DER WEIBLICHE KORPER ALS/EM SCIENCE FICTION: Diskursive

Transcription

DER WEIBLICHE KORPER ALS/EM SCIENCE FICTION: Diskursive
DER WEIBLICHE KORPER
ALS/EM SCIENCE FICTION:
Diskursive Voraussetzungen einer Dekonstruktion
von Ridley Scotts "Alien"
Marcella Stecher
ISSN 1028-2734
Klagenfurter Beiträge zur Technikdiskussion
Heft 81
Herausgegeben von
Arno Bamme, Peter Baumgartner, Wilhelm Berger, Ernst Kotzmann
ISSN 1028-2734
In dieser Schriftenreihe veröffentlicht das IFF, Arbeitsbereich Technik- und Wissenschaftsforschung, Arbeitsmaterialien, Diskussionsgrundlagen und Dokumentationen, die
nicht den Charakter abgeschlossener Forschungsberichte tragen, aber dem jeweils
interessierten Fachpublikum zugänglich gemacht werden sollen. Beabsichtigt ist, neuere
Forschungsresultate schnell, auch in vorläufiger Form, ohne aufwendige Aufarbeitung
in die wissenschaftliche Diskussion einzubringen.
Der Nachdruck, auch auszugsweise, ist nur mit der Zustimmung des Instituts gestattet.
INHALTSVERZEICHNIS
1.
EINLEITUNG
1.1.
Vorwort
1.2.
Anlage der Arbeit
2.
METHODISCHE FRAGESTELLUNGEN
2.1.
Positionierung innerhalb feministischer Theorien
16
2.2.
Repräsentation
23
7
11
Das Kino als Geschlechterideologie
8.
KONTEXT DER FILMANALYSE
3.1.
Plot
29
3.2.
Phantasmen der Weiblichkeit
31
Die Figur der Actionheldin - Monströse Generativität - Genealogie Das Phantasma der Mutter - Weiblichkeit und/oder Mütterlichkeit? Exkurs über das Unheimliche
3.3.
Feministische Bezüge
47
Feministische Konzeptionen von Weiblichkeit - Space-Off
3.4.
Über die Effektivität von Figurationen
und Verkörperungen
52
Effekte der Genres - Soziokultureller Kontext
3.5.
Das gestörte Dreieck
Kinogeburten - Der „öffentliche" Fötus
61
4.
FILMANALYSE
4.1.
Verortung
72
Jenseitige Ursprungsphantasien - Das Rätsel
4.2.
Über das Monströse
77
4.3.
Über das Obszöne
83
Eine libidinöse Ökonomie - Die Camouflage von Natur und Kultur
4.4.
Obszön ist nicht das Verborgene...
94
Welches Geschlecht haben Astronautinnen? - Das Obszöne
als Überrepräsentation - Mother knows best! Verwandtschaftsverhältnisse
4.5.
Über Differenzen
104
The (Wo)Man and the Machine - Eine „Rhetorik der Gewalt":
Zur Aktualität eines gynäkologischen Modells - Krisenherde
und Grenzverläufe - Differenz und Tod
4.6.
Kolonisierte Körper
127
Exotismus - Der koloniale Diskurs - Differenz, Identität, Fetisch Eine Frage des Lichts - Zur Stereotypie der rassistischen
Inszenierung - Differenz im Feld der Sexualität
4.7.
Deviante Subjekte
151
Das Ideal normativer Männlichkeit - Das Final Girl Perverse Subjekte - GeschJechter(in)differenz - Das Subjekt
der Phantasie - Eine masochistische Ästhetik - Fetische Die Moral der Geschichte
5.
AUSBLICK
183
6.
BIBLIOGRAPHIE
192
Dank
"Sie sagt Wir wissen nichts, Sie so wenig wie
ich. Was wir wissen, ist, daO diese Differenz,
dieser Widerstand, den Sie mir gegenüber
empfinden, da ist, um eine Sache zu verbergen,
die sich auf das Leben bezieht."
(Margnerite Doras)
1 . EINLEITUNG
1.1. Vorwort
Im Zentrum dieser
steht das Unterfangen, eine feministische Filmanalyse des ausgewählten Hollywood-Spielfilms "Alien"
(Ridley Scott, USA 1979) zu entwickeln.
Das Interesse an feministischer Filmtheorie resultiert aus Überlegungen, die sich v.a. auf den medialen Charakter der dargestellten
Weiblichkeit beziehen: Die vorgestellten Verfahren zur Konstruktion
von Weiblichkeit wirken nicht dies- versus jenseits der Leinwand als
effektive, sondern bezeichnen die Überschneidung von filmischen
und sozialen Einschreibungen in/von weibliche Körper(n). Schaulust
und Identifikation überschreitend, bieten Filmerzählungen dennoch
Diskurse über Weiblichkeit an, die den Status der "Frau" als Subjekt
auch ihrer Sexualität thematisieren. Filmische Imaginationen stellen
Weiblichkeitsentwürfe vor, die normative wie ideale Vorstellungen
des weiblichen Körpers prägen und affirmierend wie antizipierend
auf historische und gegenwärtige diskursive, materielle Praktiken wie
auch auf individuelle Körpertechniken wirken.
Das angesprochene, wechselseitig sich bedingende Verhältnis,
das die Interdependenz zwischen Vorstellungen von Weiblichkeit,
von (normativen) Konzeptionen der Kategorie "Frau" sowie Frauen
als historischen Agentinnen ausbildet und strukturiert, markiert dabei eine erste Stufe methodischer Überlegungen: Wovon wird gesprochen in einer Untersuchung, die sich der Analyse von Weiblich-
keit widmet? Welchen Vorstellungen von "Frau" unterliegt das feministische Erkenntnisinteresse? (Oder: Welcher feministische Subtext
wird implizit mitgeschrieben, mitproduziert?) Wie kann "Frau" thematisiert werden, wenn Weiblichkeit als Negation der ausschließenden männlich-phallogozentrischen Ordnung begriffen wird l?
Dieser Fragenkomplex verwies mich auf das Genre des Science
Fiction, da in diesen futuristischen Ambientes von (künstlich hergestellten) Cyborgs und Androiden die Konstruiertheit von Weiblichkeit besonders hervortritt. Weiters ermöglicht der Science Fiction
einen kritischen Bezug auf die diskursiven, materiellen Praktiken, wie
sie heute im Zusammenhang der Bio- und Informationstechnologien
wirksam werden und das Geschlechterverhältnis neu organisieren.
Die Filmplots des Science Fiction entspinnen ihre Spielarten anhand von Topoi der Herkunft: Wer oder was ist ein Mensch?
Jene Projektionen und Verschiebungen, mittels derer filmisch die
Herstellbarkeit von Naturhaftigkeit und Geschlechtlichkeit inszeniert
wird, impliziert eine Revision der Begriffe von Sex (als dem biologischen Geschlecht) und Gender (als dem sozial und kulturell vermittelten Geschlecht). Jenseits von ontologischen Identitätskonzepten verweisen die filmisch materialisierten Ursprungsphantasien
des Science Fiction auf eine Spaltung von Weiblichkeitskonzeptionen, insofern der Topos der Generativität oft verschoben in Labors verrückter Wissenschaftler (das Frankenstein-Motiv) oder in
der exzessiven Sexualität von Monstern seine Sicht- und Darstellbarkeit findet.
Je nachdem, ob die Theorie ein Ein-Geschlechts-Modell (Weiblichkeit als
invertierte Männlichkeit) oder ein Zwei-Geschlechter-Modell (Modell der
unhintergehbaren Differenz) ins Auge faßt, umfaßt die jeweilige Weiblichkeitskonstruktion die "Frau" als "Andere" des Mannes (vgl. Simone de
Beauvoir) o d e r als inkommensurabel "andere Andere" im Verhältnis zum
Mann (vgl. Luce Irigaray).
Die schematische historische Vorstellung dieser Ein- bzw. Zwei-Geschlechter-Modelle findet sich bei LAQUEUR, Thomas: Auf d e n Leib geschrieben. Die Inszenierung der Geschlechter von der Antike bis Freud.
Frankfurt am Main 1992. Die repräsentativen Beispiele aus feministischen
Theorien beziehen sich auf BEAUVOIR, Simone de: Das andere
Geschlecht. Sitte und Sexus der Frau. Reinbek bei Hamburg 1968.
IRIGARAY, Luce: Speculum. Spiegel des anderen Geschlechts. Frankfurt
am Main 1980
Die Auswahl von Ridley Scotts "Alien" (USA, 1979) bietet ein paradigmatisches Filmbeispiel, dieser Konstruktion bzw. Aufspaltung
von Weiblichkeitsentwürfen - verkörpert durch eine der astronautischen Männerwelt angepaßte Protagonistin und ein in seiner Generativität bedrohliches Monster - nachzugehen.
Der aufgeworfene Fragenkomplex erweitert sich in diesem Zusammenhang auf die Klärung des Verhältnisses von "Frau" im Hinblick auf ein weiteres normatives Moment der dominanten Fiktionen:
ihre (potentielle) Mutterschaft.
Damit konzentriert sich die intendierte feministische Filmanalyse
auf diesen bestimmten Aspekt der Darstellung von Weiblichkeit:
Aufgezeigt werden sollen jene Verfahren, mittels derer eine Sexualisierung im Sinne "hinreichender Weiblichkeit" seitens der auftretenden Frauenfiguren erreicht wird, und die Verdeckungen und Aussparungen, die für die Positionierung "handelnder" Frauen in einem
action- und kampfbetonten Ambiente zu leisten sind. Recherchiert
wird also nach Indizien, die einen (normativen) Charakter idealer
Männlichkeit in seiner Kontingenz bedrohen und damit jene Aspekte
beleuchten, die seitens der männlichen wie weiblichen Filmfiguren
abgespalten werden müssen. Weitergehend stellt sich die Frage, an
welchen Orten und Körpern die Verdeckung dieser Aspekte nicht
mehr zu leisten ist, wo also das Ausbruchspotential der Tabuisierung nicht mehr verleugnet werden kann 2.
Das Plädoyer für eine dekonstruktive Analyse des Spielfilmes resultiert
daraus, keine neuen Bedeutungen aufzustellen.
"Wenn sie sich darauf beschränkt, die Frage der Frau zu stellen (was ist
die Frau?), so könnte sie schlicht versucht sein, eine Antwort auf die ehrenwerte männliche Frage "was will die Frau?" zu liefern. Sie selbst bliebe
noch Objekt der Frage. Eine Umkehrung der Situation würde darin bestehen, die Frage der Frau als einem Subjekt zu stellen: was bin ich? Was die
ganzen überzeugenden Kritiken des souveränen Subjekts zurückbrächte.
Die vom "geschichtlichen Augenblick" verlangte Geste könnte sein, die
"Frage des Mannes" so zu stellen: Was ist der Mann, daß die vorgegebene
Route seines Begehrens einen derartigen Text schafft? Mit anderen Worten, nicht einfach nur zu fragen: was ist der Mann? ... Andernfalls wird
die von Frauen aus der eigentümlichen sub rosa-Position des zweifach
verschobenen Subjekts gestellte Frage "was ist das Begehren des Mannes?" weiterhin nur der Aufrechterhaltung des maskulinen business as
usual dienen und Antworten hervorbringen, die sie selbst mit grausamer,
doch gar nicht bewußter Ironie als "totale Fraulichkeit" beschreiben."
SPIVAK, Gayatri: Verschiebung und der Diskurs der Frau. In: VINKEN,
10
Die (v.a. filmtheoretische) Rezeption des Spielfilms "Alien" evozierte im Laufe meiner Arbeit Unzufriedenheit: Auch die Inanspruchnahme elaborierter psychoanalytischer Analysekriterien führt m.E. in
zahlreichen Analysen zu einer Instrumentalisierung des Films; d.h.
das verwendete Analysewerkzeug zieht zu kurz greifende, seine
Voraussetzungen übertragende, kategorisierende Interpretationen
nach sich. Auf dieser Basis finden sich beispielsweise Erklärungsmodelle von fürsorglicher, kultureller Mutterschaft (verkörpert in
der Astronautin) versus biologischer Generativität (seitens des
Monsters) 3 oder die Applikation psychoanalytischer Zuschreibungen 4 wie oral-kannibalistische Weiblichkeit (Monster) versus
phallische Frau (die Astronautin Ripley) 5 .
Barbara (Hg.): Dekonstruktiver Feminismus. Literaturwissenschaft in
Amerika. Frankfurt am Main 1992. S. 205/206
Dieser Ansatz steht stellvertretend für Linda Bundtzen.
BUNDTZEN, Linda K.: Monstrous Mothers, Medusa, Grendel, and now
"Alien". Film Quarterly 40, Number 3, 1987.
Hier sind beispielsweise die Beiträge von Barbara Creed zu nennen.
CREED, Barbara: "Alien" and the Monstrous-Feminine. In: KUHN, Annette
(ed.): Alien Zone. Cultural Theory and Contemporary Science Fiction
Cinema. London/New York 1990; CREED, Barbara: The Monstrous-Feminine. Film, Feminism, Psychoanalysis. London/New York 1993; CREED.
Barbara: The Monstrous-Feminine. Film, Feminism,
Psychoanalysis.
London/New York 1993;
Unterschiedliche Rezeptionen des Filmes stellte ich im Diplomandinnenseminar vor; ein Referieren dieser Ansätze ist im Rahmen dieser Arbeit
nicht relevant für mein Erkenntnisinteresse - einzelne Autorinnen bzw.
Blickwinkel werden an gegebener Stelle aufscheinen. Ansonsten vgl.:
BERENSTEIN, Rhona: Mommie Dearest: Aliens, Rosemary's Baby and
Mothering. In: Journal of Popular Culture. Volume 24. Fall 1990;
BRAUERHOCH, Annette: "A Mother To Me": Auf den Spuren der Mutter im Kino. In: BRAUERHOCH, Annette; KOCH, Gertrud; LIPPERT, Renate;
SCHLÜPMANN, Heide (Hg.): Frauen und Film, fröhliche Wissenschaft gai
savoir gaya scienza. Heft 56/57. Frankfurt am Main 1995; BRAUERHOCH,
Annette: Mutter-Monster; Monster-Mutter. Vom Horror der Weiblichkeit
und monströser Mütterlichkeit im Horrorfilm und seinen Theorien. In:
KOCH, Gertrud; SCHLÜPMANN, Heide(Hg.): Frauen und Film. Horror.
Heft 49. Frankfurt am Main 1990. BRAUERHOCH, Annette: Mutter, Kino:
Melodrama und Horror. Zu Konstruktionen von Mütterlichkeit in Filmtheorie und Filmen. Dissertation. Frankfurt 1993; BUNDTZEN, Linda
(1987); DOANE, Mary Ann: Technophilia: Technology, Representation,
and the Feminine. In: JACOBUS, Mary; KELLER, Evelyn Fox;
SHUTTLEWORTH, Sally (ed.): Body/Politics. Women, Literature and the
Discourse of Science. New York/London 1989; GRAHAM, Paula: Lesbisch
sehen, lesbisch aussehen: Amazonen und Aliens im Science-fiction-Film.
In: HAMER, Diane; BUDGE, Belinda (Hg.): Von Madonna bis Martina... die
Romanze der Massenkultur mit den Lesben;
GREENBERG, Harvey R.:
Reimagining the Gargoyle: Psychoanalytic N o t e s on Alien. In: PENLEY,
Constance; LYON, Elisabeth; SPIGEL, Lynn; BERGSTROM, Janet (ed.):
Close Encounters. Film, Feminism, and Contemporary Science Fiction.
11
Die Unzufriedenheit mit diesen Vorgangsweisen bzw. umgekehrt,
meine Faszination an den vielfältigen, spannungserzeugenden
Aspekten der Inszenierung von Sex, mündeten in das Bemühen, eine
Dekonstruktion und Interpretation des Filmes anzugeben, die sich
unterschiedlicher filmtheoretischer wie semiotischer Methoden und
diverser Disziplinen bedient. Damit schlage ich eine Relektüre des
Filmes vor, die zum einen die multiplen visuellen und narrativen
Codierungen von Sex respektiert, andererseits jedoch nachzuzeichnen vermag, auf welche Kontexte und Umschlagpunkte diese Markierungen und Konstruktionen anspielen.
Jenseits der Beschreibung "polymorph-perverser" Sexualisierungen
intendiert meine feministische Vorgangsweise jedoch nicht nur die
Feststellbarkeit der instrumentellen Wirksamkeit medialer Repräsentationen "neuer" technologisch imaginierter Versionen von Weiblichkeit, sondern befördert vermittels der ausgewählten Theorien auch
ein situiertes Erkenntnisinteresse (das auch potentielle Handlungsmöglichkeiten und -fähigkeiten feministischer Politik miteinschließt).
1.2. Anlage der Arbeit
"Die aufregendste Arbeit im Kino und im Feminismus heute ist nicht
anti-narrativ oder anti-ödipal; eher das Gegenteil. In ihr verwirklicht
sich das Narrative und das ödipale mit entlarvender Konsequenz,
weil sie die Zwiespältigkeit dieses Szenarios und den spezifischen
Widerspruch des weiblichen Subjekts zu ihm betont, den Widerspruch, durch den die historischen Frauen mit und gegen ödipus arbeiten müssen." 6
Minneapolis/Oxford 1991; JENNINGS, Ros: Desire and Design: Ripley
Undressed. In: WILTON, Tamsin (ed.): Immortal, Invisible. Lesbians and
the Moving Image. London/New York 1995; KAVANAGH, James H.:
Feminism, Humanism and Science in "Alien".In: KUHN (1990); NEWTON,
Judith: Feminism and Anxiety in "Alien". In: KUHN (1990); PENLEY,
Constance: Time Travel, Primal Scene, and the Critical Dystopia. In:
PENLEY et.al. (1991); TASKER, Yvonne: Spectacular Bodies. Gender,
Genre and the Action Cinema. London/New York 1995; WOOD, Robin:
An Introduction to the American Horror Film. In: NICHOLS, Bill (ed.):
Movies and Methods. Volume II. Berkeley/Los Angeles 1985.
DE LAURET1S, Teresa: ö d i p u s interruptus. In: KOCH,
Gertrud;
SCHLÜPMANN, Heide (Hg.): Frauen und Film. Väter und Töchter. Heft 48.
Frankfurt am Main 1990. S.25.
12
Nach den eingangs erläuterten Fragestellungen, soll im folgenden
der Verlauf meiner Untersuchung kurz skizziert werden.
Angesichts der jüngsten Debatten, die den Widerspruch zwischen
Feminismus und Dekonstruktion thematisierten, zielt mein Abschnitt
Positionierung innerhalb feministischer Theorien darauf ab, gegen
die vermeintliche Beliebigkeit, dekonstruktive Analysen in Bezug zu
feministischen Positionen zu setzen. Damit soll nicht nur der Ausweis meiner theoretischen Herkunft belegt werden: Die notwendige
Überschreitung dichotomer Konzepte von Geschlechterdifferenz
impliziert zum einen die dekonstruktive Anerkennung ihres normativen, ausschließenden Charakters bzw. dahingehend die dekonstruktive Analyse der Produziertheit derselben. Ein weiterer Schritt
verfolgt die erkenntnistheoretische Perspektive einer Position (von
der aus die Analyse betrieben wird), die historisch und kulturell
situiert ist. Konkretisiert wird dieser Ansatz im Abschnitt Repräsentation, in dem die Probleme einer Darstellung und Befragung von
Weiblichkeit dargelegt werden. Angesprochen wird Repräsentation
als zunächst phallozentrisches Verfahren, in dem Weiblichkeit als
"versicherndes, heimliches Gegenteil der Heterogenität der
Selbstidentität des Mannes" 7 fungiert. Diese Relationalität von
Weiblichkeit kritisiert ein System von Sex als dem (biologisch, anatomisch) natürlichen Geschlecht, das einem diskursiv vermittelten
Begriff von Gender (als sozial vermitteltem Geschlecht, in dem Geschlechtlichkeit einen "Platzanweiser" bildet) zugrundeliegt oder
vorangeht. Dekonstruktiver Feminismus verweist nun darauf, daß
die soziale und kulturelle Konstruktion von Gender nicht allein ideologisch konstruiert ist, sondern auch der Sex selbst. Inmitten der
bipolaren Asymmetrie einer Geschlechterordnung, die eine "natürliche" anatomische Ausstattung zur Grundlage ihrer Setzungen geriert, ist Sex auch nur unter diesen Voraussetzungen intelligibel.
MENKE, Bettine: Dekonstruktion der Geschlechterdifferenz. Vortrag zur
Tagung "Verwirrung der Geschlechter". Dekonstruktion und Feminismus.
München Juli 1994
13
Im dritten Kapitel Kontext der Filmanalyse wird die Inszenierung von
Weiblichkeit zunächst an den voneinander unterschiedenen Repräsentationen von Actionheldin und generativem Monster untersucht. Unter dem Aspekt von Genealogie als einer Spurensuche
nach Herkunftsgeschichte(n), lassen sich Heldin und Monster als
aufeinander bezogene Figurationen untersuchen, die ausgehend von
einem Phantasma der Mutter verschiedene Aspekte weiblicher Sexualisierung vorstellen. Der Unentschiedenheit feministischer Theorien, die das Verhältnis von Weiblichkeit und Mutterschaft betreffen,
stellt Teresa de Lauretis den Entwurf eines fragend-parteilichen feministischen Subjekts im Space-Off entgegen. Damit wird der Spagat zwischen Kunstwirklichkeit und Bedingungen weiblicher Lebenszusammenhänge nicht nur als ideologisch hergestellter, sondern
immer auch - durch individuelle und kollektive Praxen - herstellbarer
begriffen.
Insofern "Alien" einen Schnittpunkt der Genres von Horror und
Science Fiction markiert, werden unter dem Aspekt der Produziertheit von Geschlechtlichkeit die genretypischen Verfahren dieser
Konstruktion (bzw. der ihrer Figuren) aufgezeigt. Die Fusion der beiden Genres verweist weiters auf die (postmoderne) Durchdringung
von Natur und Kultur, bzw. auf die Durchlässigkeit der Grenzen zwischen Technologie und Materie. In diesem Zusammenhang wird eine
weitere These im Vorfeld der Filmanalyse präsentiert: Veränderungen normativer Vorstellungen von Geschlechtlichkeit (ihrer Rollenvorstellungen und -erwartungen) führen im Kontext des Kinos Ende
der 60er Jahre zur Verschmelzung der Genres von Science Fiction,
Horror und Melodram. Signifikant erweist sich dabei die Inszenierung
von Kindern, die nunmehr ihren Status als Repräsentanten von Reinheit und Unschuld verlieren und im kontaminierten Feld der Kleinfamilie zum Zeichen und Symptom des Bösen geraten. Zeitgleich mit
dem Auftreten cineastisch devianter Kinder schreibt sich eine weitere Imago des Kindes in das öffentliche Bewußtsein ein: Verwiesen
wird damit auf Lennart Nilssons Photoserie über den Foetus ("The
Drama of Life before Birth"), der als diskursprägendes Imago der
60er Jahre massenmedial zur Auffassung der "Autonomie" des
14
Foetus beiträgt. Die Verschränkung dieser beiden (cineastischen
und medizinwissenschaftlichen) Imagines indiziert die Wechselwirkung zwischen medialen und realen Wahrnehmungen.
Dieser Kontext der Filmanalyse versucht so auf die unterschiedlichen Felder hinzuweisen, in denen Effekte von Repräsentation auf
realer wie medialer Ebene verhandelt werden und damit die vielfachen Blickwinkel, die eine Rezeption des Films "Alien" evoziert, in
Erinnerung zu rufen. Um die angesprochenen Assoziationen in der
Filminterpretation zugunsten eines vereindeutigenden Blickwinkels
nicht aus den Augen zu verlieren, wird im vierten Kapitel Filmanatyse
eine Lesart des Filmes vorgeschlagen, die - ausgehend von Begriffen
des Monströsen und Obszönen - der Frage nach der Inszenierung
von Sex nachgeht. Schrittweise wird versucht, verschiedene Ebenen
der Bedeutungsproduktion abzutragen und so der Vielfalt sexueller
Einschreibungen, wie sie an verschiedenen Körpern deutlich werden,
Rechnung zu tragen.
Dieser, einer den gesamten Filmtext beachtenden Analyse folgen
zwei Ergänzungen, die jeweils einen eingeschränkteren Blickwinkel
(und damit verbundene Methoden) focussieren. Zum einen soll in
Kolonisierte Körper nicht nur die Inszenierung von „Rasse" (Weißheit
versus Exotismus) skizziert werden, sondern der Zusammenhang
zwischen Sexismus und Rassismus als ähnlichen Verfahren aufgezeigt werden.
Angesprochen in Thesen über die Actionheldin wird zum anderen
das Verhältnis zwischen der starken Actionheldin (bzw. der weiblichen Repräsentation des Monsters) gegenüber passiv inszenierten
Männerfiguren interpretiert. Carol Clovers Analyse des "Final Girl" als
narrative Struktur, in der normativ-rigide Konzeptionen von Weiblichkeit und Männlichkeit aufgelöst werden, wird konterkariert durch
eine Interpretation des Szenarios als masochistischer Ästhetik.
Diese berücksichtigt vielfältigere, auch marginalisierte Formen des
Begehrens einer Lust an der Passivität, und subsumiert die einzelnen
Sexualisierungen und Szenen nicht unter einem Männlichkeitskomplex.
15
Abschließend weist die durch die Filmanalyse zutage geförderte
Vieldeutigkeit und Ambivalenz sexueller (bezogen auf das Begehren)
wie geschlechtlicher Verkörperungen auf das Repräsentationstabu
generativer Frauenkörper. Eine letzte Anbindung an feministische
Theorien, die einen Ausblick eröffnen könnte, mündet in der Vorstellung der postmodernen Subjektkonzeption von Donna Haraways
Cyborg-Mythe, die jenseits einer Re-Essentialisierung von weiblicher
Generativität vielmehr ein Verhältnis von Selbst und Anderem vorschlägt, das die Auflösung von Grenzen (zwischen Natur und Kultur,
Männlichkeit und Weiblichkeit etc.) mitbedenkt.
2. METHODISCHE FRAGESTELLUNGEN
2.1. Positionierung innerhalb feministischer Theorien
Nach einer kurzen Skizzierung der Hauptanliegen und Fragestellungen, die die vorliegende Arbeit untersucht, beschäftigt sich das folgende Kapitel mit damit verbundenen methodischen Fragestellungen. Dies betrifft meine Situierung innerhalb der feministischen
Theoriebildung sowie die Einschränkung auf relevante Theoriefelder,
die hinsichtlich der eingangs aufgeworfenen Fragen relevant erscheinen.
