Verkanntes Problem Asbest
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Verkanntes Problem Asbest
ZIMMERMEISTERDACH Dachsanierung Verkanntes Problem Asbest FOTOS: SCHÄFFNER – „HANDBUCH DER GEBÄUDESCHADSTOFFE FÜR ARCHITEKTEN, SACHVERSTÄNDIGE UND BEHÖRDEN“ Auf Deutschlands Dächern und an den Fassaden warten rund 800 Mio. m2 Asbestzement- und Wellplatten auf eine Sanierung. Ein lukrativer Markt – doch Vorsicht! Gerade bei der Dachsanierung drohen den Verarbeitern ernst zu nehmende Gesundheitsrisiken, die häufig unterschätzt werden. ahr für Jahr setzen Regen, Wind und Sonne bei verwitterten Asbestdächern und -fassaden feinste Silikatfasern frei, die eingeatmet Krebs erregend sein können. Das Wort „Asbest“ stammt aus dem Griechischen und bedeutet so viel wie „unzerstörbar“ und „unauflöslich“. Nach Erhebungen des Fraunhofer-Instituts für Toxikologie und Aerosolforschung, Hannover, sind noch bis zu 800 Mio. m2 Asbestzement- und Wellplatten im Wohnhaussektor verbaut.Andere Quellen gehen sogar von bis zu 1,3 Mrd. m2 Dach- und Wandflächen aus. Die Entsorgung fällt nach ca. 50 Jahren an, sodass daraus eine jährlich zu entsorgende Menge von 20 bis 22 Mio. m2 abzuleiten ist. Die Dachziegelproduzenten warnen und fordern die Beratung sowie Aufklärung der Öffentlichkeit ein, denn teilweise seien die Oberflächen so stark J 68 verwittert, dass Bewohner und Umwelt gefährdet seien. Der sinnvollste Schutz sei ein rascher, fachgerechter Abriss und die Neueindeckung mit unbelasteten Bedachungsprodukten, wie z.B. Dachziegeln aus gebranntem Ton. Dieses Dach aus Wellasbestzement bedarf einer Sanierung, denn eine ordentliche Ableitung des Regenwassers ist durch den Bewuchs nicht mehr möglich Sanierung nur mit Zulassung Wurde vor ca. 50 Jahren noch eine problemlose Bearbeitung von Asbestwelltafeln durch Sägen, Schneiden oder Bohren selbst von Experten attestiert, ist das Risiko heute allgemein bekannt. Seit 1993 verbietet die Gefahrstoffverordnung die Herstellung von Asbestprodukten in Deutschland. Publikationen über Asbestbelastungen in Schulen oder Kindergärten und die damit einhergehenden Gesundheitsprobleme gehören leider zum Alltag. Umso verwunderlicher erscheint es daher, dass der mikado 5/2004 Diese Dachrinne sowie die Dachpfannen bestehen aus Asbestzement Gesetzgeber trotz des Gefahrenpotenzials asbesthaltiger Dach- und Wandprodukte – im Gegensatz zum Innenbereich des Hauses – noch immer keinen Handlungsbedarf sieht. Als wie gefährlich das Problem einzuschätzen ist, beweist nach Auffassung der Arbeitsgemeinschaft Ziegeldach, dass der Abbruch von Asbestbauteilen ganz besonderen Auflagen unterliegt, da dabei die Gesundheit gefährdende Stäube entstehen. Mitarbeiter zugelassener Sanierungsbetriebe müssen Schutz- ZIMMERMEISTERDACH tionen bis etwa 1000 F/m3 auftreten können, normal wären 100 F/m3. Bei Abständen von über 100 m konnte allerdings keine erhöhte Belastung der Luft mehr gemessen werden. Steuervorteil für Bauherren bekleidung und Atemschutz tragen. Auch dürfen abgebaute Asbestprodukte nicht – wie angenommen – als Sondermüll deponiert werden. Nach dem Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz ist Asbestzement als überwachungsbedürftiger Abfall einzustufen und im Rahmen „geordneter Entsorgung“ einer entsprechenden Deponie zuzuführen. Unterschätzte Gefahr An die Adresse der Hausbesitzer ergeht die dringende Warnung der Dachziegelindustrie, Asbestdeckwerkstoffe keineswegs mit Druckreinigern zu säubern, da Asbestfasern ins