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GESCHICHTE
h o r s t
h a c k e r
Entwürdigt und verbrannt
KONSTANZ. Auf den Tag genau am 6. Juli vor 600 Jahren wurde der
vom Konstanzer Konzil wegen Ketzerei zum Tod verurteilte böhmische
Reformator Johannes (Jan) Hus hingerichtet. Der Prager Magister
endete genau dort, wo heute der Hussenstein liegt, im Feuer eines
Scheiterhaufens. Seine Asche wurde in den Rhein gestreut. Nachdem
er am 3. November 1414 in Konstanz angekommen war, schrieb ein
Begleiter am 10. November nach Hause in die Heimat: „Noch ist die
Gans nicht gebraten“. Im Tschechischen bezeichnet „Hus“ auch Gans.
Der Magister war der Einladung König Sigismunds nach Konstanz zum Kirchenkonzil gefolgt, um sich gegen den Vorwurf der
Ketzerei zu verteidigen. Obwohl ihm sein
Schneider zum Abschied sagte „Mir scheint,
als Latrine diente. Die Haftbedingungen über
der abscheulich stinkenden Kloake waren
unerträglich. Der Eingekerkerte erkrankte so
ernst, dass er noch vor dem Prozess zu sterben drohte. Deswegen verlegte man ihn am
Das Denkmal für Jan Hus in Prag wurde 1915 enthüllt, zum 500. Jahrestag des Todes des Reformators. Zu dieser Zeit war Prag in österreichischer Hand und die Habsburger weigerten sich, das
Denkmal offiziell einzuweihen. Aus Protest schmückten die Anwohner das Denkmal mit Blumen.
Seither wird es als Symbol des Widerstandes gegen fremde Herrschaft angesehen.
du wirst nicht zurückkehren“, wähnte er sich
in Sicherheit, weil er dem königlichen Versprechen sicheren Geleits fest vertraute. Andererseits war er zutiefst davon überzeugt,
mit seinen Lehren Recht zu haben und selbst
voll und ganz rechtgläubig zu sein. Nach seiner Ankunft bezog der 44-Jährige bei Witwe
Fida Pfister in der St. Paulsgasse, der heutigen
Hussenstraße, sein Quartier.
Nach drei Wochen schon hatte sich das Blatt
gewendet, seine Gegner erfolgreich Stimmung
gegen Hus gemacht. Er sei eine reale Gefahr
für die um Einheit ringende Kirche, hieß es,
weil er zur Missachtung jeder kirchlichen Autorität aufrufe. Am 28. November wurde Hus,
unter einem Vorwand in die Pfalz des Papstes
gelockt, verhaftet und im feuchten Verlies des
Dominikanerklosters, dem heutigen Steigenberger Inselhotel, auf der Dominikanerinsel
festgesetzt. Sein Gewahrsam war das Erdgeschoß eines Turms, der den Mönchen auch
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24. März 1415 in die ehemalige Wasserburg
des Schlosses Gottlieben. Dort wurde er in
einen eigens dafür gezimmerten hölzernen
Käfig gesperrt.
König Sigismund, Hus‘ vermeintlicher Beschützer, war zur Zeit der Verhaftung noch
nicht am Ort. Auf der Reise nach Konstanz
erfuhr er von der Einkerkerung und gab sich
entrüstet. Eigenhändig wolle er den Kerker
aufbrechen, tönte er, um seinen Schützling
zu befreien. Doch nach seiner Ankunft an
Heiligabend 1414 erkannte er schnell die bestehenden Mehrheitsverhältnisse. Um Kaiser
werden zu können, durfte er die Fraktionen
des Konzils nicht vergrätzen. Hochpolitische
Einsichten übertünchten seinen Zorn. Wegen
„Hus und anderer Kleinigkeiten“, verkündete der Wortbrüchige, solle das Konzil nicht
scheitern. Folglich stimmte er einem Verfahren wegen Häresie (Ketzerei) zu.
Ab Juni 1415 begannen die Verhöre, bei denen
Hus auf verlorenem Posten stand. Die Kardinäle wollten ein Exempel statuieren (FischerFabian spricht von Schauprozess), damit sich
die „Pest des Ketzertums“ nicht weiter ausbreite. Sie drängten Hus immer und immer
wieder zum Widerruf seiner Lehren. Hauptankläger waren Giacomo Arrigoni, Bischof
von Lodi, sowie die französischen Kardinäle
Pierre d‘ Ailly und Gillaume Fillastre. Ihre Liste der Anschuldigungen gegen ihn war lang.
Sie setzt sich zusammen aus bunt gemischten
Zitaten aus den Werken des englischen Theologen John Wyclif, aus Hus‘ eigenen Thesen
und aus anderen häretischen Lehrmeinungen,
die ihm untergeschoben wurden. Abweichend
von den Regeln üblicher Ketzerprozesse bekam Hus jedoch die Möglichkeit, selbst vor
dem Konzil zu sprechen. Er glaubte noch immer, dass sich König Sigismund für ihn einsetzen werde. Welch ein Irrglaube!
