3 Kosovo-albanische Wertewelt: Persönliche Ein
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3 Kosovo-albanische Wertewelt: Persönliche Ein
SIETAR Journal für interkulturelle Perspektiven 1/2008 mondial 3 Kosovo-albanische Wertewelt: Persönliche Eindrücke aus einem Land im Umbruch 6 Bucuresti kommt von ›bucurie‹, und ›bucurie‹ heißt Freude 8 Netzwerke und Kostenfallen – unliebsame Überraschungen 13 Überschreitung als Regel: deutschpolnische Zusammenarbeit seit 1989 16 Fotostrecke Zypern 21 Milyen kár! Eine Fallgeschichte deutsch-ungarischer Unternehmenskommunikation 24 »Wann waren Sie eigentlich zum letzten Mal direkt?« 27 Trainieren im Spannungsfeld. Eine Replik 28 Neue wissenschaftliche Publikationen 29 Die Bilder im Kopf: Eine Ausstellung im Jüdischen Museum Berlin 32 Fünfzehn Fragen an Interkulturalisten 33 Interkulturelle Trainer durchleben Identitätskrise 36 SIETAR Weltkongress in Granada 37 Veranstaltungen 14. Jahrgang · 9, 50 Euro Editorial Inhalt Südosteuropa 3 Kosovo-albanische Wertewelt: Persönliche Eindrücke aus einem Land im Umbruch 6 Bucuresti kommt von ›bucurie‹, und ›bucurie‹ heißt Freude 8 Netzwerke und Kostenfallen – unliebsame Überraschungen Heike Hildesheim und Martina Müller-Krüger Rita Booker-Solymosi Rita Booker-Solymosi im Gespräch mit Cristian Bizau 16 griech.: Kýpros, türk.: Kıbrıs Ein Fotobericht von Ulrich Bauer 21 Milyen kár… Eine Fallgeschichte deutsch-ungarischer Unternehmenskommunikation Sylvia Schroll-Machl und Christine Sontag Dialog 24 Vermittlung interkultureller Kompetenzen mit linguistischen Mitteln oder: »Wann waren Sie eigentlich zum letzten Mal direkt?« Peter Jandok Liebe Leserinnen und liebe Leser, nach einem Relaunch erscheint das SIETAR 27 Journal in neuer Form und mit einem neuen Namen. Wir freuen uns, Ihnen die erste Ausgabe von mondial, dem SIETAR Journal für interkulturelle Perspektiven, vorzustellen! Ihr Feedback auf die Leserbefragung und Ihre Anregungen haben zur Realisierung von mondial beigetragen, und auch der Wunsch des Vorstands von SIETAR Deutschland und der Redaktion, das Journal weiter zu entwickeln und zu professionalisieren, konnte umgesetzt werden. Viele neue Ideen und konstruktive Vorschläge sind in den Relaunch eingeflossen, zugleich wurde auch einiges Vertraute und Bewährte beibehalten. Der aktuelle Fokus Südosteuropa richtet unseren Blick auf die Regionen und Länder Kosovo, Rumänien, Zypern und Ungarn. Persönliche Erfahrung, Expertengespräch, ein Fotobericht sowie eine Fallgeschichte eröffnen eindrückliche Zugänge zu multiethnischen Gesellschaften in unserer Nachbarschaft, die gegenwärtig einen rasanten Wandel vollziehen. In der Rubrik Dialog werden in mondial künftig Forscher und Praktiker in einen problemorientierten Diskurs zu ausgewählten interkulturellen Brennpunkten treten. Im Dreischritt von These, Antithese und Synthese werden kontroverse Argumente nachvollziehbar gemacht und gemeinsam Positionen erarbeitet. Neben Themenschwerpunkt und Forscher-Praktiker-Dialog bietet mondial auch Raum für eigenständige Beiträge zu den Bereichen interkulturelle Zusammenarbeit, Austausch und Begegnung. Lassen Sie sich von weiteren Rubriken überraschen, die mondial künftig prägen werden! Trainieren im Spannungsfeld Eine Replik zum Beitrag von Peter Jandok Steffen Henkel Themen 13 Überschreitung als Regel Der Wandel deutsch-polnischer grenzüberschreitender Zusammenarbeit seit 1989 Ulrich Best 29 Die Bilder im Kopf Eine Ausstellung im Jüdischen Museum Berlin widmet sich populären Klischees Thorsten Beck Serie 28 32 Neue wissenschaftliche Publikationen 15 Fragen an Interkulturalisten Aktuell 33 Interkulturelle Trainer durchleben Identitätskrise Stéphanie Stephan 36 »Wie beeinflusst die Globalisierung Kulturen, wie formen Kulturen die Globalisierung?« SIETAR-Weltkongress in Granada, 22.– 29. Oktober 2008 Candela Julia Fernández und Mete Atam 37 38 39 In diesem Sinne wünschen wir Ihnen viel Freude mit mondial. Ihr Redaktionsteam, Friederike von Denffer, Uli Bauer 2 Veranstaltungen SIETAR Deutschland Regionalgruppen Impressum mondial 1/08 Kosovo-albanische Wertewelt: Persönliche Eindrücke aus einem Land im Umbruch Heike Hildesheim und Martina Müller-Krüger gemeinsam eingenommen, Tradition und Moderne: Prishtina der Gast wird von der Hausfrau stets als erster bedient, danach das männliche Familienoberhaupt. Diese, über Jahrhunderte gepflegte kosovo-albanische Tradition lebt bis in die Gegenwart fort. Kosova – wie die Kosovo-Albaner ihr Land nennen – hat am 17. Februar 2008 seine Unabhängigkeit erklärt und ist von den USA und der Mehrheit der EU-Mitgliedsstaaten anerkannt worden. Ungeachtet der völkerrechtlich umstrittenen Situation und der ungelösten Frage des Zusammenlebens mit der serbischen Minderheit ist dieser Status ein lang ersehnter Traum der Kosovo-Albaner. Seitdem die NATO 1999 serbische Truppen nach massiven Übergriffen auf die albanische Bevölkerung verdrängte und die Region unter UN-Protektorat gestellt wurde, hatte sich u.a. der (verstorbene) Präsident Rugova, der für seine gewaltfreie Haltung bekannt war, für eine Unabhängigkeit eingesetzt. Diese scheiterte jedoch immer wieder an der Uneinigkeit und Unentschlossenheit der internationalen Gemeinschaft. Nicht zuletzt deswegen hatte sich die bewaffnete UÇK gebildet, der auch der heutige Regierungschef Thaçi angehörte 1. Nun hoffen die Menschen, dass in der Unabhängigkeit getroffene Entscheidungen von Parlament und Regierung zu Handlungsfähigkeit führen, die vor allem die wirtschaftliche Situation im Lande verbessert. Ein dunkles, zugiges Beton-Treppenhaus eines Hochhauses in Prishtina, der Hauptstadt des Kosovo. »Funktioniert wohl der Aufzug?« Ich entscheide mich vorsichtshalber für die Treppe – wie es mir meine Gastgeberin, Rifadije Ahmeti, empfohlen hat. Die Zwei-Zimmer-Wohnung der Familie, die ich besuche, strahlt hingegen eine helle Freundlichkeit aus. Warmherzig werde ich empfangen von drei Generationen: von Vater, Mutter, Großvater und zwei aufgeregten Töchtern, von denen die ältere mit ihren zwölf Jahren munter Small talk in englischer Sprache führt. Während die Mutter das Essen zubereitet, geben die Kinder stolz und selbstverständlich ein kleines Hauskonzert auf ihren Instrumenten Geige und Keyboard. Trotzdem: Wäschewaschen war heute nicht möglich, und auch das Kochen hat sich verzögert, denn es gab einige Stunden weder Wasser noch Strom. Aber das ist normal hier: Das Alltagsleben muss sich der Mangelsituation anpassen. Während die vierköpfige Familie Ahmeti in einer eigenen Wohnung in der Hauptstadt lebt, wohnt die 14-köpfige Familie Saraçi in einem kleinen, gemütlichen Haus auf dem Land. Sie teilt sich alles, was die einzelnen Familienmitglieder erarbeiten. Ohne diese Solidarität könnten nicht alle überleben. Der 54-jährige Vater, dessen Familie im Krieg gegen die Serben alles Eigentum verlor und der schwer erkrankte, erhält eine Invalidenrente von vierzig Euro monatlich. Die Mutter kümmert sich aufopferungsvoll um die Versorgung der Großfamilie. Vier Kinder sind noch schulpflichtig. Die Familie ist im wesentlichen Selbstversorger. Trotz der knappen Mittel zaubern sie köstliches, selbstgemachtes Essen auf den Tisch: Flija, Pita, eingelegte Paprika, Weißkäse und Maisbrot. Die Mahlzeiten werden mondial 1/08 Was zeichnet Kosovo-Albaner aus? – Anmerkungen zu kosovo-albanischer Identität und Wertewelt Die Identität der Kosovo-Albaner nährt sich aus dem Stolz, ihre Kultur und Sprache durch die Stürme der Geschichte bewahrt und weiter 3 verändern sich die traditionellen Strukturen der komplexen Familie. Dies ist der Tatsache geschuldet, dass die einzelnen Familienmitglieder zur Sicherung ihrer Existenz außerhalb ihres Wohnortes Arbeit suchen und in die Städte ziehen. Auch wenn Familien wie die von Rifadije Ahmeti in der Hauptstadt häufig anzutreffen sind, existiert nach wie vor eine enge familiäre Bindung zu Eltern, Geschwistern und anderen Verwandten. Dies ist gleichermaßen spürbar bei Kosovo-Albanern, die das Land vor und während des Krieges gegen Serbien verließen. Jeden Sommer ziehen Ströme von Kosovo-Albanern aus aller Herren Länder in den Kosovo. Der Flughafen Prishtina wird dann zu einer Stätte freudiger Wiederbegegnungen und trauriger, tränenreicher Abschiede. Das Wertesystem war in albanischen Familien durch eine patriarchale, stark hierarchische Denkweise geprägt, die über Jahrhunderte gepflegt und verteidigt wurde. Obwohl die moderne Gesellschaft Einzug in den Kosovo gehalten hat, leben diese traditionellen patriarchalen Muster in unterschiedlicher Ausprägung weiter. »Die strikte patriarchale Sozialisation hat das Pflichtgefühl gegenüber der Gemeinschaft erhöht. Arbeit und gesellschaftliche Verpflichtungen können in diesem System nur verwirklicht werden, wenn sich jeder den Interessen der Gemeinschaft unterwirft.« (Vgl. Rrapi 2003: 124.) Diese soziale ›Disziplinierung‹ steht dem zentralen Bestreben der westlichen Wertegemeinschaft nach Entfaltung des Individuums gegenüber. Junge Kosovaren, die ihre Ausbildung in Ländern wie Deutschland, Großbritannien oder den USA absolvieren, haben die traditionellen gemeinschaftlichen Werte zwar verinnerlicht, suchen aber gleichzeitig nach Möglichkeiten der individuellen Entfaltung. Grundlage des sozialen Verhaltens der Kosovo-Albaner bildete und bildet der Kanun2, ein über 500 Jahre altes albanisches Gewohnheitsrecht. Zunächst mündlich tradiert, galt das Gewohnheitsrecht der Albaner immer als Ergänzung zum staatlichen Recht, mit dem es zugleich in Konkurrenz stand. Durch den Kanun wird vor allem die zentrale Bedeutung der Familie deutlich, in der Frauen kaum Rechte zugesprochen werden. Ein anderer – aus heutiger Sicht schwer nachvollziehbarer – Wert der kosovo-albanischen Gesellschaft ist ebenfalls im Kanun begründet: die männliche Ehre. Deren Verletzung rechtfertigt Blutrache als Selbstjustiz. In Städten spielt Blutrache heute kaum eine Rolle mehr; Auseinandersetzungen werden jedoch selbst in Wirtschaftsunternehmen nicht selten mit heftiger Emotionalität ausgetragen. Trotz des Zugangs der Mädchen und Frauen zu Bildung und trotz ihrer – zumindest in Städten – verbesserten Arbeitssituation tragen Frauen mehrheitlich die Hauptlast des täglichen Lebens. Laut einer Befragung in einem großen Wirtschaftsunter- entwickelt zu haben. Albaner eingelegte Paprika, Weißkäse und Serben bemühen sich in unterschiedlicher Geschichtsund Maisbrot darstellung, ihren historischen Anspruch auf das Kosovo zu untermauern. Während sich Albaner als Nachfolger der Illyrer (und damit als ›Ureinwohner‹) sehen, berufen sich die Serben hingegen auf ihr mittelalterliches Zentrum auf dem Gebiet des heutigen Kosovo und betrachten die Albaner als ›Nachzöglinge‹ (vgl. Wenzel 2003: 16). Geeint wurden beide teilweise im Kampf gegen die Jahrhunderte dauernde türkische Herrschaft. Unterdrückung durch andere Kulturen hat die KosovoAlbaner verletzlich und misstrauisch werden lassen. Insbesondere ältere Kosovaren machen keinen Hehl aus ihrem Hass auf Serben. Zu tief und frisch sind die Wunden, die der Krieg gegen die serbische Herrschaft verursacht hat – viele Menschen verloren Angehörige, Freunde, Kollegen und oft auch ihr gesamtes Hab und Gut. Unvergessen sind die Jahrzehnte währenden Demütigungen, die Kosovo-Albaner durch andere Balkan-Völker erfahren mussten. Gemeinsame Werte begründen die kosovo-albanische Identität: Vertrauen, Familie, Gastfreundschaft, Bildung, Essen (sowohl die Zubereitung als auch das Ritual des gemeinsamen Essens), Folklore, Sprache, Opferbereitschaft und Heldentum – dies seien die wichtigsten Elemente, die Kosovo-Albaner einen, wie die Teilnehmer eines Seminars für Führungskräfte betonten. Das Fundament des kosovo-albanischen Zusammenhalts bildet die Familie, die eine Lebensgemeinschaft und ein ›kulturelles System‹ (vgl. Rrapi 2003: 77) darstellt. In der heutigen Zeit Trotz knapper Mittel: Flija, Pita, 4 mondial 1/08 stützung auch neue Werte in das Land getragen werden, mit denen sich Kosovaren in der Zukunft stärker auseinander setzen müssen. Es wird sich zeigen, inwieweit ihre traditionellen Werte Bestand haben und sie in der Lage sind, demokratische Ansätze und individuelle Freiheiten in ihr Wertesystem zu integrieren. Es wäre den Kosovo-Albanern zu wünschen, den Jahrhunderte gehegten Traum eines eigenständigen Staates erfolgreich Wirklichkeit werden zu lassen. Die Familien Ahmeti und Saraçi werden ihr gesamtes Wissen und ihre Potenziale hierfür einbringen, damit die nächste Generation schon erste Früchte ernten kann. Bis dahin ist es aber noch ein weiter Weg. nehmen honorieren Männer zwar die Arbeitsleistung von Frauen, äußern jedoch Zweifel dahingehend, ob Frauen die gleiche Leistung erbringen können wie Männer, da sie sich gleichzeitig um Haus und Kinder kümmern müssten. Bildung ist heute ein wichtiger kultureller Wert. Aufgrund der gegenwärtigen demographischen Verhältnisse – mehr als 70% der Gesamtbevölkerung sind unter 25 Jahre alt – sind die Schulen im Land überfüllt, und Kinder müssen, insbesondere in der Hauptstadt, im Dreischichtsystem unterrichtet werden. Die geringe Bezahlung der Lehrer (durchschnittlich 140 Euro monatlich) ist einer qualitativen Ausbildung abträglich. Auf einen Studienplatz an der wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Universität Prishtina bewerben sich jährlich ca. 300 Schulabgänger. Jugendliche aus Familien mit einem guten Einkommen sind dabei privilegiert; diese ermöglichen ihren Kindern zusätzliche Ausbildungen an privaten Lehrinstitutionen. Auch bereits Berufstätige studieren an der Universität und absolvieren Weiterbildungslehrgänge. Die meisten Kosovaren sind mehrsprachig – neben Albanisch sprechen sie fließend Englisch und/oder Deutsch. Sprachen anderer Balkanvölker werden ebenfalls vielfach beherrscht. Anmerkungen 1 Die UÇK (Ushtria Çlirimtare e Kosovës, zu deutsch: Befreiungsarmee des Kosovo) wurde offiziell 1999 aufgelöst, faktisch wurde sie in verschiedene Nachfolgeorganisationen überführt. Vgl. den Eintrag ›UÇK‹ bei www.wikipedia.de 2 Der Begriff ›Kanun‹ ist aus dem Türkischen entlehnt; Multiethnisches Leben: ein Mythos? Im Kosovo leben ca. zwei Millionen Menschen, die primäre Bedeutung ist ›Recht‹ oder ›Rechtssystem‹. davon ca. 90% Kosovo-Albaner. Die restlichen zehn Prozent sind Serben, Türken, Bosniaken, Gorani, Kaukasen, Montenegriner, Roma und andere. Diese multiethnische Einheit wird durch die sechs Sterne der neuen Kosovo-Flagge symbolisiert. Mit Ausnahme der Serben und teilweise der Roma sind Minderheiten relativ gut in die Gesellschaft integriert. Serben leben im Kosovo überwiegend in Enklaven und in völliger Isolation. Haben Serben und Albaner früher Tür an Tür gewohnt, sprechen sie heute kaum mehr miteinander. Auch wenn die jüngere Generation der Kosovo-Albaner eine liberalere Einstellung gegenüber der serbischen Minderheit im Kosovo einnimmt, haben in den letzten Jahren immer mehr Serben das Land verlassen, insbesondere die Bildungsschicht. Nach dem Krieg 1999 verloren Serben ihre Führungspositionen in Verwaltung und Wirtschaft, so wie zuvor 1990 alle Albaner von den Serben aus ihren Führungspositionen verdrängt worden waren. So verstärkt sich das Muster, dass sich jede Seite als Opfer sieht. Ohne Versöhnung zwischen den Ethnien wird das Land jedoch keinen Frieden und mittelfristig keine Zukunft haben. Literatur Elsie, Robert (2001): Der Kanun. Das albanische Gewohnheitsrecht nach dem sogenannten Kanun des Lekë Dukagjini. Ins Deutsche übersetzt von Marie Amelie Freiin von Godin. Pejë: Dukagjini Balkan Books • Hösch, Edgar (2007): Geschichte des Balkans. 2., aktualisier te Auflage, München: C.H. Beck • Malcolm, Noel (1998): Kosovo: A Short History. Oxford: Pan Books • Prorok, Christiane (2004): Ibrahim Rugovas Leadership: eine Analyse der Politik des kosovarischen Präsidenten. Frankfurt/Main: Peter Lang Verlag • Rrapi, Gjergj (2003): Die albanische Großfamilie im Kosovo. Vom Original übersetzt von Kristë Shtufi. Wien u.a.: Böhlau Verlag • Wenzel, Susanne (2003): Das Kosovo entdecken: Kultur und Natur zwischen Amselfeld und Albanischen Alpen. Berlin: Trescher Verlag Autorinnen Heike Hildesheim, Dipl.-Päd., Studium der Erwachsenenbildung sowie Linguistik und Literatur der russischen und englischen Sprache. Über zehnjährige interkulturelle Erfahrungen in internationalen Beratungsprojekten; zweijährige Projekttätigkeit und Projektleitung (2004/2007) im Rahmen eines EU-Bildungspro- Ein Blick in die Zukunft Neben der Aussöhnung mit der serbi- jekts im Kosovo. Kontakt heike.hildesheim@mail.mbeg.de schen Bevölkerungsgruppe sowie der Chancengleichheit für alle ethnischen Gruppen stellt der Kampf gegen die hohe Arbeitslosigkeit, gegen Korruption und gegen den Drogenhandel eine große Herausforderung für den jungen Staat dar. Die Kosovo-Albaner hoffen auf eine mittelfristige Mitgliedschaft in der EU und damit verbundene verstärkte wirtschaftliche Unterstützung. Inwieweit der Kosovo für europäische und amerikanische Investitionen attraktiv ist, bleibt abzuwarten. Sicher ist, dass mit der finanziellen und wirtschaftlichen Unter- mondial 1/08 Martina Müller-Krüger, Dipl.