Druckversion (als PDF-Datei) - Kampfkunst und Selbstverteidigung

Transcription

Druckversion (als PDF-Datei) - Kampfkunst und Selbstverteidigung
Die Mauer des Schweigens
- verfasst von Prof. Rick Clark (übersetzt von Matthias Golinski)
Das Wissen und die Fähigkeiten um die esoterischen Aspekte der Kampfkünste wurden vor
der gemeinen Bevölkerung geheim gehalten, damit die höheren Ränge ihre Autoritätsposition
sichern konnten. Bereits frühe Schriftsteller beschreiben, wie verschwiegen Kampfkunstlehrer
waren, um das Wissen um diese Punkte von der Allgemeinheit fernzuhalten. Koyama &
Minimi (1913) schreiben: „das Wissen des jiu jitus (sic) wurde erst kürzlich der Öffentlichkeit
in Japan zugänglich gemacht“ (S. 6) Die „Oberschicht, bemüht nicht ihren Einfluss auf das
gemeine Volk zu verlieren, versuchten es für sich selbst zu behalten“ (ebenda, S. 6) Die
Geschichte ist mit Beispielen übersäht, wo die Mächtigen ihre Position durch die
Beschränkung von Waffen oder Wissen erhalten wollten. Zum Beispiel war Bronze bei der
erstmaligen Verwendung im Waffenbau anderen Materialien deutlich überlegen und die
Produktion wurde daraufhin zum staatlichen Monopol. Eine ähnliche Analogie ist heute das
Wissen um Nuklearwaffen und wie es als gut gehütetes Staatsgeheimnis gewahrt wird.
Im feudalen Japan war es einzig der Kriegerkaste (bushi) gestattet, zwei Schwerter zu tragen
und die verschiedenen Formen der Kampfkünste zu üben. Bujutsu wurde als die exklusive
Domäne der Kriegerkaste angesehen. „Gewöhnlichen Leuten, auch wenn nicht vollkommen
unbewaffnet, war es verboten, die von den bushi verwendeten Waffentypen zu besitzen und
das bujutsu zu üben.“ (Draeger 1983, S. 53) Kendo ist ein gutes Beispiel dafür, wie die
Bujutsu-Techniken im frühen siebzehnten Jahrhundert zu einer Form des Budo geändert
wurden. Mit diesem Wechsel „war das Wesen des Kendo zu dieser Zeit eher als eine
spirituelle Disziplin zur Verbesserung des persönlichen Charakters, als eine direkt mit dem
Kampf verbundene Tätigkeit festgelegt.“ (Draeger 1975, S. 68) Eigentlich für Situationen von
Leben und Tod entwickelt, diente das Kendo nun der geistigen Perfektion des Individuums.
Mit diesem Wechsel auf den Schwerpunkt des nicht-kämpferischen Aspekts kam es, dass
„eine Fechtkunst öffentlich allen Gesellschaftsschichten zugänglich gemacht wurde“ (ebenda
S. 68) Somit wurden die Kampftechniken welche ursprünglich der Kriegerkaste vorbehalten
waren, nun der gemeinen Öffentlichkeit unterrichtet.
Die modernen Budo-Formen des Aikido und Judo wurden in diesen frühen Jahren nicht als
Kampfstile, sondern zur spirituellen und körperlichen Entwicklung unterrichtet. Aikido und
Judo kamen von einem gemeinsamen Vorläufer, dem Jujitsu. Judo, der ältere der beiden Stile,
wurde in 1882 von Jigoro Kano systematisiert. Später, 1925, wurde das Aikido von Morihei
Ueshiba begründet, wobei es da noch als aiki-jujutsu bekannt war. 1942 kam es zu dem
Namenswechsel, welchen es bis heute beibehalten hat (Draeger 1973, S. 139). Beide Herren
modifizierten ältere Systeme des Jujitsu um neuere Stile zu entwickeln, die „weitgehend ohne
Bezug zum realen Kampf [sind]“ (Draeger 1973, S. 138). Kano war dabei sehr offen mit der
Bekanntmachung, dass er die gefährlichen Techniken aus dem Lehrplan des Judo entfernt hat.
