Ein Standard hilft, löst aber nicht alles - WAN-IFRA

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Ein Standard hilft, löst aber nicht alles - WAN-IFRA
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Qualität
Mai 2007
zeitungstechnik
Valérie Arnould
Ein Standard hilft,
löst aber nicht alles
Moritz Schwarz
Druckexperte
Ifra Consulting
Die ISO 12647-3:2005 bietet eine gute
Grundlage für weitere Verbesserungen der
Zeitungsdruckqualität. Sie berücksichtigt
Farbwerte, Tonwertzunahme und andere
wichtige Produktionsprozess-Parameter.
Darüber hinaus gibt es aber weitere
Qualitätsparameter, die nicht von dieser
wichtigen Norm abgedeckt werden. Ifra
verwendet daher zusätzliche Qualitätskriterien im Ifra-Abnahmetest für ZeitungsOffset-Rotationen (Special Report 3.16.3,
Neufassung 2007 in Vorbereitung) und beim
International Newspaper Color Quality
Club-Wettbewerb. Moritz Schwarz nennt
eine ganze Reihe von weiteren Aspekten,
die Zeitungen seiner Meinung nach berücksichtigen sollten:
> Beim Aufschlagen einer Zeitung stellt
man oft fest, dass die einzelnen Seiten nicht
exakt ausgerichtet sind, was meist an der
Strang- oder Bahnführung liegt. Bei einem
Tabloidprodukt gibt es häufig das Problem,
dass ein Bild oder Text sich quer über zwei
Seiten erstreckt, die nicht akkurat aufeinander ausgerichtet sind. Das gleiche gilt für
das Schön-/Widerdruck-Register.
> Ein weiteres Problem ist das Ablegen
der Druckfarbe: Bei manchen Zeitungen ist
die gegenüberliegende Seite einer Anzeige
oder eines Bildes schlecht lesbar.
> Die Mitteltonspreizung: Die ISO-Norm
berücksichtigt lediglich Cyan, Magenta und
Gelb. Aber wir drucken mit vier Farben.
Meiner Ansicht nach hat Schwarz einen
höheren Stellenwert, zumal in der modernen Bildreproduktion viel Schwarz verwendet wird. Daher haben wir in die neue
Fassung des Ifra-Abnahmetests eine VierFarben-Mitteltonspreizung aufgenommen.
> Papierfalten werden bis jetzt von keiner Norm berücksichtigt, obwohl sie ein
häufiges Problem darstellen. Sie können
durch falsche Einstellungen der Druckmaschine oder des Falzapparats bedingt
sein oder dadurch, dass die Druckmaschine
nicht ordnungsgemäß gereinigt wurde. Die
Problemursache kann aber auch in der
Papierrolle selbst liegen.
> Was die Papiermerkmale betrifft, legt
die DIN 19306-4-Norm die Grundlage für
Moritz Schwarz ist DiplomIngenieur für Druckereitechnik und verfügt über
einen Master of ScienceAbschluss in Graphic Arts
Systems des Rochester
Institute of Technology
(NY, USA). Nach mehrjähriger Erfahrung am
Fraunhofer Institut für
Graphische Datenverarbeitung und in
Zeitungsbetrieben trat
er 2004 dem ConsultingDienst der Ifra als Berater
bei. Darüber hinaus gehört
er dem Technischen
Komitee „Newspaper
Production“ der Ifra an und
ist an Forschungsprojekten
beteiligt, die von diesem
Komitee initiiert werden,
insbesondere im Hinblick
auf die Verbesserung
industrieller Prozesse und
der Qualität.
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eine mögliche ISO-Norm für Zeitungsdruckpapier. Sie umfasst Merkmale wie Zeitungspapierfarbe, Feuchte, Rauheit, Volumen,
flächenbezogene Masse, Opazität, Durchreißwiderstand und Ölaufnahme. Nicht berücksichtigt wird die Frage, wie stark das Papier
durch die Feuchtigkeitsaufnahme aufquillt.
Das ist für jeden, der im Gummi/GummiDruck produziert, äußerst wichtig: Manche
Papiere quellen um 1 %, andere um 2 %. Ist
der Fan-out an der Maschine auf einen bestimmten Prozentwert eingestellt, entstehen
beim Wechsel auf ein Material mit anderer
Breitendehnung Passerdifferenzen.
