W. Aichele Lor-kidul (zu Nagarakrtagama 82 und 683) In: Bijdragen
Transcription
W. Aichele Lor-kidul (zu Nagarakrtagama 82 und 683) In: Bijdragen
W. Aichele Lor-kidul (zu Nagarakrtagama 82 und 683) In: Bijdragen tot de Taal-, Land- en Volkenkunde 115 (1959), no: 4, Leiden, 328-335 This PDF-file was downloaded from http://www.kitlv-journals.nl LOR-KIDUL (zu Nögarakrtagama 82 und 683) n ihrem Aufsatz Over de Interpretatie van de NSgarakrtagama 1, in dem sie, über das eigentliche Thema hinausgreifend, die Problematik der. Interpretation altjavanischer Literatur überhaupt in voller Klarheit ans Licht stellten, haben A. T e e u w und E. M. U h l e n b e c k das Verstandnis auch jenes historisch so bedeutsamen Abschnittes in dem Gedicht, der sich auf die Reichsteilung Javas unter König Airlangga bezieht (Sarga 673 bis 68 5 ) 2 , durch ihre neue Interpretation wesentlich gefördert. Bei der Erörterung der Frage, wie der Hauptschwierigkeit, namlich unserer lückenhaften lexikologischen Kenntnis 3 zu begegnen sei, die bei der Lektüre eines altjavanischen Textes so oft das Verstandnis erschwert, wenn nicht gar völlig vereitelt, halten die beiden Verfasser mit Recht die Untersuchung und Befragung anderer möglichst gleichartiger und gleichzeitiger Literaturerzeugnisse für notwendig in der Hoffnung, so zur gewünschten Klarung zu gelangen. Diese Forderung schliesse gleichwohl nicht aus, dass der • Interpretation des . Nagarakrtagama auch noch Feststellungen zugute kommen könnten, die sich aus der Lektüre sogar urn Jahrhunderte alterer Gedichte, wie etwa des Arjunawiwaha, ergeben 4 . Hier nun soll geprüft werden, ob das Wortkompositum lor-kidul „im Norden und Süden", das vor allem bereits im altjavanischen Ramayana haufig vorkommt, dort aber, wie sich zeigen wird, sinngemass als „in allen Himmelsrichtungen, überall, ringsum" zu verstenen ist, so auch an den beiden Nagarakrtagama-Stellen 82 und 683 zu deuten ist. H. H. J u y n b o 11 hat lor-kidul an den zahlreichen Stellen, wo das Kompositum im Ramayana vorkommt, regelmassig in seiner wörtlichen Bedeutung mit „Norden und Süden" wiedergegeben, wie es bereits H. K e r n bei der Uebersetzung von Ramayana 3 1 2 getan hatte, der 1 2 3 4 B.K.I. 114, 1958, pp. 210 ff. a.a.O., p. 230 ff. a.a.O., p. 221. a.a.O., p. 213. LOR-KIDUL. 329 einzigen Stelle in den noch von ihm übertragenen Gesangen, die Iorkidul enthalt. Da hier dem Kompositum der Artikel n vorangestellt ist, wird diese Strophe, ebenso wie Ramayana 1958, e r s t im Anschluss an die folgende Aufzahlung der Belegstellen des Ramayana behandelt werden. Bei der Interpretation aller dieser Stellen wird indessen deutlich werden, dass der Dichter des Ramayana Ior-kidul in der bereits angedeuteten umfassenderen Bedeutung verwendet und nicht allein auf die Nord- und Südrichtung bezogen hat. Man vergleiche: Ram. 7 . 10a: hah samïrana mirir ya Ior-kidul „Ach, der Windhauch, der von allen Richtungen blast." Ram. 7 . 49d: t-ambah ta n giriparswa to laku muwah ton ta n tasik Ior-kidul „Ersteige den Berghang, wandere dann weiter, und du wirst (in allen Richtungen) die weite See erblicken." Ram. 7 . 