöhe festzustellen. Nachdem sich durch
Spekulation Ende der 1980er Jahre eine hervorgerufene
Blase an der Börse und den Immobilienmärkten gebildet
hatte (vgl. Abb. 6), geriet Japans Wirtschaft nach deren
Platzen in Schieflage. Trotz verspäteter geld- und fiskalpolitischer Bemühungen (z. B. durch eine Senkung der
Zinsen), um einer Deflation entgegenzuwirken, konnte
das Eintreten einer Deflationsspirale nicht verhindert
werden. Erst eine konsequente Restrukturierungspolitik
und der Aufkauf notleidender Kredite erlaubten eine Erholung der japanischen Wirtschaft nach 2003. Nachfolgend konnte eine Reduktion der Ausfallrate von Krediten
beobachtet werden (vgl. Abb. 5).
Korrelationskoeffizient
8,00
Hohe Ausfallraten in Niedrigzinsphasen anhand der
Beispiele Japan und Dänemark
Obiges Beispiel verdeutlicht, dass eine Erhöhung der
Zinsen nicht zwangsläufig ein Auslöser für eine Erhöhung
von Kreditausfällen sein muss. Auf der anderen Seite
ist es ebenso möglich, dass bereits vor einer Erhöhung
(bzw. nach einer Phase der nachhaltigen Senkung) des
Zinsniveaus ein Rückgang der Nachfrage an Immobilien
und ebenso ein Anstieg der Ausfälle von Krediten und
Hypotheken nicht auszuschliessen ist.
2001
2003
2005
2007
Kreditausfälle vs. GKM 5 Jahre
10,00
Abbildung 5: Entwicklung der Immobilienpreise und Zinsen in Japan
1999
2009
2011
2013
Abbildung 6: Entwicklung der Hypothekenzinsen, Kreditausfälle und Immobilienpreise
in Dänemark
Verzinsung langfristiger Kredite
75 77 79 81 83 85 87 89 91 93 95 97 99 01 03 05 07 09 11 13
19 19 19 19 19 19 19 19 19 19 19 19 19 20 20 20 20 20 20 20
100
0,00
1997
Ø Zinssatz (in %)
Preisindex (in %)
300
250
200
150
100
50
0
Preisindex Wohnimmobilien
8,00
Abbildung 4: Entwicklung der Insolvenzen in der Immobilienbranche und von Kreditausfällen in Japan
Immobilien-Index Japan
Kreditausfälle
Preisindex (in %)
750
Zinssatz bzw. Ausfallrate (in %)
Kreditausfälle
Ausfallrate (in %)
Anzahl
Insolvenzen Immobilienbranche
Kreditausfälle vs. GKM 10 Jahre
0,1
0,05
0
-0,05
-0,1
-0,15
-0,2
0 Jahre
+1 Jahr
+2 Jahre
+3 Jahre
+4 Jahre
+5 Jahre
Abbildung 7: Korrelation zwischen Geldmarktsätzen und Kreditausfallraten in den Jahren 2000-2013 auf Basis des
Durchschnittes der Korrelationskoeffizienten für diverse Länder im selben Jahr und bis zu 5 Jahre verschoben
Übertragen auf die heutige Situation in der Schweiz bedeutet dies, dass die Ausfallraten von Hypothekarkrediten nicht nur aufgrund der günstigen Zinssituation, sondern vor allem aufgrund der guten makroökonomischen
Situation in einem niedrigen Bereich liegen. Eine Veränderung der volkswirtschaftlichen Bedingungen hätte bei
gleichbleibendem Zinsniveau einen grossen Einfluss auf
die Immobilienpreise sowie die Ausfallraten von Krediten.
Ein ähnliches Szenario wie in Japan Anfang der 1990er
Jahre ist auch in Dänemark nach der letzten Krise ab
2007 zu beobachten (vgl. Abb. 6): Nach einem kurzfristigen Zinsanstieg, aufgrund fehlender Liquidität bei
Ausbruch der Krise, folgte eine Phase der Zinssenkung
und erhöhter Kreditausfallraten, die bis heute andauert.
