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Jahrbuch der
Heinrich-Heine-Universität
Düsseldorf
2007/2008
düsseldorf university press
Jahrbuch der
Heinrich-Heine-Universität
Düsseldorf
2007/2008
Jahrbuch der
Heinrich-Heine-Universität
Düsseldorf
2007/2008
Herausgegeben vom Rektor
der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf
Univ.-Prof. Dr. Dr. Alfons Labisch
Konzeption und Redaktion:
Univ.-Prof. em. Dr. Hans Süssmuth
© düsseldorf university press, Düsseldorf 2008
Einbandgestaltung: Wiedemeier & Martin, Düsseldorf
Titelbild: Schloss Mickeln, Tagungszentrum der Universität
Redaktionsassistenz: Georg Stüttgen
Beratung: Friedrich-K. Unterweg
Satz: Friedhelm Sowa, LATEX
Herstellung: Uniprint International BV, Meppel, Niederlande
Gesetzt aus der Adobe Times
ISBN 978-3-940671-10-3
Inhalt
Vorwort des Rektors Alfons Labisch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11
Grußwort des Amtsnachfolgers H. Michael Piper. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17
Gedenken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19
Hochschulrat
A NNE -J OSÉ PAULSEN
Der Hochschulrat der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf . . . . . . . . . . . . . . . 23
Rektorat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29
A LFONS L ABISCH
Zur Lage und zu den Perspektiven der
deutschen Universität in unserer Zeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31
M ATTHIAS H OFER , NATALIE B ÖDDICKER und H ILDEGARD H AMMER
Lehren – entweder man kann es, oder man kann es lernen!
Hochschuldidaktik an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf. . . . . . . . . . . 43
H ILDEGARD H AMMER , D ORIS H ILDESHEIM , V ICTORIA M EINSCHÄFER
und J UTTA S CHNEIDER
Die Campus-Messe der Heinrich-Heine-Universität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61
Medizinische Fakultät
Dekanat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79
Neu berufene Professorinnen und Professoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81
B ERND N ÜRNBERG (Dekan)
Düsseldorfer Hochschulmedizin 2008:
Die Zukunft hat längst begonnen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93
I NGE BAUER , L EONIE H ALVERSCHEID und B ENEDIKT PANNEN
Hepatoprotektive Wirkungen des Hämoxygenase-Stoffwechsels:
Der Einfluss von Anästhetika. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99
A RNDT B ORKHARDT
Biologische Grundlagen der Immunrekonstitution nach
allogener Stammzelltransplantation bei Kindern und Jugendlichen . . . . . . . . . 117
L ARS C HRISTIAN RUMP und O LIVER VONEND
Pathomechanismen der arteriellen Hypertonie. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127
J ÖRG S CHIPPER
Gründung und Aufbau des „Hörzentrums Düsseldorf“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141
6
Inhalt
ATTILA S TEPHAN A NTAL , G ABRIELA K UKOVA und B ERNHARD H OMEY
Juckreiz: Vom Symptom zum Mechanismus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147
W OLFGANG W ÖLWER und W OLFGANG G AEBEL
Kompetenznetz Schizophrenie: Konzept, Ergebnisse, Perspektiven . . . . . . . . . 153
S TEPHAN L UDWIG ROTH und W ILFRIED B UDACH
Überlebensvorteil durch präoperative Radiochemotherapie beim lokal
fortgeschrittenen, nicht-inflammatorischen Brustkrebs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 171
G EORG W INTERER
Nikotin: Molekulare und physiologische Mechanismen im Zentralen Nervensystem – Ein neues nationales Schwerpunktprogramm der Deutschen
Forschungsgemeinschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 191
Mathematisch-Naturwissenschaftliche Fakultät
Dekanat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 201
Neu berufene Professorinnen und Professoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 203
U LRICH RÜTHER (Dekan)
Die Mathematisch-Naturwissenschaftliche Fakultät im Jahr 2008 . . . . . . . . . . . 209
M ARTIN M ÖHLE
Nachkommen und Vorfahren im Blickpunkt der
Mathematischen Populationsgenetik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 213
J ÜRGEN K LÜNERS
Faktorisierung von Polynomen –
Ein wichtiges Problem der Computeralgebra . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 225
M ARTIN L ERCHER
Wie Bakterien an neue Gene kommen und was sie damit machen . . . . . . . . . . . 237
M ATTHIAS U. K ASSACK , A LEXANDRA H AMACHER und N IELS E CKSTEIN
Resistenzmechanismen von Tumoren gegen Platinkomplexe:
Neue Drug Targets und diagnostische Marker . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 249
M ARGARETE BAIER
Sicherheit und Kontrolle im pflanzlichen Kraftwerk –
Beiträge zur Regulation des plastidären antioxidativen Schutzsystems . . . . . . 263
S EBASTIAN S. H ORN , R EBEKAH E. S MITH , and U TE J. BAYEN
A Multinomial Model of Event-Based Prospective Memory . . . . . . . . . . . . . . . . 275
Inhalt
7
Philosophische Fakultät
Dekanat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 287
Neu berufene Professorinnen und Professoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 289
U LRICH VON A LEMANN (Dekan)
Wissenschaft. Leben – Die Philosophische Fakultät als
tragende Säule von Lehre und Forschung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 293
M ICHAEL BAURMANN
Soziologie des Fundamentalismus:
Der Ansatz der sozialen Erkenntnistheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 301
A XEL B ÜHLER und P ETER T EPE
Kognitive und aneignende Interpretation in der Hermeneutik. . . . . . . . . . . . . . . . 315
ROBERT D. VAN VALIN , J R .
Universal Grammar and Universals of Grammars . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 329
G ERD K RUMEICH
Nationalsozialismus und Erster Weltkrieg –
Ein Forschungsprojekt des Historischen Seminars . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 339
A NNETTE S CHAD -S EIFERT
Heiratsverhalten, sinkende Geburtenrate
und Beschäftigungswandel in Japan . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 359
K ARL -H EINZ R EUBAND
Rauchverbote in Kneipen und Restaurants. Reaktion der Bürger und der
gastronomischen Betriebe – Das Beispiel Düsseldorf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 373
Wirtschaftswissenschaftliche Fakultät
Dekanat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 383
G UIDO F ÖRSTER (Dekan)
Situation und Perspektiven der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät . . . . . 385
W INFRIED H AMEL
Autonomie des Unternehmens – ein frommes Märchen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 395
U LRIKE N EYER
Die Verzinsung der Mindestreserve und die Flexibilität
der Geldpolitik im Eurogebiet . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 405
8
Inhalt
Juristische Fakultät
Dekanat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 421
D IRK L OOSCHELDERS (Dekan)
Situation und Perspektiven der Juristischen Fakultät . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 423
N ICOLA P REUSS
Die Reform der Juristenausbildung unter den
Rahmenbedingungen des reglementierten Rechtsberatungsmarktes . . . . . . . . . 429
K LAUS -D IETER D RÜEN
Steuerliche Förderung von Wissenschaft und Forschung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 443
C HRISTIAN K ERSTING
Informationshaftung Dritter: Vertrauen auf Verlässlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . 457
JAN B USCHE , A NETTE T RAUDE und J OHANNA B OECK -H EUWINKEL
Herausforderungen und Chancen bei der Sicherung und Verwertung von
„Intellectual Property“ durch die Hochschulen – Der Düsseldorfer Weg . . . . 471
Zentrale wissenschaftliche Einrichtungen
der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf
Humanwissenschaftlich-Medizinisches Forschungszentrum
Zur Diskussion gestellt: Stammzellforschung
J OHANNES R EITER
Menschenwürde oder Forschungsfreiheit? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 487
D IETER B IRNBACHER
Ist die Stammzellforschung unmoralisch? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 495
Gesellschaft von Freunden und Förderern der
Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf e.V.