51b: yatnatah susupi n pakuwwan atitip tinjon wulat Ior-kidul „Vorsichtig dringe ein in den dichtbebauten Wohnbereich und schaue spahend dich um nach allen Seiten." Ram. 7 . 87d : tatan wruh in desa parana Ior-kidul „Ohne zu wissen, welche Richtung in der Runde (von allen Himmelsrichtungen) wir einschlagen sollen." Ram. 10.72d: kagiri-giri dilahnya tejanya mabhrasinaii Ior-kidul „Erschreckend, wie von seiner Flamme mit ihrem Schein ringsum alles von strahlendem Licht erhellt war." Ram. 11 . l c : kutug ta n apuy Ior-kidul kalamrtyüpamanyómalad „Das Feuer prasselte überall auf und schoss Flammen wie der Todesgott." Ram. 15 .29c: mahani n mahodadhi hamön ya Ior-kidul „Der Ozean stank, der üble Geruch drang nach allen Richtungen." Ram. 19. 51c: nda tan paligaran ya wuntu matitip matap Ior-kidul „Nicht zu zahlen waren sie, sodass von den nach allen Seiten dicht gereihten (Scharen) (die Wege) versperrt waren." Ram. 20. 51b: pëtën ta n jagat Ior-kidul tan patonan „Finsternis war in allen Richtungen über die Welt gebreitet, sodass keiner den andern sehen konnte." Ram. 20 . 56: gëlanêkanan wre kapühan ya kagyat 330 W. AICHELE. tatan wruh ri saiika nikah 5 sabda ghora kapühan mulat lor-kidul tan tinonya sawetnyapëtën andhakarêkanan rat „Niedergeschlagen, angstlich und erschreckt waren die Affen, da sie nicht wussten, woher die schaurige Stimme kam. Aengstlich schauten sie nach allen Seiten, ohne etwas wahrzunehmen, denn die Erde lag in Dunkel und Finsternis." Ram. 24 . 199b: lawan dewaganaprameya hibëkan n akasa sök lor-kidul „und eine unzahlbare Götterschar erf üllte dichtgedrangt den Luftraum im Umkreis." Ram. 25 . 13: jawa jahli lor-kidul ikafi pamacan „(Felder mit) Java- und Jahli-Korn (erstrecken sich) nach allen Seiten der Klausnerei, d.i. rings um die Klausnerei." Wollte man die Bedeutung von lor-kidul in allen diesen, wie ich hoffe, vollzahlig aufgeführten Beispielen aus dem Ramayana ausschliesslich auf „Norden und Süden" beschranken und die übrigen Himmelsrichtungen ausnehmen, so würde die Sinnwidrigkeit einer solchen Interpretation offenbar. Lor-kidul in der Bedeutung „in allen Himmelsrichtungen" begegnet indessen, wenn auch nicht so haufig wie im Ramayana, auch in anderen spateren Werken der altjavanischen Literatur, und wie P i g e a u d's 6 Wörterbuch ausweist, scheint das Kompositum in dieser Bedeutung bis in die Gegenwart lebendig zu sein. Bharata-Yuddha 2Ó6b heisst es: atisaya kandël in bala samar katonan i wëkasnya lor-kidul adoh „Ausserordentlich ist die Dichte des Heeres, verschwommen noch sichtbar am fernen Horizont 7." Auch an zwei Stellen des von J. G o n d a herausgegebenen Agastyaparwa 8 findet sich lor-kidul wieder. In seiner Uebersetzung 9 hat Prof. 6 6 7 8 8 < sankan nikah. Vgl. Dr. Th. Pigeaud, Javaans-Nederlands Handwoordenboek, 1938, p. 249: ora weroeh lor-kidoel „de oriëntatie kwijt zijn". wëkasnya lor-kidul „das Ende aller Himmelsrichtungen" bezeichnet offenbar den Horizont. Agastyaparwa, hg. von J. Gonda, B.K.I. 90, 1933, p. 357 Zeile 10, und p. 358, Zeilen 20, 21. Agastyapaj-wa, Vertaling door Prof. Dr. J. Gonda, B.K.I. 94, 1936, p. 238 und 240. LOR-KIDUL. 