Bildungs- und Erwerbsmigration in Deutschland Eine neue Form der
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Bildungs- und Erwerbsmigration in Deutschland Eine neue Form der
DGD-Jahrestagung, Berlin 17.03.2015 Bildungs- und Erwerbsmigration in Deutschland Eine neue Form der Zuwanderung? Elisa Hanganu, Dr. Stephan Humpert Bundesamt für Migration und Flüchtlinge - Forschungszentrum Migration, Integration und Asyl Forschungsfeld III Wirtschaftswissenschaftliche Zusammenhänge, Geschäftsstelle Beirat für Forschungsmigration Folie 1 Thesen und Gliederung a) Ein wichtiger Zugangsweg zum deutschen Arbeitsmarkt verläuft über die Ausbildung in Deutschland. b) Damit gewinnt sie für die dauerhafte Zuwanderung an Bedeutung. 1. Einleitung: Fachkräftebedarf auf dem deutschen Arbeitsmarkt 2. Entwicklung der Zuwanderung nach Deutschland 3. Arbeitsmarktzugang für Auszubildende / Qualifizierte 4. Arbeitsmarktzugang für Studierende / Hochqualifizierte 5. Fazit Folie 2 1. Einleitung: Fachkräftebedarf in Deutschland - Konjunktureller Aufschwung nach der Wirtschaftskrise stabile Wirtschaftsleistung und hohe Beschäftigungsquoten Arbeitslosigkeit im Februar 2015: 6,9 % (rund 3,0 Mio.) - Insgesamt hoher Fachkräftebedarf, aber auch regionale, sektorale, berufsspezifische Unterschiede, sowie verschiedene Situationen in Großunternehmen bzw. kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) - Gesundheits- und Sozialwesen sowie Unternehmensdienstleistungen - Erwarteter Bedarf/Ziel: 400-800.000 ausländ. Fachkräfte bis 2025 (Bundesagentur für Arbeit 2011) Folie 3 1. Einleitung: Fachkräftebedarf in Deutschland Qualifikationsspezifische Arbeitslosenquoten, 2012 OECD Deutschland 5,0% Hochschulabschluss 2,4% 7,7% Ausbildungsabschluss 5,3% 13,4% 12,8% Kein Berufsabschluss 0% 2% 4% 6% 8% Quelle: OECD Employment Outlook 2014, Mikrozensus 2012. 10% 12% 14% Folie 4 2. Zuwanderung nach Deutschland 2. Zuwanderung nach Deutschland Zu- und Fortzüge insgesamt, 1991 - 2013 1.600.000 1.400.000 1.200.000 1.000.000 800.000 600.000 400.000 Zuzüge 200.000 Fortzüge 0 1991 1993 1995 Quelle: Statistisches Bundesamt. 1997 1999 2001 2003 2005 2007 2009 2011 2013 Folie 5 2. Zuwanderung nach Deutschland Aufenthaltstitel (im AufenthG) Erteilungen Jan.-Sept. 2014 § 16 Studium, Sprachkurse, Schulbesuch 67.940 § 17 Betriebliche Aus- und Weiterbildung 4.670 §§ 18, 18b, 19 Beschäftigung § 19a Blaue Karte EU § 20 Forschung § 21 Selbständige Tätigkeit Quelle: BAMF-Wanderungsmonitoring, Januar-September 2014 40.400 9.056 550 3.890 Folie 6 3. Arbeitsmarktzugang für Auszubildende/Qualifizierte: Gesetzliche Grundlagen Aufenthalt zur Berufsausbildung (§ 17 AufenthG) Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit (BA) nach Vorrangprüfung Währenddessen wöchentlich 10 Std. zusätzliche Beschäftigung möglich Anschließend ein Jahr Arbeitssuche, uneingeschränkte Erwerbstätigkeit Beschäftigung mit anerkanntem Berufsabschluss (§ 6 BeschV) Zwischenstaatliche Vermittlungsabsprachen der BA Besonderer Bedarf festgestellt (Positivliste: z.B. Mechatronik, Betriebs-/ Bauelektrik, div. Technik, Akustik, medizinische Angestellte, Pflege) Keine Vorrangprüfung Arbeitsbedingungen und Gehalt entsprechend denen für Deutsche Folie 7 