Ganzheitliche Tiermedizin ZGTM 01/2014

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Ganzheitliche Tiermedizin ZGTM 01/2014
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Satz
Herst.
Datum
Ziegler + Müller
C. Idalinya
21.02.2014
Ganzheitlicher Exkurs
Biologische Behandlung als Therapieoption
bei equinem Cushing-Syndrom
Therapieansätze und Fallbeispiele aus der Praxis
Zusammenfassung
Mit zunehmendem Alter erkranken Pferde
häufig am equinen Cushing-Syndrom
(ECS). Als Therapie werden konventionell
in der Regel Pergolid-Präparate eingesetzt. Adjuvant oder als alleinige Therapie
bietet sich eine biologische Behandlung
an, die als Basistherapie Hypophysis suisInjeel oder Glandula suprarenalis-Injeel je
nach Ernährungszustand einsetzt, dazu als
Katalysator-Präparat Coenzyme compositum bzw. Ubichinon compositum. Zusätzlich werden weitere 1–2 Präparate je nach
vorherrschenden Symptomen des individuellen Falles angewandt, um die individuelle Symptomatik möglichst gut abzudecken. Anhand von 3 Fallbeispielen wird
die Wirkung dieser biologischen Behandlung als alleinige oder adjuvante Therapie
aufgezeigt.
Auch in der Pferdepraxis gehören in zunehmendem Maße geriatrische Patienten
zum Alltag. Dies beruht vor allem auf dem
veränderten Stellenwert des Pferdes:
Während früher die Wirtschaftlichkeit
des Arbeitstieres im Vordergrund stand,
bestimmen heute eher emotionale Aspekte das Verhältnis zum Pferd als Freizeitund Sportpartner. Wenn die Pferde altersbedingt nicht mehr geritten werden können, werden viele Tiere noch lange Zeit
als Pensionäre gehalten. Kontinuierliche
Verbesserungen der Haltung, Ernährung
und tierärztlichen Gesundheitspflege, beispielsweise durch regelmäßige Zahnbehandlungen, ermöglichen oft eine langjährige Haltung alter Pferde bei guter Lebensqualität.
ECS – unterschätztes Problem
bei älteren Pferden
Ältere Pferde erkranken häufig an einem
equinen Cushing-Syndrom (ECS). Meist
wird die Erkrankung im Alter von 18–20
Jahren festgestellt, seltener bei Pferden
unter 10 Jahren. Die Prävalenz beträgt laut
Untersuchungsergebnissen aus Australien
und den USA bei Pferden über 15 Jahren
15–30% [4, 23]. Man geht von einer großen
Dunkelziffer aus, da die Erkrankung bei
Pferdebesitzern weitgehend unbekannt
ist [21]. Ein ECS betrifft beide Geschlechter
und alle Rassen gleichermaßen, wobei gelegentlich von einer erhöhten Disposition
bei Ponies und den in Amerika verbreiteten Morgan-Pferden berichtet wird [30].
Dysfunktion der Hypophyse
Bei Mensch und Hund wird ein CushingSyndrom meist durch ein Adenom in der
Pars distalis der Hypophyse verursacht.
Im Gegensatz hierzu liegt dem equinen
Cushing-Syndrom primär eine neurodegenerative Erkrankung des Hypothalamus
zugrunde. Zur Abgrenzung des ECS gegenüber der Cushing-Erkrankung bei Mensch
und Hund setzt sich – besonders im angloamerikanischen Raum – die Bezeichnung
„Dysfunktion der Pars intermedia der Hypophyse“ beziehungsweise „Pituitary Pars
Intermedia Dysfunction“ (PPID) immer
mehr durch [27].
Die Pars intermedia der Hypophyse
wird durch dopaminerge Neuronen des
Hypothalamus innerviert. Sie besteht aus
melanotropen Zellen, die das Protein
Proopiomelanocortin (POMC) produzieren. Hierbei handelt es sich um ein Prohormon, das gewebespezifisch in zahlreiche
Peptidhormone aufgespalten werden
kann, z. B. in das Adrenocorticotropin
(ACTH), das Corticotropin-like intermediate Peptide (CLIP), Melanozyten-stimulierende Hormone (MSH), γ-Lipoprotein
(LPH) und β-Endorphin [15, 17].
Das ECS beruht vermutlich auf einer
Degeneration der dopaminergen Hypo-
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thalamus-Neuronen durch Alter und/oder
oxidativen Stress. Durch die mangelnde
Dopaminzufuhr aus dem Hypothalamus
verliert die Pars intermedia der Hypophyse ihre endokrine Kontrollfunktion. Es resultiert eine Überproduktion an POMCAbkömmlingen wie ACTH und MSH [17].
Bei der Sektion bzw. der histologischen
Untersuchung von Pferden mit einem fortgeschrittenen ECS fallen Strukturveränderungen der Pars intermedia der Hypophyse auf: Hyperplasie, Hypertrophie,
Makro- und Mikroadenome mit zellulären
Entartungen [20, 27, 30]. Die klinische
Symptomatik des ECS wird also sowohl
durch mechanischen Druck der Hypophysenveränderungen auf die umliegenden
Strukturen als auch durch die endokrinologischen Konsequenzen der unphysiologischen Hormonkonzentrationen hervorgerufen [10].
Hirsutismus als Leitsymptom
Die klinischen Symptome des ECS sind
sehr vielfältig und teilweise uncharakteristisch. Lediglich der Hirsutismus (lat. hirsutus = haarig) gilt als pathognomonisch
[24]. Er tritt bei 55–80 % der an ECS erkrankten Pferde in Form eines abnormal
langen und teilweise gekräuselten Fells
auf. Der Fellwechsel ist unvollständig, verzögert oder fehlend. Auch Veränderungen
der Fellfarbe werden beobachtet [26, 27].
Der Pathomechanismus des Hirsutismus
ist unbekannt.
Außerdem schwitzen betroffene Pferde
häufig übermäßig, besonders an Schulter
und Hals. Als Ursache dieser Hyperhidrosis
wird neben dem langen Fell eine zentral
gestörte Thermoregulation angenommen
[17]. Als weitere Symptome des ECS können Polydipsie/Polyurie, Anfälligkeit für
Infekte und Entzündungen, Wundheilungsstörungen, herabgesetzte Leistungs-
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fähigkeit, Lethargie, neurologische Symptome und Unfruchtbarkeit hinzutreten
[17, 26, 28].
Pferde mit einem equinen CushingSyndrom weisen darüber hinaus oft weitere Veränderungen des äußeren Erscheinungsbildes auf, die auf einer Muskelatrophie als Folge eines Proteinkatabolismus
beruhen [26]. Besonders auffällig ist die
Entstehung eines Pendelabdomens bei
einer Sarkopenie der Rückenmuskeln [1,
31]. Die Pferde verlieren an Gewicht, obwohl sie normal oder sogar mehr fressen
[26]. Durch Störungen des Fettmetabolismus kommt es bei zahlreichen Tieren auch
zu lokalen Fettablagerungen in Mähnenkamm, Kruppe, Präputium, Gesäuge und
über den Augen [5]. Unter den Pferden
mit einem equinen Cushing-Syndrom
kann man folglich sowohl kachektische
Tiere als auch übergewichtige Tiere mit
abnormalen Fettdepots sehen.
Bei vielen Pferden mit einem ECS entwickelt sich ein metabolisches Syndrom
(EMS). Beim EMS kommt es zu einer Insulinresistenz, d. h. dass der Organismus auf
endogen oder exogen zugeführtes Insulin
nicht mehr mit einer Glukoseaufnahme
reagiert [29]. Als Ursache für die Entstehung einer Insulinresistenz im Rahmen
des ECS wird eine ACTH-bedingte Überproduktion von Insulin diskutiert, die zu
einer Herabregulation der Insulinrezeptoren an den Zellen führt [13, 27].
EMS: Begleiterscheinung oder
eigenständige Erkrankung?