> Darüber hinaus fehlt eine GrenzwertEmpfehlung für Staub und Partikel auf der
Zeitungspapieroberfläche. Staubablagerungen auf den Gummitüchern beeinträchtigen
die Druckqualität, und im Anschluss an
die Produktion muss die Maschine komplett
gereinigt werden.
Qualität ist nicht nur für das Produkt
selbst wichtig, sondern sie bestimmt auch
die gesamte Produktion. Es gibt eine Fülle
wichtiger Fragen, etwa: Werden die Termine
eingehalten? Wie sind die Produkte verpackt? Ist die Makulaturrate hoch? Ist die
Qualität konstant?
Nur hochmoderne Registersteuerungssysteme protokollieren, ob über die gesamte
Produktion hinweg ein gutes Farbregister
erzielt wurde, aber fast niemand prüft nach,
ob die Dichte immer korrekt war. Wird auf
mehrere Maschinen verteilt produziert,
treten von einem Falzapparat zum anderen
häufig Farbabweichungen auf. Messgeräte
werden oft gar nicht eingesetzt. Drucker
verlassen sich nach wie vor mehr auf ihr
Auge. Diese Einstellung herrscht in 90 %
aller Betriebe vor.
Die Makulaturwerte sind oftmals sehr
hoch, weil man die Hochlaufkurven für
Farbduktoren und Feuchtung nicht richtig
im Griff hat. Wenn man über eine automatische Farbzonenvoreinstellung verfügt,
muss sie auch für die Produktion richtige
Werte liefern, und wenn man während der
Produktion auf eine andere Zeitungspapiersorte wechselt, sollte auch eine andere
Voreinstellung ausgewählt werden.
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Mai 2007
zeitungstechnik
Qualität
Valérie Arnould
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» Interview mit Moritz Schwarz (3583)
» Vollständiges Interview mit Uwe Junglas (3595)
» Vollständiges Interview mit Francisco Fernández Perea (3596)
» Kostenloser Download des ISOnewspaper26v4.icc-Profils unter www.ifra.com
Auf dem Weg zum universellen Farbprofil
zeitungstechnik: ISO 12647-3:2005, die Norm
für den Zeitungsoffsetdruck, beinhaltet verfahrensunabhängige Tonwertzunahmen. Das
Ifra ISOnewspaper26v4.icc-Farbprofil wurde
unter Berücksichtigung der Empfehlungen von
ISO 12647-3:2005 erzeugt. Wird dieses Profil
jetzt auf breiter Basis genutzt?
Uwe Junglas, Ifra Consulting Director: Seit Ein-
führung des ISOnewspaper26v4-Profils
im Juli 2004 haben mehr als 5000 Zeitungen und Anzeigenagenturen das Profil
heruntergeladen. Wir verzeichnen weiterhin ca. 50 Downloads pro Woche und bestärken Prepress-Provider darin, das Profil in ihre Anwendungen aufzunehmen.
Bei einigen ist es implementiert (Agfa,
OneVision, Adobe Acrobat u. a.), bei anderen (Adobe Photoshop ...) noch nicht.
zt: Liegt jetzt ein weltweites Profil vor?
U. Junglas: Seit Anfang der 90er Jahre gibt
Ifra ICC-Profile heraus. Mit Version 4
führten wir 2004 das ISOnewspaper26v4.
icc-Profil ein. Die ISO-Norm basiert auf
dem idealen Farbraum, wie auch dieses
Profil. Wir haben ein eigenes Profil für
die USA erzeugt, auf Basis derselben
Charakterisierungsdaten, aber mit einer
Tonwertzunahme von 30 %. Auch für den
indischen Markt, wo Bilder mit höherer
Sättigung gewünscht wurden, haben wir
ein spezielles Profil erstellt. Durch den
verstärken CTP-Einsatz in den USA ging
die durchschnittliche Tonwertzunahme
dort in den letzten Jahren zurück. Im
Oktober 2006 ersetzte das SNAP-Komitee
seine Empfehlung von 30 % Tonwertzunahme durch 26 %. Zudem stellten wir
fest, dass die Unterschiede zwischen den
Farbwerten (Charakterisierungsdaten) immer kleiner wurden. Daher arbeiten wir
an einem weltweit allgemein gültigen
Profil.
zt: Das ISOnewspaper26v4.icc-Profil hat u. a.
den Vorteil, dass es GCR verwendet. Aber ist
der hohe GCR-Wert, den Sie im Profil festlegten, nicht sehr ehrgeizig?