OTHMAR K ALTHOFF
Jahresbericht 2007 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 503
Private Stiftungen für die Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf
C HRISTOPH J. B ÖRNER und H. J ÖRG T HIEME
Die Schwarz-Schütte-Förderstiftung für die
Wirtschaftswissenschaftliche Fakultät . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 507
Sonderforschungsbereiche der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf
J EAN K RUTMANN und F RITZ B OEGE
Der Sonderforschungsbereich 728
„Umweltinduzierte Alterungsprozesse“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 517
P ETER W ESTHOFF
Wie Zellen verschieden werden – Der Sonderforschungsbereich 590. . . . . . . . 531
Inhalt
9
Graduiertenkollegs der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf
R EGINE K AHL
Das Graduiertenkolleg 1427
„Nahrungsinhaltsstoffe als Signalgeber
nukleärer Rezeptoren im Darm“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 545
Graduiertenausbildung an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf
C HRISTIAN D UMPITAK , L UTZ S CHMITT und D IETER W ILLBOLD
Die NRW-Forschungsschule BioStruct – Neue Wege interdisziplinärer
Graduiertenausbildung an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf . . . . . . 555
Nachwuchsforschergruppen an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf
DANIEL S CHUBERT
Epigenetische Kontrolle der Pflanzenentwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 565
Kooperation der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf
und des Forschungszentrums Jülich
K ARL Z ILLES
Medizin im Forschungszentrum Jülich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 579
K ARL -E RICH JAEGER und M ANFRED K IRCHER
Der Cluster für Industrielle Biotechnologie – CLIB2021 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 601
Ausgründungen aus der
Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf
J OACHIM J OSE , RUTH M. M AAS und G UNTER F ESTEL
Autodisplay Biotech GmbH – Entwicklung von maßgeschneiderten
Ganzzellbiokatalysatoren und small protein drugs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 611
Zentrale Einrichtungen der
Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf
Zentrale Verwaltung
S ÖNKE B IEL
Hochschulstandortentwicklungsplanung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 625
Universitäts- und Landesbibliothek
I RMGARD S IEBERT
Elektronische Medien in der Informationsversorgung der Universitäts- und
Landesbibliothek Düsseldorf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 639
10
Inhalt
Zentrum für Informations- und Medientechnologie
E LISABETH D REGGER -C APPEL und S TEPHAN O LBRICH
Erneuerung der Server- und Speicherinfrastruktur am ZIM –
Basis für zentrale Dienste zur dezentralen IKM-Versorgung . . . . . . . . . . . . . . . . 653
Sammlungen in der Universitäts- und Landesbibliothek Düsseldorf
J UDITH VOLLMER und M AX P LASSMANN
40 Jahre „1968“ – 30 Jahre Studierendenstreik 1977/1978.
Studentischer Protest im Spiegel der Plakat- und Flugblattsammlungen des
Universitätsarchivs Düsseldorf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 669
G ISELA M ILLER -K IPP
Die Sammlung „Janusz Korczak“ der Universitäts- und Landesbibliothek
Düsseldorf und ein Versuch, Janusz Korczak als „Klassiker“ der Pädagogik zu lesen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 687
RUDOLF S CHMITT-F ÖLLER
Die Flechtheim-Sammlung der Universitätsund Landesbibliothek Düsseldorf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 697
Geschichte der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf
U LF PALLME KÖNIG
Die Gründungsgeschichte der Juristischen Fakultät
der Heinrich-Heine-Universität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 723
S VENJA W ESTER und M AX P LASSMANN
Univ.-Prof. Dr. Hans-Joachim Jesdinsky und die
Einführung der Medizinischen Statistik an der Universität Düsseldorf . . . . . . 727
Forum Kunst
J ÜRGEN W IENER
Architektur, Stadt- und Landschaftsplanung der Heinrich-Heine-Universität:
Eine Bestandsaufnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 743
Chronik der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf
ROLF W ILLHARDT
Chronik 2007/2008 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 775
Campus-Orientierungsplan . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 787
Daten und Abbildungen aus dem Zahlenspiegel
der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 793
Autorinnen und Autoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 805
RUDOLF S CHMITT-F ÖLLER
Die Flechtheim-Sammlung der Universitätsund Landesbibliothek Düsseldorf
Neben der deutschen Literatur, die als Umfeld für die seinerzeit noch im Bestand enthaltene Heine-Sammlung von der Landes- und Stadtbibliothek Düsseldorf jahrzehntelang gesammelt wurde, bildet im geisteswissenschaftlichen Bestand die Kunst eine ebenfalls sehr
umfangreiche Bestandsgruppe. Dies hängt einerseits mit der Existenz der Düsseldorfer
Kunstakademie zusammen (die Handbibliothek ihres Gründers Lambert Krahe bildet den
Kern des kunstwissenschaftlichen Altbestandes). Andererseits wurde in den 1950er und
’60er Jahren die Kunstwissenschaft in Düsseldorf als Sondersammelgebiet für die nordrhein-westfälischen Bibliotheken betrieben. Durch entsprechende Sondermittel und begünstigt durch die in der Nachkriegszeit noch sehr niedrigen Preise auf dem Antiquariatsmarkt war es seinerzeit möglich, die Kunstströmungen der Zeit zwischen den Weltkriegen
in Quellen und Sekundärliteratur nachträglich zu sammeln und zu dokumentieren.
Durch die Vorbereitungen für das Ausstellungsprojekt „Alfred Flechtheim – Sammler.
Kunsthändler. Verleger“ des Kunstmuseums Düsseldorf im Jahre 1987 wurde erstmals
deutlich, dass die in der Universitäts- und Landesbibliothek Düsseldorf (ULB) vorhandenen Buchbestände von und über Flechtheim in ihrer Vollständigkeit einmalig und daher
ein besonders schützenswerter Bestand sind. Dieser Bestand wurde in der „Rara“-Aufstellung der ULB separiert; die Benutzung ist nur im Sonderlesesaal der ULB möglich. Die
Flechtheim-Sammlung der ULB lässt sich in vier Teile gliedern:
• Bücher aus dem Besitz von Alfred Flechtheim, die dieser der Bibliothek zwischen
1905 und 1911 übergeben hat;
• Kataloge der Galerie Flechtheim Düsseldorf und Berlin;
• die von Flechtheim gegründeten Zeitschriften Der Querschnitt und Omnibus;
• Ausgaben und Mappen der Galerie Flechtheim und des Querschnitt-Verlags, die zwischen 1919 und 1929 erschienen.
Biografisches
Alfred Flechtheim wurde am 1. April 1878 als Sohn des jüdischen Getreidegroßhändlers
Emil Flechtheim und seiner Frau Emma in Münster geboren. Nach seiner Schulzeit in
Münster und Genf erlernte er bei der Getreidefirma Louis Dreyfus & Cie in Paris den Beruf
seines Vaters. Sehr früh begann seine Sammelleidenschaft für Bücher und Bilder. Inspiriert
durch seine Aufenthalte in Paris und den Kontakt zu Wilhelm Uhde und Daniel Henry
Kahnweiler entdeckte er seine Liebe zur französischen Kunst, zu Braque, Derain, Picasso
und anderen. Er gehörte zu den Organisatoren der berühmten „Sonderbund“-Ausstellung
1912 in Köln, die als Meilenstein für den Durchbruch der Moderne in Deutschland gilt.
