Aktuelles aus der Umsatzsteuer - AWB Steuerberatungsgesellschaft

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Aktuelles aus der Umsatzsteuer - AWB Steuerberatungsgesellschaft
Aktuelles aus der Umsatzsteuer
Neue Zuordnung der Warenbewegung im Reihengeschäft
(nachrichtlich) Preisnachlässe bei Agenten oder Zentralregulierer
Dr. Carsten Höink
Rechtsanwalt | Steuerberater | Dipl. Finanzwirt (FH)
Geschäftsführender Gesellschafter der AWB Rechtsanwaltsgesellschaft mbH
Geschäftsführender Gesellschafter der AWB Steuerberatungsgesellschaft mbH
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Voraussetzungen der Steuerbefreiung
Grenzüberschreitende Warenbewegung für
Umsatzsteuerbefreiung notwendig!
Innergemeinschaftliche Lieferung
§ 6a UStG steuerfrei
Innergemeinschaftlicher Erwerb
§ 1(1) Nr. 5 UStG steuerpflichtig
übriges
Gemeinschaftsgebiet (EU)
§ 1 (2a) S. 1 UStG
Inland
§ 1 (2) S. 1 UStG
Ausfuhr § 6 UStG steuerfrei
Drittlandsgebiet
§ 1 (2a) S. 3 UStG
Einfuhr im Inland §1 (1) Nr. 4
UStG grds. steuerpflichtig
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Bisherige Verwaltungsauffassung in Deutschland
A
i.g. Lieferung
B
ruhende Lieferung
C
hier Dreiecksgeschäft möglich
Ware
Im Reihengeschäft ist nur eine Lieferung die warenbewegte Lieferung (u.a. EuGH Urteil -EMAG-)
Achtung nur die eine warenbewegte Lieferung über die Grenze kann als innergem. Lieferung (oder
Ausfuhrlieferung) steuerbefreit sein
Zuordnung nach Transportveranlassung (u.a. zivilrechtl. Spediteursbeauftragung) und beim mittleren im
Reihengeschäft – gesetzliche Vermutung nach § 3 Abs. 6 S. 6 UStG
i.g. Lieferung
A
B
ruhende Lieferung
C
hier Dreiecksgeschäft möglich
Ware
Transport - Eingangslieferung des B warenbewegt
gesetzliche Annahme
Widerlegbar anhand von Belegen/Incoterms/Vereinbarungen, dann ist
die Ausgangslieferung die bewegte Lieferung
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Zusammenfassung: Problemfall - Zuordnung der Warenbewegung im Reihengeschäft
Problemfälle
ruhende Lieferung
A
grds. steuerpflichtig
B
warenbewegte Lieferung
C
kein Dreiecksgeschäft möglich
Ware
Ausgangslieferung des B warenbewegt – anhand von
Belegen/Incoterms/Vereinbarungen, etc.
A
ruhende Lieferung
B
grds. steuerpflichtig
warenbewegte Lieferung
C
kein Dreiecksgeschäft möglich
Ware
Hinweis:
Ende 2015 wird eine Äußerung der FinVerw. zur Zuordnung der Warenbewegung im Reihengeschäft
erwartet und folgend Gesetzesänderung
Hintergrund:
EuGH, Urt. v. 6.4.2006, Rs. C-245/04 – EMAG, EuGH, Urt. v. 16.12.2010, Rs. C-430/09 – Euro Tyre,
BFH, Urt. v. 11.8.2011 – V R 3/11, EuGH, Urt. v. 27.9.2012, Rs. C-587/10, VStR, BFH, Urt. v. 28.05.2013
– XI R 11/09; BFH, Urt. v 25.2.2015 – XI R 15/14 und 30/13
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Rechtsprechung EuGH
 EuGH, Urt. vom 06.04.2006, Rs. C-245/04 - EMAG
es gibt in einem Reihengeschäft nur eine warenbewegte Lieferung
 EuGH, Urt. vom 16.12.2010, Rs. C-430/09 – Euro Tyre Holding
ETH NL
EXW
VBS BE
Decof BE
stellte LKW zur Verfügung
umfassende Würdigung aller Umstände des Einzelfalles
es kommt auf die Befähigung an, wie ein Eigentümer über die Ware