An einem der letzten Verhöre nahm der König
höchstpersönlich teil. Jan Hus‘ Kompromisslosigkeit erkennend, soll er wütend gebrüllt
haben: „Ich will keinen Häretiker verteidigen, im Gegenteil, einen hartnäckigen Ketzer
würde ich selbst anzünden und verbrennen“.
Damit war auch Hus klar, dass er seinen letzten Rückhalt verloren hatte. Ein Widerruf jedoch hätte sein ganzes Lebenswerk zerstört.
Er hätte nicht nach Böhmen zurückkehren
dürfen, den Rest seines Lebens fernab der
Heimat in lebenslanger Klosterhaft verbringen müssen. Vor allem aber wolle er vor Gott
nicht als Lügner dastehen, rief er vor der 15.
Generalversammlung des Konzils am 6. Juli
1415 im Münster aus. Mit den Worten „Beweist mir, dass ich geirrt habe, und ich werde
meine Irrtümer eingestehen“ blieb Jan Hus
unerschütterlich standhaft. Damit besiegelte
er sein Schicksal. Am gleichen Tag noch wurde
er zum Tod verurteilt.
Bevor man ihn dem Henker übergab, wurde
INFO
Freitag, 3. Juli bis Montag, 6. Juli
Feierliches Gedenkwochenende für Jan
Hus in Kooperation mit tschechischen und
deutschen Partnern an verschiedenen Orten in Konstanz
Freitag, 3. Juli, 18 Uhr
Feierlicher Gedenkakt für Jan Hus im Konzil (oberer Saal), Hafenstraße 2
Sonntag, 5. Juli, 20 Uhr
Hus-Messe aus dem „Graduale Latino Bohemico“ (1578) in der Lutherkirche, Lutherplatz
Montag, 6. Juli, 18 Uhr
Internationaler Gedenkgottesdienst zum
600. Todestag von Jan Hus im Münster
„Unserer Lieben Frau“, Münsterplatz 1
GESCHICHTE
Hus nach altem Ritus feierlich degradiert. Man
legte ihm sein Priestergewand an, um es Stück
für Stück auszuziehen, und zerschnitt ihm die
Tonsur (kreisrund kahl geschorene Stelle auf
dem Kopf Geistlicher). Jeder einzelne Schritt
war von verfluchenden Worten begleitet. Er
bekam eine papierene Schandmütze auf den
Kopf gesetzt, bemalt mit Teufeln und dem
Wort „Erzketzer“.
Wie Augenzeuge Peter von Mladoniowitz
überliefert hat, soll der an einen Pfahl Gefesselte, als das Holz des Scheiterhaufens draußen vor der Stadt auf dem „kleinen Brühl“
entzündet war und ihm die Flammen ins Gesicht zu schlagen begannen, singend gefleht
haben: „Jesus Christus, Sohn des lebendigen
Gottes, erbarme dich meiner.“ Weil die Gefahr
groß schien, dass seine Anhänger Reliquien in
die Hand bekommen konnten, wurden nach
dem Niederbrennen des Holzstoßes die Knochen zerschlagen, die Überreste zerstampft
und mit Schubkarren in den nahen Rhein gekippt. Chronist Ulrich von Richental hingegen
berichtet wie aus dem Reich der Legende da-
Liebes Blix-Team!
Zuerst möchte ich Ihnen für die wirklich interessanten Themen und Berichte herzlich
danken, welche Sie schon jahrelang Monat für
Monat in Ihrem BLIX-Magazin bringen. Seit
ca. acht Jahren lese ich begeistert Ihre Beiträge und freue mich zu jedem Monatsbeginn auf
Ihr Magazin.
Leider ist es immer sehr schwierig, ein gedrucktes Print-Magazin zu ergattern. Oft sind die
ausgelegten Exemplare in den Ausgabestellen
schon nach wenigen Stunden bzw. Tagen vergriffen. Da ich mich nun ab heute Abend für
zehn Tage im Ausland aufhalte und somit das
von mir ansonsten gewünschte Druck-Exemplar nicht besorgen kann und hinterher ganz
sicher nicht mehr auffinden werde, bitte ich
Sie freundlichst um die Zusendung eines Exemplars der Ausgabe Mai 2015. Es wäre schön,
wenn ich die neue Ausgabe ausnahmsweise
über diesen Weg erhalten könnte.
Im Voraus herzlichen Dank für Ihre Bemühungen.
Mit freundlichen Grüßen
Anton Ebe, Betzenweiler
Zur April-Ausgabe: Aufbruch - Oberschwaben
im Umbruch
Sehr geehrter Herr Dr. Reck
Unser OB Dr. Rapp gab uns in der letzten
Gemeinderatssitzung ihr BLIX, sicher wegen
seines Interviews. Mir ist aufgefallen: Allein
4 Artikel thematisch, teilweise polemisch auf
die CDU ausgerichtet. Schon so stark im Wahlkampf mit dem „unabhängigen“ Anzeigenblatt? Alte Verletzungen? Den Wolf-Artikel
finde ich fast schülerzeitungsmäßig peinlich.
