Barney Stinson im alten Rom?

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Barney Stinson im alten Rom?
Inhaltsverzeichnis
1. Längerfristige Unterrichtszusammenhänge…..…..……………………………..………………………………..
1
1.1 Curriculare Legitimation der Unterrichtsreihe…………………………….…………….…………….
1
1.2 Lernausgangslage........................................................................................................
1
1.3 Übersicht über die Unterrichtsreihe............................................................................
2
1.4 Didaktischer Kommentar zur Unterrichtsreihe............................................................
3
2. Planung der Stunde..................................................................................................................
6
2.1 Hauptintention............................................................................................................
6
2.2 Teilziele als Erweiterung der Kernkompetenzen ………………………………………………………
6
2.3 Begründung didaktischer Entscheidungen……………………………………………………...........
6
2.4 Begründung methodischer Entscheidungen……………………………………………….…………..
8
2.5 Tabellarischer Verlaufsplan.........................................................................................
11
3. Literatur- und Quellenverzeichnis……………………………………………………………………………………….
12
4. Anhang…………………………………………………………………………………………………………………………………
14
Flirttricks: Versprechen und Tränen - Erschließung und leistungsdifferenzierte Übersetzung von Ovid, Ars amatoria I 631/632 und 659-662
1. Längerfristige Unterrichtszusammenhänge
1.1 Curriculare Legitimation der Unterrichtsreihe
Die vorliegende Unterrichtsreihe Ovids Ars amatoria - Mehr als ein antikes „Playbook“ ist in das
Rahmenthema „Erleben und Dichten - Welterfahrung in poetischer Gestaltung“1 einzuordnen. Dieses Rahmenthema wird im ersten Kurshalbjahr im selbstformulierten Kursthema „Liebe in der augusteischen Gesellschaft zwischen Wirklichkeit und Dichtkunst - Ovids Liebesdichtung“ entfaltet.
Die Reihe entspricht damit den Vorgaben der Richtlinien und Lehrpläne. Der Schwerpunkt der „historische[n] Kommunikation“2 im Spannungsfeld von historischer und gegenwartsbezogener Interpretation3 und die „metrische Analyse“4 der poetischen Texte sind ebenfalls curricular legitimiert.
Die Vorgaben des schulinternen Curriculums decken sich mit den genannten Inhalten der Richtlinien und Lehrpläne und empfehlen die Behandlung lateinischer Poesie mit möglichen Schwerpunkten in den Bereichen „römische Zivilisation und Kultur“ und „Lesen lateinischer Verse“ in der EF. 5
1.2 Lernausgangslage
In dem Kurs mit 15 Schülerinnen und 7 Schülern, den ich im Rahmen meines Ausbildungsunterrichts seit den Sommerferien unterrichte, herrscht ein sehr angenehmes Lernklima. Die SuS arbeiten zum Großteil zielstrebig und motiviert an den Arbeitsaufträgen. Der Atmosphäre ist stets
freundlich. Ein konstruktiver Umgang mit Fehlern führt zu produktiven Unterrichtsgesprächen.6
Die SuS sind methodisch grundsätzlich gut geschult. Allerdings sind einige Kursteilnehmer es gerade vom Lateinunterricht gewöhnt, sehr passiv zu sein. Daher sind in dieser Unterrichtsreihe viele
kooperative Arbeitsphasen eingebaut. Die Verbindlichkeit der eigenständigen Arbeitserzeugnisse
soll so erhöht werden. Gleichzeitig werden die schwächeren SuS in Zusammenarbeit mit den Leistungsstärkeren gefördert, während diese durch das Lehren ihr eigenes Lernen noch vertiefen.
Der Kurs setzt sich aus SuS aus zwei ehemaligen Kursen der Jahrgangsstufe 9 zusammen, von denen ich selbst einen unterrichtet habe. Die sprachlichen Fähigkeiten der Kursteilnehmer variieren
daher. Texterschließung und Übersetzung der Originaltexte liefern zwar meistens zufriedenstellende
Ergebnisse, einzelne SuS haben jedoch Defizite in den Bereichen Sprach- und Textkompetenz. Das
erste Quartal wird deshalb dazu dienen, die Übersetzungskompetenz der SuS individuell zu fördern. Hierzu werden die SuS zu Selbsteinschätzungen und der Auswahl niveaudifferenzierter Arbeitsblätter aufgefordert. In der vorliegenden Stunde geschieht dies zum ersten Mal. Daneben treten
oft Übersetzungen in kooperativen Lernformen, in denen sich die SuS gegenseitig unterstützen.
1
Ministerium für Schule und Weiterbildung, Wissenschaft und Forschung des Landes Nordrhein-Westfalen (Hrsg.)
(1999), S.24. Im Folgenden zitiert als RuL.
2
ebd. S.8.
3
vgl. ebd. S.41f.
4
ebd. S.20.
5
vgl. Portfolio der Fachschaft Latein. Homburgisches Gymnasium Nümbrecht (2012).
6
vgl. Helmke (2012), S.228ff.
1
Flirttricks: Versprechen und Tränen - Erschließung und leistungsdifferenzierte Übersetzung von Ovid, Ars amatoria I 631/632 und 659-662
Da bei Übersetzungsgesprächen wenige starke SuS meist im Vordergrund stehen, obwohl die meisten Kursteilnehmer auf Aufforderung hin in der Lage sind, produktive Beiträge zu liefern, wird in
mehreren Stunden die Gesprächsleitung mittels Ampelkarten zunächst ganz in die Hände der SuS
gelegt. So müssen sich alle SuS durch das eingeforderte Feedback ins Gespräch einbringen.
Inhaltlich haben die SuS in der Übergangslektüre der Jahrgangsstufe 9 bereits Ovids Metamorphosen behandelt.7 Grundlegende Kenntnisse der lateinischen Metrik und des Stils Ovids sind vorhanden und weiter auszubauen. Der Thematik „Liebe“ sind die SuS zwar in der lateinischen Literatur
noch nicht begegnet, doch lässt sich hier an die Kenntnisse aus dem Deutsch- und Englischunterricht anknüpfen. Darüber können viele Inhalte aus der regelmäßigen Begegnung der SuS mit der
Thematik in den heutigen Massenmedien und ihrem ganz persönlichen Alltag gut erschlossen werden. Gegenwartsbezogene Interpretationen sind daher in diesem Kurs in der Regel sehr ergiebig.
1.3 Übersicht über die Unterrichtsreihe
Thema der Reihe: Ovids Ars amatoria - Mehr als ein antikes „Playbook“
Thema
Hauptintention (Zentrale Kompetenz)
1. Stunde
Stunde
Ein „Playbook“ in der Antike? - Übersetzung und
metrische Analyse von Ars amatoria I 1-2
2. Stunde
Das Programm der Ars - Erschließung und Übersetzung von Ars I 35-40
3./4.
Stunde
Wo lernt man Mädchen kennen? - Arbeitsteilige
Gruppenarbeit zum „Mädchenfang“ in Theater
und Zirkus (Ars I 89-100 u. 135-164)
Partyflirts damals und heute - Synopse, metrische
Analyse und Interpretation von Ars I 565-574
Die SuS übersetzen und skandieren die Verse 1-2
und formulieren inhaltliche Erwartungen an die
Ars amatoria. (Textkompetenz)
Die SuS gliedern den Text, übersetzen ihn und
vergleichen hiervon ausgehend den Aufbau der
Ars mit den Inhalten des „Playbooks“.
(Textkompetenz)
Die SuS übersetzen die jeweiligen Textabschnitte
(Textkompetenz) und erläutern und bewerten die
Inhalte in Kurzvorträgen. (Methodenkompetenz)
Die SuS analysieren die Textinhalte im Vergleich
mit Filmausschnitten vor dem jeweiligen gesellschaftlichen Hintergrund. (Kulturkompetenz)
Die SuS erschließen die Inhalte der Textabschnitte, übersetzen den Text und beurteilen die Anweisungen zum Betrug beim Flirten.
(Textkompetenz)
Die SuS übersetzen und skandieren den Text und
ordnen die Inhalte ins Programm der Ars ein.
(Textkompetenz)
Die SuS übersetzen die lateinischen Textausschnitte, fassen die Inhalte der Synopsen zusammen (Textkompetenz), aktualisieren die Inhalte
und verfassen auf dieser Grundlage einen „Beziehungsratgeber“. (Kulturkompetenz)
--Die SuS erschließen und übersetzen Textabschnitte aus Buch III, ordnen sie ins Programm der Ars
ein und erstellen eine Collage zum Rollenbild der
Frau, welches vom Autor gezeichnet wird. (Textund Kulturkompetenz)
Die SuS bewerten Inhalt und Form der Ars vor
ihrem (literatur-)historischen Hintergrund.