Um genau zu sein, beschränkte das Judo die Übung des Kyusho (Druck auf die Vitalpunkte
des Körpers) auf die Kata (Koizumi 1967), so dass es nicht mehr nötig war, diese Punkte an
einem Gegner zu schlagen. Die Entwicklung des Kyusho-jitsu oder Atemi-waza in den
japanischen Kampfkünsten „lag hinter den fortgeschritteneren Systemen Chinas und den von
China beeinflussten Kampfsystemen aus Korea und Okinawa zurück“ (Draeger 1973, S. 134).
1
Während der Taisho-Periode (1912-26) führten Gichin Funakoshi und andere das
okinawanische Karate auf dem japanischen Festland ein. Nun erscheint es wahrscheinlich,
dass Funakoshi das Kyusho-jitsu nicht an die Allgemeinheit unterrichtet hat. Es ist sogar
möglich, dass er die fortgeschrittenen Techniken nicht einmal an seine älteren Schüler
unterrichtet hat.
Funakoshi (1975) sagt, dass er „die Kata korrigierte, um sie so einfach wie möglich zu
machen“ (S. 36) Die Vereinfachung der Kata kann allerdings zuerst einmal einem von
Funakoshi’s Lehrern, Anko Itosu, zugeschrieben werden. In den frühen 1900ern entwickelte
er die fünf Pinan kata, welche dann im okinawanischen Schulsystem unterrichtet wurden.
Einem aufmerksamen Militärarzt viel die körperliche Verfassung okinawanischer Rekruten
auf, was auf die Ausübung des Te zurückgeführt wurde. Karate wurde daraufhin 1903 in den
Lehrplan des Sportunterrichts aufgenommen (Draeger 1973, S. 59). Dies fand natürlich vor
der Einführung des Karate in Japan 1922 statt.
Erst nachdem Kano das Judo entwickelt und die gefährlichen Techniken entfernt hatte, konnte
das Judo im japanischen Schulsystem unterrichtet werden. Es scheint so, als ob Funakoshi das
Karate ähnlich unterrichtet hat, um es angemessen für das Schulsystem zu machen. „In der
Hoffnung, Karate im allgemeinen Sportunterricht unserer öffentlichen Schulen zu sehen, habe
ich die Kata korrigierte, um sie so einfach wie möglich zu machen.“ (ebenda, S. 36)
Funakoshi sagt sogar, dass das Karate welches in Japan unterrichtet wurde „nicht dasselbe
Karate ist, welches zehn Jahre zuvor geübt wurde, und sehr unterschiedlich von dem Karate
ist, welches ich als Kind auf Okinawa gelernt habe.“ (ebenda, S. 36). Es muss davon
ausgegangen werden, dass Funakoshi den Anfängern kein tiefgehendes Verständnis der Kata
beigebracht hat. Seinerzeit war es nicht ungewöhnlich, nur einigen wenigen die wirklichen
Geheimnisse eines Stils zu vermitteln. Um diesen Punkt zu verdeutlichen, betrachtete das JiuJutsu (sic) die Schläge zu den vitalen Punkten des Körpers als geheime Techniken und hat
dieses Wissen nicht an Neulinge weitergegeben. Die Meister eines Stils würden das
vollständige System nur an jemanden unterrichten, der „der Erbe der gesamten Methode“ ist
(Yamanaka 1918, S. 208).
Wenn Sie verstehen, dass Kata als Methode zur Erinnerung an verschiedene
Selbstverteidigungstechniken entwickelt wurde, ist es einfach zu verstehen, was Funakoshi
meint wenn er sagt: „wenn man dabei nur lernt, seine Arme und Beine zu bewegen und auf
und ab zu hüpfen wie eine Puppe, so unterscheidet sich der Karateunterricht nicht sehr vom
Tanzuntericht. So erreicht man das Wichtigste nicht; man hat die Essenz des Karate-do
versäumt.“ (S. 104) Funakoshi hielt fest an dem Prinzip, das die wahren Geheimnisse des
Karate in den verschiedenen Kata liegen. Funakoshi (1988) sagte: „In Anbetracht der über 30
Kata sollte er [ein Schüler] in der Lage sein zu erkennen, dass es tatsächlich lediglich
Variationen einer Handvoll sind. Wenn man eine einzelne Technik wirklich versteht, muss
man die Formen nur beobachten und die wesentlichen Punkte der anderen gesagt bekommen.“
(S. 44) Die Essenz des Karate-do zu erfassen ist ein schwer greifbares Ziel, welches nur von
wenigen erreicht wird. Dazu benötigen Sie einen Mentor der die Kata wirklich versteht, um
Sie in die richtige Richtung zu lenken. Die „Kampfkunstmeister von früher haben die
Diplome und die Schlüsselelemente lediglich an die Schüler weitergegeben, deren fast schon
unerträglich hartes und ernstes Training sie direkt zum Erlebnis des Budo-Geistes geführt
hat.“ (Funakoshi 1988, S. 44)
Aus der Perspektive der modernen Kampfkünste sind zwei Schlüsselelemente nötig, um die
Essenz des Karate-do zu erfassen: das Verständnis, dass die Kata brauchbare
Selbstverteidigungstechniken enthält, welche auf dem Schlagen und Manipulieren von
2
Vitalpunkten basieren. Grundlage für die Interpretation der Kata ist das Unverständnis dessen,
was normalerweise als Blocktechniken interpretiert wird. Diese Aspekte des Karate-do
wurden wahrscheinlich wegen der tödlichen Wirkung der Techniken von Highschool- und
Unistudenten ferngehalten.