-Regionalwissenschaftlerin, Studium der Modernen Chinakunde, Volkswirtschaftslehre und Rechtswissenschaft. Mehrjährige Tätigkeit in der Personalentwicklung eines Großunternehmens, seit 2005 selbstständige Beraterin und Coach für Fach- und Führungskräfte in Europa und China, u.a. 2007 im Rahmen eines EU-Projekts im Kosovo. Stellvertretende Vorsitzende von SIETAR Deutschland. Kontakt mueller-krueger@chinaplus.de Fotos © Martina Müller-Krüger 5 In der Piata Romana angekommen, steige ich in dem Gewusel eines Ameisenhaufens aus. Geschäftig ist die Stadt, und geschmückt wie noch nie. Bukarest trägt die Farben der EU. Die Frauen sind elegant und modisch gekleidet. Ihr aufrechter Gang ist schön anzusehen. Bukarest ist frisch. Die Gesichter sind entspannter. Junge Menschen mit PhDs in der Tasche, erworben an Universitäten aus aller Welt, blicken mit Vertrauen in die Zukunft. Sie haben gelernt wie die Teufel. Denn Wissen ist Reichtum. Und sie wollen reich und nützlich sein. Und ein gutes Leben führen. Zeigen, dass sie was können. Und dass ihre Eltern sich nicht umsonst abgerackert haben, ihnen ein Studium zu bezahlen. Ich spüre, wie hier die Luft vibriert. Die Stadt atmet Freude ein und atmet sie vermehrt aus. Diese flimmernde Stadt kenne ich nicht. Ich habe ein Leben in Bucuresti gelebt. Ein altes Leben. Ein früheres. Zu einer Zeit, als Freude hier ein Fremdwort geworden war. Als Gas, Wasser und Strom täglich abgestellt waren. Und die Stadt nachts in Düsterheit versunken lag. Als die Stadt, die man zwischen den beiden Weltkriegen für ihre Leichtigkeit kannte, erstarrt war in Trauer und Misere. Ein einziges Mal habe ich Bucuresti leuchten gesehen. Ein einziges Mal habe ich hier explosive Freude erlebt. An dem Tag, als Ceausescu mit dem Helikopter geflüchtet ist. Seitdem sind 17 Jahre vergangen. Ein kurzer Weg für die Geschichte. Ein langer, beschwerlicher Weg für die Menschen, die sie Tag für Tag erleben. Bucuresti ist ein Wespennest. Ein Bienenstock. Ein Schwarm. Es riecht nach Geld. Nach Profit. Nach Hoffnung. Es klimpert. Es schimmert. Es rauscht. Das Geldmachen ist zur Hauptbeschäftigung geworden. Zum Spiel. Zur Obsession. Die Augen leuchten beim Zählen der Scheine. Und bei dem Gedanken an die Möglichkeiten es zu vermehren. Geld wird überall gewechselt. In den Malls. In den Banken. In den Wechselstuben, die die Stadt überwuchern. Bukarest ist zu klein für seinen Wohlstand. Die Stadt erstickt vor Menschen. Vor Autos. Ich muss mich mit dem Rollkoffer in den Straßenverkehr wagen. Der Bürgersteig ist von parkenden Autos besetzt. Der Verkehr ist ein Abenteuer. Die Straße zu überqueren ist eine Mutprobe. Fahrradfahren ist suizidal. Die Geschäftigkeit der Stadt regt auch mich an. Macht mich hungrig. Seit meinem letzten Besuch hat sich alles gewandelt. Das Zentrum ist vollkommen renoviert und erweitert. Kneipen, Cafés und Restaurants an jeder Ecke. Wo soll ich hin? Die Restaurants sind übervoll. Ohne Reservierung muss man hungrig bleiben oder lange warten. Ich träume von dem alten, berühmten Capsa. Wo sich die Literaten und Künstler bei einem Dragasani Vieux oder einem schönen Deaulul Mare in der Vorkriegszeit trafen. Und wo sie über Politik, Kunst und den Sinn des Lebens heftig debattierten. Sich gegenseitig Gedichte vorlasen. Wo Nicu Kanner den Text für »Mi-am pus busuioc in par« schrieb, den Hit der göttlichen Maria Tanase, wie sie der Dichter Tudor Arghezi nannte. Wo bei Morun Froid á la Russe, gefüllter Wachtel, und anderen kulinarischen Wundern, welche Donau, Wälder und fruchtbares Land zu bieten hatten, Ge- Bucuresti kommt von ›bucurie‹, und ›bucurie‹ heißt Freude. Rita Booker-Solymosi Die Legende erzählt, Bucuresti kommt von ›bucurie‹, sagt meine Freundin Andreea. ›Bucurie‹ bedeutet Freude. Substantive werden auf Rumänisch nicht groß geschrieben. Ihre Macht, ihre Bedeutung ist dadurch nicht minder. Bucuresti ist in diesen Tagen in voller Aufregung. Das spürt man schon im Flugzeug. Ich komme mit einer Schar Rumänen, die in Prag eingestiegen waren, in Bucuresti an. Sie kommen aus Europa angeflogen. Und steigen in Europa aus. Ihre Gesichter strahlen. Sie sprechen nicht. Sie zwitschern. Zwischendurch sagen sie: Brüssel. Und Straßburg. Willkommen in Europa. Und: ›fröhliche Integration‹. Es ist kurz nach Mittag. Der Winter ist mild, und die Sonne lässt die langweilige Gegend des Flughafens aufleben. Ich steige in den Bus und fahre in die Stadt über Otopeni. Die Strecke ist bunter geworden. Villen und Firmengebäude säumen den Weg. Aus diesem bescheidenen Vorort von Bukarest ist in ein paar Jahren eine neue Stadt entstanden. Mit aufwändig ausgestatteten Villen und Firmensitzen. Eine Stadt, gebaut aus dem Geld der Heimkehrer, der ausländischen Investoren und ganz besonders aus dem Fleiß und Schweiß der Cäpsunari. ›Kaepschunari‹. Derer, die die Erdbeeren in Spanien und den Spargel in Deutschland ernten. Die ihre mickrigen Tagelöhne zusammenkratzen und ihr neues Leben damit aufbauen wollen. Ob auf der Bank oder im Strumpf gespart. Ob überwiesen oder in der Tüte nach Hause gebracht. Ihr Geld ist richtiges Geld geworden. Schweres Geld. Glatt neun Milliarden Euro sind seit 2003 nach Rumänien geflossen. Und Bukarest profitiert davon. 6 mondial 1/08 rumänische Staatsbürgerschaft an und lassen kleine Geldsummen sich hier vermehren. Westeuropäer mit Mut, Abenteuerlust, Pioniergeist, Ausdauer und Lust auf Profit kommen auf ihre Kosten. In Bukarest vereinen sich immer noch zwei Welten. Das Zentrum und die Peripherie. Die prachtvollen Villengegenden und die Gegenden der Einfamilienhäuser, mit Gemüsegärten und glücklichen Hühnern. Dicht nebenan die Slums. Ferentari hat in der letzten Zeit für Schlagzeilen gesorgt. Müllberge, Ratten und Stromklau. Ferentari ist eine gefürchtete Gegend, bewohnt von Roma und anderen Ausgestoßenen. Von Drogenhändlern und Prostituierten. Eine Gegend, in der man, sollte man sie zu betreten wagen, nicht sicher ist, ob man seine Schuhe noch an hat, wenn man sie verlässt. In der kein Gesetz herrscht und die lokale Regierung kapituliert hat zu Gunsten des populistischen Held Becali, dem Unternehmer und Eigentümer des Fußballvereins Steaua Bucuresti. Der mit seinen Millionen, die er mit beiden Händen ausgibt, die Sympathie für seine Partei bei den nächsten Wahlen sichern will. Bucuresti kommt von ›bucurie‹. Und bucurie bedeutet Freude. Ihre Kraft ist so groß, dass sie trotz der Tragik der Geschichte den Geist der Stadt nie gänzlich verlassen hat. Manchmal hat sie sich in schwarzen Humor verwandelt. In einer widersprüchlichen Haltung, gekennzeichnet von Skepsis und gleichzeitig einer unendlichen Toleranz. Von Spott, Selbstzerstörung und maßlosem Optimismus. Der Franzose Paul Morand, verheiratet in den 1930er Jahren mit einer rumänischen Prinzessin – ein anderer Diplomat, der die Rumänen und vor allem die Bukarester wie kaum ein anderer verstanden und geliebt hat –, schrieb in einem Buch der Erinnerungen: »Die Lektion, die uns Bukarest erteilt, ist keine Lektion über Kunst, sondern über das Leben. Bukarest bringt dir bei, dich an alles anzupassen, sogar an das Unmögliche.« schichte geschrieben wurde. Mark A. Taplin, ein amerikanischer Diplomat, erinnert sich, dass das Capsa Ende des 19. Jahrhunderts die erste Amerikanische Botschaft war. Und der damalige Diplomat Eugen Schuyler, Freund von Tolstoi und Übersetzer von Turgheniev, in Capsa verliebt war. Aber vom Capsa kann ich nur träumen. Denn es ist jetzt um die Feiertage herum für Wochen ausgebucht. La Mama wird mir von überall empfohlen. Aber La Mama platzt aus allen Nähten. So weiß ich den Platz zu schätzen, den ich im Vama Veche gefunden habe. Ein schickes, kleines Restaurant mit Atmosphäre. Mit originalen Ölbildern, Naturblumen und duftendem Essen. Keine Schnörkeleien. Keine Haute Cuisine. Eine lange Liste mit rumänischen Spezialitäten. Ich wähle Ciorba de Burta, eine saure Kuttelsuppe, die man eigentlich morgens nach zu langem Feiern essen sollte. Und Tocanitza de fudulii. Es sind Gerichte, deren Namen für Uneingeweihte barbarisch klingen. Aber sie schmecken herrlich. Bukarest bietet mir ein neues Bild und viel Hoffnung. Denn wo so viel gelesen wird, hat der Fortschritt große Chancen. Im Scala, einem Café nahe der Piata Universitatii treffe ich Andreea, eine meiner wenigen Freundinnen, die noch hier leben. Es ist kein Zufall, dass wir uns gerade hier verabreden. Wir sprechen über die Nacht der Revolution, die wir auf diesem Platz vor 17 Jahren miterlebt haben. Und über all die Veränderungen, die seitdem in unseren Leben stattgefunden haben. Ich wundere mich – an jeder Ecke Bücher und Zeitungsverkauf. Auf der Straße. Am Kiosk. In den U-Bahnhöfen. In den Buchhandlungen. Zeitungen und Verlage schießen wie Pilze aus dem Boden. Bukarest hat etwa zehn Tageszeitungen und mindestens 27 mittelgroße Verlage, sagt meine Freundin. Ich habe Glück, dass ich sie auf die Schnelle erreichen konnte. Wir trinken zwischen Tür und Angel einen Kaffee. Richtig sprechen können wir erst spät am Abend. Andreea hat drei Jobs. Wie viele andere Rumänen, die Arbeit haben und von deren Ertrag dezent leben können. Sie ist Chefredakteurin einer Zeitschrift, Kolumnistin beim BBC und Moderatorin einer täglichen politischen Talkshow im Rundfunk. Die Hälfte ihres Geldes fließt in die After-School-Einrichtung und die Haushaltshilfe. Daraus gibt es keinen Ausweg. Nur entweder. Oder. Nicht nur Bücher werden überall verkauft. ›Shopping‹ ist inzwischen auch hier ein eingebürgertes Wort. Der Konsum ist eine berauschende Beschäftigung. Bewegung und Wachstum herrschen im rauen Wettbewerb. Eine Erfolgswut zieht über das Land. In Bukarest ist sie an jeder Ecke sichtbar. Die Bukarester Gegend hat ein jährliches Wachstum von zwanzig Prozent. Auch für ausländische Firmen lässt sich hier gut Geld verdienen. Das hat sich inzwischen herumgesprochen. Ob Raiffeisen, HypoVereinsbank, Dresdner oder Commerzbank, Banca CR Firenze. Volksbank, Porsche, Royal Bank of Canada. Cairo Amman Bank HVB oder ING, 60 Prozent des Bankwesens ist ausländischer Herkunft. Die Versicherungen haben ihr neues Paradies hier entdeckt. Menschen aus aller Welt suchen hier ihr neues Glück. Wer mit etwas Geld kommt, kann es vermehren, Chinesen, Koreaner, Araber nehmen die mondial 1/08 Blick vom Bukarester Arc de Triomphe auf das Haus der Presse © Rompress 7 Netzwerke und Kostenfallen – unliebsame Überraschungen Zukunft seiner Generation in einer Weltwirtschaft, in der anscheinend die Karten neu gemischt werden? Rumänischer High Potential Cristian Bizau ist jetzt 32 Jahre alt, Rumäne mit ungarischer Abstammung, spricht vier Sprachen fließend und erlebt aufgrund seiner aktiven Mitgliedschaft bei den AIESEC Alumni, BNI Romania, und den beiden selbst gegründeten rumänischen Netzwerken www.antreprenor.ro und www. academiadenetworking.ro nicht nur die Zusammenarbeit mit internationalen Kunden im eigenen Unternehmen, sondern erfährt durch den Kontakt mit anderen Entscheidungsträgern aus europäischen Firmen auch viel über deren Geschäftsalltag in Rumänien. Gehen Sie bedacht auf den osteuropäischen Markt! Herr Bizau be- Rita Booker-Solymosi im Gespräch mit Cristian Bizau dauert, dass in Medienberichten vor allem von den großen Absatzchancen, der Nähe zum Beschaffungsmarkt oder den niedrigen Lohnkosten gesprochen wird. »Von den Bruchlandungen hört man zu wenig.« Diese erlebt er aber Vorort und erfährt von ihnen im Austausch mit anderen Europäern. »Man kommt mit großen Erwartungen und demzufolge unzutreffenden Annahmen und Kalkulationsgrundlagen. Dann tauchen plötzlich Kosten auf, an die man nie gedacht hat.« Ob freiwillig oder vom deutschen Großkunden gezwungen: Immer mehr Unternehmen produzieren in Osteuropa vor Ort. Oft zeigt sich jedoch, dass die ursprünglichen Erwartungen hinsichtlich des erforderlichen lokalen Personals ebenso wenig erfüllt werden wie in Bezug darauf, ob sich Arbeitsabläufe oder Qualitätsstandards wie in Deutschland durchsetzen lassen. Die Folge ist, dass unterstellte Kostenvorteile schnell wegschmelzen oder im schlimmeren Fall Zusatzkosten zum Scheitern des Osteuropa Engagements führen. Im Gespräch mit Wirtschaftsprüfer Cristian Bizau wird deutlich, dass Erwartungen und Realität nicht immer übereinstimmen müssen. Welches sind die häufigsten Fehleinschätzungen? Wo lauern die Kostenfallen? Seine Empfehlungen geben wertvolle Hinweise für die Planung internationaler Unternehmen. Gleichzeitig finde ich seine Perspektive aus einem anderen Grund sehr interessant: Herr Bizau hat es mit 27 Jahren als Geschäftsführer und Inhaber einer Bukarester Beratungsfirma geschafft, nicht nur internationale Kunden als so junger Wirtschaftsprüfer zu gewinnen, sondern repräsentiert genau die Generation von rumänischen Unternehmern, die internationale Dienstleistungsstandards und privatwirtschaftlich ethische Geschäftspraktiken in Rumänien vorleben und fördern. Aufgrund seiner bisherigen Biografie gehört er außerdem zur jungen rumänischen Elite, die so wohltuend weltoffen denkt. Während seines Studiums der Wirtschaftsinformatik in Cluj (Klausenburg, Siebenbürgen) schloss er sich der weltgrößten Studentenorganisation AIESEC an, die ihn für ein Praktisches Jahr nach Litauen schickte. Anschließend absolvierte er das letzte Studienjahr mit Bestnoten an der renommierten Bukarester Wirtschaftsuniversität. Was fällt ihm in der Zusammenarbeit mit internationalen Mitarbeitern und Kollegen auf? Welche Schlüsse zieht er daraus für die Der Einsatz von komplexen Maschinen kann Zusatzkosten auslösen! Cristian Bizau beobachtet, dass deutsche Firmen oft komplexe, computergesteuerte Maschinen in ihren Werken in Rumänien aufbauen, ohne zu bedenken, dass die lokalen Mitarbeiter (noch) nicht die Kenntnisse und Erfahrungen haben, diese Anlagen richtig zu bedienen und instand zu halten.»Für das Anlernen, die Wartung, die Instandhaltung und die Reparatur benötigt man die häufige Anwesenheit deutscher Fachkräfte. Diese müssen dann für viel Geld eingeflogen werden, das sind erste Zusatzkosten, an die man am Anfang nicht gedacht hat.« Grundsätzlich zeigten Rumänen beim Umgang mit den Maschinen ein anderes Denken und eine andere Geisteshaltung. »Für Deutsche ist präventive Wartung und vorausschauende Instandhaltung sehr wichtig. Sie agieren, während wir Osteuropäer reagieren. Sie stellen Wartung und Instandhaltungspläne auf und halten sich strikt daran, was für manche Osteuropäer nicht immer nachvollziehbar ist. Sie versuchen, durch das zeitnahe Austauschen von Ersatz- und Verschleißteilen und durch das strikte Einhalten von Wartungsund Instandhaltungsintervallen die Lebensdauer der Anlagen zu erhöhen, auch wenn es kurzfristig günstiger wäre, auf den einen oder anderen Schritt zu verzichten.« 8 mondial 1/08 sich ein anderes Bild. Man will und muss dann vor Ort Qualität herstellen und Arbeitsabläufe einrichten, für die es meist keine Facharbeiter gibt und die man teuer intern ausbilden muss. Deshalb müssen die Mitarbeiter erst qualifiziert werden, das kostet Zeit, und – wie schon erwähnt – der Einsatz von Schulungspersonal aus der Muttergesellschaft ist erforderlich. Auch hier entstehen Zusatzkosten, an die man bei der Entscheidung für die Nearshore Investitionen nicht dachte, warnt Herr Bizau. Die Produktionsprozesse müssen zumindest am Anfang von deutschen Mitarbeitern überwacht werden Diese andere, deutsche Denkweise und Fertigungsmentalität den osteuropäischen Kollegen vor Ort nahe zubringen – und wichtiger noch: zu erreichen, dass sie auch in den täglichen Arbeitsprozessen dauerhaft angewandt wird – ist eine zeitintensive und Kräfte zehrende Angelegenheit. »Man muss da sehr konsequent sein, andernfalls verfallen die osteuropäischen Mitarbeiter wieder in ihre gewohnten Arbeits- und Denkmuster. Ich führe das mit darauf zurück, dass auch die jungen Osteuropäer nicht in selbstständigem Denken geübt sind. Wo hätten sie das denn lernen sollen? Das osteuropäische Schul- und Ausbildungssystem fördert es ebenso wenig wie die kommunistisch geprägte Gesellschaft. Am besten wäre es, wenn in den ersten fünf Jahren ein deutscher Experte vor Ort ist, um den Produktionsaufbau sinnvoll zu begleiten. Aber auch das sind hohe und zusätzliche Kosten für mittelständische Unternehmen, die dann den erhofften ›günstigen‹ osteuropäischen Standort schnell verteuern. Deutsche Fachleute müssen für Osteuropa geeignet sein Ein zentraler Schlüssel zum Erfolg in Osteuropa ist in allen betrieblichen Fragen auch die entsprechende Qualifikation der westlichen Mitarbeiter. Herr Bizau beobachtet immer wieder, dass die entsandten Fachkräfte nicht »osteuropa-tauglich« sind. Um von den osteuropäischen Mitarbeitern und Kollegen anerkannt zu werden, muss der Expatriate zum einen die betrieblichen Abläufe, die Produkte und Prozesse sehr gut kennen. »Er braucht gute didaktische Fähigkeiten. Das heißt, die deutschen Fachleute müssen ihr Wissen soweit abgeben und vorleben, dass es die Osteuropäer verstehen und verinnerlichen können. Technische Sachverhalte oder Arbeitsabläufe müssen sie viel ausführlicher erklären. Oft setzen sie zu viel voraus. Osteuropäer werden auf Dauer nur die Dinge übernehmen, von denen sie überzeugt sind, weil sie sie verstanden haben. Wie gesagt: es genügt oft nicht, ein Fachmann zu sein, sondern man muss sein Wissen auch gut vermitteln können.« Zum anderen sind es persönliche Eigenschaften, die über die Akzeptanz in osteuropäischen Arbeitsgruppen entscheiden. Für Cristian Bizau zählen dazu insbesondere Geduld und Ruhe. »Der Expatriate benötigt auch ein hohes Empathievermögen, das heißt, er muss sich in die Denkweise und Gefühlslage der osteuropäischen Mitarbeiter hinein versetzen können. Er muss spüren, in welcher Stimmung die Kollegen sind, und auch schlichtend agieren können, falls es Unstimmigkeiten innerhalb der Gruppe gibt. Ich glaube, uns ist es auch deshalb gelungen, unsere Mitarbeiter an uns zu binden, weil wir diese Dinge berücksichtigen und praktizieren. Ein ungeeigneter Expatriate ist auf jeden Fall eine Fehlinvestition. Im besten Fall verlässt er Rumänien wieder und hat keine Erfolge bei der Implementierung effizienter Produktionsstrukturen erzielt. Damit hat man viel Geld verschwendet. Im schlechtesten Fall wurde viel Porzellan zerschlagen, der Ruf der ausländischen Firma hat gelitten, und der Nachfolger muss diese Schäden dann auch erst einmal beseitigen, bevor er sich seiner ›eigentlichen‹ Aufgabe widmen kann. Das ist Geldvernichtung.