Schwachstellen beseitigen
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Schwachstellen beseitigen
Markt+Technik Schwachstellen beseitigen Modul „Fertigung im Fluss“ von „Roto Lean“ steigerte die Leistung schnell um ein Viertel Gute Kooperationen sind meist von Dauer. Das gilt auch für die zwischen Dieter Marquardt Kunststoffwerk und Beschlagspezialist Roto, die seit über 30 Jahren zusammen arbeiten. Dabei beschränkt sich das „partnerschaftliche und systematisch erweiterte Teamwork“ nicht nur auf die Produktebene. Sahnestücke der Schlossgeschichte Somit bestätigt sich einmal mehr, dass moderne Kunden- und Lieferantenbeziehungen tatsächlich einen „Win-win“-Charakter haben. Daher gibt es 2016 in SaarbrückenHanweiler etwas Besonderes zu feiern. Dann blickt das Kunststoffwerk Marquardt auf eine 50-jährige Firmengeschichte zurück. In einem Punkt wird die dann möglicherweise erstellte Jubiläumschronik für mittelständische Familienunternehmen typisch sein, kann sie doch über ein kontinuierliches Wachstum berichten. Im konkreten Fall fiel der Startschuss 1966 als Einmannbetrieb. Heute leitet Wolfgang Marquardt in zweiter Generation einen Fenster-, Türen- und Fassadenspezialisten mit rund 150 Mitarbeitern. Sie sind im Verhältnis zwei Drittel zu ein Drittel im gewerblichen Sektor inklusive Montage bzw. im kaufmännischen Bereich inklusive Vertrieb tätig, macht der Geschäftsführer die Struktur transparent. Und: Viele davon seien länger als zehn Jahre und einige bereits mehr als 20 Jahre „an Bord“. Mit dem hohen Ausbildungs-Engagement kommt ein weiteres charakteristisches Mittelstandsmerkmal hinzu. Jeweils sieben Industriekaufleute und Verfahrensmechaniker für Fenstertechnik erlernen bei Marquardt ihren Beruf. Seit 2014 gelte das auch für Wirtschaftsingenieure. Dem ansonsten nicht zuletzt in der Baubranche häufig beklagten Nachwuchs- und Fachkräftemangel begegne die Firma daher dank eigener Anstrengungen ebenso aktiv wie effizient. Was sich Wolfgang Marquardt. schon daran zeige, dass „wir nur die Besten übernehmen“. Zu den Besten wollen die Saarländer natürlich auch insgesamt gehören. Basis dafür ist ein über 30 000 qm großes Areal mit einer Produktionsfläche von 11 400 qm, einer Lagerhalle sowie einem „Expo-Center“, das für Ausstellungs-, Beratungs- und Schulungszwecke genutzt wird. Die Fertigungsmengen beziffert Marquardt auf etwa 300 Fenster, 100 Haustüren sowie 20 Schiebe-, Rund- und Schrägelemente pro Tag im Einschicht-Be- trieb. Der gewerbliche Kundenkreis umfasse Bauelemente-Händler und Baumärkte in ganz Deutschland und im nahe gelegenen Frankreich. Dort werde der komplette Norden, der Süden bis Dijon und der Westen bis Paris mit dem Qualitätssortiment „made in Germany“ beliefert. Fünf eigene Sattelzüge und bei Bedarf externe Speditionen sorgen, wie es heißt, für die geforderte „Just in time“-Logistik. Ein weiteres Standbein stelle das Privatkundengeschäft dar. Bei Fenstern und Türen schließe das in einem Radius von 100 km die fachgerechte Montage ein. Bei der Realisierung von Fassaden wiederum gebe es in Deutschland keine räumliche oder regionale Begrenzung. Apropos Begrenzung: Die bisherige Konzentration auf die bereits im Firmennamen erkennbare KunststoffKompetenz sei bald Vergangenheit. Marquardt kündigt als nächsten