(Kulturkompetenz)
5. Stunde
6. Stunde
Flirttricks: Versprechen und Tränen - Erschließung und leistungsdifferenzierte Übersetzung von
Ovid, Ars amatoria I 631/632 und 659-662
7. Stunde
Barney und Robin: puellam tenere - Leistungsdifferenzierte Übersetzung und metrische Analyse
von Ars II 11-14
Strategien, um die Beziehung zu bewahren Gruppenpuzzle zu ausgewählten Inhalten von Ars
amatoria II
8.-10. Stunde
11. Stunde
12./13.
Stunde
Klausur
Auch die Mädchen sollen lernen - Leistungsdifferenzierte Übersetzung und Interpretation von
Auszügen aus Buch III
14. Stunde
Ars amatoria - Ein Partnerpuzzle zur zusammenfassenden Übersicht
7
Die Hälfte des Kurses erhielt lediglich eine Einführung in das Werk, seine Thematik und Metrik, während die restlichen SuS bereits große Teile des Mythos „Apoll und Daphne“ übersetzt haben.
2
Flirttricks: Versprechen und Tränen - Erschließung und leistungsdifferenzierte Übersetzung von Ovid, Ars amatoria I 631/632 und 659-662
1.4 Didaktischer Kommentar zur Unterrichtsreihe
Zentraler Gegenstand der vorliegenden Unterrichtsreihe sind Textauszüge aus der Ars amatoria
des Dichters Ovid (Im Folgenden: Ars). In diesem im elegischen Distichon verfassten Lehrgedicht
ist Ovids lyrisches Ich ein praeceptor amoris (ein „Liebeslehrer“ also), der seinen Leser in einer
dreischrittigen Liebeslehre unterrichten will: Mädchen finden, Mädchen erobern, Mädchen in einer
Beziehung halten. Zu diesem Programm, welches in zwei Büchern abgehandelt wird, treten inhaltlich vergleichbare Anweisungen an weibliche Leser im dritten Buch. Die Textauswahl innerhalb der
Unterrichtsreihe spiegelt diese inhaltliche Progression des Werkes wider. Die Texte treten dabei
häufig in einen Vergleich mit aktuellen „Ratgebern“ zum Thema Liebe und Beziehung - ein zentraler „Vergleichsgegenstand“ ist das „Playbook“: Ein fiktiver ironischer Ratgeber, der auf „Anmachstrategien“8 der Figur Barney Stinson aus der Sitcom How I met your mother beruht.
Die Ars besitzt eine große exemplarische Bedeutung einerseits hinsichtlich ihrer Gattungsspezifika: Die SuS lernen ein Lehrgedicht kennen, welches durch die Wahl des Themas und des elegischen
Distichons als Versmaß mit Elementen der Liebeselegie verknüpft wird.9
Zudem sind die unterschwellige Ironie der Texte und ihre Anzüglichkeit exemplarisch für das gesamte literarische Schaffen Ovids.10 Der Autor begegnet den SuS als Sohn der pax Augusta, der das
Stadtleben Roms und den cultus rühmt und sich damit bewusst pointiert den Tendenzen seiner Zeit
zur Restauration alter Werte entgegenstellt, was später zu seiner Verbannung aus Rom führte. 11
Nun sollen die prägenden Leitgedanken und Intentionen der Unterrichtsreihe zusammengefasst
werden. Der inhaltliche Schwerpunkt liegt vor allem auf der Frage nach der Zeitlosigkeit der Inhalte
der Ars. Hierin kann zugleich die Gegenwarts- und Zukunftsbedeutung der Unterrichtsgegenstände erkannt werden. Die ausgewählten Texte behandeln Themen wie „Flirten“, „Schönheitsideale“ und „Untreue“, wodurch die Motivation durch das Interesse an den Inhalten gewährleistet 12 und
das Quid ad nos? deutlich wird: Im Alter von 15-16 Jahren sind erste Erfahrungen mit Liebe und
Partnerschaft vielleicht das bestimmende Alltagsthema. Auf viele für die SuS existentielle Fragen
gibt Ovid Antworten.13 Einen zwangsläufigen didaktischen Schwerpunkt bildet also die anthropologische Interpretation14. Die SuS werden angeregt, die Textinhalte aus ihrer eigenen Sicht zu
8
Kuhn (2012), S.11.
vgl. Madl (2007), S.2. Motivik und Metrum dienen als Grundlage für die folgende Reihe zu Ovids Heroides.
10
Er selbst nennt sich tenerorum lusor amorum („spielerischer Dichter zarter Liebeslieder“) (Tristia III 3, 73). Alltagssituationen und Gefühle werden vom Autor „in ironischer Brechung“ inszeniert. Kuhlmann (2010), S.69.
11
Ovid spricht in Tristia II 207 von zwei Gründen für seine Verbannung: carmen et error. Über den Error kann nur
spekuliert werden. Carmen jedoch meint unzweifelhaft die Ars amatoria. vgl. Otis (1982), S.253f.
12
vgl. Keip/Doepner (Hrsg.) (2011), S.195.
13
Damit die SuS sich in ihren persönlichen Anliegen und Interessen ernst genommen fühlen, sollte man die Ironie des
Dichters nicht von Beginn an thematisieren; vgl. hierzu Maier (2009), S.21.
14
vgl. RuL (1999), S.41f.
9
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Flirttricks: Versprechen und Tränen - Erschließung und leistungsdifferenzierte Übersetzung von Ovid, Ars amatoria I 631/632 und 659-662
bewerten und ihre zeitlose Gültigkeit zu überprüfen.15 Die Ergebnisse können die SuS „zur kritischen Reflexion über ihr eigenes Verhalten (…) anregen“16. Diese historische Kommunikation17
kann so zur Stärkung des Selbstbewusstseins und zur Identitätsfindung der SuS beitragen.
An vielen Stellen der Reihe werden für ebendiese Zwecke aktuelle Medien eingesetzt. Das genannte „Playbook“, Ausschnitte aus Fernsehserien sowie Fragebögen und Ratgeberkolumnen aus Zeitschriften werden zur Anknüpfung an die Lebenswelt der SuS, zur Erschließung von Textinhalten
und zur Analyse von Gemeinsamkeiten und Unterschieden zwischen Gegenwart und Antike verwendet.18 So soll an einigen Stellen deutlich werden, dass Ovid namentlich dieselben Themen behandelt, seine Ausführungen aber den gesamten Themenkomplex umfassen und er viel subtiler vorgeht als die meisten heutigen Medien.19
Ein weiterer Schwerpunkt ist die „metrische Analyse“20. Die SuS lernen das elegische Distichon
kennen, skandieren einzelne Textabschnitte und nutzen ihre Kenntnisse primär zur Ermittlung von
KNG-Kongruenzen bei der Texterschließung. Aber auch das laute Lesen der Verse wird geübt. 21
Der methodische Schwerpunkt liegt auf dem eigenverantwortlichen Arbeiten. Die SuS sind in der
Übergangslektüre oft stark geführt worden und sollen nun im Umgang mit Originaltexten selbstständiger werden. In vielen Stunden wird der zu übersetzende Text inhaltlich vorerschlossen, anschließend übersetzt und dann mithilfe der Ampelmethode22 weitgehend eigenständig besprochen.
Im Sinne eines gemäßigten Konstruktivismus23 greift der Lehrer hier nur ein, wenn am Ende des
Prozesses noch Unklarheiten bestehen oder um Fehler produktiv zu nutzen. Die SuS werden zudem
mehrmals aufgefordert, ihre Übersetzungskompetenz einzuschätzen und entsprechende Hilfestellungen zu nutzen.24 Durch diese Binnendifferenzierung wird individuelle Förderung sowohl der
schwächeren als auch der starken SuS gewährleistet. Die wiederholte Metakognition zu den eigenen
Lernbedürfnissen fördert die Motivation und erleichtert gezielten Kompetenzaufbau. Hierfür erhalten die SuS auch eine (ggf. eigenständig zu erweiternde) Kann-Liste zu den zentralen Kompetenzen.25 Bei den mehrstündig angelegten Einheiten mit Gruppenarbeitsformen liegt der Fokus nochmals verstärkt auf der Eigenverantwortung der SuS für den Prozess und das Produkt des Lernens.
15
Es treten historische Betrachtungen hinzu, um kulturelle und soziale Hintergründe zu erläutern. Durch die Kenntnis
der Schreibsituation Ovids wird die Analyse von Isomorphie und Allomorphie möglich. vgl. ebd. S.41.
16
Fink/Niemann (1997), S.4.
17
vgl. RuL (1999), S.9.
