Ehm Welk
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Ehm Welk
Ehm Welk Wir gingen grade mal nach Hause Von der Mensa, deren Schmause Da aus Wasser nur bestand Und den Magen knurrend fand. Doch keiner will die Zeit verdammen. Wir waren glücklich so zusammen. „Liechen, du liest immer Goethe! Als ob sich gar nichts andres böte!“ Das sagte so mein lieber Mann. Ich sah ihn darauf fragend an. „Hast du auch mal Ehm Welk gelesen?“ „Nein, wer ist denn das gewesen?“ „Ich hab’ ihn selber wohl gekannt. Sein Kummerow ist höchst charmant. Die Heiden da und die Gerechten Die Lachmuskeln mir sehr bewegten. Wir hatten Bücher nur noch selten. Der Krieg nahm uns auch deren Welten. Unsre schönen Bibliotheken Feinde, Bomben sie wegfegten. Man wusste nicht, was war in Polen, Jedenfalls kein Buch zu holen. In Hamburg unser Bücherschrank Im Bombensturm hinübersank. Ich wollte mich gern mal ergötzen, Fand angesengelt ein paar Fetzen. So blieb uns jetzt nichts andres übrig, Gingen fröhlich, nicht betrüblich, Für’s Leihen hin zur Bibliothek, Dahin führte oft der Weg Und sogleich am nächsten Tage Waren wir dann in der Lage, Lesen eifrig und ganz froh „Die Heiden (Ehms) von Kummerow.“ Mein Mann hat sich nicht lang besonnen, Auf dem Wege schon begonnen, Mir die Sache vor zu lesen. Ach, ist das ein Ulk gewesen! Laut die Planckstraße entlang Mein ungebärdig Lachen klang. Mein lieber Mann erinnert schon Die Schulvisitation, Die ein Geistlicher je übte, Wenn auch kein Lehrer sie je liebte. Mein Mann hat sie zwar nicht erlebt. In Erinnerung sie klebt Bei lehrenden Familien, Die sich hier betroffen fühlten. Später war’s ein andres Ding, Mit Arbeit jeder Tag verging. Nur der schöne Montagabend Sah uns gleich zum Kino trabend. Das war in der Prinzenstraße, Wo aus der Loge, rechts die Gasse, Man schmusend auf die Leinwand sah, Bald war auch das Lachen nah. Denn von Kummerow die Heiden Will keiner böse je ankreiden. Ehm Welk, der wirklich Emil hieß, Früh den Bauernhof verließ, Wo er geboren, aufgewachsen, Von Pommern ging’s bis Niedersachsen. Das Kaufgewerb gefiel ihm nicht, Journalismus kam in Sicht, In Stettin und Stolp geordert, In Braunschweig stärker dann gefordert, Mit Geschichte da beschäftigt Und für Braunschweig noch bekräftigt. Doch tiefer ist’s nicht eingeschlagen, Was er dichtend noch will sagen. Eine Reise in die Staaten, Die über Grenzen dort geraten, Dauert nur ein ganzes Jahr. Da er gleich zurück schon war, Schreibt und dichtet in Berlin, Will Goebbels durch Kakao ziehn. Soll’n doch alle, die was schreiben, Solches national betreiben. Journalisten seien schlecht. Da sagt Welk:“Ich weiß nicht recht! Ehrlich mal, Herr Reichsminister!“ Da hört der Goebbels gleich Geknister, Gebührlichen Respekt vermisst er. Er wünscht Verklärung der Idee. Daran hält er fest und zäh’, Er fühlt sich schamlos angeeckt, Das geht nicht an, dass man ihn neckt, Damit wird der Staat verraten. Früh muss man wehren solchen Taten. Emil scheint ihm gar nicht nett. Also muss er ins KZ. Nach Orienburg es geht. Der Goebbels ist total verdreht. Emils Zunft ist voller Wut, Niemand findet so was gut. So wird er wieder frei gelassen, Darf nichts Politisches verfassen. Er zieht nach Lübbenau erst hin, Dann in die Nähe von Stettin. Neuenkirchen heißt der Ort. Und da schreibt er lustig fort. Was er schreibt, macht ihn berühmt, Denn Kummerow sich redlich ziemt. Selbsterlebtes steckt darin, Gottlieb Grambauer gibt Sinn. Welk zeichnet den eignen Vater, Dessen Tagbuch ist Berater. Gottlieb ist ein kluger Bauer, Manchmal scheint er fast schon schlauer Als der Pfarrer Breithaupt ist, Und er ist ein Sozialist. Sind sie so verschiedner Meinung, In Edelmut herrscht letztlich Einung, Wissen sich auch wohl zu schätzen, Mit Humor sich zu ergötzen. Martin ist er selber wohl, Des Gottliebs Sohn, im Kopf nicht hohl. Er ist erwählter