Historische Darstellung der Hinrichtung des
Reformators Johannes Hus als Ketzer.
von, dass sich der Boden aufgetan und den
Verwesungsgeruch eines Maultiers verströmt
habe.
Diese wie ein Volksfest vor den Augen von
Tausenden inszenierte Verbrennung wirkte
wie ein Fanal. In Böhmen wurzelte, keimte
und gedieh Hus‘ Saat so gut, dass es der Kurie
zu viel wurde. Papst Martin V. rief 1420 zum
ersten von fünf Kreuzzügen gegen die „böhmischen Ketzer“ auf. So nahmen die „Hussitenkriege“ ihren Lauf. Sie dauerten 15 lange,
blutige Jahre.
Was Hus‘ Gegner befürchtet hatten, das trat
wirklich ein. Der Prediger wurde zur bedeutendsten Symbolfigur der Tschechen. Seit
dem 19. Jahrhundert haben ihn alle politischen Regime unseres östlichen Nachbarlands
vereinnahmt und zum Nationalhelden stilisiert. Wenn die Tschechen dieses Jahr seinen
600. Todestag feiern, hoffen sie darauf, dass
der amtierende Papst Franziskus das damalige
Urteil endlich aufheben wird.
Freundliche Grüße
Manfred Büchele,
Gemeinderat Stadt Ravensburg
Zur Mai-Ausbabe: Der Bauernkrieg; Interview
mit Elmar L. Kuhn (S. 78)
Sehr geehrter Herr Dr. Reck,
der Schluss von Elmar L. Kuhns Interview hat
mich doch sehr irritiert: „Es gibt aber viele
weitere Themen und Zeiträume, die für Oberschwaben noch unzureichend bearbeitet sind.
Dazu zählt auch die Geschichte der NS-Zeit in
Oberschwaben, mit Ausnahme einiger Stadtgeschichten.“
Das, nachdem gerade in der Reihe „Täter Helfer Trittbrettfahrer“ der 4. Band „NS-Belastete
aus Oberschwaben“, 300 Seiten stark, erschienen ist? Zumindest haben Sie freundlicherweise im April-Heft über die Buchvorstellung in
Biberach berichtet, allerdings ist dabei meiner
Meinung nach leider die personelle und lokale Breite der Täterbiographien nicht deutlich
geworden. Ich vermute, dass Ihnen der Herausgeber Herr Proske ein (kostenloses) Rezensionsexemplar des Bandes gegeben hat. Dann
können Sie sehen, dass ich z.B. allein
sechs Beiträge recherchiert und verfasst und damit ca. ein Drittel
des Bandes zu verantworten habe. Wenn
man bedenkt, dass mich
diese Forschungsarbeiten fast zwei
Jahre gekostet
haben, dass ich
insgesamt mehrere
Wochen
unterwegs war,
um in Archiven
in Sigmaringen,
Stuttgart, Ludwigsburg, Freiburg,
München,
Berlin und sogar
in den polnischen
Staatsarchiven Posen, Lodz und Kutno zu recherchieren, dann schmerzt
mich dieses so beiläufig geäußerte Urteil über die bisherige „unzureichende“ Aufarbeitung der NS-Zeit in der
Region doch sehr. Nun könnte man argumentieren, dass Quantität noch nicht unbedingt
für Qualität bürgt. Doch aufgrund zahlreicher
Rückmeldungen, auch durch anerkannte Regionalhistoriker, kann ich durchaus auch mit
der Qualität der Artikel punkten. Dies gilt auch
für meine bisherigen Publikationen zum Thema NS-Zeit in der Region. Sie können sich auf
der Homepage unseres Projektes www.ns-belastete.de im Autorenverzeichnis (mit kurzen
Literaturangaben) davon überzeugen.
Auch unter www.landeskunde-baden-wuerttemberg.de/6359.html finden Sie eine ausführliche Besprechung der Stadtgeschichte
„Ravensburg im Dritten Reich“, an der ich
ebenfalls mitgearbeitet habe.
Wenn man gründlich recherchiert, findet sich
inzwischen eine Fülle von regionalgeschichtlichen Forschungsarbeiten fleißiger, kompetenter Autorinnen und Autoren (z.B. Frau Locher
zu Wangen im „Dritten Reich“, Herr Weber
zu Opfern des NS-Unrechts, um nur zwei zu
nennen).Vielleicht können Sie diesem offensichtlich nicht enden wollenden Thema in einem späteren Heft erneut Ihre journalistische
Aufmerksamkeit widmen?
Mit freundlichen Grüßen
Wolf-Ulrich Strittmatter
Grüß Gott, Herr Dr. Reck!
Wieder ein Volltreffer Ihrer Mai-Ausgabe. Auch
wir hatten in Ochsenhausen einen BauernAufstand, der war aber nicht so unmenschlich
wie der unter dem Bauernjörg. Was die Bauern, in ihren zwölf Artikeln in Memmingen
1525 forderten, haben die unseren ohne Blutvergießen schon 1502 erreicht.
Freundliche Grüße
Wolfgang Schlecht, Ochsenhausen
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