18
Vereinzelt kann auch die vertonte Paraphrase des Kabarettisten Konrad Beikircher eingesetzt werden, um den SuS
den Versuch einer wirkungsadäquaten Textumsetzung nahezubringen.
19
Im Vergleich zu Ovid beschränken sich „moderne Ratgeber (…) sich weitgehend auf das Gebiet der Sexualität“. s.
Fink/Niemann (1997), S.3.
20
RuL (1999), S.20.
21
So wird den SuS die Klangwirkung des Metrums bewusst gemacht. vgl. Kuhlmann (2010), S.73ff.
22
Dabei wird die Ampelmethode (nach Wahl (2006), S.281) so eingesetzt, dass die SuS sich mithilfe der Karten gegenseitig Feedback zu ihren Übersetzungen geben und so eine gemeinsame Lösung erarbeiten.
23
vgl. Helmke (2012) S.47ff.
24
Es wird mit verschiedenen Arbeitsblättern in drei Schwierigkeitsgraden gearbeitet. vgl. Scholz/Weber (2011), S.141f.
25
vgl. Kuhlmann (2012), S.149f.
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Flirttricks: Versprechen und Tränen - Erschließung und leistungsdifferenzierte Übersetzung von Ovid, Ars amatoria I 631/632 und 659-662
Die vorliegende Stunde ist im Reihenkontext eine Gelenkstelle in doppelter Hinsicht. Sie bildet
die zentrale Einheit zum puellam capere und dessen Abschluss.26 Daher wird in Form von Filmszenen erneut der Bezug zum „Playbook“ hergestellt, um den thematischen Schwerpunkt bewusst zu
machen, Assoziationen hierzu zu wecken und die Motivation zu erhöhen. Zudem wird die binnendifferenzierte Übersetzung auf Grundlage einer Selbsteinschätzung zum ersten Mal durchgeführt.
Der Kompetenzaufbau innerhalb der Unterrichtsreihe geschieht wie folgt.27 Die Sprachkompetenz wird durch den sukzessiven Ausbau des Wortschatzes innerhalb des Sachfeldes „Beziehung
und Körperlichkeit“ erweitert.28 Durch die metrische Analyse und andere TexterschließungsMethoden werden syntaktische Kenntnisse vertieft. Die Textkompetenz wird durch die kontinuierliche Lektüre erweitert. Zu Beginn wird hierbei die Ampelmethode eingeübt, anschließend kommt
die Binnendifferenzierung auf Grundlage der Selbsteinschätzung hinzu. Die Abwechslung von Phasen statarischer und kursorischer Lektüre (z.T. durch zweisprachige Synopsen) garantiert dabei Motivation29 und einen spiralförmigen Kompetenzaufbau. Neben Phasen des Übersetzens treten die
Verfahren der (v.a. anthropologischen) Interpretation. Beginn und Abschluss der Unterrichtsreihe
legen den Schwerpunkt der Interpretation auf die literaturwissenschaftliche Strukturanalyse. Auch
die Kulturkompetenz der SuS wird stufenweise erweitert. Einerseits werden in Interpretationsphasen altertumskundliche Hintergründe zum besseren Textverständnis erarbeitet, andererseits werden
die SuS beim Vergleich des Textes mit aktuellen „Liebesratgebern“ zur historischen Kommunikation angeregt. So wird der Lernbereich „Rezeption und Tradition“30 einbezogen. In der zweiten Hälfte der Reihe stellen die SuS im Sinne einer Handlungs- und Produktionsorientierung31 selbst
aktualisierte Rezeptionsdokumente in Form von Beziehungsratgebern und Collagen her. 32
Die Überprüfung des Kompetenzzuwachses innerhalb der Unterrichtsreihe wird zum Einen durch
eine Klausur gewährleistet. Die Kenntnis der erarbeiteten Texte und Inhalte soll abgeprüft und vertieft werden.33 Zum Anderen wird der inhaltliche Kompetenzaufbau innerhalb der Unterrichtsreihe
durch ständigen Abgleich des Gelesenen mit der auszufüllenden Tabelle zum „Programm der Ars“
gesichert. Der Aufbau eines autoren- und werkspezifischen Wortschatzes34 wird zudem durch zwei
Vokabeltests innerhalb der Unterrichtsreihe überprüft.
26
Zuvor lernen die SuS schon Anweisungen für das Erobern von Mädchen kennen, dort aber immer gebunden an den
passenden Ort. Neu ist der ortsungebundene Rat zu offenem Betrug.
27
Der Ausbau der Methodenkompetenz ist in der Erweiterung der weiteren Kompetenzbereiche impliziert.
28
Die Arbeit mit Sachfeldern dient der Interpretation. vgl. Keip/Doepner (Hrsg.) (2011), S.29f.
29
vgl. Kuhlmann (2012), S.135.
30
RuL (1999), S.16 und S.48f.
31
vgl. Drumm/Frölich (Hrsg.) (2008), S.14ff.
32
Diese Neu-Verarbeitung verdeutlicht auch die subtile Ironie des Textes weiter. vgl. Kuhlmann (2010), S.72f.
33
Übersetzung, Interpretation und metrische Analyse werden verlangt.
34
Den SuS wird zu Beginn der Reihe eine Übersicht über einen zu erlernenden Basiswortschatz ausgeteilt, der selbstständig zu erweitern ist.
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Flirttricks: Versprechen und Tränen - Erschließung und leistungsdifferenzierte Übersetzung von Ovid, Ars amatoria I 631/632 und 659-662
2. Planung der Stunde
2.1 Hauptintention
Die SuS erweitern ihre Textkompetenz, indem sie die Inhalte der Textabschnitte erschließen, den
Text in angemessenes Deutsch übersetzen und die Anweisungen zum Betrug beim Flirten durch
(leere) Versprechungen und (falsche) Tränen beurteilen.
2.2 Teilziele als Erweiterung der Kernkompetenzen
Die SuS erweitern ihre Sprachkompetenz, indem sie…
…bei der Texterschließung die Vokabeln der Sachfelder „Versprechen“ und „Weinen“ markieren
und ihren Wortschatz hierdurch festigen und erweitern.
Die SuS erweitern ihre Textkompetenz, indem sie…
…den Inhalt der Abschnitte durch das Auffinden der Sachfelder erschließen und ihnen passende
Überschriften geben.
…die Textstelle sachlich und sprachlich angemessen übersetzen.
Die SuS erweitern ihre Kulturkompetenz, indem sie…
…große Versprechungen und (scheinbare) emotionale Verletzlichkeit als zeitlose „Flirtmaschen“
von Männern benennen.
…die Lehre des Betrugs beim Flirten als Gemeinsamkeit zwischen der antiken Erotodidaktik der
Ars amatoria und Barney Stinsons aktuellen Tipps benennen und deren Ernsthaftigkeit beurteilen.
Die SuS erweitern ihre Methodenkompetenz, indem sie…
…eigene Lernbedürfnisse einschätzen, entsprechende Hilfen benutzen und die Einschätzung gegebenenfalls während der Erarbeitung korrigieren.
…das Übersetzungsgespräch unter Rückgriff auf die eigenen Ergebnisse weitgehend eigenständig
leiten und sich gegenseitig korrigieren.
Die SuS erweitern ihre Sozialkompetenz, indem sie…
…in der Partnerarbeit auch die Kompetenzen des Partners einschätzen, sich gegenseitig bei der
Übersetzung unterstützen und für beide angemessene Hilfen in Anspruch nehmen.
2.3 Begründung didaktischer Entscheidungen
Den zentralen Gegenstand der Unterrichtsstunde bilden zwei kurze Textauszüge aus Ovid, Ars amatoria I. Das erste elegische Distichon (V. 631-632) behandelt dabei die Wirksamkeit von Versprechungen, der zweite Abschnitt (V. 659-662) rät dem fiktiven Liebesschüler zu falschen Tränen.
Beide Textabschnitte sind dem zweiten Schritt der ovidischen Liebeslehre, dem puellam capere
zuzuordnen. Die SuS haben bis zur vorliegenden Stunde bereits Anweisungen des praeceptor amoris zum Erobern des Mädchens kennengelernt (v.a. das „geschickte“ Verhalten auf der Rennbahn
und das Flirten beim convivium), diese waren aber bislang an feste Orte und Situationen gebun6
Flirttricks: Versprechen und Tränen - Erschließung und leistungsdifferenzierte Übersetzung von Ovid, Ars amatoria I 631/632 und 659-662
den.35 Zudem tritt in den zu behandelnden Versen ein weiterer entscheidender Unterschied zu Tage:
Der offene Rat zum Betrug der puella.36 Anstelle des gewählten Textes hätten auch Auszüge zu
Geschenken, Liebesbriefen oder Körperhygiene das puellam capere beschreiben können, diese Stellen sind weniger gut geeignet, eine lebendige Diskussion anzustoßen. Bei den stattdessen gewählten
Textauszügen wird dem Leser „die Kunst des Täuschens“37 besonders deutlich vor Augen geführt.