U. Junglas: GCR (Unbunt-
aufbau) ist wichtig, um
Farbschwankungen
im
Druck zu reduzieren. Ein
interessanter Effekt ist,
dass durch GCR Buntfarben
und somit Produktions- Uwe Junglas
kosten eingespart werden.
Ein weiterer Nebeneffekt ist die Reduzierung der Druckmaschinen-Anlaufzeit und
der Makulatur. All dies spricht für die
starke GCR-Anwendung. In ISOnewspaper26v4.icc ist GCR bereits „eingebaut“
und hat Zeitungen in den letzten Jahren
Einsparungen von Millionen von Euros
ermöglicht. Die neuen Druckfarbeneinsparungs-Tools machen nichts anderes:
Sie senken den Farbverbrauch durch
Reduzierung der Graukomponente. Wenn
man zuvor kein GCR angewandt hat, sind
die Einsparungen enorm. GCR hat aber
auch Nachteile und man muss bei der
Anwendung immer alle Produktionsstufen im Blick haben.
20 Minutos: Es gibt ein Leben nach der ISO 12647-3-Norm
20 Minutos arbeitet mit elf
externen Druckzentren in
ganz Spanien zusammen.
Wir orientierten uns an der
ISO-Norm 12647-3 gemäß
den
Ifra-Empfehlungen.
Alle Druckverträge verweisen auf diese ISO-Norm.
zeigen. Die unzureichende Schulung im
Hinblick auf ISO 12647-3 stellt ein grundsätzliches Problem dar. Man muss aber
auch sagen: Viele Druckzentren investieren viel Zeit und Geld in Qualitätskontrolle.
zt: Mit welchen Problemen sind Sie am häufigsten konfrontiert?
Francisco Fernández Perea (Produktionsleiter):
Norm zu hohe Toleranzen auf: So kann es
vorkommen, dass man zwei Exemplare
hat, die beide der Norm entsprechen, aber
völlig unterschiedlich ausfallen.
F. Fernández
Die meisten Druckprobleme sind durch
übermäßige Dichte bedingt. Viele meinen,
je höher die Dichte, desto besser das Ergebnis. Wir müssen klarmachen, dass jeder Prozentpunkt an höherer Dichte 10 %
höhere Druckfarbenkosten bedeutet – mit
der Gefahr, dass sie dann ins genaue Gegenteil verfallen! Auch die Tonwertzunahme bereitet Probleme. Allgemeine
Schwierigkeiten sind mangelnde Umsetzung der ISO-Norm und das Fehlen eines
Standards für die Übermittlung von An-
zt: Ist die durch die ISO-Norm gewährleistete
Qualität für ihre Anzeigenkunden ausreichend?
F. Fernández: Meiner Ansicht nach weist die
zt: Welche weiteren Pläne verfolgen Sie, um die
Qualität Ihrer Zeitungen weiter zu verbessern?
F. Fernández: Wir denken an eine Software
für die halbautomatische Erfassung eines
Kontrollstreifens mit mehreren Feldern
und an automatisches Reporting. Das
wird die monatlichen Berichte erheblich
vereinfachen und tägliche Auswertungen
ermöglichen. Wir testen derzeit die Produkte, die hierfür auf dem Markt sind.
Eine Schwierigkeit liegt in der Integration
des Kontrollstreifens in das Design. Doch
eigentlich können wir uns bei 20 Minutos
im Gegensatz zu anderen Zeitungen hier
wirklich nicht beschweren. So waren wir
unter den ersten Zeitungen, die in Spanien einen Graukeil einführten, und haben
uns immer für alle Initiativen eingesetzt,
die eine bessere Qualität zum Ziel haben.
Im Prepress-Bereich arbeiten wir an der
Standardisierung des grafischen Materials: Agenturbilder, Fotos von Freelancern,
Korrespondenten etc. Wir haben Druckzentren, mit denen wir zusammenarbeiten, aufgerufen, am INCQC-Wettbewerb
der Ifra teilzunehmen, um ihr Qualitätsniveau beurteilen zu können. Einige
haben uns bereits zugesagt, dass sie an
der nächsten Runde teilnehmen möchten.
Und schließlich prüfen wir – auf längere
Sicht – die Möglichkeit, die Zeitungsexemplare mit unsichtbarer Farbe zu
nummerieren, um eine bessere Produktionsverfolgung zu gewährleisten.
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