verfügen zu können; entscheidend ist daher, wer vor Grenzübertritt
„Verfügungsmacht“ am Liefergegenstand hat
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Rechtsprechung EuGH
 BFH v. 11.08.2011 – V R 3/10
A - DE
B – ES
C - FR
C holt mit Vollmacht B ab
Entscheidend für Zuordnung der Warenbewegung ist die
Absichtsbekundung des Zwischenhändlers gegenüber dem Erstlieferanten
 EuGH, Urt. vom 27.09.2012, Rs. C-587/10 - VSTR
EXW
VSTR DE
US
FI
Zuordnung der Warenbewegung zu einer der Lieferungen unklar !!
Umfassende Einzelfallwürdigung erforderlich !!
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Rechtsprechung BFH
 BFH v. 10.11.2010 und 28.05.2013 – XI R 11/09
EXW
VSTR DE
US
FI
umfassende Würdigung aller Umstände des Einzelfalles
Absichtsbekundung des mittleren Unternehmers nicht entscheidend
es kommt darauf an, ob der Zwischenerwerber vor Grenzübertritt
bereits Verfügungsmacht hatte oder nicht
Zurückverweisung an das FG zur SV-Ermittlung
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Rechtsprechung FG
 FG Rheinland-Pfalz, Urt. vom 04.12.2012, 6 K 2104/10
DE
S Ltd. UK
W Ltd. UK
 FG Münster, Urt. vom 16.01.2014, 5 K 3930/10 U (Rev.)
EXW
0% AL
R GmbH DE
S Ltd UK
VAE
USt ID UK
Anmelder Zoll
+ Vertreter
Ausführer Zoll
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Rechtsprechung – Revisionsentscheidung beim BFH
 BFH, Urt. v. 25.02.2015, XI R 15/14 - VSTR
EXW
VSTR DE
Grundsatz:
US
FI
Umfassende Würdigung aller Umstände des Einzelfalls; insb.
Feststellung, ob der Ersterwerber (US) dem Zweiterwerber (FI) die
Befähigung, wie ein Eigentümer über den Gegenstand zu verfügen, im Inland
übertragen hat (Verschaffung der Verfügungsmacht bereits im Inland oder
nicht!?) – Hat Abnehmer bereits im Inland weitergeliefert?
Folge:
 Verschaffung der Verfügungsmacht im Inland (Zeitpunkt) wesentlich
 § 3 Abs. 6 S. 6 UStG ist unionsrechtskonform auszulegen und anwendbar
 Nicht behebbare Zweifel über die Frage, ob im Inland bereits dem
Zweiterwerber Verfügungsmacht verschafft wurde, führen zur Anwendung
der Vermutung § 3 Abs. 6 S. 6 1. HS UStG
 Objektive Umstände und keine Absichtsbekundungen maßgebend
 Absichtsbekundungen aber für Vertrauensschutz bedeutsam
 Verwaltungsauffassung und Transportveranlassung obsolet
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Rechtsprechung – Revision FG Rheinland-Pfalz
 BFH, Urt. v. 25.02.2015, XI R 30/13
DE
S Ltd. UK
W Ltd. UK
Maßgeblich ist, ob S Ltd der W Ltd bereits im Inland Verfügungsmacht
verschafft hat oder nicht
Nicht maßgebend sind Absichtsbekundungen / subjektive Kenntnis
Warenbewegung ist der ersten Lieferung zuzuordnen, wenn Zweifel bestehen
Abschn. 3.14. Abs. 8 S. 2 UStAE (Transport durch W = Warenbewegung S – W)
– gilt nicht
Wenn W bei DE die Waren persönlich abholt, wird oftmals dem W die
Verfügungsmacht verschafft und Warenbewegung ist zwischen S – W.
Allerdings kann sich aus den Gesamtumständen Abweichendes ergeben
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UND NUN ??? Versuch eines Fazits
Auswirkungen
 Verschaffung der Verfügungsmacht und Warenbewegung sind separate
Tatbestandsmerkmale
 Zuordnungskriterium:
 Verschaffung der Verfügungsmacht