Um den SuS dies deutlich zu machen, wird in der Hinführung ein Video eingesetzt, welches Szenen
aus der Fernsehserie How I met your mother zeigt, in denen Barney Stinson einige seiner betrügerischen „Abschleppmaschen“ vorführt. Nachdem das Thema „Betrug beim Flirten“ so herausgearbeitet wurde, kann zum Originaltext übergegangen werden.
Im ersten Distichon fordert der praeceptor amoris dazu auf, Versprechungen zu machen - unabhängig ob sie eingehalten werden können. Sogar Götter sollen als Zeugen angerufen werden. Dieser
Rat zu Verstellung und Dramatisierung wird von den folgenden vier Versen noch übertroffen. Es
wird zu Tränen geraten, da ein emotionaler Mann attraktiv wirkt. Das Weinen soll notfalls künstlich
herbeigeführt werden. Die satirische Verbindung typischer Motive der Liebeselegie38 mit dem didaktischen Charakter des Lehrgedichts verdeutlicht die Exemplarizität des Textes.
Hierneben ist vor allem die leichte Erschließbarkeit beider Textauszüge Grund für ihre Auswahl. In
den ersten beiden Versen finden sich zwei Formen von promittere und der Dativ Sg. von pollicitum
- hiermit kann die Überschrift „Versprechen“ leicht gefunden werden. Der zweite Abschnitt bietet
bereits im ersten Vers zwei Formen von lacrima (Träne), eine weitere zwei Verse weiter. Daneben
stehen mit madidas und uda zwei Begriffe für „feucht, nass“. Diese Wörter führen ebenfalls schnell
zur Überschrift „Tränen“. Anhand der beiden Sachfelder ist damit der Textinhalt erschließbar.
Die ausgelassenen Verse 633-658 behandeln göttlichen Beistand beim Betrug und die Rechtfertigung unmoralischen Handelns durch den Hinweis auf die unredliche Natur der Frauen. Dabei werden die mythologischen Anspielungen ausgelassen, da sie einerseits im Hinblick auf die gegenwartsbezogene Interpretation keinen Zugewinn darstellen, zum Anderen inhaltlich fremd 39 und
sprachlich schwierig erscheinen.40 Die Auslassung der Schilderung des weiblichen Charakters ist im
Hinblick auf eine offene Diskussion am Ende der Stunde sogar fruchtbar. Die SuS sollen dann eigenständig die Moralität der Anweisungen beurteilen. Der Standpunkt des praeceptor amoris wird
erst danach ins Gespräch mit eingebracht.
35
Somit waren die Texte nicht klar vom puellam invenire zu trennen.
So fasst auch von Albrecht die beiden Textabschnitte unter der Überschrift „Versprechungen, Betrug, falsche Tränen“
zusammen. Dieser Zusammenfassung wird gefolgt. s. von Albrecht (1992), S.47f.
37
Holzberg (1998), S.103ff.
38
vgl. Hollis (1977), S.131f. und 137.
39
Gerade die hierin zu Tage tretende Ironie erschließt sich den SuS nicht, da der antike Götterkult und die Religiosität
der augusteischen Zeit ihnen nicht genügend bekannt ist.
40
vgl. Lutz (1976), S.65.
36
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In Vers 662 wird der Lesart uda … manu Vorzug vor uncta … manu41 gegeben. Es ergeben sich
keine syntaktischen Unterschiede, Texterschließung und Interpretation werden erleichtert. 42
Gegen weitere Schwierigkeiten für die Übersetzung wird mit gezielten Hilfen vorgegangen. Hieran
lässt sich der didaktisch-methodische Schwerpunkt der Stunde aufzeigen: Die binnendifferenzierte Übersetzung auf Grundlage der Selbsteinschätzung. Dabei werden den SuS Arbeitsblätter in
drei verschiedenen Schwierigkeitsgraden angeboten. Die Reflexion über die eigenen Fähigkeiten
trägt bereits zur Erweiterung der Übersetzungskompetenz bei. Blatt A (mit dem höchsten Schwierigkeitsgrad) enthält nur wenige lexikalische und syntaktische Angaben43, sodass sich die leistungsstarken SuS besonders auszeichnen können. Blatt C hingegen bietet Angaben zu seltener gebrauchten und unregelmäßig gebildeten Formen und auch einigen Vokabeln, die bereits bekannt sein sollten, allerdings schwierig nachzuschlagen sind. Zudem werden die Hinweise zur Syntax konkreter
und die Hyperbata werden durch Kursivdruck gekennzeichnet. So werden schwächere SuS motiviert, aber zugleich darauf aufmerksam gemacht, in welchen Bereichen noch Defizite vorliegen, die
es zu verbessern gilt.44 So wird durch individuelle Forderung und Förderung jedem Kursmitglied
die Erstellung einer zielsprachenorientierten Übersetzung ermöglicht.
Da der ungewohnte verstärkte Imperativ (fac + Konjunktiv)45 allen SuS angegeben wird, stellt der
letzte Satz durch seine Länge und den nicht auf den ersten Blick zu erschließenden Sinn wohl die
größte Schwierigkeit bei der Übersetzung dar. Dessen Dekodierung und Rekodierung können daher
alternativ im Übersetzungsgespräch gemeinsam mit der LP stattfinden.
Für SuS, welche die Übersetzung schneller als erwartet erledigen, liegt darüber hinaus ein zusätzliches Arbeitsblatt vor, bei dem sie die moralische Rechtfertigung des angeratenen Betrugs beurteilen
sollen. So können sie in der abschließenden Diskussion als Experten auftreten.
In dieser Diskussion werden die erschlossenen Textinhalte mit den Inhalten des Videos vom Beginn
der Stunde verglichen und beurteilt.46 So kann durch die Erörterung der verwendeten Klischees und
der moralischen Fragwürdigkeit der Ratschläge auch die Ironie des Autors zu Tage treten.
2.4 Begründung methodischer Entscheidungen
Zum Einstieg in die Stunde wird mithilfe einer Agenda Transparenz geschaffen. Sie gibt den SuS
einen motivierenden Überblick über die zu erreichenden Ziele und „erleichtert (…) die Steuerung
des Unterrichtsgeschehens.“47
41
Als Vorlage dient die Ausgabe von Petersen/Weiß (1982), S.11. vgl. Hollis (1977), S.137 und Brandt (1963), S.56.
Eine „feuchte“ Hand kann falsche Tränen auf eine Wange bringen, eine mit einer beißenden Substanz „eingeschmierte“ Hand, wirft zunächst weitere Fragen auf: Um welche Substanz könnte es sich handeln, etc.?
43
Darunter die Angabe zum griechischen Akkusativ von adamanta. Die Bedeutung „Stahl“ (statt „Diamant“) wird
wegen der semantischen Nähe zum metaphorischen Gebrauch für „hartes Herz“ angegeben. vgl. Brandt (1963), S.55f.
44
vgl. Scholz/Weber (2011), S.141.
45
vgl. Menge (2005), §122.2, S.169.
46
Der Interpretationsprozess vollzieht sich also in einem hermeneutischen Zirkel. vgl. RuL (1999), S.42.
47
Mattes (2011), S.101.
42
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Die anschließende Hinführung zum Text geschieht durch die Vorführung eines Videos zu den „Abschleppmaschen“ von Barney Stinson. Neben der Erhöhung der Gegenwarts- und Zukunftsbedeutung der Stundeninhalte dient dieses Medium dazu, das Interesse der SuS anzuregen und alle Kursmitglieder an der Auffindung des Stundenthemas „Tricks beim Flirten“ aktiv zu beteiligen. Das
Thema wird an der Tafel festgehalten und beim Anblick der Tabelle zum „Programm der Ars“ innerhalb der Unterrichtsreihe (und des Werks) verortet.48
Dann wird der Text am Beamer eingeblendet und von der LP metrisch vorgetragen. Die SuS werden zuvor aufgefordert, dabei den Schwierigkeitsgrad des Textes hinsichtlich Syntax und Vokabular
einzuschätzen. Auf dieser Basis findet die individuelle Auswahl der Arbeitsblätter statt.