Bedenken Sie für einen Moment: wenn Sie Schülern zeigen könnten, wie man bereits durch
leichte Schläge auf verschiedene Körperteile den Gegner ausknocken kann, wollten Sie dann,
dass jeder Highschool-Schüler in Ihrer Stadt dieses Wissen hat? Natürlich nicht! Derartige
Techniken würden von allen, bis auf ein paar der besten Schüler des Lehrers ferngehalten.
Oder wenn Sie ein Lehrer mit dem Wissen um diese tödlichen Techniken wären, würden Sie
dann diese wirklichen Geheimnisse an jene unterrichten die gerade erst Ihre Nation erobert
haben? Ich denke nicht. Okinawa war eine besetzte Nation unter japanischer Herrschaft. Wie
wahrscheinlich ist es dann, dass Funakoshi jemals die wahren Geheimnisse des Karate-do an
seine älteren Schüler vermittelt hat? Mit den Worten eines von Funakoshi’s frühen Schülern,
Shigeru Egami (1976). Dieser sagt in einem Text über die „Yoi“ oder Bereitschaftshaltung: „I
weiß, dass es Wechsel in der Funktion zwischen den verschiedenen Kata gibt, aber ich muss
zugeben, dass ich die Gründe dafür oder warum sie in Abhängigkeit der Kata wechseln nicht
kenne.“ (S. 107) Wenn ein so fortgeschrittener Schüler von Funakoshi die Kata schon nicht
vollständig versteht, wie wahrscheinlich ist es dann, dass amerikanische Soldaten nach dem
Zweiten Weltkrieg die wahre Bedeutung des Karate vermittelt bekamen?
Dieser Zweifel, dass Ausbilder die fortgeschrittenen oder tödlichen Techniken an Westler
vermittelt haben, wird eindeutig von Koyama & Minami (1913) bestätigt, wenn sie sagen: „Es
gibt einige Jiu jitsu Techniken die niemals Europäern oder Amerikanern erklärt wurden – und
sie werden es wahrscheinlich auch niemals werden.“ „Diese Todesstöße sind
außergewöhnlich. Einige werden zur Wirbelsäule, andere zum Hals oder Kopf, und zwei zum
Gesicht ausgeführt. Es gibt nahezu unzählige Techniken die zeitweise Nerven oder
Nervenzentren lähmen, und andere welche die Blutzirkulation in verschiedenen Körperteilen
stoppen.“ (S. 5-6)
Diese Überzeugung wird auch von Vairamuttu (1954, S. 21) vertreten, wenn er die Aussage
von Koyama & Minami wiederholt und sagt: „Das die wahren Geheimnisse des
fortgeschrittenen jujitsu, welche so sorgsam von den Japanern gehütet werden und nur unter
strengster Geheimhaltung an Schüler mit unzweifelhaftem moralischen Charakter
weitergegeben werden, jemals an Abendländer preisgegeben wurden, kann sehr stark
bezweifelt werden.“ Die ‚wahren Geheimnisse’ auf die sich Vairamuttu bezieht, waren die
Techniken zum Angriff der vitalen Punkte des Körpers und die Reanimation nach der
Anwendung solcher Schläge.