Der Nachweis meiner Herkunft inmitten feministischen Theorien bezieht seine Wichtigkeit aus der Tatsache, daß ein Erkenntnisinteresse im Kontext einer dekonstruktiv angelegten Analyse eines Filmtextes sich nicht - wie solchen Ansätzen oft unterstellt wird - darin
erschöpft, die Konstruktionsmechanismen von Geschlechtlichkeit
aufzuzeigen, sondern vermittels der aus verschiedenen Disziplinen
stammenden Blickwinkel eine differenziertere Konzeption der Filmlektüre vorzuschlagen versucht.
"Wenn man mit frauenspezifischem Interesse nach vom Theater
(und verwandten Medien, Anm. M.S.) vermittelten Frauen-Imagines
Ausschau hält und sie im Hinblick auf die herrschenden normativen
geschlechtsspezifischen Attributierungen hin untersucht (...), dann
geht dies nicht ohne Berücksichtigung des historischen Kontexts.
(...) Das Aufdecken patriarchaler Strukturen in der Verflechtung von
Kunstwirklichkeit und konkretem Lebenszusammenhang ist aus
"weiblicher Perspektive" allemal aufregend genug und gewiß nicht
ohne innere Beteiligung durchzuführen...." 1
Feministisches Nachdenken heute, das sich nicht nur in der Inanspruchnahme einer mittlerweile auch wissenschaftlich-theoretisch
HA1DER-PREGLER, Hilde: Das Verschwinden der Langeweile aus der
(Theater-)Wissenschaft. Erweiterung des Fachhorizonts aus feministischer
Perspektive. In: MÖHRMANN, Renate (Hg.): Theaterwissenschaft heute.
Eine Einführung. Berlin 1990. S. 319f.
17
etablierten Methode manifestiert, sondern seine historischen Wurzeln respektive der damit verbundenen Konzepte und Ansprüche
ernst nimmt, zeichnet sich durch die Befragung der Kategorie "Geschlecht" aus. Feministische Theorien bewegen sich derzeit, verkürzt ausgedrückt, um die Pole einer rekonstruktiven Analyse (nicht
nur) historischer Ordnungen der Geschlechterverhältnisse einerseits, andererseits bezeichnen sie die (dekonstruktive) Skepsis
gegenüber identitätslogischen Konzepten 2. Damit ist jenes Paradoxon benannt, das die Notwendigkeit rekonstruktiver Geschichtsschreibung zur Erhellung erkenntnistheoretisch blinder
Flecken anerkennt; gleichzeitig aber die unhintergehbare Erfordernis
ins Auge faßt, die Selbstverständlichkeit dieser Kategorien zu dekonstruieren, um sie so ihres bipolaren affirmativen Charakters zu
entkleiden. Die (poststrukturalistische) Problematisierung der Kategorie "Frau", deren ideologische und historische Konstruiertheit
vermittels dieser Methode evident wird, impliziert jedoch nicht die
Entlassung oder Entlastung von Ansprüchen feministischer Politik 3.
Historischen Analysen liegen zumeist, j e d o c h nicht
zwangsläufig,
identitätslogische Konzepte von Geschlecht zugrunde.
Jene Befürchtungen, die sich an eine mit feministischer dekonstruktiver
Theorie einhergehende "EntPolitisierung" knüpfen, beziehen sich zumeist
auf die durch die Befragung der Kategorie "Frau" inf ragegestellte
Grundlage feministischer Politik ("Subjekt
Frau"). Durch
neuere
poststrukturalistische Theoriebildungen wurde eine erneute Befragung des
Begriffs von Politik ausgelöst.
Judith Butler, deren Theorieansatz mit "Unbehagen der Geschlechter"
(bzw. dessen breitenwirksame Rezeption) paradigmatisch die Wende
markiert, die den Gegensatz zwischen humanistischem (egalitärem) und
essentialistischem (Kultur- oder Differenz-) Feminismus überschreitet,
bezog wiederholt Position in der Frage nach politischem Handeln.
"Dekonstruieren meint nicht verneinen oder abtun, sondern in Frage
stellen und (...) einen Begriff wie "das Subjekt" für eine Wiederverwendung oder einen Wieder-Einsatz öffnen, die bislang noch nicht
autorisiert waren. Anscheinend gibt es innerhalb des Feminismus eine
gewisse politische Notwendigkeit, als und für Frauen zu sprechen - eine
Notwendigkeit, die ich nicht in Frage stellen möchte. Zweifellos
funktioniert die Repräsentationspolitik auf diesem Wege, und in diesem
Land sind die Bemühungen um eine Lobby ohne Rückgriff auf eine
Identitätskategorie unmöglich. Ich bin also damit einverstanden, daß
Demonstrationen, legislative Bemühungen und radikale Bewegungen
Forderungen im Namen der Frau stellen müssen. (...) Meine These, daß
j e d e r Versuch, der der Kategorie "Frauen" einen universellen oder
spezifischen Gehalt zuweist und dabei voraussetzt, daß eine solche
vorgängige Garantie der Solidarität erforderlich ist, zwangsläufig eine
Zersplitterung hervorrufen wird. Die "Identität" als Ausgangspunkt kann
niemals den festigenden Grund einer politischen feministischen Bewegung
18
Das Decouvrieren der Unmöglichkeit einer universell verbindlichen
Kategorie "Frau" eröffnet vielmehr einen Blick auf Differenzen, nicht
nur zwischen den Geschlechtern, sondern auch zwischen Frauen
(betreffend die Unterschiedlichkeit hinsichtlich Rasse, Klasse,
Lebensweise etc.) sowie die Schnittpunkte von Differenzen innerhalb
eines Subjektes (Identitätskonzepte wie z.B. eine jüdische Mutter,
eine sozialistische Feministin etc.), so daß Fragen nach politischer
Handlungsfähigkeit komplexere Strategien erfordern und auf
strategischer Ebene eher im Bereich der Intervention und
Bündnispolitik verortet werden können.
Damit verlangt der konstatierte prekäre Status von Weiblichkeit 4,
der die Situation von Frauen in Zeiten des politischen "Backslash"
ebenso betrifft wie eine qualitative Inanspruchnahme eines "Stils
abgeben. Identitätskategorien haben niemals nur einen deskriptiven,
sondern immer auch einen normativen und damit ausschließenden
Charakter."
BUTLER, Judith: Kontingente Grundlagen: Der Feminismus und die Frage
der "Postmoderne". In: BENHABIB, Seyla; BUTLER, Judith; CORNELL,
Drucilla; FRÄSER, Nancy (Hg.): Der Streit um Differenz. Feminismus und
Postmoderne in der Gegenwart. Frankfurt am Main 1993. S. 48f
"prekär" b e d e u t e t etymologisch: "mißlich, schwierig, heikel"; abgeleitet
aus dem frz. precaire "durch Bitten erlangt, widerruflich; unsicher,
heikel" (von lat. precarius bzw. preces "Bitten" und precari "bitten;
betteln"). DUDEN: Das Herkunftswörterbuch. Mannheim/Wien/Z ürich
1989. S.548.
Ein Beispiel dieser prekären Position, sowie der Versuch einer paradoxen
Lösung, findet sich bei Derrida:
"This is a question of the Law: are those involved in women's studies teachers, students, researchers - the guardians of the Law or not? (...)
There seem to be two hypotheses, two responses. On one hand, there is
the positive deconstruction, which consists of saying that one cannot be
content with only positive research, but that one must push to the end
of the radical question concerning the university Law, and do more than
simply institute a department of Women's Studies. That is the optimistic
deconstruction, the deconstruction which would not submit to the Law.
And then there is another deconstruction (...) more conscious of the law
of the Law and of the fact that even the radical questioning, even the
radical deconstruction of the institution of the university by women's
studies would not be able to reproduce the Law in the face of the Law.
It is not a question of transgressing the Law. (...) But it would be for a
new relation to the Law. It is necessary to establish the d e p a r t m e n t s of
Women's Studies (..), but after one had done that, one would already
have found the Law again. But at least one would have radically changed
the situation. One would have rediscovered the Law, but at least one
would not be bored any longer, That would be the pessimistic
deconstruction."
aus: "Women in the Beehive: A Seminar with JACQUES DERRIDA. In:
JARDINE, Alice; SMITH, Paul (ed.): Men in Feminism. New York 1987. S.
191/192.
19
von Frauen" 5 seitens männlicher Philosophen (z.B.), nach angemessenen paradoxen Strategien. Dieses Verhältnis soll im Folgenden
dargelegt werden: So wird Sex (die Gestaltung und Vermittlung des
Geschlechts, verstanden als Selbstverhältnis sowie unter dem
Aspekt der gesellschaftlichen Wahrnehmung) als Akt der Performanz oder Interpretation 6 verstanden; d.h. die Annahme einer den
Diskursen vorgängigen Sexualität, die Sex als biologisch determinierten Körper begreift, in den Geschlechtlichkeit als Gender sich
einschreibt, wird bestritten. Die Auflösung der Gegenüberstellung
eines prädiskursiven, anatomischen Geschlechts (Sex) gegenüber
dem sozial, kulturell vermittelten Geschlecht (Gender) stellt damit
jenes Denkschema in Frage, das Anatomie als konstitutiv für Geschlechtsidentität begreift. Weiblichkeit und Männlichkeit bezeichnen dann keine Wesenheiten mehr, die "Natürlichkeit" der bipolaren
Geschlechterordnung ist demaskiert und die Formierung von Geschlechterpositionen kann als relationale und historisch wie kulturell
spezifische untersucht werden.
Die seitens dekonstruktiver Theorie geäußerten Zweifel an der
bislang verbindlichen Möglichkeit, eine vorgegebene Kategorie "Frau"
zu repräsentieren, beziehen sich vor allem auf den konstruktivproduktiven Charakter diskursiver Machtregimes: Letztlich verdankt
sich die Ausbildung eines geschlechtlich differenzierten Subjekts
der Unterwerfung, Anpassung oder Reproduktion von regulativen
Strukturen 7; d.h. das Subjekt kann als Effekt eben dieser
•>
°
7
Gilles Deleuze beschreibt mit "devenir femme" eine Schreibweise.
damit beziehe ich mich v.a. auf Judith Butler und Teresa de Lauretis.
BUTLER, Judith: Das Unbehagen der Geschlechter. Frankfurt am Main
1993. DE LAURETIS, Teresa: Alice doesn't. Feminism, Semiotics, Cinema.
Houndsmills/London 1984.
Die Performativität von Sex/Gender bezeichnet Butler auch als ein
Zitieren der Norm:
"Vielmehr ist die Geschlechtsidentität die wiederholte Stilisierung des
Körpers, ein Ensemble von Akten, die innerhalb eines äußerst rigiden
regulierenden Rahmens wiederholt werden, dann mit der Zeit erstarren
und so den Schein der Substanz bzw. eines natürlichen Schicksals des
Seienden hervorbringen. Eine politische Genealogie der GeschlechterOntologie
wird
also
(...)
den
substantivischen
Schein
der
Geschlechtsidentität in die konstitutiven Akte dekonstruieren, diese
Akte innerhalb des Zwangsrahmens verorten und durch die verschiedenen
Kräfte
erklären,
die das gesellschaftliche
Erscheinungsbild
der
Geschlechtsidentität
kontrollieren.
(...)
Die
Einstimmigkeit
des
20
Verhältnisse begriffen werden.
Eine selbstkritische Thematisierung feministischer Ausblendungen, die die Affirmation dieses "Subjekteffektes" zu überwinden
versucht, verdankt sich vor allem jenen paradigmatischen Verschiebungen, die die Kritik des Rassismus und Eurozentrismus der
"Women of Color" birgt und der Aufdeckung des (Zwangs) Heterosexismus, die von lesbischen und "queer" Theoretikerinnen geleistet wurde. Damit erfährt die Ausdifferenzierung feministischer
Theorien eine Betonung der Differenzen innerhalb der Kategorie
"Frau" selbst, wobei die Unterschiedlichkeiten als Ausgangspunkt,
nicht als additive Attribute gewertet werden. Diese situierte "Identität" markiert somit einen Schnittpunkt, der von historischen, ethnischen, rassischen, sowie im Bezug zu Klasse und Lebensweise verlaufenden Achsen durchkreuzt wird.
"Eine Frau zu "sein", ist sicherlich nicht alles, was man ist." 8
Damit wird der Vereinheitlichung und Universalisierung der Kategorie
"Frau" als Subjekt des Feminismus und phantasmatischer Agentin
politischer Organisation (scheinbar zunächst) jegliches Selbstverständnis vor allem hinsichtlich kollektiver Organisation entzogen.
Feministische Debatten 9 entstehen vor allem angesichts der
8
9
Geschlechts (sex), die Innere Kohärenz der Geschlechtsidentität (gender)
und der binäre Rahmen für beide: Geschlecht und Geschlechtsidentität
werden dabei s t e t s als regulierende Fiktionen begriffen, die die
konvergierenden Machtsysteme der männlichen und heterosexistischen
Unterdrückung festigen und naturalisieren."
BUTLER, Judith: Das Unbehagen der Geschlechter. Frankfurt am Main
1991. S. 60f.
BUTLER (1991), S. 18
Die im deutschsprachigen Raum meistrezipierten Diskussionen um den
durch Judith Butlers Theorieansatz
erfolgten
Paradigmenwechsel
feministischer Theorie finden sich in:
BENHABIB, Seyla; BUTLER, Judith; CORNELL, Drucilla; FRÄSER, Nancy
(Hg.): Der Streit um Differenz. Feminismus und Postmoderne in der
Gegenwart. Frankfurt am Main 1993.
BUSCH, Günther; WITTSOCK, Uwe (Hg.): Den Körper neu denken. Gender
Studies. In: Neue Rundschau. 104. Jahrgang, Heft 4. Frankfurt am Main
1993.
VEREIN SOZIALWISSENSCHAFTLICHE FORSCHUNG UND BILDUNG FÜR
FRAUEN (Hg.): Zur Krise der Kategorien. Frau Lesbe Geschlecht. Edition
der Frankfurter Frauenschule: Facetten feministischer Theoriebildung.
Frankfurt am Main 1994.
WOBBE,
Theresa;
LINDEMANN,
Gesa
(Hg.):
Denkachsen.
Zur
21
Gleichzeitigkeit erster Erfolge in der Durchsetzung feministischer
Belange und den immer noch unerfüllten, vor allem ökonomischen
Forderungen feministischer Politik. Fragen danach, wie aus geleisteten Analysen jene Postulate, die den jeweils spezifisch unterschiedlichen "weiblichen Lebenszusammenhängen" entsprechen,
politisch und theoretisch repräsentiert werden können, stehen derzeit immer noch zur Debatte.
Trotz des meines Erachtens zu kurz greifenden Vorwurfs einer
"Institutionalisierung des Feminismus" (z.B. in Gleichbehandlungsstellen in Wissenschaft und Politik) kann jenseits der Notwendigkeit
dieser Vermittlungsinstanzen durchaus eine Aneignung des radikalpolitischen Potentials der Frauenbewegung konstatiert werden; dies
zeigt sich z.B. in den "Gender Studies" oder der "Männlichkeitsforschung".
Jenseits erkenntnistheoretischer Ignoranz, die "frauenspezifische"
Themen immer noch als "Sonderanthropologie" betrachtet und reaktionäre Absichten unterstellt, scheint es mir notwendig, eine Position einzunehmen, die die in der symbolischen Ordnung verdrängte
Differenz der Relationalität von Weiblichkeit erneut thematisiert.
Dabei sollte das Verhältnis von Weiblichkeit zu der Kategorie "Frau",
bzw. Frauen als historischen Agentinnen explizit ins Auge gefaßt
werden.
Mein Nachfragen nach möglicher politischer Agentinnenschaft gilt
nicht einer Annahme wesensgewisser Autorität phantasmatischer
weiblicher Identität, sondern möchte vielmehr Wege aufzeigen und
danach fragen, in welcher Weise den Herstellungs- und Formierungsmechanismen der Repräsentation von Frauen nachgegangen
werden könnte, bzw. weitergehend, welche Ausgangsbedingungen
theoretischen und institutionellen Rede vom Geschlecht. Frankfurt am
Main 1994.
BUTLER, Judith; SCOTT, Joan (ed.): Feminists theorize the Political. New
York/London 1992.
INSTITUT
FÜR
SOZIALFORSCHUNG
FRANKFURT
(Hg.):
Geschlechterverhältnisse und Politik. Frankfurt am Main 1994.
JACOBI, Juliane und andere (Hg.): Kritik der Kategorie Geschlecht. In:
Feministische Studien. 11. Jahrgang, Nr. 2. Weinheim 1993.
22
für Handlungsfähigkeit (oder -möglichkeit) sich dahingehend formulieren lassen.
"Dekonstruktiver Feminismus ist auf eine ständige Subversion der
Geschlechterrollen aus, wie sie ganz unzweifelhaft funktionieren, in
diesem Funktionieren aber nicht als Realität, sondern als Illusion
ausgestellt werden müssen. (...) Sprichwörtlich weibliche Neugierde
als Erkenntnistrieb, der subversiv bestehende Figurationen unterläuft, richtet sich gegen die Repräsentationen, die diesen Wahn (das
zur-Anschauung-kommen des einen, mit nichts als sich selbst
identischen Geschlechts, Anm. M.S.) festschreiben." 10
Zusammenfassend möchte ich festhalten, daß mein Verständnis der
Inanspruchnahme dekonstruktiver Methoden zum einen der erkenntnistheoretischen Aufdeckung des konstruierten Charakters
von Sex bzw. daraus resultierend, der Geschlechterverhältnisse gilt.
Weitergehend impliziert diese Methode, das Augenmerk darauf zu
richten, welche Differenzen in der Asymmetrie der bipolaren Geschlechterordnung verdeckt bleiben. Eine Focussierung der ausgeblendeten Aspekte n ermöglicht einerseits einen kritischen Blick aus
der Perspektive der Grenzen der symbolischen Ordnung, andererseits verweist ein situiertes Wissen immer auch schon auf die Begrenztheit und die Konstitutionsbedinungen seiner Erkenntnismöglichkeiten. 12
10
H
12
VINKEN, Barbara: Dekonstruktiver Feminismus - Eine Einleitung. In:
dies.(Hg.):
Dekonstruktiver
Feminismus.
Literaturwissenschaft
in
Amerika. Frankfurt am Main 1992. S. 26/27
Ausgeblendete Aspekte der Geschlechterverhältnisse beziehen sich
beispielsweise auf den Rassismus und Heterosexismus, der die
symbolische Ordnung s t ü t z t .
Den Begriff des "situierten Wissens" übernehme ich von Donna Haraway.
"Feminist accountability requires a knowledge tuned to resonance, not
to dichotomy. Gender is a field of structured and structuring difference,
where the tones of extreme localization, of the intimately personal and
individualized body, vibrate in the same field with global high tension
emissions. Feminist embodiment, then, is not about fixed location in a
reified body, female or otherwise, but about nodes in fields, inflections
in orientations, and responsibility for difference in material-semiotic
fields of meaning. Embodiment is significant prosthesis; objectivity
cannot be about fixed vision, when what accounts as an o b j e c t is
precisely what world history turns out to be about. ... I am arguing for
politics and epistemologies of location, positioning, and situating, where
partiality and not universality is the condition of being heard to make
rational knowledge claims."
HARAWAY, Donna: Situated Knowledges: The Science Question in
23
2.2. Repräsentation
"Die Frau ist Repräsentation schlechthin und gleichzeitig der Bereich, der sich vor und jenseits jeglicher Repräsentation befindet." I3
Ausgezeichnet durch die fast ausnahmslose zweitausendjährige
Abwesenheit von weiblichen Autorinnen (wie Dramatikerinnen,
Schauspielerinnen, Theaterleiterinnen...) zeichnen sich das Theater
und später auch das Kino als eine Schrift von Bildern von der Frau,
aber nicht für die Frau aus, in denen die Frau als Rätsel, Geheimnis
oder Fläche eingeschrieben ist. Diesem Mißverhältnis - die Frau als
Objekt und Grund von Repräsentation, nicht aber als Subjekt und
Produzentin von Kultur - nachzugehen, sowie einige der damit verknüpften methodischen Fragestellungen, die dahingehend eine feministische Filmanalyse impliziert, wird Thema des folgenden Abschnittes sein.
Der hier festgehaltenen kulturellen Geschichtslosigkeit von Frauen
korrespondiert der Status von Frauen als Matrix und Projektionsfläche, die produktiv wie reproduktiv den Zusammenhang kontingenter männlicher Macht- und Sinnkonstitution garantiert und
(historisch spezifische) unterschiedliche Imaginationen speist. Damit verhalten sich Ausschluß und Marginalisierung von Frauen umgekehrt proportional zu ihrer ästhetischen Diskursivierung als Medium
des Phantasierens und Mythisierens. Neben der expliziten, d.h. parteilich-misogynen Behandlung konstatiert Silvia Bovenschen 14 die
impliziten Verfahren, die einer Thematisierung des Geschlechterverhältnisses unterliegt. Gemeint sind damit präformierte Denkstrukturen, die unter der Prämisse von Objektivität ihre unausgewiesene
Strukturierung und Orientierung an männlichen Paradigmen (der Dar-
13
14
Feminism and the Privilege of Partial Perspective. In dies.: Simians,
Cyborgs and Women. The Reinvention of Nature. London, 1991. S.
194/195
BRONFEN, Elisabeth: Weiblichkeit und Repräsentation - aus der
Perspektive von Semiotik, Ästhetik und Psychoanalyse. In BUSSMANN,
Helga; HOF, Renate (Hg.): Genus. Zur Geschlechterdifferenz in den
Kulturwissenschaften. Stuttgart 1995 S. 412
BOVENSCHEN, Silvia: Die imaginierte Weiblichkeit.
Exemplarische
Untersuchungen
zur
kulturgeschichtlichen
und
literarischen
Präsentationsformen des Weiblichen. Frankfurt am Main 1979.
24
Stellung, der Erkenntnis etc.) nicht ausweisen und deren Ergebnisse
sich als "männliche Ausformung" in Urteilen, Theorien und Normen
manifestiert. Benannt ist damit die symbolische Anordnung des Geschlechterverhältnisses, die auf der Universalisierung einer
(unausgewiesenen) männlichen Norm basiert.
Der konstatierte Ein- wie Ausschluß von Frauen aus der
(ästhetischen wie politischen etc.) Kulturproduktion spiegelt phallozentrische Repräsentation; d.h. Bilder und Zeichen ihrer Bezeichnungsverfahren entsprechen einer Identitätslogik, die sich der Polarisierung von Weiblichkeit/der "Frau" im Verhältnis zur Kohärenz eines männlich definierten Subjektes verdankt. Repräsentation läßt
sich damit als konstruierendes Verfahren entziffern, als symbolische Konstruktion, die eine ideologische Verfaßtheit sozialer Subjekte herstellt bzw. zur Produktion von Subjektivität beiträgt.
Die abendländische symbolische Ordnung begründet sich auf der
Basis binärer Gegensätze (beschreibbar als Verhältnisse von Selbst
und Anderem, von Subjekt- und Objektdichotomien oder, nach
Lacanscher Psychoanalyse, von "Phallus haben" und "Phallus sein"),
die als Ideal die Kohärenz eines männlichen (weißen, heterosexuellen) Subjektes vorgeben. Vorstellungen über Weiblichkeit, Vorstellungen über die "Frau" können so im Rahmen dieser symbolischen
Ordnung nur im Verhältnis zum illusionären männlichen Subjekt definiert werden.
Bezogen auf die Repräsentation von Weiblichkeit kann mit
Kristeva auch von der symbolischen Produktion eines "Effekts" Frau
gesprochen werden:
"Der "Effekt" Frau steht in unseren monotheistischen bzw. kapitalistischen Gesellschaften in einem besonderen Verhältnis zur Macht
und damit zugleich auch ... zur Macht der Sprache. Dieses
besondere Verhältnis besteht darin, weder Macht noch Sprache zu
besitzen, sondern in einer Art stummer Unterstützung wie eine
Arbeiterin hinter den Kulissen zu fungieren, eine Art Zwischenglied
zu sein, das selbst nicht in Erscheinung tritt." 15
15
KRISTEVA, Julia: Produktivität der Frau. Interview mit Eliane Boucquey.
25
Von Irigaray auch als "Szenographie" oder als "Architektonik eines
Theaters" 16 bezeichnet, - und damit anschaulich nochmals mit einer
Metapher des Theaterkontextes versehen - weist diese Auffassung
von Repräsentation nochmals auf die Verflochtenheit bzw. die Interdependenzen hin, die, ausgehend vom normativen Ideal von
Männlichkeit, die Positionen von Frauen und ihren Figurationen ausmachen lassen.
Zur Verdeutlichung möchte ich einer begrifflichen Unterscheidung
von Teresa de Lauretis u folgen, die mit "FRAU" jene Vorstellungen
faßt, in denen Frauen als das Andere des Mannes begriffen werden,
veranschlagt auf der Seite von Natur, Mutterschaft, Passivität,
Sexualität, Zeichen, Bild etc.. "Frauen" meint dagegen die real existierenden historischen Agentinnen (in ihrer materiellen Existenz), die
als solche nicht jenseits diskursiver Formationen bezeichnet werden können:
"The relation between women as historical subjects and the notion
of woman as it is produced by hegemonic discourses is neither a direct relation of identity, a one-to-one correspondence, nor a relation
of simple implication. Like all other relations expressed in language,
it is an arbitrary and symbolic one, that is to say, culturally set up." i 8
Trotz dieser begrifflichen Unterscheidung wird klar, daß die Differenz zwischen den Phantasien über Weiblichkeit und den realen historischen Agentinnen sich nicht in einem Dies- bzw. Jenseits von
Repräsentation ansiedeln läßt und Repräsentation somit als Komplex der Realitätskonstruktion begriffen werden kann. Mit
Lummerding gesprochen:
"Repräsentation bedeutet in diesem Zusammenhang nicht die Darstellung von etwas (von dieser Darstellung unabhängigen "Realen",
sondern bezeichnet den gesamten Komplex der Realitätskonstruktion. Repräsentation ist in diesem Sinn also nicht als Zeichen/Bild zu
16
17
18
In: Das Lächeln der Medusa. Alternative 108/109. 1976. S. 76
IRIGARAY, Luce: Das Geschlecht, das nicht eins ist. Berlin 1979. S. 77
DE LAURETIS, Teresa: Alice doesn't. Feminism, Semiotics, Cinema.
London 1984.