698
Rudolf Schmitt-Föller
Unterstützt durch den Berliner Kunsthändler Paul Cassirer eröffnete er 1913 eine Kunstgalerie in Düsseldorf. Bis zum Kriegsausbruch veranstaltete er zwölf Ausstellungen, überwiegend mit zeitgenössischer Kunst, darunter die rheinischen Expressionisten Heinrich
Nauen und Walter Ophey. Während des Ersten Weltkrieges, an dem Flechtheim als Offizier in Belgien teilnahm, wurde seine Galerie geschlossen und ihre Bestände in Berlin
versteigert.
Ostern 1919 eröffnete Flechtheim seine neue Galerie in den Räumen an der Königsallee 34. Auch wenn er in seiner Galerie zahlreiche Künstler des „Jungen Rheinlands“
ausstellte, so war sein Verhältnis zu Gert Wollheim und Otto Pankok, dem harten Kern
der Gruppe um die Kunsthändlerin Johanna Ey, nicht ungetrübt. Es kam zu heftigen Auseinandersetzungen, auch mit dem linksgerichteten Düsseldorfer „Aktivistenbund 1919“.
In den folgenden Jahren arbeitete Flechtheim intensiv mit Daniel Henry Kahnweiler in
Paris zusammen und bot Bilder von Matisse, Derain, Picasso, Braque und anderen französischen Künstlern in seiner Galerie an. Kahnweilers Bruder Gustav wurde sein Teilhaber
und eröffnete eine Flechtheim-Vertretung in Frankfurt am Main.
Unter dem Druck politischer und wirtschaftlicher Verhältnisse übersiedelte Flechtheim
im Jahre 1921 nach Berlin und eröffnete dort am 1. Oktober seine Galerie am Lützowufer 34 mit der Ausstellung „Deutsche und französische Kunst aus des 20. Jahrhunderts
Beginn“.
Neben den Ausstellungskatalogen, die von Anfang an zum größten Teil im Selbstverlag
der Galerie erschienen, verlegte Flechtheim in Düsseldorf, später in Berlin und dann in
dem von ihm mitgegründeten Querschnitt-Verlag in Frankfurt am Main zwischen 1919
und dem Höhepunkt der Inflation 1923 knapp 30 Künstlerbücher und Grafikmappen. Die
Zeitschrift Der Querschnitt, ursprünglich aus den in den Ausstellungskatalogen enthaltenen „Mitteilungen der Galerie Flechtheim“ hervorgegangen, war bis zu ihrem Übergang
an den Ullstein-Verlag sein sehr persönlich geprägtes Organ für die neue Kunst und alle
anderen Themen, die ihm wichtig erschienen. „Das Durcheinander des Salat-Prinzips werden wir als Grundsatz beibehalten“ , schrieb der Mitherausgeber Hermann von Wedderkop
im Sommer 1923.1
Im Berlin der „Roaring Twenties“ – um einmal nicht das schiefe Bild von den „Goldenen Zwanzigerjahren“ zu gebrauchen – bildete Flechtheim, vor allem seit seinem Umzug 1928, einen Fixpunkt in der „besseren“ Gesellschaft, in seiner Galerie ebenso wie
im „Romanischen Café“2 , ja nicht zuletzt auch in der Boxarena. Die Höhen und Tiefen
der wirtschaftlichen Entwicklung in Deutschland zwischen Inflation und Schwarzem Freitag spiegeln sich auch in den Geschäften der Galerie Flechtheim wider. Trotz glanzvoller
Ausstellungen und wiederholter Museumsankäufe bildete letztlich das private Vermögen
seiner Frau Betti die Grundlage von Alfred Flechtheims Existenz.
Am Abend des 1. März 1928 feierte Alfred Flechtheim seinen 50. Geburtstag mit einem
glanzvollen Fest im Hotel Kaiserhof in Berlin. Aus diesem Anlass erschien die Festschrift
Der Querschnitt durch Alfred Flechtheim am 1. April 1928, herausgegeben von Kurt Valentin und Hermann von Wedderkop3 – eine glänzende Hommage an den allseits geschätz1
2
3
Von Wedderkop (1923: 5).
Berliner Künstlerlokal am Kurfürstendamm.
Vgl. Valentin und von Wedderkop (1928).
Die Flechtheim-Sammlung der Universitäts- und Landesbibliothek Düsseldorf
699
ten Freund und Kunsthändler mit Beiträgen von Künstlern, Kunstsammlern, Schriftstellern
und Museumsleuten.
Die Liste der Ausstellungen in den besten Jahren der Galerie Flechtheim in Berlin liest
sich wie ein Who-is-who der klassischen Moderne: Max Liebermann, Georges Rouault,
George Grosz, Otto Dix, Edgar Degas, Karl Hofer, Pablo Picasso, André Derain, Fernand
Léger, Max Beckmann, Paul Klee, Juan Gris, Giorgio de Chirico, Ernst Barlach, Oskar
Schlemmer und viele andere. Diese Liste bestätigt freilich auch Flechtheims Rolle als
Propagandist der französischen Gegenwartskunst in Deutschland, dies umso mehr, als
er sich auch als privater Kunstsammler – wie zahlreiche Fotos seiner Berliner Wohnung
dokumentieren – mit den Bildern und Skulpturen seiner Lieblingskünstler umgab.
Im Jahre 1931 unternahm Flechtheim mit der Gründung des Zeitschriftenalmanachs
Omnibus noch einmal den Versuch, ein ganz in seinem Sinne gestaltetes Publikationsorgan für moderne Kunst zu etablieren. Sein programmatischer Einleitungsaufsatz beginnt
mit seiner aus heutiger Sicht vielleicht doch eher überraschenden Feststellung: „Lebende Kunst ist verachtet und fristet ihr Dasein mühevoll.“4 Im Folgenden wendet er sich
emphatisch gegen das in seinen Augen unter den Wohlhabenden seiner Zeit verbreitete Sammeln von „Bronzen aus China, gotischen Schmerzensmännern, oder ‚signierten‘
Kommoden. . . “ Infolge der wirtschaftlich schwierigen Umstände erschien der Omnibus
nur im Jahre 1932 noch einmal. Die Geschäfte der Galerie Flechtheim gingen schleppend,
und auch Flechtheim musste Zuflucht zu Angeboten mit Bildern alter Meister und der
Kunst des 19. Jahrhunderts nehmen.
Im Jahre 1933 verließ Flechtheim, der zuvor in der Presse als „Kunstjude“5 attackiert
worden war, Deutschland und verfolgte an verschiedenen Orten Pläne, seinen Kunsthandel
weiter zu führen. Er wurde dabei mit Kommissionsware von seinem alten Geschäftspartner
Kahnweiler unterstützt. Die Berliner Galerie wurde im November 1933 geschlossen, die
Düsseldorfer Filiale von Alex Vömel übernommen.
Anfang 1934 schloss Flechtheim eine geschäftliche Verbindung mit der Londoner Mayor Gallery.
Die Geschäfte mit deutscher oder französischer Gegenwartskunst in London waren aber
sehr mühsam. In den Jahren 1934/1935 besuchte Flechtheim, erstaunlicherweise immer
noch unbehelligt, Deutschland, um sich mit seiner Frau zu treffen, die in Berlin ausharrte. Auch gelang es ihm offenbar, einen Teil seines privaten Kunstbesitzes ins Ausland zu
schaffen, um sich auf diese Weise ein Auskommen zu sichern. Im Oktober 1936 gehörte Flechtheim zu den Organisatoren einer Ausstellung „French Nineteenth-Century Painting“ in den New Burlington Galleries in London. Die Veröffentlichung eines längeren
Beitrags zu diesem Thema, die September 1937 erfolgte, erlebte er nicht mehr. Im Winter
1936/1937 zog sich Flechtheim eine Blutvergiftung zu, an deren Folgen er am 9. März
1937 in London starb.