Dieser Schleier der Verschwiegenheit findet sich durchweg in vielen Kampfkünsten. Um
diesen Punkt zu verdeutlichen: Aikido-Meistern wurden Technikgruppen, die als KaeshiWaza bekannt sind, vermittelt. Kaeshi-Waza sind Techniken welche eine Vermischung von
zwei Bewegungen beinhalten und es so ermöglichen, den Sieg über den Gegner zu erreichen.
Saito (1974) präsentiert eine erleuchtende Erklärung über Kaeshi-Waza die an hochrangige
Aikido-Schwarzgurte weitergegeben werden. „in den alten Tagen schulte Begründer Morihei
Ueshiba seine führenden Schüler in der Kunst der Kaeshi-Waza und gab ihnen ein geheimes
„Handbuch für den kriegerischen Wettkampf“ mit, bevor er sie als unbesiegbare Ausbilder in
die Welt entsandte. Die mit Kaeshi-Waza ausgerüsteten Ausbilder konnten somit in ihren
Unterrichtsstunden immer die Kontrolle behalten. Selbst wenn sie einmal in einer nachteiligen
Position waren.“ (S. 125)
3
Daraus wird eindeutig klar, dass Ueshiba geheime Techniken von den japanischen Schülern
mit niedrigeren Rängen zurückhielt, um die Vorherrschaft der höherrangigen Schüler
sicherzustellen. Ueshiba, so erscheint es, ging dann einen Schritt weiter und hielt absichtlich
Techniken von allen nichtjapanischen Schülern zurück. Diese Ansicht wird von Stevens
(1987) unterstützt, wenn er eine Passage aus Morihei Ueshiba’s 1938 privat veröffentlichtem
Text „Budo“ zitiert, wo gewarnt wird: „Dieses Handbuch darf nicht Nichtjapanern gezeigt
werden.“ (S. 78)
Was war es, das Ueshiba seinen Ausbildern gezeigt hat? Saito (1974, S. 125-165) zeigt
Konter gegen Aikido-Würfe und -Hebel. Man kann annehmen, dass dies die Basis von
Ueshibas Kaeshi-Waza ist. Allerdings scheint Ueshibas Kunst mehr zu beinhalten, als nur die
von Saito gezeigten Kontertechniken. Stevens (1987) beschreibt eine Begebenheit, die sich
während Ueshiba’s Aufenthalt in der Mongolei zugetragen hat. „Morihei wurde sofort zu
einem Lama [spirituellen Führer, Anm. d. Übers.], indem er umfangreiche Demonstrationen
der chiokon-hishin Techniken gab und durch Handauflegen Krankheiten heilte. Er führte sein
Können als König der Beschützer vor und brachte dabei selbst kräftige Mongolen-Krieger
durch bloße Berührungen zum Zusammenbrechen. Dabei wussten die unkundigen Kämpfer
nicht, dass er ihre Vitalpunkte angriff.“ (S. 29). Die Verwendung von Vitalpunkten scheint
eine bedeutende Rolle in Ueshiba’s Kampfkunst zu spielen. Wenig überraschend scheint dies
aber nicht an Westler unterrichtet zu werden. Ueshiba’s Fähigkeit, einfach eine Person ‚leicht
zu berühren’ und damit bewusstlos zu machen, muss wirklich eine wundervolle Kunst
gewesen sein. Solche Angriffe auf die vitalen Punkte scheinen etwas sehr wichtiges zur
Weitergabe an die Schüler zu sein. Allerdings weisen Aikido-Texte von Saito (1974), Tohei
(1968), Uyeshiba (1962), Westbrook (1970), Yamada (1974) und Shioda (1962) keine
speziellen Angaben über Vitalpunkte oder ihre Anwendung, wie Ueshiba zugeschrieben, auf.
Ausnahmslos empfehlen diese Texte aber Atemi-Waza (Schläge auf Vitalpunkte) vor einer
Technik auszuführen. Die meisten Texte zeigen die allgemein zu schlagenden Punkte für
Wurf- oder Haltetechniken. Abbildungen solch allgemeiner Anleitungen können etwa im Text
von Saito (1974, S. 124) gefunden werden, wo er die folgenden Informationen über AtemiWaza bei der Ausführung des Shio-Nage anführt: „Atemi zum Gesicht des Partners mit der
rechten Hand“, „Trete sein rechtes Knie zur Seite, um das Kniegelenk auszurenken.“, „Atemi
mit dem linken Ellenbogen zu seiner Seite.“ Diese Atemi-Waza werden so dargestellt, als
wenn sie nur zur Ablenkung des Gegners verwendet werden, und nicht als ein bedeutender
Teil der Technik.