DE LAURETIS (1984), S. 5/6
26
verstehen, das für etwas a priori Gegebenes steht, sondern als Zeichenfunktion in der sozialen Wirksamkeit des Zeichens. Die
(bildliche oder verbale) Artikulation von Bedeutung ist gleichzeitig
und unumgänglich auch Diakrise und Klassifikation." i 9
Aufgerufen wird damit die doppelte Problemstellung von Repräsentation, da es zum einen darum ginge, Modi der Repräsentation
(wer/wie/wo/wann/in welchem Kontext etc. repräsentiert wird) zu
analysieren, als auch die Frage danach zu stellen ist, was/wer mit
dem Begriff "FRAU" gemeint sein könnte.
Das Kino als Geschlechteptechnologie
Das Kino als Ort der Produktion von Weiblichkeit bietet sich m.E.
besonders an, um obengenannten Fragen nachzugehen.
Die Konstitution der symbolischen Ordnung faßt Weiblichkeit nur
in ihrem Verhältnis zur Männlichkeit als "Andere" und definiert sie ex
negativo - den Mangel. Die imaginierte Weiblichkeit im Film ist damit
nicht Signifikant (Ausdruck) für ein Signifikat (Aussage), sondern ein
Zeichen der Repräsentanz phallozentrischer Bewußtseinsstrukturen.
Die Arbitrarität eines Zeichens für "FRAU"/bzw. Frauen bezeichnet
damit ein mediales Produkt einer fiktionalen Praxis, die wenig Rückschluß von der Frau im Film zu einer realen, historischen
Frau/Zuseherin zuläßt. Vielmehr läuft diese Substitution von Frauen
durch Zeichen konventionellen Vorstellungen von Mimesis (als Vorstellung vorgängiger Realität) zuwider, und produziert Reduktionen,
Entstellungen oder Überdeterminierungen.
Jenseits der implizit geschlechterhierarchisch
duktionsverhältnisse eines Hollywood-Systems
thematisierten feministische Filmtheorien diese
Repräsentationsstrukturen in ihrer Analyse von
19
20
strukturierten Pro(z.B. Starsystem)
phallozentrischen
Blickstrukturen 20
LUMMERDING, Susanne: Weibliche Ästhetik? Möglichkeiten und Grenzen
einer Subversion von Codes. Wien 1994. S. 14/15
vgl. den "dreifach männlichen Blick" von Kamera, innerfilmischer Diegese
der männlichen Protagonisten und damit der potentiellen Identifikation
des männlichen Zusehers in Laura Mulveys filmtheoretischen Ansatz.
MULVEY, Laura: Visuelle Lust und narratives Kino. Die Frau als Bild, der
Mann als Träger des Blicks. In: NABAKOWSKI, Gislind; SANDER, Heike;
GORSEN, Peter (Hg.): Frauen in der Kunst. 1. Band. Frankfurt a. M. 1980.
27
und der Frage nach Schaulust, sowie als Strukturelement narrativer,
semantischer und semiotischer Bezeichungsprozesse 2 I .
"Wer die Sprache des Films nicht beherrscht, der ist sich der ideologischen Implikate des Films nicht bewußt, er kann Ideologie nicht
erkennen, sondern muß annehmen, daß das, was der Film sagt, ihm
von der Wirklichkeit gesagt wird: er meint, durch ein Fenster zu
schauen und sieht ein Schaufenster." 22
Jenseits einer Abbildtheorie, die filmische Repräsentationen als
Ausdruck sozialer, ökonomischer, politischer Gesellschaftsentwicklung sieht, möchte ich kinematographische Repräsentationen als
Reproduktionen diskursiver Regelungen sehen, in der sprachliche
und bildliche Organisationformen von Zeichen als soziale und sozial
geregelte Äußerungen fungieren und weiters die symbolische Ordnung (re)figurieren.
"A social technology - cinema, for example - is the semiotic
apparatus in which the encounter (between subjects and codes at
the historical intersection of social formations and her or his
personal history, Anm. MS) takes place and the individual is
addressed as subject. Cinema is at once a material apparatus and a
signifying practice in which the subject is implicated, constructed,
but not exhausted. ... Representation as the negative term of sexual
differentiation, spectacle-fetish or specular image, in any case
obscene, woman is constituted as the ground of representation, the
looking-glass held up to man. But, as historical individual, the female
viewer is also positioned in the films of classical cinema as
spectator-subject; she is thus doubly bound to that very representation which calls on her directly, engages her desire, elicits her
pleasure, frames her identification, and makes her complicit in the
production of her woman-ness. On this crucial relation of woman as
constituted in representation to women as historical subjects depends at once in the development of a feminist critique and the
possibility of a materialist, semiotic theory of culture. For the femi-
21
22
Hier sind vor allem zu nennen: DE LAURETIS, Teresa: Alice doesn't (1984);
SILVERMAN, Kaia: The Acoustic Mirror. The Female Voice
in
Psychoanalysis and Cinema. Bloomington/Indianapolis 1985; WILLIAMS,
Linda: Hard Core. Power, Pleasure and the "Frenzy of the Visible".
Berkeley/Los Angeles 1989.
KLÜSS, Werner: Die Sprache der Bilder. In: Die Zeit. 27.11. 1970. S. 29
28
nist critique is a critique of culture at once from within and from
without, in the same way in which women are both IN the cinema as
representation and OUTSIDE the cinema as subjects of practices." 23
Narratives Kino wirkt bewußtseins-, wert- und normbildend; es
strukturiert nicht nur Wahrnehmungsmuster, sondern trägt bei zur
Ausbildung von Subjektivität und Körperlichkeit. Damit schließt sich
eine der Differenzen - zwischen der sozialen Existenzform von
Frauen gegenüber der Dämonisierung wie Idealisierung von Weiblichkeit -, denn in diesem Verhältnis strukturiert sich wechselseitig
weibliche Körpererfahrung wie die Normierung von Weiblichkeit.
23
DE LAURETIS (1984), S. 15
3. KONTEXT DER FILMANALYSE
8.1. Plot
Das Auftauchen des Funksignals
Die siebenköpfige Crew des eisenverhüttenden, interplanetarischen
Raumfrachters Nostromo erhält auf ihrem Kurs in Richtung Erde ein
Funksignal. Eine exakte Dekodierung des Signals gelingt nicht. Als
Notsignal entziffert, beschließen die Astronautinnen jedoch, den Ursprung desselben aufzusuchen. Das Landemanöver auf dem unbekannten Planeten endet mit einem Maschinenschaden.
Drei Besatzungsmitglieder (Captain Dallas, die Navigatorin
Lambert und der Erste Offiziert Kane) bilden die Expedition, die das
Signal in einem versteinerten, außerirdischen Raumschiff ortet. In
einem höhlenartigen Tiefgeschoß dieses Raumschiffs entdeckt Kane
eine fremdartige Lebensform, die aus einem Feld voller Eier besteht.
Ausgelöst durch Kanes neugierige Untersuchung öffnet sich ein Ei
und der Astronaut wird von einem krakenartigen Wesen, dem facehugger, befallen und "infiziert".
Deckoffizierin Ripley, die an Bord inzwischen das Signal als
Warnsignal interpretiert hat, verordnet dem zurückgekehrten Expeditionstrupp die zum Schutz der Restcrew erforderliche Quarantäne. Der wissenschaftliche Offizier Ash sabotiert jedoch ihre Befehlsgewalt, öffnet die Luftschleuse und läßt damit die Astronautinnen mit dem Alien an Bord.
Medizinische Untersuchungen sowie ein operativer Eingriff bleiben
30
erfolglos, da die Krake sich mittlerweile auf Kanes Gesicht und Hals
festgesetzt hat, seine Lebensfunktionen unterstützt und eine Beendigung dieser symbiotisch-parasitären Beziehung das Überleben
Kanes bedroht.
Nach den abgeschlossenen Reparaturarbeiten an Deck tritt eine
Wandlung ein: Die nunmehr leblos wirkende Krake ist von Kanes Gesicht abgefallen, dieser scheint gesund, wiewohl ihm jegliche Erinnerung an das Vorgefallene fehlt.
Bei der Feier anläßlich der überstandenen Gefahr, einer gemeinsamen Mahlzeit vor Rückreise zum Planeten Erde, ereignet sich jedoch die spektakuläre "Geburt" eines fremdartigen Lebewesens, eine Mischung aus Phallus und Vagina Dentata - das aus dem Torso
Kanes ausbricht. Kane stirbt bei diesem Geburtsvorgang, das
fremde Wesen flieht vor der entsetzten Mannschaft.
Die Suchmanöver der Crew verlaufen erfolglos, alle Versuche, das
fremdartige Wesen - "Alien" - zu beseitigen, scheitern. Im Gegenteil,
der Techniker Brett sowie Captain Dallas werden beim Aufspüren
des Alien von diesem getötet. Die Macht und Potenz des Monsters
werden durch aufgefundene Hautfetzen und Körperflüssigkeiten, die
auf eine fortlaufende Metamorphose hinweisen, angedeutet.
Als Ripley schließlich zur Befehlsgewalt über das Raumschiff befugt ist, gelingt es ihr, den im Bordcomputer "Mother" verschlüsselten Geheimbefehl für den wissenschaftlichen Offizier Ash zu
knacken. Diese Entdeckung legt offen, daß Ash vom Konzern ermächtigt wurde, den Fremdorganismus auch auf Kosten des
(Über)Lebens der Crewmitglieder zugunsten waffentechnischer
Zwecke zu sichern.
Nachdem sein verräterischer Auftrag aufgedeckt ist, versucht
Ash, die "Mitwisserin" Ripley zu töten, wird dabei aber von Lambert
und dem technischen Ingenieur Parker, dem einzigen Schwarzen innerhalb der Crew, überwältigt. In diesem Handgemenge ereignet sich
eine weitere Enttarnung Ashs: die beim Kampf entstandenen Verletzungen machen deutlich, daß der wissenschaftliche Offizier kein
Mensch, sondern ein Android ist.
31
Die Verbliebenen beschließen, das Schiff mit dem Alien zu sprengen
und mit dem Raumgleiter zu flüchten.
Bei diesen Vorbereitungsarbeiten werden Lambert und Parker vom
Alien zerfleischt, allein Ripley (mit der Bordkatze Jones) gelingt das
Entkommen mit dem Gleiter.
Nach der Explosion des Raumschiffes und der vermeintlichen Rettung ereignet sich ein finales Show-down: Das Alien hatte sich mimikriartig in der Konsole des Raumgleiters versteckt und gefährdet
in einer letzten Attacke das Überleben Ripleys und der Katze. Ripley
gelingt mit List die Tötung und "Austreibung" des Wesens. Schneewittchengleich, versehen mit der Bordkatze, begibt sich Ripley resigniert in die Hyperschlafkammer - hoffend, daß eine Raumpatrouille
den Gleiter finden möge.
Ripley im Raumgleiter
3.2. Phantasmen der Weiblichkeit
"To contest for origin stories is a kind of social action." !
Der Untersuchungsgegenstand der vorliegenden Arbeit umfaßt die
Filmanalyse von Ridley Scotts (Hollywood)Spielfilm "Alien" (USA 1979)
aus feministischer Perspektive. Der Schwerpunkt dieser Auseinandersetzung liegt in der Befragung filmisch produzierter Vorstellungen von/über Weiblichkeit.
Die Aktualität des mittlerweile als "Kultklassikers" etablierten
1
HARAWAY, Donna: Primate Visions. New York/London 1989. S. 289
32
Filmes besteht vor allem darin, daß dieser wie nahezu kein zweiter
eine Rückkehr des exotischen Genres Science Fiction zum Mainstream-Kino initiierte, dessen Ausläufer bis in die 90er Jahre des
"Terminator", "Johnny Mnemonic" und "Alien 3" reichen. Seine starke
Rezeption innerhalb filmtheoretischer Arbeiten focussiert das distopische Setting seiner gesellschaftlichen Verhältnisse, respektive
die filmischen Verfahren, durch die Weiblichkeit, Natur und
Re/Produktion konstruiert werden.
Die Figur der Actionheldin
Die Befragung der in "Alien" imaginierten Weiblichkeit berührt vorderhand die Figur der Actionheldin, einem 1979 noch ungewöhnlichen Identifikationsangebot für Zuseherlnnen. Die Auswahl bzw.
Konzentration auf Scotts Film verdankt sich weitergehend jedoch
der Inszenierung des Monsters, das mit weiblichen Attributen ausgestattet ist. Im Folgenden soll der Topos der Actionheldin beleuchtet werden und in ein Verhältnis zur Weiblichkeit des Monsters gesetzt werden.
In der genrekonventionellen "maskulinen" Atmosphäre des Science
Fiction fungiert eine Frau - Sigourney Weaver als Deckoffizier Ripley
- als Trägerin der Narration. "Alien" inauguriert also nicht nur eine
Renaissance des SF-Genres jenseits der "Katastrophenphantasie" 2,
sondern setzt in seinem distopischen Ambiente die Figur eines
weibhchen Action-Helden 3. Der Topos dieser Heldinnen kann auch
als Hollywoods Antwort auf revidierte Rollenvorstellungen (bzw. kulturelle Manifestation politischer Bestrebungen des Feminismus) gelesen werden. Die Figur Ripley wirft damit Fragen auf, die einerseits
die subversive Setzung einer weiblichen Subjektposition jenseits
der Einbindung in eine heterosexuelle Love-Story betreffen. Andererseits birgt dieser zunächst progressiv scheinende Entwurf einer
Dies bezieht sich auf Susan Sontags Analyse von SF-Filmen der 50er und
60er Jahre. SONTAG, Susan: Die Katastrophenphantasie. In: dies.: Kunst
und Antikunst. 24 literarische Analysen. Frankfurt am Main 1982. S. 286
Der Topos der Action-Heldin wird v.a. Mitte der 80er Jahre virulent, etwa
in Filmen wie "Nikita", "Terminator II", "Blue Steel", "Thelma and Louise".
33
Actionheldin, der auch als Aneignung subkultureller Imagines 4 durch
das Mainstream-Kino gelten kann noch keinerlei Versprechen dafür,
eine adäquate Repräsentation von Weiblichkeit leisten zu können.
Innerhalb der dominanten Ideologie herrschender Repräsentationsmodi birgt der neue Topos (in seiner Anlehnung bzw. Assimilation
des subversiven Potentials von subkulturellen Codes und Imagines)
vielmehr weitere Mängel, da seine Ausgestaltung sich dennoch immer in Differenz zu tradierten Rollenvorstellungen bewegt und somit Modelle von Defizienz konnotiert.
So stellt auch Yvonne Tasker fest:
"Equally the persona of the action heroine borrows on wellestablished images such as that of the tomboy, so that the heroine
who is cast as the hero's sidekick can be read as a girl who has not
accepted the responsibilities of adult womanhood." 5
Die Anlehnung an subkulturelle bzw. progressive Imagines verweist
zwar auf die Grenzen bzw. erforderlichen Ausgrenzungen innerhalb
der ideologisch zulässigen Rollenmodelle, so daß zunächst die
Achse von Madonna/Mutter (als Verweis auf die Kleinfamilie) gegenüber der Femme Fatale/Hure (die Frau gilt als Lustobjekt), die beide
Weiblichkeit auf der Basis heterosexueller Reproduktion definieren,
überschritten wird. Dennoch scheint der "Zutritt" in bislang männlich
besetzte Genres und ihrer zugrundeliegenden Plots wie Rollen nur
um den Preis des Aussparens all jener Eigenschaften und Vorstellungen möglich, die auch seitens der dominanten Männlichkeit ausgegrenzt werden mußten.
Den Topos der Actionheldin betreffend, kann zwar festgehalten
werden, daß ihre Kampfeffizienz mit derjenigen der Männer
konkurrieren kann; ausgespart werden muß jedoch eine explizit
gemeint ist hier die Tendenz des Mainstream-Kinos, marginalisierten
Identitäten auch handlungstragende Funktion zukommen zu lassen, vgl.
dazu die Repräsentation von Lesben o d e r Schwulen (z.B. in "Desert
Hearts", "I've Heard the Mermaids Singing", "Personal Best" hin zu "Basic
Instinct", "Philadelphia", "When Night is Falling") und Schwarzen (Erfolg
und Präsenz schwarzer Stars wie Sidney Portier, Whoopy Goldberg, Danny
Glover).
TASKER, Yvonne: Spectacular Bodies. Gender, Genre and the Action
Cinema. London/New York 1995. S. 15
34
erotische Inszenierung dieses Körpers (ebenso wie beim männlichen
Actionhelden).
Diese Anpassung enttarnt die "Überschreitung" als Verschiebung,
in der das neu formulierte Zeichen "FRAU" (die Protagonistin im
Action/SF-Genre) zunächst irritiert, die Narration sich zur Eindämmung bedrohlicher Differenz jedoch neuer Verfahren bedient. Die
neuen Rollenmodelle scheinen vor einem feminisierten Hintergrund
auf, was bezüglich der Narration den Blick auf ungewohnte, selten
repräsentierte Orte und Handlungsweisen lenkt und der Erzählstruktur der Genres neue Wendungen und Spielmöglichkeiten eröffnet 6.
Die Frage nach dem Grad der Subversivität, die der Entwurf einer
Rolle verspricht, richtet sich danach, welche Weiblichkeitsmuster
verdeckt oder ausgespielt werden, und welche Aspekte von Weiblichkeit in diesem Prozess auf innovative Weise zum Ausdruck
kommen, bzw. welcher Preis, welche Ausblendungen dafür zu leisten
sind. Als eine dieser Verdeckungen bzw. Aufspaltungen kann die
Trennung von Produktion und Reproduktion interpretiert werden oder, wie Vivian Sobchack 7 es formuliert: Astronauten ziehen die
Produktion der Reproduktion vor. So verkörpert die Astronautin
Ripley im maskulinen Ambiente der Raumfahrt zwar eine
kompetente Ingenieurin, allerdings um den Preis, daß jeglicher
Verweis auf die Spezifizität ihres "Frauseins" vordergründig auf der
Ebene der Narration unterbunden wird 8.
Weibliche Cops, Rechtsanwältinnen, Astronaut innen, Militärangehörige
usw. bergen jenseits ihrer "Assimilierung" dennoch ein "Surplus" weiblicher
Repräsentation (Stimme, Kleidung, Ausleuchtung), und implizieren auf der
narrativen Ebene geschlechtsstereotype Verweise auf ihren Beziehungsstatus, auf ihr Kommunikationsverhalten oder ihre Versorgungsqualitäten.
Fehlen solche spezifischen Zuschreibungen, wie dies beispielsweis in einigen Filmen mit den Schauspielerinnen Vanessa Redgrave o d e r Whoopi
Goldberg der Fall ist, evozieren diese "geschlechtslos" wirkenden Imagines lesbische/transsexuelle, zumindest ambiguose Assoziationen, die
subkulturell zwar im Sinne einer "queer'-Rezeption begrüßt werden, seitens des Mainstream-Kinos bestenfalls als Nebenhandlung o d e r Negativfolie eingesetzt werden.
SOBCHACK, Vivian: The Virginity of Astronauts: Sex and the Science
Fiction Film. In: KUHN, Annette (ed.): Alien Zone. Cultural Theory and
Contemporary Science Fiction Cinema. London/New York 1990.
Sowohl ein geschlechtsspezifischer Vorname wie die oben erwähnten Attribute von Beziehungsstatus, Liebesgeschichte etc. fehlen.
35
Monströse Generativität
Die in Taskers Zitat angesprochene "ausgereifte Weiblichkeit" (bzw.
ihre ideologische Konstruktion) ist als quasi janusköpfige Kehrseite
verschoben in der Generativität des Monsters verortet.
Der Herkunftsort des Monsters rührt von einem Eierfeld, die Invasion und Bedrohung der Crew ergibt sich aus einer Art Befruchtung und Geburt sowie kannibalistischen Tötungsakten - diese Beispiele mögen hinreichen, um vorerst als Verweise auf Generativität
zu gelten. Eine erste Lesart des Filmes könnte sich so darauf beschränken, eine Konfligierung von Technik und Natur zu konstatieren, die sich zuspitzt in der Auseinandersetzung zwischen der
Astronautin als Repräsentantin der Zivilisation und dem Monster als
Ausgeburt der Wildnis. Bezogen auf die unterschiedliche weibliche
Sexualisierung dieser Körper, die in der Aufspaltung in produktive,
androgyne (Ripley) versus reproduktiver, monströser Weiblichkeit
(Monster) resultieren, plädiere ich für eine weiter reichende Lesart
des Filmes. Diese geht aus vom Phantasma der Mutter als einer
ideologischen Konstruktion von Weiblichkeit, die das Vermögen zur
Generativität auf symbolischer Ebene dem Gesetz/Namen des Vaters (wie es/er durch die Anordnungen des Konzerns repräsentiert
werden) gegenüberstellt. Anhand dieser Figur soll jene imaginäre
Bildproduktion erhellt werden, die sich über die Körper instituiert, in
der die Protagonistin Ripley als "mangelhafte" imaginiert wird sowie
der Überschuss (an weiblicher Sexualisierung) in der bedrohlichen
Potenz des Monsters festgeschrieben wird.
Genealogien
Zur Kritik der ideologischen Verfaßtheit dieses Phantasmas betrifft
meine Analyse im weiteren Fragen der Genealogie, die im Science
Fiction häufig verhandelt werden, wie beispielsweise: Wer ist ein
Mensch? Woher kommt dieses Wesen? Wie sind seine Entstehungsbedingungen? Welche Arten von Verwandtschaft lassen sich feststellen? (etc.) Genealogie meint die Suche nach Herkunft, sie geht
nicht aus von der Existenz eines Ursprungs; ihre Spurensuche bezeichnet die Entstehung von Zugehörigkeit (gegenüber einer Rasse,
36
Tradition, einem gesellschaftlichen Typ usw.) jenseits identitätslogisch kohärenter Erzählungen. Oder, wie Foucault beschreibt:
"Am historischen Anfang der Dinge findet man nicht die immer
noch bewahrte Identität ihres Ursprungs, sondern die Unstimmigkeit
des Anderen." 9
Analysen der Herkunft rekurrieren auf Entstehungsgeschichten, die
eine Bühne, einen Ort der Konfrontation markieren, an dem "unzählige Anfänge" und "tausend verlorene Ereignisse wimmeln"10 - im Unterschied zur Suche nach EINEM Ursprung, der Identität und
Kohärenz suggeriert, dessen Unwägbarkeiten und Einzelheiten durch
die Wahrheit des Diskurses jedoch zum Verschwinden gebracht
wurden. Dies umschreibt auch Helene Cixous:
"Zuerst Drinnen/Dedans: der Ort, wo man mit den Mythologien Bekanntschaft macht, (...). Der Ort, wo man auf die Triebe stößt, von
denen Freud sagte, daß sie unsere Titanen sind. (...) Man muß zu den
Ursprüngen zurückkehren, an dem Geheimnis des Ursprungs arbeiten, denn nur so wird man an den Geheimnissen des Endes arbeiten
können. An der Frage "Wo" zu arbeiten beginnen, "Woher kommt",
damit man dann an dem "dann" arbeiten kann, so kann man hoffen,
daß man einmal zu dem Punkt der Vollendung kommt, wo das ICH
sich gut hält, einwilligt, zu verschwinden, Platz zu machen, und nicht
der Held der Bühne/Szene zu werden, sondern die Bühne/Szene
selbst: Der Ort, der Anlaß für den Anderen." n
Genealogische Spurensuche fragt also nach Herkunft und Verfaßtheit (von körperlichen Einschreibungen) des Menschen. Bezogen auf
das Kino werden damit die häufig wiederkehrenden Themen von
Erzeugung und Geburt angesprochen, die im Science Fiction in Bildern fremder/außerirdischer Mißgeburten oder in Plots, die die Herstellung des künstlichen (Super)Menschen behandeln, zu finden sind.
10
11
FOUCAULT, Michel: Von d e r Subversion des Wissens. Frankfurt am Main
1987. S. 71
FOUCAULT (1987), S. 73
CIXOUS, Helene: Von der Szene des Unbewußten zur Szene der Geschichte. In: RICK, Karin (Hg.) Die Frauen, das Sexuelle und die Kunst.
Tübingen 1987. S. 77
Cixous spricht von "Ursprung", ihre Verwendung des von Foucault kritisierten Begriffs entspricht j e d o c h seinem Begriff der Herkunft.
37
Ähnliche Dramatisierungen erinnern an die Schnittstelle zum Horrorgenre; jedoch steht dort weniger die technologische Herstellbarkeit oder in die Zukunft verlagerte Interaktion mit Androiden oder
außerirdischen Lebewesen im Zentrum, vielmehr greift die prokreative Phantasieproduktion zurück auf mythisch imaginierte Halbwesen
wie die Figuren von Vampir, Werwolf oder Hexe. Die Spannung beider
Genres und Settings ergibt sich aus der unerwarteten Irritation einer
Atmosphäre von "Normalität", in die monströse Verkörperungen
jedweden Ursprunges einbrechen 12.
Das Phantasma der Mutter
Die vorliegende Filmanalyse beleuchtet die Konstitutionsbedingungen dieser "Produktion von Andersheit" (im Verhältnis zu Männlichkeit bzw. Weiblichkeit) unter genealogischen Gesichtspunkten, um
die visuellen und narrativen Codierungen von Prokreativität aufzuspüren. Damit ist das "Phantasma der Mutter" ein zentraler Topos,
der via der "außerordentlichen" Körper von Actionheldin und Monster inzeniert wird.
Ohne einer bestimmten Theorie über Weiblichkeit zu folgen, bezieht
sich meine Ausgangsthese der Ausblendung/Tabuisierung (bezogen
auf Ripley) bzw. der Projektion re/produktiver Arbeit (bezogen auf
das Monster) auf Patricia Yaegers Begriff eines "reproduktiven Unbewußten" 13. Die Ausblendung reproduktiver Arbeit erfolgt im Film
auch via deren geographischer und zeitlicher Verschiebung in das
Ambiente des Science Fiction, d.h. diese Verfremdung kann als weitere (De)Kolonisierung des weiblichen Körpers bzw. patriarchaler
reproduktiver Strategien gelesen werden. Bezogen auf "Alien" bedeutet das ein Infragestellen der Aufspaltung von Weiblichkeitsvorstellungen, wie sie in der androgyn anmutenden, sterilen Inszenie12
13
Vgl. dazu die Katalogisierung von Wood, der hier beispielsweise die monströse Verkörperung von Sexualität, Homo- und Bisexualität, von anderen Kulturen sowie Kindern nennt.
WOOD, Robin: An Introduction to the American Horror Film. In:
NICHOLS, Bill (ed.): Movies and Methods. Volume II. Berkeley/Los
Angeles 1985. S. 201
YAEGER, Patricia: The Poetics of Birth. In: STANTON, Domna C. (ed.):
Discourses of Sexuality. From Aristotle to Aids. Michigan 1992.
