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POOL-INFO: AUTOMOBILBAU
Fertigen von Automobilteilen
Optimieren durch
Simulieren
Wen kurze Entwicklungsfristen drücken, der tut oft
gut daran, den Werkzeugfüllvorgang und die Bauteileigenschaften am Rechner zu
simulieren, lange bevor der
Bau von Prototypen und
Werkzeugen Zeit und Geld
kostet. Überzeugt von den
Einsparmöglichkeiten nutzt
der Automobilzulieferer
WAFA diese Möglichkeit,
zum Beispiel bei der Entwicklung von Instrumententafelteilen.
Kleinere und mittelständische Kunststoffverarbeiter, die Werkzeuge selbst
bauen und optimieren, können sich weder langwierige Optimierungen noch
teure Werkzeugkorrekturen erlauben.
Die aufschlussreiche Simulation des
Werkzeugfüllvorgangs und der zu erwartenden Bauteileigenschaften kann
hier Zeit und Kosten sparen, doch dazu
fehlt meist die teure personelle und
technische Ausstattung. Aber auch oft
nur fragmentarische Kenntnisse über
die Möglichkeiten der Simulationsrechnung lassen Verarbeiter deren Vorteile
noch viel zu selten nutzen.
Distributoren sind im Tagesgeschäft
permanent mit Machbarkeitsfragen
konfrontiert und zunehmend gefordert, entsprechende Antworten zu liefern. Deshalb hat Resinex Deutschland,
Alsbach, in Personal, Hard- und Soft-
Schmelzefrontverlauf während der Einspritzphase für
drei Anschnitt: Blau kennzeichnet den Beginn, Rot entspricht dem Fließwegende
Örtliche Verteilung der erforderlichen Kühlzeit der Schmelze nach der vollständigen
Formteilfüllung (3 Anschnitte)
Zu erwartende Lage der
Bindenähte (3 Anschnitte)
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ware investiert, um im Rahmen von gemeinsam mit Kunden durchgeführten
Projekten Bauteilentwicklungen zu beschleunigen und Fertigungsprobleme
zu lösen – ein Service, der auch Dritten
als Dienstleistung zur Verfügung steht.
WAFA Kunststofftechnik, Augsburg,
gehört zu den Automobilzulieferern,
die diese Möglichkeit der Zusammenarbeit konsequent nutzen.
Zwei oder drei Angüsse?
Im Rahmen der Entwicklung des Audi
A2 hatte WAFA als Auftragnehmer des
Systemlieferanten VDO, Babenhausen,
die Aufgabe, Teile der Instrumententafel unter Fertigungsgesichtspunkten
zu optimieren und die zugehörigen
Spritzgieß-Werkzeuge zu bauen. Primäres Teil ist ein ovales Gehäuse, das alle Rundinstrumente, Leuchten und das
Display des Bordcomputers aufnimmt.
Auf Grund der ungünstigen Kombination aus langen Fließwegen, geringen
Wanddicken und einer Vielzahl von
Durchbrüchen war zu klären, wieviele
Angüsse an welchen Orten vorzusehen
waren, damit das Formteil bei den
durch die Maschine und den Werkstoff
(Magnum ABS 3416 SC von Dow) vorgegebenen Verarbeitungsparametern
vollständig gefüllt wird, eine einheitlich
strukturierte Oberfläche des ClassA-Sichtteils ohne Glanzstellen erreicht
wird und die Auswirkungen der unvermeidlichen Bindenähte und ihre Lage
möglichst günstig beeinflusst werden.
WAFA hatte ziemlich genaue Vorstellungen über die Lage der Anbindungen
auf den Innenseiten der beiden Tubusse
für die großen Rundinstrumente, war
sich aber nicht sicher, ob die angestrebte Qualität mit nur zwei Angüssen erreichbar war. Um keine unnötige Zeit zu
vergeuden, wandte sich das Unternehmen an die Techniker von Resinex, die
schon bei früheren Projekten per Simu-
PLASTVERARBEITER 52. Jahrg. (2001) Nr. 3
WAFA liefert den
Instrumententräger und den Displayrahmen für
den Bordcomputer
des Audi A2 an
VDO
lationsrechnung kurzfristig Optimierungsmöglichkeiten aufgezeigt hatten.
Die von WAFA angelieferten CAD-Daten hat Resinex zunächst in einen STLFile umgewandelt, wie er auch für das
Rapid Prototyping verwendet wird. Mit
den vorgegebenen Maschinenparametern und den im Simulationsprogramm
3D QuickFill von C-Mold abgelegten
Werkstoffdaten wurden beide AngussVarianten durchgerechnet. Heute setzt
der Distributor für solche Aufgaben die
noch flexiblere und leistungsfähigere
Software Plastics Advisers von Moldflow ein.