Im Vorwort zur Monografie French Painting and the Nineteenth Century heißt es: „His
recent death has robbed the world of art of one of its most vital and lovable personalities,
and it is sad to feel that he did not live to see the fruits of the last of his many labours on
behalf of the painters of the French nineteenth century.“6
4
5
6
Flechtheim (1931: 9).
Hendrik (1933: o. Pag.).
Laver (1937: VII).
700
Rudolf Schmitt-Föller
Bücher aus Flechtheims Besitz in der
Universitäts- und Landesbibliothek
In den Jahren 1905, 1909 und 1911 gelangten ungefähr 30 Bände7 aus der Sammlung
von Alfred Flechtheim in den Bestand der Landes- und Stadtbibliothek Düsseldorf. Aus
den Akzessionsnummern geht hervor, dass nur die beiden Ausstellungskataloge, die 1911
inventarisiert wurden, als „Geschenk“ bezeichnet sind. Alle übrigen Bände wurden demnach von der Bibliothek angekauft. Der Ankauf antiquarischer Bücher von privater Seite
war seinerzeit ein übliches Verfahren.8
Die von der Landes- und Stadtbibliothek erworbenen Bände gehören thematisch zum
Kernbestand ihrer Sammlung. Zum größten Teil handelt es sich um literarische Werke,
die von Künstlern der Düsseldorfer Malerschule illustriert wurden, ferner um periodisch
erschienene Künstleralben sowie um kleinere Monografien und Kataloge zur Düsseldorfer
Kunst.
Die Bände geben Aufschluss über Flechtheims Sammlerpraxis. Er besaß zwei Bucheignerzeichen, der dort typischerweise auftauchende Begriff „Exlibris“ fehlt bei den Blättern jedoch. Das mit „Sammlung Alfred Flechtheim“ betitelte Blatt des bekannten Plakatkünstlers und Grafikers Ludwig Hohlwein9 ist undatiert, stilistisch aber dem Jugendstil zuzuordnen. Es zeigt ein Totentanzmotiv: Pierrot neckt den Tod (im Gewand einer
Primaballerina) mit einer Pfauenfeder. Das Blatt misst 10,5 cm x 10 cm und ist farbig
gedruckt. Das zweite Exlibris Flechtheims stammt von dem Düsseldorfer Maler Hans
Kohlschein.10 Flechtheim und er waren nahezu gleichaltrig und für einige Jahre sogar
befreundet.11 Kohlscheins schlicht nur „Alfred Flechtheim“ betiteltes Exlibris ist auf den
1. April 1905 datiert, Flechtheims 27. Geburtstag. Auch hier ein Totentanzmotiv: Der Tod
mit Stundenglas und Sense erwartet einen jungen Mann, der die Brücke zum Totenreich
überquert. Dieses Blatt liegt in drei verschiedenen Varianten vor. Im Format 9 cm x 11 cm
auf beigem Büttenpapier, im Format 13,5 cm x 17,5 cm auf violettem Büttenpapapier und
als „Mini-Exlibris“ im Format 3 cm x 4 cm, das vermutlich vor allem dazu bestimmt war,
auch auf losen grafischen Blättern als Eignerzeichen zu dienen.
Überhaupt scheint es, dass für Flechtheim nicht so sehr der literarische Inhalt der Bände,
sondern vor allem ihr Illustrationsschmuck von Interesse war. So notierte er beispielsweise
in dem Band Die Dichter des deutschen Volkes (Berlin 1848) auf dem Vorsatzblatt in
seiner markanten Schrift: „Dieses Buch enthält 30 Radierungen: Schroedter 2, Hosemann
2, Sonderland 2, Menzel 2, A. Mueller 6, F. Dittner 4, Habelmann 4, W. Scholz 8.“
Darüber hinaus besaß Flechtheim einen Inventarisationsstempel „AF No. . . .“, der in einigen Bänden zu finden ist und in dem er handschriftlich die Zahl der enthaltenen Grafiken
ergänzte. So enthält der Band Arabesken von Gustav zu Putlitz (Berlin1854) den eigenhändigen Vermerk: „6 Lit. von W. Camphausen“, darunter der Inventarisationsstempe mit den
7
Die genaue Anzahl lässt sich nicht ermitteln, da die Akzessionsjournale aus diesen Jahren nicht mehr existieren.
8 Die ehemals Königliche Landesbibliothek war seit 1904 in städtischem Besitz und bemühte sich um eine
systematische Rückergänzung ihrer Bestände, wofür ein Betrag von 100.000 Mark bewilligt worden war, der
bis zum Sommer 1914 verausgabt wurde.
9 * 27. Juli 1874 in Wiesbaden; † 15. September 1949 in Berchtesgaden.
10 * 5. März 1879 in Düsseldorf; † 28. Dezember 1948 in Warburg.
11 Vgl. Hans Kohlschein (2002: 134).
Die Flechtheim-Sammlung der Universitäts- und Landesbibliothek Düsseldorf
Abb. 1: Hans Kohlschein. Exlibris Alfred Flechtheim
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Abb. 2: Ludwig Hohlwein. Exlibris Sammlung Flechtheim
ergänzten Ziffern „273–278“. Diese Praxis spricht für eine recht entwickelte Sammelleidenschaft. Nicht nur wurden die Bände mit einem Exlibris versehen. Es existierte wohl
offensichtlich eine Kartei oder ein Inventar, in denen die in den Bänden enthaltenen Grafiken verzeichnet wurden.
Bei der Suche nach einer Antwort auf die Frage, warum Flechtheim sich im Jahre 1909
von einem Teil seiner Büchersammlung trennte, stößt man auf einen kleinen Eintrag im
Katalog der „Sonderbund“-Ausstellung in der Düsseldorfer Kunsthalle von Mai/Juni 1909.
Auf der letzten Seite lautet ein summarischer Eintrag „Moderne Graphik a.d. Besitz des
Herrn Alfred Flechtheim“. Magdalena Moeller erläutert den Inhalt der Sammlung: „Es
handelte sich u.a. um Graphiken und Zeichnungen von Toulouse-Lautrec, Rodin, Manet,
Cézanne, Gaugin, Munch, Liebermann, Paul Baum und Adolf Schinnerer, die Flechtheim
zum großen Teil in Paris während seiner Ausbildung als Getreidehändler erworben hatte.“12
12
Moeller (1984: 134).
Die Flechtheim-Sammlung der Universitäts- und Landesbibliothek Düsseldorf
703
Während Flechtheim in jungen Jahren also einen eher traditionellen Kunstgeschmack
entwickelt hatte, der sich an den Bildern und Büchern orientierte, die er in seinem Elternhaus kennengelernt hatte, vollzog sich in seiner Hinwendung zum „Sonderbund“ eine
Wendung zur Moderne. Die Erzeugnisse der Düsseldorfer Malerschule mochten dem jungen Flechtheim nunmehr doch ein wenig verstaubt und provinziell vorkommen. Es war
Zeit, sich davon zu trennen, umso mehr, als die Bücher in der jungen Landes- und Stadtbibliothek eine Lücke zu füllen schienen.