38
rung der Protagonistin Ripley versus der verschlingend-monströsen
Sexualisierung des außerirdischen Lebewesens Alien' aufscheinen .
Eine Lesart, die ein "reproduktives Unbewußtes" vor dem Hintergrund der Folie, die das "Phantasma der Mutter" bildet, konstatiert,
impliziert die Herstellung von Querverbindungen zwischen diesen
Körpern (Ripley und Monster).
Weiblichkeit und/oder Mütterlichkeit?
Dieser Blickwinkel (der Zusammenschau einer Spaltung) verweist
damit auch auf die in feministischen Theorien nicht unumstrittene
Konzeptualisierung von Weiblichkeit in ihrem Verhältnis zur Reproduktion; da die potentielle Fähigkeit zur Mutterschaft (abgesehen
davon, ob sie verworfen wird oder als verheißungsvoll gilt) als meist
untrennbar mit Weiblichkeit verschmolzen begriffen wird. Eine angemessene Klarheit dieses Begriffes scheint durch Adrienne Richs
Definition, die eine mögliche Differenz zwischen potentieller und institutionalisierter Mutterschaft zieht, gegeben. Nach ihr bezeichnet
Mutterschaft zwei unterschiedliche Phänomene:
"1. die potentielle Beziehung jeder Frau zu ihren Fähigkeiten, neues
Leben zu kreieren, und ihre Beziehung zu Kindern.
2. die Institution, die darauf abzielt zu garantieren, daß dieses Potential der Frauen - und damit Frauen generell - unter männlicher Kontrolle bleibt." 14
Beide Phänomene erweisen sich als ideologische, d.h. sie erfahren
historisch, gesellschaftlich, kulturell spezifische Ausgestaltungen
und weisen damit auf die Konstruiertheit ihres Charakters hin. In geschichtlicher Perspektive manifestiert sich beispielsweise Mutterschaft hinsichtlich des Ausschlusses der Frauen aus der Polis, der
Politik in der griechischen Antike durch ihre staatsbürgerlich
tragende Funktion 15 oder wird deren historische Ausgestaltung ab
ca. dem 17. Jahrhundert als Phase der "Erfindung der Mutterliebe" 16
14
15
16
RICH, Adrienne: Of Woman Born. Motherhood as Experience and Institution. New York 1976. S. xv
vgl. beispielsweise LORAUX, Nicole: Die Trauer der Mütter. Weibliche
Leidenschaft und die Gesetze d e r Politik. Frankfurt am Main 1992.
BADINTER, Elisabeth: Die Mutterliebe, Geschichte eines Gefühls vom 17.
39
begriffen. Diese h i s t o r i s c h e n K o n s t r u k t i o n e n von Mutterschaft/Mütterlichkeit als Ideologeme definieren sexuelle Differenz in
ihrem Verhältnis zur gesellschaftlichen und symbolischen Ebene.
"Mütter dürfen nicht Mütter sein, sie müssen Mütter sein." 17
Die Einverleibung der Weibhchkeit unter das Primat der Mutterschaft
bindet nicht nur die Ausbildung weiblicher Subjektivität 18 (als Subjekt von Politik, Geschichte, Kultur), sondern stützt die Normativität
der Heterosexualität, die in der Ideologie der Kleinfamilie ihre gesellschaftliche Einbettung findet. Parallel zur Etablierung und Normierung des Modellcharakters der Kleinfamilie (ab dem 19. Jahrhundert)
prägen einander widersprechende Diskurse zum einen das Ideal wesenseigener Mütterlichkeit, zum anderen werden Frauen aufgrund ihrer potentiellen Mutterschaft von unterschiedlichsten Ausschlußverfahren betroffen. So fragt Christina von Braun:
"Wenn aber die Spezialisierung der Frau auf "mütterliche Aufgaben"
bewirkt, daß Frauen auf Mutterschaft verzichten, muß man sich dann
nicht fragen, ob dies der eigentliche Sinn der Spezialisierung ist?
Wenn der Zwang, Kinder zu bekommen, mit dem Wunsch nach Kindern unvereinbar ist, so bedeutet das doch, daß der Geburtenzwang
- welche Form die Geburtenpolitik auch immer annehmen mag eine besonders effiziente Form ist, den Wunsch nach Kindern zu
unterdrücken. (...) Die Kontrazeptive, die das Industriezeitalter ent-
I7
1°
Jahrhundert bis heute. München/Zürich 1981.
BRAUN, Christina von: Nicht ich. Logik, Lüge, Libido. Frankfurt am Main
1988. S. 215
Anzufügen bleibt:
"That hypothesis is supported by the fact that AID (artifical
insemination by donor) is considered a perfectly a c c e p t a b l e social
practice, whereas the notion of a surrogate mother is often found
distressing and shocking, for it introduces the possibility of drawing
distinctions between uterine mother, the ovulating mother and the social
mother, and that is something that upsets our image of a single, true
maternal bocy, certain beyond doubt. We can tolerate the duplication
of a father by a semen donor - a nameless a c t o r who is a purely somatic
presence - but we resist the idea that childbearing no longer constitutes
maternity. It is all right to efface the father's body, but not the
mother's."
SISSA, Giulia: Subtle Bodies. In: FEHER, Michel; NADAFF, Ramona; TAZI,
Nadia (ed.): Fragments for a History of the Human Body. Part Three.
New York 1989. S. 133
Erinnert sei an den jahrhundertelangen Vorwurf der "Kulturunfähigkeit der
Frau", der sich zumeist auf ihre generative Kapazität bezieht.
40
wickelt hat, stehen nicht im Gegensatz zum Reproduktionszwang.
Sie bilden vielmehr dessen Ergänzung. Sie sind ein Symptom dafür,
daß der Kampf des Logos gegen die Mutter zu einem Ende gekommen ist. Der Logos hat sein Ziel erreicht. So wie er das Sexualwesen
Frau besiegt hat, hat er auch das Sexualwesen Mutter bezwungen." 19
Der Schein von Entscheidungsfreiheit (für/gegen ein Kind) beschreibt den Verschmelzungsprozess von Frausein mit Mütterlichkeit und verstrickt die historischen Agentinnen in das Dilemma von
"Wahlmöglichkeit" zwischen der körperlichen Erfahrung von Schwangerschaft und Geburt versus der befürchteten Viktimisierung im
Rahmen der Kleinfamilie. Die Neubewertung mütterlicher Produktivität (betreffend sowohl Geburt, Fürsorge und Erziehung als auch die
damit verbundene Arbeitsteilung der Geschlechter), die vor allem
seitens der Objektbeziehungstheoretikerinnen geleistet wurde 20
bietet zwar die Verschiebung eines Blickwinkels und ermöglicht die
Repräsentierbarkeit einer Kreativität, die bislang verdeckt und im
Reproduktiven unbeachtet blieb. Dennoch, jenseits der Sichtbarmachung leisten diese Ansätze m.E. zwar die Erstellung von Kriterien,
die einem (den dominanten Ideologien angepaßten) weiblichen Lebenszusammenhang entsprechen und hinsichtlich der Erstellung von
Bewertungsmodellen (z.B. moralischer Kompetenz 21 oder der Bewertung von Arbeit und Arbeitsverhältnissen) eine angemessenere
Darstellung und Einordung von Frauen gewährleisten; letztlich wird
aber innerhalb ihrer Befangenheit in einem bipolaren Denken von
Geschlechterdifferenz das bekannte Modell des weiblichen Sozialcharakters (fürsorglich, passiv, emotional etc.) affirmiert. Dieses
Dilemma einer feministischen Thematisierung von Mutterschaft, das
um die Pole von Stilisierung und Ablehnung kreist, greift Patricia
19
20
2
*
BRAUN (1988), S. 229/230
CHODOROW, Nancy: Das Erbe der Mütter. München 1985; BOWER, Lisa
C : "Mother" in Law: Conceptions of Mother and the Maternal in
Feminism and Feminist Legal Theory. In: difference. A Journal of Feminist
Cultural Studies. No. 3.1. 1991
vgl. dazu GILLIGAN, Carol: Die andere Stimme. Lebenskonflikte und Moral der Frau. München 1984. Oder: BENJAMIN, Jessica: Die Fesseln der
Liebe. Psychoanalyse, Feminismus und das Problem der Macht. Frankfurt
am Main 1990.
41
Yaeger folgendermaßen auf:
"If feminist theorists have reified or essentialized motherhood in order to reclaim stolen territory, there has been an equal impulse to
turn away from mothering and its metaphors in order to purge
femininity of its victimizing rituals." 22
Dieses Ausgehen von der Potentialität zur Mutterschaft bedingt die
Subsumption der Kategorie Frau unter den Term der Mütterlichkeit
und läßt eine Konzeption von "FRAU" nur im Rahmen heterosexueller
Reproduktion (zudem meist gekoppelt an Paarbildung mit dem
Mann) zu. Bezogen auf die Frauenbewegung läßt sich dieses dominante Denkschema auch hinsichtlich der kollektiv einigenden Organisation von Frauen hinsichtlich der ersten Welle der Frauenbewegung, die sich unter dem Motto "Mein Bauch gehört mir" formierte,
sowie der PorNo (Anti-Pornographie) Debatte konstatieren. Abgesehen von massenmedialer Präsenz läßt sich die kurzzeitige, wiewohl
breitenwirksame Einigung dieser Bewegungen auch begreifen als Effekt, der unter der Prämisse der Politisierung privater Verhältnisse
dennoch auf der Basis einer Verschmelzung der Kategorien von Frau
und Mutter stattfand. Dieser, einem heterosexuellen Imperativ unterliegende Subjekt- und Geschlechtsbegriff verschleierte Differenzen zwischen Frauen und beförderte letztlich einen affirmativen
Charakter. Die Vereinnahmung der Potentialität zur Mutterschaft
impliziert die (ideologische) Konzeption einer Kategorie Frau, die
lesbische und nicht-gebärende Frauen (z.B.), deren Lebensweisen
und -zusammenhänge ausblendet, der Spezifität eines weiblichen
Lebenslaufes (der sich durch bestimmte Phasen der Gebärfähigkeit
auszeichnet) nicht entspricht und diskursive Körpertechniken (wie
Gebärzwang, Vergewaltigung etc.) nur eindimensional erfassen kann.
Die differenzverdeckenden, Heterosexualität affirmierenden
Aspekte dieser "mütterlichen" Weiblichkeitskonzeptionen verweisen
in ihrer Normativität und seitens ihres Ausschlußcharakters auf die
Ausstreichung weiblicher Geschichte/n. De Lauretis meint:
22
YAEGER, Patricia: The Poetics of Birth. In: STANTON (1992), S. 293
42
"I would even suggest that the maternal imaginary is dangerous for
women, (...) dangerous, first of all, because reducing female
sexuality to maternity, and feminine identity to the mother, whether
imaginary or symbolic, erases a history of women's political and
personal struggles for the affirmation of a difference of and
between women vis-ä-vis hegemonic institutions and cultural
formations in many countries; and dangerous, as well, because
reclaiming maternity and maternal power on the ground of an
ambiguous theoretical premise in turn erases the history of
individual and social struggles for the affirmation of lesbianism as a
particular relation between women that is not only sexual but also
sociosymbolic; that is to say, a relation between women that entails
a different production of reference and meaning, if not always in the
terms of feminism." 23
Die Betonung dieser soziosymbolischen Bezüge greift auch Gayatri
Spivak auf, die dahingehend den Gestus des Bezugs auf den weiblichen Körper vorschlägt. Dieser scheint ihr eine Möglichkeit zu versprechen, die Gleichung Frau = Mutter wieder auszudifferenzieren.
Die symbolische Ausstreichung /Aussparung der Klitoris markiert
die Ideologie des "normalen" Frauseins, ihre Wiedereinholung
implizierte eine Erweiterung eines nicht-affirmativen Konzeptes von
Weiblichkeit.
"Die Klitoris entgeht der Rahmenvorgabe der Reproduktion. Indem
die Frau rechtlich als Objekt des Tausches, des Übergangs oder des
Besitzes in der Form der Reproduktion definiert wird, wird nicht nur
die Gebärmutter buchstäblich angeeignet; es ist die Klitoris, die als
Signifikant des sexuierten Subjekts ausgestrichen wird. Alle historische und theoretische Forschung, die in die Definition der Frau als
Rechtsobjekt investiert wird - innerhalb oder außerhalb der Ehe, oder
als politisch-ökonomischer Übergangsweg zum Eigentum und zur
rechtlichen Anerkennung -, würde auf eine Erforschung der verschiedenen Weisen, die Klitoris auszustreichen, zurückfallen. Der
soziale Text der Mutterschaft ist in diese Untersuchung eingeschrieben." 24
23
24
DE LAURETIS, Teresa: The Practice of Love. Lesbian Sexuality and Perverse Desire. Bloomington/Indianapolis 1994. S. 198
SPIVAK, Gayatri: Verschiebung und der Diskurs der Frau. In VINKEN,
43
Zurückkehrend zum Film soll es also darum gehen, aufzuzeigen, wie
Phänomene von Generativität sich in der ausgewählten distopischen
Horrorstory abspielen bzw. inwieweit diese auf Vorstellungen von
Weiblichkeit und Mütterlichkeit hinweisen. Das durch Spannung und
thrill aktivierte Unterlaufen der Selbstverständlichkeit wesensgewisser Identität, wie sie in "Alien" in der „FRAU" und dem Monster aufscheinen, bietet dennoch ein "Mehr" an Lesarten an, die jenseits des
heterosexuellen Kanons Schaulüste motivieren. "Alien" bietet m.E. ein
Spektrum, das von von Reflexionen gegenwärtiger sozialer Ordnung
(Technologiekritik), hin zu Phantasien des kollektiven Unbewußten
(das reproduktive Unbewußte) sowie Imaginationen subjektiver
Wunscherfüllung und-abwehr (queer readings unterstellen ein
heterophobes Ambiente seitens der Crew) reichen. Die obsessive
Inszenierung sexueller bzw. generativer Imagines könnte auf ein tabuisiertes Begehren verweisen; darauf, daß die Unterstellung eines
männlichen "Gebärneids" nicht hinreicht zur obszönen Vorstellung
von Körpern, die nicht eindeutig bzw.nicht-eins sind.
"The woman's body can change shape in pregnancy and
childbearing; it is therefore capable of defeating the notion of fixed
bodily form, of visible, recognizable, clear, and distinct shapes as
that which marks the contour of the body. She is morphologically
dubious." 25
Exkurs über das Unheimliche
Diese Körpervorstellung bzw. deren Repräsentation erscheint monströs und unheimlich. Der Exkurs über Sigmund Freuds Schrift "Das
Unheimliche" 26 soll im weiteren diesen Zusammenhang zwischen
(Vorstellungen von) Weiblichkeit und monströser Phantasieproduktion stützen.
25
26
Barbara (Hg.): Dekonstruktiver Feminismus. Literaturwissenschaft in
Amerika. Frankfurt am Main 1992. S. 211/212
BRAIDOTTI, Rosi: Mother, Monsters and Machines. In: dies.: Nomadic
Subjects. Embodiment and Sexual Difference in Contemporary Feminist
Theory. New York 1994. S. 80
FREUD, Sigmund: Das Unheimliche. In: FREUD, Sigmund: Psychologische
Schriften. Studienausgabe. Frankfurt am Main 1970.
44
Die ambivalente Bedeutimg des Begriffes "heimlich" als vertraut und
gleichzeitig geheim 27 verweist auf beunruhigende Fremdheit von
bekannten Erfahrungen:
"Ich will gleich verraten, ... das Unheimliche sei jene Art des
Schreckhaften, welche auf das Altbekannte, längst Vertraute zurückgeht." 28
"...denn dies Unheimliche ist wirklich nichts Neues oder Fremdes,
sondern etwas dem Seelenleben von alters Vertrautes, das ihm nur
durch den Prozess der Verdrängung entfremdet worden ist." 29
Unheimliche Gefühle treten nach Freud dann auf, wenn verdrängte
Komplexe oder primitive Überzeugungen aufgerufen werden - dieses
beunruhigende Vertraute wird vom Subjekt dann als Fremdes u n d
Dämonisches phantasiert. Hervorgerufen wird dies bei Prozessen an
der Nahtstelle von Symbolischem u n d Organischem, dem Trieb; sowie bei Konfrontation mit dem Tod oder beim Anblick des Ursprungs des Fremden, dem weiblichen Genital 30 .
"Es kommt oft vor, daß neurotische Männer erklären, das weibliche
Genitale sei ihnen etwas Unheimliches. Dieses Unheimliche ist aber
der Eingang zur alten Heimat des Menschenkindes, zur örtlichkeit,
in der jeder einmal und zuerst geweüt hat." 31
27
"Unheimlich ist irgendwie eine Art von heimlich. FREUD (1970), S. 250
FREUD (1970), S. 244
29
FREUD (1970), S. 264
30 Der Kastrationskomplex als Stadium, in dem das Subjekt die Bedeutung
geschlechtlicher Differenz erfährt, bzw. die Erfahrung von Geschlechtunterschieden im Zusammenhang mit Phantasieproduktion und Repräsentation werden von Freud auch in seinem Aufsatz "Das Medusenhaupt" thematisiert.
"Der Schreck der Meduse ist also Kastrationsschreck, der an einen Anblick geknüpft ist. Aus zahlreichen Analysen kennen wir diesen Anlass, er
ergibt sich, wenn der Knabe, der bisher nicht an die Drohung glauben
wollte, ein weibliches Genitale erblickt. Wahrscheinlich ein erwachsenes,
von Haaren umsäumtes, im Grunde das der Mutter. Wenn die Haare des
Medusenhauptes von der Kunst so oft als Schlangen gebildet wurden, so
stammen diese wieder aus dem Kastrationskomplex, ... sie ersetzen den
Penis, dessen Fehlen Ursache des Grauens ist
Wenn das Medusenhaupt
die Darstellung des weiblichen Genitales ersetzt, vielmehr dessen grauenerregende Wirkung von seiner lusterregenden isoliert, so kann man sich
erinnern, dass das Zeigen der Genitalien auch sonst als apotropäische
Handlung bekannt ist."
FREUD, Sigmund: Das Medusenhaupt. In: FREUD, Sigmung: Gesammelte
Werke, Band xvii, S. 47f.
31
FREUD (1970), S. 267
28
45
Die so angesprochene Triebangst (im Unterschied zu einer Realangst) berührt die Konfrontation mit Gebürtlichkeit und Sterblichkeit. Entgegen mythischer Interpretation 32 resultiert die Wahrnehmung weiblicher Differenz in der Ausschaltung ihrer bedrohlichen
Potenz, bzw. deren phantasmatischer Umgestaltung 33.
Oder, wie Kristeva dies formuliert:
"Sicher, das Unheimliche ist Wiederkehr eines vertrauten Fremden,
aber er erfordert auch den Antrieb zu einer neuen Begegnung mit
einem unerwarteten Äußeren. Das Unheimliche, das Bilder vom Tod,
vom Automaten, vom Doppelgänger oder vom weiblichen Geschlecht auslöst... ereignet sich, wenn die Grenze zwischen Phantasie und Wirklichkeit verwischt wird." ^
Die Varianten des Unheimlichen thematisieren damit die Konflikte,
die aus der Situierung von Subjekt und Anderem 3f) hervorgehen und
32
33
34
•"
vgl. z.B. KERENY, Karl: Die Mythologie der Griechen. Zürich 1951. S. 53f;
RANKE-GRAVES; Robert von: Griechische Mythologie. Quellen und Deutung. Reinbek bei Hamburg 1983. S. 214f; VERNANT, Jean-Pierre: Die religiöse Erfahrung der Andersheit: Das Gorgogesicht. In: SCHLESIER,
Renate: Faszination des Mythos. Studien zu antiken und modernen Interpretationen. Frankfurt am Main 1985.
Dazu Klaus Heinrich in seiner Interpretation des Medusenhauptes:
"Das Grauen, das sie (die Medusa, Anm.M.S.) erregt, ist ja jene erst noch
zu lösende ... Verquickung von herausfordernder Wildheit, die eine andere als die zwanghafte oder ausweichende Form der Sublimierung verspricht, und der Erstarrung ... , die wir ihr als Verursacherin auferlegen.
Das Vorhalten des Schildes als Spiegel lenkte schon davon ab, daß sie
der Schild und Spiegel ist - und das eigene Anderssein zugleich: Grund
der Faszination durch Medusa. Indem wir das Erschrecken der Nicht-Domestizierungwilligen als den Schrecken derer ausgeben, die uns erstarren
macht, und der Vorgang der Erstarrung zuletzt das Erstarren jener "Wildheit" b e d e u t e t , führen wir Medusa sozusagen gegen sich selbst ins Feld.
Ihr die Maske abnehmen hieße: die Geschlechterspannung wider traktierbar machen und damit vielleicht auch das, dem sie als Schubkraft dient,
neu balancierbar." HEINRICH, Klaus: Das Floß der Medusa. In: SCHLESIER
(1985), S. 369
KRISTEVA, Julia: Fremde sind wir uns selbst. Frankfurt am Main 1990. S.
204
"Männlichkeit ist keine Substanz und Weiblichkeit ist auch nicht deren
leeres Komplement, eine heimliche Gebärmutter. Weiblichkeit ist weder
eine Metonymie, ein behaglicher Behälter von Männlichkeit, noch ist sie
eine Metapher - dessen spiegelbildliche Reflexion. Weiblichkeit wohnt der
Männlichkeit inne, wohnt ihr inne als Andersheit, als ihre eigene Unterbrechung. Weiblichkeit ist mit anderen Worten eine reine Differenz, ein
Signifikant - und das ist Männlichkeit auch; als Signifikanten sind Männlichkeit und Weiblichkeit beide über die Weise definiert, in der sie sich
differentiell auf andere Differenzen beziehen."
FELMAN, Shoshana: Weiblichkeit wiederlesen. In: VINKEN (1992), S. 58
46
an die Unvollständigkeit und Instabilität der Subjektkonstitution
mahnen, in der die Bedrohlichkeit eines "Realen" in einem Phantasieprodukt aufzuheben gesucht wird. Anders ausgedrückt: das Unheimliche des Horrorfilms, das seine augenscheinliche Konkretisierung im Monster erfährt, weist auf die perforate Grenze zwischen
Realität und Fiktion hin. Jene Momente der Subjektkonstitution, in
der die imaginäre Kohärenz und Identität durch die Begegnung mit
d e m / d e r Anderen konfrontiert werden, werden damit aktualisiert
bzw. phantasmatisch materialisiert.
Diese Repräsentationen zeichnen sich durch die Konkretion der
Bilder a u s (die u n b e w u ß t e E r g ä n z u n g e n a n g e s i c h t s ihrer
Auslassungen und Schwarzkader evozieren) und berühren ebenfalls
diesen Spagat zwischen Erfahrung u n d Phantasie:
"Confronted by the sight of the monstrous, the viewing subject is
put into crisis - boundaries, designed to keep the abject away,
threaten to disintegrate, collapse. The horror film puts the viewing
subject's unified self into crisis in those moments when the image
on the screen becomes too threatening or horrific to watch, with the
threat that the viewing subject will be drawn to the place, where all
meaning collapses, the place of death." 36
In der filmischen Auseinandersetzung mit dem Unheimlichen erfolgt
eine Analogisierung zwischen Zuseherinnensubjekt und
Opferposition: darin korreliert der Schock der Zuseherlnnen mit der
Passivität der Opferposition der Filmfiguren. Die Identifikation mit
dieser traumatischen Situation (die Distanz zwischen Selbst u n d
Leinwand wird in der körperlichen Sehreaktion aufgehoben), die die
Gefahr k ö r p e r l i c h e r Desintegration beschwört, wird n a r r a t i v
aufgelöst in der Zerstörung und Überwindung des Monsters.
"Der Horrorfilm inszeniert geradezu ein Universum an Distanzlosigkeit und Unübersichtlichkeit. Kontakt zwischen den Protagonisten
und ihrer Umgebung bedeutet regelmäßig konkrete Berührung: wenn
das Opfer das Objekt wahrnimmt, ist es immer schon so nah, daß es
36
CREED, Barbara: "Alien" and the The Monstrous-Feminine. In: KUHN,
Annette (ed.): Alien Zone. Cultural Theory and Contemporary Science
Fiction Cinema. London/New York 1990. S. 137
47
(schön?) gefährlich wird
Der Horrorfilm würde damit die an sich
lustvolle Kinosituation auf die Spitze treiben - und dem dafür
empfänglichen Zuschauer die Möglichkeit geben, die Dehnbarkeit
seiner "Schmerzgrenze" zu erfahren." 37
In diesem Sinn können die Phantasien von "Alien" auch als Ergebnisse unbewußter Produktion angesehen werden können, deren Vorführung bei Zuschauerinnen Grenz- und Differenzerfahrungen
aufrufen.
3.3. Feministische Bezüge
"As the current popularity of horror, science fiction, and heroic
adventure films indicates, we are at least equally moved by an
appetite for images drawn from the "blind space" of the imagination.