« Kalkulieren Sie ihre Einkaufskosten realistisch! Viele internationale Betriebe verlegen ihre Pro- duktion nach Rumänien, weil günstige Einkaufsbedingungen locken. Doch auch hier gilt es genau zu prüfen, ob die Vorannahmen der rumänischen Realität entsprechen. »Einen Überschuss im Jahresabschluss kann man vorrangig nicht über den Vertrieb, sondern über den Einkauf erzielen. Aber das gilt nur, wenn die Qualität stimmt. Und Qualität nach unseren Vorstellungen und Standards dauerhaft aufrecht zu erhalten kann in Osteuropa teuer werden! Es kann passieren, dass man seine Lieferanten in die Lage versetzen muss, die gewünschte Qualität zu produzieren. Mit anderen Worten: man muss die osteuropäischen Lieferanten entwickeln, indem man zum Beispiel deutsche Fachkräfte vor Ort einsetzt. Darüber hinaus sind in vielen Betrieben ständig Stäbe von Qualitätsbeauftragten unterwegs, welche die Lieferanten kontinuierlich überprüfen. Dieser Aufwand ist ebenfalls ein Kostenfaktor, an den die westlichen Einkäufer am Anfang nicht denken. Solche Dinge lernt man erst mit der Zeit. Und auch die Hoffnung auf billige Arbeitskräfte relativiert sich oft schnell: Gut qualifizierte Mitarbeiter findet man nicht zu den niedrigen Gehältern, wie man sich das ursprünglich vorstellte. Ein weiteres Problem ist die hohe Fluktuationsrate: Viele Rumänen lassen sich in einem multinationalen Betrieb ausbilden, um dann teilweise für ein bisschen mehr Geld zu einem anderen ›Ausländer‹ zu wechseln. Da gibt es nicht nur einen Abwerbungskampf unter den ausländischen Unternehmen, sondern die osteuropäischen Fachkräfte nutzen diese Arbeitsmarktlage offensiv zum eigenen Vorteil. Zahlen über die billigen und willigen Arbeitnehmer stimmen nur für bestimmte Branchen, zum Beispiel die Textil oder Bauindustrie, die oft Wanderarbeiter einsetzen, oder für andere Produktionen mit einfachen Arbeitsabläufen. Wenn man aber die ausländischen Zulieferbetriebe betrachtet, die für ihre westlichen oder amerikanischen Kunden zum Beispiel im Automobil- oder Maschinenbausektor in Rumänien produzieren müssen, zeigt mondial 1/08 Osteuropäische Firmenangehörige arbeiten für eine Person, nicht für eine Firma! Der gute Kontakt beziehungsweise das gute Verhältnis zu den osteuropäischen Mitarbeitern ist eine notwendige Bedingung für den Erfolg und gleichzeitig ein großes Risiko. »Die menschliche Bindung zu den Mitarbeitern und Kollegen ist wichtig. Aber immer wieder habe ich erlebt, dass ganze Firmen zusammenbrachen, weil der Mann an der Spitze ging. Das löst dann häufig eine Kündigungs- 9 berufliche Zukunft maßgeblich durch die Entwicklungen in Osteuropa beeinflusst wird. Herr Bizau erlebt gegenwärtig in Rumänien, dass die Absatzentwicklung europäischer Waren stark von den Branchen und Produkten abhängt: im Bereich der Automobilindustrie haben sich – und auch da nur in bestimmten Segmenten – Überkapazitäten aufgebaut. Die Hoffnungen der Autohersteller, dass sich ganz schnell viele Osteuropäer einen Mittelklassewagen leisten können, erfüllen sich nicht so rasch. Aber die Umbruchstimmung in Rumänien zeigt sich besonders bei den jungen, gut verdienenden Menschen auch darin, dass sie den westlichen Lebensstil nachahmen und damit viele Konsumprodukte aus dem Westen nachfragen. Das beginnt bei der Kleidung, geht über Einrichtungen und Haushaltsgeräte bis hin zum Musikgeschmack oder Freizeitaktivitäten.« Hier existiert sicher ein riesiges Absatzpotenzial für die westlichen Anbieter.« Im Bereich der Investitionsgüterindustrie erkennt Cristian Bizau sehr wohl das Dilemma, indem sich die ausländischen Firmen befinden:»auf der einen Seite müssen sie vor Ort sein, sie können es sich im Westen nicht leisten, den osteuropäischen Markt nicht zu bearbeiten. Auf der anderen Seite zeigen die Erfahrungen, dass westliche Betriebe viel technisches Know-how transferieren – und das kostenlos. In einem Jointventure ist je nach Wichtigkeit der Branche für die osteuropäische Regierung oft ein Partner dabei, der daraus lernt. Die Osteuropäer lernen schnell. Manche sagen ganz offen: »Wenn wir euer Wissen genutzt haben, werden wir euch aus dem Geschäft rausdrängen.« ›Osteuropäer‹ sind ein sehr stolzes Volk und können das ja auch aufgrund ihrer Kultur sein. Sie sehen sich aber international immer noch in einer unterprivilegierten Situation und wollen der Welt zeigen, wozu sie fähig sind. Die Zukunft der westlichen Unternehmen wird sicher davon abhängen, wie sie die Chancen auf diesem Markt nutzen können. Das erfordert viel Flexibilität. Nicht nur bei den Osteuropäern, sondern auch bei uns muss im Rahmen einer guten Zusammenarbeit verkrustetes Denken aufgebrochen werden. Meine Erfahrungen in Rumänien machen mich optimistisch: wenn wir uns aufeinander zu bewegen, wenn wir die Vorurteile auf beiden Seiten abbauen und uns um Verständigung bemühen, können alle von der Zusammenarbeit profitieren. welle durch alle Managementebenen bis hinunter zu den gewerblichen Arbeitnehmern aus. Wenn man einen Expatriate, der von den Osteuropäern akzeptiert und geliebt wird, durch eine lokale Führungskraft ablösen will, muss man den Übergangsprozess gut gestalten und ausreichend Zeit dafür vorsehen. Eine Übergangsphase von einem Jahr halte ich für realistisch, insbesondere wenn es um Positionen in der Geschäftsleitung geht.« In dieser Zeit sollte der Ausländer seinen Nachfolger einführen. Oft habe ich beobachtet, dass die ausländischen Zentralen ihren Expatriate überstürzt abrufen. Nach seinem Weggang hinterlässt er ein Vakuum, das osteuropäische Führungskräfte nicht füllen können. Um die betrieblichen Abläufe aufrechtzuerhalten, müssen dann Mitarbeiter aus dem westlichen Mutterhaus nach Rumänien kommen. Auch das ist eine sehr teure Angelegenheit.« Suchen Sie lokale Führungskräfte sorgfältig aus! Cristian Bizau beobachtet, dass westeuropäische Firmen bei der Wahl osteuropäischer Führungskräfte häufig falsche Kriterien vorschieben. »Man lässt sich täuschen, weil der Osteuropäer fließend Englisch oder Deutsch spricht, im Ausland studiert hat oder vielleicht schon Berufserfahrungen in einem anderen ausländischen Unternehmen vorweisen kann. Man prüft nicht, welchen Führungsstil die zukünftige lokale Führungskraft hat, vor allem wenn die osteuropäische Führungskraft von Staatsunternehmen geprägt ist, kann dies zu einem Problem werden. In osteuropäischen Betrieben herrschen in der Regel Patriarchen, und die Ausländer müssen sich fragen: ›Ist das auch der Führungsstil den wir uns wünschen? Ist das mit unserer Unternehmenskultur vereinbar?‹ « Ich frage Herrn Bizau, ob er nicht glaubt, dass man in Rumänien nur bedingt mit deutschen Führungsgrundsätzen arbeiten kann und sich – um von den osteuropäischen Mitarbeitern akzeptiert zu werden – an die anderen kulturellen Überzeugungen anpassen sollte. »Da muss man sicher differenzieren. Es gibt Leute, die muss man ständig anleiten und begleiten, für die ist sicher nur der osteuropäische Führungsstil passend. Wenn man junge Leute einstellt, dann erwarten die in einer ausländischen Firma auch einen westlichen Führungsstil. Erfolgreiche Multinationale machen das auf der mittleren Managementebene so: sie fordern und fördern. Vielleicht haben sie auch deshalb viel Erfolg, weil sie die Leute bewusst in die Entscheidungen einbinden. Man sagt: ›Wir wollen das Ergebnis sehen. Wie du dahin kommst, ist mehr oder weniger dir überlassen.‹ Ich erlebe immer wieder, dass die Weiterbildungskurse zu effektiver Gesprächsführung, Moderation und gelungener Kommunikation – nach westlichem Muster – auf großes Interesse bei den jungen Osteuropäern stoßen, wie bei mir seinerzeit auch. Sie verstehen auch, dass das Gesamtergebnis für eine Firma besser ist, wenn man die vorhandenen Ressourcen in der Firma mobilisieren kann und nicht alles von einer Person abhängig ist.« Neue Welten entdecken Eine Zusammenfassung der bisher behandelten Themen zu geben, würde für mich bedeuten, sie wären abschließbar und damit endgültig. Genau diesen Eindruck möchte ich vermeiden. Die wichtigste Botschaft, die ich Ihnen in diesem kurzen Ratgeber mit auf den erfolgreichen Weg nach Osteuropa mitgeben möchte, ist: nehmen Sie die Nachbarschaft zu den neuesten Mitgliedsstaaten der EU als Aufforderung zum Entdecken neuer Welten an. Die Nachbarschaft ist keine Garantie für kulturelle Ähnlichkeiten in der Businesswelt. Nehmen Sie die Armut ernst, die Sie mit freiem Auge beobachten können, denn sie hat den Menschen beigebracht, sehr hart für ihr täglich Brot zu kämpfen – in dieser Welt zu überleben, sich durchzusetzen und Wie sieht die Zukunft europäischer Firmen in Osteuropa aus? Ich habe gerne die Erfahrungen von Cristian Bizau zitiert, weil er ein Vertreter der Generation ist, deren 10 mondial 1/08 Mittelschicht kennen. Um ins höhere Management befördert zu werden, muss man die Regeln der Oberschicht kennen. Welche Vielfalt an Regeln muss man erst kennen, wenn man über internationale Grenzen hinweg arbeiten möchte? Ich darf Sie beruhigen, die Regeln des Anstands werden auf der ganzen Welt anerkannt. Doch die Ressourcen, die für stabile und ausgeglichene Tagesleistungen essentiell sind, werden leider nur sehr selten artikuliert. Diese sind: Geld, Emotionen, Beziehungsnetzwerke, Spiritualität und Glaubenssysteme sowie soziale Bindungen. Der Mangel dieser Ressourcen oder Störungen an ihrem Gleichgewicht stürzen den Menschen in Schwierigkeiten, die an den Arbeitsplatz mitgebracht werden. Ungleichmäßige Arbeitsleistung, emotionale Schwankungen, Fehlzeiten, Kopflosigkeit, Wut und Wahrnehmungsverzerrungen sind die Folge. Nicht grundlos war der übliche Führungsstil während des Sozialismus paternalistisch oder matriarchalisch geprägt – irgendwo oder irgendwem mangelte es ja ständig an irgendwelchen Ressourcen, die am besten wie in einem Familienverband gehandhabt werden konnten. Der Staat besaß alles, das Individuum nichts. Alle Individuen zusammen stellten aber den Staat dar, also gehörte alles auch jedem Individuum. In dieser verqueren Ideologie zu leben, bedeutete auch, die Grenzen der ehemals gültigen Wertvorstellungen zu übertreten. Erst heute, nach der großen politischen Wende, wird so manch Einem klar, wie verroht man geworden war. Und tut gerne alles, um zu beweisen, dass man auch anders kann. Die Unvorhersehbarkeit der Arbeitsleistung ist es, die häufig zu Sicherheitsproblemen, Konflikten und Streitigkeiten führt. In den letzten Jahren befasst man sich international mit dem Bereich der emotionalen Probleme am Arbeitsplatz (Emotionale Intelligenz, Daniel Goleman, 1995), sowie spirituellen Fragen und tragfähigen Beziehungen (Stephen Covey). Die Bücher dieser Autoren werden in Osteuropa sehr gerne gelesen, vielleicht sogar schon mehr als hierzulande. Die von Ruby K. Payne aufgestellte Theorie der Ressourcen habe ich bis jetzt am häufigsten bestätigt gefunden. Aber entscheiden Sie doch selbst über Ihren langfristigen Erfolg in Osteuropa, man wird ihn gerne mit Ihnen mehren. sogar über Jahrtausende hinweg die feinen Künste aufzubauen und zu pflegen, ist eine riesengroße Leistung. Unsere östlichen Nachbarn sind mit Recht sehr stolz darauf. Und natürlich sind sie ganz und gar nicht stolz auf ihre politische und wirtschaftliche Vergangenheit. Sie sind sich der versäumten Zeit überdeutlich bewusst. Demokratisch zu leben muss jetzt erst gelernt werden, und dabei hilft die Großfamilie EU ganz enorm. Wenn sich rumänische Arbeiter, Angestellte und Unternehmer bis 2007 noch als »Äthiopier Europas« bezeichnet haben, dann ist diese Zeit der Dürre nun vorbei. Armut bedeutet Mangel an Ressourcen; allerdings nicht unbedingt an materiellen Mitteln, sondern auch an menschlichen Eigenschaften wie ich gerne nochmals betonen möchte. In erster Linie suchen Investoren und Arbeitgeber aus den wohlhabenden Nationen dieser Welt nach Integrität bei ihren Geschäftspartnern oder Mitarbeitern. Ungeachtet der fachlichen Qualifikation oder Intelligenz ist Integrität die Schlüsseleigenschaft für langfristig erfolgreiche Zusammenarbeit. Sie bestimmt den Grad an Überwachung und Anleitung, den eine Person benötigt, und auch seine spätere Befähigung andere zu führen. Kein Individuum und keine Organisation kann langfristig ohne Integrität erfolgreich sein, denn diese Ressource beeinflusst jeden Geschäftsaspekt. Um zu verdeutlichen, dass Integrität natürlich keine »hat man, oder hat man nicht« Angelegenheit ist, sondern schulbar ist, hilft folgende Abstufung weiter: 1. Stufe: vorhersehbar unmoralisch, destruktiv gegen andere, täuscht vorsätzlich 2. Stufe: unvorhersehbar, unberechenbar; kein interner Kompass; Gut und Böse sind Grauzonen 3. Stufe: konsequent moralisch, ethisch und legal; entscheidet nach Eigeninteresse; rationalisiert Fehlentscheidungen 4. Stufe: entscheidet moralisch, ethisch, legal; meidet schwierige Themen; ist selbstverantwortlich aber beschuldigt auch andere 5. Stufe: entscheidet moralisch, ethisch, legal; schwierige Themen werden bearbeitet; akzeptiert Verantwortung für sich selbst und fühlt sich anderen gegenüber verpflichtet Irgendwann muss jeder Angestellte eine Entscheidung treffen, die seine Integrität auf den Prüfstein legt. Wenn die Ehrlichkeit nicht aufrecht erhalten werden kann, sind Steuerprobleme, Rechtsstreitigkeiten, Gerichtsverfahren und andere Probleme die Folge. Selbstverständlich hat jeder Investor oder Vorgesetzte Angst vor diesen Schwierigkeiten und versucht sie zu vermeiden. Kein Wunder wenn das Wörtchen Korruption im Zusammenhang mit Osteuropa-Vorhaben als größtes Schreckgespenst in aller Munde ist. Sehr viele Arbeitgeber setzen sehr viel Energie daran, mentale, physische Ressourcen und die Motivation ihrer potentiellen Mitarbeiter zu überprüfen. In Bewerbungsgesprächen achten manche Interviewer schon auf die Anzeichen von sozialem Status, wie Benimmregeln beispielsweise. Um ins mittlere Management befördert zu werden, muss man die Regeln der mondial 1/08 Autorin Rita Booker-Solymosi, Rumänin der ungarischen Minderheit, aufgewachsen in Rumänien und Österreich, Studium der Psychologie und Jura in Salzburg, afroamerikanisch verheiratet, in Berlin seit der Wende auf Marketing und Vertrieb spezialisiert, Mitbegründerin von European Standards Consulting in Rumänien, interkulturelle Leadership- und Kommunikationstrainerin, systemischer Coach, Organisationsberaterin, Autorin von ›Wachstumsmärkte in Osteuropa‹ und ›Business Know-How Rumänien‹, beide Titel sind im Redline Verlag erschienen. Kontakt Rita Booker-Solymosi · Erkstr. 19 · 12043 Berlin · rita.booker@esc-romania.com 11 Buchtipps zum Thema Rumänien Reiseliteratur City Guide Management, Kultur & Politik Hagenberg-Miliu, Ebba (2006): Bucharest in your pocket (2007/2008): Rumänien Essential City Guides Booker, Rita (2007): Ostfildern: DuMont Reiseverlag. Bucharest: IYP Romania. Wachstumsmärkte in Osteuropa: Strategien für langfristigen Erfolg in den neuen EU-Ländern. Rumänien entdecken: Kunstschätze und Naturschönheiten aufgezeichnet. Exilliteratur Heidelberg: Redline Wirtschaft. Berlin: Trescher Verlag. Codrescu, Andrei (1997): Gerdes, Hilke (2007): Masters, Tom (2005): The Dog with the Chip in His Neck: Essays from NPR & Elsewhere. Rumänien für Deutsche: Mehr als Dracula und Walachei. New York: St. Martin's Press; New York/London: Picador. Berlin: Ch. Links Verlag. Hannover, Birgitta Gabriela (2004): Eastern Europe Footscray, Vic. (u.a.): Lonely Planet Publications. Luca, Adina (Interact Business Communications) (2005): Information Employeescu: Brief description of the Romanian employee. Bucharest: House of Guides. Caragiu Marioţeanu Matilda / Savin, Emilia (2004): www.i-interact.ro/. Remus, Joscha (2006): Rumänisch für Sie: Ein moderner Sprachkurs für Erwachsene. Grammatik, Schlüssel, Wortschatz. Müller, Susanne; Werner Stein; Peter Simon (Hrsg.) (2007): Peptenatu, Daniel (2007): Sibiu. Guide touristique KulturSchock Rumänien Bielefeld: Reise Know-How Verlag Peter Rump. München: Max Hueber Verlag / Editura Maşina de scris. Management Guide Rumänien. Reihe Wirtschaft und Kultur. Band 8. Frankfurt/Main: Cross-Culture Publishing. Szász, Christina (2003): Handbuch Rumänien-Kontakte: Institutionen. Projekte. Initiativen. Osnabrück: fibre Verlag. 12 zusammengestellt von Rita Booker-Solymosi mondial 1/08 Sinne war es jedoch nicht neu, dass über Polen in Form von Reiseberichten erzählt wurde. Der amerikanische Historiker Larry Wolff untersucht, wie im 18. Jahrhundert westeuropäische (bei ihm vor allem französische) reisende Intellektuelle Osteuropa ›erfanden‹, das heißt, ein Bild von Osteuropa (als dem Fremden) erzeugten, das dem Bild von Westeuropa (als dem Eigenen) entgegengesetzt war. In diesem Bild von Osteuropa wurde ein Hintergrund konstruiert, vor dem sich die Errungenschaften der Aufklärung und der westlichen Kultur abheben konnten. Die Bewohner Osteuropas (vor allem Polens und Russlands) wurden als rückständig und unzivilisiert, die Straßen als schlecht, die Häuser als Lehmhütten beschrieben. Die westlichen Reisenden (und ihre Leser) erschienen damit als Wegbereiter der Aufklärung in einem ›barbarischen‹ Landstrich. Die Reportagen der 1990er erinnern vielfach an Wolffs Analyse. So berichtet das Nachrichtenmagazin ›Der Spiegel‹ in Ausgabe 20/1990 von einer Reise an die deutsch-polnische Grenze nach Görlitz. Der Reporter schildert zunächst die Situation auf der deutschen Seite der Grenzregion, dann die Grenzüberquerung, schließlich beschreibt er seine Begegnung mit den Anwohnern auf der polnischen Seite. Die Straße ist so schlecht, dass der Bus über Kartoffelfelder fahren muss. Die Dörfer sehen aus wie nach dem Krieg. Der Autor wird in ein Haus eingeladen, das völlig heruntergekommen ist – Löcher im Dach sind mit Lumpen verstopft, und die Hausherrin bietet ihm mit den Worten »Willkommen in Polen« ein Stück in heißes Fett getauchtes Brot an. Der Autor schildert eine Zeitreise, eine Reise in ein Land des Zerfalls. In diesen Jahren wurde diese Form der Reiseerzählung – mit ihren typischen Elementen wie dem Grenzübergang und der Ankunft sowie den Polen als zurückgeblieben charakterisierenden Elementen (kaputte Straßen, verfallene Häuser) – zur prägenden Erzählung Polens in den deutschen Medien. Noch 1997 schrieb ein Autor der ›Frankfurter Allgemeinen Zeitung‹ (FAZ) über eine Fahrt auf der polnischen Nationalstraße 2, »nur 100 km von Berlin«, aber »tief im Osten«, über »gedrungene Katen«, endlose Wälder und Sümpfe. Viele dieser Berichte sind als Zeitreisen in die Vergangenheit abgefasst, in denen (West-) Deutschland für die Gegenwart Überschreitung als Regel Der Wandel deutsch-polnischer grenzüberschreitender Zusammenarbeit seit 1989 Ulrich Best Interkulturelle Kommunikation bedeutet in Deutschland und in Europa vor allem die Zusammenarbeit über Grenzen hinweg. Wie hat sich aber die Rolle von grenzüberschreitender Zusammenarbeit geändert, welche Bedingungen regulieren heute die Begegnung mit dem Anderen? Zu den Bedingungen grenzüberschreitender Zusammenarbeit gehören die gesellschaftlichen Wahrnehmungen des jeweils Anderen, die Bilder vom Eigenen und vom Fremden. Dazu gehören aber auch die staatlichen Strukturen, die die Handlungen im grenzüberschreitenden Feld regulieren, und drittens gehören dazu die spezifischen Akteure, die diese Zusammenarbeit praktizieren. Diese drei Aspekte möchte ich im Folgenden untersuchen. Der deutsch-polnische Fall steht dabei nur als ein Beispiel für die grenzüberschreitende Zusammenarbeit in Mittel- und Osteuropa. Geschichten der Fremdheit: Von Zeitreisen und Erinnerungslandschaften Der Umbruch 1989 war nicht nur ein politischer, sondern bedeutete auch einen Umbruch in der Darstellung Polens in den Medien. In den 1980er Jahren wurde über Polen in den deutschen Medien vor allem im Zusammenhang mit der dortigen Oppositionsbewegung berichtet. Dabei ging es weniger um die Kultur oder das Land, das ja den meisten Westdeutschen nur schwer zugänglich war. Menschen aus Po- Ciesze˛ sie˛, że wreszcie moge˛ Cie˛ poznać. Es freut mich, dass wir uns endlich kennenlernen. steht, aus der die Beobachter dorthin reisen. Ein Subgenre dieser Berichte sucht und findet in Polen die