3. Arbeitsmarktzugang für Auszubildende/ Qualifizierte: Statistik Zustimmungen der BA zur Beschäftigung von Drittstaatsangehörigen 2014: 67.800 2.870 Ausbildung (§17 AufenthG) 3.130 Weiterbildung (§17 AufenthG) 10.680 keine qualifizierte Beschäftigung (§18.3 AufenthG) 28.820 qualifizierte Beschäftigung (§18.4 AufenthG) 10.530 Geduldete (§60a AufenthG), Asylbewerber (§61.2 AsylVfG) Davon 1.880 Zustimmungen gem. § 6 BeschV (inländischer Abschluss, Vermittlungsabsprache, Positivliste) Quelle: Bundesagentur für Arbeit. Folie 8 3. Arbeitsmarktzugang für Auszubildende/ Qualifizierte: Statistik Zustimmungen der BA zur Beschäftigung von Drittstaatsangehörigen 2014: 67.800: 10.040 Lebensmittelherstellung u. -verarbeitung 8.150 Informatik- und andere IKT-Berufe 8.150 Erziehung, soz. hauswirt. Berufe, Theologie 4.950 Mechatronik-, Energie- u. Elektroberufe 4.530 Medizinische Gesundheitsberufe 3.870 Maschinen- und Fahrzeugtechnikberufe 3.270 Reinigungsberufe 2.900 Tourismus-, Hotel- und Gaststättenberufe 2.470 Unternehmensführung, -organisation Quelle: Bundesagentur für Arbeit. Folie 9 4. Arbeitsmarktzugang für Studierende/ Hochqualifizierte: Gesetzliche Grundlagen Hochschulabsolventen generell • Arbeitsplatzsuche nach Einreise/Berufstätigkeit für 6 Monate, dabei keine Erwerbstätigkeit (§18c AufenthG) • Blaue Karte EU und nach 2-3 Jahren: Niederlassungserlaubnis (§19a Abs. 1 bzw. 6 AufenthG) Absolventen von Hochschulen in Deutschland • Arbeitsplatzsuche nach Studienabschluss für 18 Monate, dabei Erwerbstätigkeit uneingeschränkt (§16.4 AufenthG) • Niederlassungserlaubnis nach 2 Jahren im Beruf (§18b AufenthG) • Aufenthaltserlaubnis für Selbständige (§21 Abs.2a AufenthG) Folie 10 4. Arbeitsmarktzugang für Studierende/ Hochqualifizierte: Statistik Zuwanderung ausländischer Studierender (Bildungsausländer) 2008 2009 2010 2011 2012 2013 20082013, % China 5.151 5.613 6.175 7.312 7.874 9.075 +76,2 Frankreich 3.597 3.685 3.784 3.869 4.049 4.315 +20,0 Spanien 2.814 3.071 3.474 3.986 4.403 4.289 +52,4 USA 3.087 3.386 3.951 4.128 4.066 4.128 +33,7 Indien 1.187 1.645 2.126 2.302 3.152 4.041 +240,4 Gesamt 58.350 60.910 66.413 72.886 79.537 86.170 +47,7 Quelle: Statistisches Bundesamt, EU-Bürger und Drittstaatsangehörige. Folie Folie1111 Stand:23.03.2015 4. Arbeitsmarktzugang für Studierende/Hochqualifizierte: Bleibequote Auswertungen aus dem Ausländerzentralregister (AZR): Gesamtanzahl (ehemaliger) ausländischer Studierender aus Drittstaaten, die seit 2005 einen Aufenthaltstitel zum Studium erhalten haben: rund 262.400: • 78.100 studieren noch • 84.600 haben Deutschland verlassen • 99.700 sind mit einem anderen AT in Deutschland geblieben. Von denen, die Studium beendet haben (184.300), sind 54% in Deutschland geblieben. Bleibequote bei Männern 50,6% und Frauen 57,8%. Quelle: AZR, Oktober 2014. Folie Folie12 12 4. Arbeitsmarktzugang für Studierende/ Hochqualifizierte: Bleibeabsichten und -gründe Repräsentative Befragung drittst. Absolventen dt. Hochschulen: kurzfristig (kürzer als 5 Jahre) langfristig (mind. 10 Jahre) 7 0% 19 10% 20% mittelfristig (5-10 Jahre) für immer 43 30% 40% 31 50% 60% 70% 80% 90% 100% 1. Berufserfahrungen sammeln 6. Familiäre Gründe, Freunde 2. Lebensqualität 7. Weiterhin