VS_Anfrage_Netze_Gribl_20042015

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VS_Anfrage_Netze_Gribl_20042015
FREIE WÄHLER
STADTVERBAND AUGSBURG
VOLKER SCHAFITEL* ARCHITEKT
STADTRAT
STELLVERTRETENDER
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86150 AUGSBURG
TELEFON 0821 / 34467-24
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Dr. Kurt Gribl
Aufsichtsratsvorsitzender der SWA
Rathausplatz 1
86150 Augsburg
Öffentliche Anfrage
Die Fusion: Die guten ins Töpfchen, die schlechten ins Kröpfchen?
20.04.5015
Sehr geehrter Herr Dr. Gribl,
Nach Sichtung der Stadtratsunterlagen habe ich Sorge, dass Sie möglicherweise bei Ihren
Verhandlungen und Machbarkeitsstudien Dinge übersehen haben, die sich für unsere Stadt
Augsburg nachteilig auswirken könnten.
In den Sitzungen, Gesprächen, Präsentationen und Unterlagen ist viel von der „Due
Diligence“ die Rede, was nicht mehr und nicht weniger bedeutet, dass mit „gebotener
Sorgfalt“ die Risiken zu prüfen sind.
Ich hoffe, dass Sie meinen Eindruck zerstreuen können, dass es gerade an dieser
gebotenen Sorgfalt mangelt, wenn es darum geht, Ihr „Fusionsprojekt“ ganz zum Wohle
Augsburgs und seiner Bürger zu hinterfragen.
Firmenbewertung Netze
Unter dem Decknamen „Projekt Lilie“ hat die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Deloitte &
Touche GmbH die Werte der beiden Firmen SWA-Energie und Erdgas Schwaben ermittelt.
Hierbei fiel mir besonders die schlechte Bewertung unserer Netz GmbH auf, die nur mit
einem einstelligen Millionenbetrag in die Vergleichswertung einfließt, weil nahezu keine
Vermögenswerte angesetzt wurden.
Wir alle wissen aber, dass die Netze (Gas, Strom, Fernwärme) einen hohen Wert einnehmen
im Bereich der kommunalen Versorgung.
Die Augsburg Netze GmbH war bis zu ihrer Ausgründung am 31.12.2014 eine 100%
Tochter der SWA Holding. Die Holding war bis 2014 auch Eigentümer der Netze, die
Netzgesellschaft Pächter der Netze.
Die Frage ist nun, ob mit der Ausgründung des „Teilbetriebs Netze“ 2014 die Netze in das
Eigentum der Netz GmbH übergingen. Dies hat die entscheidende Bedeutung, dass nach
Vollzug der Fusion die neu gegründete „Netze Gmbh und Co KG“ eine 100% Tochter der
fusionierten Energiewerke Augsburg Schwaben (ewas) GmbH wird. Damit würden auch die
Netze zu 30% der Thüga gehören.
Im Fusionsbeschluss steht unter 2.1.1, dass die SWA durch die Bildung der „Großen
Netzgesellschaft“ zusätzlich 6 Mio. mehr einnehmen würden auch wenn die Fusion nicht
erfolgen würde. Und dass bei der Fusion „Potenziale von 100.000 Euro aus dem Thema
Regulierung - Große Netzgesellschaft“ hinzuzurechnen wären.
Obwohl am 31.12.2014 der Teilbetrieb Netze, ich nehme an zum Zweck der Bildung einer
ertragreicheren „Großen Netzgesellschaft“ ausgegründet wurde, gab das Management der
Netze Augsburg GmbH zur Bewertung den Fortbestand des aktuell implimentierten
Pachtmodells zwischen SWA Energie und Netze Augsburg an. Entsprechend niedrig
(einstelliger Millionenbetrag) fiel der Unternehmenswert der Netzgesellschaft aus.
Die Bewertung der Netze Augsburg GmbH erfolgte auf dem Stand vor dem 31.12.2014 also
vor der Ausgründung als Pachtnetzgesellschaft und nicht als Netzeigentümergesellschaft.
Damit sind auch die Effizienzerwartungen einer „Großen Netzgesellschaft“ nicht in der
Firmenbewertung berücksichtigt wohl aber bei den Synergieeffekten der Fusion.
Können Sie diesen scheinbaren Widerspruch aufklären?
Beteiligungen der Erdgas Schwaben z.B. kom9
Mir ist aufgefallen, dass die Anteile der SWA an Bayerngas und M-Net und Netze
Augsburg GmbH Bestandteil der Fusion sind aber die Anteile der Erdgas Schwaben
Beteiligungsgesellschaft mbH z.B. an Kom9 (7,5%) nicht.
Spontan entsteht hier der Eindruck, dass die Thüga ihre interessanten Beteiligungen vor der
„Fusion“ rettet, wir aber hingegen unsere Perlen dazu geben.
Haben Sie hierzu eine plausible Erklärung?