Mochte Flechtheim sich auch privat von seiner Vergangenheit als Sammler von Büchern
der Düsseldorfer Malerschule verabschiedet haben, so blieb er als Kunsthändler in seiner
Ende 1913 eröffneten Galerie der Düsseldorfer Kunst doch treu. Nicht weniger als 104
Positionen in seinem Eröffnungskatalog sind in der Abteilung „Düsseldorfische Kunst“ zu
finden. Der Düsseldorfer Generalanzeiger vom 21. Dezember 1913 sah dies „[. . .] als eine
schöne Pflicht der Pietät“ gegenüber „Alt-Düsseldorf“ an und wunderte sich konsequenterweise dann weiter über „die gar wild und absonderlich sich gebärdenden Expressionisten
und Kubisten allerjüngster Observanz“, die in der Schau ebenfalls zu sehen waren. Andere
Publikationen werteten dieses Nebeneinander geradezu als einen Ausdruck eines gewissen Opportunismus: „So ganz mutig ist auch er [Flechtheim; d. Verf.] nicht, und es macht
einen unerfreulichen Eindruck, wenn er noch zuviel Ware vorführt, der man eine zu große
Rücksichtnahme auf das alte Publikum anmerkt, mit dem er es nicht verderben will.“13
Kataloge der Galerie Flechtheim
Beiträge zur Kunst des 19. Jahrhunderts und unserer Zeit ist der Titel des Eröffnungskataloges der Galerie Flechtheim, auf dessen violettem Umschlag man auch erstmals das von
Richard Schwartzkopf entworfene Signet der Galerie findet: „AF“ als Ligatur, der Querstrich des „F“ ist dabei soweit oben angeordnet, dass man in dem Ganzen auch einen Säbel
(!) zu erkennen glaubt.
Kämpferisch geht es in diesem Katalog, wie oben schon angedeutet, aber nicht zu. Vielmehr wird zunächst das 19. Jahrhundert in den Vordergrund gerückt, die „Düsseldorfische
Kunst“ und der französische Impressionismus. Mit dem Text „Kunst unserer Zeit“ leitet
Wilhelm Uhde dann über zur Moderne, zu Bonnard, Braque, Derain und Matisse, Picasso
und De Vlaminck, aber auch zu Heckel, Kokoschka, Lehmbruck, Macke und Franz Marc.
Diesem ersten folgen in der Zeit bis 1933 knapp 170 Kataloge, von denen Flechtheim in
seinem Aufsatz „Zehn Jahre Kunsthändler“ (1923) sagte, er habe sie „denen Felix Fénéons
nachgebildet“, der in Paris Mitarbeiter der Galerie Bernheim-Jeune war.14
Der größte Teil dieser Kataloge war schon im Altbestand der Landes- und Stadtbibliothek Düsseldorf enthalten, einige Sammelbände wurden in der jüngeren Vergangenheit zur
Vervollständigung erworben.
In dem handlichen Format 15,5 cm x 12 cm, in dem bereits der von Flechtheim mitherausgegebene Katalog des „Sonderbundes“ 1912 erschienen war, wurden diese Kataloge
von der Firma Bagel in Düsseldorf, später in Berlin bei Otto von Holten gedruckt. Für
13
14
„Rheinischer Kunstbrief“ (1914).
Flechtheim meint mit seinem Hinweis vermutlich das Bulletin de la vie artistique, vgl. Prenez Garde à la
Peinture (1999: 31).
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Abb. 3: Eröffnungskatalog der Galerie Flechtheim 1913
Die Flechtheim-Sammlung der Universitäts- und Landesbibliothek Düsseldorf
Abb. 4: Ausstellungskatalog Der Dôme 1914
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den Galerieeintritt „mit regelmäßiger Zusendung der illustrierten Ausstellungskataloge“
wurde ein Abonnementspreis erhoben: „Jahreskarte 5 MK., Familienkarte 7 MK.“
Ebenso wie zur Eröffnung 1913 erschien auch zur Wiedereröffnung in den Räumen
an der Düsseldorfer Königsallee 1919 ein Katalogbuch, das vom üblichen Taschenformat
abwich. Den Zeitläufen entsprechend wird der Band mit einem Vorspruch „Kunst und Revolution“ von Herbert Eulenberg eingeleitet: „Glück auf, Freund Flechtheim! Hoch die
Kunst, die weiter wächst und wütet! In wilder Tage heißem Dunst sei Schönes ausgebrütet!“15
In den dann folgenden Katalogen führte Flechtheim eine Neuerung ein. Sie enthielten
nunmehr regelmäßig „Mitteilungen der Galerie Flechtheim“. Flechtheim leitete damit unmerklich einen Prozess ein, der 1921 zur Gründung der Zeitschrift Der Querschnitt führte,
deren erste Hefte immer noch mit dem Untertitel Mitteilungen der Galerie Flechtheim
erschienen.
In den „Mitteilungen“ wird zunächst vielfältig für die Produkte des Flechtheim-Verlages geworben, für die „Ausgaben“ und Mappenwerke, von denen noch die Rede sein soll.
Daneben nutzte Flechtheim diese Plattform aber auch zu munteren Auseinandersetzungen mit der Presse. Die Kunstzeitschrift Der Cicerone lobte: „Die Kataloge der Galerie
Flechtheim geben nicht nur einen Führer durch die Ausstellungen dieser Galerie, sondern
verabfolgen meist auch einige literarische Leckerbissen, die einmal für die Kunstentwicklung der Zeit historischen Wert bekommen werden.“16 Paul Westheim, Herausgeber der
Zeitschrift Kunstblatt, bedankte sich
[. . .] für die regelmäßige Übersendung Ihrer Ausstellungskataloge, die Ihr unermüdliches Eintreten für den künstlerischen Nachwuchs zeigen. Besonders aufschlussreich für uns hier sind Ihre
Auseinandersetzungen mit den Verfechtern einer armseligen Rückständigkeit, die das Kunstleben
Düsseldorfs niederzuhalten bestrebt sind.17
Der Kontaktpflege zu Kunstsammlern, Kollegen und Kunstkritikern dienten jährliche
Katalogsammelbände, die Flechtheim in sehr kleiner Auflage und oft mit einer persönlichen Widmung versehen Ende 1919 erstmals herausgab: Ostern bis Weihnachten 1919
ist der Titel des Bändchens. In der Sammlung der ULB befinden sich Exemplare mit persönlichen Widmungen Flechtheims an Nell Walden-Heimann, Gattin des Galeristen und
Sturm-Herausgebers Herwarth Walden, sowie eines mit Widmung an Baron Rudolf von Simolin, einen der Mäzene Max Beckmanns. Den Jahresband 1926 widmete Flechtheim der
„Stadtbibliothek“. Die recht große Geschlossenheit der Flechtheim-Kataloge im Bestand
der ehemaligen Landes- und Stadtbibliothek Düsseldorf spricht dafür, dass Flechtheim
sich diesem Hause in besonderer Weise verbunden fühlte. In den Beständen der Deutschen
Nationalbibliothek in Leipzig und Frankfurt am Main sucht man diese Kataloge vergeblich. Die Abgabe von Pflichtexemplaren, wie gesetzlich vorgeschrieben, war dem genialen
Alfred Flechtheim völlig fremd. Der bibliografische Nachweis seiner Verlagsproduktion
wird dadurch nicht unerheblich erschwert.
Als journalistische Plattform hatten die Kataloge der Galerie Flechtheim Ende 1920
ausgedient. An ihre Stelle trat die Zeitschrift Der Querschnitt.