Es ist interessant zu sehen, dass alle von diesen Texten ziemlich genaue Beschreibungen der
Würfe liefern, aber bezüglich der Atemi-Waza extrem vage sind. Was noch interessanter ist,
ist ein japanisch-sprachiger Text von Hashimoto (1964), wo er die 27 Kyusho (Vital) –Punkte
aus dem Aikido mit den Akupunktur-Punkten vergleicht. Die Auflistung ist sehr detailliert
und zeigt die Namensgebung wie sie sowohl im Aikido als auch in der Akupunktur verwendet
wird. Hashimoto nennt Vitalpunkte aus dem Aikido an der Brust, am Kopf, im Gesicht, an der
Hand, am Bein und am Rücken. Während die genaue Lage der Vitalpunkte in englischsprachigen Aikidotexten nicht beschrieben wurde, ist es eindeutig, dass sie in Japanischen
Texten offen diskutiert werden.
Vor dem Zweiten Weltkrieg gab es zahlreiche Veröffentlichungen, welche Vitalpunkte und
ihre Verwendung um eine Person bewusstlos zu schlagen oder zu töten, erläutert haben. Viele
dieser Bücher machen sehr präzise Angaben, sofern man weiß, wonach man suchen muss!
Um einige Beispiele zu geben: Mitchell (1936) zeigt mindestens drei funktionsfähige
Knockouts (S. 135-143). Hunter (1938) nennt und beschreibt Vitalpunkte am menschlichen
4
Körper und beschreibt ein KO (S. 18-24). Außerdem beschreibt er zahlreiche Kuatsu und
Wege, um eine Person wieder zu Bewusstsein zu bringen. (Band 2, S. 7-9)
Im Allgemeinen sind diese Texte sehr vage wenn es darum geht, wie man exakt eine Person
ausknockt. Wenn der Leser allerdings bereits mit der Theorie und den Techniken der
Vitalpunkte vertraut ist, sind diese Knockouts selbsterklärend. Mit Ausnahme von Koizumi
(1960) gab es keine betrachteten Texte, in denen Kata und die Vitalpunkte-Lehre verbunden
wurden. Jedes Knockout wurde als einzelne Technik und nicht in Verbindung zur Kata
beschrieben.
Wir, die Kampfkunstgemeinschaft haben es zugelassen, dass dieses Wissen praktisch
entschwunden ist. Um ein konkretes Beispiel zu nennen, haben etwa Hancock und Higashi
(1905) ein Buch veröffentlicht, welches Kyusho (Vital) –Punkte und detaillierte Methoden
des Kuatsu (Wiederbelebung) beschreibt. Das Buch wurde 1961 von ‚Dover Publications’
erneut veröffentlicht. Zu Beginn des Buches wurde folgende Bekanntmachung gedruckt:
„Diese Dover-Ausgabe, erstveröffentlicht in 1961, ist ein unveränderter Nachdruck des von
G.P. Putnam’s Son’s 1905 erstmalig veröffentlichten Werkes. Einzig die beiden letzten
Kapitel (26 Seiten) über ernsthafte und tödliche Schläge und Kuatsu, die Wiederbelebung,
wurden ausgelassen, da ihr Nutzen für die Öffentlichkeit zweifelhaft erschient und sie nicht
den Gesamtwert des Buches tangieren.“ Während die Verleger der Ansicht waren, dass der
Gesamtwert des Buches davon nicht betroffen ist, ist die Auslassung dieser zwei Kapitel ein
bedeutender Nachteil.
Im Bezug auf Vitalpunkte gibt es sowohl in diesen frühen Werken, wie auch in
zeitgenössischen Arbeiten bedeutende Fehler:
1. Die Richtung und der Winkel der Schläge, sowie deren Wirkung werden nicht
angegeben.
2. Die Art wie diese Punkte getroffen werden müssen, um die Person auszuknocken wird
nicht angegeben.
3. Am wichtigsten ist, wie man diese Techniken in den Kata findet.
Diese wichtigen Aspekte der Kampfkünste wurden viel zu lange vernachlässigt. Es ist eine
wichtige Angelegenheit, dass wir diese wahre Bedeutung des Karate-do wieder entdecken.