Die genaue Abgrenzung zwischen ECS und
EMS kann Schwierigkeiten bereiten. Man
sah früher das metabolische Syndrom als
Bestandteil des equinen Cushing-Syndroms an, betrachtet es heute aber als
eigenständiges Krankheitsbild. Ein wichtiger Unterschied zwischen beiden Krankheiten besteht hinsichtlich der Insulinwirkung: Beim EMS besteht eine Insulinresistenz als primäre adipositasbedingte Endokrinopathie, während die meisten Pferde
mit einem ECS keine primäre Insulinresistenz aufweisen.
An einem EMS erkranken meist jüngere
Pferde. Es fehlen die typischen ECS-Symptome wie Hirsutismus, Störungen des Fellwechsels, Hyperhidrosis, Polyurie/Polydipsie und Muskelatrophie ebenso wie erhöhte ACTH-Spiegel [9, 26]. Jedoch können
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beide Erkrankungen nebeneinander auftreten, oder ein Pferd mit einem metabolischen Syndrom kann später ein ECS entwickeln [9].
Sowohl Pferde mit ECS als auch mit
EMS weisen ein deutlich erhöhtes Risiko
auf, an einer Hufrehe zu erkranken. Als
Ursache vermutet man beim ECS eine glukokortikoidbedingte Minderdurchblutung
des Hufs [14] und bei beiden Erkrankungen eine toxische Insulinwirkung, d. h.
dass es durch eine dauerhafte Hyperinsulinämie zu einer Vasokonstriktion kommt
[25]. Das Risiko einer Hufrehe steigt bei
ECS-Pferden mit zunehmender Erkrankungsdauer deutlich an. Die Angaben zur
Rehehäufigkeit bei Pferden mit ECS reichen von 24–82 % [3].
Diagnose des ECS
Bei Pferden mit einem ausgeprägten Hirsutismus wird die Diagnose meist aufgrund des klinischen Bildes gestellt [26].
Fehlen deutliche Fellveränderungen kann
die Krankheitsfeststellung eine Herausforderung sein. Spezifische Blutbildveränderungen sind bei einem ECS nicht vorhanden.
Der lange Zeit als Goldstandard angesehene Dexamethason-Suppressionstest
wird heute kontrovers diskutiert und seine Spezifität und Sensitivität als nicht ausreichend angesehen [8]. Wegen der für
den Test nötigen Dexamethason-Applikation fürchtet man die Gefahr der Provokation oder Verschlimmerung einer Hufrehe.
Auch kann es unter Praxisbedingungen
schwierig sein, 2 Blutentnahmen in dem
engen Zeitrahmen von 17–19 Std. Abstand
durchzuführen [12, 26].
Die Messung der ACTH-Konzentration
ist derzeit die Methode der Wahl für die
ECS-Diagnose [16, 17, 26]. Bei Pferden mit
equinem Cushing-Syndrom ist ACTH deutlich erhöht, und die Erhöhung schreitet
mit zunehmender Hyperplasie der Pars
intermedia weiter voran [2]. Für die Diagnose reicht eine einmalige ACTH-Bestimmung in der Regel aus. Mit falsch positiven
Ergebnissen ist bei gestressten und stark
belasteten Pferden (z. B. mit Hufrehe) zu
rechnen. Außerdem sind die ACTH-Konzentrationen physiologisch in den Monaten August bis Oktober erhöht [2, 17, 26].
Auch falsch negative Ergebnisse werden
in der Literatur erwähnt. Die Probe kann
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zu jeder Tageszeit beim nicht nüchternen
Pferd entnommen werden. Früher erforderliche Vorsichtsmaßnahmen bezüglich
Probennahme, ‑kühlung und ‑transport
sind bei Verwendung spezieller Blutröhrchen (Aprotinin-Beschichtung) nicht mehr
nötig.
Zusätzlich zur ACTH-Messung ist eine
Insulinbestimmung beziehungsweise ein
kombinierter Glukose-Insulin-Test (CGIT)
wünschenswert, da 40% der ECS-erkrankten Pferde eine Hyperglykämie und Insulinämie aufweisen [3]. Zwar besteht keine
Korrelation zwischen Glukose-/InsulinWerten und ACTH [3], jedoch erleichtert
die Kenntnis des CGIT sowohl die Prognose
als auch die Therapie. Außerdem gilt der
CGIT als Indikator für eine Hufrehe [8]: Im
Laufe der Erkrankung entwickeln Pferde
mit ECS häufig eine Insulinresistenz, die
als Risikofaktor für eine folgende Reheerkrankung angesehen werden kann. Die
Ergebnisse des CGIT-Tests werden durch
eine Behandlung mit Pergolid nicht beeinflusst [3].
Konventioneller
Therapieansatz
Das Arzneimittel der Wahl stellt beim
equinen Cushing-Syndrom der DopaminAgonist Pergolid dar, der zur Behandlung
der Parkinson-Krankheit beim Menschen
verwendet wurde. Pergolid wirkt dem
Verlust der dopaminergen Innervation
entgegen und hemmt die Produktion von
POMC [7, 24, 28]. Schott [26] empfiehlt
eine anfängliche Dosierung von einmal
täglich 2 µg/kg (= 1 mg/Tag pro 500 kg KG).
Als Nebenwirkungen werden Anorexie,
Diarrhö oder Kolik beschrieben, wobei die
Häufigkeit der Nebenwirkungen mit steigender Dosierung zunimmt. Besonders
häufig ist eine Anorexie in der ersten Behandlungswoche, die meist durch eine
Dosishalbierung über 3–5 Tage aufgefangen werden kann [24, 27].
Eine ACTH-Kontrolle nach etwa 4 Wochen wird angeraten. Bei ungenügendem
Ansprechen der Therapie kann die Dosis
in Schritten von 2 µg/kg allmählich bis maximal 10 µg/kg gesteigert werden [27].
Pergolid muss lebenslang verabreicht
werden; ACTH-Kontrollen sind alle 6 Monate angezeigt.
Zeigt die Behandlung mit Pergolid keinen Erfolg, kann eine Therapieergänzung
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verzögerter
Fellwechsel,
Hirsutismus
Basistherapie
Erkrankungstyp
Apathie/
Leistungsabfall
Symptome
ECS
adipöser Typ
kachektischer Typ
Hypophysis suis-Injeel
Glandula suprarenalis-Injeel
Polydipsie/
Polyurie
Das Ziel einer biologischen Therapie bei
ECS, sei sie begleitend oder allein angewandt, ist die Verbesserung der klinischen
Symptome und damit die Erhöhung der
Lebensqualität der Pferde. Im Vordergrund
stehen dabei – neben den intermediären
Katalysatoren – auf die pathogenetisch
beteiligten Organe wirkende, potenzierte
Organpräparate.
Basistherapie
Ausgehend vom eher adipösen oder eher
kachektischen Ernährungszustand und
damit Erkrankungstyp des Patienten wird
ein unterschiedliches Basismittel gewählt
( Abb. 1).
Adipöser Typ
Dem adipösen Typ entspricht Hypophysis suis-Injeel, in dessen Arzneimittelbild hypopyhsäre Adipositas und Störungen der Bindegewebsfunktion im Vordergrund stehen.
Kachektischer Typ
Zum kachektischen Typ passt Glandula
suprarenalis suis-Injeel, in dessen Arzneimittelbild Erschöpfungszustände, Muskelschwund, Morbus Addison sowie Hypotonie und Vagotonie enthalten sind.
Abb. 2 Wichtige Symptome des equinen Cushing-Syndroms für die Bestimmung der individuellen Zusatztherapie. © Tina Wassing
Weitere Basismittel zur Anregung der
enzymatischen Abläufe sind die intermediären Katalysatorenpräparate Coenzyme
compositum und Ubichinon compositum.
Sie aktivieren den Stoffwechsel und setzen
blockierte Zellstoffwechsel- und Enzymfunktionen wieder in Gang. Außerdem
wirken sie dem oxidativen Stress entgegen, der für die Degeneration der dopaminergen Hypothalamus-Neuronen verantwortlich gemacht wird [11, 18].
Zusatztherapie nach individuellem
Symptombild
Zusätzlich zu den Präparaten dieser Basistherapie werden weitere, auf die individuell vorliegende Symptomatik abgestimmte
Arzneimittel ausgewählt. Die wichtigsten
für eine symptomatische Behandlung zu
berücksichtigenden
Krankheitserscheinungen sind in Abb. 2 dargestellt.