Kirchenjunge, Trägt den Schalk auf seiner Zunge. So will es ihm sogar belieben, Unbedarft Kritik zu üben An des heil’gen Martins Taten. Sein Schenken sei zu kurz geraten, Konnt’ er doch dem Bettler eben Gleich den ganzen Mantel geben. Wie vom Vater auch bestimmt, Ist er sozial gesinnt. Ein armes Kind, unehlich geboren, Hat er zum besten Freund erkoren. Dem Kuhhirt Krischan eng verbunden Sind alle Kinder unumwunden. Er weiß so vieles zu berichten. Keiner will auf ihn verzichten. Was sind das für Abenteuer! Martin sorgt für seine Heuer, Von seinem Vater angestiftet, Dass keiner sei vom Geiz vergiftet. Der Pastor will’s dem Krischan gönnen. Er hätte es ja wissen können, Wer wieder mal dahinter steckt, Dass Krischan ist so aufgeweckt, Fordert endlich mal sein Recht, Wo’s ihm vorher ging sehr schlecht. Das ist der Gottlieb wieder mal. Der Breithaupt lacht: Das ist fatal! Ulrike heißt des Pastors Kind, Das man stets dazwischen find’. Auch sie und Martin sind sich gut, Haben sogar großen Mut, Steigen ein in kalte Flut. Der Pastor meint, dass man’s nicht tut; Denn beide sind sie nackedei. Aber was ist schon dabei? Sie suchen Krebse auf dem Grund Und tätigen so manchen Fund. Für Herrn Pastor ist’s gemacht. Das sagen sie und Breithaupt lacht: Sie haben das schnell ausgedacht. Trotzdem freut er sich darüber; Denn was äße er wohl lieber?! Breithaupt ist von den Figuren Über all des Dorfes Sturen Dem Ehm Welk auch wohl geglückt, Er predigt wohl, die Faust auch zückt, Wo es ihm notwendig scheint, Wenn ein Böser drüber greint, Wie der schlimme Müllersmann, Der nur Unheil stiften kann. Ihn aus Kummerow zu jagen, Das ist aller Wohlbehagen. Die Kinder sind erfindungsreich, Machen ihn mit Streichen weich. Der Pastor hat so viel Humor, Ist Mitmacher in dem Chor. Einmal flippt er sogar aus, Grambauer karrt nach Haus Einen selig-trunknen Pastor. Aber es ist nicht sein Laster. Er freut sich auf den Gänsebraten. Grambauers Gabe scheint geraten. Dem hätte er’s nicht zugetraut, Er sagt ihm, er sei sehr erbaut. Doch war die dicke Gans geklaut. Martin war die Sache peinlich, Gottlieb mit der Spende kleinlich, Wollte Breithaupt mal veräppeln, Nicht für ihn die beste päppeln. Krischan weiß da immer Rat, Wo man die dickste dann schnell hat. Wer nun wohl der klügste ist? Breithaupt dankt. Doch ist es List? Gottlieb denkt: der ist doch schlau, Kennt seine Schäflein ganz genau. So ist es nun im Film geworden. Den Schauspielern gebührt ein Orden. Ob es Theo Lingen wäre, Superintendent ganz voll der Ehre, Der mit seinem Näselton Führt die Schulvisitation. Oder wäre es Paul Dahlke, Der als Pastor Breihaupt malte Ein Gespenst zum Schabernack Für das dumme Müllerspack. Oder wie sie alle heißen, Die Dorf Kummerow umreißen. Rainer Penkert spielt Grambauer Und zeigt den Sozialen schlauer. Jörg Resler ist der Sohn Martin. Kummerow hat viel Gewinn Und wäre schließlich ohne Sinn Ohne Krischan, den Ralf Wolter Listig spielt mit viel Gepolter. Von seines Vaters Lebensuhr Zeichnet Welk noch jede Spur In der feineren Geschichte, Führt Landleben zu Gesichte. Von Neuenkirchen muss er fort; Denn polnisch wird bald dieser Ort. So geht es erst nach Ueckermünde, Nach Schwerin, dass er da gründe Volksschulen da und anderswo. In Schwerin als Rektor so Wird er drüber sehr geehrt, Wie er da das Volk gelehrt. Zuletzt lebt er in Doberan. So war’s Leben dann getan. Viel Lob ist ihm zuteil geworden, Nicht nur kriegt er manchen Orden, Greifswald ihn gar doktoriert, So dass er einen Titel führt. Von Lesern, Hörern auch gepriesen, Bringt er Schwung und Freude diesen. Für Pastoren gleich zur Hand, Als Pflichtlektüre anerkannt, Ist er niemals zu vermissen, Er erregt auch ihr Gewissen, Zeigt, wie sie verstehen müssen Alle, kauzig wie sie sind. Jeder ist ein Gotteskind. Mag man sie für Heiden halten, Freundlich muss man sie verwalten.