Deutsch lernen 3. Arbeitsmarktchancen 8. Verbundenheit mit Aufenthaltsort 4. Einkommensniveau 9. Bessere Wirtschaftslage als in 5. (Weiter-) Bildungsmöglichkeiten Quelle: BAMF-Absolventenstudie 2013: n=4.410. anderen Ländern Folie Folie1313 Stand:23.03.2015 4. Arbeitsmarktzugang für Studierende/ Hochqualifizierte: Fachrichtungen Sonstige 21% Sprach- und Kulturwissenschaften 11% Naturwissenschaften 18% Ingenieurwissenschaften 31% Langfristige Bleibeabsichten: Insgesamt: 74% MINT-Akademiker: 70% Wirtschaftswissenschaften 19% Quelle: BAMF-Absolventenstudie 2013: n=4.442. Folie Folie14 14 Stand:23.03.2015 4. Arbeitsmarktzugang für Hochqualifizierte: Blaue Karte EU Bedingung: Hochschulabschluss und Arbeitsplatzangebot 48.400 € Mindestgehalt Jahresbrutto 2015 37.752 € bei Beschäftigung in folgenden Berufen: International Standard Classification of Occupations (ISCO) 21 Natur- und Ingenieurwissenschaftler 211 Physiker, Chemiker, u.ä. 212 Mathematiker, Statistiker, u.ä. 213 Biowissenschaftler 214 Ingenieure 215 Elektrotechnologie-Ingenieure 216 Architekten, Raumplaner, Designer 22 Gesundheitswissenschaftler 221 Humanmediziner 25 Informations- und Kommunikationstechnologen 251 Software- und Anwendungsentwickler 252 Datenbanken- und Netzwerkexperten Folie 15 4. Arbeitsmarktzugang für Hochqualifizierte Vorheriger Aufenthaltsstatus der Inhaber einer Blauen Karte EU, die zum 31. Dezember 2014 aufhältig waren Aufenthaltstitel zum Zweck der Ausbildung 24,1% Aufenthaltserlaubnis nach § 18 Abs. 4 AufenthG 23,4% Quelle: AZR, Februar 2015. Sonstige 5,2% Gesamtzahl: 20.421 Neuzuwanderer 47,3% Folie Folie1616 Stand:23.03.2015 4. Arbeitsmarktzugang für Hochqualifizierte: Statistik aufhältiger Blaue-Karte-Inhaber Herkunftsland Indien China Russland USA Ukraine Syrien Türkei Ägypten Serbien Iran Mexiko Brasilien Pakistan Tunesien Alle Herkunftsl. 2012 2013 2014 Insg. bis 01/2015 403 151 76 89 74 15 49 29 32 26 39 37 30 8 1.648 707 599 399 348 220 272 256 276 187 157 158 106 74 2.322 1.003 928 571 610 481 389 418 369 381 234 222 189 234 4.440 1.883 1.621 1.076 1.041 734 716 711 691 598 434 433 331 323 1.467 7.601 11.663 21.010 Quelle: Ausländerzentralregister 31.01.2015: Erteilungen 08/2012 - 01/2015. Folie Folie1717 Stand:23.03.2015 5. Fazit • Fachkräftebedarf und -zuwanderung ansteigend • Migrationsströme sind nur bedingt steuerbar, u.a. abhängig von Situationen in den Herkunfts- und anderen Zielländern • Zugang zum Arbeitsmarkt für Drittstaatsangehörige wurde kontinuierlich erleichtert, besonders für Hochschulabsolventen und (hoch-)qualifizierte Mangelberufler • Erleichterte Zugangswege über Studium und Berufsausbildung werden zunehmend genutzt, auch für dauerhafte Migration • Begrenzte Möglichkeiten der Arbeitsmarktintegration für Asylbewerber und Geduldete, auch hier Vorteile durch Ausbildung Folie 18 Zum Weiterlesen.. Hanganu, Elisa / Heß, Barbara (2014): Beschäftigung ausländischer Absolventen deutscher Hochschulen. Ergebnisse der BAMF-Absolventenstudie 2013. Forschungsbericht 23 Bundesamt für Migration und Flüchtlinge www.bamf.de/Publikationen Kontakt: www.bamf.de/forschung Elisa.Hanganu@bamf.bund.de 0911-9434724 Dr.Stephan.Humpert@bamf.bund.de 0911-9434702 Folie Folie19 19