Dosierung und Verabreichung
Je nach Gewicht des Pferdes werden von
den ausgewählten Präparaten zwischen
3 ml (Pony, Kleinpferd) und 5 ml (Großpferd) je Präparat eingesetzt. Die Dosis je
Präparat ist somit unabhängig vom Präparat bei gegebenem Körpergewicht des
Pferdes immer gleich. Eine Mischinjektion
ist problemlos möglich, sie erfolgt in der
Regel subkutan.
Um die individuellen Begleitsymptome
des einzelnen Pferdes therapeutisch anzugehen, werden zusätzlich zur Basistherapie 1 oder 2 zur vorliegenden Symptomatik passende Präparate mit eingesetzt
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( Abb. 3). Im Folgenden wird zu einzelnen Symptomen eine Auswahl passender
Präparate vorgestellt.
Verzögerter Fellwechsel und
Hirsutismus
Die wenigsten Pferde zeigen direkt bei Beginn der Erkrankung einen generalisierten
Hirsutismus. Vielmehr fällt den Besitzern
anfangs häufig ein zunehmend verzögerter Fellwechsel auf, wobei das Sommerfell
länger und dichter bleibt oder einzelne
Fellpartien gar nicht gewechselt werden.
In diesem Stadium reicht die organotrope
Stimulierung des Hautstoffwechsels in
Kombination mit der Basistherapie. Zur
Verbesserung des Hautstoffwechsels kommen in erster Linie Cutis compositum
(Amp.) und Hautfunktionstropfen N (Cosmochema) zum Einsatz ( Abb. 4).
Bleibt der erwünschte Erfolg mit der
organotropen Behandlung aus, oder ist bereits wie beim ausgeprägten Hirsutismus
der Gesamtstoffwechsel massiv mitbetroffen, müssen die Mittel tiefgreifender gewählt werden. Hierfür sind Mittel geeignet, die die Konstitution des Patienten mit
berücksichtigen. Die Anwendung solcher
konstitutionell passenden Mittel bringt
dann mehr klinisch sichtbaren Erfolg als
die organotrope Anregung des Hautstoffwechsels. In der Regel ist ein Konstitutionstyp bereits in der Jugend angelegt
und tritt im Alter anhand zunehmender
Symptome deutlicher zu Tage.
In Abb. 5 werden einige Auswahlkriterien für häufige Konstitutionsmittel bei
Wassing, Biologische Behandlung als Therapieoption bei equinem Cushing-Syndrom
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Abb. 1 Basistherapie des equinen Cushing-Syndroms. © Tina Wassing
Biologische Therapie
abnormale
Fettdepots
Muskelatrophie
immer als Bestandteil der Basistherapie:
Coenzyme comp. und Ubichinon comp.
zur Anregung des Zellstoffwechsels
um den Serotonin-Antagonisten Cyproheptadin [24] oder ein Wechsel auf eine
Monotherapie mit Trilostan [22] angezeigt
sein.
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verzögerter Fellwechsel, Hirsutismus
je nach Größe des Pferdes pro Präparat 3–5 ml
Basistherapie nach Krankheitstyp/Ernährungszustand
Hypophysis suis-Injeel
(adipös)
Glandula suprarenalis-Injeel
oder
(kachektisch)
Basistherapie zur Anregung des Energiestoffwechsels
Coenzyme comp.
Ubichinon comp.
verzögerter Fellwechsel,
regional persistierendes
Winterfell; Gesamtkonstitution
nicht betroffen
parenteral:
Cutis
compositum
individuelle Zusatztherapie der Begleitsymptome
oral:
Hautfunktionstropfen
(Cosmochema)
je nach dominierenden Symptomen 1–2 zusätzliche Präparate
Abb. 3 Gesamttherapie aus Basistherapie und individueller Zusatztherapie.
© Tina Wassing
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Arsenicum album
generalisierter Hirsutismus,
Gesamtkonstitution
mit betroffen
Konstitutionsmittel –
bei ECS-Pferden häufig eines
der folgenden:
Arsenicum album, Sepia
(kachektischer Typ)
Calcium carbonicum, Graphites
(adipöser Typ)
Abb. 4 Biologische Therapie bei Hirsutismus bzw. verzögertem Fellwechsel.
© Tina Wassing
Sepia
Calcium carbonicum
Graphites
kachektisch, hager und
hochsensibel, pedantisch
kachektisch, unharmonischer Körper, schlaffes
Bindegewebe, lustlos
adipös, klobig gebaut,
groß und schwerfällig
fett, aber nicht kräftig,
kein Ehrgeiz
Haut rau und schuppig,
trocken wie Pergament
Haut rau und borkig, besonders an belasteten Stellen
(Sporen, Stollbeule)
Haut kalt, Schweißneigung
in der Ruhe, schlecht heilend,
Neigung zu Eiterung
Haut rissig mit klebrigem
Exsudat, heilt langsam, eingerissene und verdickte Hufe
mäkeliger Fresser, großer
Durst, aber trinkt immer nur
in kleinen Mengen
Heißhunger wechselt mit
Inappetenz
fressen gerne und viel,
brauchen aber viel Zeit
zum Kauen
immer Appetit, verfressen
große Unruhe, nervös und
ängstlich
reizbar, empfindlich, traurig
lernt langsam, reaktionsarm
und träge
reizbar bei Störung seiner
Ruhe
Bewegung verschlechtert
Bewegung verbessert
Abb. 5 Häufige Konstitutionsmittel bei ECS-Pferden: typische Merkmale. © Tina Wassing
ECS angeführt, nämlich Arsenicum album
und Sepia für den kachektischen Typ sowie
Calcium carbonicum und Graphites für
den adipösen Typ.
Abb. 5 genannten KonstituDie in
tionsmittel werden in der Regel als Hochpotenz (z. B. als C 200) eingesetzt. Da die
Gabe von Hochpotenzen ein umfangreiches Wissen der Homöopathie und eine
ausführliche Einzelmittelanamnese voraussetzt, können Potenzenakkorde des
betreffenden Mittels zum Einsatz kommen. Die Potenzenakkorde sind deshalb
besonders geeignet, da aufgrund der darin
enthaltenen unterschiedlichen Potenzstufen oft schnellere Erfolge im Hinblick auf
die körperlich vorherrschenden Symptome erzielt werden.
Hintergrund ist, dass in vielen Fällen
für den Besitzer gerade die Verbesserung
der körperlichen Symptome im Vordergrund steht. Viele bei ECS-Pferden anzu-
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treffenden Symptome sind bei der Einzelmittel-Repertorisierung nicht individuell
und besonders, sondern entsprechen dem
typischen Erkrankungsbild. So ist ein vermehrter Durst bei vorliegender Polyurie
kein Hinweis auf ein bestimmtes Arzneimittel. Aufgrund dieser nicht selten bestehenden Schwierigkeit kann der Einsatz
eines nach Abb. 5 ausgewählten Mittels,
und dies gerade auch als Potenzenakkord
(Injeel-Form, z. B. Arsenicum album als Arsenicum album-Injeel), schnell zu einer
Besserung führen. Dieses Vorgehen nützt
somit dem Patienten, und es vereinfacht
besonders bei fehlender Einzelmittelerfahrung dem Therapeuten die Mittelwahl.
Die Injeel-Präparate können 1- bis 2mal wöchentlich verabreicht werden, die
klassische Einzelmittelgabe sollte nach
der ersten Gabe einer C 200 frühestens
nach 30 Tagen und erneuter Repertorisierung gegeben werden.
Wassing, Biologische Behandlung als Therapieoption bei equinem Cushing-Syndrom
Hufrehe
Außer durch eine Optimierung der Haltung und Fütterung der Pferde kann die
Hufrehe effektiv durch homöopathische
Präparate behandelt werden ( Abb. 6).