Ein typisches Resultat solcher Berechnungen ist die Bildschirmdarstellung
des Schmelzefrontverlaufs. Die gleichmäßige Formteilfüllung deutet im hier
vorgestellten Fall auf eine sehr gut ausbalancierte Angusspositionierung hin.
Die weiteren Rechenschritte ergaben
Aussagen über die dazu notwendigen
Maschinenparameter (hier etwa 82 bar
Einspritzdruck, 1700 kN Zuhaltekraft)
und das unter diesen Bedingungen zu
erwartende Temperaturprofil in der Kavität, das hier keine thermische Schädigung des Kunststoffs erwarten lässt.
Die erforderliche Kühlzeit der Schmelze
nach der vollständigen Formteilfüllung
lässt sich vorhersagen, wobei geringe
Farb- beziehungsweise Kühlzeitunterschiede wie im vorliegenden Fall erwarten lassen, dass weder Einfallstellen
noch Unregelmäßigkeiten der Oberflächenform und -struktur auftreten werden. Die Schmelzeorientierung, die Hinweise auf örtliche Unterschiede in den
mechanischen Eigenschaften und im
Schwindungsverhalten des Formteils
gibt lässt sich ebenso berechnen wie die
Lage der Bindenähte, die einerseits Re-
PLASTVERARBEITER 52. Jahrg. (2001) Nr. 3
gionen verringerter mechanischer Festigkeit darstellen
und
andererseitsanzeigen,
wo Entlüftungsmöglichkeiten erforderlich sind.
Auf Grund des positiven Ergebnisses
wurde auch die Zwei-Angüsse-Variante
gerechnet. Auch hier verläuft die
Schmelzefront sehr gleichmäßig, und
die weiteren Berechnungsschritte ergaben auch für diese Version eine gleichmäßige Druckverteilung und ein ausgeglichenes, zulässiges Temperaturprofil ohne Hinweise auf besondere Problemstellen. Die Ausgeglichenheit der
Resultate in beiden Varianten spricht
auf den ersten Blick für die einfachere
Zwei-Angüsse-Variante.
Tatsächlich
zeigte die Rechnung aber, dass in diesem Fall ein Einspritzdruck von 190 MPa
und damit eine Zuhaltekraft von über
3700 kN erforderlich sind, 1200 kN
mehr als die verfügbare Maschine aufbringt. WAFA zog seine eigene Konsequenz aus dieser Vergleichsrechnung. Zwar wäre man mit drei Angüssen auf jeden Fall auf der sicheren Seite
gewesen, die ungünstige Lage eines
Schiebers machte diese Variante aber
konstruktiv problematisch. Andererseits sagten die Rechenergebnisse, dass
auch zwei Angüsse grundsätzlich eine
hohe Qualität und Gleichmäßigkeit ermöglichten. Das Endresultat ist die Syn-
Schmelzefrontverlauf während der Einspritzphase für zwei Anschnitte
these aus umfangreichem Verarbeitungs-Know-how und den mit modernen Rechenverfahren gewonnenen Ergebnissen und Hinweisen. Ermutigt
durch die Ergebnisse der Simulation hat
WAFA die Zwei-Anguss-Variante gewählt, dazu aber die Wanddicke der Tubusse im Bereich der Angüsse erhöht.
Weil so die Schmelze leichter in die Kavität einströmt, reicht ein geringerer
Einspritzdruck aus. Die Praxis bestätigt
diesen Weg. Die notwendige Zuhaltekraft entspricht dem Leistungsvermögen der Maschine. Den Entwicklungsprozess verkürzende Erfolge dieser Art haben zu einer regelmäßigen
Zusammenarbeit zwischen Resinex und
WAFA bei Simulationsrechnungen geführt. In direktem Zusammenhang mit
dem Instrumententräger des Audi A2
steht der ebenfalls aus Magnum ABS
Die Simulation des Werkzeugfüllverhaltens
für den Displayrahmen zeigt, dass das Formteil auch mit nur einem Anguss vollständig
gefüllt werden kann:
Rot kennzeichnet hier den Beginn, Blau entspricht dem Fließwegende
von Dow gefertigte Display-Rahmen für
den Bord-Computer. Weil bei zentraler
Anspritzung die Gefahr unerwünschte
Glanzstellen bestand, sollte geprüft
werden, ob sich das Werkzeug auch mit
einem dezentralen Anguss über eines
der Augen füllen lassen würde. Wie anhand des Füllbilds erkennbar ist, konnte
diese Frage mit einem klaren ,Ja' beantwortet werden. Auch hier lieferte die Simulationsrechnung WAFA kurzfristig
die entscheidenden Hinweise. Weitere
Automobil-Projekte stehen kurz vor der
Markteinführung.
Torsten Mehler, Resinex Deutschland GmbH, Alsbach, und Rainer
Süßmair, WAFA Kunststofftechnik
GmbH, Augsburg
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