Fantasy films, for instance, draw into a cinematically real context
"copies" which have no originals, by way of suggesting what could
be, "what if they inhabited our own specular space. Moreover, the
prevalence of sequels and cycles in the horror and science fiction
genres argues for another dimension to this desire, the extension of
its reach to the real world as well, as it elicits additional images of
those desired images. Still, if such films seem less obviously to
serve that human desire to "catch" reality, they are not less
concerned with desire itself: they attest to our urge to gain access to
the meeting ground between the specular and the blind, the very
realm of desire in our own lives as in the world of film." 38
Diesem Sprung zwischen dem "Spiegel und seinen blinden Flecken"
nachzugehen, evoziert die Frage danach, welche "Rätsel" in diesen
Repräsentationen verdeckt werden bzw. worauf gerade diese Auslassungen hinweisen. Insofern der Science Fiction das imaginierte
Paradoxon des u-topos (gr.: kein Ort) bebildert, das sich dennoch
durch die Installation des Fiktionalen in lesbaren, intelligiblen Bildern
und Dekors auszeichnet (der Science Fiction als eine der "reinsten
37
38
KLIPPEL, Heike: Böse Bilder. Horrorfilm und Angsterleben. In: KOCH,
Gertrud; SCHLÜPMANN, Heide: Frauen und Film. Horror. Heft 49. Frankfurt am Main 1990. S. 88
TELOTTE, J.P.: The Doubles of Phantasy and the Space of Desire. In:
KUHN, Annette (ed.): Alien Zone. Cultural Theory and Contemporary
Science Fiction Cinema. London/New York 1990. S. 152
48
Formen des Schauspiels" 39), erfordert die Filmanalyse eine Befragung des Materials jenseits der filmsprachlichen Elemente, indem
die filmische Organisation von Zukunft in Bezug zu anderen Diskursen und Praktiken gesetzt wird. Oder, wie es in Haider-Preglers methodischen Vorschlägen zu einer feministischen Theaterwissenschaft formuliert wird:
"Begibt man sich nun auf die Suche nach dem Ort der Frau - in Differenz zu dem des Mannes - im Theater, so heißt es nach den in der
szenischen Inszenierung vermittelten Büdern von Weiblichkeit auf
der einen Seite und auf der anderen nach der den Frauen tatsächlich
eingeräumten Teühabe am künstlerischen Prozeß und generaliter
nach ihrer Stellung in der Gesellschaft zu fragen." 4°
Anknüpfend an die Anliegen der Neuen Frauenbewegung, Frauen
einen Subjektstatus zugestanden zu wissen, versuche ich "Alien"
historisch in ein Spannungsfeld einzuordnen. Ausgehend von Bewegungen der 60er Jahre - stichwortartig zusammengefaßt als Erschütterung traditioneller Geschlechtsrollen, Krise der Institution der
Kleinfamilie - werden in "Alien" Topoi aufgerufen, die über die Etablierung des Rechtsstatus des Fötus bei gleichzeitiger Ausblendung
des mütterlichen Umfeldes (Debatten der 80er Jahre) hinreichen zu
ästhetischen und juristischen Auseinandersetzungen mit neuen
Technologien der Bio- und Informationstechnologien.
"Alien" fungiert m.E. als paradigmatisches Beispiel für diese Prozesse in seiner rückwirkend aufschlußreichen wie antizipierenden
Inszenierung vieldeutiger (Film)Körper. Weiblichkeit wird also nicht
nur an/durch "Frauenfiguren" repräsentiert, sondern findet sich in
Verschiebungen, Verschlüsselungen, Symbolisierungen 41 - die letztlich (was später aufzuzeigen sein wird) sich dennoch speisen von
Vorstellungen von "FRAU".
39
40
41
SONTAG (1982), S. 286
HA1DER-PREGLER (1990), S. 320
Als Verschiebung kann die Generativität des Monsters gelten, als Verschlüsselung des handlungstreibenden Konflikts die Positionierung des
Androiden oder als Symbolisierung die Benennung des lebensversorgenden
Computersystems mit Namen "Mother".
49
Die Frage danach, wer/wie/was/wann repräsentiert wird, bezieht
ihren Focus darin, daß das Soziale - verstanden als Produkt und
Produzierendes diskursiver Regelungen ^ - als Symbolisches 43 in
den Blick rückt.
Feministische Konzeptionen von Weiblichkeit
Das impliziert für die Konzeption von Weiblichkeit (und weitergehend für Fragen nach politischer und theoretischer Repräsentation),
daß sowohl hinsichtlich historischer Konstitutionsbedingungen und
symbolischer Plazierung - gemeint ist der gleichzeitige Aus- wie Einschluß von Frauen - "Weibhchkeit" einen ambivalenten Status erwirbt.
Versuche einer Bestimmung dieser Position können jedoch weder im
Behaupten polarer Differenz (die Eigenart weiblicher Praktiken in
Abgrenzung zum Patriarchat betreffend, oft unter "Kulturfeminismus" rezipiert oder mit dem Vorwurf des "Essentialismus" belegt)
noch in emanzipatorisch-pragmatisch wohlmeinendem Eingliedern
weiblicher "Subkultur" (kurzgefaßt auch als "humanistische" oder
"idealistische" Position) aufgehen.
Die Divergenz dieser Weiblichkeitskonzepte findet sich verschoben in "Alien" wieder: auf einen ersten Blick manifestiert sich Weiblichkeit zum einen in der Figur des Mannequins 44 (Ripleys Weiblich-
42
43
44
Auf den Film bezogen findet sich dies z.B. im Beziehungsgeflecht der
Crew.
Auch hier durch den Bordcomputer "Mother" markiert.
"Diese neue Realität des Körpers als verborgenes Geschlecht ist von Anfang an mit dem Körper der Frau verbunden. Der verborgene Körper ist
weiblich (natürlich nicht biologisch, sondern mythologisch). ... Weiterhin
ist dieselbe Logik am Werk; und wenn die Mode zum Allgemeingut wird,
um sich für alle zu öffnen, so deshalb, weil das Verbot des Körperlichen
sich seinerseits auch verallgemeinert...: nämlich in Form allgemeiner Entsexualisierung. Denn nur durch seine Verdrängung war der Körper ein
starkes sexuelles Potential: erst dadurch b e k a m er das Aussehen eines
gefesselten Verlangens. Dem Modezeichen überlassen, wird der Körper
sexuell entzaubert, er wird Mannequin - ein Wort, dessen Geschlechtslosigkeit sehr gut ausdrückt, was es b e d e u t e t . Das Mannequin insgesamt
ist Sex/Geschlecht, aber Sex/Geschlecht ohne Eigenschaften. Die Mode
ist sein Geschlecht. Oden in der Mode verliert sich das Geschlecht als
Differenz, denn es verallgemeinert sich als Referenz (als Simulation).
Nichts ist mehr geschlechtlich/sexuell, alles ist sexualisiert."
BAUDRILLARD: Der symbolische Tausch und der Tod. München 1982. S.
147/148
Übertragen auf den Film würde das bedeuten, daß Ripley nicht die Funktion "FRAU" verkörpert, sondern die Astronauten als "Geschlecht"
50
keit als hom(m)osexuelle Maskierung 45 ), zum anderen in der Figur
des Monsters (Konzepte einer abjekten, verworfenen, nicht-phallischen Sexualität).
An der Nahtstelle der Genres von Science Fiction und Horror angesiedelt, inszeniert "Auen" sowohl die (ideologische und technologische) Konstruktion von Weiblichkeit bzw. bebildert via Projektion
und Abspaltung die generativen, kontingenzbedrohenden Aspekte
davon und macht sie im Monster identifizierbar.
Einem dreifachen männlichen Blick entsprechend 46, können mittels einer Dekonstruktion der filmischen wie institutionellen Diskurse
jedoch keine Einsichten in "Wesen" oder Verfahren (wie Stil, Ästhetik)
von Weiblichkeit gewonnen werden, bzw. bleibt darüber hinaus das
Verhältnis von imaginierten Frauenfiguren zur Situation „realer"
historischer Frauen undeutlich. Die Dekonstruktion kann die intendierte Infragestellung der Funktionsweise eindeutiger Setzung von
Aussagen bezogen auf Geschlecht und Identität nur gewährleisten
vermittels von Methoden,
"....die das Innere des Systems denken, die es im gleichen Maß auf
sein Aus sen verweist. Thematisiert ist damit nicht mehr das Innere
eines Systems, sondern dessen Grenzen, die nun keineswegs mehr
Gegenstand sein können, da sie immer schon den Betrachter hineinziehen." 47
45
46
47
fungieren. Auf diese "Entsexualisierung" bzw. die Sexualisierung durch ein
androgyn anmutendes Setting der Raumfahrt und ihrer Mode wird in der
Filmanalyse näher eingegangen.
Luce Irigaray und Teresa de Lauretis beschreiben angesichts der männerbündischen
Struktur
männlicher
Ordnung
jene
als
homosexuell/homosozial
männliche,
von
der
aus
wenig
über
Frauen/Weiblichkeit denn in ihrem Verhältnis zu Männlichkeit/Männern
ausgesagt werden kann, bzw. die Konzeption von sexueller Differenz
letzlich unklar bleibt.
MULVEY, Laura: Visuelle Lust und narratives Kino. Dieser Terminus bezeichnet die dominante Konvergenz von männlicher Kameraführung (-inszenierung), männlichem Protagonisten sowie der Blickstrukturen der Figuren untereinander, die die Z use ha uerlnnenpo sit ion ausblenden.
"Die aus männlicher Sicht geschaffenen Vorlage wird getreu der Intention
aus männlicher Sicht (...) realisiert und vom Publikum aus dieser ihm als
allgemeingültig vermittelten Sicht wahrgenommen. Dabei wird diese Sicht
konsequent erweise auch den Zuschauerinnen auf gezwungen und immer als
die ihre suggeriert." HA1DER-PREGLER, Hilde, a.a.O. S. 322
MEYER, Eva: Zählen und Erzählen. Für eine Semiotik des Weiblichen.
Wien/Berlin 1983. S. 10.
51
Die Demaskierung der symbolischen Ordnung bzw. von Repräsentationen als phallogozentrische(n) ließe dennoch das Verhältnis von
"Kunst"wirklichkeit zu Bedingungen eines weiblichen Lebenszusammenhanges ungeklärt, so daß angenommen werden könnte, die Frau
verbliebe immer noch in der Position der "Anderen", über die nichts
auszusagen wäre. Oder, wie Sue-Ellen Case beschreibt:
"For women, one of the results of this representation of women as
"other" in the male gaze is that she also becomes an "other" in
herself. Within the patriarchal system of signs, women do not have
the cultural mechanisms of meaning to construct themselves as the
subject rather than as the object of performance." 48
Space-Off
Dieser pessimistischen Absage, die keine weiblichen Handlungsmöglichkeiten oder Interventionen vorsieht, möchte ich Teresa de
Lauretis Entwurf eines "feministischen Subjekts" 49 entgegenstellen.
Ihrem Verständnis nach wird das Verhältnis zwischen "FRAU"
(Vorstellungen über die Frau fungieren als Grundlage und Bedingung
von Repräsentation) und Frauen (den historischen Agentinnen)
durch den Widerspruch ihrer Positionierung innerhalb und außerhalb
von Gender unterhalten. Ein feministisches Subjekt (eine theoretische Konstruktion, die sich, bewegungsverpflichtet, in einem ständigen Prozess der Neu/Findung bewegt) bezeichnet dagegen einen
bewußt doppelte Sicht auf dieses Paradoxon und besetzt hinsichtlich der kritischen Negativität der Theorie eine affirmative Position,
jedoch ohne identitätslogische Implikationen.
Diese Position bietet Interventions- und Gestaltungsmöglichkeiten,
die die von Case konstatierte Entfremdung überschreiten: die
Schaffung neuer Orte für Diskurse, die Umschrift kultureller Erzählungen, die Sichtbarmachung blinder Flecken von Repräsentationen, Vorschläge für eine Neukonstruktion von Gender, - sowie auf
48
49
CASE, Sue-Ellen: Feminism and Theatre. New York 1988. S. 120. Zitiert
nach HAIDER-PREGLER (1990), S. 323.
DE LAURETIS, Teresa: Technologies of Gender. Essays on Theory, Film
and Fiction. Houndsmills/London 1987.
52
realpolitischer Ebene die Etablierung sozialer Räume und alltäglicher
(widerständiger) mikropolitischer Praktiken. Dieser von de Lauretis
konstatierte "Space-Off fungiert als Gegenpraxis und lebt von der
Spannung des Widerspruchs und der Heteronomie. Wenngleich de
Lauretis Entwurf durchaus Ansprüche an ein ideales Subjekt formuliert, so eröffnet ihre Position, die ihren Einschluß ebenso wie ihre
Kontamination mitbedenkt, in ihrer (offengelegten) Situierung weitestmögliche Kritik wie eine Thematisierung von Grenzen und Differenzen, die weder den Zusammenfall noch die Aufspaltung eines
Weiblichkeitskonzepts bezogen auf potentielle Mutterschaft
bedeuten.
3.4. Über die Effektivität von Figurationen und Verkörperungen
Effekte der Genres
"Die Wurzel des englischen, französischen und spanischen Wortes
(Genre, Anm. M.S.) bildet das lateinische Verb "generare" zeugen und
der lateinische Stamm gener-, Rasse oder Art. (...) Die Substantive
"Geschlecht", "gender", "genre" und "genero" verweisen auf die Begriffe von Art, Gattung und Klasse." 5°
Ein Genre speist Erwartungen, ordnet Schau- und andere Lüste der
Rezipientlnnen entlang bestimmter Texte und limitiert das Risiko
evozierter Erwartungen an das Neue durch Klassifikation. Damit
könnte das Genre als Vertrag zwischen Fümindustrie, Filmtext und
Publikum gesehen werden. Die Zugehörigkeit von Texten zu einem
bestimmten Genre - seine Kanonisierung - erfolgt vermittels einer
strukturalen Methode, die die jeweiligen Texte anhand der Oberfläche von Plot und Ikonographie sowie der darin enthaltenen Codes
organisiert.
Ende der 70er Jahre zerfällt die rigide Klassifikation ebenso wie die
Konzeptualisierung von Schaulust/Identifikation der Apparatustheorie. Auch Ridley Scotts Spielfilm "Alien" wird wahlweise den
50
HARAWAY, Donna: Geschlecht, Gender, Genre. Sexualpolitik eines Wortes. In: HAUSEN, Karin: Feministische Wissenschaftskritik. Berlin 1986. S.
42.
53
Genres von Science Fiction und Horrorfilm zugeordnet. Wenn, nach
Kuhn51, der Schlüsselbegriff des Science Fiction darin zu finden ist,
die Konstruktion einzelner Typen von fiktionalen Welten
darzustellen, weist dieses Merkmal des ZEIGENS von Fiktionalem
bereits auf die Nahtstelle zum Horror hin: demonstrare = zeigen;
hiervon auch das "Monströse" abgeleitet ist.
Roloff und Seesslens Definition 52 der Genres des Horror und des
Science Fiction bewirkt in ihrer Gegenüberstellung eine Polarisierung,
wie im Folgenden kurz dargestellt werden soll.
Der Science Fiction (entstanden aus der Reiseliteratur der
Spätaufklärung) imaginiert den Topos der kolonialistischen Eroberung, umgesetzt etwa in den Space Operas; bzw. den
Rückschlag von Fortschritt, einem vielfach variierten Thema der Invasion. Der Motivkatalog sieht die Entwürfe fremder Welten vor und
focussiert das Phantastische im Hinblick auf Technologie. Roboter
und Androide als genretypische Agenten verkörpern "Denk- und
Handlungsmaschinen", sie gelten als avanciertester Ausdruck der
Technologie.
Die Beschreibung des Horrorgenres verfährt gegenläufig, ihre Vorgeschichte stützt sich vor allem auf die Ausgestaltung magischer,
mystischer und mythischer Vorstellungen, deren phantastischer
Aspekt die Bedrohlichkeit und Unerklärbarkeit der Erscheinungen
charakterisiert. Anstelle der Halbwesen aus Mensch und Maschine
bezeichnen seine typologischen Figuren die Grenze zwischen Leben
und Tod (beispielsweise Zombies und Vampire etc.), zwischen
Mensch und Tier (Werwolf, Schlangenmensch etc.) oder zwischen
Rationalem und Okkultem (Hexen, besessene Menschen etc.).
Gemeinsames Merkmal beider Genres ist das Phantastische, das
"was eine Gesellschaft zu wünschen übrig läßt" 53; dennoch wird
51
52
53
KUHN, Annette: Introduction. In: dies.(ed.): Alien Zone.
and Contemporary Science Fiction Cinema. London/New
SEESSLEN, Georg: Kino des Phantastischen. Geschichte
des Horrorfilms. Hamburg 1979; Kino des Utopischen.
Mythologie des Sience-Fiction-Filmns. Hamburg 1980.
SEESSLEN (1980), S. 58
Cultural Theory
York 1990.
und Mythologie
Geschichte und
54
dieser unerfüllbare Wunsch genährt und narrativ aufgeladen mit
dessen phantastischer Belohnung oder Bestrafung.
Der Konflikt in "Alien", der technologisches Fortschrittsdenken mit
der unzivilisierten Wildheit eines Monsters konfrontiert, schließt in
seiner Typologie, Ausstattung und hinsichtlich seiner narrativen Muster beide Genres ein. Diese Verschränkung von mythischer Monstrosität und futuristischer Technologie markiert einen Knotenpunkt, Seesslens Definition der Genres muß angesichts dessen jedoch nicht widersprüchlich verfahren:
"Das Problem des Science Fiction ist die Technik, das Problem des
Horror ist die Natur."54
Der Topos der Raumfahrt konnotiert Fortschritt und Eroberung, die
Invasion des Alien ins Raumschiff verweist dagegen auf den Rückschlag derselben. In einer futuristischen Dystopie ereignet sich die
Rückkehr des Verdrängten, da entlang einer Spirale von Gewalt
Themen von Herkunft, Empfängnis und Geburt, inszeniert werden.
Psychoanalytisch interpretiert, können die verdrängten Phantasien
als Konzeptionen von Differenz verstanden werden, die im/vom
Fremden/Anderen verkörpert werden. Ausgeblendet werden damit
potentielle Phantasien, die sich in den ideologisch zulässigen Denkund Sozialisationsformen nicht mehr formen lassen und via Projektion auf Andere/s ihre Materiahsation finden.
"...the concept of "the Other": that which bourgeois ideology cannot
recognize or accept but must deal with (....) in one of two ways:
either by rejecting and if possible annihilating it, or by rendering it
safe and assimilating it, converting it as far as possible into a replica
of itself." 55
Dabei aktiviert das Genre den Thrill des Fremdartigen nicht nur narrativ, sondern vor allem entlang des visuellen Dispositivs von Sehen
und Gesehen werden. Sehen garantiert Wissen und sichert im Agon
54
55
SEESSLEN (1979), S. 9
WOOD, Robin: An Introduction to the American Horror Film. In:
NICHOLS, Bill (ed.): Movies and Methods. Volume II. Berkeley/Los
Angeles 1985. S. 199
:>:>
mit dem Anderen das Überleben. Für die Zuseherlnnen eröffnet das
Gezeigte zwischen Vorauswissen und Erschrecktwerden den Spannungsbogen zwischen identifikatorischer Kontrolle u n d Lustangst
am tabuisierten Abjekten.
"In a sense, these films (Horrorfilme, Anm. M.S.) pose the collapse of
the utility of the patriarchy's nature-culture binarism i.e. they appear
on one level to erect that dualism as locatable, while on another they
deconstruct the separation of its terms. In the end, the division
between nature and culture collapses in the relationships between
the mothers and the monsters." ^
Sozfokultureller Kontext
Dieser Genuß am Spektakulären in der Kollabierung binärer Strukturen verweist jedoch auf ein soziales Feld, das zu durchqueren ist,
wenn sich Fragen nach dem Unheimlichen, nach repressiven Phantasien und damit nach Identifikation und Identität - also Repräsentation - stellen. Aufgerufen werden damit soziokulturelle Kontexte, die
unter dem Genre/dem Filmtext die Sphäre von Diskursen und Praktiken jenseits des Kinos berühren. Der folgende Abschnitt thematisiert die angesprochene Konstruktion d e s Körpers seitens der
Psychoanalyse und stellt einen Bezug zum Film her.
"What's the story, Mother" tippt auch "Alien"'s Captain Dallas in
den Bordcomputer Mother.
"Stories are material practices; boundary conditions are not just
structuralist fantasies, but potent aspects of daüy life. Discourses
are not only social products, they have fundamental social effects.
They are modes of power. The life and human sciences are
powerful actors in an age of bio-politics, in which the management
of the efficiencies of bodies is a major constructive practice.
Scientific discourses both bound and generate conditions of daily
life for millions. To contest for origin stories is a form of social
action." 57
56
57
BERENSTEIN, Rhona: Mommie Dearest. Alien, Rosemary's Baby and
Mothering. In: Journal of Popular Culture. Volume 24. Fall 1990. S. 56
HARAWAY, Donna: Primate Visions. New York/London 1989. S. 289
56
Die Positionierung eines Zitates über "Science" deutet die Zusammenhänge an, die jenseits des Fiktionalen berührt und thematisiert
werden, wenn über Science Fiction gesprochen werden soll.
Mit dem Ende des utopischen Denkens zu "Beginn des 19. Jahrhunderts - das nach von Braun Idealvorstellungen entwirft, die von
der Realität abstrahieren - können die Modelle der Science Fiction
als Extrapolationen gegenwärtiger technischer Errungenschaften angesehen werden. Oder, wie Seessien meint, beziehen sich seine dystopischen Effekte auf die Verteidigung einer bestehenden Realität
entgegen dem (humanistischen) Ethos der historischen Notwendigkeit einer neuen Gesellschaft und eines neuen Menschen. 58
Christina von Braun hingegen betont vielmehr die Aktualität der
(kühnen) Fiktionen des Science Fiction, die in zeitgenössischen Materialisierungen bereits ihren Ausdruck gefunden haben. Die Realisierung dieser Phantasien verdankt sich der Assimilation von Technik
und Kunst, die die Vorstellung des Gegensatzes zwischen Kunst und
Natur verabschiedet, die Grenzen zwischen Leben und Tod neu definiert oder die künstliche Herstellbarkeit des Körpers propagiert. 59
"Eben dies ist im 20 Jahrhundert evident geworden: es ist eine Materie "aus dem Kopf entstanden, eine Kunst-Natur, ein synthetischer
Körper. Diese Materie, dieser Körper sind mehr als nur unterworfene
Natur, beherrschte Materie. (...) Den entscheidenden Beitrag zur
Schöpfung dieser künstlichen Materie lieferte die Kunst als Bindeglied zwischen Körper und Idee, zwischen Abstraktion und sinnlich
Wahrnehmbaren. Immer wieder wird die politische Bedeutung der
Kunst geleugnet, als gelte es, ihre Macht über die gesellschaftliche
58
59
SEESSLEN (1980), S. 62
"Leben wird artifiziell produziert, Kunst und Natur scheinen im "telegenen" Körper, der in unserer Gesellschaft (mit Hilfe des technologischen
Fortschritts) hergestellt wird, synthetisiert. ... Der "telegene"Körper ist
ein Produkt unserer Gesellschaft, wenngleich die Werkstätten der
Herstellung kaum noch zu verorten sind. Digitale Netzwerke kreieren
Wesen, die ... per Bildschirm jederzeit - ob nun im Operationssaal oder
im "Kunstlabor" - abrufbar sind. Stammen die Konzepte über Cyberspace
oder Virtual reality aus Science-Fiction-Literatur und -Film, entspringt der
"telegene" Körper den visionären Köpfen der Medienkünstlerinnen."
LAMMER, Christina: Der "telegene" Körper. Ein Vergleich der postmodernen Körperproduktion zwischen Kunst und Klinik. Unveröffentlichtes Manuskript. Wien 1996.
57
und politische Realität zu verbergen. Die Kunst hat schon längst zustande gebracht, was die Wissenschaft noch für die Zukunft verspricht: die Erschaffung des künstlichen Menschen." 6°
Im Zeitalter von Biopolitik und der Informationsgesellschaft erhält
dieses Sprechen über das "Anderswo" des im Science Fiction Imaginierten eine neue Bedeutung. Zeitgenössische Phänomene wie
Transsexualität, Bodyshaping oder Schönheitsoperationen betreffen
nicht nur die "Intelligibilität" des Körpers (derjenige, der geprägt ist
durch wissenschaftliche, philosophische und ästhetische Diskurse),
sondern auch dessen Nützlichkeit (praktische Regulationen, in
denen der Körper trainiert und geformt wird, auf die er antwortet
und denen er gehorcht) 61. Die Repressionshypothese (wie auch
Wood, s.o., sie für den Horrorfilm entwirft) überschreitend, verweist
Foucaults Konzeption des Subjekts - als in multiple mikro- und makropolitische Machtstrukturen eingebundenes - auf die spezifische
Conditio der Modernen, die in der Überwindung einer auf dualen
Oppositionen beruhenden metaphysischen Einheit beruht. Der Körper als Zielscheibe der Disziplinierungs- und Kontrollmechanismen
stellt dabei jene Ressource, dessen Materialität die Manipulation
(der "gelehrige" Körper) und soziale Konstruierbarkeit stützt. Jenseits der Differenzen von Rasse, Klasse, Ethnizität, Lebensweise
(und so weiter) erfordert die Lektüre von Körpern bzw. Verkörperungen erneute Aufmerksamkeit für die Konstruktion von
Sex/Gender, insofern systematisch konzipierte Grenzen die Gültigkeit von Differenz limitieren. Anders ausgedrückt: Weder geht es um
die "Befreiung" oder "Enttabuisierung" eines (vordiskursiven) "natürlichen" Körpers - wie die Repressionshypothese konstatiert; noch um
eine historische Analyse von diskursiven Einschreibepraktiken, die
auf ebendieser Grundlage eines unverfälschten Körpermaterials beruhen. Körper existieren nicht als vorkulturelle, natürliche Objekte,
60
61
BRAUN, Christina von: Nicht ich. Logik, Lüge, Libido. Frankfurt am Main
1988. S. 380f
Diese Unterscheidung übernehme ich von Susan Bordo.
BORDO, Susan: Unbearable Weight. Feminism, Western Culture, and the
Body. Berkeley/Los Angeles 1993.
58
wiewohl Markierungen und Einschreibungen an ihnen sich abzeichnen
- sie (bzw. ihre Intelligibilität) fungieren als Effekte der sozialen Konstruktion von Natur und Materie, so daß die historische Produktion
von Körpern immer Körper von bestimmten Typen hervorbringt 62.
Elizabeth Grosz begreift den Körper denn auch als Feld:
"The specificity of bodies must be understood in its historical rather
than simply its biological concreteness. ... Bodies can be
represented or understood not as entities in themselves or simply
on a linear continuum with its polar extremes occupied by male and
female bodies but as a field, a two-dimensional continuum in which
race (...) form body specifications." 63
Die obengenannten Achsen erfordern somit die Einbeziehung diskursiver und sozialer Phänomene, die das Feld des Körpers inszenieren. Damit intendiere ich die Überschreitung einer nur den Filmtext ins Auge fassenden Analyse, möchte vielmehr die Verschränkung und gegenseitige Beeinflussung diverser visueller Felder (z.B. in
Medizin oder Druckmedien), die sich in Film- und andere Körper einschreiben (vice versa) unter dem Gesichtspunkt einer Recherche
nach der Frage von Geschlechtlichkeit kenntlich machen. Der Plot
von "Alien" läßt sich so auch entziffern als Entfaltung eines "materiellen" (gemeint ist hier: den Körper betreffenden) Gegensatzes, der
62
63
Ein Beispiel: Das Versprechen der Vielfalt an kulturellen Codes, die Teilnehmerinnen an virtuellen Gemeinschaften scheinbar offensteht, erweist
sich als fatal. Zwar gilt die Wahl des Sexes/Genders als aufschlußreich,
wenn eine Netzrepräsentation selbst gewählt werden kann, d.h. der fiktive Körper ist deutlich sexualisiert. Dennoch sehen die meisten Programmiererinnen lediglich männliche o d e r weibliche Positionen vor.