Im akuten Schub werden die Pferde,
neben einer je nach Fall und Stadium evtl.
erforderlichen konventionellen Medikation, zunächst durch Belladonna-Homaccord (hochakute Phase, häufig mit Pulsieren der Mittelfußarterien; 3- bis 4-mal
tägliche Gabe), anschließend durch Traumeel (akute Phase, 2- bis 3-mal täglich)
unterstützt; zusätzlich hat sich Nux vomica-Homaccord 1-mal täglich zur Regulation des beim ECS-Pferd meist gestörten
Stoffwechsels sehr bewährt. Nach Abklingen der hochakuten Symptome wirken
Arteria suis-Injeel zusammen mit CirculoInjeel bzw. als Tropfenpräparat ArteriaHeel besonders gegen die Durchblutungsstörungen in der unteren Extremität und
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Hufrehe
abnorme Fettdepots:
Ausleitung Lymphomyosot, Galium comp.-Heel
nach Abklingen der
akuten Symptome
chronisch
BelladonnaHomaccord (hochakute Phase),
Traumeel (akute
Phase), Nux vomicaHomaccord (Regulation Stoffwechsel)
oral: Arteria-Heel
parenteral: CirculoInjeel,
Arteria suis-Injeel
Calcium fluoratum,
Silicea
je nach Stadium,
ggf. adjuvant zur
konventionellen
Behandlung
Anregung und
Regulierung der
Durchblutung
Regeneration von
Hornqualität und
Hufwachstum
Hypothyreose
Abb. 6 Biologische Therapie der Hufrehe bei ECS-Pferden. © Tina Wassing
parenteral:
Glandula thyroidea
suis-Injeel
parenteral:
Fucus vesiculosusInjeel
oral:
Strumeel-Tropfen
Regulationseffekt
auf Schilddrüse;
Myxödem,
Adipositas
Drüsenschwellungen,
Adipositas,
Arteriosklerose
Anregung der
Schilddrüsenfunktion
Abb. 7 Biologische Behandlung bei abnormen Fettdepots bzw. Hypothyreose.
© Tina Wassing
regulieren die Zirkulation. Bei chronischem Verlauf kann die Regeneration von
Hornqualität und Hufwachstum durch
längere Gabe von Calcium fluoratum und
Silicea in Kombination erleichtert werden.
Bei Verdacht oder Vorliegen einer Insulinresistenz kann durch den Einsatz von
Syzygium jambolanum-Injeel (enthält den
Wirkstoff als Potenzenakkord) eine klinische Verbesserung erzielt werden. Syzygium jambolanum wird in der Humanmedizin unterstützend bei Diabetes eingesetzt;
es wirkt in niedrigen Potenzen blutzuckersenkend, in höheren Potenzen lipidsenkend und beeinflusst den Glukose- bzw.
Insulinspiegel positiv.
Werte im unteren Referenzbereich oder
darunter zeigen [3].
Abnormale Fettdepots
Bei der Bewertung dieses Symptoms ist zu
beachten, dass der Großteil der ECS-Patienten im oder kurz vor dem „Rentenalter“
steht. In diesem Punkt sind die Besitzer
nicht immer sofort einsichtig, was durch
die Tatsache erschwert wird, dass normales
Altern und daraus resultierende Beschwerden, z. B. des Bewegungsapparates und der
Zähne, nicht immer klar vom ECS abgrenzbar sind. Oft sind Abmagerung, Leistungsabfall und Muskelabbau Folge einer unzureichenden Energieversorgung durch erschwertes Fressen, sei es im Rahmen einer
Reheerkrankung oder wegen schlechter
Zähne. Eine entsprechende Futterumstellung mit erhöhtem Fettanteil (spezielle
Zusatzfuttermittel, Anbieter z. B. Fa. vetpro)
zur Energiebereitstellung und eine gute
Supplementierung mit Vitaminen, Mineralien und Spurenelementen stellen die
entsprechende Versorgung sicher.
Abnormale Fettdepots deuten auf eine
gleichzeitige, lokale Verschlackung von
Zellen und Geweben hin. So weisen neue
Untersuchungen auf eine Anhäufung von
sogenannten „advanced glycosylation
endproducts“ (AGE) auch bei Rehehufen
hin, auch wenn deren Bedeutung in der
Pathogenese noch nicht ganz klar ist [6].
Dementsprechend sollten Pferde mit
Anzeichen einer Verschlackung bzw. mit
Akkumulation von Stoffwechselmetaboliten oder Schadstoffen, wie sie sich in lokalen Fettdepots finden können, mit ausleitenden Präparaten behandelt werden.
Zum Einsatz kommen Lymphomyosot zur
Ausleitung aus dem Extrazellulärraum sowie Galium comp.-Heel zur Zellreinigung
( Abb. 7). Begleitend sollte die biologische Unterstützung der Schilddrüse erwogen werden, da viele Pferde mit ECS T4-
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Polyurie/Polydipsie
Die symptomatische Verbesserung der
Polyurie/Polydipsie (PU/PD) ist homöopathisch oft unbefriedigend, da das Durstempfinden zentral beeinflusst ist. Neben
den zur Besserung beitragenden Mitteln
der Basistherapie können China-Homaccord, Veratrum album-Injeel und Arsenicum album-Injeel ausgewählt werden,
wenn die Begleitsymptome zu deren Arzneibild passen.
Apathie und Leistungsabfall,
Muskelatrophie und Abmagerung
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Homöopathisch werden Mittel der
Schwäche und des Kräfteverfalls eingesetzt. Abb. 8 gibt einen Überblick über
einige der gängigen Mittel. Der Einsatz
von Konstitutionsmitteln ist ebenfalls
sinnvoll, erfordert aber umfangreiche
Kenntnisse der infrage kommenden Mittel.
Fallbeispiele
Fall 1: Nino (Shetland-Wallach)
Der 18-jährige Shetlandpony-Wallach
Nino zeigte im Sommer 2010 bereits zunehmendes Winterfell mit beginnendem
Hirsutismus. Die Allgemeinuntersuchung
mit großem Blutbild (10. Juni 2010) erbrachte keinen besonderen Befund. Auch
der ACTH-Wert lag mit 38 pg/ml (Norm
< 40 pg/ml, Labor Synlab. vet) gerade noch
im Normalbereich. Zum Fellwechsel im
Herbst wurde eine biologische Therapie
1-mal/Woche mit 3 ml Glandula suprarenalis-Injeel, 2,5 ml Coenzyme ad us. vet.
und 4 ml Cutis compositum s. c. über
4 Wochen durchgeführt.
Mit einsetzendem Frost entwickelte
Nino eine starke Hufrehe (vorne, beidseits)
ohne röntgenologischen Befund. Die Rehe
wurde mit konventionellen Maßnahmen
behandelt (Heparin, Meloxicam, Beschlagskorrektur), ohne dass sich die
Symptome besserten. Zusätzlich zur Rehe
bestand in den Flanken und am Rumpf
Hirsutismus und Hyperhidrosis, das Pony
war abgemagert und apathisch.
Eine erneute Bestimmung des ACTHWertes am 10. Dezember 2010 ergab
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Schwäche, Kräfteverfall, Leistungsabfall
Basismittel
allgemeine Abmagerung, nervöse Unruhe
bei Muskelatrophie
China-Homaccord
Arsenicum album-Injeel
Veratarum album-Injeel
Musculus suis-Injeel
Plumbum-Injeel
große Schwäche,
Hyperhidrosis, Kachexie
durch Leberschwäche
Kachexie, Marasmus,
große Unruhe, ständiger
Durst auf kleine Mengen
Polydipsie, Muskelkrämpfe,
Schlundverstopfung, Unruhe durch Bewegungsdrang
spezifischer Regulationseffekt, muskuläre Insuffizienz und Atonie, Atrophie
schleichender Krankheitsprozess, Lähmungen,
Muskelatrophie
Elektronischer Sonderdruck zur persönlichen Verwendung
Abb. 8 Homöopathische Behandlung bei Schwäche und Leistungsabfall. © Tina Wassing
einen Wert von 127 pg/ml, worauf die
Therapie mit 0,5 mg Pergolid 1-mal täglich
begonnen wurde. Unter der Pergolid-Therapie besserten sich innerhalb der nächsten 7 Tage die Symptome der Hufrehe,
und nach einer weiteren Woche war das
Pony lahmheitsfrei. Jedoch blieben alle anderen vorher vorhandenen Symptome wie
Hirsutismus, Hyperhidrosis, Muskelabbau
und Apathie unverändert. Zudem kam es
bei Nino trotz ausreichender Arbeit und
guter Fütterung zu einer weiteren Abmagerung.