15
Ostern 1919 (1919: 3).
Julius Bretz (1919: II).
17 Otto von Waetjen (1920: IV).
16
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Abb. 5: Ausstellungskatalog Weihnachten 1926 mit eigenhändiger Widmung von Alfred Flechtheim für
Nell Walden
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Flechtheims Zeitschriften: Der Querschnitt und Omnibus
In seinen Erinnerungen Was mein Leben anlangt schreibt Ottomar Starke:
Eines Tages fragte mich Flechtheim um Rat, wie er seine Ausstellungskataloge, die ihn nicht mehr
befriedigten, umgestalten könnte. Sie waren von Nummer zu Nummer angriffslustiger geworden
und hatten schon zu wiederholten Malen zu Kontroversen mit der bürgerlichen Presse geführt.
Ich riet ihm, Format und Umfang zu vergrößern und eine Zeitschrift daraus zu machen, aber er
war um einen zündenden Titel verlegen. Ich meinte, der Titel der Zeitschrift müsste mit einem
weniger häufigen Buchstaben des Alphabets beginnen, damit sie in den Katalogen an sichtbarer
Stelle figurierte, also mit einem Q, einem X oder einem Y. Und es fiel mir auch gleich das Wort
„Querschnitt“ ein.18
Anschließend sei man ins (Düsseldorfer) Muschelhaus „Reusch“ gegangen und habe,
zunehmend „in high spirits“, den Inhalt einiger Hefte bereits im Voraus skizziert. Der äußerlich damals noch unscheinbare Querschnitt 19 des Jahres 1921 lässt inhaltlich einiges
von der Champagnerlaune erkennen, in der er aus der Taufe gehoben wurde. „Pariser Briefe“ bringen das dortige Kunstgeschehen nahe. „Wie gewinnt der Boxsport das allgemeine
Interesse?“ wird genauso erörtert wie die Uraufführung des Stückes „Der entfesselte Zeitgenosse“ des Flechtheim-Kunden Carl Sternheim.
Erst ab dem Sommerheft 1923 erscheint Hermann von Wedderkop, mit dem das Blatt
während seines Erscheinens immer in Verbindung gebracht wurde, als alleiniger Herausgeber auf dem Umschlag.
Bis zur Übernahme des Querschnitts in den Berliner Propyläen-Verlag im November
1924 wurde sein Inhalt doch weitgehend durch die Galerie Flechtheim, ihre Ausstellungen
und Publikationen geprägt. Daneben entfaltete sich nach und nach das Erscheinungsbild
der Zeitschrift, das dann ihrem angestrebten Image entsprach: flott und frivol, weltläufig
und liberal, qualitätsvoll und avantgardistisch – kurzum, es wurde das Zeitgeistmagazin
der 1920er Jahre. Ab 1925 erhielten die Hefte äußerlich ihr endgültiges Gewand: gelber
Umschlag mit dem Titel in Rotdruck, darunter eine eigens für jedes Heft geschaffene Illustration. Unter den Illustratoren waren wiederum zahlreiche Künstler der Galerie Flechtheim, wie Ernst Aufseeser, André Derain, George Grosz, Moissey Kogan und andere. Berühmt wurde der Querschnitt auch für seine Themenhefte: England oder Prag, Italien oder
die Sowjetunion, Hunde oder Pferdesport, Theater oder Film. Anfang der 1930er Jahre trat
die Kunst in den Hintergrund. Die Themen hießen nun: „Junge Mädchen heute“, „Fug und
Unfug des Sports“ oder gar „Der Querschnitt durch den Okkultismus“.
Das aus dem Bestand der Landes- und Stadtbibliothek stammende, vollständige Originalexemplar des Querschnitts diente 1970 als Teil der Vorlage für den Nachdruck der
Zeitschrift. In den meisten deutschen Bibliotheken ist nur dieser Nachdruck vorhanden.
Wie von den Ausstellungskatalogen gab es vom Querschnitt jeweils am Ende des Jahres
nummerierte und mit Originalgrafiken, besonderen Textbeiträgen und einem Register angereicherte Jahresbände, die Flechtheim mitunter mit einer persönlichen Widmung versah.
In dem auf persönlicher Bekanntschaft basierenden Nachruf auf Alfred Flechtheim aus
dem Jahre 1937 heißt es, dass Flechtheim den Querschnitt Ende der 1920er Jahre schließlich nicht mehr als seine Zeitschrift betrachtete. „Es entstand, im ‚Romanischen‘, der Plan
18
19
Starke (1956: 96).
Die Umschläge wurden anfangs auf kärglich braunem Karton gedruckt.
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Abb. 6: Der Querschnitt. Umschlag Heft 1. 1921
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Abb. 7: Der Querschnitt. Umschlag Heft 10. 1929
Die Flechtheim-Sammlung der Universitäts- und Landesbibliothek Düsseldorf
Abb. 8: Omnibus. Umschlag 1931
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für eine neue Zeitschrift, den ‚Omnibus’, eine Zeitschrift, die nur auf das Bild gestellt sein
sollte, ein Magazin für Kultivierte.“20
In den wirtschaftlich schwierigen Verhältnissen Anfang der 1930er Jahre brachte diese
Zeitschrift es nur auf zwei Jahrgänge: die „Almanache“ auf die Jahre 1931 und 1932.
Als Herausgeber fungierten Flechtheims Galeriemitarbeiter Curt Valentin und die auch als
Werbegrafikerin tätige Künstlerin Martel Schwichtenberg. Im ersten Beitrag des Jahrgangs
1931 plädiert Flechtheim noch einmal emphatisch für das Sammeln „lebender Kunst“.
Wie ein Menetekel erscheint im Jahrgang 1932 ein Beitrag „George Grosz – Welcome to
America!“ Grosz, der in jenem Jahr einen Lehrauftrag in den USA wahrgenommen hatte,
emigrierte am 12. Januar 1933 endgültig in die USA.
Der „Verlegerrappel“: Ausgaben und Mappenwerke
der Galerie Flechtheim und des Querschnitt-Verlages
Eines schönen Tages packte mich der Verlegerrappel, so wie er schon manchen Kunsthändler gepackt hat. Ich begann mit der Herausgabe von Mappen, deren Riesenformate aber die Amateure
ablehnten. Die wichtigsten derselben waren Adolf von Hatzfeld Sommergedichte, die Marie Laurencin illustrierte, und die René Schickele und André Salmon mit Einführungen versahen, und
Hans Breitensträters Autobiographie mit Lithographien von Rudolf Großmann und einer Einführung des Herausgebers des ‹Dial›, Scofield Thayer. Dann kamen Bücher: Karl Sternheims
‹Fairfax› mit Lithographien von Frans Masereel, ‹Matrosenlieder› von Joachim Ringelnatz, die
Pretzfelder und Schoff mit Radierungen schmückten, und Rudolf Levys gesammelte Gedichte,
die Pascin illustrierte und Hans Siemsen als ‹Lieder des alten Morelli› herausgab.21
Dieses launige Resümee Flechtheims im Herbst 1923 hebt die aus seiner Sicht wichtigsten der knapp 30 Titel hervor, die den Reihentitel „Ausgaben der Galerie Flechtheim“
oder auch einfach „Flechtheim-Druck“ tragen.