Die Erarbeitungsphase spiegelt im Wesentlichen „das Grundprinzip des Kooperativen Lernens“
wider, indem ein Dreischritt aus „Think - Pair - Share“49 vollzogen werden soll. Die Texterschließung erfolgt also zunächst in Einzelarbeit. Über das Auffinden der Sachfelder „Versprechungen“
und „Tränen“ und die Formulierung passender Zwischenüberschriften konstruieren alle SuS eigenständig ein erstes Verständnis des Textsinns. Besonders während und nach dieser Phase sollten die
SuS die Wahl des Arbeitsblattes reflektieren und gegebenenfalls umwählen.
Unter dem Aspekt der Begabtenförderung erhält ein leistungsstarkes Kursmitglied den Auftrag, die
Erschließung auf einer Folie vorzunehmen. Die Folie wird zum Ende dieser Phase auf den OHP
gelegt. Die Ergebnisse werden kurz vom Kurs diskutiert. Dabei wird von der LP deutlich gemacht,
dass es in dieser Phase nicht um endgültig richtige oder falsche Ergebnisse, sondern um eine Hypothesenbildung geht. Schwächere SuS sollen sich nicht durch die vorgelegten Ergebnisse verleitet
fühlen, ihre eigenen zu revidieren. Auch alternative Ergebnisse können die Folie sinnvoll ergänzen.
Allerdings wird so angesichts der heterogenen Voraussetzungen garantiert, dass alle SuS einen inhaltlichen Ausgangspunkt für die Übersetzungsphase haben.
Statt einer Zwischensicherung im Plenum könnte diese auch in der anschließenden Partnerarbeit
gegenseitig erfolgen. So würde man die Eigenverantwortung und die Verantwortung vor dem Partner noch einmal erhöhen. Allerdings stellt dies in einer Stunde, in der die Methode des binnendifferenzierten Übersetzens in diesem Kurs eingeführt wird, unter Umständen eine Überforderung gerade für die schwächeren Pärchen dar. Dies soll aus motivationalen Gründen vermieden werden.
Nun folgt die gemeinsame Übersetzung mit einem Partner, der dasselbe Anforderungsniveau gewählt haben sollte.50 Eine Einzelarbeit würde hier hinsichtlich der Selbstreflexion auch Sinn ergeben, allerdings würde ein entscheidender Vorteil dann entfallen: In der Partnerarbeit können Synergien ausgenutzt werden.51 Die Partner können sich gegenseitig anspornen. Unter Umständen wird
48
Wie bei einem Advance Organizer wird so an ein Vor-Verständnis der SuS angeknüpft. vgl. Wahl (2006), S.139ff.
Brüning/Saum (2009), S.16ff.
50
Zumindest sollten nicht zwei SuS mit den Schwierigkeitsgraden A und C zusammenarbeiten.
51
vgl. Drumm/Frölich (Hrsg.) (2008), S.319.
49
9
Flirttricks: Versprechen und Tränen - Erschließung und leistungsdifferenzierte Übersetzung von Ovid, Ars amatoria I 631/632 und 659-662
sogar gemeinsam ein höheres Anspruchsniveau gewählt, weil dies nun schneller bewältigt werden
kann. Es kann aber auch nur einer der beiden Partner (ohne Einblick für den anderen) ein höheres
Niveau wählen. So profitieren schwächere von stärkeren SuS, indem diese ihre größere Übersetzungskompetenz in die Partnerarbeit einbringen, während den starken die Ergebnisse der schwächeren ebenfalls nützen, da diesen mehr Hilfen zur Verfügung stehen. So wird gleichzeitig auch in der
gegenseitigen Rücksichtnahme auch die Sozialkompetenz gefördert. Die Verantwortung gegenüber
einem Arbeitspartner kann dabei sogar schon im Vorfeld zu einer ehrlicheren Selbsteinschätzung
bei der Wahl des Arbeitsblatts führen. So wird die „Berührungsangst“ gegenüber der Methode abgelegt. Hierauf wird in der Folgestunde aufgebaut, in der die Übersetzung in Einzelarbeit erfolgt.
Die SuS verfassen ihre Übersetzungen auf drei Folienstücke, jeweils ein Distichon pro Stück. Hierdurch wird im Anschluss ein effizienter Vergleich der Ergebnisse möglich. Jedes Distichon wird
vorn von einem anderen Pärchen vorgestellt. Die anderen SuS bewerten die Ergebnisse mithilfe
ihrer Ampelkarten.52 Somit muss sich jedes Kursmitglied zur Übersetzung äußern. Offene Fragen
werden geklärt und Fehler aus der Partnerarbeit korrigiert. Ist so eine Arbeitsübersetzung im Konsens des gesamten Kurses entstanden, kann die LP Ergänzungen vornehmen oder Fehler klären. Im
Idealfall konstruieren die SuS die Übersetzung in dieser „Share“-Phase komplett eigenständig. So
wird die Eigenverantwortung für das Lernergebnis weiter erhöht, was sich auf die Entwicklung der
Selbstständigkeit auch in anderen Fächern positiv auswirken kann. Die anschließende Paraphrase
sichert die Erfassung der Textinhalte und dient der abschließenden Überprüfung der Überschriften.
Die abschließende Vertiefung festigt das Textverständnis weiter und zielt v.a. auf anthropologische Interpretation ab. Im Vergleich von Textinhalten mit den „Maschen“ aus dem Video wird
existentieller Transfer möglich und der hermeneutische Zirkel wird geschlossen. Quintessenzen
können an der Tafel festgehalten werden. Wenn genügend Zeit bleibt, ist es für eine erneute Aktivierung aller SuS sinnvoll, diese Phase wiederum als Think-Pair-Share durchzuführen.
Die abschließende Meta-Reflexion erfolgt mithilfe der Ampelmethode, wie sie von Wahl intendiert
ist.53 Die SuS bewerten ihre Selbsteinschätzung und ihren Lernertrag innerhalb der Methode. So
können Defizite knapp, aber gezielt aufgedeckt und gleichzeitig die Übersetzungskompetenz überprüft werden.54 Des Weiteren soll die Methode selbst bewertet und so die weitere methodische Planung durch die SuS mitbestimmt werden.55 Die Phase der Meta-Reflexion kann ohne Weiteres in
die Folgestunde verschoben werden, wenn nicht genug Zeit bleibt. Ist noch Zeit übrig, werden die
Textstelle und die Zwischenüberschriften in die Tabelle zum „Programm der Ars“ eingetragen. Dies
geschieht sonst in der nächsten Stunde zur Anknüpfung an das vorherige Unterrichtsgeschehen.
52
Zur weiteren Erläuterung der Methode siehe die Hinweise zu den Kartenfarben im Anhang.
vgl. Wahl (2006), S.281.
54
vgl. Kuhlmann (2012), S.149f.
55
Hierdurch wird auch die Motivation weiter gefördert. vgl. Helmke (2012), S.139f.
53
10
Flirttricks: Versprechen und Tränen - Erschließung und leistungsdifferenzierte Übersetzung von Ovid, Ars amatoria I 631/632 und 659-662
2.5 Tabellarischer Verlaufsplan
Phase
Einstieg
Hinführung
Erarbeitung I
Zwischensicherung
Erarbeitung II
Sicherung
Vertiefung
Meta-Reflexion
Didaktische
Reserve
Hausaufgabe
Unterrichtsgeschehen
Medien
Die LP stellt die Agenda der Stunde vor.
Die SuS sehen ein Video mit „Anmach-Tricks“ aus der Sitcom „How I met your mother“. Sie beschreiben das Gesehene, formulieren hiervon ausgehend das Thema des zu bearbeitenden Textes, das an die Tafel geschrieben wird, und
verorten dieses innerhalb des „Programms“ der Ars.
Die LP liest den Text vor. Die SuS wählen ein Arbeitsblatt in
einem ihnen angepassten Schwierigkeitsgrad.
Sie identifizieren im Text die Sachfelder „Versprechen“ und
„Weinen“, markieren die zugehörigen Wörter und geben den
Textabschnitten passende Zwischenüberschriften.
Die Ergebnisse werden am OHP verglichen.
Agenda
Video und
Tabelle (Beamer),
Tafel
Die SuS finden sich den gewählten Schwierigkeitsgraden
entsprechend zu Paaren zusammen. Sie übersetzen gemeinsam den Text.
Schnelle SuS bewerten im Anschluss in einer vertiefenden
Aufgabe Ovids moralische Rechtfertigung der „Flirttricks“.
Die SuS stellen ihre Ergebnisse satzweise vor und erstellen
mithilfe der Ampelmethode eine vollständige Übersetzung.
Anschließend wird der Text paraphrasiert. Die gewählten
Zwischenüberschriften werden beurteilt und eventuell verändert.