strategischen Schritt den Einstieg in das Aluminium-Segment und die damit verbundene Markteinführung bzw. -platzierung an. Sein Credo: „Wir müssen uns perma- Japanisches Trickkästchen von Dr. Ulrich Morgenroth Durch seine einzigartige Ausrichtung zieht das Deutsche Schloss- und Beschlägemuseum schon seit Jahrzehnten auch immer wieder internationales Fachpublikum an. Besonders zu Zeiten der Kölner Eisenwarenmesse finden viele ausländische Gäste ihren Weg ins Museum und bringen nicht selten Objekte aus ihren Heimatländern als Geschenke mit. So auch im Jahre 1994 als eine Vertreter der Miwa Lock Company, 38 schloss+beschlagmarkt Yokohama, Japan, mit der Bitte ins Museum kam, ob man ihm für eine Publikation Bilder aus dem Museum überlassen könne. Er schenkte dem Museum eine kleines, reich mit hölzernen Einlegearbeiten verziertes Kästchen. Auf den ersten Blick war keine Öffnung und kein Deckel zu erkennen und die Oberfläche schien ganz glatt. Nur bei ganz genauem Hinsehen war zu erkennen, dass sich an den beiden Stirnseiten Teile verschieben ließen. Durch Hin- und Herschieben der Schieber in zehn Schritten ließ sich 03 / 2015 der Deckel dann öffnen. Ohne Anleitung ein Ding der Unmöglichkeit. 1995 erschien dann in Japan das Buch der Miwa Co., das die Entwicklung des Europäischen Schlosses beschreibt und vollständig mit Abbildungen aus Velbert illustriert ist. www.schloss-und-beschlagmarkt.de Markt+Technik Regelmäßig vor Ort: Lean Manager Matthias Bellstedt verantwortete das Kundenprojekt und informierte die Marquardt-Mitarbeiter auch über die praktischen Möglichkeiten, den Flügelanschlag zu verbessern. nent weiterentwickeln, um erfolgreich und wettbewerbsfähig zu bleiben.“ Der Aufbau eines AluPortfolios bei Fenstern und Türen entspreche einem anhaltenden Nachfragetrend und der generellen Unternehmensmaxime, sich professionell für die Zukunft zu rüsten. Ohne leistungsfähige Industriepartner funktioniere das indes nicht. Bei ihrer Auswahl achten die Saarländer u. a. auf Kontinuität und „eine Partnerschaft auf Augenhöhe“. Die inzwischen über 30-jährige Kooperation mit Roto sei dafür ein „überzeugendes Praxisbeispiel“. Die Zusammenarbeit mit dem Beschlagspezialisten verdiene unter dem Strich auf der Schulnoten-Skala eine „glatte Zwei“. Der DrehkippMarktführer freut sich über das Lob – um zugleich den Ehrgeiz zu formulieren, aus dem „Gut“ in den nächsten Jahren noch ein „Sehr gut“ zu machen. Auf der Sortimentsebene setzt Marquardt in erster Linie auf das ebenso universelle wie modulare „NT“Programm. Auch die Umstellungen auf Parallel-Schiebe-Kipp-Systeme (2008) sowie Schlösser und Haustürbänder aus dem „Door“-Portfolio (2009/2010) seien konkrete Beweise für die Zufriedenheit mit Roto. Da verwundert es nicht, dass die neue Aluminium-Ära ebenfalls auf der Kooperations-Agenda steht. Aber der Produktsektor ist nur eine Seite der gemeinsamen Medaille. Die Zweite gewinne tendenziell immer mehr an Bedeutung. Dabei gehe es um das breite Unter- www.schloss-und-beschlagmarkt.de stützungsangebot des Bauzulieferers für seine Kunden. Im konkreten Fall werde davon intensiv Gebrauch gemacht. So nutze das Familienunternehmen die Instrumente Qualitätscheck, Datenservice, Bildstücklisten und (Zertifizierungs-)Prüfungen im Internationalen Technologie Center (ITC) von Roto in LeinfeldenEchterdingen. Eine besondere Mehrwert-Relevanz habe jedoch das Beratungs- und Dienstleistungspaket „Roto Lean“. Es gliedert sich in die sechs individuell abrufbaren Module Arbeitsplatzgestaltung, Fertigung im Fluss, Lager- und Logistikorganisation, Mitarbeiterorganisation, Null-FehlerFertigung sowie Projektbegleitung und Fertigungsplanung. Marquardt bescheinigt Roto damit einen „definitiven Wettbewerbsvorsprung“ gegenüber anderen Beschlagherstellern. Speziell hebt er die langjährige Erfahrung, die Umsetzung aus dem Blickwinkel des Fensterbauers und die stets kundenspezifische Projektbearbeitung hervor. Deshalb seien „Schema F-Lösungen“ kein Thema. Der Firmenchef weiß, wovon er redet: Seit 2011 nutzt er die exklusiven Unterstützungsdienste. Die Aufgabenbeschreibung im „Projekt-Steckbrief“ liest sich eher lapidar: „Optimierung der Arbeitsschritte am Montageband 1“. Daraus resultierte das Ziel: „Steigerung der Leistung um 25 % binnen Jahresfrist“. Durch die Neuanschaffungen von Anlagen allein sei die geforderte Stückzahl nicht zu erreichen gewesen. Stattdessen bedurfte es weiterer Schritte, um eine kontinuierliche Produktion im Takt der Maschinen zu gewährleisten. Die (Problemlösungs-)Wahl fiel auf das Modul „Fertigung im Fluss“, erläutern die bei Roto verantwortlichen Lean Manager Christoph Rüth und Matthias Bellstedt. Der Projektablauf in Stichworten: ausführliche Ist-Analyse, Erstellung des notwendigen Maßnahmenplanes mit genauer Aufgaben-Definition, regelmäßige Status- und Kontrolltermine „vor Ort“, Anpassung der erforderlichen Maßnahmen an neue Gegebenheiten. Die von Anfang an aktive Einbindung der Mitarbeiter schuf, betonen die Beteiligten einhellig, das unverzichtbare „Wir-Gefühl“ und damit die Voraussetzung für Eigeninitiative sowie konstruktive Mitwirkung. Aufgrund „eingefahrener Fertigungsabläufe“ war es „spannend“, gravierende Schwachstellen zu erkennen und zu beseitigen. Ein exemplarisches Beispiel aus der frühen Projektphase war danach die Anweisung, die fertigen Blendrahmen nicht mehr in einen Puffer zu stellen, sondern im Fluss direkt weiter zu verarbeiten. Erst nach der kompletten Entfernung des Puffers seien die Vorteile des neuen Prozesses für alle Mitarbeiter offensichtlich gewesen. Am Ende kam die Erfolgsmeldung viel schneller als geplant. Die angepeilte Erhöhung des Fensterflügel-Durchsatzes um 25 % war schon nach sechs Monaten Realität, freuen sich die Lean-Profis und ihr Kunde gleichermaßen. Der würdigte denn auch die „schlanke“ Projekt-Kooperation in fachlicher, persönlicher und logistischer-organisatorischer Hinsicht mit einem „Sehr gut“. Und was steht für Marquardt künftig im Partnerschafts-Fokus? Das Lean-Thema weiter gemeinsam forcieren, um wettbewerbsfähige Prozesse dauerhaft zu sichern, das AluSegment offensiv zu bearbeiten sowie Marketing- und PR-Kooperationen zur Endkundenansprache zu verstärken. Dabei verbucht das Familienunternehmen den „innovativen Auftritt und die Kraft der Marke Roto“ offenbar als wichtige Flankierung eigener Marktaktivitäten, eine „Win-win“-Situation eben. ■ Ein „schlankes“ Projektergebnis: Der „geordnete“ Flügelanschlagtisch mit kurzen Greifwegen macht Flügeltakte von zwei Minuten möglich. FOTOS (3): MARQUARDT/ROTO schloss+beschlagmarkt 03 / 2015 39