Der größte Teil dieser seltenen und kostbaren Bücher und Mappenwerke befindet sich
in der Sammlung der ULB Düsseldorf – im Unterschied zu den vorher besprochenen Publikationen allerdings nicht bereits seit vielen Jahrzehnten, sondern erst seit knapp 20 Jahren. Die Aufmerksamkeit und Wertschätzung für diese Titel, die nach der Ausstellung des
Kunstmuseums Düsseldorf „Alfred Flechtheim – Sammler, Kunsthändler, Verleger“ im
Jahre 1987 deutlich zu Tage trat, sowie günstige Umstände im seinerzeit noch besser ausgestatteten Erwerbungsetat der Bibliothek ließen es zu, einen erheblichen Teil der Bände
auf dem deutschen Antiquariats- und Auktionsmarkt zu erwerben. Keine andere Bibliothek des In- und Auslandes besitzt einen ähnlich vollständigen Satz der künstlerischen
und bibliophilen Verlagsproduktion Alfred Flechtheims.
In den Jahren nach dem Ersten Weltkrieg setzte eine regelrechte Flut von Publikationen
illustrierter Pressendrucke und bibliophiler, kostbar ausgestatteter Künstlerbücher ein. Die
neue Kunst, die vor dem Krieg noch um ihre Anerkennung ringen musste, fand nun eine
breitere Akzeptanz bei Kritikern und Sammlern. Der Schaffensrausch, den Alfred Flechtheim noch als „Verlegerrappel“ charakterisierte, war eine Zeitströmung. Manches, was in
den wenigen Jahren bis zum Höhepunkt der Inflation entstand, war spekulative Anlage,
war „Luxusdruck“, war Flucht in die Sachwerte.
20
21
L.Kr. (1937: 360). Wer sich hinter den Initialen „L.Kr.“ verbirgt, ist bis heute unbekannt.
Flechtheim (1923: 155).
Die Flechtheim-Sammlung der Universitäts- und Landesbibliothek Düsseldorf
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Von einer einheitlichen Gestaltung, wie sie für die typografisch streng durchkomponierten deutschen Pressendrucke – etwa aus dem Insel-Verlag – typisch waren, sind die
Flechtheim-Drucke weit entfernt. Flechtheims Kunstenthusiasmus ließ innerhalb von fünf
Jahren eine höchst heterogene Folge von Mappenwerken und Büchern entstehen, die weder stilistisch noch inhaltlich auf einen Nenner zu bringen ist.
Von den 27 Flechtheim-Drucken (eigentlich sind es 28, denn infolge der hektischen
Produktion wurde die Nummer „18“ doppelt vergeben) sollen nun die Titel vorgestellt
werden, die Flechtheim in seinem Statement – siehe oben – besonders hervorgehoben hat:
Marie Laurencin: „Sommer“. Vier Lithografien zu Gedichten von Adolf von Hatzfeld. Mit einem Vorwort von René Schickele und einer Einführung in der Laurencin
Werk von André Salmon. – VI. Mappe der Ausgaben der Galerie Flechtheim, Düsseldorf 1920.
Das in der ULB vorhandene Exemplar Nr. 51 von 60 Exemplaren der Normalausgabe auf
handgeschöpftem Bütten wurde laut dem eigenhändigen Eintrag von Alfred Flechtheim
hergestellt „für den Nassauischen Kunstverein“. In seinem Vorwort geht Schickele auf die
Schrecken des Ersten Weltkrieges ein, in dem Adolf von Hatzfeld sein Augenlicht verlor
und Marie Laurencin, die mit dem deutschen Maler Otto von Waetjen verheiratet war, ihre
Heimat. Beide Künstler hatte Flechtheim schon 1909 im Pariser „Café du Dôme“ kennengelernt. Die vier Lithografien der Mappe zeigen spielende Hunde, für die Marie Laurencin
immer große Bewunderung hegte. In den Gedichten Hatzfelds sind Hunde nicht erwähnt.
Schickele hat für dieses Paradoxon eine einleuchtende Erklärung: „Die Malerin versteht
von den [deutschen; d. Verf.] Versen des Dichters keine Silbe. Der Dichter ist blind. Mich
ergreift diese unbedingte Bereitwilligkeit zur Kameradschaft bei geprüften Menschen.“
Ähnlich sah es wohl auch der Kunstkritiker Paul F. Schmidt in seiner Besprechung: „Die
Mappe ist ganz und gar Anmut; und zu ihrer Liebenswürdigkeit tragen nicht wenig die
geistvollen Einführungen von Schickele und André Salmon bei, tragen vor allem die starken und leidenschaftlichen Gedichte Adolf von Hatzfelds bei, die zu einer ungleichen,
aber sehr glücklichen Geistesehe mit den Lithos zusammengebracht sind.“22
Rudolf Grossmann: „Boxer“. Acht Lithografien mit einem Vorwort von Hans Breitensträter. – Mappe XIII der Galerie Flechtheim 1921.
Das Exemplar Nr. 44 von 110 der Vorzugsausgabe trägt im Impressum die Signatur von
Rudolf Grossmann. Den kurzen autobiografischen Abriss hat der Boxer Hans Breitensträter unterzeichnet.
Im dritten Heft des noch jungen Querschnitts, Ende September 1921, schildert Hermann
von Wedderkop seine Begegnung mit Hans Breitensträter, Alfred Flechtheim und Rudolf
Grossmann in Berlin:
In Berlin angekommen, wohin man sich, wenn rheinische Süßigkeit lästig wird, zum Ausgleich
begeben soll, geriet ich sofort in die Mitte von Flechtheim und Grossmann. [. . .] Flechtheim, nez
en l’air, hinter der neuen Mappe, durchdrang kurzgefasst und ungehemmt den Wall mystischer
22
Schmidt (1921).
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Abb. 9: „Boxer“, Lithografie von R. Grossmann
Die Flechtheim-Sammlung der Universitäts- und Landesbibliothek Düsseldorf
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Öffentlichkeit, der sich schnell um Breitensträter gelegt hatte und steuerte kurzer Hand im Auto
auf eine obere Etage im Wildwest der kleinen Riesenstadt.23
Hans Breitensträter war 1921 noch ziemlich am Anfang seiner kurzen Karriere. Alfred
Flechtheim verfolgte sie aufmerksam und berichtete 1926 im Querschnitt unter dem Titel
„Gladiatoren“ über den Kampf zwischen Hans Breitensträter und dem späteren Europameister Paolino Uzcudun.
Die Kunstkritik äußerte sich aufgeschlossen über die leicht und graziös kolorierten Lithografien Grossmanns: „Alles in allem eine wohlgelungene Gabe des Flechtheimschen
Verlages, der sich neuerdings in seinen programmatischen Auslassungen zur Kunst gleicherweise wie zum Boxsport bekennt.“24