Die SuS bewerten die vorgestellten Ratschläge für „Betrug
beim Flirten“. Sie diskutieren aus der Perspektive beider
Geschlechter die Anwendbarkeit und (ggf. unter Rückgriff
auf die Ergebnisse der schnellen SuS) Moralität der Ratschläge und analysieren den Text durch Rückbezug auf das
Video aus der Hinführung hinsichtlich seiner Ironie.
Die SuS reflektieren den Einsatz der gestuften Hilfsangaben
mit der Ampelmethode.
Die Textstelle wird ins Programm der Ars eingetragen.
Die SuS erstellen eine eigene (evtl. aktualisierte) Umsetzung
der „Flirttipps“ des praeceptor amoris.
Methode/
Sozialform
Lehrervortrag
VideoPräsentation,
UG (Plenum)
AB,
Stowasser
EA
Text (OHPFolie), Tafel
AB,
Stowasser
Schülervortrag,
UG (Plenum)
PA
Text und
Übersetzung
(OHP-Folien),
Tafel,
Ampelkarten
ggf. Tafel
Schülervortrag,
Ampelmethode
UG Diskussion
(Plenum),
gegebenenfalls
Schülervortrag
Ampelkarten
Ampelmethode
AB (Programm der
Ars)
nach Wahl
UG (Plenum)
EA (ggf. PA)
11
3. Literatur- und Quellenverzeichnis
Pädagogische Sekundärliteratur:
L. Brüning/T. Saum, Erfolgreich unterrichten durch Kooperatives Lernen 1. Strategien zur Schüleraktivierung. Essen 52009.
A. Helmke, Unterrichtsqualität und Lehrerprofessionalität. Diagnose, Evaluation und Verbesserung
des Unterrichts. Seelze-Velber 42012.
W. Mattes, Methoden für den Unterricht. Kompakte Übersichten für Lehrende und Lernende. Paderborn 2011.
D. Wahl, Lernumgebungen erfolgreich gestalten. Vom trägen Wissen zum kompetenten Handeln.
Bad Heilbrunn 22006.
Fachdidaktische und fachwissenschaftliche Literatur:
M. von Albrecht, P. Ovidius Naso. Ars amatoria. Liebeskunst. Lateinisch/Deutsch. Stuttgart 1992.
P. Brandt, P. Ovidi Nasonis De Arte Amatoria Libri Tres. Hildesheim 1963 (Nachdruck von 1902).
J. Drumm/R. Frölich (Hrsg.), Innovative Methoden für den Lateinunterricht. Göttingen 22008.
G. Fink/K.-H. Niemann, Ovids „Ars amatoria“ im Unterricht (Consilia 5). Göttingen 21997.
A. S. Hollis, Ovid: Ars amatoria. Book I. Oxford 1977.
N. Holzberg, Ovid. Dichter und Werk. München. 32005.
M. Keip/Th. Doepner (Hrsg.), Interaktive Fachdidaktik Latein. Göttingen 22011.
M. Lutz, Auswahl aus Ovids „Ars Amatoria“ als erste Lektüre einer Dichtung und als Vorbereitung
für die „Metamorphosen“ (geeignet für das 4./5. Lernjahr). In: AU 1, 1976.
P. Kuhlmann, Fachdidaktik Latein kompakt. Göttingen 32012.
P. Kuhlmann (Hrsg.), Lateinische Literaturdidaktik. Bamberg 2010.
C. Madl, Mädchenjagd und Männerfang mit Takt-Gefühl. Ovids „Ars amatoria“ als Einführung in
die Dichterlektüre. In: RAAbits Latein.
F. Maier/L. Maier, Ovid. Ars amatoria. Lieben - Bezaubern - Erobern (Antike und Gegenwart).
Bamberg 32013.
F. Maier, Ovid. Ars amatoria. Lieben - Bezaubern - Erobern (Antike und Gegenwart). Lehrerkommentar. Bamberg 2009.
12
H. Menge, Lehrbuch der lateinischen Syntax und Semnatik. (Neubearbeitung von Th. Burkard und
M. Schauer). Darmstadt 22005.
B. Otis, Ovids Liebesdichtungen und die augusteische Zeit. In: M. von Albrecht/E. Zinn (Hrsg.),
Ovid. Darmstadt 21982. (S.233-254).
O. Petersen/H. Weiß, P. Ovidius Naso. Ars amatoria. Beiheft zu: AU 4, 1982.
I. Scholz/K.-Ch. Weber, Denn sie wissen, was sie können. Kompetenzorientierte und differenzierte
Leistungsbeurteilung im Lateinunterricht. Göttingen 22011.
Lehrpläne und Curricula:
Ministerium für Schule und Weiterbildung, Wissenschaft und Forschung des Landes NordrheinWestfalen (Hrsg.), Richtlinien und Lehrpläne für die Sekundarstufe II - Gymnasium/Gesamtschule
in Nordrhein-Westfalen. Frechen 1999.
Portfolio der Fachschaft Latein, Homburgisches Gymnasium Nümbrecht. Nümbrecht 2012.
Sonstige Text-, Film- und Bildquellen:
Vergleichstext für die Reihe: M. Kuhn, Barney Stinson: Das Playbook. Spielen leicht Mädels klarmachen. München 142012.
Video: How I met your mother, Staffel 5, Folge 8 „Der Sporttaucher“.
Abbildungen auf Arbeitsblättern:
http://images5.fanpop.com/image/photos/31300000/Barney-Stinson-barney-stinson-313160151920-2560.jpg (Stand: 21.08.2013, 15:20 Uhr)
http://tvmedia.ign.com/tv/image/article/102/1026395/how-i-met-your-mother-501_1253307061.jpg
(Stand: 21.08.2013, 15:20 Uhr)
http://www.diehelfer.ch/images/helferlein.png (Stand: 21.08.2013, 15:20 Uhr)
13
4. Anhang
Abkürzungsverzeichnis
Agenda der vorliegenden Stunde
Screenshots aus dem Video zur Hinführung
Tabelle „Programm der Ars“ (ausgefüllt bis zur vorliegenden Stunde)
Arbeitsblätter in drei Niveaustufen
Antizipierte Ergebnisse der Texterschließung
Antizipierte Übersetzung
Aufgabenstellung der Zusatzaufgabe „Für fixe Denker“
Antizipierte Ergebnisse der Zusatzaufgabe „Für fixe Denker“
Antizipierte Ergebnisse der Vertiefung
Erläuterung der Kartenfarben für die Ampelmethode des Übersetzungsgesprächs
Fragen für die Meta-Reflexion
Aufgabenstellung der Hausaufgabe
Kann-Liste zur Unterrichtsreihe
Eidesstattliche Erklärung
14
Abkürzungsverzeichnis:
AB:
Arbeitsblatt
EA:
Einzelarbeit
LP:
Lehrperson
PA:
Partnerarbeit
SuS:
Schülerinnen und Schüler
UG:
Unterrichtsgespräch
Agenda der vorliegenden Stunde:
Hinführung: How I met your mother
Wahl eines Schwierigkeitsgrads für die Erarbeitung 
Texterschließung (EA, 5 Min)
Besprechung der Ergebnisse
Übersetzung (PA mit gleichem Schwierigkeitsgrad, 15 Min)
(+ Für fixe Denker…: „Moralapostel“)
Zusammenführung 
Übersetzungsgespräch (Ampelmethode)
Diskussion (eigene Beurteilung)
Reflexion (Ampelmethode)
15
Screenshots aus dem Video zur Hinführung:
16
Tabelle „Programm der Ars“ (ausgefüllt bis zur vorliegenden Stunde):
„Programm“ der TÜá TÅtàÉÜ|t
principio, quod amare velis, reperire labora,
qui nova nunc primum miles in arma venis;
proximus huic labor est placitam exorare puellam;
tertius, ut longo tempore duret amor.
hic modus; haec nostro signabitur area curru;
haec erit admissa meta premenda rota.
Ovid, Ars I 35-40
3 Schritte:
quod amare velis,
reperire labora
(Mädchen finden)
im Theater
(I 89-92 und 97-100)
placitam exorare
puellam
(Mädchen gewinnen)
Flirten im Zirkus
(I 135-163)
im Zirkus
(I 135-163)
Flirten beim Gastmahl (I 565-574)
longo tempore duret
amor
(Mädchen halten)
Weitere
Inhalte
beim Gastmahl
(I 565-574)
17
EF
Latein
Ovids Ars amatoria - Mehr als ein antikes „Playbook“
Barney Stinson im alten Rom? - Tricks beim Flirten
Beim der „Eroberung“ der Frau scheinen dem praeceptor amoris auch etwas unaufrichtige
Mittel recht. (Ovid, Ars I 631/632 und 659-662)
Nec timide promitte: trahunt promissa puellas;
A
pollicito testes quoslibet adde deos!