331 G o n d a den Sinn nach dem Zusammenhang ausgezeichnet wiedergegeben. Ich zitiere zunachst die zweite Stelle: kunah ikan wwan rahayu sugih sujanma, ndatan hana mahyun iriya. lor kidulnya pinaran denin wërëh-wërëh. „Was eine Frau betrifft, die schön, reich und aus gutem Hause ist und die trotzdem niemand begehrt, die von den jungen Leuten gemieden w i r d . . . " (wörtlich etwa: „urn die von den jungen Leuten ein Bogen gemacht wird"). An der anderen Stelle wird von lor-kidul die Ableitung linoran kinidulan (nicht, wie man erwarten sollte: linor-kidulan) gebildet, offenbar mit dem gleichen Sinn, den lor-kidulnya pinaran ausdrückt: „ihr Umkreis wird begangen, sie werden umgangen, übergangen": linoran kinidulan ya, ar paweh san prabhu kapamëgëtan „Sie werden übergangen, wenn der Fürst Pfründen verteilt." Es kann nicht zweifelhaft sein, dass auch Prapafica, der Dichter des Nagarakrtagama, in seiner Beschreibung der Hauptstadt Majapahit das Kompositum lor-kidul in der Strophe 8 2c im gleichen Sinn „in allen Himmelsrichtungen" verwendet hat: kanah lor-kidul in 1 0 pëkën raket ikan yasa wëkas in apanjan adbhuta dahat. Die von H. K e r n gegebene Uebersetzung: „Van Noord naar Zuid ligt het marktplein, met dicht aaneenstaande gebouwen, uitermate lang, zeer wonderschoon" ware demnach zu andern in: „auf allen Seiten des Platzes liegen dicht aneinander ausserordentlich lange, sehr imposante Gebaude", d.h. „der Platz ist umrahmt von .. . Gebauden". An zwei Stellen des altjavanischen Ramayana erscheint nun lor-kidul mit dem Artikel n, der das adverbielle lor-kidul substantiviert: Ram. 3 . 12: apan sira mamëtwakën sira maweh wruhên lor-kidul. H. K e r n übersetzt den Vers mit: „want hij is het die verwekt; hij maakt dat men zal weten wat Noord en wat Zuid is." Ram.,19. 58a: kapïndra winarah rin agama wruhên lor-kidul. In J u y n b o 1 I's Uebersetzung: „De apenvorsten waren onderricht in de wetenschappen en men had hen geleerd, het Noorden en het Zuiden te onderscheiden." metri causa für die überlieferte Lesung i pëkën. 332 W. AICHELE. Indessen wird man auch hier n lor-kidul nicht auf die beiden Himmelsrichtungen, den Norden und den Süden, beschranken dürfen. Nach dem Vorstehenden wird n lor-kidul vielmehr als „das Ringsum, die Umwelt, Welt" zu verstehen sein, sodass in Ram. 3 . 12: . . . sira maweh wruhên lor-kidul als „er (d.i. „ein Vater") lasst (den Sohn) die Welt erkennen", Ram. 19 . 58: kapïndra . . . wineh wruhên lor-kidul als „die Affenfürsten . .. hatten Weltkenntnis erlangt" wiedergegeben werden kann. Einmal wird n lor-kidul auch angetroffen im Wirataparwa 11: wulahun ta sira tan wruh in lor-kidul „Verwint war er, ohne die Umwelt zu erkennen." Es scheint möglich, dass aus der Redensart tan wruh in lor-kidul „ohne zu wissen, wo Norden und wo Süden ist". d.h. die Orientierung völlig — also auch in Bezug auf Westen und Osten 12 verlieren, der Bedeutungszuwachs von lor-kidul „in allen Richtungen" herzuleiten ist. Mit dieser Wirataparwa-Stelle ist jedenfalls das Zitat in Van der T u u k's Kawi-Balineesch Woordenboek I, p. 734: wulanun tan wruh i ratnya „verwirrt, ohne seine Umwelt zu erkennen" gleichbedeutend. Die Wendungen tan wruh rin rat (Ramayana 128) „der Welt entrückt" 13 , ndatan wri14 ratnya (Nagarakrtagama 5O4) „ganz von Sinnen", tan i rat (u.a. Arjunawiwaha 124, 13?, 181X ; Nagarakrtagama 