Trotz der historisch niedrigen Zinsen befindet sich der
Preisindex von Wohnimmobilien auf Talfahrt. Eine Untersuchung für weitere europäische Staaten ergab ein ähnliches Bild: Auch z. B. in den Niederlanden oder Spanien
sind die Kreditausfälle zusammen mit sinkenden Zinsen
angestiegen.
Der Unterschied zum japanischen Szenario ist die Kopplung des Zinsniveaus in DKK an das des EUR. Ebenso
besteht zwischen dem Zinsniveau des CHF und dem
des EUR eine hohe positive Korrelation, sodass dieses Szenario für die Schweiz als realistisch erscheint.
Zusammenfassend lässt sich aus diesen Beispielen
ableiten, dass die Höhe des Zinsniveaus keinesfalls an
die Höhe der Kreditausfallrate gekoppelt ist. Die Untersuchung von Korrelationen zwischen diversen lokalen
Geldmarktzinssätzen und lokalen Kreditausfallraten
untermauert diese Schlussfolgerung (siehe Abb. 7).
9
2.2 Indikatoren für Immobilienblasen
Bruttoinlandsprodukt und Arbeitslosigkeit
Dabei liegen die Korrelationskoeffizienten der 5-jährigen
Geldmarktzinssätze und Ausfallraten bei -0,19 bzw. der
10-jährigen Geldmarktzinssätze und Ausfallraten bei
-0,07. Weiter reduzieren sich die Korrelationskoeffizienten für Verschiebungen der Kreditausfallzeitreihen um
bis zu fünf Jahre, im Falle der Unterstellung eines verzögerten Effektes. Folglich kann eine Prognose über die
Entwicklung von Kreditausfallraten einzig auf Basis der
Entwicklung von Zinssätzen nicht zuverlässig getroffen
werden. Die beiden Entwicklungen können sowohl einheitlich verlaufen als auch vollständig divergieren. Vor
dem Hintergrund des individuellen volkswirtschaftlichen
Szenarios sind weitere Indikatoren zu berücksichtigen.
Betrachtet man einen Kreditausfall als Folge der Zahlungsunfähigkeit eines Kreditnehmers, so ergeben sich
folgende Überlegungen:
Die Untersuchung eines Zusammenhanges der Veränderungsrate von Bruttoinlandsprodukten bzw. der Veränderung der Arbeitslosenquote verschiedener Volkswirtschaften mit der jeweiligen Kreditausfallrate ergab
Korrelationskoeffizienten in Höhe von durchschnittlich
-0,50 bzw. 0,54. Im Detail liegen die Korrelationskoeffizienten für das Bruttoinlandsprodukt im (teilweise hoch)
positiven Bereich. Ebenso liegen die Korrelationskoeffizienten für die Arbeitslosenquote im (teilweise hoch)
negativen Bereich. Daraus lassen sich die folgenden
beiden Schlüsse ziehen:
Grundsätzlich ist sowohl die Kapitaldienstfähigkeit von
Unternehmen als auch die Bonität von privaten Kreditnehmern in Phasen des wirtschaftlichen Abschwungs
schlechter als in Phasen des Aufschwungs. Haben Unternehmen im Vorfeld Investitionen mithilfe von Fremdkapital getätigt, so können die Zins- und Tilgungszahlungen
womöglich durch wegbrechende Einnahmen nicht mehr
gedeckt werden. Infolgedessen kann es unter anderem
durch Entlassungen zu einer Schieflage vieler Haushalte kommen, die sich privat, z. B. durch die Finanzierung
eines Eigenheimes, überschuldet haben. Auch konservative Tragbarkeitsberechnungen können sich bei
Arbeitslosigkeit dramatisch verschlechtern. Folglich sollte die Kreditausfallrate stärker von der Veränderung makroökonomischer Faktoren ausgehen als lediglich von
der Zinshöhe.
Dementsprechend erscheint die Suche nach weiteren Indikatoren, mit deren Hilfe eine Prognose oder zumindest
eine aktuell kurzfristige Einschätzung über die Veränderung der zukünftigen Bonität zu treffen ist, als sinnvoll.