1
2
(…)
et lacrimae prosunt; lacrimis adamanta movebis:
fac madidas videat, si potes, illa genas.
si lacrimae, neque enim veniunt in tempore semper,
deficient, uda lumina tange manu.
3
4
5
6
Angaben:
2: testes: (prädikativ:) als Zeugen; quilibet, quaelibet, quaelibet: alle beliebigen
3: adamas, adamantis m (Akk. -a): Stahl
4: fac (+ Konj.): mach(, dass etwas geschieht)
5: neque enim: denn nicht
Aufgabenstellung
Suche in jedem Textabschnitt ein Sachfeld heraus und markiere
die jeweils zugehörigen Vokabeln farbig.
Gib hiervon ausgehend beiden Abschnitten passende Überschriften.
Arbeitet zu zweit zusammen, wobei beide Partner möglichst denselben Schwierigkeitsgrad gewählt haben sollten.
Übersetzt den Text in angemessenes Deutsch und bereitet euch
darauf vor, ein Übersetzungsgespräch (zum Teil) zu leiten.
max.
5 min
ca.
15 min
Dieser Ovid ist wirklich
legen… es kommt gleich…
-där!
Für fixe Denker…
…liegt vorn ein Aufgabenblatt, das ihr euch holen könnt.
Dabei könnt ihr die Argumente des praeceptor amoris bewerten,
mit denen er ein Vorgehen wie im Text rechtfertigt.
18
EF
Latein
Ovids Ars amatoria - Mehr als ein antikes „Playbook“
Barney Stinson im alten Rom? - Tricks beim Flirten
Beim der „Eroberung“ der Frau scheinen dem praeceptor amoris auch etwas unaufrichtige
Mittel recht. (Ovid, Ars I 631/632 und 659-662)
Nec timide promitte: trahunt promissa puellas;
B
pollicito testes quoslibet adde deos!
1
2
(…)
et lacrimae prosunt; lacrimis adamanta movebis:
fac madidas videat, si potes, illa genas.
si lacrimae, neque enim veniunt in tempore semper,
deficient, uda lumina tange manu.
3
4
5
6
Angaben:
1: timidus, -a, -um: ängstlich; zögerlich
2: pollicitum, -i n: Versprechen
testes: (prädikativ:) als Zeugen
quilibet, quaelibet, quaelibet: alle beliebigen
3: prosunt: (sie) nutzen
adamas, adamantis m (Akk. -a): Stahl
4: fac (+ Konj.): mach(, dass etwas geschieht)
5: neque enim: denn nicht
in tempore: zur rechten Zeit
6: deficere: ausgehen, fehlen
lumina: Augen
Aufgabenstellung
Suche in jedem Textabschnitt ein Sachfeld heraus und markiere
die jeweils zugehörigen Vokabeln farbig.
Gib hiervon ausgehend beiden Abschnitten passende Überschriften.
Arbeitet zu zweit zusammen, wobei beide Partner möglichst denselben Schwierigkeitsgrad gewählt haben sollten.
Übersetzt den Text in angemessenes Deutsch und bereitet euch
darauf vor, ein Übersetzungsgespräch (zum Teil) zu leiten.
max.
5 min
ca.
15 min
Dieser Ovid ist wirklich
legen… es kommt gleich…
-där!
Für fixe Denker…
…liegt vorn ein Aufgabenblatt, das ihr euch holen könnt.
Dabei könnt ihr die Argumente des praeceptor amoris bewerten,
mit denen er ein Vorgehen wie im Text rechtfertigt.
19
EF
Latein
Ovids Ars amatoria - Mehr als ein antikes „Playbook“
Barney Stinson im alten Rom? - Tricks beim Flirten
Beim der „Eroberung“ der Frau scheinen dem praeceptor amoris auch etwas unaufrichtige
Mittel recht. (Ovid, Ars I 631/632 und 659-662)
Nec timide promitte: trahunt promissa puellas;
C
pollicito testes quoslibet adde deos!
1
2
(…)
et lacrimae prosunt; lacrimis adamanta movebis:
fac madidas videat, si potes, illa genas.
si lacrimae, neque enim veniunt in tempore semper,
deficient, uda lumina tange manu.
3
4
5
6
Angaben:
1: timidus, -a, -um: ängstlich; zögerlich promitte: (Imperativ Sg. zu promittere:) versprich!
trahere: (an)ziehen
2: pollicitum, -i n: Versprechen
testes: (prädikativ:) als Zeugen
quilibet, quaelibet, quaelibet: alle beliebigen
adde: (Imperativ Sg. zu addere:) füge hinzu!
3: prosunt: (sie) nutzen
adamas, adamantis m (Akk. Sg. -a): Stahl
4: fac illa videat: mach, dass sie sieht madidus, -a, -um: feucht potes: du kannst
gena, -ae f: Wange
5: neque enim: denn nicht
in tempore: zur rechten Zeit
6: deficere: ausgehen, fehlen udus, -a, -um: nass
lumina: Augen
tange: (Imperativ zu tangere:) berühre!
Aufgabenstellung
Suche in jedem Textabschnitt ein Sachfeld heraus und markiere
die jeweils zugehörigen Vokabeln farbig.
Gib hiervon ausgehend beiden Abschnitten passende Überschriften.
Arbeitet zu zweit zusammen, wobei beide Partner möglichst denselben Schwierigkeitsgrad gewählt haben sollten.
Übersetzt den Text in angemessenes Deutsch und bereitet euch
darauf vor, ein Übersetzungsgespräch (zum Teil) zu leiten.
max.
5 min
ca.
15 min
Dieser Ovid ist wirklich
legen… es kommt gleich…
-där!
Für fixe Denker…
…liegt vorn ein Aufgabenblatt, das ihr euch holen könnt.
Dabei könnt ihr die Argumente des praeceptor amoris bewerten,
mit denen er ein Vorgehen wie im Text rechtfertigt.
20
Antizipierte Ergebnisse der Texterschließung:
(Leere) Versprechen
Nec timide promitte: trahunt promissa puellas;
pollicito testes quoslibet adde deos!
(…)
(Falsche) Tränen
et lacrimae prosunt; lacrimis adamanta movebis:
fac madidas videat, si potes, illa genas.
si lacrimas, neque enim veniunt in tempore semper,
deficient, uda lumina tange manu.
Antizipierte Übersetzung:
Und versprich nicht ängstlich: Versprechen ziehen Mädchen an;
füge dem Versprechen alle beliebigen Götter als Zeugen hinzu!
(…)
Und Tränen nutzen; mit Tränen wirst du Stahl bewegen:
Mach, dass sie deine feuchten Wangen sieht, wenn du kannst!
Wenn die Tränen ausbleiben, denn sie kommen nicht immer zur rechten Zeit,
berühre mit der feuchten Hand deine Augen!
21
EF
Latein
Ovids Ars amatoria - Mehr als ein antikes „Playbook“
Für fixe Denker… - Die Rechtfertigung der Tricks
Ovids lyrisches Ich wäre nicht ein praeceptor amoris,
wenn es nicht Worte fände, um seine Empfehlung von
„kleinen Betrügereien“ bei der „Eroberung“ von Frauen zu
rechtfertigen.
Mythologische Beispiele werden angeführt, aber auch Folgendes:
Ludite, si sapitis, solas impune puellas:
hac magis est una fraude pudenda fides.
fallite fallentes; ex magna parte profanum
sunt genus: in laqueos, quos posuere, cadant.
…
ergo, ut periuras merito periuria fallant,
exemplo doleat femina laesa suo.
Betrügt, wenn ihr Verstand habt, nur die Mädchen ungestraft. Nur auf diesem Gebiet ist Redlichkeit größere
Schande als Betrug. Betrügt sie, die euch betrügen! Großenteils sind sie ein unheiliges Volk; lasst sie in die Schlingen
gehen, die sie selbst euch gelegt haben!
…
Also, damit Meineid die Meineidigen, wie sie es verdienen,
betrüge, möge die Frau leiden, was sie uns angetan hat.*
(Ovid, Ars I 643-646 und 657/658 - *Übersetzung nach M. von Albrecht)
Aufgabe
a) Wie beurteilt ihr die Rechtfertigung? Nehmt begründet Stellung!
b) Stellt Hypothesen auf, welche Folgen ein solches Verhalten in einer zwischenmenschlichen Beziehung haben kann.