verlorene deutsche Vergangenheit: Die Reisen führen zu alten deutschen Adelssitzen, in frühere deutsche Ländereien, und immer wieder tauchen in diesen Artikeln dieselben Protagonisten auf– z.B. ein deutsches Paar, das ein Schloss in Niederschlesien erworben und zum Hotel umfunktioniert hat. Auch eine Reportage aus dem Tagesspiegel von 2007 benutzt noch diese Form der ›Zeitreise‹ in eine deutsche Vergangenheit, in der Adelige (und Freunde des Adels) ehemalige Besitztümer in Masuren besuchen. len wurden als Ankömmlinge in Deutschland beschrieben (zum Beispiel als Händler auf Märkten), aber nur selten wurde das Land Polen aus den Augen von Reisenden dargestellt. Das änderte sich 1989. Nun erschienen in den Zeitungen zahlreiche Reiseberichte und Reportagen, die Land und Leute darstellen sollten. Der Reisebericht und die Reportage waren während der 1990er Jahre die wichtigsten Formen der Darstellung nicht nur im Reiseteil, sondern auch in den anderen Ressorts wie z.B. der Wirtschaft und Politik. Diese in Zeitungen abgedruckten Reiseberichte waren zwar eine neue Erscheinung. Im historischen mondial 1/08 13 klassische nationalstaatliche von einer transnationalen Logik überschrieben wurde. Diese europäisch-transnationale Logik baut auf der Überwindung von nationalen Gegensätzen auf, ganz anders als die nationalstaatliche, die gerade auf der Herstellung solcher Gegensätze beruht. Während diese transnationale Logik für die Wirtschaft schon seit langem prägend Weitere Genres, die die deutsche Darstellung Polens bestimmen, sind die Gruselgeschichte, in der der ›Osten‹ von Räuberbanden und Wölfen beherrscht wird (z.B. FAZ, 8.7.93), oder die Kolonialgeschichte, in der deutsche Unternehmer den polnischen Markt zähmen (z.B. FAZ, 27.4.96). Diese Erzählweisen über den Anderen haben aber eines gemeinsam: Sie richten sich Czy moge˛ Pani/Panu coś zaproponować? Kann ich Ihnen etwas anbieten? war, galt dies weder für staatliche Herrschafts- und Verwaltungsstrukturen noch für die Medien, die – wie in den obigen Beispielen ausgeführt – die nationale Identität durch Abgrenzung vom Anderen reproduzierten. Unter dem Vorzeichen der EU-Erweiterung nach Osten und der EU-Vertiefung, also der engeren Zusammenarbeit innerhalb der EU, änderte sich dies. Die interkulturelle Kommunikation und die grenzüberschreitende Zusammenarbeit begannen so in den 1990ern, in quasi-staatstragende Formen überzugehen. Dies zeigte sich auch in den veränderten Rahmenbedingungen für die Akteure grenzüberschreitender Zusammenarbeit. an das Eigene, verstärken das Bild der eigenen Zivilisiertheit oder Sicherheit durch die Gegensatzkonstruktion des unzivilisierten Anderen. Es handelt sich nicht um interkulturelle Kommunikation, sondern um Kommunikation über das Eigene anhand einer strengen Konstruktion von Gegensätzen, ähnlich wie es Wolff über die ›Erfindung Osteuropas‹ im 18. Jahrhundert beschrieben hat. In den 1990er Jahren wurde Osteuropa demnach von Westeuropa (bzw. Polen von Deutschland) praktisch neu erfunden – aber es wurde neu erfunden entlang derselben Linien, entlang derer es schon einmal erfunden worden war. Die europäische Wende Auf polnischer Seite genoss die Grenzregion etwas weniger mediale Aufmerksamkeit als in den deutschen Medien. Auch hier gab es Reiseerzählungen, die aber eher in die Metropolen führten, etwa nach Berlin oder Frankfurt. Auch die Versuche polnischer Unternehmer, in Deutschland Fuß zu fassen, wurden zum Thema. Anders als die deutschen Kolonialisierungsgeschichten wurden sie als Kampf gegen Diskriminierung beschrieben. Stärker wahrgenommen wurden die Deutschen in Polen als ankommende Reisende und potenzielle Käufer von Land oder Häusern. Mit diesem Thema wurde ein Bedrohungsszenario gezeichnet, in dem Deutsche ihre früheren Besitztümer zurückkaufen – genau die, die in den deutschen Zeitreisen von der anderen Seite geschildert wurden. Wie die deutschen Zeitreisefantasien gingen auch diese Bedrohungsvisionen an der Wirklichkeit vorbei. Erst Ende der 1990er Jahre wandelte sich diese Darstellung. Immer häufiger wurden auch gute Beispiele für grenzüberschreitende Zusammenarbeit zitiert und deutsch-polnische Begegnungen dargestellt. Diese Reportagen verwendeten oft die Oder und ihre Brücken als Symbole für die Begegnung. So oft wurde die Metapher von der Brücke verwendet, dass im Jahr 2001 in der ›FAZ‹ sogar ein Scherz darüber gemacht wurde: Zum Glück gebe es die Brücken, denn womit sonst könne man seine Vorträge über deutsch-polnische Zusammenarbeit untermalen (FAZ, 10.2.2001)? Auch in den polnischen Berichten gab es eine Wende zum europäischen Diskurs. Wie in den deutschen Zeitungen wurden auch hier zunehmend Kooperationsprojekte beschrieben. Die Regeln der Überschreitung Der Leiter eines Parks, der sich als deutsch-pol- nisch versteht, sagte über die Gründungsphase um 1989 in einem Gespräch: »Und ich glaube, dass zu damaligen Zeiten das wirklich eine sehr revolutionäre Idee war, etwas Grenzüberschreitendes zu machen.« Das gilt heute nicht mehr. Dieses ›Revolutionäre‹ spiegelt sich auch in den früheren Akteuren. Die Aktivisten deutsch-polnischer Verständigung in Westdeutschland rekrutierten sich oft aus alternativ-engagierten Kreisen, die Arbeit erfolgte nicht auf professioneller Basis, sondern aus Interesse am Austausch mit dem Anderen. Die heutigen Akteure grenzüberschreitender Zusammenarbeit weisen zwar auch dieses Interesse am Austausch auf, ihre Tätigkeit ist aber professionalisiert. Diese Professionalisierung erfolgte nach dem Muster anderer freier Träger, zum Beispiel in der Stadtteilarbeit. Sie ist in Wettbewerbsstrukturen eingebunden, in denen sich verschiedene Akteure um (staatliche, aber auch teilweise privat geförderte) Aufträge bemühen und um Mittel konkurrieren. Damit geht eine Regulierung der Arbeit dieser Akteure einher: Förderrichtlinien geben Programme vor, formale Bedingungen müssen erfüllt werden, auch rhetorisch müssen bestimmte Linien eingehalten werden. So beschreibt eine deutsche Akteurin in einem Städtepartnerschaftsprojekt, wie sie aus Interesse ihre ursprünglich stadtteilbezogenen Aktivitäten auch auf die Verständigung mit Polen ausweiteten. In der Folge ergab es sich, dass diese Aktivitäten in einen Städtepartnerschaftsverein mündeten, über den auch immer wieder kleinere bezahlte Stellen eingerichtet werden konnten. Diese waren zwar zumeist prekär, brachten jedoch eine gewisse Professionalisierung mit sich. Im Vergleich mit anderen Akteuren, bei denen die Professionalisierung weiter gegangen ist, hat dieses Was ist aber der Grund für diesen Wandel in der gegenseitigen Darstellung? In den 1990er Jahren vollzog sich zwischen Deutschland und Polen ein Prozess, in dem die 14 mondial 1/08 Aufgabe transnationaler quasi-staatlicher Akteure. Paradoxerweise wird diese Aufgabe auch von den Nationalstaaten übernommen, indem auch Aufgaben, die im Grunde eng national definiert sind, als transnational-europäisch definiert werden. Auch die Akteure grenzüberschreitender Kommunikation und Zusammenarbeit sind von diesem Wandel betroffen. Er beinhaltet nämlich nicht nur eine Verstärkung der europäischen Dimension ihres Handelns, sondern er bedeutet vor allem eine Regulierung oder Neuregulierung ihrer Handlungen. Dabei gibt es wie beschrieben zwei Richtungen: auf der einen Seite eine gewisse Entstaatlichung bei staatlichen Akteuren. Dies sind die Akteure, die ursprünglich der Reproduktion des Nationalen dienten. Wo ursprünglich nationale Kulturaufgaben definiert wurden, wird nun europäischer Austausch großgeschrieben. Wo verbeamtete Förderer der deutschen Kultur arbeiteten, müssen jetzt externe Mittel eingeworben werden. Auf der anderen Seite stehen diejenigen, die dem Nationalstaat ursprünglich kritisch gegenüberstanden – bei diesen hat sich eine stärkere Einbeziehung in quasi-staatliche Aufgaben Projekt im neuen Wettbewerb um grenzüberschreitende Zusammenarbeit eine engagiert-ehrenamtliche Grundhaltung bewahrt. Im Zusammenhang der grenzüberschreitenden Kooperation befindet sich dieses Projekt im Kontext professioneller Akteure z.B. der grenzüberschreitenden Wirtschaftsförderung. Fördermöglichkeiten finden sich für solche Akteure zum einen in EU-Programmen für grenzüberschreitende Zusammenarbeit. Diese Programme gehen von der Logik der EU aus: Überwindung der nationalen Grenzen zu einer Vertiefung der europäischen Zusammenarbeit auf lokaler oder regionaler Ebene. Die Akteure grenzüberschreitender Zusammenarbeit rekrutieren sich aber auch aus einem anderen Feld, das ebenso einer Neudefinition unterlag. Das sind die nationalstaatlichen Programme für die Zusammenarbeit mit den (bzw. in den / über die) osteuropäischen Nachbarstaaten. Das Stuttgarter Institut für Auslandsbeziehungen e.V. beispielsweise war ursprünglich ein Institut zur »Förderung des Deutschtums im Ausland«, also mit einer eng national ausgerichteten Aufgabe. Noch heute fördert es Kulturreferenten, die deutsche Minderheiten in den osteuropäischen Staaten in der Medien- und Bildungsarbeit unterstützen. Es ging also ursprünglich um die Reproduktion des Eigenen, der Nationalität. Diese nationale Aufgabendefinition wird aber inzwischen als europäische Aufgabe definiert: als »die Entwicklung zivilgesellschaftlicher Strukturen besonders in Mittel-, Ost- und Südosteuropa«. Ähnlich ist die Neudefinition der Kulturaufgaben aus dem Bundesvertriebenengesetz zu verstehen: Aus einer national definierten Aufgabe – der Erhaltung der Kultur der Deutschen in Osteuropa – wird eine allgemeine Aufgabe des Kulturaustausches. »Kulturaustausch bedeutet Verständigungspolitik im umfassendsten Sinne – nach Ost wie nach West«, betont die Neukonzeption der Kulturarbeit, die Konzeption 2000 des Auswärtigen Amtes. Der europäische Diskurs, wie er schon in den Medien seine Wirkung entfaltet hat, wirkt sich also auch auf die ehemals nationale Aufgabe der Reproduktion der Nationalität aus, indem diese als europäisch definiert wird (wobei gerade bei den Vertriebenenorganisationen schon immer eine europäische Kodierung nationaler Programme wichtig war). Aber auch bei diesen Akteuren hat ein weiterer Wandel stattgefunden – von einer im Grunde fast schon beamtlichen Förderung ihrer Tätigkeiten hin zu einer stärkeren Wettbewerbsbetonung. Kiedy możemy sie˛ znów spotkać? Wann können wir uns wieder treffen? vollzogen, wobei sie die Rolle von ausgelagerten EU-Agenturen wahrnehmen, die im Wettbewerb zueinander stehen. Hier hat unter dem Vorzeichen der EU-Erweiterung eine Professionalisierung stattgefunden. Grenzüberschreitung ist zu einer Regel geworden. In diesem neuen Feld bewegt sich die grenzüberschreitende Zusammenarbeit zwischen Deutschland und Polen, und hier stellt sich auch die Frage nach einer neuen kritischen Rolle dieser Arbeit. Literatur Best, Ulrich (2007): Transgression as a Rule. German-Polish Cross-border Cooperation, Border Discourse and EU-enlargement. Münster: Lit-Verlag • Busch, Dominic (Hrsg.) (2006): Interkulturelle Mediation in der Grenzregion. Frankfurt/Main: Lang • Deutscher Bundestag (2000): Konzeption zur Erforschung und Präsentation deutscher Kultur und Geschichte im östlichen Europa. Drucksache 14/4586, 14. Wahlperiode, 26.10.2000 • Lemke-Matwey, Christine (2007): Auf Spürfahr t. Der Tagesspiegel, 7.11.2007, S. 3. Online unter www.tagesspiegel.de/zeitung/Die-Dritte-Seite-Ostpreussen;ar t705,2415120 • Wolff, Larry (1994): Inventing Eastern Europe: The Map of Civilization in the Fazit: Überschreitung als Regel Die grenzüberschreitende Zu- Mind of the Enlightenment. Stanford: Stanford University Press sammenarbeit hat in den 1990er Jahren eine neue Aufgabe erhalten: In der EU als potenziellem staatlichen, aber schon bestehendem wirtschaftlichen Zusammenhang sind die internen nationalen Grenzen Hindernisse. Während also noch in den 1980ern die Überschreitung von Grenzen gegen die Prinzipien des Staates (der Nationalstaat war) verstieß, verstößt die Aufrechterhaltung nationaler Grenzen gegen die Regeln dieses potenziellen staatlichen Gebildes der EU. Die Überwindung dieser Grenzen wird damit zur mondial 1/08 Autor Dr. Ulrich Best, Studium der Geographie in Heidelberg und Berlin, Promotion in Plymouth, Lehr tätigkeit an der University of Leicester, seit 2004 Dozent der Europastudien in Chemnitz. Schwerpunkte sind politische Geographie und Kulturgeographie, Osteuropa, deutsch-polnische Beziehungen. Kontakt ulrich.best@phil.tu-chemnitz.de 15 griech.: Kýpros türk.: Kıbrıs Sie mutet schon wie ein Anachronismus an: Europas letzte geteilte Hauptstadt Nikosia (griech.: Lefkosía). Fast zwanzig Jahre nach der weitgehend gewaltfreien Überwindung der verfeindeten Systemblöcke in Mittel- und Osteuropa verläuft auch heute noch eine von UN-Blauhelmen überwachte ›Grüne Linie‹ zwischen dem griechisch-zypriotischen und dem türkischen Teil der Mittelmeerinsel. Schengen-Raum, Euro-Zone, NATOMitgliedsstaat – im kulturellen Zentrum Zyperns verlaufen ebenso verwirrende wie umstrittene Grenzen zwischen geopolitischen Konstrukten und Territorien. Doch eine Lösung scheint in greifbarer Nähe, und seit Anfang April 2008 können Spaziergänger wieder über die vormals gesperrte Fußgängerzone, die Ledra Street, vom Südteil in den Nordteil der Altstadt flanieren, ohne ein (inoffizielles) ›Visum‹ zu benötigen. Die hier abgebildeten Fotografien entstanden im März 2008 im Britisches Erbe oder Konzession an den Tourismus? Kulturkontraste sind in Zypern allgegenwärtig. Ein Fotobericht von Ulrich Bauer Rahmen einer Exkursion, die von einem europäischen Forscherverbund »Searching for Neighbours« (www.sefone.net) durchgeführt wurde. Im Mittelpunkt stand die Erfahrung mentaler und geopolitscher Grenzen im Neuen Europa. Autor Dr. Ulrich Bauer, Studium der Interkulturellen Germanistik und Ethnologie; Promotion im Fach Interkulturelle Kommunikation an der Technischen Universität Chemnitz; seit April 2008 Akademischer Rat im Fachgebiet Interkulturelle Germanistik der Universität Bayreuth; Forschungsschwerpunkte: Auswärtige Kulturund Bildungspolitik, internationale Kulturbeziehungen, Fremdheitsforschung. Redakteur von mondial. Kontakt bauer@mondial-journal.de Fotos Sämtliche Fotografien stammen vom Verfasser. Mahnendes Gedenken an die Gewaltopfer der Teilung Zyperns in Nikosia Umstürzende Mauern und eingerissene Zäune versinnbildlichen den Wandel, den Europa seit 1989 vollzogen hat. Die Überwindung der Teilung ist ein sehr aktuelles Thema auf Zypern. UN-Schutztruppen auf Zypern: mißtrauische Beobachtung oder touristische Neugier? Pylá ist einer der wenigen Orte in der Republik Zypern, wo griechische und türkische Zyprioten zusammenleben. Venezianische Festungsmauer aus dem 16. Jhdt. – türkisch-zypriotische Männer beim Fußballspiel an der Pufferzone in Nikosia Der internationale Flughafen von Nikosia befindet sich seit 1974 im Sperrgebiet und steht unter UN-Verwaltung. Man habe keinen Dolmetscher für sie. Es ginge eigentlich fast nicht, so erfährt sie auf ihr Nachfragen, dass sie, Frau Dr. Groß teilnehme. Sie insistiert mit hundert Argumenten, auf die sie stets ein Gegenargument zu hören bekommt mit einer jeweils neuen, anderen, leider ebenfalls unüberwindbaren Schwierigkeit. Gut, dann nicht. Frau Dr. Groß schickt ihre Folien per Mail nach Budapest. Diese enthalten Ideen, wie im skandinavischen Raum diese technischen Probleme angegangen werden würden. Sie könne ja dann zum nächsten Termin kommen, tröstet man sie noch. Dieser nächste Termin findet exakt an einem Datum statt, an dem Frau Dr. Groß einen unabänderlichen Zahnoperationstermin hat. Das hatte sie zwar nach Budapest gemeldet, doch man habe das leider übersehen. Wie schade! Sie erhält zwar eine Einladung dazu, aber sie kann eben nicht. Auch Herr Huber nicht, er ist in Urlaub. Auf ähnliche Weise schleppt sich das Projekt nun schon längere Zeit hin. Ergebnisse gibt es keine. Was ist hier passiert? Wie ist das Verhalten der ungarischen Seite zu erklären? Milyen kár!* Eine Fallgeschichte deutsch-ungarischer Unternehmenskommunikation Sylvia Schroll-Machl und Christine Sontag Deutungen – Bedeutungen Einer der mentalitätsprägenden Bausteine in der Geschichte der Länder Mitteleuropas war die einstige Beherrschung dieser Region durch das Osmanische Reich. Das gilt auch für Ungarn, im Vergleich mit anderen Ländern allerdings für einen kürzeren Zeitraum. Heute unterhält Deutschland mit Ungarn intensive Wirtschaftsbeziehungen, die im Rahmen der EU-Osterweiterung von 2004 noch weiter ausgebaut und vertieft wurden. (1.) Dieses Meeting kann nicht besonders wichtig sein, wenn Herr Dr. Huber, der Verantwortliche, nicht selbst kommt, sondern eine Vertretung schickt. Weshalb sich also um Frau Dr. Groß bemühen? Sie hat ja sowieso nichts zu sagen. Das denken sich die Ungarn sicher. Denn in beziehungsorientierten Kulturen (vgl. Kulturstandard ›Beziehungsorientierung‹) hat physische Präsenz eine im Vergleich zu Deutschland noch intensivere symbolische Wirkung. Anwesenheit signalisiert Wichtigkeit, Abwesenheit das Gegenteil. Das, so nehmen die ungarischen Geschäftspartner an, ist doch klar. Und insofern ist Herr Hubers Fernbleiben eindeutig zu interpretieren. Da Ungarn zudem ausgeprägter hierarchisch denken (vgl. Kulturstandard ›personbezogene Hierarchie‹), akzeptieren sie Vertretungen weit weniger. Herr Huber ist der Verantwortliche, also der Chef in diesem Projekt. Nur er kann Entscheidungen treffen, und somit lohnt sich ein Treffen nur mit ihm. Dennoch erklärt diese Facette nicht alles am Verhalten der Ungarn … Eine Fallgeschichte »Europäische Synergien« heißt ein Projekt, in dem eine international tätige Firma bestimmte technische Elemente ihrer europaweit verteilten Produktion abstimmen und angleichen möchte. Dazu müssen die in den einzelnen Ländern jeweils bestehenden Elemente zunächst besprochen und dann entsprechend abgeändert werden. Also sind etliche europaweite Meetings geplant. Das Kick-Off-Meeting für Mitteleuropa soll in Ungarn stattfinden, weswegen die Vorbereitung und Organisation in ungarischer Hand liegt. Zunächst ist der ungarische Verantwortliche in Urlaub, dann hat er etliche andere Dinge vor, und so wird dieses Kick-Off-Meeting mehrmals verschoben. Nun existiert ein Termin, zu dem alle eingeladen werden. Herr Dr. Huber, der zuständige, für das Projekt verantwortliche Deutsche, meldet sofort, dass er an diesem Termin verhindert sei. Könne man das Meeting verschieben oder könne ihn eine Kollegin, Frau Dr. Groß, vertreten? Verschieben geht nicht. Also richtet sich Frau Dr. Groß auf ihre Teilnahme ein und vertieft sich zwei Wochen lang in das Thema. Sicherheitshalber ruft sie am Tag vor dem Meeting nochmals in Budapest an. Nein, erfährt sie, das Meeting sei morgen nicht in Budapest, sondern in Győr. Das wäre für den slowakischen Kollegen besser. Tja, wie käme sie da hin? Man könne ihr leider aufgrund einiger unglücklicher Umstände, die man ihr nennt, keine Fahrmöglichkeit organisieren. Außerdem gebe es ein zusätzliches Sprachproblem: mondial 1/08 (2.) Wenn es um Technik geht, dann ist das Männersache. Einer Frau wird nichts zugetraut, und deshalb will man Frau Dr. Groß nicht dabei haben. Das stimmt so nicht. In Ungarn ist es wesent- lich üblicher, dass Frauen berufstätig sind und auch gute Positionen bekleiden. Es war in sozialistischen Zeiten selbstverständlich, dass beide Geschlechter gute Ausbildungen erhielten, und dazu gehörten alle Berufe, die volkswirtschaftlich gebraucht wurden. Insofern gab und gibt es weit mehr Frauen in mathematisch-technischen Fächern als das in Deutschland der Fall ist, wenngleich auch in Ungarn der Männeranteil höher ist und zunehmend höher wird. Aber Frau Dr. Groß aufgrund ihres Frauseins ausgrenzen zu wollen, das ist nicht die Ursache für * ungarisch: Wie schade! 