Gaswerkgelände zur Holding
Das Gaswerkgelände mit entsprechenden Sanierungsrückstellungen wurde 2014 aus der
SWA-Energie an die SWA-Holding verkauft. Damit bleibt dieses „Problem“ mit den daran
hängenden Rückstellungen in Millionenhöhe der Rest-SWA bzw. der 100%-tigen
kommunalen SWA Holding.
Nachdem auch die defizitäre Verkehrs GmbH und die mit schwarzer O wirtschaftende
Wasser GmbH bei der SWA Holding bleiben wandern die Gewinngesellschaften in das
Teileigentum der Thüga und die Verlustgesellschaften bleiben bei der Stadt.
Nach dem Motto: Die Guten ins Thügatöpfchen die Schlechten ins Bürgerkröpfchen.
Bürgerdarlehen (rentierliche Kapitalanlage) mit Vorzug für SWA-Mitarbeiter
Unklar ist die Bedeutung eines Erwerbs von 1% an der Energiewerke Augsburg Schwaben
(EWAS) durch die SWA Holding in Höhe von 13,065 Mio Euro, welcher über ein
„Bürgerdarlehen“ mit Laufzeit 5-7 Jahre und einer Verzinsung von 2-2,3% finanziert werden
soll. Es ist wie im Aktiengeschäft von „Vorzugszeichnungsrechten“ für SWA-Mitarbeiter die
Rede und von maximalen Zeichnungsrecht pro Zeichnenden in Höhe von 50.000 Euro, um
eine „breite Streuung und Partizipation“ zu gewährleisten.
Gleichzeitig wird errechnet, dass die „Dividendenerwartung „ (Ausschüttung) dieses 1%Anteils an der EWAS von bis zu 1Mio Euro beim 3-fachen der Refinanzierungskosten des
Bürgerdarlehens liegt - die neue EWAS mit der Thüga also mit dem Geld der Bürger ein
gutes Geschäft macht.
Können Sie mir beantworten, welchen Hintergrund dieser 1-prozentige Rückkauf hat?
Schuldbegrenzung der SWA-Holding
Im Konsortialvertrag wurde vereinbart, für die SWA-Holding einen Schuldendeckel von 50%
der Bilanzsumme einzuhalten. Im Geschäftsjahr 2013 lag dieser bei 57% der Bilanzsumme.
Können Sie mir hierzu mitteilen, wie hoch die künftige Bilanzsumme der WSA-Holding
nach der Fusion sein wird und welcher Schuldendeckel für die neue Gesellschaft
EWAS eingeführt wird?
Änderung der Ausgangssituation (Change of Control)
Für den Fall, dass die Thüga Anteile der neuen EWAS verkaufen will, wird der SWA-Holding
ein Vorkaufsrecht eingeräumt, welches allerdings nur theoretisch besteht, da für diesen Fall
keine Rücklagen gebildet werden.
Der Wert der Anteile soll über einen Gutachter bewertet werden.
Dies gilt auch für den Fall, dass bei der Thüga „mehrheitlich die kommunale Prägung
entfällt“ bzw. mehrheitlich nicht mehr kommunale Gesellschafter aufweist.
Ihre bisherige Argumentation für die Fusion, Herr Gribl, war doch immer, dass der besondere
Wert der Thüga sei, zu 100% in kommunaler Hand zu sein.
In der Beschlussvorlage ist nur noch von „mehrheitlich kommunal geprägt“ die Rede.
Genügt Ihnen nun schon eine mehrheitlich kommunale Prägung wobei mir nicht ganz
klar ist, welche Bedeutung diese Relativierung hat?
Hier erinnere ich an die Aussage von Herr Riechel (Thüga-Vorstand) in der Kälberhalle, der
so getan hat, als könne man ohne Geldfluss die Fusion wieder rückgängig machen.
Klar ist aber nun, dass in jedem Fall Anteile zurückgekauft werden müssen. Wenn
etwas zurückgekauft werden muss wurde es zuvor verkauft. Widerspricht das nicht
Ihrer Behauptung, Herr Girbl, dass mit der Fusion eben nichts verkauft würde?
Laut Konsortsialvertrag wird die Thüga nach Kapitalerhöhung der Energiewerke Augsburg
Schwaben gegen „Sacheinlage aller von der Thüga gehaltenen Geschäftsanteile an der
Erdgas Schwaben GmbH“ 29.3% des Stammkapitals an Energiewerke Augsburg
Schwaben halten.
Mit anderen Worten erwirbt die Thüga gegen Sachwerteinlage (statt Geld) Anteile der
Stadtwerke Augsburg. Dies entspricht einem Kauf bzw. Verkauf.
Übrigens bezeichnet die KPMG-Wirtschaftsprüfer AG in ihrem Gutachten die SWA-Holding
als „Verkäufer“!
Volker Schafitel, Architekt
Stadtrat