22
Antizipierte Ergebnisse der Zusatzaufgabe „Für fixe Denker“:
a) - Frauen gelten als manipulativer, da sie über eine hohe soziale Intelligenz verfügen
- Frauen nutzen den „Beschützer“-Instinkt des Mannes gelegentlich aus, indem sie sich selbst
schwächer darstellen als sie wirklich sind
- Frauen weinen schneller und häufiger als Männer
All dies gibt keinem Mann das Recht, sich betrügerisch gegenüber Frauen zu verhalten. Alle
genannten Punkte sind nicht beweisbar und stellen somit Hypothesen dar, die von einem gewissen
Argwohn und von Geschlechterstereotypen beeinflusst sind.
Allerdings ist eine zwischenmenschliche Beziehung ein häufig irrationales und manchmal fragiles
Konstrukt. Hier kommt es darauf an, den Partner zufriedenzustellen und selbst dabei nicht unglücklich zu sein. Schmeicheleien und Ähnliches werden hierdurch (zumindest teilweise) legitimiert.
Will man eine Beziehung allerdings langfristig festigen, sollte man auf Betrügereien und „Tricks“
in der Regel verzichten. Allenfalls als eine Art „Notlüge“ sind solche Dinge verzeihbar, wenn es
darum geht, den Partner von etwas Negativem abzulenken oder ihn davor zu bewahren.
b) - führt zu Gewöhnung an Unaufrichtigkeit dem Partner gegenüber
- Vertrauensverlust auf beiden Seiten - auch wer selbst „falsch spielt“, wird mit der Zeit argwöhnisch, weil man es ja mit ihm vielleicht genauso machen könnte
- Verstrickung in weitere Lügen, die unkontrollierbar werden können
- Verletzung des Partners, Streit und Zerbrechen der Beziehung, wenn der Partner es herausfindet
Antizipierte Ergebnisse der Vertiefung:
Individuelle subjektive Standpunkte beider Geschlechter können hier verglichen und diskutiert werden. Einzelne Standpunkte zu antizipieren erscheint unmöglich. Gerade diese Unvorhersehbarkeit
macht aber den Reiz dieser Phase aus. Die Meinungen der SuS (gerade die evtl. verschiedenen Ansichten beider Geschlechter) können so in eine möglichst lebendige Diskussion eingebracht werden.
Eventuell werden die Schülerinnen weinende Männer teilweise als unmännlich und damit unattraktiv empfinden, umgekehrt kann aber emotionale Verletzlichkeit im Einzelfall sehr wohl auch als
anziehend empfunden werden.
Aus Sicht der männlichen Schüler wird mit einer Umsetzung solcher Flirt-Tricks wohl ein gewisses
Unbehagen verbunden sein, da die Tricks sowohl Schauspieltalent als auch Wagemut vom Lehrling
des praeceptor amoris verlangen. Darüber hinaus sind „Maschen“ zum Flirten nicht zwangsläufig
von Erfolg gekrönt, was deren Anwendung umso peinlicher macht. Hier können auch die Beobachtungen aus dem Video zur Hinführung mit in die Diskussion einfließen. In jedem Fall sollte die
23
Zeitlosigkeit des „Betrugs beim Flirten“ als Gemeinsamkeit der Ars und des „Playbooks“ festgestellt werden.
Die moralische Wertung sollte ähnliche Ergebnisse hervorbringen, wie sie für die Zusatzaufgabe
„Für fixe Denker“ antizipiert wurden. Gegebenfalls bringen sich hierbei auch die SuS als Experten
ein, welche ebendiese Zusatzaufgabe bearbeitet haben. Sie können ihre Ergebnisse vortragen und
zur Diskussion stellen.
Darüber hinaus soll erörtert werden, inwiefern der Text den Anspruch erhebt, ernst genommen zu
werden. Die Ironie der Anweisungen kann aus den Ergebnissen der Diskussion im Zusammenhang
mit dem Video aus dem Einstieg deutlich werden. Somit kann auch die moralische Bewertung der
Textinhalte abgemildert werden.
Erläuterung der Kartenfarben für die Ampelmethode des Übersetzungsgesprächs:
grün = „Ich kann die Übersetzung nachvollziehen, finde keinen
Fehler und habe keine weiteren Anmerkungen zu machen.“
Zeigen alle SuS grüne Karten, kann der nächste Satz besprochen werden.
gelb = „Ich kann die Übersetzung nicht nachvollziehen oder
habe eine Frage oder Anmerkung dazu.“
SuS, die gelb zeigen, werden nach den roten Karten dran genommen.
rot = „Die Übersetzung beinhaltet einen (oder mehrere) Fehler,
die ich erkannt habe und benennen möchte.“
SuS, die rot zeigen, müssen zuerst dran genommen werden.
Fragen für die Meta-Reflexion:
1. Hat euch euer Arbeitsblatt beim Übersetzen geholfen?
2. Habt ihr euch richtig eingeschätzt?
3. Wie fandet ihr das Vorgehen mit verschiedenen Hilfen zu arbeiten insgesamt?
4. Meint ihr, eine kontinuierliche Selbsteinschätzung hilft euch bei der Verbesserung eurer Übersetzungskompetenz?
grün = ja/gut
gelb = „geht so“/„weiß nicht“
rot = nein/schlecht
24
Aufgabenstellung der Hausaufgabe:
10.10.2013
Latein EF,
Hausaufgabe zu Ovids Flirttricks (Ars I 631-632 und 659-662)
Erstelle eine eigene kreative Umsetzung der Flirttricks, die der praeceptor amoris beschreibt - und
beschreibe auch die Reaktion, die sie bei einer puella hervorrufen.
Es kann sich bei deiner Umsetzung um einen Dialog, eine szenische Darstellung (oder ein Drehbuch für eine solche), eine Collage, eine zeichnerische Darstellung etc. handeln - deiner Kreativität
sind keine Grenzen gesetzt.
(Ihr könnt auch zu zweit arbeiten. Das erleichtert z.B. eine Umsetzung als Rollenspiel.)
Du kannst die Tipps, die der praeceptor amoris gibt, auch aktualisieren, bestimmte Tipps erweitern,
verändern, ergänzen oder austauschen.
25
Kann-Liste zur Unterrichtsreihe:
Kann-Liste zu Ovid, Ars amatoria
Ich kann…
Arbeitsbereich
Wortschatz
Texterschließung
Syntaktische
Analyse
Metrische
Analyse
Übersetzung
Textinhalte
Aufbau des
Werks
Literaturwissenschaft
Altertumskunde
Gegenwartsbezogene Interpretation
Untersuchung
von Rezeption
Kreative Rezeption
Schuljahr 2013/14
EF Latein
Name:
Kompetenz
Prognose
☺
Nach Übung
☺
…die Bedeutungen der Vokabeln aus dem
Basiswortschatz nennen.
…Textinhalte aufgrund von Sachfeldern vorerschließen und in Sinnabschnitte gliedern.
… grammatikalische Formen bestimmen und
anhand dessen Satzteilfunktionen einzelner
Wörter bestimmen.
…lange und kurze Silben bestimmen und auf
dieser Grundlage Verse im elegischen Distichon skandieren.
…Texte aus der Ars amatoria mit Vokabelhilfen und dem Wörterbuch in angemessenes
Deutsch übersetzen.
…bereits gelesene Textinhalte inhaltlich sinngemäß paraphrasieren und zusammenfassen.
…den Aufbau der Ars amatoria anhand ihres
„Programms“ erläutern und die Inhalte der
einzelnen Bücher benennen.
…Gattungsmerkmale von Lehrgedicht (und
Liebeselegie) in Texten benennen.
…historische Hintergründe zu bereits bekannten Textinhalten erläutern und gesellschaftliche Phänomene der Antike auch aus unbekannten Texten erschließen.
…menschlich-psychologische Konstanten in
den Texten identifizieren und vor dem Hintergrund eigener Erfahrungen und Empfindungen bewerten.
…Inhalte moderner Liebesratgeber mit der
Ars amatoria vergleichen und sowohl Unterschiede als auch Gemeinsamkeiten benennen.
…Textinhalte aktualisieren und auf dieser
Grundlage eigene Rezeptionsdokumente
erstellen.
26
Eidesstattliche Erklärung:
Ich versichere, dass ich die schriftliche Arbeit eigenständig verfasst, keine anderen Quellen und
Hilfsmittel als die angegebenen benutzt und die Stellen der schriftlichen Arbeit, die anderen Werken dem Wortlaut oder Sinn nach entnommen sind, in jedem einzelnen Fall unter Angabe der Quelle als Entlehnung kenntlich gemacht habe. Das Gleiche gilt auch für beigegebene Zeichnungen,
Kartenskizzen und Darstellungen. Anfang und Ende von wörtlichen Textübernahmen habe ich
durch An- und Abführungszeichen, sinngemäße Übernahmen durch direkten Verweis auf die Verfasserin oder den Verfasser gekennzeichnet.
____________________________________________
Datum, Unterschrift
27