Im Mai 2011 war immer noch der größte Teil des Winterfells vorhanden. Eine erneute ACTH-Messung am 12. Mai 2011
ergab 154 pg/ml, hinzu kamen ein erhöhter Glukosewert (8,4 mmol/l, Norm 4,4–
6,7 mmol/l) bei erniedrigtem Insulinwert
(3,4 U/ml, Norm 5–36 U/ml). Eine weitere
Abklärung einer Insulinresistenz wurde
nicht vorgenommen.
Aufgrund des bisher unbefriedigenden
Verlaufs unter der Therapie mit Pergolid
wurde die Fütterung auf kohlenhydratarmes und fettreiches Futter umgestellt, der
Weidegang aber beibehalten, da die Weide
sehr mager war.
Biologische Therapie
Parallel zur Pergolid-Therapie wurde in
den nächsten 4 Wochen 2-mal wöchentlich eine homöopathische Therapie mit
zwei alternierenden Arzneimittelkombinationen durchgeführt, die die wesentlichen Symptome von Nino abdeckte.
Die erste Kombination (K 1) bestand
aus:
n Glandula suprarenalis Injeel, dem Basismittel für kachektische ECS-Pferde,
und dem
n Katalysatorpräparat Coenzyme compositum als weiterem Teil der Basistherapie sowie
24
n Plumbum metallicum-Injeel wegen des
massiven Muskelabbaus begleitet von
n Calcium fluoratum-Injeel zur Regeneration des rehegeschädigten Hufes.
Die zweite Kombination (K 2) bestand aus:
n Glandula thyreoidea-Injeel zur Stimulierung der Schilddrüsenfunktion bei
Apathie
n Coenzyme compositum (Basistherapie),
n Cutis compositum zur Anregung des
Hautstoffwechsels und
n Syzygium jambolanum-Injeel zur Regulierung der Glukose-Insulin-Regelkreise.
Beide Kombinationen wurden je 1-mal
wöchentlich, abwechselnd für 3 Wochen
verabreicht.
Verlauf
Unter dieser Behandlung war nach 3 Wochen der größte Teil des Winterfells gewechselt und das Allgemeinbefinden
deutlich gebessert. Die Behandlung wurde
für einen weiteren Monat im 14-tägigen
Rhythmus beibehalten. Nino wurde wieder geritten und longiert, nahm an Gewicht und Muskulatur zu, war leistungsbereit und munter.
Ausgerichtet an den Symptomen wurde
als Erhaltungstherapie die obige „Kombination 2“ (Glandula thyreoidea-Injeel, Coenzyme compositum, Cutis compositum,
Syzygium jambolanum-Injeel) ab Juni
2011 mit einer Injektion 1-mal im Monat
fortgeführt.
Nino zeigte im Oktober 2012 keine Anzeichen von Hirsutismus und Hyperhidrosis, war fit und leistungsbereit. Der Fellwechsel zum Frühjahr 2013 erfolgte ohne
Probleme, der ACTH-Wert lag am 24. April
2013 bei 37 pg/ml. Die Pergoliddosierung
wurde mit 0,5 mg 1-mal täglich beibehal-
Wassing, Biologische Behandlung als Therapieoption bei equinem Cushing-Syndrom
ten, die biologische Behandlung wird mit
einer Injektion alle 2 Monate fortgeführt.
Eine zusammenfassende Übersicht über
Behandlung und Verlauf zeigt Tab. 1.
Fall 2: Leonardo (WB-Wallach)
Der Warmblutwallach Leonardo zeigte bereits seit 2 Jahren Symptome einer chronischen Hufrehe. Zum Zeitpunkt der ersten
Hufrehe war Leonardo stark übergewichtig, sodass zunächst vom Haustierarzt der
Verdacht auf EMS geäußert wurde. Das
Pferd wurde daraufhin sehr kontrolliert
gefüttert, kam nur noch auf magere Weiden und nahm in der Folge schnell ab. Aufgrund dieser Vorgeschichte achtete die Besitzerin weiter sehr auf seine Fütterung
und sein Gewicht.
Bei der Vorstellung im Oktober 2010
war Leonardo eher etwas zu dünn und
zeigte einen Kahnbauch. Auffällig waren
sein fester Mähnenkamm und für das Alter
stark ausgeprägte supraorbitale Fettpolster. Der am 24. Oktober 2010 gemessene
ACTH-Wert ergab 125 pg/ml (Norm
< 40 pg/ml).
Biologische Therapie
Da das Pferd momentan keine akuten Anzeichen einer Hufrehe zeigte, wünschte
die Besitzerin zunächst eine alleinige biologische Therapie. Leonardo erhielt deshalb zunächst folgende Behandlung 1-mal
wöchentlich über 2 Monate (5 ml je Präparat):
n Hypophysis-Injeel (adipöser Typ)
n Coenzyme compositum (Zellstofffwechsel)
n Acidum formicicum-Injeel (Unstimmungs- und Reaktionsmittel)
n Arteria suis-Injeel (chronisch-latente
Hufrehe)
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n.a.
eFirst
n.a.
Tab. 1
Satz
Herst.
Datum
Ziegler + Müller
C. Idalinya
21.02.2014
Ganzheitlicher Exkurs
Fallbeispiel 1: Nino (ECS) – Übersicht über Verlauf und Behandlung.
Datum
Befund
10. 06. 2010
beginnender Hirsutismus
Herbst 2 010
–
ACTH (pg/ml)
38
–
Therapie
Klinik/Verlauf
–
–
Glandula suprarenalis-Injeel
–
+ Coenzyme comp.
+ Cutis comp
(1-mal wöchentlich für 4 Wochen)
–
Winteranfang
2 010
akute Hufrehe
konventionell
neben der Rehe: Abmagerung, Hyperhidrosis, Apathie, Flanken und Rumpf
Hirsutismus
10. 12. 2010
–
127
Pergolid-Gabe:
0,5 mg 1-mal täglich (auf Dauer)
nach 7 Tagen Rehe abgeheilt, nach 14
Tagen lahmheitsfrei, übrige Symptome
persistieren, weitere Abmagerung
Mai 2 011
noch großteils Winterfell
154
weiter Pergolid; jedoch zusätzlich Futterumstellung
nach 3 Wochen: Allgemeinbefinden
gebessert, Winterfell gewechselt
(Beschlagskorrektur, NSAID)
Gabe biologische Therapie (K 1 + K 2),
beide je 1-mal pro Woche
Mai/Juni 2 011
–
–
leistungsbereit, Gewichtszunahme
weiter Pergolid
Fortführung ab Juni 2 011: 1-mal pro
Monat (nur K 2)
Oktober 2 012
–
–
kein Hirsutismus, leistungsbereit
weiter Pergolid
biologische Behandlung: weiter 1-mal
pro Mo. K 2
April 2 013
37
weiter Pergolid
Reduzierung biologische Behandlung
auf 1-mal alle 2 Monate
Nach den 2 Monaten war der Mähnenkamm deutlich weicher geworden, und
die supraorbitalen Fettpolster waren verschwunden. Auch mit Leonardos Gesamtzustand war die Besitzerin sehr zufrieden.
Nach dem Hufbeschlag zeigten sich für
3 Tage reheähnliche Symptome, die die
Besitzerin selbst mit Traumeel ad us. vet.
2-mal täglich 5 Tabletten behandelte.