"Wenn ein Körper erst kulturell lesbar wird, wenn er geschlechtlich markiert ist, dann ist es klar, daß die umgesetzten Fantasien in den virtuellen Welten in erster Linie die ihrer Programmiererinnen und Anwenderinnen
sind. Und während in der Medienkultur (oder der Theorie, Anm. M.S.) die
Grenzverwischung zwischen Menschen und Computer, zwischen männlich
und weiblich enthusiastisch zelebriert werden, bleiben die "gender
boundaries" seltsam unflexibel. ... Allerdings sind geschlechtliche Differenzierungen und damit Identitätssetzungen offensichtlich der einzige
Orientierungspunkt in einer "world otherwise beyond our norms" geblieben."
ANGERER,
Marie-Luise:
alt.feminism/alt.sex/alt.identity/alt.theory/
alt.art.
Über virtuelle
Geschlechter.
In:
Springer.
Hefte
für
Gegenwartskunst. Heft 2-3. Wien 1995. S. 34
GROSZ, Elizabeth: Volatile Bodies. Toward a Corporeal Feminism.
Bloomington/Indianapolis 1994. S. 19
59
das Paradoxon des menschlichen Körpers betrifft. Innerhalb der
Technophilie des Genres bezeichnet der Körper gleichzeitig menschliche Über- wie Unterlegenheit: da zum einen Maschinen die Körper organisieren, andererseits jedoch Menschen diese Maschinen
entwerfen und kontrollieren. Der Einbruch des Fremden vermittelt
die Gegensätzlichkeit dieser simultanen Aspekte. Der resultierende
Konflikt, der im Genos (dem Sex) sich zuspitzt, wird von Vieldeutigkeiten beherrscht, die verschiedene Bilder von Weiblichkeit über die
Körper der Protagonistin und das Monster legen. Die evozierte "unheimliche (da weiblich konnotierte) Sexualität" droht die Gruppe der
Astronautinnen als Repräsentanten der Menschheit zu vernichten,
deren Fortbestand sie gerade gewährleisten soll.
Die Figur der FRAU steht damit auf dem Spiel:
"Science Fiction (...) frequently envisages a new, revised body as a
direct outcome of the advance of science. And when technology
intersects with the body in the realm of representation, the question
of sexual difference is inevitably involved. (...) A certain anxiety
concerning the technological is often allayed by a displacement of
this anxiety onto the figure of woman or the idea of the feminine.
This has certainly been the case in the cinema, particularly in the
genre which most apparently privileges technophilia, in Science
Fiction." 64
Die im futuristischen Horror aktivierten Schaulüste und Abwehrreaktionen verweisen auf kathartische Grenzerfahrungen und gemahnen damit an Freuds Konzeption des Unheimlichen 6S. Psychoanalytisch interpretiert, werden damit die Topoi von Todesangst,
Phantasien von der Rückkehr in den Mutterleib oder Kastrationsangst angerührt; sie bringen Vorstellungen über den weiblichen Körper ins Spiel als einer Matrix, "auf der und mit der artikuliert wird" 66.
64
65
66
DOANE, Mary Ann: Technophilia: Technology, Representation, and the
Feminine. In: JACOBUS, Mary; KELLER, Evelyn Fox; SHUTTLEWORTH,
Sally (ed.): Body/Politics. Women, Literature and the Discourse of
Science. New York/London 1990. S. 163
vgl. dazu meine Ausführungen in 3.2.
HEINZEL, Kathrin: Die Puppe, Der Junggeselle, Das Monster. Über verführerische Maschinen. In: Ästhetik und Kommunikation. Verführung. Heft
8 0 / 8 1 . Basel/Frankfurt am Main 1993. S. 55
60
Aufgerufen wird damit die Verflechtung von Weiblichkeitsimagines
mit Phantasmen über Mütterlichkeit, die in ihren diversen Verkörperungen jene Schwelle inaugurieren, die intrauterines Dasein bannt, an
und über die sich psychoanalytisch trianguliertes Denken und Spekulieren jedoch ausbreitet.
"Die Imago der archaischen Mutter stützt die Entwicklungen des Horrorfilms und schwängert seine Atmosphäre." 67
Die Repräsentationen des Science Fiction entwerfen "Weiblichkeit"
anhand von Körperimaginationen, die den Bogen spannen vom
"Mannequin" (die Weiblichkeit Ripleys als hom(m)ologe Maskierung)
zum "Monströsen" (verworfene, abjekte Inszenierung von Sex im
Alien), sich jedoch stets des Phantasmas der Mutter bedienen, die
als Matrix für ambivalente Verfahren fungiert, vermittels derer
Sex/Sexualität/Gender konstituiert wird.
Weiblichkeit und Monstrosität lassen sich aufeinander bezogen
entziffern:
"...denn durch die Ähnlichkeiten und Affinitäten, die der klassische
Horrorfilm zwischen dem Monster und der Frau, zwischen "the
beauty and the beast" herstellt, entsteht ein subversiver Effekt. Im
Monster wird der Frau der Spiegel einer anderen, abweichenden
Sexualität vorgehalten, gleichsam stellt diese andersartige Erscheinung in ihrer nicht-phallischen bisexuellen Form phallische Macht in
Frage." 68
Die Aufspaltung von Weiblichkeitsimagines in Protagonistin und
Monster kann so nicht nur als Eindämmung bedrohlicher Aspekte
von Weiblichkeit, die deren Verschiebung und Projektion ins Monströse implizieren, gelesen werden. Vielmehr erhellt eine Rezeption,
die das Spannungsverhältnis außerordentlicher, die Grenze markierender Körper oder Figuren ins Auge faßt, jene Verfahren, die eine
67
68
DADOUN, Roger: Der Fetischismus im Horrorfilm.
Zitiert
nach
BRAUERHOCH, Annette: Mutter-Monster, Monster-Mutter. In: KOCH,
Gertrud; SCHLÜPMANN, Heide (Hg.): Frauen und Film. Horror. Heft 49.
Basel/Frankfurt 1990. S. 21
BRAUERHOCH, Annette: Mutter-Monster, Monster-Mutter. In: KOCH
et.al. (1990), S. 22
61
Geschlechterordnung installieren, die von der Kontingenz aktiver,
weißer, heterosexueller Männlichkeit ausgeht. Oder, noch einmal gegen den Strich gekehrt: obwohl diese Konzepte "andersartiger" Sexualität sich ableiten von bzw. im Verhältnis stehen zu Vorstellungen idealer Männlichkeit, bieten Science Fiction Filmnarrationen (und
"Alien" insbesondere) jenseits von Schaulust und Identifikation Diskurse über Weibhchkeit an, die den Status der „FRAU"/der Protagonistin als "Subjekt" (begehrend, handlungstreibend) hinsichtlich von
Sexualität und Reproduktion thematisieren. Als nicht-utopische Imaginationen stellen sie Weiblichkeitsentwürfe vor, die normative wie
ideale Vorstellungen über den weibhchen Körper entwerfen und prägen. Diese problematisierten Vorstellungen werfen gleichzeitig ein
Licht auf andere (nichtfilmische) Kontexte, insofern diese Imaginationen rückgebunden werden können an gegenwärtige diskursive
und materielle Praktiken von Wissenschaft, Technologie und Kunst.
3.6. Das gestörte Dreieck
" Lange Zeit danach wanderte ödipus, alt und geblendet, auf den
Straßen. Er roch einen bekannten Geruch. Es war die Sphinx, ödipus
sagte, "Ich möchte Dir eine Frage stellen. Warum habe ich meine
Mutter nicht erkannt?" "Du hast die falsche Antwort gegeben" sagte
die Sphinx. "Aber das war es, was alles möglich machte", sagte
ödipus. "Nein", sagte sie. "Als ich fragte, was steht am Morgen auf
vier Beinen, am Mittag auf zweien und am Abend auf dreien, antwortetest Du, Man(n). Von einer Frau hast Du nichts gesagt." "Wenn man
Man(n) sagt", sagte ödipus, "schließt das auch die Frauen ein. Jedermann weiß das." Sie sagte, "Das denkst Du." 69
Kinogeburten
Wie die ausgewählten feministischen Interpretationen, in deren Zentrum die Aufsprengung der Institution der Kleinfamilie steht, zeigen,
rühren die Narration und die visuelle Gestaltung von "Alien" vor allem
an Vorstellungen von Geschlechtlichkeit (sex/gender) sowie an Her-
69
RUKEYSER, Muriel: Myth. Zitiert nach DE LAURETIS, Teresa:
Interruptus. In: KOCH et.al. (1990), S. 25
ödipus
62
kunftsphantasien. Inwieweit diese normativen Konzepte Ergebnisse
historischer Veränderungen sind bzw. welche öffentlichen Imagines
die auf politischer und wissenschaftlicher Ebene stattfindenden Paradigmenwechsel begleiten, soll im folgenden dargelegt werden.
Die Kontamination ödipaler Szenarien bleibt vor allem auf der
Ebene visueller Repräsentation nicht folgenlos.
Ende der 60er Jahre, darauf weist Vivian Sobchack 7° hin, ereignen
sich in Kinofilmen zwei entscheidende Geburten: in Roman Polanskis
(Horrorfilm) "Rosmary's Baby"(1968) gebiert eine Frau das Baby eines
Teufels; in Stanley Kubricks (Science Fiction) "2001 - Odyssee im
Weltraum" (1968) resultiert die atemberaubende Zeitschleife in der
Konfrontation des Protagonisten mit seinem Selbst als Baby. Die
Einführung von Kindern als neuen "dramatis personae" weist zum
einen auf die Krise amerikanischen Zeitgeistes hinsichtlich des Zusammenbruchs traditioneller Werte- und Rollenvorstellungen
(ausgelöst durch Vietnamkrieg, Popkultur, Frauenbewegung etc.) hin "A man's home in bourgeois patriarchal culture is no longer his
castle." 71
- und führt andererseits im Kinokontext zur Konvergenz der Genres
von Science Fiction, Horror und Familienmelodram .
Die kulturelle Bedeutung des Kindes, das bisher mit Transparenz,
Unschuld und Reinheit konnotiert war, erfährt im Kontext der ebenfalls in Mitleidenschaft gezogenen Mitglieder der Kleinfamilie eine
radikale Umdeutung.
"As figures, these children coalesce, condense, embody, enact and
transform the text, cause its trouble, and are themselves
transformed through their textual work: adjusting the system of
representation and the demands of the psyche and culture each to
the other. In their most vital work, such figures are "more than
shortcuts by way of association and substitution; they have the
70
71
SOBCHACK, Vivian: Child/Alien/Fa then Patriarchal Crisis and Generic
Exchange. In: PENLEY, Constance; LYON, Elisabeth; SPIGEL, Lynn;
BERGSTROM, Janet (ed.): Close Encounters. Film, Feminism and
Contemporary Science Fiction. Minneapolis/Oxford 1993.
SOBCHACK (1993), S. 4
63
power to disrupt the relation of context to sign and reorient not only
the discursive event but the system itself which will never be the
same afterwards." 72
Diese "neuen, horriblen" Kinder symbolisieren die Apokalypse vom
Ende der Kindheit und werden (wie im klassischen Kino ansonsten
die „FRAU") auf der Leinwand zum problematischen Zeichen. Verantwortlich für die Ab/Entwicklung der Narration, verweisen sie auf
den Kontext des Krisenherdes und bebildern damit jene Krise des
Patriarchats, die traditionelle Vorstellungen von Männlichkeit bzw.
Väterlichkeit problematisiert. 73
Damit schreiben sich auch die Monstren nicht mehr im Jenseits
(der Zivilisation, der Erde) ein, sondern im Kontext des Familialen kurzum, die Familie gerät zum devianten Monster oder bietet den
Entstehungsherd des Monströsen. 74
Der "öffentliche" Fötus
Eine Ergänzung, die zeitgleich mit der Erschütterung der nuklearen
Familie 75, bzw. dem cineastischen Eintritt des Babys sich ereignet
und als deren Ergänzung interpretiert werden kann, bildet das
ebenso diskursprägende Imago des "öffentlichen Fötus" des
schwedischen biomedizinischen Fotographen Lennart Nilsson.
72
73
74
75
SOBCHACK (1993). S. 5
Filmbeispiele der familialen Krisenherde: Carrie:, Der Exorzist, Kramer gegen Kramer, Shining, Der Terminator usw.
Exemplarische Filmbeispiele der Familie als Brutstätte des Bösen bilden
auch Steven Spielbergs Filme der 80er Jahre.
"Nancy Armstrong, a feminist critic, has claimed that "the most powerful
household is the one we carry around in our heads". Yet even the
desiring bodies of its members seem to be less and less sites of family:
these days, the drift of desire is such that household members are only
playing at Oedipus, convincing fewer and fewer people. The Oedipal narrative of Mommy-Daddy-Me, or b e t t e r still of the Phallus, isn't faring
well lately.
REID, Roddey: "Death of the Family," or, Keeping Human Beings Human.
In: HALBERSTAM, Judith; LIVINGSTON, Ira (ed.): Posthuman Bodies.
Bloomington/Indianapolis 1995. S. 192.
Sie zitiert Nancy ARMSTRONG: Desire and Domestic Fiction: A Political
History of the Novel. New York, 1987. S. 251
64
Time Life, April 196 5
Nilssons Foto eines 18 Wochen alten Fötus in einer Fruchtblase "erschuf" in der Aprilnummer des Life-Magazins 1965 das Imago des
sichtbaren, öffentlichen Fötus. Die gezeigte Fotoserie erhielt weltweite Bedeutung, die das Ergebnis gezielter Vermarktung angesichts
des breiten öffentlichen und politischen Interesses war.
"Das Wettrennen der männlichen Samen um die Penetration des Eies
wurde schon 1965 für Millionen Menschen durch Lennart Nilssons
Fotographie beglaubigt. (...) Auch der Fötus auf dem Titelbild von
1965 enthüllt Weltbedeutung. Ganz allein schwebt er im Raum. Er ist
ein Homunculus, der den Prototyp des beziehungslosen
Individuums repräsentiert, denn wie ein Astronaut hängt er in seiner
Kapsel und ist nur durch die Nabelschnur am Versorgungssystem
der Plazenta angeschlossen." 76
Die Vermarktung des Fötus als gleichzeitig persönlicher wie wissenschaftlicher Erfahrung beschleunigt den Prozess der Sichtbarmachung des bislang Verborgenen. Entlang dieser Achse verlief auch
die massenmediale Rezeption dieser "Entdeckung" - die Sichtbarmachung des Fötus geriet zum Schauobjekt, der als Emblem der
Abtreibungsgegnerinnen ebenso fungiert, wie als Werbeträger.
76
DUDEN, Barbara: Der Frauenleib als öffentlicher Ort. Hamburg/Zürich
1991. S. 29
65
Nilssons Fotographien werden damit gleichzeitig als Kunstwerk,
wissenschaftliche Illustration, Forschungsinstrument und als populäre Massenkultur wahrgenommen 77. Der wissenschaftliche Charakter von visuellen Technologien wird mittels dieser Imagines zwar
säkularisiert (Etablierung von Intelligibilität, massenmediale Verbreitung), gleichzeitig aber zur Ikone erhoben. Babara Duden analysiert
die ideologische Einbindung dieser Imago als Schlüsselrepräsentation, die (metonymisch) Konfigurationen von Person, Familie, Nation,
Ursprung, Herkunft, Wahl, Leben und Zukunft konnotiert: als Sacrum
(technowissenschaftliches Sakrament) bezeichnet, fungiert dieser
"öffentliche Fötus" als Objekt, in dem sich Transzendenz manifestiert. Oder, wie Haraway ausführt:
"The visual image of the fetus is like the DNA double helix - not just
a signifier of life, but echo offered as the thing-in-itself. The visual
fetus, like the gene, is a technoscientific sacrament. The sign
becomes the thing itself in ordinary magico-secular
transubstantiation." 78
Die Bilder hübsch ausgeleuchteter Föten verweisen auf die Dispute,
die sich an dieses neue Objekt des Wissens binden. Damit signifiziert der Fötus "das Leben selbst". Die ideologische Wirkungsweise
der Fotos, so Haraway weiter, beruht auf der Illusion der Materialität
des Fleisches; darin, daß die sinnliche Qualität der Berührung in die
visuelle Gestaltung eingeht. Innerhalb einer technowissenschaftlichen visuellen Kultur birgt diese Imago das Versprechen auf Natürlichkeit und Verkörperung. Der Bildkommentar in Time Life lautete
denn auch:
78
Zur Vermarktung: 1965 erschien "Drama of Life before Birth", 1977 das
uBuch
u u i "A Child Is Born", 1983 die Fernsehsendung "The Miracle of Life",
1987 das Buch "The Body Victorious" (Föten und Immunsystem), 1990 ein
Artikel sowie das Coverfoto "The First Picture Ever of How Life Begins"
in Time Life (mittlerweile auch als Compactdisk erhältlich).
HARAWAY, Donna: The Virtual Speculum in the New World Order.
Abstract for the Conference on "Revisioning Women, Health and Healing:
Feminist Cultural and Technoscience Perspectives." O c t o b e r 1995.
Unpublished Paper. S. 6
66
"Dies ist das erste Portrait, das je von einem lebenden Embryo im Inneren des mütterlichen Schoßes aufgenommen wurde. Es ist eines
von noch nie dagewesenen Farbfotos, die überraschend vollständig
in ihren klinischen Details sind und gleichzeitig eigenartig schön menschliche Embryonen in ihrem natürlichen Zustand." 79
Zynischerweise zeigt sich bei dekonstruktiver Analyse des Co-Textes der konstruierte Charakter von Nilssons Fotographien. Er enthüllt die Tatsache, daß die Photographien von autopsierten Embryonen stammen.
"Was hier zusammengestellt wurde, um Leben zu simulieren, ist
ironischerweise - Tod." 8°
Im Zeitungsartikel wird zur Konstruktion der Autonomie des Fötus
dessen Herkunft aus dem bzw. und Bezogenheit auf den Mutterleib
nicht angesprochen, wiewohl auf diesen abwesenden Körper mit
dem Begriff der "Mutter" referiert wird. In Nilssons Folgeserie von
1990 ereignet sich eine weitere Abnabelung der Mutter-KindSituation: Körperteile wie Nabelschnur oder Plazenta fehlen völlig.
Die bildkommentierenden Texte betonen die unterschiedlichen
Blutkreisläufe von Mutter und Kind, wobei die Plazenta lediglich als
"Modem" zur Kommunikation funktionalisiert wird.
Die von Nilsson initiierte Beschleunigung des Prozesses der Demystifizierung des Uterus bewirkt in ihrer Konzentration auf die
Entdeckung des Embryos die Ausblendung der existentiellen Verbindung zwischen schwangerer Frau und Foetus und resultiert daher
in der Elimination der Frau im reproduktiven Diskurs. Im Zuge ihrer
Entsubjektivierung und repräsentativen Reduktion z u m
"mütterlichen Umfeld", zum bloßen Gefäß, wird dem "autonom"
imaginierten Foetus zusehends Subjektcharakter zugebilligt.
79
STABILE, Carol: Shooting the Mother: Fetal Photography and the Politics
of Disappearance. In: TREICHLER, Paula; CARTWRIGHT, Lisa (ed.):
Camera Obscura. Imaging Technologies, Inscribing Science. Number 28.
Bloomington 1992,. S. 183
80 STABILE (1992), S. 183
67
"Man könnte den Fötus als einen Astronauten in einem uterinen
Raumschiff begreifen." 81
Seitens der Institutionen binden sich an diesen Topos die
Investments in pränatale Medizin wie Diagnostik, Operationen und
vorgeburtliche Geschlechtsbestimmung und die Entstehung der Genund Reproduktionstechnologien (künstliche Befruchtung, IVF,
Leihmutterschaft etc.). Weitergehend tauchen auf der Ebene der Justiz Debatten um den legalen Rechts/Subjektstatus des Foetus
sowie der Abtreibung auf.
Damit beschleunigen Nilssons weltweit prägende Imagines die
fortschreitenden Prozesse der Entkoppelung von Zeugung, Schwangerschaft und Geburt - begleiten also die brüchig gewordenen Rollenmodelle bzw. die Krise der Kleinfamilie (real wie imaginär im Kino,
s.o.) - und münden in die phantasmatischen Verfahren der Gen- und
Reproduktionstechnologien: Die Enthüllung intrauterinen Lebens bedingt nicht nur paradigmatische neue Ein- und Zuschreibungen für
die Körper von Frauen, sondern nimmt radikale soziale Veränderungen der Konzepte über das Subjekt "FRAU" vor ®. Durch diese Diskursivierung befördern der öffentliche Foetus als Repräsentation
und medizinische Techniken wie diejenige des Ultraschallbefunds
als Körpertechnik die Übernahme von Interpretationen und Intelligibilität der visuellen Repräsentationen insofern, als beispielsweise
das Foto der Ultraschallaufnahme zum "Beweis" einer "schwangeren"
Körpererfahrung ^ führt. Umgekehrt bewirkt die massenmediale
Verbreitung die Suggestion einer "kindlichen Gestalt", die in vorgeburtlich vermessenen Organismen wahrzunehmen sei. Diese Intelligibilität von Ultraschallbildern wird gezielt für ein „social bonding"
eingesetzt, etwa zur Motivation von Frauen, die sich einer In-VitroFertilisation unterziehen oder bei Frauen, die die Zwangsberatung im
°1
°2
83
Abtreibungsgegner
Thomas
Ford,
zitiert
nach
DALY,
Mary:
Gyn/Ökonolgie. Eine Metaethik des Radikalen Feminismus. München
1980. S. 80
z.B. in den Varianten der Abtreibungsdebatte
DUDEN (1991), S.28
68
Fall einer (unerwünschten) Schwangerschaft in Anspruch nehmen.
Die Introjektion ideologischer Bedeutungsvermittlung, die sich an visuelle Darstellungen knüpft, bezeichnet Duden auch als "misplaced
concreteness", "Konkretion am falschen, am ver-rückten Ort" M.
Das durch Nilsson ausgelöste massenmediale Interesse an einer
Darstellung des Nicht-Sichtbaren, Verborgenen etabliert durch die
neuen Sicht- u n d Repräsentierbarkeitskriterien ihrer Imaging-Technologien neue Orte der Macht. Die Fusion von Technik/Kunst u n d Natur/Materie in den Repräsentationen speist sich von wechselseitiger
Beeinflussung fiktionaler und naturwissenschaftlicher Bilder, die weitergehend durch ihre breitenwirksame Rezeption für Ausdifferenzierungen wie Verschlüsselungen der Intelligibilität von Körpern dienen.
Ästhetische, rechtliche und medizinische Diskurse gewährleisten via
ihrer visuellen Repräsentationen die Codierung (betreffend den Beziehungs- und Subjektstatus) und die Disziplinierung (sei diese n u n
therapeutisch, diagnostisch oder überwachend) von Körpern.
Visuelle Technologien ermöglichen also nicht nur den Blick auf etwas, sondern sie strukturieren gleichzeitig die Art u n d Weise der
(subjektiven wie gesellschaftüchen) Wahrnehmung, bzw. die Art der
Aufnahme des Objektes.
"Technologies themselves do not peer; they are instruments and
relations that facilitate or obstruct, but above all, construct "peering,"
indeed, instruments and relations that do not simply uncover
meaning, but inscribe and enforce it. likewise, "peering" is not itself
a benign, impartial, disinterested or disembodied activity, but is both
mediated and situated within interpretive frameworks, points of
view, and sets of purposes - how else is the body "revealed", read, or
made legible to an observing eye? What we see is inseparably linked
to and utterly dependent upon how we see." 85
84
8
^
DUDEN (1991), S.30
HARTOUNI, Valerie: Fetal Exposures: Abortion Politics and the Optics of
Allusion. In: TREICHLER, Paula; CARTWRIGHT, Lisa (ed.): Camera
Obscura. A Journal of Feminism and Film Theory. Imaging Technologies,
Inscribing Science 2. Number 29. Bloomington 1992. S. 143
69
Die von den visuellen Technologien repräsentierten Darstellungen
von Verkörperung können so auch als Figurationen gelten, insofern
sie als performative Bilder wirken, die "bewohnt" werden können.
Damit ist nicht nur die Funktion des öffentlichen Fötus als Sacrum
angesprochen; vielmehr läßt die Bedeutung solcher Repräsentationen den Rückschluß zu auf Hoffnungen, Wünsche, Auseinandersetzungen etc., die sich an die Bedeutungsproduktion der Sichtbarmachung und Veröffentlichung (den Körpern/Organismen kommt der
Status eines Agenten für die Öffentlichkeit zu) sowie die Interpretationen des vorliegenden Bildmaterials heften.
Die Grenzen zwischen Natur und Kultur, zwischen Technologie
und Materie, zwischen Wissenschaft und populärer Kultur erweisen
sich damit als obsolet. Haraway bezeichnet die Reduktion komplexer Lebensverhältnisse, die in bestimmten Figurationen gerinnen
86
als "theater of origin" 87. Die Repräsentationen lassen sich entziffern als topographische Raster, die den Ursprung von Leben
innerhalb einer postmodernen Welt bezeichnen.
"In art, literature and science, my subject is the technology that
turns body into story, and vice versa, producing both what can count
as real and the witnesses to that reality." **
Zum Film zurückkehrend möchte ich die aufgeworfenen Argumente
nochmals kurz zusammenfassen: Die durch die historischen Zeitströmungen ausgelöste Krise der Kleinfamilie (veränderte Geschlechtsrollenkonzeptionen, veränderte Lebensbedingungen), die
nun nicht mehr als dominante Lebensform fungiert, problematisiert
die Zuverlässigkeit der bislang verbindlichen Familienromane. Herkunftsgeschichten oder -phantasien funktionieren nicht mehr
bruchlos im triangulierten Familiensetting.
Frauenbewegung, das Civil Rights Movement (etc.) etablieren neue
Subjekte der Politik und des Begehrens; insofern damit ein traditio°6
87
88
weitere Beispiele bilden die Darstellung des (blauen) Planeten Erde - der
ebenso wie der Fötus "Leben" signifiziert o d e r der (Bruder) Baum, der als
Metapher für Umwelt und Ökologie gilt.
HARAWAY (1995), S. 8
HARAWAY (1995), S. 8
70
nelles Verständnis von Kultur (begriffen als Selbstsetzung, in der
Subjekte sich eine Geschichte geben) in Frage gestellt wird, muß
auch das Thema der Generativität neu verhandelt werden. Das Phantasma der Mutter ist somit stets als historisch situiertes zu begreifen.