21 In offenen Widerstand gehen sie nicht. Das ist zu gefährlich, schließlich sind die Deutschen die Chefs (vgl. Kulturstandard ›personbezogene Hierarchie‹). Wenn Ungarn unter solchen Umständen kämpfen, dann tun sie das, wenn sich die Gelegenheit bietet, gerne in Formen, die man ›passiven Widerstand‹ oder ›subtilen Boykott‹ nennen könnte. Das Grundmuster ist dabei so zu beschreiben: Der Plan, die Struktur wird scheinbar angenommen, sie wird jedoch auf eine Art in Handeln umgesetzt, dass das intendierte Ziel dennoch verfehlt oder zumindest nicht ganz erreicht wird. Man vermeidet geschickt jede Konfrontation, aber lässt die beabsichtigten Maßnahmen ins Leere laufen: Es klappt eben nicht, es gibt eben Hindernisse, es passierten eben Fehler oder Verzögerungen. Dabei bleiben die Akteure nach außen (fast völlig) unschuldig, denn es hat sich lediglich eine kleine Barriere ›eingeschlichen‹, die freilich große Wirkung hat. – Und in diesem Beispiel mussten sie nur die Steilvorlage, die ihnen die Deutschen gegeben haben, aufgreifen. (4.) In Ungarn dauert alles ein bisschen länger. Das wird schon noch, aber eben erst bei einem späteren Anlauf. Das kann sein, muss aber nicht. Es ist eine Frage der Motivation: Was Ungarn wollen oder wovon sie überzeugt sind, das kann sogar spontaner und schneller geschehen als das in Deutschland der Fall wäre (vgl. Kulturstandard ›flexibler Umgang mit Zeit‹). Doch im gegebenen Fall wollen sie das Gegenteil, weswegen die Hoffnung auf Erfolg eine trügerische sein dürfte. Was heißt das grundsätzlich? Der Schlüssel, weswegen dieses Beispiel typisch ist für deutsch-ungarische interkulturelle Probleme, liegt in den unterschiedlichen Kommunikationsstilen: dem deutschen, meist direkten und dem ungarischen, oft indirekten, sehr kontextbezogenen. Die ungarische Indirektheit besteht dabei aus zwei wesentlichen Elementen: (a) der indirekten Kommunikation im engeren Sinne und (b) der Implizitheit. Erstens bestimmen also (a) Andeutungen und vorsichtige Formulierungen auf Seiten des Senders und eine sensible, zwischen den Zeilen lesende Dekodierung auf Seiten des Empfängers die alltägliche verbale Kommunikation. Zweitens (b) bezieht sich ›Implizitheit‹ darauf, dass neben der verbalen Kommunikation eine breite Palette anderer Kommunikationskanäle und Symbole benutzt und gedeutet wird. Die Indirektheit wird besonders bedeutsam, wenn etwas Negatives kommuniziert werden muss, also wenn es etwa um Kritik oder um einen Konflikt geht. Kritik wird eher indirekt, subtil und humorvoll geäußert, Konflikte werden so gut und lang wie möglich vermieden. Auch eigene Schwächen geben Ungarn noch weniger gerne zu als Deutsche. Car toon von Jörg Plannerer © 2007 Vandenhoeck & Ruprecht die oben geschilderte Situation. (3.) Die Ungarn wollen diese Angleichung der Technik nicht. So können sie sie verhindern. Exakt das ist die Erklärung. Diese geforderte Angleichung ist den Ungarn höchst suspekt. Wieso ist sie erforderlich? Was ist ihr Zweck? Antworten auf diese Fragen haben sie vielleicht gar nicht erhalten, vielleicht nur in Kurzform unter Hinweis auf irgendwelche Sachzwänge und technische und wirtschaftliche Vorteile. Also legen sie sich die Interpretationen selbst zurecht: Will man ihnen sagen, dass sie keine guten Fachleute sind? Das beleidigt sie. Will man wieder einmal zeigen, wer Chef im Konzern ist? Diese ›ewige Einmischung‹ nervt. Will man unter Vorwänden das Werk schließen? Das macht Angst. Will man zwischen den verschiedenen europäischen Töchtern die Konkurrenz schüren? Will man umstrukturieren und eine Zwischenebene einziehen? Will man …? Was immer stimmt, ein redliches Vorhaben ist das sicher nicht. Was die Ungarn nun tun können, ist, sich Möglichkeiten zu überlegen, wie das Projekt keinen Erfolg haben wird oder zumindest möglichst lange hinausgeschoben werden kann. Und dann muss man sehen … Ungarn können sich hier auf ihre Improvisationsfähigkeit verlassen (vgl. Kulturstandard ›pragmatische Flexibilität‹), ihnen wird schon etwas einfallen. Zurück zur Fallgeschichte: Wie könnten – um diese Unterschiede im Kommunikationsstil wissend – dann Lösungsschritte aussehen? Deutsche müssen sich zu- nächst einmal klar machen, dass das Verhaltensmuster, dem wir hier begegnen, mit ›Konfliktvermeidung‹ charakterisiert werden kann: keine offene Meinungsäußerung, kein Wider- 22 mondial 1/08 spruch, keine Debatte. Davor herrscht zu viel Angst, denn der Mächtige kann einem schaden. Also einfach handeln und zwar auf so manch verschlungenem Pfad – mit Ausreden, mit dem Ergreifen von Chancen, mit Passivität, so dass die Ungarn sich immer auf der sicheren Seite befinden. Und der Grund für die Konfliktvermeidung lautet – es sei nochmals wiederholt – Angst. Weitere ungarische Kulturstandards Beziehungsorientierung Mit dem ungarischen Kulturstandard ›Beziehungsorientierung‹ wird die Tatsache Was ist Deutschen folglich in einer derartigen Konstellation anzuraten? • • • • beschrieben, dass in Ungarn der Beziehungsebene eine größere Bedeutung zukommt als in Deutschland. Kurzfristig können Freundlichkeit und Sympathie den Unbedingt wäre eine gute Beziehungsebene zwischen Herrn Huber und dem ungarischen Verantwortlichen nötig (vgl. Kulturstandard ›Beziehungsorientierung‹). Sie müssen zusammenarbeiten, also müssen sie sich kennen lernen. Nur dann kann Vertrauen entstehen, nur dann kann der ungarische Verantwortliche Herrn Huber so manche Frage stellen, die ihm auf den Nägeln brennt, und die Angst kann nur dann reduziert werden, wenn Herr Huber sich als ›normaler‹ Kollege oder akzeptierbarer Chef entpuppt. Diese Ebene stellt sich nicht ein in formellen Meetings, sondern durch informellen, persönlichen Kontakt, der gerade auch von Seiten Herrn Hubers gesucht und gepflegt werden muss. Jetzt kann Herr Huber erzählen, was diese Vorgabe zur ›Angleichung‹ soll. Je mehr er das tut, je nachvollziehbarer die Überlegungen der Firma werden, je mehr erkennbar ist, dass seine Aussagen und die Realität auch übereinstimmen, umso mehr wird ihm geglaubt und umso weniger wird der ungarische Zuständige ›frei‹ interpretieren. Das wiederum erhöht die Wahrscheinlichkeit zur Akzeptanz des Vorhabens und des Projekts. Wenn sich kein Pferdefuß zum Nachteil der Ungarn findet, kann jetzt mit der Arbeit begonnen werden. Ausgang einer Interaktion positiv beeinflussen. Langfristig werden weit gespannte Beziehungsnetze bereichsübergreifend gepflegt und genutzt. Die Beziehungsebene hat Priorität gegenüber ›Sachzwängen‹. Zum Aufbau der Beziehungsebene spielen Art und Inhalt der Kommunikation zwischen den jeweiligen Partnern eine herausragende Rolle. Personbezogene Hierarchie In Ungarn sind im Vergleich zu Deutschland die Hierarchien im Allgemeinen steiler und das Hierarchiebewusstsein ist ausgeprägter. Zudem sind Betriebe tendenziell monohierarchisch und weniger in Matrixstrukturen organisiert. Mit dem Kulturstandard ›personbezogene Hierarchie‹ wird beschrieben, dass ein Vorgesetzter in Ungarn idealerweise den Typ des Patriarchen verkörpert: Er bestimmt auf der Sachebene, übernimmt aber auch für seine Mitarbeiter eine gewisse soziale ›Fürsorge‹ auf der Beziehungsebene. Distanzminimierung Während Deutsche zu Beginn eines beruflichen Kontakts tendenziell distanziert sind, sich fast ausschließlich in ihrer Rolle bewegen und vorwiegend sachlich auftreten, vermischen Ungarn von Anfang an Rolle und Persönlichkeit und sind von vorne herein wesentlich emotionaler. Dafür tauen Deutsche dann auf Dauer bei wechselseitiger Sympathie auf, wollen zu privaten Beziehungen übergehen und stoßen nun plötzlich an eine Grenze, an der sich Ungarn abzuschotten scheinen: der Trennlinie zwischen ›personalisierten beruflichen Beziehungen‹ und ›persönlichen Freundschaftsbeziehungen‹, die zu überwinden genauso lange dauert wie der Aufbau einer guten Freundschaft in Deutschland. Autorinnen Flexibler Umgang mit Zeit Dr. phil. Sylvia Schroll-Machl, Diplom-Psychologin, Diplom-Religionspädagogin Ungarn gehen flexibler und gelassener mit Zeitplänen um. Sie passen ihr Lebens- (FH), arbeitet als freiberufliche Trainerin und Coach für Firmen, Organisationen und Arbeitstempo flexibel an die jeweilige Situation an, so dass sie in bestimmten und Ministerien im Bereich interkulturelle Trainings und Personalentwicklung Situationen langsamer, in anderen schneller sind, als Deutsche erwarten. Ungarn und ist Lehrbeauftragte an verschiedenen Hochschulen. zeigen eine Tendenz dazu, mehrere Dinge gleichzeitig zu tun (sog. ›Polychronie‹), Kontakt www.schroll-machl.de und einen Hang zu kurzfristigem Planen. Christine Sontag, Diplom-Psychologin, hat sich wissenschaftlich schwerpunkt- Schwankende Selbstsicherheit mäßig mit deutsch-ungarischen Interaktionen beschäftigt, war Lehrbeauftragte Ungarn unterliegen in ihrer Selbstsicherheit mitunter größeren Schwankungen: Sie für das Zusatzstudium ›Internationale Handlungskompetenz‹ an der Universität pendeln zwischen Bescheidenheit und Understatement einerseits und Selbstüber- Regensburg, arbeitete an der Universität Ulm im Rahmen interkultureller Projek- schätzung und Übertreibung der eigenen Fähigkeiten, der eigenen Stärken und der ei- te und ist derzeit in der Lehrerausbildung an der Universität Regensburg tätig. genen Leistung andererseits. Sie sind sich in ihrer Selbsteinschätzung oft unsicher. Kontakt christine.sontag@paedagogik.uni-regensburg.de Pragmatische Flexibilität Buchhinweis Ungarn lösen Probleme pragmatisch und flexibel, schrittweise und ohne zu Be- Bei diesem Beitrag handelt es sich um die überarbeitete Fassung eines Ab- sie dabei kreativ und flexibel um und passen sie pragmatisch an bestimmte schnitts aus: Christine Sontag; Sylvia Schroll-Machl; Alexander Thomas (2007): Situationen an. Ungarn sind offen für unkonventionelle Wege, die ihnen in einer Beruflich in Ungarn. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht. bestimmten Situation zielführender erscheinen als die vorgegebenen. ginn einen Gesamtplan zu erstellen. Mit bestehenden Plänen und Regeln gehen mondial 1/08 23 Beitrag zum Forscher-Praktiker-Dialog Die Redaktion von ›mondial‹ möchte Raum bieten für den Austausch zwischen Wissenschaft und Trainingspraxis. Einen Anfang machen hier Peter Jandok und Steffen Henkel, die mit ihren kontroversen Darstellungen in ein produktives Streitgespräch treten. In der nächsten Ausgabe von ›mondial‹ unternehmen beide Autoren den Versuch einer Synthese, in der theoretische Erwägungen und praktische Umsetzungen zusammengeführt werden. Vermittlung interkultureller Kompetenzen mit linguistischen Mitteln oder: Wann waren Sie eigentlich zum letzten Mal direkt? Peter Jandok Hinweise auf ihren stereotyphaften Charakter, finden sie meist unhinterfragt Eingang in interkulturelle Trainings. Oftmals tabellarisch abgebildet, mit zwei Spalten zur Kontrastierung eigener und fremder ›Eigenschaften‹ bilden sie die Arbeitsgrundlage eines ›Vergleichstrainings‹. Im Anschluss an diese kontrastive Abbildung sollen die Trainees Episoden, die kleine critical incidents beschreiben, mit entsprechenden Kategorien ›erklären‹. Damit eignen sich die Teilnehmer der betreffenden Intervention ein Vokabular zur schnellen und monokausalen Interpretation ›fremden‹ Verhaltens an. Komplexe Episoden werden also auf isolierte Phänomene reduziert, was eine Einschränkung der Wahrnehmung in authentischen interkulturellen Situationen zur Folge haben kann. Die Wirkung des Eigenen bei der Gestaltung von Interaktion bleibt in den (internalisierten) Erklärungsansätzen unberücksichtigt. Wenn auch nicht intendiert, so liegen mit ›Dimensionen‹ und ›Standards‹ latent vorhandene Bewertungen vor. Denn: Gibt es wirklich ehrliche Gründe, ›kollektivistisches‹ und ›indirektes‹ Verhalten ebenso neutral anzuerkennen und zu schätzen wie ›individualistisches‹ und ›direktes‹? Wurden bis jetzt lediglich die Kategorien an sich kritisiert (forschungsmethodische Kritikpunkte an Hofstedes ›Dimensionen‹ bringt u.a. Behrens (2007) vor), ist mit dichotom angelegten Vergleichskategorien noch keine Aussage über deren Relevanz für interkulturelle Interaktionen gemacht. So konnte z.B. Bubel (2006) an britisch-deutschen Telefongesprächen nachweisen, dass für deutsche Interaktanten von britischen Gesprächspartnern initiierte ausführlichere SmalltalkSequenzen keinerlei Probleme darstellen, obwohl Deutsche angeblich Smalltalk in Geschäftstelefonaten vermeiden. Unterschiede sind also nicht mit ›Schwierigkeiten‹ und schon gar nicht mit Konflikten zu verwechseln. Ein abschließender Hinweis, der vor allem als Anregung für die Forschung anzusehen ist, besteht darin, stärker die Vernetzungen der angedeuteten psychologischen und anthro- Auf die im zweiten Teil der Überschrift bewusst provozierend gestellte Frage zu antworten, fällt einem deutschen Muttersprachler gar nicht so leicht, obwohl doch fast jeder – Nichtdeutsche – weiß, dass wir so ›direkt‹ sind. Ist die Bitte »Kannst du mal das Fenster aufmachen?« wegen der Abwesenheit des Wortes »bitte« direkt? Ist das spanische »Digame« (wörtlich: »Sagen Sie’s mir«) im ersten Redezug eines Telefongesprächs aufgrund der Imperativform direkt? Spätestens beim chinesischen (wei) – am schlechtesten übersetzbar mit »Hallo« und ebenfalls das sprachliche Mittel, einen Telefonanruf anzunehmen – versagt die interpretierende und attribuierende Kategorie ›Direktheit‹. Es lässt sich also nicht so einfach aus der Oberfläche von (verbalen, para- und nonverbalen) Handlungen auf zugrunde liegende Einstellungen schließen. Probleme mit ›Dimensionen‹, ›Standards‹ und Co. Solche Kategorien, zu denen z.B. ›Zeit- planung‹ (Deutschland), ›Gelassenheit‹ (USA), ›Spiritualität‹ (Südafrika) oder ›individualistisch-egoistische Arbeitsweise‹ (Frankreich) gehören, werden auch ›Dimensionen‹ oder ›Standards‹ genannt. Sie sind in interkulturellen Trainings ein beliebtes Mittel, fremdkulturelle Denk- und Handlungsweisen verständlich, übersichtlich und (ver)einfach(t) zu vermitteln. Sie sind aber auch – und vor allem – kritisch bezüglich ihres Erklärungspotenzials zu betrachten. Die Beliebtheit von (Kultur-) ›Standards‹ bzw. ›Dimensionen‹ rührt vor allem daher, dass sie in fremdkulturellen Kontexten als Orientierungshilfen fungieren können. Sie sind im Stil des programmierten Lernens didaktisiert und preiswert in Form von »Beruflich in…«-Büchern zu erwerben. Mit ihnen ist es möglich, ein breites ›fremdes‹ Handlungsrepertoire zu erklären. Durch diese Breite entsteht jedoch gleichzeitig die Gefahr, ›alles und nichts‹ begründen zu können. Trotz der von den Hauptvertretern der ›Dimensionen‹ und ›Standards‹ transparent gemachten Einschränkungen und 24 mondial 1/08 pologischen Kategorien zu betrachten. Koch/Koch (2007) haben z.B. durch die Kombination von ›Outgroup‹ und ›Individualismus/Kollektivismus‹ aufschlussreiche Ergebnisse zur Kooperationsbereitschaft chinesischer Studierender geliefert. Bearbeitung eine Betroffenheit auslöst und ein ideales Lernpotenzial beinhaltet. Die zweitbeste Möglichkeit stellen vom Trainer in anderen Kontexten aufgenommene Video- oder Tonsequenzen in verschriftlichter Form (Transkripte) dar. Mit solchen Transkripten wird es möglich, Kommunikation in ›slow motion‹ und wie unter einem Mikroskop zu betrachten. Sie dienen als Arbeitsmaterial und unterscheiden sich von den oben erwähnten critical incidents dadurch, dass sie keine bereits interpretierten und stark zugespitzten Episoden im Kontext eines Kulturvergleichs darstellen. Die Gruppe arbeitet beim linguistischen Ansatz aus den vorgelegten Transkripten die interaktionsrelevanten verbalen und nonverbalen Muster für diese interkulturelle Situation heraus und legt keine einschränkenden und vorgefassten ›Dimensionen‹ oder ›Standards‹ bei ihren Erklärungen und Interpretationen an. Gleichzeitig geht mit der Transkriptanalyse eine Vermittlung von einführender linguistischer Terminologie einher. So wird konkrete Kommunikation beschreibbar, reflektierbar und auch veränderbar – es bleibt also mehr als ein ›feeling‹. Zur Illustration soll nun ein kurzer Transkriptauszug aus einer deutsch-chinesischen Besprechung zur Planung einer Wanderung erst dargestellt und anschließend kurz beschrieben werden. In der Beschreibung findet sich dann das sprachspezifische Vokabular wieder. Alternativen zu ›Dimensionen‹, ›Standards‹ und Co. In diesem Abschnitt möchte ich ein alterna- tives Trainingsvorgehen zur Vermittlung interkultureller Kompetenzen vorstellen, das in der Wissenschaft bereits seit einigen Jahren diskutiert wird. Ich gehe mit Koole / ten Thije davon aus, dass Kultur(en) »collective solutions to recurrent collective problems« (1994: 67) sind. Im Kontakt zwischen Personen mit unterschiedlichen »Standardlösungen für wiederkehrende Standardprobleme« müssen entsprechende Lösungen ausgehandelt werden, was zur Herausbildung einer ›diskursiven Interkultur‹ (»discoursive interculture«, ebd.: 69) führt. In ihr finden durch gegenseitiges aufeinander Reagieren Aushandlungsprozesse statt, die neue »Standardlösungen für Standardprobleme« entstehen lassen und damit wieder eine neue Kultur hervorbringen. Da diese Aushandlungsprozesse unvorhersehbar sind, muss ein an Koole / ten Thije aufbauender Kompetenzbegriff vorrangig strategische Elemente in der Analyse konkreter, situations- und beziehungsspezifischer interkultureller Interaktionssituationen enthalten. Mit diesem Kompetenzverständnis ist gleichzeitig ein Kernziel