Carl Sternheim: Fairfax. Geschmückt mit zehn Lithografien von Frans Masereel. –
XVII. Druck der Galerie Flechtheim, Berlin, Düsseldorf, Frankfurt am Main, 1922.
Das Exemplar Nr. 51 der Vorzugsausgabe im Besitz der ULB ist von Carl Sternheim und
Frans Masereel im Impressum signiert. Sternheim hatte Alfred Flechtheim um 1910 in
Paris kennengelernt und ihn bei der Organisation der „Sonderbund“-Ausstellung in Köln
1912 mit Leihgaben unterstützt. Sein Ruf als Dramatiker war um diese Zeit bereits so
legendär wie sein Ruf als Kunstsammler. Über die Geschichte des amerikanischen Rüstungsfabrikanten Fairfax schreibt Sternheim in seinem Aufsatz „Diät!“ aus dem Jahre
1922: „Letzthin schreibe ich Ernüchterungsschriften für die Deutschen. [. . .] Es war meine Absicht, jeder Erwachsene sollte [. . .] dreimal täglich einen Eßlöffel nehmen.“25 Die
Erzählung war 1921 zunächst ohne Illustrationen veröffentlicht worden. Die Lithografien von Frans Masereel schienen das Werk erst eigentlich zu vollenden: „Ich preise mich
glücklich, dass Masereel sich entschlossen hat, Fairfax zu illustrieren. Hätte das Buch
durch seine eigenen Qualitäten keine Hoffnung, in die Ewigkeit einzugehen, ist ihm durch
Masereels Bilder diese herrliche Zukunft gewiss.“26
An „Matrosenlieder“ von Joachim Ringelnatz, „die Pretzfelder und Schoff mit Radierungen schmückten“, erinnerte sich Flechtheim und meinte damit gleich zwei verschiedene Bücher, nämlich Ringelnatz’ Fahrensleute, geschmückt mit Kaltnadelradierungen von
Otto Schoff und – nur hier trifft die Bezeichnung Matrosenlieder zu – an:
Joachim Ringelnatz „Janmaate – Topplastige Lieder“, geschmückt mit Radierungen
von Max Pretzfelder und einer Lithografie von Rudolf Großmann. – 19. Druck des
Verlages der Galerie Flechtheim (1922).
Der in einer Kleinstauflage von 50 Exemplaren gedruckte Band im Folioformat ist im Impressum von Ringelnatz und Pretzfelder signiert, der Einbandbezug besteht aus hellblauer
Bastseide.
Die darin enthaltenen Gedichte gehören zu Ringelnatz’ 1920 begonnenem „Kuddel
Daddeldu“-Zyklus. „Ringelnatz [. . .] verbirgt hinter den Unflätigkeiten seines ewig besoffenen, [. . .] Seemanns Kuttel Datteldu die Verspieltheit eines Kindes; das Wühlen im
23
Von Wedderkop (1921: 136).
Schmidt (1922).
25 Sternheim (1964: 448).
26 Sternheim (1922: 29).
24
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Abb. 10: „Fairfax“, Lithografie von F. Masereel
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Abb. 11: Radierung von M. Pretzfelder zu Ringelnatz’ Janmaate
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Skatologischen, die ordinäre, handfeste Erotik sind Masken, die ein melancholischer Dichter sich vorbindet.“27
Die Radierungen Pretzfelders zeigen die erotischen und homoerotischen Aspekte der
„Matrosenliebe“. Über den Künstler, der auch als Kostümbildner und Darsteller für den
Film arbeitete (beispielsweise in Papst „Freudlose Gasse“, 1925), ist wenig bekannt.
Die Lieder des alten Morelli [Gedichte von Rudolf Levy, herausgegeben von Hans
Siemsen.] – Privatdruck der Galerie Flechtheim Düsseldorf, 1922. 18. FlechtheimDruck.
Das in der ULB vorhandene Exemplar Nr. 43 von 200 wurde hergestellt für den Hannoveraner Sammler und Galeristen Herbert von Garvens-Garvensburg und ist im Impressum
von Rudolf Levy signiert.
Das Bändchen ist eine einzige Ode an das „Café du Dôme“, für Alfred Flechtheim der
Anlaufpunkt schlechthin, wann immer es ihn nach Paris zog. Hier traf er Wilhelm Uhde
und Rudolf Levy, die Künstler Ernesto de Fiori, Hans Purrmann und Rudolf Grossmann.
Eine der ersten Ausstellungen der Galerie Flechtheim im Jahre 1914 galt den „Dômies“.
Levys teilweise recht derbe Gedichte kreisen um die Atmosphäre dieses Cafés und um
die mehr oder minder skurrilen Gestalten, die dort ein- und ausgingen. Die beigegebenen
kleinen Skizzen stammen von Jules Pascin, der dort ebenfalls verkehrte. Verglichen mit
den anderen Flechtheim-Drucken ist das Bändchen kein großer bibliophiler Wurf, sondern
eine eher intime Studie. Die „Dômies“ waren für Alfred Flechtheim Zeit seines Lebens
ein Bezugspunkt, von dem aus seine Hinwendung zur modernen Kunst, insbesondere zur
französischen Kunst, ihren Anfang nahm.
Die Flechtheim-Sammlung dokumentiert Breite und Vielfalt des deutschen und französischen Kunstgeschehens des 20. Jahrhunderts. Daneben repräsentiert sie aber auch einige
spezifisch Düsseldorfer Elemente, die die Nähe der Galerie Flechtheim zum Künstlerkreis
„Das Junge Rheinland“ und zur Galerie der Johanna Ey belegen. Die Publikationen dieser
Gruppe bilden ein Seitenstück zur Flechtheim-Sammlung.
Literatur
Bilderlexikon der Erotik, Ergänzungsband VIII. Hamburg 1961.
F LECHTHEIM, Alfred (1923). „Zehn Jahre Kunsthändler“, Der Querschnitt 3, 151–156.
F LECHTHEIM, Alfred (1931). „Die Einbahnstrasse“, Omnibus, 9–28.
Hans Kohlschein. Herausgegeben vom Museumsverein Warburg e.V. Bochum 2002.
H ENDRIK (01.04.1933). „Abgetakeltes Mäzenatentum“, Volksparole.
Julius Bretz (1919). [Ausstellungskatalog Galerie Flechtheim]. Düsseldorf.
L AVER, James (1937). French Painting And The Nineteenth Century. London.
L.K R . (1937). „Alfred Flechtheim“, Die Neue Weltbühne, 358–360.
M OELLER, Magdalena M. (1984). „Der Sonderbund“, in: Der westdeutsche Impuls 1900–1914.
Düsseldorf.. Herausgegeben von Wolfgang S CHEPERS und Magdalena M. M OELLER. Düsseldorf, 127–142.
Ostern 1919. 1. Ausstellung: Expressionisten. Herausgegeben anlässlich der Wiedereröffnung der
Galerie Alfred Flechtheim, mit einem Vorspruch von Herbert Eulenberg und Beiträgen von Walter Cohen. Potsdam 1919.
27
Bilderlexikon der Erotik (1961: 660).
Die Flechtheim-Sammlung der Universitäts- und Landesbibliothek Düsseldorf
719
Otto von Waetjen [u.a.] (1920). [Ausstellungskatalog Galerie Flechtheim]. Düsseldorf.
Prenez Garde à la Peinture! Kunstkritik in Frankreich 1900–1945. Herausgegeben von Uwe F LECK NER . Berlin 1999.
„Rheinischer Kunstbrief“ (1914), Kunstchronik NF 25, 346.
S CHMIDT, Paul F. (1921). „Graphikmappen der Galerie Flechtheim“, Der Cicerone 13, 162.
S CHMIDT, Paul F. (1922). „Rudolf Grossmann, Boxer“, Der Cicerone 14, 170.
S TARKE, Ottomar (1956). Was mein Leben anlangt. Berlin.
S TERNHEIM, Carl (1922). „Masereel und Fairfax“, Der Querschnitt 2, 29.
S TERNHEIM, Carl (1964). Prosa I. Neuwied.
VALENTIN, Curt und Hermann VON W EDDERKOP (Hrsg., 1928). Der Querschnitt durch Alfred
Flechtheim am 1. April 1928. Berlin.
VON W EDDERKOP , Hermann (1921). „Hans Breitensträter“, Der Querschnitt 1, 136–141.
VON W EDDERKOP , Hermann (1923). „Standpunkt“, Der Querschnitt 3, 1–6.
ISBN 978-3-940671-10-3