Im Mainstream-Kino verweist die Setzung von (schuldigen) Kindern
als Protagonisten innerhalb von Filmnarrationen auf diese Tranformationsprozesse.
Zeitgleich mit der Sichtbarmachung (der zerrütteten Kleinfamüie)
ereignet sich eine, durch die visuellen Technologien beschleunigte,
Aufspaltung der bislang unangetasteten Mutter-Kind-Dyade vor allem durch die öffentliche Ausstellung des Fötus. Die diskursive
Focussierung dieses Wissensobjektes beschleunigt die Auflösung
der Fusion von schwangerer Frau und Embryo und befördert damit
zum einen wechselnde Konzeptionen des Subjektstatus der
„FRAU"/von Frauen (ihre Betroffenheit als Agentinnen), sowie der
Geschlechterdifferenz.
Gemeinsam ist den Prozessen von Fiktion (Kino) und Naturwissenschaft (Screenings) die Revision von Herkunftsphantasien:
Science Fiction behandelt Fragen nach dem Wesen des Menschen
und seiner Herkunft; die Imaging-Bilder medizinischer Technologien
inszenieren diesen Topos an anderer Front m.
Die Inszenierung eines "Anderswo" (im Weltraum, auf einem fremden Planeten etc.) erlaubt kaum Verweise darauf, wie das Leben auf
der Erde organisiert ist, beispielsweise hinsichtlich der Reproduktion der Gattung. Diese nur scheinbar stattfindende Entsexualisierung (die eine Indifferenz von Männlichkeit und Weiblichkeit, bzw.
von Reproduktion und Generativität vorgibt) verschiebt diesen
Bereich auf die Konfrontation mit dem Fremden. In "Alien" erweist
sich diese Projektion als signifikant, da durch die Verkörperung
Das Rekurrieren auf Herkunftsmythen (des Science Fiction) das argumentativ verdeckt bleibt, mag auch als Beweis dafür dienen, warum die Legende abgebildeter Embryonen (mit und ohne Fruchtblase, respektive
"mütterliches Umfeld") so oft mit der Situation von Astronauten verglichen wird.
71
einer Heldin, deren mütterliche Attribute sich auf Fürsorglichkeit
beschränken, sowie der generativen Exzesse seitens des
monströsen Ortes/Körpers besonders augenfällig werden. Ripleys
kulturelle Konnotationen (angespielt wird auf eine Entfremdung von
ihrer weibhchen "Natur") werden durch die sexuellen Metamorphosen
von Alien scharf konturiert und verweisen gleichzeitig auf die
famihalen Entkoppelungen.
4. FILMANALYSE
4.1. Ueportung
Dieses Kapitel widmet sich der Analyse bzw. Interpretation des
Films "Alien". Die traditionellen Rezeptionen, die sich zumeist auf ein
filmtheoretisches Analysekonzept beziehen, greifen m.E. zu kurz,
um die angebotene Vieldeutigkeit narrativer und visueller Codes
aufzuzeigen, bzw. ihre Verflochtenheit gut zu vermitteln. Meine Vorgangsweise verläuft entlang von zwei Strängen: zunächst erfolgt
eine dekonstruktive Relektüre des Spielfilms, indem die Begriffe des
Monströsen und Obszönen als Folie appliziert werden, um der
Frage nach der Inszenierung der unterschiedlichen Konstruktionen
von Sex nachzugehen, bzw. sie in ihren Verschiebungen auf narrativer und visueller Ebene nachzuweisen. Im zweiten Teil soll das
Heranziehen unterschiedlicher filmtheoretischer Ansätze l die Positionierung verschiedener Figuren erneut deutlich machen.
Im Zentrum meines Ansatzes steht die Frage nach der Inszenierung
von Generativität. Die vermeintliche Aufspaltung dieses Phänomens
(als Dialektik von Aussparen bzw. Hypervisibihtät 2) sehe ich in der
Gemeint ist die Analyse der Beziehungen der Crew vor dem Hintergrund
einer masochistischen Filmästhetik (Deleuze); die Inszenierung von
Weißheit als Decouvrierung des (sexistischen) Rassismus (v.a. Dyer), sowie Clovers Analyse der Heldin als "Final Girl".
CLOVER, Carol: Men, Women and Chainsaws. Gender in the Modern Horror Film. Princeton 1992.
DELEUZE, Gilles: Sacher-Masoch und der Masochismus. In: SACHERMASOCH: Venus im Pelz. Frankfurt am Main 1980.
DYER, Richard: Weiß. In: BRAUERHOCH, Annette; KOCH, Gertrud;
LIPPERT, Renate; SCHLÜPMANN, Heide (Hg.): Frauen und Film. Ethnos
und Geschlecht. Heft 54/55. Frankfurt am Main 1994.
Die Bilder/Figuren wirken performativ, insofern damit bestimmten Agenten Existenz zugestanden wird, Geschichte(n) aufgerufen werden, die
sowohl für die Konstellation der Figuren innerhalb des Filmes wie für die
Rezipientlnnen bestimmte Bedeutungen tragen. Beispielsweise focussiert
Donna Haraway in ihrer analytischen Gegenüberstellung des "öffentlichen" Fetus versus der nicht-repräsentierten Favela-Babies (dem reproduktiven Müll, der keine Chance auf Leben erhält) die fehlenden Repräsentationen, diejenigen, die aufgrund eines abgewandten Blicks nicht in
Erscheinung t r e t e n und damit auf politischer Ebene keine Lobby erhalten.
"Quite the contrary, the missing images, and what they represent, are
precisely contemporary with and embedded in the same networks as the
73
unterschiedlichen Sexuierung der Protagonistin und des Monsters
repräsentiert. Durch die kurzfristige Applikation der Begriffe des
Monströsen auf das Alien (das auf die Exzessivität des Alienkörpers bezogen wird) und des Obszönen auf die Protagonistin
(Sexualität ist im Science-Fiction obszön - die androgyne Sterilität
Ripleys betont diese Aussparung), kann eine erste Schicht von
Bedeutungsproduktion freigelegt werden. Insofern beide
Figurationen (auch in ihrer Verdeckung) innerhalb des Topos der
Generativität agieren, eröffnet ihre Zusammenschau die tabuisierte
Verflochtenheit beider Konzeptionen, die weitergehend in einer Revision des Begriffs des Obszönen mündet.
Die Bedeutungsproduktion von Sex und Sexualität werde ich hinsichtlich der Verhältnisse der übrigen Personen des filmischen Settings explizieren. Damit soll verdeutlicht werden, in welchem Ausmaß und durch welche Verfahren die Konstruktion von Sex bzw. die
Konstruiertheit desselben angelegt wird.
Die gewählte Vorgangsweise verläuft nicht linear, dennoch schien
es die geeignetste Methode, um den komplexen Verflechtungen der
Filmfiguren nachzugehen.
Jenseitige Ursprungsphantasien
Zwei unterschiedliche feministische Historisierungen der Geschlechterverhältnisse, bzw. die flapsige Koppelung ihrer Buchtitel "Von der
sexuellen Rebellion zur Gen- und Reproduktionstechnologie" 3 und
"Der Einbruch des Wohnzimmers in der Fremde" 4 werden von mir
all-too-visible, on-screen fetal data structure. ... It is the mode of
presence and absence that changes for differently positioned citizens in
technoscientific public reproductive visual culture, more than absolute
presence or absence. The visual icons of hungry infants do not perform
the same semiotic work as the icons of the highly cultivated on-screen
fetuses
"
HARAWAY, Donna: The Virtual Speculum in the New World Order. Vortrag
der Konferenz "Revisioning Women, Health, and Healing." O k t o b e r 1995.
Unveröffentlichtes Manuskript. S. 30/31
TREUSCH-DIETER, Gerburg: Von der sexuellen Rebellion zur Gen- und Reproduktionstechnologie. Tübingen 1990.
In: BRAUN, Christina von: Die schamlose Schönheit des Vergangenen.
Zum Verhältnis von Geschlecht und Geschichte. Frankfurt am Main 1989.
74
benutzt, um jene (scheinbar gegenläufigen) Tendenzen zusammenzufassen, die einerseits die phallogozentrische Besetzung des/der
Anderen imaginieren, andererseits aber die Entkoppelung von Geschlecht, Zeugung und Geburt feststellen. Die Konzentration auf die
Inszenierung von Sexualität, die unterschiedlichen Verfahren und
Projektionen, die sich nicht nur auf menschliche Körper allein beziehen, bedingen vielmehr, "Alien"'s dystopische, fortschrittskritische
Ambitionen weniger im genrekonventionellen Raster der Space
Opera 5 ansiedeln - und damit einmal mehr die filmische Installation
des autonomen Subjekts vor einem regressiv hingegebenen
ZuschauER zu zelebrieren. Vielmehr scheinen mir die diversen Kamerafahrten und -einstellungen weniger die "unendliche Weite des
Weltraumes" denn eine klaustrophobische Enge und somit ein
"Wohnzimmer" vorzugeben, bzw. darin jenen Ort zu imaginieren, der
zur erneuten Inszenierung des Skandalons von Generativität und
Prokreativität dient. Die schon erwähnte Behandlung von Ursprungsphantasien im Jenseits der Erde erweist sich als nicht folgenlos für
die Darstellung von Sexualität. Oder, wie Sobchack meint:
"Science fiction films are full of sexually empty relations and empty
of sexually full ones. In concert with this narrative de-emphasis on
human sexuality and women, biological sexual functions intercourse and reproduction - are avoided in their human
manifestations and, instead, displaced onto mutant and alien life
forms and into technological activity." 6
Das Rätsel
Die erste Einstellung des Films ist dem dunklen, verheißungsvollen
Blick in die Unendlichkeit des Weltraumes gewidmet. Vor der Silhouette eines fremden Planeten erscheinen Schriftzeichen, die sich
allmählich zum Filmtitel "Alien" formieren.
Nach Ablauf des Vorspanns erfolgt durch den Schnitt eine längere
•>
6
PALM, Michael: der Weltraum - unendliche weiten, der leere räum und
science fiction kino. In: Karl SIEREK (Hg.): filmtheorie und. Wien 1991.
SOBCHACK, Vivian: The Virginity of Astronauts. In: KUHN (1990), S.105
75
Kamerafahrt im Inneren eines Raumschiffes entlang von Korridoren
bis zu einem Raum mit Schlafkammern.
Der Korridor im Raumschiff
Diese ersten beiden Einstellungen vermitteln eine Atmosphäre von
Ruhe, in der jedoch Außenwelt und Rauminneres einander gegenübergestellt werden: dunkel und unheimlich versus hell und
heimelig.
Dieses Ambiente einer geordneten Welt an Bord wird jedoch mit
der nächsten Einstellung durch das Aufscheinen eines Funksignals
unterbrochen. Von den Crewmitgliedern als "Rätsel" bezeichnet und
ebenso ambivalent als Warnung oder Hilferuf decodiert, markiert es
einen Ausgangspunkt der Filmerzählung und erlaubt folgende
Assoziationen: Das Funksignal kann als instrumentell vermittelte
Collage begriffen werden, die mittels der Visualisierung eines Geräusches Wirklichkeit konstituiert; nicht Sehen, sondern dessen visuelle Repräsentation bezeichnet also das Rätsel. Gleichzeitig kann
diese Eröffnung als Reflexion des kinematographischen Apparates
interpretiert werden, als Anspielung auf die Position der Zuschauerinnen, ihre Erwartungen in Bezug zu ihrer Schaulust, ihre Bereitschaft zum Genuß der Genrekonventionen wie Gewalt und Monstrosität, als Antizipation des in Szene Gesetzten. Weitergehend
kann das Funksignal sogar als analoge Spielart des visualisierten
Geräusches des Ultraschallgerätes gelesen werden - als weiterer
impliziter Hinweis auf das zu verfolgende Phantasma der Mutter?
"Nicht das Abhören von Tönen lieferte Nachricht, sondern die Aufnahme des Echos einer unerhörten Beschallung von außen. Je nach
Dichte des Gewebes wird dort, wo es von der Schallwelle getroffen
wird, ein Echo von verschiedener Stärke zurückgeworfen. Dieses
76
Echo wird elektronisch in unterschiedliche Maßstäbe verziffert. Jeder Meßwert wird in einen Grauton umgesetzt, und aus winzigen
Quadraten dieser Grautöne entsteht das Mosaik." 7
Nicht um das Rätsel geht es vorderhand, sondern durch sein Erscheinen wird eine Erzählung ausgelöst, die im Konflikt zweier unterschiedlicher Körper (des Monsters Alien und der Heldin Ripley) im
finalen Show-down mündet. Diese beiden außerordentlichen Körper
bestimmen das Geschehen, sie werden angesehen und begehrt und
zeichnen sich durch ein "Zuviel" bzw. "Zuwenig" an Körper aus - so
man vom Standpunkt sexueller Differenz, die auf dem Konzept
normativer Männlichkeit basiert, ausgeht 8.
Neben der Gegenüberstellung dieser beiden Figuren, die auch als
Stellvertreter zweier Genres gelten können, möchte ich für diese
Körper versuchsweise die Begriffe des Monströsen (bezogen auf
das Monster Alien) und des Obszönen (bezogen auf die Protagonistin Ripley) applizieren, um so eine erste Lesart für den Film "Alien"
anzugeben. Unterstützt wird dieses Vorgehen auch von der Varianz
des Films hinsichtlich seiner Zuordnung (bzw. der seiner Stoffe, des
Mobiliars etc.) zu den Genres des Horros und/oder SF. Damit wird
7
8
DUDEN (1991), S. 40
Christina von Brauns Analyse einer Zivilisationsdynamik, die sich durch
Auslöschung und Verdrängung von Sterblichkeit auszeichnet, bedient sich
des Phänomens d e r Hysterie als Folie, von der ausgehend die Verfahren
des Logos zu entziffern seien. Das folgende Zitat über die Symptomatik
der Hysterie mag auch als Beispiel für die Bezogenheit der angesprochenen exzeptionellen Körper gelten und ebenfalls einen Vorausblick auf
die Bedeutungskonnotationen eines "Zuviel" bzw. "Zuwenig" an Körperlichkeit.
"Im großen und ganzen lassen sich die Symptome der Hysterie in zwei
Kategorien einteilen: jene, die ein Mehr an Körper und jene, die ein Weniger an Körper produzieren. Zu den ersten beiden Kategorien gehören
etwa e pile spie ähnliche Anfälle, Krämpfe, Erstickungsanfälle, Kopfschmerzen, Übelkeit, Schwind elanfälle, Scheinschwangerschaften. Zu der zweiten Kategorie der Symptome, die ein Weniger an Körper einführen, gehört
der Verlust der Empfindungsfähigkeit, wie bei der Frigidität o d e r der
Anästhesie der Haut, der volle oder partielle Verlust des Sehvermögens,
des Gehör- oder Geruchssinns... . Denn die Symptome der Körperverweigerung sind letztlich nur eine besonders intensive Form, d e n Körper ins
Bewußtsein zu rufen - durch die Betonung seiner Abwesenheit. (...) "Die
Amnesie der Verdrängung", so sagt Jacques Lacan, "ist eine der lebendigsten Formen des Gedächtnisses." BRAUN (1988), S. 28f
77
der Gestus des Zeigens bzw. Ausstellens an das Monster Alien im
Kontext naturhafter Bilder gekoppelt; weiters die Elemente des
Science Fiction, angesichts der Verdrängung sexueller Topoi unter
dem Primat von Fortschritt und Rationalität, dem Obszönen zugeordnet.
4.2. Über das Monströse
•Monstren • Etymologisch heut das Lebewesen
oder Sachen, die des Zeigens wert sind."
(Hebel FoucauR)
Das etymologische Lexikon 9 gibt unter "monstrum" an: Mahnzeichen
Ungeheuer, furchterregendes Fabelwesen; abgeleitet von "monstrare" zeigen, hinweisen. Zum Wortstamm gehörig auch die "Monstranz" als das zeigende Gefäß und das "Muster" als nachahmenswertes Vorbild 10.
"Monsters share more than the word's root with the verb to
demonstrate"; monsters signify." n
Modelle des Monsters
9
10
11
DUDEN. Das Herkunftswörterbuch. Mannheim/Wien/Zürich 1989.
Vgl. dazu Neda Bei:
"Auch das Wort Ungeheuer ist ein Wort, das als Marke der Verdrängung
gelesen werden kann. Mit deutlichen Parallelen zu geheim/heimlich im
Sinn von: zum (gleichen) Haus gehörig hat geheuer b e d e u t e t : der gleichen
Siedlung angehörig; es wird von einem Verbalstamm für liegen abgeleitet.
Traut, lieb; (Heirat); freundlich; gütig (angelsächsich hiere, kiore); all das
wird mit der althochdeutschen Verneinung zum Gegensatz, unhiuri, mit
der Bedeutung unheimlich, grauenhaft." BEI, Neda: Das Monstrum ist der
Fall. Bathory, Kadivec, Luner, Papin & Papin und die Grenzen des semantischen Feldes. In: Ästhetik und Kommunikation. S. 135
HARAWAY (1989), S. 378
78
In ein Bild von Normalität bricht die ikonographische Figur des
Genres, das Monster, ein. Indiziert durch das Funksignal mit unbekannter Herkunft verdichtet sich die "Offenbarung" des Bildes der
Monstrosität 12 entlang seiner proairetischen Codes: diese sind
markiert durch das Funksignal, die Explosion, die sich bei der Landung auf dem fremden Planeten ereignet, sowie den Abbruch des
Funkkontaktes zwischen Raumstation und Explorern.
"Das Halbwesen tritt erst auf, wenn wir es längst erwarten."13
Die Enthüllung, Darstellung des Monsters (bzw. seiner ersten Manifestation) ist an seinem Herkunftsort (Alienursprungsort), den unbekannten Planeten piaziert.
Der fremde Planet - das versteinerte Raumschiff
Die Steigerung der Spannung auf den genrekonventionell von den
Zuseherlnnen erwarteten Einbruch des Konflikts (bzw. seiner Verkörperung) wird durch die Irritation der Zuseherinnenperspektive
stark betont: zum einen topographisch an einem fremden Ort piaziert, der sich "außerhalb unseres Planetensystems" (Aussage der
Navigatorin Lambert), fern vom programmierten Kurs des Raumschiffes befindet. Neben dieser sprachlichen "Verfremdung" wird die
Bedrohlichkeit des Ambientes mittels subjektiver Kamera erzielt,
12
13
Den Ausdruck "Bild der Monstrosität" (BdM) entnehme ich einem Artikel
von ROBNIK, Drehli: Zeigen. Deprivilegierte Monstrosität in "The Fly"
und anderen Filmen von David Cronenberg. In: PALM, Michael; ROBNIK,
Drehli (Hg.): Und das Wort ist Fleisch geworden. Texte über Filme von
David Cronenberg. Wien 1992.
SEESSLEN, Georg: Kino des Phantastischen. In: SEESSLEN, Georg,
ROLOFF, Bernhard (Hg.): Grundlagen des populären Films 2. Reinbek bei
Hamburg 1980. S. 42
79
die für den/die Zuseherln die Übersichtlichkeit eines (zentralperspektivisch) geordneten Raumes unterbindet und einen
eingeschränkten Blick auf den unbekannten Ort ermöglicht.
Narrativ und visuell inszeniert, dient das Abreißen des Übertragungskontakts der astronautischen Sicht (die subjektive Kamera
ist an einem Astronautenhelm montiert) beim Eintritt in das außerirdische Raumschiff dazu, eine weitere Spannungsstufe zu initiieren.
All diese Schritte unterminieren die zur Aufrechterhaltung einer kontrollierten Zuseherinnenhaltung notwendige Distanz und durchbrechen die unbeteiligte Beobachterinnenposition. Damit gelingt die
Übertragung der Spannung als Angstlust, die im Erscheinen des
Monsters ihre Materialisation erfährt.
"...das BdM (Bild der Monstrosität) ist immer Endpunkt, Gegenwert,
kontrollierende Instanz in einem Tauschakt bzw. in einer metonymischen Serie von Tauschakten, die sich von BdM zu BdM über den
Horrorfilmtext spannt und dessen Zeitlichkeit hierarchisch organisiert: Das BdM unterteilt die Dauer des Films in die mit höchstem
Sehens- und Begehrenswert ausgestatteten Momente seines Auftauchens einerseits und andererseits in Intervalle, die ihren Wert
stets prospektiv durch das BdM an ihren Endpunkten erhalten." 14
Zunächst wird die technologische Atmosphäre des Raumfrachters, seiner Bildschirme und sonstigen Datenträger irritiert; das
Monster (bzw. seine Repräsentation) als privilegiertes Bild überschreitet und entgrenzt damit den Fluß der Filmerzählung und
markiert eine Differenz.
Eine erste Klassifizierung des Wesens, die das Monströse des
"Zuviel" an Körper konnotiert, weist mythisch-naturhafte Merkmale
auf: der Planet als Ursprungsort ist gekennzeichnet durch eine "urzeitliche Atmosphäre", Versteinerungen der vorgefundenen unbekannten Kultur wecken Assoziationen zu archäologischen Expeditionen; der Alienursprungsort wird bildlich als Landschaft organisiert: eingebettet in felsige Umgebung eröffnet sich ein tropfsteinhöhlenartiges Inneres.
14
ROBNIK (1991), S. 117
80
Das Eierfeld befindet sich in einer feucht-warmen, tropenartigen
Atmosphäre.
Eierfeld
Die Beschreibungen der Atmosphäre und der sensationellen
Organismen erinnern an Darstellungen von weiblichen
Geschlechtsorganen. In diesem Zusammenhang möchte ich auf den
Einleitungstext zum Bildband des Schweizer Künstlers H.R. Giger
aufmerksam machen, der die diversen Modelle des Monsters Alien
kreiert hat. 15
"Gigers Werk verwirrt uns durch seine enorme evolutionäre Dimension und mutet uns gespenstisch an. Er zeigt uns nur allzu deutlich,
woher wir kamen und wohin wir gehen. Er greift zurück in unsere
biologischen Erinnerungen. Gynäkologische Landschaften, intrauterine Ansichtskarten." 16
Das Monster selbst wird von der Crew mit einem Vampir verglichen
und gleichzeitig im Bereich des Animalischen verortet, da die Mannschaft über "das Vieh" spricht. Die Jagd auf das Alien zeichnet sich
nicht durch die (erwartete) Verwendung von Hi-Tech-Waffen aus: ein
Strahlenortungsgerät soll die Suche erleichtern, funktioniert jedoch
nicht perfekt. Seine Ausstattung, die einem zeitgenössischen Bewegungsmelder gleicht, erinnert dabei an die Analogie der Visualisie*5
16
Academy Award for Special Visual Effects 1979: H.R. Giger, Carlo
Rambaldi, Brian Johnson, Nick Allder, Denys Ayling
LEARY, Timothy. Zitiert im Vorwort des Kataologes HR Giger Arh+.
Berlin/Zürich 1991. S. 4
81
rung eines Geräuschs wie beim Ultraschall. Zur Bekämpfung sind die
Astronautinnen weiters mit einem Fangnetz, Flammenwerfern und
einem bajonettähnlichen Elektroschockgerät ausgestattet; - allesamt Instrumente, die angesichts der Technologie des Raumschiffs
wie der monströsen Gefährlichkeit unpassend, antiquiert und primitiv wirken 17.
Ebenso "naturhaften" Vorstellungen scheint auch die Möglichkeit
des Alien zur Metamorphose zu entsprechen : das fremde Wesen
durchläuft eine Genese vom Ei über die Krake (dem face-hugger),
den "chest-burster" (das aus Kanes Leib "geborene" Wesen 18), danach manifestiert sich "Alien" als Riesenungeheuer, das filmisch nur
durch Fragmente wie Kopf, Klauen, Maul, Schwanz, Schattenumriß
ausgestellt wird. Kameraschwenks deuten riesenhafte Größe und
technologische Mimikry an, die Nicht-Unterscheidbarkeit zwischen
Raumschiff und Monsterkörper verweist damit auf den revidierten
Begriff der Obszönität. Die finale Manifestation in Form eines menschenähnlichen Insekts passiert letztlich die am längsten dauernde
Einstellung.
Vagina Dentata
17
Die Primitivität der "gebastelten" (Synchronton Parker) Waffen verdient
ein weiteres Augenmerk, da der Schwarze für deren Herstellung verantwortlich ist. Damit stellt sich die Frage, ob die Hautfarbe als Signal der
Herkunft (wild, unzivilisiert, primitiv) ebenfalls für eine imaginierte "Naturnähe" steht, die jenseits technologischer Überwachung, Abschottung
und Steuerung Kenntnis o d e r Erfahrung im Umgang mit analog wilden,
bedrohlichen Angreifern suggeriert. Dem wird im Kapitel über kolonisierte
Körper nachgegangen.
18 In der Fallstudie zu "der kleine Hans" weist Sigmund Freud in einer
Fußnote auf den Zusammenhang zwischen "bohren" und dem "geboren"
werden hin.
82
Das Monster wird jedoch nie in vollständiger Körpergröße, als
einheitlicher Körper gezeigt, die Momente des "Bildes des Monstrosität" umfassen verhältnismäßig wenige Bildkader, die bestenfalls
Mikropartikel des Filmes ausmachen. Eine kohärente Gestalt des
Monsters wird lediglich in der Vorstellung der Betrachterin phantasiert; auch die Zwischenstadien von Aliens Metamorphosen werden
nie bebildert, lassen sich nur aufgrund liegengebhebener Hautfetzen
oder fallender Schleimtropfen imaginieren.
"The entire creature appears for the first and last time in the
shuttlecraft, but the viewer's sight is obscured by flashing strobes
within the ship, and by the dazzling engine exhaust outside. Scott
thus compels the viewer to piece together an impression of the
monster based on tantalizing fragments, fleshed out by the potent
nuances of subjective fantasy, surely the scariest beast of all." 19
Das Monster erscheint als Ausgeburt chaotischer, unzähmbarer Natur, als "Normabweichung mit der Referenz Substanz" 20 .
"Monsra oder Monstrum heißt in denen Rechten überhaupt alles dasjenige, was wieder die Natur ist oder gebohren wird, oder welches
gleichsam den wahren Ursprung seiner Geburt durch Annehmung
einer fremden Gestalt verläugnet oder verändert. (...) Als wenn z.E.
von rechten natürlichen Menschen Kinder mit Pferde- und Küh-Füssen oder andern mehr dem Viehe, als Menschen ähnliche Gliedmassen gebohren werden, oder wenn eine Wölffin junge Schafe, eine
Stutte Hasen, eine Kuh Löwen u.dgl. wirfft, (...) so heißt MONSTRUM,
wovon unter MISSGEBURT ... ein mehreres." 21
Ebenso klassisch entlang der Dichotomie von Natur u n d Kultur angeordnet, verfahren auch die Kategorien des SF in ihrer Anordnung
von Themen u n d Ikonographie, von mir jetzt unter dem Primat des
Obszönen gefaßt.