282, 919) „der Wirklichkeit entrückt, überirdisch" erscheinen so mit tan wruh in lor-kidul eng verwandt. Ausser tan wruh rih rat begegnet 11 Ed. Juynboll, p. 78. Statt „Norden und Süden" ist „Westen und Osten" stellvertretend für alle Himmelsrichtungen in der balinesischen Redensart; tan druh kauh kangin „he does not know West and East"; vgl. Jacoba Hooykaas, The Balinese Realm of Death, B.K.I. 112,1956, p. 85. — Vgl. ferner O. Franke. Dïghanikaya, in Auswahl übersetzt, 1913, p. 202, Fussnote 8, wo die Textstelle: „Die Himmelsgegenden waren mir nicht klar" mit: „um mich her drehte sich alles" erklart wird. Danach könnte die javanische und die balinesische Redensart indischer Herkunft sein. 13 In anderer Bedeutung erscheint tan wruh rm rat in der Ramayana-Stétit 21. 122 c, d: • dhik wre tiryak tuhu-tuhu adhama tan wruh rin rat nahan ujara nika „Pfui, was sind die Affen wirklich niedrige Tiere, die nicht wissen, was sich geziemt,! würde man sagen." Vielleicht hat auch in den beiden besprochenen Ramayana-Stellen 3 .12 und 19. 58 wruhên lor-kidul den Sinn „in der Welt sich zurechtfinden, sich zn benehmen wissen, d.h. wissen, was sich geziemt". 1 * wri Kontraktionsform aus wëruh i, wrin aus wëruh in. 12 LOR-KIDUL. 333 schon itn Ra.ma.yana auch ta rat in der Bedeutung „von Sinnen, blindwütig" (2I222) sowie tatan i rat „überirdisch, wunderbar" in der Strophe 21 ^ 7 , die zur Erlauterung hier im Wortlaut wiedergegeben sei: Ram. 21 .157: mankana ta n kapiprawarawïra kadbhuta tëmën tan bali 1 5 saka ta n bhujagapasa nüni matëguh sak pwa apus-(s)apusnya wëkasan sawismaya ta ya tatan i rat hidëpnya kadi indrajala juga ya „So waren dann die Afïenführer wahrhaft erstaunt. Nie doch 1 5 hatte der zuvor noch feste Schlangenstrick reissen sollen, aber seine Bande waren zu ihrer Verwunderung schliesslich trotzdem gerissen. Als ein überirdisches [Wunder] kam es ihnen vor, ganz wie ein Zauber." 15 Die hier gegebene Interpretation von tan bali mit folgendem, dem Pradikat angefügten Suffix -a folgt nicht der von Prof. Poexbatjaraka in seinem Aufsatz „Onbegrepen ontkenning in het Oudjavaanse Ramayana", B.K.I. 106, 1950, p. 79—90, vertretenen Auffassung, bali sei identisch mit der cheribonischen Negation bëli „nicht". Poerbatjaraka hat in seinem Artikel, der eine sehr verdienstliche Zusammenstellung der die Partikel bali enthaltenden altjavanischen Textstellen bietet, zwar mit Recht festgestellt, dass die Verwendung von bali im wesentlichen auf das altjavanische Ramayana beschrankt sei. Ich vermute aber, dass bali, das im Javanischen in der Bedeutung „wieder, zurück" vorkommt (ebenso wie wohl auch die altmalaiische Partikel mulan < ulan „wieder, hinwiederum, aber" in den Inschriften von Talang Tuwo und Kota Kapur), die Sanskrit-Partikel punah „wieder, zurück; hinwiederum, jedoch, aber" zum Vorbild hat. (Vgl. J. S. Speyer, Vedische und Sanskrit-Syntax, §§ 264, 265). Wiederholt begegnet bali im Ramayana im Sinne von punah als adversative Partikel „j edoch, aber". Der Zusammenstellung kimpunah „geschweige denn" entspricht, wie es scheint, im Ramayana bali pwa mit dem an das Pradikat gefügten Suffix -o. Die Sanskrit-Entlehnungen kimpwnah und sein Synonym kitmtta erscheinen