Bei der Wiederholungsuntersuchung am
5. Januar 2011 zeigte Leonardo in der
Bewegung keine Anzeichen einer Bewegungsstörung, der ACTH-Wert lag bei
78 pg/ml. Die Behandlung wurde 1-mal
monatlich subkutan wie folgt fortgeführt
(5 ml je Präparat):
n Hypophysis-Injeel (adipöser Typ)
n Coenzyme compositum (Zellstofffwechsel)
n Acidum formicicum-Injeel (Unstimmungs- und Reaktionsmittel)
n Syzygium-Injeel (Verbesserung des
Glukose-Insulin-Regelkreises)
Nach weiteren 8 Wochen (Anfang März)
war Leonardo gut bemuskelt, hatte etwas
zugenommen, einen ausgeprägten, aber
weichen Mähnenkamm und begann mit
dem Fellwechsel. Trotzdem war der
ACTH-Wert (4. März 2011) auf 204 pg/ml
gestiegen. Auf Anraten entschloss sich die
Besitzerin zu einer zusätzlichen Therapie
mit Pergolid (1-mal täglich 0,5 mg).
Fellwechsel problemlos, weiterhin leistungsbereit
n Acidum formicicum-Injeel (Unstimmungs- und Reaktionsmittel)
n Syzygium-Injeel (Verbesserung des
Glukose-Insulin-Regelkreises)
Eine zusammenfassende Übersicht über
Behandlung und Verlauf gibt Tab. 2.
Verlauf
Eine Kontrolle vom 14. Mai 2011 ergab
einen ACTH-Wert von 89 pg/ml. Laut Aussage der Besitzerin stellte sich unter der
Gabe von Pergolid keine weitere Verbesserung des Zustandes ein, sie war aber bereit, das Mittel weiter zu geben.
Da Leonardo über den ganzen Sommer
2011 keine Rehe zeigte, wurde die Therapie mit Pergolid 0,5 mg einmal täglich
auch weiter fortgeführt. Auch die biologische Therapie wurde als Kur 2-mal jährlich
fortgeführt. Die Kur beinhaltet insgesamt
4 Injektionen, bei denen die gleichen Präparate wie bereits genannt jeweils im Abstand von 4 Tagen gegeben werden (5 ml je
Präparat):
n Hypophysis-Injeel (adipöser Typ))
n Coenzyme compositum (Zellstoffwechsel)
Sonntag Verlag | Zeitschrift für Ganzheitliche Tiermedizin 2014; 28: 19–29
Fall 3: Draumur (Isländer-Wallach)
Der 21 Jahre alte Draumur wurde am
23. Juni 2009 wegen Fellwechselproblemen vorgestellt. Er lebte mit 5 anderen
Pferden im Offenstall. Trotz des Sommers
hatte Draumur noch große Anteile seines
Winterfells, und auch das Sommerfell war
selbst für einen Isländer extrem lang und
dicht. Draumur schwitzte dementsprechend schon bei geringster Anstrengung
und wurde kaum noch gearbeitet. Er trank
verhältnismäßig viel, vermutlich etwa 80 l
am Tag und ging auch während des Anamnesegesprächs mehrfach zum Wasserfass.
Er war in einem guten Futterzustand, aufgrund der wenigen Arbeit nur mäßig bemuskelt. Eine Reheerkrankung zu einem
früheren Zustand schlossen die Besitzer
aus.
Wassing, Biologische Behandlung als Therapieoption bei equinem Cushing-Syndrom
25
Elektronischer Sonderdruck zur persönlichen Verwendung
biologische Behandlung reduziert auf
2-mal pro Monat für 4 Wochen
Ganzheitlicher Exkurs
Tab. 2
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AK-PDF
n.a.
eFirst
n.a.
Satz
Herst.
Datum
Ziegler + Müller
C. Idalinya
21.02.2014
Fallbeispiel 2: Leonardo (ECS) – Übersicht über Verlauf und Behandlung.
Datum
Befund
ACTH (pg/ml)
24. 10. 2010
seit 2 Jahren chronische
Hufrehe; eher schlank, aber
fester Mähnenkamm und
supraorbitale Fettpolster
125
keine Bewegungsstörungen
78
Therapie
Klinik/Verlauf
Hypophysis suis-Injeel
Mähnenkamm deutlich weicher, supraorbitale Fettpolster verschwunden
+ Coenzyme comp.
+ Acidum formicicum-Injeel
+ Arteria suis-Injeel
(1-mal/Wo. über 2 Monate)
05. 01. 2011
Hypophysis suis-Injeel
Bemuskelung besser, Gewichtszunahme
+ Coenzyme comp.
+ Acidum formicicum-Injeel
+ Syzygium jambolanum-Injeel
(1-mal/Monat)
04. 03. 2011
beginnender Fellwechsel
204
Pergolid 0,5 mg 1-mal tgl. (d. h. halbe
Standarddosis)
keine zusätzliche klinische Verbesserung
weiterhin biologische Therapie 1-mal/
Monat
14. 05. 2011
89
weiter Pergolid
Elektronischer Sonderdruck zur persönlichen Verwendung
Fortsetzung biologische Behandlung
1-mal/Monat
Herbst 2 011
stabil guter klinischer Zustand; ganzer
Sommer ohne Reheanzeichen
weiter Pergolid
biologische Behandlung als Kur: Hypophysis suis-Injeel
+ Coenzyme comp.
+ Acidum formicicum-Injeel
+ Syzygium jambolanum-Injeel
kurmäßige Gabe 4-mal im Abstand von
4 Tagen, Kur 2-mal jährlich
Da alle Anzeichen für eine Cushing-Erkrankung sprachen, wurde ein ACTH-Wert
erhoben. Dieser lag bei 34 pg/ml (Norm
< 40 pg/ml). Eine weitere Abklärung über
einen CGIT wurde von den Besitzern abgelehnt. Eine weiterführende Laboruntersuchung vom 1. Juli 2009 zeigte folgende veränderte Werte:
n erhöhter
Blutglukosewert
von
8,5 mmol/l (Norm 4,4–6,7 mmol/l)
n erniedrigter Kortisolwert von 11 ng/ml
(Norm 30–130 ng/ml)
Biologische Therapie
Da die klinischen Symptome für den Beginn einer ECS-Erkrankung sprachen,
wurde trotz des nicht erhöhten ACTHWertes mit folgender Therapie begonnen
(1-mal wöchentlich 5 ml je Präparat):
n Hypophysis-Injeel (adipöser Typ)
n Ubichinon compositum (Zellstofffwechsel)
n Cortison-Injeel (Regulation Kortisolspiegel)
n Syzygium-Injeel (Verbesserung des
Glukose-Insulin-Regelkreises)
26
Verlauf
Im Laufe der folgenden 4 Wochen begann
Draumur zu haaren, wurde dann aber wegen des heißen Wetters geschoren. Obwohl es sehr heiß war, trank er deutlich
weniger und hatte wieder Spaß an der Arbeit. Eine erneute Kontrolle der Blutglukose- und Kortisolwerte am 4. August 2009
zeigte die Normalisierung der Parameter
(Glukose 5,2 mmol/l, Kortisol 54 ng/ml).
Es erfolgte daraufhin eine Therapieumstellung (1-mal/Monat 5 ml je Präparat):
n Hypophysis-Injeel (adipöser Typ)
n Coenzyme compositum (Zellstoffwechsel)
n Calcium carbonicum-Injeel (Konstitutionsmittel)
n Syzygium-Injeel (Verbesserung des
Glukose-Insulin-Regelkreises)
Auf Anraten wurde Draumur am 12. Oktober 2009 erneut Blut zur Bestimmung des
ACTH-Werts entnommen. Dieser ergab einen Wert von 42 pg/ml (Norm < 40 pg/ml).
Die genannte biologische Therapie wurde
fortgeführt, aber der monatliche Abstand
beibehalten, da das Pferd keine Krank-
Wassing, Biologische Behandlung als Therapieoption bei equinem Cushing-Syndrom
heitsanzeichen mehr zeigte. Es wurde
vereinbart, den ACTH-Wert in 4-monatlichem Abstand zu kontrollieren.
Der ACTH-Wert blieb in den Jahren
2010 und 2011 bei 3-mal jährlichen Kontrollen immer unter 50 pg/ml. Draumur
war weiter in guter gesundheitlicher Verfassung und wurde regelmäßig geritten.
Der Fellwechsel war im Vergleich zu den
anderen Pferden im Offenstall leicht verzögert, aber vollständig.