für interkulturelle Trainings formuliert. Eine Analysekompetenz hat den Vorteil, dass sie ein (Re-) Aktionspotenzial beschreibt, mit dem Gesprächspartner unmittelbar aufeinander eingehen können. Der ideale Ausgangspunkt eines linguistisch orientierten interkulturellen Trainings (Liedke / Redder / Scheiter 2002) ist die gemeinsame Bearbeitung authentischer interkultureller Gespräche, die von den Trainees geführt und vor dem Training aufgezeichnet wurden. So wird eine konkrete Interaktionssituation zum Ausgangspunkt interkulturellen Lernens, was in der Transkript-Beschreibung und das nötige Vokabular Auf struktureller Ebene ist leicht zu erkennen, dass es einige Überlappungen (paralleles Sprechen) gibt, die auf ein angeregtes Gespräch schließen lassen. Drei Funktionen von Überlappungen können ausgemacht werden: (1.) Vermutlich Transkriptionskonventionen Unterbrechung seitens des Sequenzielle Struktur eine Sprechers D2 in Zeile 04, da C1 [ ] ––> Überlappungen und seinen Redezug nicht fortsetzt Simultansprechen Pausen (.) ––> Mikropause und keine abfallende Stimmen(1.5 sek) ––> geschätzte Pause 01 02 03 C1: 04 D2: 06 C1: 05 07 08 09 D1: D2: D3: 10 C2: 12 D2: 11 13 14 D3: C2: D3: mondial 1/08 also (1 sek) die stadt hat eine eine kÜste von Über vIerzig kilomE:tern. Und=e da kann man wIrklich die kÜste entlang (2.5 sek) spazIEr[gang machn ] [mAchen wir das.] ja:. :, ::, ::: ––> Dehnung, Längung, je nach Dauer = ––> Verschleifung eines Lautes oder mehrerer Laute zwischen Wörtern jA´ also lO:s. gEhen=wir. Akzentuierung da bauch´ da brauch doch akZENT ––> Primär- bzw. Hauptakzent [nu´r jemand ne lIste ans schwarze ] ak!ZENT! ––> extra starker Akzent )] Tonhöhenbewegung brett [zu hängen am soundsovielten] [wolln] [wir uns zu ] [jA´ klA´r mA´chn. Konventionen äh, öh, etc. ––> Verzögerungssignale AB ab skulptUren(.)park stAdtwärts. is sehr schön. [(lachen Sonstige segmentale ] [jA- ner wAnderung treffn- wer trägt sich ei´n 25 ] [ja´sO=ises ] am Ende einer Einheit ? ––> hoch steigend ´ ––> mittel steigend - ––> gleich bleibend ; ––> mittel fallend . ––> tief fallend kann wiederum sprach- und kulturspezifisch sein und an der verbalen, para- und nonverbalen Oberfläche genau so hervortreten, dass es ›individualistisch‹, ›machthungrig‹, ›emotional‹ oder eben ›direkt‹ wirkt. Diesen vorschnellen Attributionen muss jedoch mit Vorsicht begegnet werden, da wir für interkulturelle Interaktionen vor allem die Erweiterung der Wahrnehmung durch strategisches Wissen und Können anstreben sollten. Eine Einengung durch kulturvergleichende ›Dimensionen‹, ›Standards‹ und Co. wird komplexen und sich schnell verändernden Handlungswelten nicht mehr gerecht. intonation das Ende seines Redezugs markiert. (2.) Das verzögerte ›Lachen‹ in Zeile 10 als Reaktion auf die Aufforderung von D2 in Zeile 07. (3.) Das von C2 geäußerte Rückmeldesignal ›jA-‹ in Zeile 13 auf die Wiederholung der Aufforderung von D2. Nun könnten in einem Training Hypothesen über die unterschiedlichen Funktionen der Rückmeldesignale diskutiert werden, z.B., dass das ›ja:.‹ aus Zeile 06 als continuer oder das ›jA-‹ aus Zeile 13 als Zustimmungsindikator dient. Weiterhin fallen die relativ langen redezuginternen Pausen in Zeile 01 und 03 auf. Auch die kurze Nebensequenz zwischen D2 und C2 in den Zeilen 12 und 13 kann hervorgehoben werden; sie stellt jedoch keinen Kampf ums Rederecht zwischen D2 und D3 dar. Relevanz der Transkript-Beschreibung für interkulturelle Trainings Das Potenzial einer Beschreibungs- und Verbalisierungsfähigkeit von interkulturellen Kommunikationssituationen wird klarer, wenn wir wissen, dass z.B. die Länge von redezuginternen Pausen oder die Toleranz von Überlappungen beim Kampf ums Rederecht sprach- bzw. kulturspezifisch sind. Dies haben z.B. Bouchara (2002) für deutsch-arabische, Lenz (1991) für deutsch-finnische und Günthner (1993) für deutsch-chinesische Interaktionen nachgewiesen. Auch Rückmeldesignale unterscheiden sich in ihrer Ausdrucksform, Intensität, Distribution und Funktion. Die Funktion des ›Lachens‹ bzw. ›Kicherns‹ ist ebenfalls sprach- bzw. kulturspezifisch. Literatur Behrens, Leila (2007): Konservierung von Stereotypen mit Hilfe der Statistik. Geert Hofstede und sein kulturvergleichendes Modell. Universität zu Köln, Institut für Linguistik, Allgemeine Sprachwissenschaft, Arbeitspapier Nr. 51 • Bouchara, Abdelaziz (2002): Höflichkeitsformen bei der Interaktion von Deutschen und Arabern. Tübingen: Niemeyer • Bubel, Claudia (2006): »How are you?« »I’m hot«. An interactive analysis of small talk sequences in BritishGerman telephone sales. In: Kristin Bührig; Jan D. ten Thije (Hrsg.): Beyond Misunderstanding. Linguistic Analysis of Intercultural Communication. Amsterdam; Philadelphia: John Benjamins, S. 245–259 • Günthner, Susanne (1993): Dis- Nutzen der Transkriptanalyse Mit diesem Wissen lassen sich negative kursstrategien in der Interkulturellen Kommunikation. Analysen deutsch-chine- Gefühle oder bestimmte Handlungen verbalisieren und damit verändern: • Oft fühlen sich Menschen unsicher, wenn vom Gesprächspartner zu wenige oder zu zahlreiche Rückmeldesignale (<hm>, <ja>) gegeben werden. • Auch ›Lachen‹ an wenig erheiternden Stellen eines Gesprächs kann Irritation hervorrufen. • Viele Personen reagieren auf systematische Unterbrechungen frustriert und verärgert, obwohl Unterbrechungen eine kooperative Funktion haben können. • Zu schnelle Kompromissangebote sind bei längeren redezuginternen Pausen nachweisbar und führen zu konkreter Gewinnminimierung im Geschäft. Wenn sich Trainees nun ein Wissen und Können zur Sprachund Kulturspezifik von z.B. Rückmeldesignalen, Unterbrechungen oder Pausenlängen aneignen, können sie ein vorher nur dagewesenes ›feeling‹ mit linguistischem Vokabular beschreiben und so rationalisieren. Letzteres führt zur Möglichkeit der flexiblen Anpassung in einer komplexen Situation. Natürlich bestehen Gespräche nicht nur aus den hier beispielhaft vorgebrachten strukturellen Komponenten. In Verhandlungen gibt es Vorschläge, Instruktionen, Scherze, Themenwechsel, Präsentationsphasen und vieles mehr. All das muss jedoch an der sprachlichen Oberfläche ausgedrückt und mit non- oder paraverbalen Mitteln versehen werden. All das (2007): Collectivism, individualism, and outgroup cooperation in a segmented sischer Gespräche. Tübingen: Niemeyer • Koch, Bradley J.; Koch, Pamela T. China. In: Asia Pacific Journal of Management 24, S. 207–225 • Koole, Tom; ten Thije, Jan D. (1994): The Construction of Intercultural Discourse. Team Discussions of Educational Advisers. Amsterdam: Rodopi • Lenz, Friedrich (1991): Interkulturelle Probleme in Verhandlungen zwischen Deutschen und Finnen. In: Elisabeth Feldbusch et al. (Hrsg.): Neue Fragen der Linguistik: Akten des 25. Linguistischen Kolloquiums, Paderborn 1990. Bd. 2: Innovation und Anwendung. Tübingen: Niemeyer, S. 279–286 • Liedke, Martina; Redder, Angelika; Scheiter, Susanne (2002): Interkulturelles Handeln lehren – ein diskursanalytischer Trainingsansatz. In: Gisela Brünner; Reinhard Fiehler; Walter Kindt (Hrsg.): Angewandte Diskursforschung. Bd. 2: Methoden und Anwendungsbereiche. Radolfzell: Verlag für Gesprächsforschung, S. 148–179. Download unter: www.verlag-gespraechsforschung.de/2002/diskursforschung/2-148-179.pdf Autor Peter Jandok hat an der TU Chemnitz Pädagogik, Deutsch als Fremdsprache und Interkulturelle Kommunikation studiert. Nach zweijähriger Tätigkeit in China ist er im interdisziplinären Promotionskolleg »Interkulturalität in Ästhetik, Bildung, Kommunikation« der Universität Hildesheim angebunden. Er untersucht in seiner Promotion gesprächsanalytisch deutsch-chinesische Planungsprozesse in Meetings. Parallel dazu übernahm er bereits Lehraufträge an den Universitäten Bayreuth, Hildesheim, Leipzig, Jena und Chemnitz und bereitet unterschiedliche Zielgruppen für Aufgaben im interkulturellen Kontext vor. Kontakt peter.jandok@s1999.tu-chemnitz.de 26 mondial 1/08 nale Zuschreibung auch genau das, womit wir es in interkulturellen Situationen zu tun haben. Begründet durch unsere Enkulturation haben wir bestimmte Vorstellungen von richtig oder falsch. Sich ganz bewusst damit auseinander zu setzen ist eben eines der Ziele von interkulturellen Trainings. Durch Objektivierung die Emotionalität heraus zu nehmen führt meiner Ansicht nach nicht dazu, sich eben dieser Gefühle bewusst zu werden. Trainieren im Spannungsfeld Eine Replik zum Beitrag von Peter Jandok Fähigkeit zur Analyse Des Weiteren unterstellt Jandok seiner Methode, dass sie in der Lage ist, ›Analysekompetenz‹ zu vermitteln und somit »ein (Re-)Aktionspotenzial beschreibt, mit dem Gesprächspartner unmittelbar aufeinander eingehen können«. Dies ist unbestritten. Offen ist für mich, wieso er dies Modellen wie den Kulturstandards und -dimensionen abspricht. Ich gehe davon aus, dass in einem Training diese Werkzeuge als das dargestellt werden, was sie sind, nämlich als Modelle, die versuchen das ›Unsagbare‹ zu erklären und Hilfestellung für die Analyse von Situation zu geben. Trainer, die dies nicht tun, wenden die Methode falsch an, was jedoch nicht der Methode als solcher anzulasten ist. Steffen Henkel Als interkulturelle Trainerin bzw. interkultureller Trainer steht man in einem Spannungsfeld, das sich aus meiner Sicht nicht auflösen lässt: Das Themenfeld der ›Interkulturalität‹ ist hochkomplex, in seiner Ganzheit nicht zu erfassen und somit nicht in einer abgeschlossenen, das heißt ›erschöpfenden‹ Form zu vermitteln. Dem gegenüber steht der Wunsch, in einem Training oder Seminar das Thema so aufzuarbeiten, dass die Teilnehmer eine Hilfestellung bei der Lösung ihrer täglichen Aufgabenstellungen in internationalen Teams oder bei einer Auslandsentsendung erhalten. Das Extrem bildet da oftmals die Vorstellung von Teilnehmern, die gerne das ganze Thema anhand einer Checklist oder einfacher »Dos and Don’ts« abgehandelt hätten. Jeder Trainer und Trainingsanbieter kennt das Problem, zwischen eigenen Qualitätsansprüchen auf der einen Seite und dem Wunsch einem Kunden zu helfen – sei es auch bei knappstem Zeitbudget – hin und her gerissen zu sein. Zumeist muss ein Trainer bei einem Seminar dann gar nicht von eigenen Qualitätsvorstellungen abweichen, sondern nur einen Abgleich von Erwartungen und Möglichkeiten hinbekommen. Stimmen diese überein, ist auch eine noch so kurze Intervention hilfreich – zumindest hilfreicher, als gar nichts zu unternehmen. Um die Ziele eines interkulturellen Trainings zu erreichen, vertrete ich die Ansicht, dass eine eklektische und auf alle Fälle zielgerichtete Auswahl verschiedener inhaltlicher und didaktischer Methoden das Mittel der Wahl ist. Jedem guten Trainer gestehe ich zu, eine für seine Trainingsziele angemessene Auswahl zu treffen. Etwas wirklich Neues? Die von Jandok dargestellte Transkript- analyse und ihre Hilfestellung bei der Analyse zur Deutung interkultureller Situationen ist sehr hilfreich und wird meiner Ansicht nach in Trainings noch viel zu wenig beachtet. Jedoch möchte ich die Frage stellen: Wie neu ist das Ergebnis der Analyse? Im analysierten Transkript wird dargestellt, dass es vermutlich zu einer Unterbrechung der Rede des Chinesen durch seinen deutschen Kollegen kommt. Anschließend wird herausgearbeitet, aufgrund welcher unterschiedlichen Redekonventionen es zu dieser Unterbrechung kommen kann. Sinnvoll ist dies aus meiner Sicht, wenn hier Verallgemeinerungen durchgeführt werden können, die helfen, eine Art Regelwerk zu verinnerlichen, damit in Zukunft ein Gespräch ohne Unterbrechungen verlaufen kann. Ansonsten verbleiben die Gesprächspartner zwangsläufig in einer Situation des »Kampfes um das Rederecht«. Ergebnis dieser Transkriptanalyse, würde ich somit interpretieren, ist, dass es bestimmte Kommunikationskonventionen gibt, die dazu führen, dass Chinesen von Deutschen tendenziell öfter unterbrochen werden. Dies kann für Chinesen ein frustrierendes oder ärgerliches Erlebnis sein. Was ist nun das Neue an dieser Erkenntnis? Grundsätzlich erwarte ich von einem interkulturellen Training, dass es auf diese Tatsache aufmerksam macht. Beispielsweise kann bei der Trainingssequenz, die sich mit Stereotypen der Chinesen über uns Deutsche auseinandersetzt, herauskommen, dass Chinesen uns Deutsche oftmals als ›stur‹ oder auch ›unhöflich‹ wahrnehmen. Eine Erklärung dafür gibt die Transkriptanalyse. Somit stellt Jandok keine neuen Erkenntnisse dar. Vielmehr bietet er einen weiteren – sehr wissenschaftlich fundierten – Erklärungsansatz für einen bekannten Sachverhalt. Bewertungsproblem In seiner sehr gelungenen Vorstellung einer linguistischen Methode erhebt Peter Jandok den Vorwurf, dass das Vokabular, welches uns durch Wissenschaftler wie Hofstede und Trompenaars gegeben wurde, grundsätzlich wertend ist und daher gar nicht in der Lage ist, einen objektiven Blick auf kulturelle Unterschiede zu werfen. Ganz abgesehen davon, dass es in einem guten Training gelingen muss – sonst hat es das Prädikat ›gut‹ nicht verdient – einen positiven Blick auf eine ›indirekte Kommunikation‹ zu werfen, ist diese emotio- mondial 1/08 27 Darstellung von Komplexität Mit der linguistischen Methode alleine wird die Komplexität interkultureller Situationen auch nicht klarer. Vielmehr wird sie dies, indem eine Vielzahl von Ansätzen in einem Training die verschiedenen Sichtweisen auf unser Thema beleuchtet und damit die vorhandene Multikausalität verdeutlicht. Unabdingbar ist, dass Trainer darstellen, dass jede (!) Situation einzigartig ist. Dies kann ein Modell alleine nicht leisten – schließlich hat es ja gerade die Aufgabe, Komplexität zu reduzieren. Deswegen ein Modell abzulehnen, ist kaum hilfreich. Es ist vielmehr die Aufgabe der Trainer, auch dieses Spannungsfeld immer wieder zu betonen. Findet man für eine Aussage, die sich aus ›Dimensionen‹ oder ›Standards‹ ableitet, Gegenbeispiele oder gegenlautende Erklärungen, so sind diese in meiner Sicht kein Hinweis darauf, dass der ›Standard‹ versagt. Vielmehr kann dies entweder ein Zeichen dafür sein, dass die Situation noch nicht ausreichend durchdrungen wurde oder eben nicht gemäß der standardisierten Kategorie gehandelt wurde. Sie stellt schließlich eher die ›soziale Erwünschtheit‹ in einer Kultur dar, als das immer tatsächlich beobachtete Verhalten. Auch dies unterstützt eher die Aussage, dass Kulturen sehr komplex sind, und hilft zu vermeiden, die Dinge zu einfach zu sehen. Ebenso ist aber auch der linguistische Ansatz nicht dazu geeignet, die volle Komplexität darzustellen. Vielmehr wird durch die Objektivierung eine vermeintliche Einfachheit dargestellt, die so nicht vorhanden ist. Ganz davon abgesehen, gibt es neben Unterschieden in der Kommunikation, die sich durch Transkriptanalysen herausarbeiten lassen, auch Unterschiede auf ganz anderen Ebenen des Handelns, die nicht nur durch sprachliche Handlungen offenbar werden und somit gar nicht von dieser Methode erfasst werden können, wie beispielsweise unterschiedliches Hierarchieverständnis. Ausblick Trotz all dieser Hinweise und Gegenreden ist es Jandok gelungen, einen weiteren Ansatz in das Bewusstsein zu bringen und hier Trainern wertvolle Hinweise zu geben, wie Seminarkonzepte vervollständigt werden können. Auch die Kritik an alleinig kontrastiven Ansätzen teile ich weitgehend. Hier bin ich der Meinung, dass herkömmliche Trainings einer dringenden Überarbeitung bedürfen und endlich auf die Rückmeldungen aus Plus-X-Tagen-Evaluationen und den geänderten Bedürfnissen der global work force reagiert werden muss. Die Wissenschaft hat hier baldiges Handeln angemahnt, beispielsweise Dr. Matthias Otten bei der Podiumsdiskussion des SIETAR-Forums im März 2008 in Bonn. Ein gängiges Konzept, das in der Lage ist, Komplexität auf ein angemessenes Maß zu reduzieren und gleichzeitig den Kunden-/Teilnehmerwunsch nach ›Einfachheit‹ Rechnung trägt, zusammen zu bringen, ist mir indes noch nicht bekannt. Autor Steffen Henkel, Diplom-Kulturwirt (Südostasien), ist geschäftsführender Gesellschafter eines der führenden Trainingsinstitute in Deutschland. Selbst durch ein Forschungsprojekt über Konfliktpotentiale internationaler Unternehmenskooperationen zwischen deutschen und singapurischen KMU zu dem Thema gekommen, lebt er in dem Spannungsfeld aus wissenschaftlicher Forschung und praktischer Anwendung. Mit der Ausschreibung von wissenschaftlichen Arbeiten und Engagement für das Thema versucht Steffen Henkel, die Weiterentwicklung interkultureller Trainings voranzutreiben. Er ist Mitglied des Vorstands von SIETAR Deutschland. Kontakt henkel@compass-international.de · www.compass-international.de Neue wissenschaftliche Publikationen Jammal, Elias (Hrsg.) (2008): Vertrauen in interkulturellen Kontexten: China – Indonesien – Frankreich – Tschechien – arabischislamische Welt. Mit Beiträgen von Torsten M. Kühlmann, Guido Martini, Mareike (2008): Deutsch-kubanische Arbeitsbesprechungen: Eine gesprächsanalytische Studie zu gedolmetschter Kommunikation in internationalen Hochschulkooperationen. Möllering, Martin Schweer, Dominic Busch, Jürgen Bolten, Jürgen Henze. Wiesbaden: Verlag für Sozialwissenschaften. Tübingen: Stauffenburg. Otten, Matthias; Scheitza, Alexander; Cnyrim, Andrea (Hrsg.) (2007): Interkulturelle Kompetenz im Wandel. Band 1: Grundlegungen, Diskurse und Konzepte. Frankfurt/Main: IKO – Verlag für interkulturelle Kommunikation. Köppel, Petra (2007): Konflikte und Synergien in multikulturellen Teams: Virtuelle und face-to-face-Kooperation. Mit einem Vorwort von Dieter Wagner. Wiesbaden: Deutscher UniversitätsVerlag. Otten, Matthias; Scheitza, Alexander; Cnyrim, Andrea (Hrsg.) (2007): Interkulturelle Kompetenz im Wandel. Band 2: Ausbildung, Training und Beratung. Frankfurt/Main: IKO – Verlag für interkulturelle Kommunikation. Kühlmann, Torsten M.; Müller-Jacquier, Bernd (Hrsg.) (2007): Deutsche in der Fremde: Assimilation – Abgrenzung – Integration. St. Ingbert: Röhrig Universitätsverlag. 28 mondial 1/08 Die Bilder im Kopf Eine Ausstellung im Jüdischen Museum Berlin widmet sich populären Klischees Thorsten Beck »Sind Schwarze die besseren Athleten? Haben Schwule einen ausgeprägten Sinn für Kunst? Sind Pfeifenraucher gemütlich, und haben Juden lange Nasen?