jedoch, wenn sie sich auf ein einzelnes Wort beziehen, im Altjavanischen ohne dieses Suffix; z.B. Ram. 18.47 c, d: bhataratah saksat sira tuwi kumonaku umawa ikari Sïta nkanê Raghusuta tak anga kimuta ko. (Rawana erwidert dem Anggada:) „Sollte selbst eine Gottheit mir befehlen, die Sita zu Raghu's Sohn zu bringen, ich würde mich weigern, geschweige (um wieviel weniger wenn) d u (es dir anmassest}." Dagegen Ram. 21.225: San Nïla nïti pinanah ta sirênararah nda tar kënêri panah atah kimuta r kanïn-a „Auf den gewandten Nila wurde mit Pfeilen geschossen und genau auf ihn gezielt, dennoch wurde er von keinem Pfeil getroffen, geschweige, dass er auch nur verwundet worden ware." Aehnlich Ram. 18.45: aho niriajjêki n plawaga kadurus papa ya dahat bali pwêki dhirên « dhlra in) anën-ahén. 334 W. AICHELE. So kann kaum zweifelhaft sein, das n lor-kidul gleichbedeutend mit rat „Land, Welt" an den beiden Ramayana-Stellen verwendet wird. Wenden wir uns zu der Nagarakrtagama-Stelle 683: kulwan pürwa dudug rih arnawa maparwa n lor-kidul tan madoh kadyadoh mahëlët samudra tëwëk in bhümi Jawarwa prabhu, die von T e e u w und U h l e n b e c k wie f olgt übertragen wird 1 6 : „West-Oost tot aan de zee, het Noorden en het Zuiden vormden de helften, niet ver (van elkaar); 10 „O wie unverschamt ist dieser Affe und über alle Massen schlecht, geschweige dass er als Bali's Sohn tapferen Sinnes ware." Oder Ram. 23 .45a, b: wihikan yên praharana pratïpa na haran in astra panulak kawaluy gunuh kawalikut sah Angada bali pwa tuhu amalësa. „Doch er (der Raks.asa Kumbha) kannte eine Waffe, Pratipa mit Namen, einen zurückstossenden Pfeil. Zurück flog der (von Anggada geschleuderte) Berg und zurückgedrangt wurde Anggada, geschweige dass er ernstlich einen Gegenschlag harte führen können, (anstatt wirklich zum Gegenangriff zu kommen)." Der negierten Sanskrit-Partikel napunah „um so weniger sollte..., nicht aber, nie aber" entspricht in der angeführten Ramayana-Strophe 21.157 tan bali mit folgendem, dem Pradikat angefügten Suffix -o, ebenso in der Strophe 24.145: bala wanarömilu ya mulati Janakatmajanariis tan bali sira katëkana gëlën sira don in apran iniran-(n)irari pwa weh. Da wurde auch „das Heer der Affen zu Tranen gerührt beim Anblick der weinenden Tochter Janaka's. Nie doch hatte sich Zorn gegen sie richten sollen, nun erlitt sie, um die der Krieg geführt wurde, Schmach und Schande." Den zahlreichen Stellen, an denen die Partikel bali im Ramayana begegnet, stehen nur wenige in anderen altjavanischen Schriften gegenüber. Den von Poerbatjaraka a.a.0. nachgewiesenen kann nur noch eine Stelle im Wïrataparwa, ed. Juynboll, p. 31, Zeile 2, ed. A. Fokker, p. 30, Zeile 27, hinzugefügt werden, wo die Form balikupwa wohl auf einem alten Abschreibfehler für bali pwa beruht: apa gawe nin maturu lwir tan hana kawikara nin citta, hidëp ni nhulun, ya ta kapwa sukanën-anën rakryan harah, an hana hurip ikan masampe ri nhulun, balikupwa masih-asiha ri nhulun harah „Wie kannst du nur schlafen, als gabe es keinen Grund zur Aufregung, ja es kommt mir vor, als empfindest du gar noch Freude darüber, dass mein Beleidiger noch am Leben ist, wahrend du mich doch bemitleiden solltest (statt mich