Im nächsten Abschnitt werden einige Indikatoren untersucht, deren Zusammenhang mit Kreditausfällen angemessen erscheint.
1. Grundsätzlich gilt: Je höher die Steigerung des realen
Bruttoinlandsproduktes einer Volkswirtschaft, desto
niedriger ist die Ausfallrate von Krediten im jeweiligen
Jahr und vice versa.
2. Grundsätzlich gilt: Je höher die Steigerung der
Arbeitslosenquote einer Volkswirtschaft, desto höher ist
die Ausfallrate von Krediten im jeweiligen Jahr und vice
versa.
Ausfall von Hypothekenkrediten in den USA
2012
2011
2010
2009
2008
2007
2006
2005
0,00
2004
0
2003
2,00
2002
4,00
200
2001
400
2000
6,00
1999
600
1998
8,00
1997
10,00
800
1996
1000
1995
12,00
1994
1200
Ausfallrate (in %)
MSCI Real Estate Total Return Index
Indexwert
Aktien von Immobilienfirmen
Neben vielen prognostizierten makroökonomischen Indikatoren spiegeln Aktien bzw. ganze Aktienindizes die
Erwartungen der zukünftigen Entwicklung einer ganzen
Volkswirtschaft wider. Sinkende Unternehmenswerte
können unter anderem auf eine schlechte Auftragslage,
sinkende Einnahmen und/oder steigende Kosten hindeuten. Alle Auslöser würden zu einer geringeren Bonität
eines betroffenen Unternehmens führen bzw. im Falle
einer Entlassung deren Arbeitnehmer. Darüber hinaus
kann ein spezieller Branchenindex Aufschluss über die
wirtschaftlichen Erwartungen innerhalb einer Branche
wiedergeben.
Im Falle der Immobilienbranche führt eine geringer werdende Nachfrage zu Auftragsrückgängen und somit zu
Kursrückgängen von Immobilienunternehmen. Es ist zu
vermuten, dass nicht nur die Auftragslage mit den Aktienkursen korreliert, sondern ebenfalls die Ausfälle von
Hypothekenkrediten. In Abb. 8 wird dieser Zusammenhang anhand des MSCI Real Estate Total Return Indizes
und der Ausfallrate von Hypotheken in den USA dargestellt.2
Während der Hausse zwischen 1994 und 2006 ist die
Ausfallrate von Hypothekenkrediten in den USA relativ gesunken. Zur Zeit des und nach dem Crash in den
Jahren 2006 und 2007 sind die Immobiliennachfrage
und damit die Preise deutlich gesunken, was zu einer
Zahlungsunfähigkeit vieler Kreditnehmer führte, da viele
Kredite mit einem zu hoch bewerteten Sicherheitsobjekt
besichert waren. Der Rückgang der Kurse war bereits zu
Beginn der Krise im Jahre 2006 zu beobachten.
Abbildung 8: Entwicklung eines Immobilienaktienindizes und Hypothekenausfallraten
2
Der MSCI Real Index enthielt Ende 2013 ca. 45 % Anteile an Immobilienunternehmen aus den USA. Der Vergleich mit Hypothekenausfällen
in den USA erscheint an dieser Stelle sinnvoll.
10
11
3. FAZIT UND STELLHEBEL
FAZIT
STELLHEBEL
Grundsätzlich können vor dem Hintergrund der prognostizierten Entwicklung der Schweizer Ökonomie und der
obigen Untersuchungsergebnisse nach einem Zinsanstieg durchaus alternative Szenarien in der Schweiz auftreten als dies in den 1990er Jahren der Fall war.