Abwasser oder ins Erdreich gelangen können. Bei geringen Erschütterungen und erst recht beim Abschaben würden große Mengen an Asbest-Feinstäuben freigesetzt. Zudem finde durch Frostund Winderosion ein Abtrag auf Oberflächen statt, der ebenfalls bedenklich sei. Besonders betroffen durch Witterungseinflüsse, Luftverschmutzung und Oberflächenkorrosion seien unbeschichtete Wellplatten. Forschungsergebnisse belegen, dass in ungünstigen Fällen in der nahen Umgebung von Reihenhäusern mit unbeschichteten Asbestzement-Fassaden in einem Abstand von etwa 1 bis 2 m Faserkonzentra- 70 Asbestfaserbündel (Chrysotil) mit einer 110fachen Vergrößerung unter dem Mikroskop Asbestdachsanierungen sind bedingt steuerlich absetzbar. Das Finanzgericht Düsseldorf stufte in seinem Urteil vom 22.07.1999, EFG S. 1075, die Kosten für das neue Dach eines Einfamilienhauses, das mit asbesthaltigen Dachplatten gedeckt war, als außergewöhnliche, abzugsfähige Belastung ein. Der Vorlage eines amtsärztlichen Attests zum Nachweis der Gesundheitsgefährdung bedurfte es nicht. Allerdings muss sich der Steuerzahler die Wertverbesserung durch die Sanierungsmaßnahme in bestimmtem Umfang anrechnen lassen. Im Urteilsfall war das ursprüngliche Asbestzementdach, das eine Lebensdauer von 30 Jahren hatte, nach 18 Jahren erneuert worden. Der Steuerzahler hatte damit die Dachsanierung zwölf Jahre vor Ablauf der normalen Lebensdauer des Daches vorgenommen. Nur die durch die vorzeitige Erneuerung des Daches entstandenen Kosten waren außergewöhnlich. Entsprechendes gelte für die Kosten der teureren Entsorgung, entschieden die Düsseldorfer Richter. Globales Problem Dem Gefahrenfaktor Asbest kommt auch weltweite Bedeutung zu. Verstärkt klagen Asbest-Opfer in den USA gegen Industriekonzerne und die Versicherungsbranche. So mussten US-amerikanische Hersteller leicht gebundener asbesthaltiger Baustoffe und die Versicherungswirtschaft in den letzten 20 Jahren bereits 54 Mrd. USDollar Schadensersatz leisten. Inzwischen droht eine neue Welle von Schadensersatzklagen, weil der Nachweis einer tatsächlichen Schädigung nicht mehr erbracht werden muss. Mit Ausnahme von Großbritannien ist Europa von einer vergleichbaren Klagewelle verschont geblieben – bis jetzt. Nun hat auch die deutsche Versicherungswirtschaft dieses Problem erkannt. Die Folge: Deutsche Versicherer werden künftig alle Schäden, die auf Asbest oder asbesthaltige Substanzen zurückzuführen sind, vom Versicherungsschutz ausklammern. Dies zeigt ein Rundschreiben des HDI (Haftpflichtverband der Deutschen Industrie) vom 25.08.2003 an alle Versicherungskunden. In Europa sind jedoch noch nicht die exorbitanten US-Entschädigungssummen im Gespräch. Dipl.-Ing. Heinz Zanger, Bonn mikado-Literaturtipp: Asbestsanierung im Griff Als Ratgeber zum Thema Asbestsanierung hat die Arbeitsgemeinschaft Ziegeldach eine Infobroschüre herausgebracht. Der Folder erläutert neben den Baustoffgrundlagen auch Gesundheitsrisiken und gibt Empfehlungen, wie eine einwandfreie und gesundheitlich unbedenkliche Sanierung vonstatten gehen kann. Beispielhaft wird eine Asbestdachsanierung erläutert. Eine Checkliste hilft Bauherren dabei, Umbauarbeiten richtig zu planen. Das Infoblatt eignet sich auch als Unterlage für Bauherrengespräche. Die Broschüre kann kostenlos bestellt werden bei der Arbeitsgemeinschaft Ziegeldach e.V., Schaumburg-LippeStraße 4, D-53113 Bonn, Fax: 02 28/9 14 93 30, E-Mail:info@ziegeldach.de oder im Internet www.ziegeldach.de mikado 5/2004