zu bemitleiden)", und schliesslich noch eine Stelle im Bharatayuddha, Sarga 19.17: simbmtën (simbali). Im idiparwa (ed. Juynboll) wird seine Funktion wiederholt durch nünhveh, im Bhïsmaparwa (ed. Gonda) zum Teil durch bahulya... o vertreten. Ganz selten (vgl. Arjunawiwaha 19.4, Bharatayuddha 50.16) wird tan hopen „es bleibe unbeachtet" und etwas hauf iger kahi (so Ramayana 18.48, an anderen Stellen mit Suffix -nya), das vielleicht als Kurzform von lankah-i „es werde überschritten, es werde übergangen" zu erklaren ist, dafür verwendet. Sollten wirklich altjavanisch bali und die cheribonische Negation bëli etymologisch zusammengehören, so ist wohl eher anzunehmen, dass bëli aus bali etwa im Sinn von „im Gegenteil" herzuleiten ware, als dass bali und bëli die gleiche Grundbedeutung „nicht" gehabt harten. B.K.I. 114, p. 233 f. LOR-KIDUL. 335 het leek zo ver als met een zee ertussen, ten tijde dat het land Java twee vorsten had." Die sich anschliessenden Ausführungen, wie das syntaktische Verhaltnis von maparwa zu n lor-kidul und dasj enige von mahëlët zu samudra zu verstehen sei, sind überzeugend. Aber die wörtliche Wiedergabe von maparwa n lor-kidul mit „het Noorden en het Zuiden vormden de helften", wobei tan madoh auf den „nicht fernen" Abstand bezogen wird, der die Nord- und. die Südküste von einander trennt, führt doch wieder zu der unwahrscheinlichen Annahme, der Dichter habe sagen wollen, die Grenzziehung sei in west-östlicher Richtung verlaufen. Diese Schwierigkeit entfallt, wenn man auch hier n lor-kidul als Synonym von rat „die Welt, Umwelt, das weite Land" vérstéht, wonach die beiden Verse sich wie f olgt deuten lassen: „Das weite, im Westen wie im Osten bis zur See reichende Land war gespalten in zwei einander nicht ferne Teile, (die aber) — als hatten sie einen Ozean zwischen sich — einander fern waren, seitdem das Land Java zwei Herrscher 1 7 hatte." Die Worte: „im Westen wie im Osten bis zur See reichend" erinnern an die der Reichsteilung vorangegangene kurze Zeitspanne, da König Airlangga nach Unterwerfung des Sunda-Gebietes die Insel Java in ihrer gesamten Ausdehnung als Alleinherrscher regiert hatte. 18 So befremdlich es uns vorkommen mag, in einer und derselben Verszeile von den Bezeichnungen der vier Himmelsrichtungen „Westen und Osten" im eigentlichen Wortsinn, „Norden und Süden" jedoch in der übertragenen Bedeutung „Welt, (weites) Land" nebeneinander zu finden, so sehr mag es gerade den altjavanischen Dichter gereizt haben, auf die überraschende Kontrastwirkung, die so sich ihm bot, nicht zu verzichten. Eine ahnliche Wirkung erzielt er noch dadurch, dass er von den beiden Teilstaaten aussagt, sie lagen einander nicht fern und seien dennoch ozeanweit fern von einander. Dass die Strophe über die vorgenommene Grenzziehung keine naheren Angaben enthalt, haben T e e u w und U h . l e n b e c k bereits angemerkt. Der Dichter will, so scheint es, vielmehr auf die unheilvollen Auswirkungen hinweisen, die sich aus der Spaltung des Landes für das javanische Volk ergeben hatten. W. AICHELE. 17 18 Gemeint ist doch wohl: „zwei einander f e i n d 1 i c h e Fürsten". Vgl. N. J. Krom, Hindoe-Javaansche Geschiedenis,2 's-Gravenhage 1931, p. 261.