Im März 2012 begann der Wallach mit
24 Jahren abzumagern, woraufhin nach
einer Zahnkontrolle 3 lockere Backenzähne entfernt wurden. Er erhielt nun zusätzlich zum Kraftfutter und Heu 3-mal täglich
2 kg eingeweichte Heucobs. Trotz allem
nahm er nicht richtig an Gewicht zu, wirkte matt und apathisch, das Fell war lang
und struppig und wollte nicht ausfallen.
Ein ACTH-Wert vom 10. April 2012 lag bei
156 pg/ml (Norm < 40 pg/ml), Kortisol war
mit 14 ng/ml (Norm 30–130 ng/ml) deutlich erniedrigt, alle anderen Werte waren
in der Norm. Eine Pergolid-Therapie wurde angesprochen, aber von den Besitzern
nach den vorangegangenen erfolgreichen
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n.a.
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n.a.
Ziegler + Müller
C. Idalinya
21.02.2014
Ganzheitlicher Exkurs
Fallbeispiel 3: Draumur (ECS) – Übersicht über Verlauf und Behandlung.
Datum
Befund
ACTH (pg/ml)
23. 06. 2009
Fellwechselprobleme,
Polydipsie
34
01. 07. 2009
CGIT abgelehnt
Blutglukose:
8,5 mmol/l (Norm
4,4–6,7)
Kortisol 11 ng/ml
(Norm 30–130)
04. 08. 2009
12. 10. 2009
Therapie
Klinik/Verlauf
Hypophysis suis-Injeel
beginnender Fellwechsel, weniger
Durst, leistungsbereiter
+ Ubichinon comp.
+ Cortison-Injeel
+ Syzygium jambolanum-Injeel
(1-mal/Woche)
Blutglukose:
5,2 mmol/l
Hypophysis suis-Injeel
Kortisolwert
54 ng/ml (beide
Norm)
+ Calcium carbon.-Injeel
42
biologische Therapie wie oben
guter klinischer Zustand
+ Coenzyme comp.
+ Syzygium jambolanum-Injeel
(1-mal/Monat)
guter Allgemeinzustand, wird wieder
geritten. ACTH-Kontrolle alle 4 Mo.
(1-mal/Monat)
2 010–2 011
immer < 50
biologische Therapie wie oben
gute gesundheitliche Verfassung, verzögerter, aber vollständiger Fellwechsel
(1-mal/Monat)
März 2 012
Extraktion von 3 Backenzähnen,
anschließend Futterumstellung
Abmagerung
10. 04. 2012
keine Gewichtszunahme,
matt, apathisch, langes Fell
156
Kortisol 11 ng/ml
(Norm 30–130)
Gland. suprarenalis-Injeel,
Ubichinon comp., Cortison-Injeel,
Hepar comp. Heel
Ablehnung einer Pergolid-Therapie
(durch Besitzer);
leichte Gewichtszunahme, wacher
(1-mal/Woche)
25. 04. 2012
16. 05. 2012
biologische Therapie wie oben,
aber Glandula suprarenalis-Injeel
nur alle 14 Tage
wach und munter, Fellwechsel verzögert
81
ab Juni 2 012
weiter wie oben
Gland. suprarenalis-Injeel
+ Coenzyme comp.
+ Cortison-Injeel
Fellwechsel schleppend, aber vollständig, altersgemäße leichte reiterliche
Nutzung
+ Calcium carbonicum-Injeel
(1-mal/Monat)
24. 04. 2013
Winterfell gut abgelegt, gut
bemuskelt, Besitzer schätzen
Lebensqualität als sehr gut ein
Jahren abgelehnt; sie wünschten die weitere biologische Therapie.
Aufgrund der nun wieder deutlicher
sichtbaren Symptomatik wurde das bisher
monatliche Behandlungsintervall verkürzt
und die Behandlung angepasst. Draumur
erhielt zunächst 1-mal wöchentlich:
n Glandula suprarenalis-Injeel (kachektischer Typ)
n Ubichinon compositum (Zellstoffwechsel)
n Cortison-Injeel (Regulation Kortisolspiegel)
n Hepar comp.-Heel (Unterstützung Leberfunktion)
Nach 14 Tagen war Draumur wacher und
hatte schon etwas zugenommen. Die The-
78
weiter wie oben
rapie wurde fortgesetzt, allerdings wurde
Glandula suprarenalis-Injeel nur noch alle
14 Tage verabreicht, die anderen Präparate weiter einmal wöchentlich. Nach 4 weiteren Wochen war Draumur nahezu der
„Alte“, lediglich der Fellwechsel war verzögert. Der ACTH-Wert vom 16. Mai 2012
war auf 81 pg/ml gesunken.
Ab Juni 2012 wurde das Behandlungsintervall bei Draumur wieder auf 1-mal
monatlich verlängert und wie folgt weiterbehandelt:
n Glandula suprarenalis-Injeel (kachektischer Typ)
n Coenzyme compositum (Zellstoffwechsel)
n Calcium carbonicum-Injeel (Konstitutionsmittel)
Sonntag Verlag | Zeitschrift für Ganzheitliche Tiermedizin 2014; 28: 19–29
n Cortison-Injeel (Regulation Kortisolspiegel)
Der Fellwechsel verlief seitdem insgesamt
schleppend, aber vollständig. Das Pferd
wurde seinem Alter entsprechend etwas
geritten. Die Besitzer mussten weiter Heucobs zufüttern, da der Wallach sonst
schnell abnahm. Im Laufe des Sommers
wurden noch 2 weitere Backenzähne gezogen.
Bei einem Termin am 24. April 2013
hatte Draumur sein Winterfell gut abgelegt und war gut bemuskelt. Die Besitzer
schätzten seine Lebensqualität sehr gut
ein und sahen weiterhin keine Notwendigkeit für eine Therapie mit Pergolid. Der aktuelle ACTH-Wert lag bei 78 pg/ml. Die
Wassing, Biologische Behandlung als Therapieoption bei equinem Cushing-Syndrom
27
Elektronischer Sonderdruck zur persönlichen Verwendung
Tab. 3
Satz
Herst.
Datum
Ganzheitlicher Exkurs
tm226_Wassing
AK-PDF
n.a.
eFirst
n.a.
Therapie wird weiterhin einmal monatlich
durchgeführt.
Eine zusammenfassende Übersicht
über Behandlung und Verlauf gibt Tab. 3.
Elektronischer Sonderdruck zur persönlichen Verwendung
Diskussion
Die in dieser Arbeit dargestellte Behandlung mit biologischen Präparaten setzt an
unterschiedlichen Ansatzpunkten des
Krankheitsgeschehens an: sowohl mittels
Katalysator- und Organpräparaten an zentral am Krankheitsgeschehen beteiligten
Strukturen (Hypophyse, Nebennieren) als
auch über weitere Präparate an den Organen und Geweben, die in der Folge der Pathomechanismen mit betroffen sind. Die
Behandlung zeigte in allen 3 vorgestellten
Fällen ihre Wirksamkeit in Form einer positiven Beeinflussung des Krankheitsverlaufs und des Allgemeinzustandes. Empfehlenswert ist, die Therapie anhand der
genannten Auswahlmöglichkeiten an die
Situation des jeweiligen Patienten anzupassen, um mittels einer derart individualisierten Therapie den Therapienutzen für
den Patienten zu erhöhen.
Satz
Herst.
Datum
Ziegler + Müller
C. Idalinya
21.02.2014
Fallbeispiel 2
Im Fall 2 war demgegenüber aufgrund
einer allmählichen Entwicklung der ECSSymptomatik ohne akute Erscheinungen
zunächst mit der biologischen Therapie
gestartet worden. Bei zunächst wöchentlicher Durchführung zeigte sich eine
symptomatische Verbesserung wie auch
ein Abfallen des ACTH-Werts. Nach einer
Umstellung der Therapiefrequenz auf einmal monatlich bei weiterhin guter symptomatischer Entwicklung (Verbesserung
von Muskel- und Körpergewicht, Rückgang von Fettpolstern, Beginn des Fellwechsels) wurde dann auf einen Anstieg
des ACTH-Werts hin die Pergolid-Therapie
zusätzlich aufgenommen. Sie brachte wohl
eine Verbesserung des ACTH-Wertes, aber
laut Aussage der Besitzerin keine weitere
Verbesserung des vorher bereits zufrieden
stellenden klinischen Zustands. Unter
Fortführung der kombinierten PergolidTherapie mit der biologischen Therapie,
wobei bei letzterer die Häufigkeit auf eine
kurmäßige Anwendung 2-mal jährlich reduziert wurde, zeigte das Pferd einen
weitgehend symptomfreien weiteren Verlauf bei gutem Allgemeinbefinden.