« – fragt das Jüdische Museum Berlin in einem Ankündigungstext zur aktuellen Ausstellung »typisch! Klischees von Juden und Anderen«. Wie ist es bestellt mit den Bildern in unseren Köpfen, wie komplex oder wie dürftig sind eigentlich unsere Kenntnisse über Individuen, Gruppen und Nationen? Welche Einstellungen haben wir inzwischen so fest verinnerlicht, dass wir sie nicht zu ändern vermögen, sie zuweilen auch gar nicht ändern wollen? ›Stereotyp‹ und ›Klischee‹ – das sind ursprünglich Fachbegriffe aus der Welt des Druckereiwesens. Sie bezeichnen die materiellen Vorlagen, von denen aus sich beliebig viele Kopien ziehen lassen. Ohne Massenmedien, wie Plakate, Flyer, Broschüren und Zeitungen, ohne Fernsehen und Internet wäre unsere Welt kaum noch denkbar. Zu sehr prägen Medien unsere Lebenswelt. In Anlehnung an die metallene Druckvorlage bezeichnet auch das mentale Klischee ein immer gleiches und unveränderlich reproduziertes Bild. Vereinfachte Einstellungen, die einerseits im Alltag Orientierung bieten, dienen andererseits nicht selten als Vorlage für rassistische, sexistische und andere menschenfeindliche Positionen, und sie definieren Grenzen zwischen Individuen und Gruppen. mondial 1/08 Das Klischee, so könnte man behaupten, ist der blinde Passagier, der uns beim Denken stets begleitet. Nicht immer ist es uns bewusst, woher unsere, als Erkenntnisse maskierten, festen Meinungen über bestimmte Gruppen eigentlich stammen. Gut und gerne lässt sich noch über die skurrilen oder intoleranten Einstellungen anderer sprechen; doch die eigenen, unhinterfragten und pauschalisierten Überzeugungen bleiben in der Regel unangetastet, oder zumindest unbemerkt. Dort, wo sie bewusst sind, spricht man sie nicht gerne aus, denn die eigenen Klischees zugeben, hieße zugleich, sich zu entlarven und angreifbar zu machen. Genau hier setzt die Ausstellung im Jüdischen Museum an, sie will den Besucher in die Auseinandersetzung mit den dargestellten Themen einbeziehen, so dass er sich über eigene, unhinterfragte Positionen klar werden kann. Eine Ausstellung, die Fragen aufwirft und die mit einer Flut der Bilder einsetzt. Im ersten Raum von »typisch« wird der Besucher durch eine großflächige Projektion mit Werbemotiven aus Vergangenheit und Gegenwart konfrontiert. Eine Vielzahl von Typen, aber auch rassistisch gefärbter Klischees kommen dem Betrachter auf einer virtuellen Plakatwand entgegen, als wollten sie ihn auffordern, einmal genau hinzuschauen. Rauchende Araber und Türken, sich mit Seife die Haut weiß waschende Schwarze, den biederen Haushalt säubernde Frau- 29 elle Manifestationen des klischierten Denkens, so wie sie industriell für den europäischen und internationalen Markt gefertigt wurden und werden. Doch die Schau erschöpft sich nicht im Zitieren überlieferter Stereotype – sie sucht nach Perspektiven, die es erlauben, das Klischee zu entlarven, zu problematisieren, oder über es zu schmunzeln. Sie macht sichtbar, auf welche Weise klischiertes Denken in konkretes Handeln überführt wird, und begegnet den dargestellten Themen kritisch. Oft sind es Positionen zeitgenössischer Kunst, die den Sprung über den Schatten des Klischees ermöglichen. So entsteht im Auge des Betrachters unwillkürlich eine Spannung, wenn der amerikanische Künstler Dennis Kardon auf das Klischee von der »typisch jüdischen« Nase mit einer Installation von 49 dreidimensionalen Kunststoff-Nasen reagiert, die er nach Vorbildern in seinem Freundes- und Bekanntenkreis geformt hat. Wie sieht sie denn nun aus, die ›jüdische‹ Nase? Der Betrachter ertappt sich unwillkürlich bei dem vergeblichen Versuch, in den Gemeinsamkeiten ein verbindendes Muster zu erkennen. Oder wenn der israelische Künstler Tamir Lahav-Radlmesser der Ordnungs- und Klassifizierungswut der Anthropologen des 19. Jahrhunderts seine aus der ganzen Welt zusammengetragene Schamhaarsammlung, sehr poetisch »Wrapped Crowns« betitelt, entgegen stellt. An anderer Stelle ist es wieder Santiago Sierra, der künstlerisch auf die sozialen und politischen Folgen restriktiver und rassistisch motivierter Immigrationspolitik hinweist, und manchmal kann auch die übertriebene Bestätigung eines Klischees dieses zum Wanken bringen – so wie etwa bei der australischen Band Yidcore, deren Video »If I Were a Rich Man« das Imago des »gierigen Juden« verhöhnt, denn, so die Logik – wäre es nicht zutiefst menschlich, ein bisschen mehr Geld besitzen zu wollen? Selbstironie und Selbstreflexion sind Motive, die bei der Annäherung an dieses Thema immer wieder eine bedeutende Rolle spielen. Denn die Ausstellung problematisiert nicht zuletzt die Arbeit der Ausstellungsmacher selbst – sie fragt in aller Deutlichkeit nach der Klassifizierungswut der Museen und ermöglicht es am Ende dem Besucher, sich in die Rolle des Kurators zu begeben. In einem interaktiven Figurenkabinett darf letztlich die Frage nach der Allmacht des Museumsarbeiters gestellt werden. Wer kann und wer darf einem Objekt eigentlich einen Titel geben? Aufgrund welcher Informationen geschieht dies? Als Ausgangspunkt diente den Ausstellungsmachern um Felicitas Heimann-Jelinek und Cilly Kugelmann eine Sammlung von ›Antisemitica‹, die das Jüdische Museum Wien vor Jahren als Schenkung erhielt. Bei der wissenschaftlichen Beschäf- en. Für einen Moment stehen sie in Lebensgröße vor dem Auge des Betrachters, und verstörende Fragen stehen im Raum: Aus welcher Zeit stammen diese Bilder eigentlich? Wie hat sich das Genre inzwischen gewandelt? Argumentiert Werbung auch heute noch rassistisch, und welche klischeebehafteten Traditionen setzen sich bis in die Gegenwart fort? Im Hintergrund läuft Musik, mal ist es »Griechischer Wein« von Udo Jürgens, mal »Die zehn kleinen Negerlein«. Denn, so ein erster Befund, den die Ausstellung ihren Gästen präsentiert – Klischees durchdringen das Leben, sie sind omnipräsent im Alltag – unter anderem als fester Bestandteil öffentlicher Kommunikation und Wahrnehmung. Während ich dies in einem Berliner Café schreibe, unterbricht mich die Unterhaltung eines Vaters mit seinem Sohn am Nebentisch. Der Vater erklärt seinem Sohn: »Alle Vietnamesen in Deutschland haben entweder einen Lebensmittelladen, oder sie handeln mit geschmuggelten Zigaretten.« Der Junge denkt nicht lange nach und antwortet: »Dann könnte man ja auch sagen, alle Deutsche seien Rassisten.« Soviel steht außer Frage: Klischees sind unendlich weit verbreitet und richten sich gegen fast alles und jeden – beileibe nicht immer beschränken sie sich auf spöttische Betrachtungsweisen, wie bei Witzen über Blondinen oder Ostfriesen. In ihnen spiegeln sich und durch sie konstituieren sich gesellschaftliche Animositäten, sowie zwischenmenschliche Grenzen und Hierarchien. Trotz ihrer unleugbaren Popularität steht der Ausstellungsmacher vor nicht geringen Herausforderungen, wenn Klischees abgebildet werden sollen. Wie können kognitive Prozesse, wie können Einstellungen überhaupt gezeigt werden? Anhand welcher Objekte lässt sich dies bewerkstelligen und über wessen Klischees reden wir am Ende eigentlich? Die Ausstellung argumentiert, ohne vordergründige Antworten zu geben. Sie möchte es dem Publikum ermöglichen, sich selbst in Beziehung zu den dargestellten Themen zu setzen. Da gibt es die kleine Sirupkanne in Form einer schwarzen Amme, der Aunt Jemima, die selbst als kunsthandwerkliches Objekt noch die Funktion der dienenden Sklavin übernimmt – ein Spiegelbild der tradierten Rolle der schwarzen Frau in der amerikanischen Gesellschaft. Da stehen die sogenannten ›Wiener Stöcke‹ aus dem 19. Jahrhundert – bürgerliche Dekorations- und Gebrauchsgegenstände, deren Knäufe mal mehr und mal weniger die antisemitische Einstellung ihrer ehemaligen Besitzer spiegeln. Da steht die schwarzäugige, tamburinspielende Zigeunerin neben den konspirativ tuschelnden Juden, da versammeln sich die blauen Indianerschlümpfe neben edlen königlich-preußischen Porzellanfiguren des unbekleideten Wilden genauso wie die kunstvoll gekleidete, aber ihr Schicksal passiv erleidende Figur einer Geisha aus einem Berliner Asia-Shop. Viele dieser Objekte repräsentieren seri- 30 mondial 1/08 tigung mit diesen sehr heterogenen Objekten stellte sich alsbald die Frage nach den Motiven des Sammlers. Wann – und dies kann bei einem solchen Bestand nicht immer eindeutig festgestellt werden – darf ein Objekt als antisemitisch ›gelabelt‹ werden? Wie viel ist über den »Sitz im Leben« der einzelnen Gegenstände bekannt, und wo beginnen die eigenen stereotypen Annahmen die Arbeit des Sammlers und die Zusammensetzung der Sammlung zu beeinflussen? Der Versuch, antisemitische Klischees im Rahmen von Ausstellungen zu problematisieren, ist in der Vergangenheit schon einige Male unternommen worden. So hat das österreichische Jüdische Museum in Hohenems 2005 unter dem Titel »Antijüdischer Nippes und populäre Judenbilder« eine Ausstellung konzipiert, welche die propagandistische Wirkung der antisemitischen Objekte durch die Inszenierung im Stil eines Trödelladens zu brechen suchte. Auch an anderer Stelle, im Jüdischen Museum Wien, war man sich über »Die Macht der Bilder« bewusst, der es zu begegnen gilt. Die Annäherung an das Thema erweist sich nicht selten als herausforderndes Unterfangen, vor allem, weil das Ausstellen zwangsläufig eine Kontextualisierung voraussetzt. Dies birgt die Gefahr, möglicherweise schon vergessene Klischees aufs Neue zu tradieren, sie unter Umständen selbst zu popularisieren. Natürlich lässt sich am Ende nicht mit Gewissheit sagen, welche Reaktion der Besucher zeigt und welche Erkenntnisse er mitnimmt. Selbst die Affirmation eines Klischees lässt sich am Ende nicht vollkommen ausschließen. Doch eine Ausstellung zum Thema bietet immerhin die Gelegenheit, Klischees zu historisieren, und wo dies nicht möglich ist, sich doch wenigstens selbst an der einen oder anderen Stelle der eigenen Einstellung bewusst zu werden. Bei der Beschäftigung mit dem Thema ist ohne Zweifel ein gutes Maß an ironischer Bescheidenheit zu empfehlen. In diesem Sinne soll Woody Allen das letzte Wort haben: »Mich erstaunen Leute, die das Universum begreifen wollen, wo es schwierig genug ist, in Chinatown zurechtzukommen.« Society SIETAR Deutschland e.V. ist eine Plattform für den interdisziplinären und fachlichen Austausch zu interkulturellen Themen in Wissenschaft, Wirtschaft und Gesellschaft. Sie richtet sich an Menschen, die Interesse an interkulturellen Fragen und Herausforderungen haben und in einem entsprechenden Spannungsfeld leben, forschen, trainieren, beraten oder vermittelnd in der Öffentlichkeit wirken. SIETAR Deutschland e.V. lebt durch das Engagement und die Vielfalt seiner Mitglieder. Dabei gibt SIETAR Deutschland e.V. Impulse für das Zusammenleben und Wirken in einer kulturell heterogenen Gesellschaft. SIETAR Deutschland e.V. ist Teil des weltweit größten Netzwerkes auf dem Gebiet interkultureller Zusammenarbeit und Internationalisierung. Autor Thorsten Beck ist Kurator der Ausstellung »typisch! Klischees von Juden und Anderen«. SIETAR Deutschland e.V. Postfach 31 04 16 · 68264 Mannheim Tel. 0621-717 90 02 · Fax 0621-717 90 04 office@sietar-deutschland.de Ausstellung »typisch! Klischees von Juden und anderen« – vom 20. März bis 03. August 2008 im Jüdischen Museum Berlin. Ein Begleitkatalog ist bei nicolai erschienen und kostet 24, 90 Euro · www.jmberlin.de/typisch www.sietar-deutschland.de Bildnachweis Barbies – »Dolls of the World«: ghanaische, chinesische, niederländische und Fulla-Barbie © Jüdisches Museum Berlin, teilw. privat, Fotos: Jens Ziehe mondial 1/08 31 15 Fragen an Interkulturalisten Elias Jammal (Prof. Dr. phil.) lehrt an der Hochschule Heilbronn u.a. vergleichende Verhaltenswissenschaften, inter- kulturelle Studien und interkulturelles Management mit dem regionalen Bezug auf den arabisch-islamischen Raum. Er leitet dort das Orient Institut für Interkulturelle Studien (OIS) und ist darüber hinaus als Berater und Trainer tätig. In Heidelberg studierte er Philosophie, Physik und Kunstgeschichte, machte seinen MBA in England und promovierte in vergleichender Erziehungswissenschaft an der Universität Kaiserslautern. Der 54-jährige ist in Beirut geboren und in Mannheim aufgewachsen. Die Mutter seiner beiden Kinder kommt aus Deutschland; Seine Tochter geht in Heidelberg auf das Gymnasium und sein Sohn ist Schauspieler am Theater in Magdeburg. 1. Mein deutsches Lieblingswort ist… bedeutungsschwanger. 2. Diesen Geschmack oder Geruch verbinde ich mit meiner Heimat… Heimat? Welche Heimat ist gemeint? Ich bin hier zuhause. In Haifa? In dem Geburtsort meiner Eltern war ich zum ersten Mal mit 32 Jahren! Ich kenne das Land nicht, wie es damals war, als meine Eltern dort gelebt haben. Der Geruch der ersten deutschen Stadt, in der ich gelebt habe, also von Mannheim, ist Chemie! 3. Wenn ich Familie im Ausland besuche, mache ich zuerst… essen, weil ich essen so liebe. Alles was sie dort zubereiten ist fantastisch, vor allem die fleischlose Küche. 4. Was mir in Deutschland fehlt… warmes Klima, das Mittelmeer und das gute mediterrane Essen. Ja, so banal bin ich! 5. Dafür gibt es in Deutschland ein bisschen zu viel… zu viele kalte und verregnete Tage. 6. Als König von Deutschland würde ich… in die Bildung investieren und die Kneipen- und Esskultur fördern. 7. Forschung bedeutet für mich… lebendig bleiben und Neugierde ausleben. 8. Was ich unbedingt noch erforschen möchte… mich. 9. Ich glaube an… das Gute im Menschen. Das klingt zwar etwas abgedroschen, doch es entspricht meiner Überzeugung. 10. Als 13-jähriger wollte ich gerne werden… Pilot – aber heute hasse ich das Fliegen. 11. Diese Website würde ich der Welt empfehlen… die vom Orient Institut für Interkulturelle Studien natürlich – http://ois.hs-heilbronn.de/wiki/home/. 12. Glücklich macht mich… zu sehen, dass ich zwei tolle Kinder habe. 13. Mich ärgert im Moment… die Verschulung des Studiums an den Hochschulen. 14. Dieses Kompliment verunsichert mich… ›Sie sprechen aber gut deutsch‹. 15. Diesen Menschen möchte ich gerne kennen lernen… Ich wollte schon immer Voltaire kennen lernen – »Candide« habe ich mit 16 Jahren gelesen, später dann seine Biografie – ich wollte schon immer wissen, was das für ein Mensch ist. 32 mondial 1/08 Gesellschaftliche und unternehmerische Veränderungen machen es erforderlich, das berufliche Selbstverständnis zu hinterfragen und das Berufsbild durch neue Kompetenzen zu erweitern. Stéphanie Stephan Interkulturelle Trainer durchleben Identitätskrise 51- bis 60-Jährigen – und unbekümmert und wahrheitsgetreu im Plenum die Frage zu beantworten: »Wie erlebe ich Veränderungen in meinem Leben beziehungsweise meiner Arbeit in diesem Lebensabschnitt?« Auch wenn es sich nicht nur um positive Wahrnehmungen handelte, die diese Altersstufe kennzeichnen. Oder in der Kleingruppe laut über ›brennende Fragen‹ nachzudenken, die jede/n Einzelne/n beruflich beschäftigen. »Was mal war, ist nicht mehr! Wer mal war, ist nicht mehr! Wie es mal war, ist es nicht mehr!« Diese Feststellung, die Prof. Dr. Raymond Saner vom Genfer Centre of Socio-Eco-Nomic Development (CSEND) in seiner Keynote-Speech zum Auftakt des SIETAR-Forums 2008 Ende Februar machte, zog sich durch die gesamte dreitägige Veranstaltung im Gustav-StresemannInstitut in Bonn-Bad Godesberg – dem SIETAR-Event, auf dem alles so ganz anders war als sonst. Das Forumsmotto »Realitäten, Herausforderungen und Chancen für Veränderungsprozesse international tätiger Organisationen« hatte das Organisationsteam um Christine Wirths bewusst als Experiment und Prozess gewählt. Die Noch-Vorstandsvorsitzende gab bei ihrer Begrüßung unumwunden zu, dass die achtmonatige Vorbereitungszeit für das sechsköpfige Team ein Lernprozess war, der sich analog zum Symbol des Forums – die Entwicklungsstadien eines Schmetterlings – für alle Beteiligten spürbar vollzog. Einen ebensolchen Lernprozess wünschte sich das Vorbereitungsteam nach Forumsabschluss auch als Ergebnis für alle Teilnehmer. Hierfür bildeten das ungewöhnliche Setting des Plenarsaales und der aus der Gestalt-Organisationsberatung entlehnte Moderationsansatz schon mal ideale Voraussetzungen. Erstaunlich schnell konnten die Potenziale der Teilnehmer gleich zu Beginn des Forums in lockerer Atmosphäre und guter Stimmung aktiviert werden. Da scheute sich auch niemand in aller Öffentlichkeit sich der Altersgruppe zuzugesellen, die beispielsweise schon ziemlich weit fortgeschritten war – etwa den mondial 1/08 Die Kultur darf nicht auf der Strecke bleiben Der Entwicklungsprozess, der hier zum Tragen kommen muss, ist der, den Professor Saner kurz und bündig so beschrieben hat: unfreeze – conform – refreeze. Er berief sich dabei auf den bedeutenden Gestaltpsychologen Kurt Lewin (1890–1947). Genau wie herkömmliche Strukturen in Organisationen und Unternehmen im Wandel begriffen sind, trifft dies auch auf Berufsbilder zu, beispielsweise dasjenige des interkulturellen Trainers. Die Herausforderungen in Wirtschaft und Industrie sind komplexer geworden, die Zeitfelder kürzer, immer schneller abrufbare Lösungen sind gefragt. Daher sei es auch nicht verwunderlich, dass engagiert arbeitende interkulturelle Trainer in letzter Zeit immer häufiger die Beobachtung machten, gleichzeitig als Berater, Begleiter, Coach, ›Facilitator‹, ›Change-Agent‹ oder Mentor gefragt zu sein, insbesondere wenn es um die Bereiche Organisationsentwicklung (OE), Personalentwicklung (PE) oder Veränderungsprozesse im globalen Kontext geht. Und dieser Trend verstärke sich noch, so Professor Saner. 33 liches Tool, das über drei Jahre Das Unternehmenstheater ›THEATERhinweg von der Universität NijINTERAKTIV‹ fasst durch fulminante megen aufgrund der Antworten Interpretationen Workshops des von über 3000 Teilnehmern aus SIETAR-Forums zusammen. 