• Es ist eine adäquate Einbindung von makroökonomischen und zusätzlichen institutsspezifischen Parametern
in die Risikomanagementsysteme sicherzustellen, um
zukünftige Risiken in den Portfolios zeitnah identifizieren
und angemessen quantifizieren zu können. Auf dieser
Basis kann für Jahre mit höheren Ausfallraten vorgesorgt
und ausreichend Eigenkapitel vorgehalten werden. Darüber hinaus ist die Bereitstellung eines angemessenen
Risikomanagementsystems, vor allem in der aktuellen
Niedrigzinsphase, sehr bedeutsam, da höhere Margen
nur durch das Eingehen höherer Risiken zu erwirtschaften sind.
So könnte bei Erholung der gesamteuropäischen Wirtschaft trotz eines darauf folgenden mittelfristigen Zinsanstiegs des EUR die Kreditausfallrate in den südeuropäischen Ländern sinken. Dies hätte ebenfalls, durch
die Kopplung des CHF an den EUR und den gemeinsamen Wirtschaftsraum, positive Auswirkungen auf die
Ökonomie der Schweiz.
Infolgedessen können Schweizer Banken einem Zinsanstieg gelassener entgegensehen – unter der Prämisse,
dass andere wirtschaftliche Indikatoren sowie Risikofaktoren in angemessener Weise beobachtet und eingepreist werden. Folgende Handlungsempfehlungen lassen sich aus den gewonnenen Erkenntnissen ableiten:
12
• Die aus dem Kreditrisikomanagement gewonnenen
Erkenntnisse sollten, neben dem allgemeinen Zinsniveau, in das Pricing von Krediten und Hypothekardarlehen einfliessen, um eine Optimierung der Margen in der
derzeitigen Niedrigzinsphase sicherzustellen. Bei einem
Anstieg des Zinsniveaus ist die Optimierung des Pricings
besonders wichtig, um erhöhten Risiken frühzeitig entgegenzuwirken.
• Zusätzlich sollte bei der Kreditvergabe weniger hohes
Gewicht auf Tragbarkeitsberechnungen gelegt werden,
da sich diese in einem Umfeld steigender Arbeitslosigkeit rasch dramatisch verschlechtern können. Dies gilt
insbesondere für das gehobene Wohnsegment. Dieses
wird typischerweise von Kreditnehmern bewohnt, welche
im Falle von Arbeitslosigkeit erhebliche Einkommenseinbussen erleiden und längere Zeit benötigen, um eine
neue vergleichbar bezahlte Arbeitsstelle zu finden. Der
Belehnungswert sowie die erwartete Entwicklung der Immobilienpreise und Marktliquidität in einem Abschwung
sind zentralere Faktoren für die Vermeidung von Kreditverlusten. Auch positiv sind weitere liquide und wertstabile Vermögenswerte des Kreditnehmers.
13
4. QUELLEN UND WEITERFÜHRENDE LITERATUR
KONTAKT
ZEB
Dr. Roger Stettler
Manager
Daten:
• EZB
• Nationale Zentralbanken
• International Monetary Fund – World Economic
Outlook Database
• Bloomberg
• The Economist house price index
• Federal Housing Finance Agency (USA)
• Instituto Nacional de Estadistica (Spanien)
• Statistics Netherlands – CBS
• Land Institute of Japan
• Europace
• The World Bank
• Schufa
• Eurostat
14
•“Free exchange – Betting the house” (The Economist,
6. April 2013; abgerufen am 6. Januar 2014 von http://
www.economist.com/node/21575737/print)
•“Global house prices – Castles made of sand” (The Economist, 4. Januar 2014; abgerufen am 24. Januar 2014
von http://www.economist.com/node/21592646/print)
•„Nationalbank: Schweiz droht
(Die Presse, 17. Juni 2010)
Immobilienblase“
•Alain Geier: „Ökonomische Blasen: thematische Übersicht und gegenwärtige Lage in der Schweiz“ (Working Paper der EFV (Eidgenössische Finanzverwaltung), Nr. 14,
Juni 2010)
•Edward L. Glaeser: “A Nation of Gamblers: Real Estate
Speculation and American History” (Harvard University
and NBER, 18. Januar 2013)
•Oliver Mihm: „Zinstief verlangt von Banken neue Ideen
im Privatkundengeschäft“ (Börsenzeitung, 14. Januar
2014)
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15
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