Fallbeispiel 1
In den ersten beiden Fällen wurde im Verlauf der ECS-Erkrankung die konventionelle Therapie mit Pergolid hinzugenommen. Dies geschah im Fallbeispiel 1 vor Beginn einer dauerhaften biologischen Therapie, um akute Erscheinungen einer Rehe
therapeutisch besser beeinflussen zu können. Da jedoch auch mit der Pergolid-Therapie weitere ECS-Symptome wie Hirsutismus, Hyperhydrosis, Muskelabbau und
Apathie nur unzureichend zu beeinflussen
waren, wurde begleitend die biologische
Therapie wieder aufgenommen. Mit ihr
gelang es innerhalb kurzer Zeit, auch das
Allgemeinbefinden und das Haarkleid
deutlich zu verbessern. Wie in der biologischen Medizin bewährt, konnte daraufhin
die Häufigkeit der biologischen Behandlungsmaßnahmen von 2-mal wöchentlich
auf 14-tägig, später auf 1-mal monatlich
reduziert und mit der Kombination von
konventioneller Pergolid-Behandlung und
biologischer Behandlung dem Patienten
ein gutes Allgemeinbefinden ohne Auftreten von ECS-Symptomen verschafft werden.
28
Fallbeispiel 3
Im Fall 3 waren die ECS-Symptome bei der
Vorstellung bereits stark ausgeprägt
(große Anteile des Winterfells noch im
Sommer, starkes Schwitzen, erhebliche
Polydipsie). Das Gesamtbild sprach eindeutig für das Vorliegen eines ECS, auch
wenn der ACTH-Wert noch innerhalb der
Norm lag. Die eingeleitete, 1-mal wöchentlich durchgeführte biologische Behandlung führte innerhalb von 4 Wochen
zu einem Beginn des Fellwechsels, einem
Rückgang der Polydipsie und vermehrter
Bewegungsfreude sowie zu einer Rückkehr von Glukose- und Kortisolwert in
den Referenzbereich. Ein nach etwa 4 Monaten erhobener ACTH-Wert zeigte ein
leichtes Ansteigen bis an die obere Grenze
des Referenzbereichs, dennoch wurde aufgrund des guten klinischen Zustands mit
der biologischen Therapie einmal monatlich fortgefahren. Bei Kontrollen des
ACTH-Werts in 4-monatlichem Abstand
blieb über 2 Jahre der ACTH-Wert immer
unter 50 pg/ml (Norm < 40 pg/ml), die gesundheitliche Verfassung war gut und eine
leichte reiterliche Nutzung weiterhin
möglich. 3 Jahre nach Behandlungsbeginn
Wassing, Biologische Behandlung als Therapieoption bei equinem Cushing-Syndrom
kam es aufgrund von Zahnproblemen und
daraus resultierender schlechter Futteraufnahme zur Abmagerung, was durch
eine Zahnsanierung und eine Futterumstellung angegangen wurde. Wegen ausbleibender Besserung und weiterbestehender Mattigkeit, Apathie und schlechtem Fellzustand wurde erneut getestet,
wobei sich eine deutliche Erhöhung des
ACTH-Werts ergab. Von der Besitzerin
wurde die Pergolid-Therapie abgelehnt,
stattdessen aufgrund der guten Vorerfahrungen die biologische Behandlung weiter
favorisiert, aber durch die Erhöhung der
Behandlungsfrequenz auf einmal wöchentlich intensiviert. Nach 14 Tagen war
das Pferd wieder aktiv und hatte an Körpermasse zugenommen, sodass weiterhin
ausschließlich mit der biologischen Therapie in wöchentlichem Turnus behandelt
wurde, was innerhalb von 6 Wochen wieder zu einem guten Allgemeinzustand mit
guter Leistungs- und Bewegungsfreude
und lediglich etwas verzögertem Fellwechsel führte. Ebenfalls war der ACTHWert jetzt wieder von 156 auf 81 pg/ml
gesunken. Aufgrund des guten Verlaufs
wurde die biologische Behandlung wieder
auf einmal monatlich reduziert. Auch nach
der folgenden Wintersaison und weiteren
8 Monaten hatte das Pferd das Winterfell
gut gewechselt und war gut bemuskelt, sodass die Besitzer seine Lebensqualität als
sehr gut einschätzten und ausschließlich
die biologische Therapie ohne PergolidAnwendung wünschten, trotz fortbestehender mittelgradiger Erhöhung des
ACTH-Wertes. Seit nunmehr fast einem
Jahr wird die biologische Therapie bei stabiler guter Lebensqualität wiederum in
monatlichem Turnus fortgeführt. Damit
läuft in diesem Fall seit fast 4 Jahren eine
rein biologisch durchgeführte Therapie
mit sehr zufrieden stellendem klinischem
Ergebnis.
Fazit
Die vorgestellten Fälle dokumentieren,
dass die biologische Therapie bei ECS, so
wie sie hier mit Anpassungsmöglichkeiten
an die individuelle Symptomatik vorgestellt wurde, eine gute Wirksamkeit hat.
Sie kann, wie die gezeigten Fälle belegen,
sowohl in Kombination mit der PergolidTherapie als auch in geeigneten Fällen
allein durchgeführt werden. Die Besitzer
Sonntag Verlag | Zeitschrift für Ganzheitliche Tiermedizin 2014; 28: 19–29
legen in der Regel mehr Wert auf das Allgemeinbefinden des Pferdes, den Erscheinungszustand, insbesondere Fell- und Ernährungszustand, und dessen Lebensqualität als auf reine Laborwerte. Insofern
kann die biologische Therapie als wertvoller Baustein für die ECS-Behandlung und
als eine wertvolle zusätzliche Therapieoption angesehen werden, zumal auch die
Intensität der Behandlung durch eine Veränderung der Behandlungshäufigkeit jeweils sehr gut an die Schwere der aktuellen Symptomatik bei dem Patienten angepasst werden kann.
Summary
Biological treatment as therapy option
for equine Cushingʼs syndrome:
Therapy methods and case studies
from veterinary practice
With increasing age, horses often suffer
from equine Cushingʼs syndrome. Conventionally, pergolide products are typically used as therapy. Biological treatment
can be used as adjuvant or sole therapy by
applying basic therapy of Hypophysis suisInjeel or Glandula suprarenalis-Injeel, (depending on nutritional status) as well as
the catalyst preparation Co-enzyme compositum or Ubiquinone compositum. In
addition, 1 – 2 further preparations are
applied depending on the predominant
symptoms of the individual case by bearing in mind the individual symptoms as
well. With the use of three case studies,
the article discusses the effect of biological
treatment either as sole or adjuvant therapy.
Key words
Cushingʼs disease – horse – biological treatment
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Vitex agnus-castus (Mönchspfeffer) bei der
Satz
Herst.
Datum
Ziegler + Müller
C. Idalinya
21.02.2014
Behandlung des Equinen Cushing Syndroms.
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Online zu finden unter
http://dx.doi.org/10.1055/s-0033-1360206
Tina Wassing
prakt. Tierärztin
Kreidestr. 6
48683 Ahaus
E-Mail: tina@tina-wassing.de
Jahrgang 1973, Studium der Veterinärmedizin von
1993–1998 in Gießen, Assistenzzeit in der TAP
Küppers & Mertens in Geldern, seit 2001 eigene
Praxis mit Schwerpunkt Homöopathie und biologische Tiermedizin, seit 2006 Fortbildungsreferate zum Thema Biologische Tiermedizin
Wassing, Biologische Behandlung als Therapieoption bei equinem Cushing-Syndrom
29
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