Literatur:
Drager, D. F. The Martial Arts and Ways of Japan: Volume 1 Classical Bujutsu, Weatherhill,
New York (1983).
Drager, D. F. The Martial Arts and Ways of Japan: Volume 2 Classical Bujutsu, Weatherhill,
New York (1975).
Egami, S. The Way of Karate: Beyond technique Kodansha International, Tokyo (1976).
Funakoshi, G. Karate-Do: My way of life Kodansha International, Tokyo, 1975.
Hancock, H. Irving & Higashi, Katsukuma THE COMPLETED KANO JIU-JITSU (JITSO),
Dover Publications, Inc., New York, 1961.
5
Hashimoto, Masae ATSUKUNAI OKYU NYUMON (An Introduction to Acupuncture and
Moxibusiton without Cautery. Tokyo, 1964.
Hunter, H.H. Super Ju-Jitsu: Vol. 1 Times Job Print: Ontario, 1938.
Hunter, H.H. Super Ju-Jitsu: Vol. 2 Times Job Print: Ontario, 1938.
Koizumi, G., My study of Judo: The Principles and the Technical Fundamentals Cornerstone
Library: New York, 1967.
Koyama, K., & Minami A. Jiu Jitsu: The Effective Japanese Mode of Self-Defense. American
Sports Publishing: New York, 1913
Mitchell, D. Skilled Defense. Dewey Mitchell System of Skilled Defense: Cleveland, 1936.
Saito, M. Aikido: Sword Stick and Body Arts Vol. 4 Vital Techniques Minato Research:
Tokyo,1974.
Saito, M. Aikido: Sword Stick and Body Arts Vol. 1, 2, 3 & 4 Vital Techniques Minato
Research, Tokyo, 1974.
Stevens, J. Abundant Peace: The Biography of Morihei Ueshiba founder of Aikido
Shambhala, Boston,1987.
Tohei, K. This is Aikido Japan Publications: Tokyo, 1968.
Shioda, G. Dynamic Aikido Kodansha: Tokyo, 1968.
Vairamuttu, R.A. Scientific Unarmed Combat: The art of dynamic self-defense the ancient
Asian pyscho-physical study W. Foulsham, London, 1954.
Uyeshiba, K. Aikido Kodansha: Tokyo, 1962.
Westbrook, A., & Ratti, O. Aikido and the Dynamic Sphere: An Illustrated Introduction
Charles E. Tuttle, Vermont, 1970.
Yamada, Y. Aikido Complete Citadel Press: Sercaucus, 1974.
Yamanaka, K. Jiu-Jutsu Penton Press: Cleveland, 1918.
Prof. Rick Clark (* 04. Dezember 1948, u.a. 8. Dan Ryûkyû Kempô)
begann 1962 mit den Studium der Kampfkünste. Bereits früh
widmete er sich dem Cross-Training. Durch dieses Training in
verschiedenen Stilen erreichte er auch zahlreiche SchwarzgurtGraduierungen. Er hat sich stets auch mit der Vitalpunktelehre
befasst und im Juni 1989 mit dem Artikel „What is the Purpose of
Kata“ (in: Inside Karate) als einer der ersten in einem USamerikanischen Magazin zu diesem Thema publiziert. Zahlreiche
Artikel, 3 Bücher und 2 Videos folgten. Zuletzt veröffentlichte er
2003 „75 Down-Blocks“, wo er 75 Anwendungsmöglichkeiten des
Gedan-Barai demonstriert. Rick Clark gibt regelmäßig internationale Seminare. Nähere Infos
unter: http://www.ao-denkou-kai.org/
© Matthias Golinski, 2008
Der Text wurde dem Übersetzer mit freundlicher Genehmigung des Autors zur
Veröffentlichung auf dieser Seite zur Verfügung gestellt.
Sämtliche Abbildungen auf dieser Homepage entstammen dem Archiv des Autors oder sind mit der Genehmigung der jeweils
verantwortlichen Dritten verwendet worden. Ich möchte ausdrücklich darauf hinweisen, dass Homepages (mit all ihren
Einzelheiten)
auch
dem
Schutz
des
Uhrheberrechts
unterliegen.
Ohne die schriftliche Erlaubnis des Autors darf kein Teil dieser Homepage (weder Abbildungen noch Texte) in irgendeiner
Weise reproduziert werden.
www.TSURU.de
6