99 Ländern getestet wurde. Übrigens stammten die meisten Antworten von Teilnehmern aus Großbritannien und Deutschland. Breitgefächertes Workshopangebot erfährt hohe Akzeptanz Die auf zwei Tage verteilten elf Workshops waren – bis auf ein, zwei Ausnahmen – sehr praxisbezogen. Sie verlangten den Teilnehmern vielleicht gerade deswegen eine gehörige Portion Einsatz ab. Besonders die anspruchsvolle, zweieinhalbstündige Teamsimulation Shipwrecked fand großen Zuspruch. Bei dieser Übung mussten die Interkulturalisten Ambiguitätstoleranz, Risikobewusstsein sowie Team-, Problemlösungs- und Konfliktfähigkeit unter Beweis stellen und waren wirklich gefordert. Oder nehmen wir den fünften Workshop: Hier wurden die Teilnehmer mit wissenschaftlich geprüften Tools zum Testen interkultureller Fähigkeiten vertraut gemacht. Die beiden vorgestellten Tools ermöglichen eine OnlineNutzung durch in internationalen Projekten arbeitende Mitarbeiter. Auf deren quantifizierter Basis lassen sich Erklärungen für die charakteristischen Merkmale interkultureller Kompetenz (IRC), interkultureller Sensibilität und interkultureller Lernstrategien (PICO) finden. Ein Fragenbogen mit sechzig Fragen bringt Klarheit über die vier wesentlichen Aspekte interkultureller Kompetenz: Sensibilität, Kommunikationsfähigkeit, Motivation und Bedürfnis nach Sicherheit. Das PICO-Profil wiederum lässt sich für vier Orientierungen im Umgang mit interkulturellen Situationen nutzen: Passt sich der Betreffende eher an, ist er proaktiv, reagiert aufmerksam, was sein Umfeld anbetrifft oder verhält er sich eher nach alten bekannten Mustern? Der International Profiler (TIP) schließlich basiert auf einem genormten psychometrischen Fragebogen, der auf zehn internationalen Kompetenzen beruht, unterteilt in 22 Dimensionen. Diese Kompetenzen filtern diejenigen heraus, die in der Lage sind, ihre beruflichen Fähigkeiten in einem, ihnen nicht vertrauten kulturellen Kontext erfolgreich umzusetzen. Die insgesamt 80 Fragen verdeutlichen, wie jeder Befragte mit seinen physischen Kräften, den Prioritäten und Schwerpunkten, die er setzt, umgeht. Sie sind der Schlüssel für weiteres, gezieltes Coaching. Ein absolut verläss- Forumsthematik trifft den Nagel auf den Kopf Eine ironisch zugespitzte Interpretation aller Work- shops und vieler anderer Aktivitäten der Teilnehmer/innen in den Kleingruppen und im Plenum lieferte das THEATER-INTERAKTIV aus München am Abend des zweiten Tages. Das eingespielte Team um Guido Hornig spiegelte mit erstaunlicher Könnerschaft und dem ihm eigenen Improvisationstalent treffend einzelne wahrgenommene Szenen und brachte deren Quintessenz immer genau auf den Punkt. Das Business-Theater setzte der ohnehin lockeren Atmosphäre während des Forums noch das i-Tüpfelchen auf. Während sich auf den europäischen Jahreskongressen von SIETAR 2005 und 2007 in der Mehrzahl interkulturelle Trainer tummelten, war beim SIETAR-Forum in Bonn-Bad Godesberg eine beträchtliche Zahl von Vertretern anderer Berufsgruppen anwesend, und die als interkulturelle Trainer Ausgewiesenen verfügen zugleich über ein weites Spektrum an Qualifikationen. Auf Nachfrage bestätigten viele, dass sie sich aufgrund der weit gefassten hochaktuellen Thematik spontan zur Teilnahme entschlossen hätten. So beispielsweise Andreas Keck, Leiter Management Training der Corporate University der in Stuttgart ansässigen Thales-Gruppe: »Das Thema ist brisant und topaktuell, genau deswegen bin ich hergekommen. In Zeiten der Globalisierung ist es mehr als wichtig, Veränderungen bewusst wahrzunehmen und aktiv darauf einzugehen.« Offensichtlich war er nicht der einzige, der antizipiert hatte, was dann während der dreitägigen Veranstaltung immer wieder hinterfragt wurde: »Muss der interkulturelle Trainer 34 mondial 1/08 schließende World Café – von Szene aus dem Workshop ›Tools für multikulturelle Team-Workshops‹ Sabine Bredemeyer umsichtig und dem Großgruppeninstrument und zielorientiert moderiert. Aspekte wie »Welche Frage im ›World Café‹ Kontext von Veränderungsprozessen ist für mich während des Forums neu aufgetaucht?« oder »Was von dem, was ich bis jetzt gehört habe, hat mich überrascht, irritiert und hat echte Bedeutung für meine Arbeit?« wurden engagiert diskutiert. Auch hier nahm die, durch Veränderung bedingte, Profilfindung des interkulturellen Trainers breiten Raum ein und gipfelte schließlich in dem innovativen Vorschlag von Dr. Kazuma Matoba vom Competence Center for Cross-cultural Management der Universität Witten/ Herdecke: Eine Ausbildung mit eigenem Trademark für ein neues Berufsbild zu entwickeln, die PE, OE und interkulturelles Training beziehungsweise Coaching so vernetzt, dass Interkulturalisten in Zukunft realitätsnäher arbeiten können – unter Einsatz ihrer eigenen Kultur und der des Unternehmens als ›Kraftquelle‹. Es bleibt abzuwarten, wann dies in die Realität umgesetzt werden kann und wie lange dieser Ansatz in der sich schnell verändernden Welt Gültigkeit hat. nicht auch ausreichende Erfahrung in Organisations- und Personalentwicklung beziehungsweise in der Beratung bei Veränderungsprozessen mitbringen?« Kultur als ›dritter Raum‹ – Szenario der Zukunft In der für den letzten Tag angesetzten Po- diumsdiskussion mit Experten aus Wissenschaft und Praxis ging es denn auch genau um diese Kompetenzanforderungen und darum, wo und wie sie erworben werden können. Nachdem die Megatrends der gesellschaftlichen Entwicklung im schnellen Einvernehmen ausgelotet waren – Ende des Multikulturalismus, kürzere Zeitspannen bei Veränderungsprozessen als fünfzig Jahre wie in der Vergangenheit, gestörter Umgang mit Diversität – stellte Prof. Dr. Jürgen Bolten (Universität Jena) die These auf, dass die bisherige ›amerikanische‹ Denkweise sich überholt habe und ein zunehmender Trend zum ›asiatischen‹ Denken zu beobachten sei. So wie die Moleküle sich befristet vernetzen und dann wieder auseinanderdriften, um neue Verbindungen einzugehen, so werde sich in Zukunft Leben und Arbeiten in einer globalisierten Welt abspielen. Entweder-OderDenken gebe es nicht mehr. Die Fesseln der eigenen Sozialisation müsse man abwerfen, strategische Allianzen bilden, kurzfristiger planen und zu einer kohäsiven Diversität kommen. Aus dem Strukturdenken werde schließlich Prozessdenken. Die Folge: Training und Coaching vernetzen sich immer enger. Die globale, nicht die nationale Prozessgestaltung sei in Zukunft gefragt. Die kommunikativen Prozesse müssten mit Sensitivität gestaltet werden, der Umgang mit Unsicherheit ständig auf ’s Neue geübt werden, so Professor Bolten. Karin Glatzel vom Management Zentrum Witten legte Wert auf ganzheitliches Denken sowie auf Nachhaltigkeit in Kommunikationsprozessen, damit man letztlich zu einer ›dritten Kultur‹, einer ›cross-kulturellen Plattform‹ gelange. Sie plädierte dafür, bereits in den Schulen hiermit zu beginnen. Diese Ansätze boten ausreichend Gesprächsstoff für das sich an- mondial 1/08 Autorin Stéphanie Stephan, Studium der englischen, französischen und niederländischen Sprache, Fachgebiet Wirtschaft (Leiden und Erlangen), Redakteurin bei Journalistes en Europe in Paris sowie bei der ersten europäischen Wirtschaftszeitung VISION (Verlag Hachette, Paris) und beim manager magazin, Hamburg, Pressesprecherin einer halbstaatlichen Wir tschaftsorganisation mit Sitz in Hongkong. Freiberufliche PR-Beraterin (DPRG), Übersetzerin und Dolmetscherin (staatl. geprüft), DaF- und Interkulturelle Trainerin. Kontakt ik@stephaniestephan.com · www. stephaniestephan.com Fotos © Frank Morawski 35 »Wie beeinflusst die Globalisierung Kulturen, wie formen Kulturen die Globalisierung?« SIETAR-Weltkongress in Granada, 22.–29. Oktober 2008 Candela Julia Fernández und Mete Atam gen, Kunst oder auch Beispielen von erfolgreichen interkulturellen Initiativen zu präsentieren. Der erste Weltkongress von SIETAR, dem weltgrößten interdisziplinären Netzwerk für Professionelle und Studierende im Bereich interkultureller Beziehungen, findet vom 22. bis 29. Oktober im spanischen Granada statt. Das Kongress-Thema »Wie beeinflusst die Globalisierung Kulturen, wie formen Kulturen die Globalisierung?« zielt auf den kulturellen Einfluss von Märkten, Politik, Religion und sozialen Umgebungen weltweit. Zum Kongress werden bis zu 1000 Teilnehmerinnen und Teilnehmer erwartet. Ergebnisse im Fokus Die einzelnen Bereiche des Kongresses werden von interkulturellen Profis aus der ganzen Welt präsentiert. Sie sind zugeschnitten auf die professionellen Anforderungen von Wirtschaftsführern, Personalmanagern, erfahrenen Interkulturalisten oder auch Neulingen in diesem Bereich, genauso wie auf die Bedürfnisse von NGOs oder Regierungsrepräsentanten. Tagungsort mit Symbolwirkung Als Austragungsort für den Weltkongress 2008 wurde Granada ausgewählt. Die schöne und kulturell reiche Stadt erinnert uns mit ihren Monumenten an die ›goldene Zeit‹, als Muslime, Juden und Christen gemeinsam eine historisch herausragende Kultur schufen. Somit ist Granada heute ein Symbol für uns, wie kultureller Austausch und fruchtbare Zusammenarbeit helfen können, unsere zerissene und umweltgefährdete Welt besser zu gestalten und weiter zu entwickeln. Der Veranstaltungsort – der ultramoderne Palacio de Exposiciones y Congresos de Granada – ist eine geräumige Oase des Lernens und Netzwerkens mitten im lebendigen Stadtzentrum. Themenfelder Einige der aufgeworfenen und diskutierten Fragen des Kongresses werden sein: Was bedeutet es, ein ›globaler Bürger‹ zu sein? • Welche Dynamik entsteht im Spannungsfeld von globaler Unternehmenskultur und rivalisierenden Wertesystemen? • Wie können wir unser Verständnis von globaler Wirtschaft, Politik und Religion durch kulturelle Veränderungen verbessern? • Wie können interkulturelle Fähigkeiten und Kompetenzen dazu beitragen, kulturbedingte Konflikte zu lösen? • Wie interagieren die Kulturen von Gruppen und Gemeinschaften mit den Kräften der wirtschaftlichen und politischen Homogenisierung? • Welche Einflüsse hat die weltweite kulturelle Vielfalt auf Führungskräfte, Trainer, Politiker von heute, genauso wie auf die nächste Generation? • Wie kann in einer zunehmend globalisierten Umgebung die persönliche, gemeinschaftliche oder nationale Identität erhalten, bereichert und vermittelt werden? • Welche psychologischen, spirituellen, kulturellen oder sonstigen Ressourcen brauchen Menschen, um in einer globalen, instabilen Umgebung zu bestehen? • Was ist die Kultur der ›Interkulturellen‹? • Welche kulturellen Faktoren formen den Globalisierungsprozess, und wie können sie beeinflusst werden? • Wie kann Kultur in virtuellen Welten behandelt werden? Globale Themen, globale Meinungen Teilnehmer aus der ganzen Welt kommen zusammen, um durch Besprechungen, Workshops und Keynotes ihren Horizont in Fragen der Globalisierung zu erweitern, ergänzt um verschiedene Events vor und nach dem Kongress. Dabei ist SIETAR auf öffentliche und private Sponsoren angewiesen, um auch denjenigen Interessenten eine Teilnahme zu ermöglichen, deren Einkommen eine Beteiligung andernfalls nicht gestatten würde. Aussteller/innen sind eingeladen, ihre interkulturellen Beiträge in Form von Veröffentlichungen, akademischen und außeruniversitären Schulungsprogrammen und Fortbildun- Nähere Informationen und Programmhinweise unter www.sietarglobal2008.org 36 mondial 1/08 Fachsprachen und Interkulturalität in Studium und Beruf – LSP and Intercultural Challenges in Educational and Professional Settings SIETAR-Kooperationsworkshop Bürgerschaftliches Engagement interkulturell vernetzen 27. September 2008 im Bürgerinstitut Frankfurt Oberlindau 20, 60323 Frankfurt am Main In einem Dialogforum sollen Arbeitsweisen und Erfahrungen in der Freiwilligenarbeit ausgetauscht werden. Die in Frankfurt ansässige Freiwilligenagentur Büroaktiv möchte ihre Beziehungen ausbauen zu lokalen Organisationen, in denen sich Frankfurter mit Migrationshintergrund ehrenamtlich engagieren. Ziel ist das interkulturelle Vernetzen und Erkunden, ob es Kooperationsmöglichkeiten gibt. Ein internationales Symposium, das im Rahmen des AILA-Kongresses am 26. August 2008 in Essen stattfindet. Im Zentrum dieses Symposiums steht zum einen die Fachkommunikation in den verschiedenen Kommunikationsbereichen von Wissenschaft, Wirtschaft und Technik und zum anderen auch die Vermittlung von Fachsprachen unter dem Aspekt der Globalisierungsprozesse und einer zunehmenden Interkulturalität in der Gesellschaft. Für Rückfragen steht Ihnen Ruth Habermehl gerne zur Verfügung: habermehl@sietar-deutschland.de, Tel. 0171 - 793 11 21 Ziel ist es, Wissenschaftlern und Sprachlehrern eine Plattform zur Diskussion ihrer Erfahrungen zu bieten, Forschungsergebnisse zur interkulturell und kontrastiv ausgerichteten Fachsprachenforschung vorzustellen und Perspektiven für eine bedarfsgerechte Vermittlung von Fachfremdsprachenkenntnissen für die verschiedenen Zielgruppen aufzuzeigen. NIC08 – Interdisziplinäre Fachtagung der Anbieter interkultureller Weiterbildungen Die Symposiumsbeiträge setzen sich mit der interkulturellen Problematik der Fachkommunikation in schriftlichen und mündlichen Textsorten auseinander, widmen sich dem Fachwissenstransfer in der fachinternen, interfachlichen und fachexternen Kommunikation und zeigen Möglichkeiten zur Überwindung von Sprach- und Kulturbarrieren durch Fachkursgestaltung auf. 30. September und 1. Oktober 2008, Donau-Universität Krems Die Veranstaltung versteht sich als Vernetzungskonferenz der Anbieter interkultureller Weiterbildungsprogramme sowie jener Personen, die in Forschung und Lehre zum Thema Interkulturalität arbeiten. Darüber hinaus wendet sie sich an alle, die sich über interkulturelle Bildung in Österreich informieren möchten. Mehr Informationen unter www.aila2008.org Im Sinne des Networking bitten wir Sie, potentiell Interessierte aus Ihrem Netzwerk über die Veranstaltung zu informieren und/oder bereits im Vorfeld mit uns Kontakt aufzunehmen. Kontakt: Anna Breitkopf, Ph.D., Research Fellow Helsinki Collegium for Advanced Studies P.O. Box 4 (Fabianinkatu 24), 00014 University of Helsinki Tel. 00 358-9-191-2 17 38, Fax 00 358-9-191-2 45 09 anna.breitkopf@helsinki.fi Das Programm und Kooperationspartner entnehmen Sie bitte unserer Website www.donau-uni.ac.at/nic08 Die beim SIETAR FORUM in Bonn vorgestellten interkulturellen Teamtools und multikulturellen Trainertools gibt es weiterhin unter www.trainer-know-how.de – Werkzeuge zum Download traintool consult GmbH Rosenstraße 66 82024 Taufkirchen +49 (0) 89/61440182 info@traintool.de www.traintool.de Übungen, Simulationen, Checklisten und Texte für Intercultural Training von Cultural Awareness, Teamwork, Leadership, Negotiation, Projectmanagement etc. Nach ersten guten Erfahrungen mit SIETAR-Mitgliedern suchen wir weiterhin regional kompetente Trainer/Coachs zum weiteren Ausbau der Toolbox „Effectiveness in multicultural collaboration“ für internationale Manager, Projekt- und Teamleiter. Anzeige mondial 1/08 37 SIETAR Deutschland Regionalgruppen Regionalgruppe Köln/Rhein-Ruhr Martina Müller-Krüger, Tel. 0221-282 63 06 mueller-krueger@sietar-deutschland.de Termin 2. August 2008, 10.00 – 16.30 Uhr Thema und Ort wird noch bekannt gegeben. Die Regionaltreffen leben von dem Engagement der Mitglieder von SIETAR Deutschland e.V. Möchten Sie eine SIETAR-Regionalgruppe gründen oder ein nächstes SIETAR-Regionalgruppentreffen organisieren? Bei Anregungen oder Fragen wenden Sie sich bitte an Sabine Wagner (Mitglied des Vorstands und bundesweite Ansprechpartnerin für Regionalgruppen). Tel. 089-75 96 78 38, wagner@sietar-deutschland.de Regionalgruppe Frankfurt/Rhein-Main/Unterfranken Sabine Speiser, Tel. 069-48 98 69 79 speiser@interculture-management.de Walter Jahn, walterjahn@t-online.de Madalène Lévy, Tel. 040-18 03 77 77 magdalene.levy@online.de Die Regionalgruppentreffen finden alle zwei Monate, jeweils am zweiten Samstag im Monat, von 12.00 bis 17.00 Uhr an wechselnden Orten statt. Termin 27. September 2008, 14.00 – 18.00 Uhr Termine 09. August 2008, 12.00 – 17.00 Uhr Thema und Ort bitte bei Madalène Lévy erfragen. Thema: »Internationalisierung«, vorgestellt von N.N. Regionalgruppe Berlin/Brandenburg 11. Oktober 2008, 12.00 – 17.00 Uhr Thema: »Conflict Resolution Approach«, vorgestellt von Heike Kahles Regionalgruppe Hamburg/Nord Stefan Meister/ Sumaiah El-Said, Tel. 030-788 66 61 elsaid@intercultures.de Termin 29. September 2008, 19.00 Uhr 13. Dezember 2008, 12.00 – 17.00 Uhr Thema: »Tops und Flops in der Arbeit mit multikulturellen Teams«, vorgestellt von Katrin Wulf Themen: »Globe Study«, vorgestellt von Sumaiah El-Said Ort: Mitte Consult, Rheinhardstr. 18, 10117 Berlin Weitere Themen, Termine und Orte bitte bei Sabine Speiser erfragen. Weitere Themen, Termine und Orte bitte bei Sumaiah El-Said erfragen. Regionalgruppe München Sabine Wagner, Tel. 089-75 96 78 38 wagner@sietar-deutschland.de Regionalgruppe Rhein-Neckar/Baden Gesa Krämer, Tel. 0170-730 41 82 gesa.kraemer@culture-coaching-training.de Die Regionalgruppentreffen finden jeweils um 18.30 Uhr im Zapatto, direkt im Hauptbahnhof Mannheim statt. Die Regionalgruppentreffen finden circa 6-wöchentlich statt. Ort: Haus des Deutschen Ostens, Am Lilienberg 5 (S-Bahn Rosenheimer Platz), immer donnerstags ab 18.30 Uhr Termine 10. September 2008, 18.30 Uhr Termine 11. September 2008 Thema: »Erasmus und Austauschprogramme: stereotypenbildend?« Thema: »Die Praxis des Dialogs im interkulturellen Training«, vorgestellt von Katarzyna Anna Brdej 12. November 2008, 18.30 Uhr Thema: »Kulturerfassungsansätze und ihre Anwendung im Training« 09. Oktober 2008, Thema nicht bekannt Weitere Themen, Termine und Orte bitte bei Gesa Krämer erfragen. Weitere Themen bitte bei Sabine Wagner erfragen. Detaillierte Einladung 14 Tage vor Termin. 20. November 2008, Thema nicht bekannt 38 mondial 1/08 Impressum mondial SIETAR-Journal für interkulturelle Perspektiven Herausgegeben von SIETAR Deutschland e.V. Vereinsnummer: VR 5517 · Postfach 31 04 16 · 68264 Mannheim www.sietar-deutschland.de mondial (vormals SIETAR Journal, ISSN 1860-9619) erscheint zweimal jährlich im April und Oktober. Redaktionsschluss ist sechs Wochen vor Erscheinungsdatum. Chefredaktion Friederike von Denffer · Berlin · denffer@mondial-journal.de Dr. Ulrich Bauer · Bayreuth · bauer@mondial-journal.de Anzeigen Joanna Balinska · Berlin · balinska@mondial-journal.de Satz und Layout Dirk Biermann · Potsdam · biermann@potsdam.de Druck GS Druck und Medien GmbH · Potsdam Redaktionsadresse Friederike von Denffer · Wundtstraße 68 · 14057 Berlin Tel. 030-30 10 81 08 · Fax 030-30 81 97 44 Copyright Die Redaktion ist bestrebt, in allen Publikationen die Urheberrechte zu beachten. Sofern nicht anders angegeben, liegen die Copyrights von Texten, Abbildungen und Grafiken bei den Autor(inn)en bzw. Verlagen. Jede Verwendung in anderen als den gesetzlich zugelassenen Fällen bedarf der vorherigen schriftlichen Einwilligung der Copyright-Halter/innen. ISSN 1867-0253 Vorschau auf die kommende Ausgabe mondial 2/08 Themenschwerpunkt: Geschlechterrollen im interkulturellen Kontext Erscheinungsdatum: 01. Oktober 2008 Redaktionsschluss: 15. August 2008 Bitte wenden Sie sich mit Anregungen und Ideen für Beiträge an die Redaktion. Anzeige mondial 1/08 39 SIETAR im Internet SIETAR Europa www.sietar-europa.org SIETAR Deutschland www.sietar-deutschland.de SIETAR Österreich www.sietar.wu-wien.ac.at SIETAR Großbritannien www.sietar.org.uk SIETAR Frankreich www.sietar-france.org SIETAR Niederlande www.sietar.nl SIETAR USA www.sietarusa.org SIETAR Canada www.sietar.bc.ca SIETAR Japan www.sietar-japan.org SIETAR Middle East/Gulf www.sietar-me.org Global SIETAR www.sietar.org Young SIETAR www.youngsietar.org