(unionsrechtlich: Befähigung, wie ein Eigentümer über den Gegenstand zu
verfügen) = Lieferung (Lieferzeitpunkt und Lieferort entscheidend)

Übertragung von Substanz, Wert und Ertrag am Liefergegenstand
 Vermutungsregelung, wenn objektiv nicht aufklärbar
 Wenn ein Mittlerer (Abnehmer, der zugleich Lieferer ist) befördert und versendet und
„Verschaffung der Verfügungsmacht im Inland“ nicht aufklärbar – dann gilt die
Vermutungsregelung des § 3 Abs. 6 S. 6 1. HS UStG (Eingangslieferung = warenbewegte
Lieferung)

Wenn ein letzter Abnehmer befördert und versendet und „Verschaffung der
Verfügungsmacht im Inland“ nicht aufklärbar – dann gilt die Vermutung, dass die erste
Lieferung die warenbewegte Lieferung ist (!). Aber „unwahrscheinlich“, wenn der Letzte
persönlich abholt.
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Auswirkungen
UND NUN ??? Versuch eines Fazits
 Laut BFH ist nun der Gesetzgeber in der Pflicht /
die Schwierigkeiten seien der Entscheidung der Besteuerung im
Binnenmarkt (i.g. Lieferung und i.g. Erwerb) geschuldet
 Bundesrat hat bereits die Initiative ergriffen
 BMF arbeitet an einem neuen Gesetzesentwurf
 Transportveranlassung und Abschn. 3.14. UStAE vom BFH nicht angewandt /
dagegen objektive Indizien- bzw. Beweislage relevant
Praxishinweis:
 noch gilt die Verwaltungsauffassung (Abschn. 3.14 UStAE)
 idealerweise gleichzeitig Indizienlage im Einklang mit neuer Rechtsprechung
schaffen
 Neuer Vertrauensschutz: laut BFH kann Absichtsbekundung des Ersterwerbers
noch keine Verfügungsmacht im Inland zu verschaffen einen
Vertrauensschutztatbestand schaffen (siehe auch § 6a Abs. 4 UStG)
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nachrichtlich
Aktuelles zu Preisnachlässen
Verkaufsförderung durch Vermittler
Abwicklung bei Zentralregulierer
Konsequenzen aus der Entscheidung des EuGH, Urt. v. 16.01.2014,
C-300/12 – Ibero Tours
BFH, Urt. v. 27.02.2014, V R 18/11
BFH, Urt. v. 03.07.2014, V R 3/12
BMF-Schreiben v. 27.02.2015
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Ausgangssituation
EuGH – Elida Gibbs –
führte zu § 17 Abs. 1 S. 3 und 4 UStG
Anpassung des
Vorsteuerabzugs
Minderung
der BMG
Großhändler
Einzelhändler
Endabnehmer/Kunde
Preisnachlass

Grundsätzlich führt die Gewährung eines Preisnachlasses


beim Gewährenden zur Minderung der Bemessungsgrundlage
und
der Erhalt eines Preisnachlasses zur Minderung des
Vorsteuerabzugs
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EuGH-Entscheidung
EuGH, Urteil – Ibero Tours –
Gesamtpreis der Reise ohne Abzüge
Dienstleistung
Reiseveranstalter
Kunde
Preisnachlass aus eigenem Antrieb
und auf eigene Kosten
Reisebüro
„Ibero Tours“



Die Verwaltung gewährte auch bei Preisnachlässen von
Vermittlern/Agenten für deren Leistung eine Minderung der
Bemessungsgrundlage soweit die vermittelte Leistung steuerpflichtig
war.
Ibero Tours klagte auf vollständige Minderung der
Bemessungsgrundlage
EuGH entschied dagegen – gar keine Minderung der
Bemessungsgrundlage
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EuGH, Konsequenzen aus der Ibero Tours Entscheidung

Keine Lieferkette im Unterschied zur EuGH Entscheidung
„Elida Gibbs“

Hier nur unmittelbare Erbringung einer Dienstleistung
zwischen Reiseveranstalter und Endverbraucher

Ibero Tours agiert nur als Vermittler dieses einzigen
Umsatzes

Keine Minderung der Bemessungsgrundlage für
Vermittlungsleistungen bei vom Vermittler eigenständig
gewährten Preisnachlässen, da Vermittler nicht in
Leistungskette
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BFH, Schlussurteil Ibero Tours

BFH, Urt. v. 27.02.2014, V R 18/11

Im Anschluss an die Entscheidung des EuGH hält der BFH
nicht länger an der früheren Rspr. fest,
„[…] dass ein Vermittler das Entgelt für seine
Vermittlungsleistung mindern kann, wenn er dem Kunden
der von ihm vermittelten Leistung einen Preisnachlass
gewährt.“

Keine Änderung der Bemessungsgrundlage nach § 17
Abs. 1 Satz 1 UStG, da der Vermittler keinen Nachlass für
die im Rahmen der Vermittlungstätigkeit an den
Reiseveranstalter erbrachten Dienstleistung gewährt.
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Keine Entgeltminderung bei Zentralregulierung
und dann übertrug der BFH die neue Rspr. auf die
Zentralregulierung:
Verrechnungs-
„Zusatzskonto“
abkommen
Provisionszahlung
Lieferant
Zentralregulierer
Anschlusskunde
Warenlieferungen


BFH, Urt. v. 03.07.2014, V R 3/12
Leitsatz
„Preisnachlässe,
die
ein
Zentralregulierer
seinen
Anschlusskunden für den Bezug von Waren von bestimmten
Lieferungen gewährt, mindern nicht die Bemessungsgrundlage
für die Leistungen, die der Zentralregulierer gegenüber den
Lieferanten erbringt, und führen dementsprechend auch nicht
zu einer Berichtigung des Vorsteuerabzugs beim
Anschlusskunden.“
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