19
20
21
GREENBERG (1991), S. 90
Zedlers Urüversal-Lexikon, Bd. 21 1739, zitiert nach BEI (1990), S. 135
BEI (1990), S. 135
83
4.8. Ober das Obszöne
"The task of the 8F Author today is as easy as
that of the pornographer; and in the sane
way." (Stanislaw Lern)
Wie im Vorausgegangenen aufgezeigt, konstituiert sich die Ordnung
innerhalb der Raumfahrtgesellschaft über den Ausschluß bedrohlicher Aspekte. Die darob installierte Struktur entbehrt dennoch nicht
gewisser Spannungen, die zum einen Ausbruchsenergien wie die
Abwehr einer potentiellen Hereinnahme fremder Elemente implizierte. Somit deuten der Verlust einer Übersicht oder von Kontrolle
über die Erzählung - vermittelt durch die spannungserzeugende
Strukturierung der Filmerzählung zu jenen Momenten, in denen
Fragmente des Monsters aufscheinen, - auf jene Grenzsetzungen,
die die Stabilität von Innen und Außen, Eigenem und Fremden betreffen. Die Irritationen des etablierten Ambientes verweisen auf diese
Ausgrenzungen und evozieren damit den Begriff des Obszönen. Der
folgende Abschnitt widmet sich dem Aufspüren dieser Elemente.
Eine vorläufige Definition des Obszönen (nach Baudrillard) verankert die so konnotierten Phänomene im Bereich der "Off-Scene":
"Hier hat das Obszöne seinen Ursprung, im Außerhalb-der-Szene, in
dem, was das System der Repräsentation links liegen läßt. Das
Obszöne ist also erstlich das Obskure: das, was die Transparenz der
Szene zunichte macht, so wie das Unbewußte und das Verdrängte
die Transparenz des Bewußtseins zunichte machen.
Das, was weder sichtbar noch repräsentierbar ist und somit eine
Ausbruchs- und Überschreitungsenergie besitzt, eine versteckte
Kraft, die in die Ordnung des Realen einbrechen kann. Die genau ist
die traditionelle Obszönität, die des sexuell oder sozial Verdrängten,
der gefährliche Charakter dessen, was weder repräsentiert noch
repräsentierbar ist." 22
22
BAUDRILLARD, Jean: Die Szene und das Obszöne. In: KAMPER, Dietmar;
WULF, Christoph (Hg.): Das Schwinden d e r Sinne. Frankfurt am Main
1984. S. 281
84
Eine libidinöse Ökonomie
Auf den Film bezogen, ereignet sich dieses "sexuell oder sozial
Verdrängte", das von von einem "Anderswo" (der Erde, eines fremden Planeten) herüberreicht, im Raumschiffambiente explizit in
sprachlich minimalen Äußerungen, die als "Anspielung" auf jene Maskerade des hinter futuristischen Dekors der Raumfrachter-Ausstattung Verborgenen verweist. Ausgelöst durch das Funksignal werden
der umgelenkte Kurs des Raumschiffs und das unbekannte Planetensystem thematisiert; Bemerkungen über den kollabierten Gleiter
geben Auskunft über die Skepsis gegenüber der Technologie sowie
der Raumfahrbedingungen. Technologieskepsis und -kritik unterminieren damit die vorgebliche Fortschrittsideologie, deren Funktionieren sich der Ausblendung ihrer bedrohlichen und kritischen verdankt. Wie Michael Stern 23 aufzeigt, gelingt diese Maskerade durch
die Inszenierung von "special effects", die zum einen die Ambiente
des Futuristischen wie des Phantastischen betreffen. Der Ausdruck
der "special effects" verweist darauf, daß manche Effekte sich als
"spezielle" gerieren: Der Glamour neuer Technologien, das Entstellte
des Monströsen werden formal durch filmische (Trick-) Technologien gestaltet, sie lenken den Blick weg von der ebenso ausgefeilten
mise-en-scene anderer Filmobjekte, die damit ihren kulturellen Charakter zugunsten vorgeblicher "Natürlichkeit" verlieren.
Camouflage
23
STERN, Michal: Making Culture into Nature. In: KUHN (1990).
85
"From a conservative perspective, technology represents artifice
opposed to nature, the mechanical as opposed to the spontaneous,
the regulated as opposed to the free.... The significance of
technology thus exceeds simple questions of mechanics." 24
Diese Tilgung des konstruierten Charakters des "Filmemachens",
das die Effekte bestimmter Technologien herausstellt und in ihrem
Kontext die Figuren piaziert und sexualisiert, kann auch an weiteren
Filmbeispielen nachgewiesen werden: Die Körper der Astronautinnen
werden so beispielweise auch maschinell organisiert durch die computerisierte Steuerung der Hyperschlafkammern sowie die Versorgungsfunktion des Auto-Kochs der Messe/Kantine, durch die technifizierte Entsorgung der Leiche Kanes oder die Laserapparatur als
medizinischem Universalgerät etc.
Ebenfalls signifikant inszeniert erweisen sich die Such/Bildschirme, die in ihrer Relation von Zeichenträger und Referent
Tatorte bezeichnen (Funksignal; Datentransfer zwischen Expedition
und Kontrolle im Raumschiff am Bildschirm; computerisiertes Überwachungssystem der Luftschleusen). Als funktional verlängerte
Wahrnehmungsapparaturen sollen diese semantischen Systeme unter menschlicher Kontrolle "menschliche" Überlegenheit demonstrieren - es wird sich jedoch herausstellen, daß diese Bezeichnungs/Verortungsscreens bei "Aufnahme" (im Sinne von Daten-Aufzeichnung des Objekts) des Alien bzw. eines Zeichens für ihn/es, zusammenbrechen. Die Nachweisbarkeit von vorhandenem Zeichen ist
nicht rückführbar auf dessen Signifikat; d.h. die Einverleibung dieses
Objektes mißüngt, sein Status als Fremdkörper wird dadurch erneut
bestätigt.
Wiederholt und variiert wird dieses Motiv der sinnlosen-zwanghaften Anbindung des Menschen an die Maschinen geradezu gestisch/parodistisch in den Dekors des Raumschiffs: keine Aufblende, in der ein Raum nicht gekennzeichnet wäre durch herabhängende Schläuche, Kabel, Mobiles, Mikrophone u.v.a. mehr - lesbar als
24
RYAN, Michael; KELLNER,Douglas: Technophobia. In: KUHN (1990), S. 58
86
permanente Aufforderung zum (oralen) Ankoppeln, z u m Anschliessen an das Computersystem 25 .
Die visuellen Ikonen in u n d u m das Raumschiff fungieren weitergehend als Verkörperung einer Waren-/Zeichen-Tauschgesellschaft.
Deren Obzönität decouvriert sich anläßlich eines "Blicks zurück".
Denn: Raumfahrt gilt als Chiffre für Eroberung u n d Kolonisierung,
und kann mit Christina von Brauns Metapher "Arriver c' est tuer u n
peu" 26 beschrieben werden:
"Darüber hinaus beinhaltet dieses "partir c'est mourir un peu" aber
auch anderes: Es ist das Wagnis, sich dem Fremden, dem Neuen,
dem Zufall und der Unberechenbarkeit auszusetzen. Das Wort
"Elend" leitet sich von "Ausland" ab. Das Bild der Fremde ist von
Furcht besetzt, von der Vorstellung des Identitätsverlustes. Das
Ausland erscheint wie die Begegnung mit dem Unbekannten
schlechthin, nämlich mit dem Tod, der Auslöschung des Ichs." 27
Die Begegnung mit
intentionslos:
dem
Fremden
geschieht
jedoch
nicht
"Das Wort "reisen" stammt vom altdeutschen Wort "risan" ab, was
soviel bedeutet wie "aufstehen". (...) Es bedeutet auch, "sich
erheben" und "aufbrechen zu kriegerischer Unternehmung". Im
englischen Wort "uprising", dem Aufstand, ist dieser Wortursprung
noch deutlich gegenwärtig. Das Reisen leitet sich also von einem
Begriff ab, der klar die Konnotation "Krieg", "Feldzug", "Eroberung"
mit sich führt. Der Begriff bezeichnet den Aufbruch zu neuen
Ufern. Aber er besagt auch deutlich, daß dies nicht in friedlicher
Absicht geschieht, sondern mit diesem Reisen ist eher die Absicht
2
->
2
^
27
"In the relation b e t w e e n cognitive science and complex social behaviour,
communication is the luminous object of attention. And communication
is where machine, animal and human boundaries broke down dramatically
in post-World War II popular and scientific discourses." HARAWAY
(1989), S. 376
Nach von Braun zeichent sich die koloniale Logik/Dialektik aus durch
das (sentimentale) "Weggehen, um ein bißchen zu sterben" angesichts d e r
Erfordernis, die Fremdheit und den Exotismus im "Ankommen, um zu töten" zu kanalisieren.
BRAUN, Christina von: Die schamlose Schönheit des Vergangenen. Zum
Verhältnis von Geschlecht und Geschichte. Frankfurt am Main 1989. S. 16
87
verbunden, das Fremde zu unterwerfen. Man zieht aus, das "Elend"
zu erobern - oder genauer gesagt: auszulöschen." 28
Im Lauf der Filmerzählung wird sich herausstellen, daß die Aufgabe
der Nostromo nicht in der Förderung von Eisenerz lag, sie vielmehr
aufbrach zur Sicherstellung eines Fremdorganismus zur Waffenproduktion. Diese (verborgene) Intention eines kolonialen Gestus
der intendierten Aneignung, Ausbeutung, Auslöschung des/der Anderen - die für die Crew dennoch als konstitutives Außen fungieren,
- führt dazu, daß die Differenzen zwischen den Astronautinnen verdeckt werden. Innerhalb einer monopolistischen Ökonomie sind die
menschlichen Körper der Crewmitglieder in technokratisch funktionalisierten Zusammenhängen mittels Gleichschaltung unter Konzerninteresse organisiert. Ihre hierarchische Positionierung entspricht
beruflicher Kompetenz und bietet (mit Ausnahme des Schwarzen
Parker) keinen Aufschluß hinsichtlich geschlechtlicher Differenz.
Psychoanalytisch interpretiert, erfolgt diese "Organisation" auf symbolischer Ebene durch die Konzernbefehle und Verträge, narrativ
eingebracht durch die Prämienforderungen Parkers, die Quarantäneregelung, die Regelung des Zugangs zu "Mother", den Geheimbefehl
für Ash. Die Gleichschaltung betrifft die Versorgung und Steuerung
der Lebensfunktionen durch den Bordcomputer "Mother".
Auch der Name des Raumschiffs kann als Anspielung auf dieses
Setting gelesen werden: Nostromo als "nostro homo" ("unser Mann")
und damit ein Zitat eines Romans von Joseph Conrad ("Nostro
homo") über einen Helden der Arbeiterklasse. Judith Newton interpretiert dieses Zitat als spätkapitalistische Zuspitzung einer egalitären Gesellschaft, in der "everybody is the company's man" innerhalb der Strukturen des Konzerns positioniert ist.
"For the corporation, all life is commodity, and the crew members
are expendable. Hence the latter are victims at once of the
corporation's greed and of an incomprehensible, sinister and
overwhelmingly powerful natural creature that in a sense wreaks
28
BRAUN (1989), S. 24
88
vengeance for its disturbance by the human beings. Indeed, by their
transformation of nature into commodity, human beings here
become the true aliens." 29
Aufgrund dieser Ökonomie scheinen Differenzen zwischen den
Crewmitgliedern nivelliert - sogar die sichtbaren Indizien unterschiedlicher Geschlechtsidentität und Rasse treten in den ersten
zwei Dritteln des Filmes zwar augenscheinlich hervor, werden jedoch zugunsten der Angleichung und Kooperation im Arbeitszusammenhang abgehandelt. Insofern diese Differenzen sich an
Körpern abzeichnen, fungiert deren Inszenierung (seitens der
Astronautinnen) als obszöne; auch hier kommt der versorgenden
Funktion "Mothers", die existentielle körperliche Bedürfnisse (Schlaf,
Essen, Temperatur, Atmosphäre etc.) reguliert, eine besondere Rolle
zu. Der menschliche Körper wird in diesem Setting (All und Schiff als
Mikro- und Makrokosmos) zum Fremden, "Monströsen" transformiert und enthüllt letztendlich den ambivalenten Charakter des
Technologischen, der sich sowohl als Triumph über die fehleranfällige (menschliche) Biologie äußert und ebenso sich als destruktive
antihumanistische Kraft manifestiert. Technologie als "special
effect" naturalisiert vielmehr die Praxis konstitutiver Machtkonstellationen.
"SF makes technology into the source of magical objects which
enter people's lives and transform them under the direction of
higher, more powerful things (whether aliens or ruling classes). 30
Zusammenfassend kann argumentiert werden, daß die Obszönität
der Technologie die Monstrosität der (menschlichen) Körper produziert (vice versa). Jenseits einer kontrollierten Ordnung lassen
sich Verschiebungen feststellen, in denen Technologie zur Magie gerät und Körper als Prothesen der Maschinen fungieren. Diese Verschränkung von Natur und Technik ruft umgekehrt auch eine Revision der "naturhaften" Bilder auf den Plan, in der sich die oben vorgestellte Aufspaltung des Genremobiliars (beispielhaft aufgezählt
29
30
BYERS, Thomas B.: Commodity Future. In: KUHN (1990), S. 40
STERN, Michael: Making Culture into Nature. In: KUHN (1990), S.70
89
hier: Planet und Raumschiff - oder besser gesagt - Ort/Körper der
Herkunft von Alien versus der Crew) nicht durchhalten läßt.
Die Camouflage von Natur und Kultur
Der versteinerte Astronaut - Zur Verschmelzung von Menschen- und Maschinenkörpern
Im Film fallen zuerst die analoge Architektur von Gängen/Korridoren
im Inneren des Planeten und auf der Nostromo auf (besonders unt e r s t r i c h e n durch ähnliche/wiederholte Kameraeinstellungen,
-fahrten u n d -schwenks).
"But instead of being lit starkly (...), the ship's surface is sunken into
shadow, vaguely threatening. The Nostromo's "terrible house"
equivalencies, combined with the darkness of the ship's surface in
the subsequent passing shot, at once kindle a feeling of disquieting
ambiguity that pervades the flat "suchness" of space-age technology
throughout the film. More than any previous work, "Alien" evoked
simultaneous resonances within the horror and science fiction
canons in representing a future rnilieu. This feat is accomplished by
exceptional design which imbues futuristic hardware with haunting
"horrific" connotations quite apart from function: the hieratic
helmets - they resemble Aztec skulls! - resting upon the dead
computer terminals in the deserted control room at the film's
beginning.'' 31
31
GREENBERG, Harvey R.: Reimagining the Gargoyle: Psychoanalytic Notes
on Alien. In: PENLEY et.al. (1991), S. 88
90
Den steinzeitlichen Reliefs der Höhle (des Alienusprungsortes) entsprechen die offenen Verkabelungen der Schiffsgänge, beide Räume
gleichen sich zudem in ihrer "üppig wuchernden" bio-mechanischen
Struktur, ihren kathedralenartig hohen Räumen und geometrisch angeordneten Korridoren. Diese Biomechanik läßt sich durchaus auch
mit Mary Ann Doane als Mimesis eines weiblichen (genauer: mütterlichen) Körpers interpretieren:
"The ship itself seems to mimic in the construction of its internal
spaces the interior of the maternal body. In the first shots of the
film, the camera explores in lingering fashion corridors and
womblike spaces which exemplify a fusion of the organic and the
technological. The female merges with the environment and the
mother-machine becomes mise-en-scene, the space within which
the story plays himself out. The wrecked alien spaceship which the
crew investigates is also characterized by its cavernous, womblike
spaces." 32
Die Übersichtlichkeit einer linearen Topographie entpuppt sich jedoch zusehends: Flure/Tuben/Wände brechen auf; "schlitzartige"
u n d vaginale Öffnungen bieten Eingang u n d Nische; Gänge und
Schächte verengen und vervielfältigen sich zum trügerischen Labyrinth, zur mörderischen Sackgasse.
"The unsettling quality of the "ordinary" future environment derives
... from the nagging similarity of its structures to human organs,
particularly the organs of reproduction. The entire craft resembles a
stupendous uterine fallopian system." 33
Neben der Architektonik von Innen u n d Außen kommt auch d e m
Verhältnis von Unten und Oben besondere Bedeutung zu. Marc Ries
begreift d i e s e I n s z e n i e r u n g a u c h als Verwirklichung des
Deleuzeschen "image pulsion" 34, da die Architektonik nicht als
n ü t z l i c h e s Milieu fungiert, s o n d e r n b e s t i m m u n g s l o s einer
32
33
34
DOANE (1990), S. 169
GREENBERG (1991), S.88/89
RIES, Marc: The Brood. In: Drehli ROBNIK, Michael PALM (Hg.): Und das
Wort ist Fleisch geworden. Texte über Filme von David Cronenberg. Wien
1992. S. 110
91
chaotischen Anordnung von vorläufiger, ungeordneter Materie
entspricht. Damit verlieren die den Raum bewohnenden Figuren
jegliche Macht als diesen konstituierende Subjekte. Die Anordnung
und Dislozierung der bedrohlichen Orte "unter" bzw. jenseits der
cleanen Kontrollräume indiziert auch, daß dort das "oben"
Verdrängte, Ausgesparte Platz finden kann.
Bezogen auf die Sexualisierung Ripleys als Frau erweist sich dies
als signifikant, da auf ihre Weiblichkeit mehr oder weniger subtil von
Brett und Parker im ersten Drittel des Filmes angespielt wird. Arbeitsplatz dieser beiden Vertreter der "working class" sind die Maschinenräume und Lager der Raffinerie unterhalb der steril gestylten
Computer- und Aufenthaltsräume. Ihre hierarchische Positionierung
und Verortung thematisierend, bemerken sie: "Die kommen nie hier
runter"; "Hier unten passiert die wirkliche Arbeit". Wenige Einstellungen später kontrolliert Ripley die ausgeführten Reparaturen in den
tiefgelegenen Maschinenräumen. "Da unten" wird sie von beiden
Männern mit sexuellen Anspielungen belästigt ("Miststück!" "Bitch!").
Ebenfalls nach unten steigt Kane bei der Expedition auf dem
fremden Planeten ins Innere des versteinerten Raumschiffes zu einem Eierfeld; hier finden die ersten sexuell konnotierten Metamorphosen des Alien statt: die "Animation" eines Eies durch Kanes
Berührung sowie das "Einnisten" des fremden Organismus, der durch
"Penetration" des "face-huggers" in Kanes Leib eindringt.
„Arriver c'est tuer un peu...." (Kane untersucht das Eierfeld)
Weitere Beispiele der analogen ornamentalen Texturen, die die von
Maschinen organisierten Körper als entfremdete, unheimliche imaginieren, ergeben sich noch im blauen Licht, das über dem Eierfeld
92
liegt und sich wiederholt als abtastender Laserstrahl der sargähnlichen medizinischen Station sowie als Widerschein der Leuchten auf
den Astronautenhelmen spiegelt; darüber hinaus werden durch den
Einsatz von Dampf (über dem Eierfeld und in den Hallen der
Raffinerie der Nostromo) jene Orte mystisch und gleichzeitig technisch imaginiert.
Die Konvergenz von Maschinen und Körpern, die die Auflösung
der Grenze zwischen ihnen signifiziert, findet letztlich ihren Ausdruck im Kameraschwenk über die Raffinerie, der begleitet wird von
Atemgeräuschen auf der Tonspur (obwohl es sich hier nicht um
"subjektive Kamera" handelt!) bzw. den Atem- und Schrittgeräuschen
der Astronautinnen beim Eindringen in den Alienursprungsort. Wiederholt werden hier Sequenzen dazu benutzt, in der Koppelung von
Filmbild und Tonspur eine Irritation auszulösen. Die Geräusche bilden nicht den "Realitätseffekt", der als Begleitton erwartet wird,
sondern imaginieren eine Subjektivität (einer Filmfigur, die sich zur
Identifikation anböte) oder Anwesenheit (des/der Zuseherln), die wie
oben ausgeführt, die kontrollierte Schaulust zusammenbrechen läßt.
Die Camouflage des Technischen als ornamentales Spiel von Körpern und Maschinen enthüllt und verweist nun, zuletzt, auf das
Sexuelle, das als explizite Handlung/Konnotation im SF eigentlich
ausgespart ist, als Obszönes dennoch nicht aufgelöst werden kann.
Der augenscheinlichste Einbruch des (Hetero)Sexuellen in "Alien"
zeigt sich gegen Ende des Filmes in der Penetration Ripleys durch
Ash mittels pornographischer Magazine, sowie der Inszenierung
Ripleys als dem klassischen weiblichen Opfer: im finalen Show-down
wird Ripley (als einzige und letzte menschliche Überlebende) in ihrer
Unterwäsche ("stripping off her narrative competence..." 35) mit dem
Monster konfrontiert - dabei indiziert die Nacktheit ihre Verletzlichkeit, zusätzlich und jenseits der Uniform wird ihr Körper als weiblicher ausgestellt und "sexuell" aufgeladen.
35
SOBCHACK, Vivian: The Virginity of Astronauts. In: KUHN (1990), S. 107
93
„Stripping of her narrative competence..."
Die zunehmende Sexualisierung Ripleys korrespondiert mit ihrer
z u n e h m e n d e n Macht als filmsignifizierende Heldin; die Demonstration ihrer Verletzlichkeit betont letztlich ihr Vermögen, diese zu
überwinden u n d (dadurch die b e d r o h l i c h e n ) Hindernisse zu
beseitigen.
Im Zusammenhang mit der - d a s Sexuelle konnotierenden Camouflage des Technologischen und des Natürlichen und weitergehend der aus diesem Konflikt resultierenden Auseinandersetzung
zwischen Ripley und dem Monster, interpretiert denn auch James
Kavanagh 36 diejenigen Sequenzen, die das Erscheinen des Monsters
ankündigen, als sexuelle Schwellensituationen.
"As the power of the woman-signifier is foregrounded, the film's
complex investment in the alien-signifier can be seen more clearly.
The first part of the film, leading to the shocking birth of the alien,
actually projects three images of birth, each with an increasingly
confused and frightening set of sexual associations.
The first is the lingering exploration of the inner body of the spaceship ... by the first-person camera that implicates the viewer as
I/eye; this ends with a long tracking shot down the smooth, clean
electronic corridor into an inner chamber, where six curiously unsexed bodies slowly come to life. The second birth scene - more a
conception - involves two men and a woman collectively imaged as
three slumsy spermlike figures entering the vaginal opening between the upstretched ' legs' of an alien spaceship. The three clumsy
3
"
KAVANAGH, James: Feminism, Humanism and Science in "Alien".
KUHN (1990).
In:
94
seekers find, in one chamber, death gigantic, and in another, the
expectant egg of a new life grotesque. This conception - in which
male and female, life and death are confused - is then reserved as
the egg forces its own tenacious fertilizing instrument on the man,
who as a passive receptacle must ingest its seed. Finally, the
particularly horrifying confusion of the sexual-gynaecological with
the gastrointestinal is patched onto the life-death, male-female
confusions as Kane dies in agony enduring the forced birth'of the
razor toothed phallic monster that gnaws its way through his
stomach into the light...." 37
4.4. Obszön ist nicht das Verborgene ...
Die genannten Beispiele mögen hinreichen, den vorläufig festgehaltenen Begriff des Obszönen als einem Phänomen, das sich durch die
Maskierung eines Verborgenen auszeichnet, zu entlarven. Special
effects, der A-Topos von Sexualität sowie die visuelle Ikonographie
von Naturhaftem und Technologischem verweisen in ihren repräsentativen Verfahren der Ausblendung vielmehr auf die Dominanz dessen hin, was nicht zur Anschauung kommen darf und im folgenden
ausgeführt wird. Vorerst soll ein weiteres Zitat von Jean Baudrillard
die Definition dessen erweitern, worauf die angekündigte Revision
des Obszönen sich bezieht:
"Ganz anders stellt es sich für uns dar: Heute beruht umgekehrt die
Obszönität auf der Überrepräsentation. Unsere Obszönität... beruht
nicht mehr auf dem Versteckten und Verdrängten, sondern auf der
Transparenz des Sozialen, auf der totalen Durchlässigkeit des Sozialen (und des Sexuellen) als Sinn, als Referenz, als Evidenz." 38
Zur Recherche und Beschreibung der obszönen Augenscheinlichkeit
sexueller Repräsentationen wird im Folgenden der Begriff der Ge37
38
KAVANAGH (1990), S. 75/76
BAUDRILLARD (1982), S. 281
"Da ist die Ob-Szenität: die Strukturen umgestülpt, ausgepackt, die Verfahren sichtbar gemacht. Das geht vom unwahrscheinlichen Netz der
Telefon- und Stromkabel... bis zur Auffächerung aller k o n k r e t e n Körperfunktionen im Wohnbereich." BAUDRILLARD, Jean: Vom zeremoniellen
zum geklonten Körper: Der Einbruch des Obszönen. In: KAMPER,
Dietmar; WULF, Christoph (Hg.): Die Wiederkehr des Körpers. Frankfurt
am Main 1982. S. 353
95
nealogie herangezogen, um weitergehend der Bedeutung von Sexualität und Reproduktion nachzugehen. Die genealogische Fragestellung (nach Herkunft und Verwandtschaft) deutet so auch explizit auf
das Phantasma der Mutter und stellt den Bezug her, der die Konfligierung von Heldin und Monster aufschlüsselt.
Insofern sich die Geheimnisse des Ursprungs auf der "Bühne/Szene
selbst: Dem Ort, dem Anlaß für den Anderen" 39 mitteilen, erübrigt
sich die Suche nach EINEM Ursprung zugunsten genealogischer
Spurensuche.
"Alien" zeigt, so Constance Penley 4°, daß sich im Laufe des Films
die Identifikation der Zuschauerinnen ständig verschiebt und die
Grenzen des biologischen Sex überschreitet. Die Verstörung des
Filmtextes beruft sich nicht allein auf die Inszenierung eines weiblichen Körpers, sondern durchwandert mehrere Körper und Orte.
Phallus dentata?
"The confusion of the semes of sexual difference indicates the
fears attendant upon the development of technologies of
reproduction that debiologize the maternal. In "Alien", men have
babies, but it is a horrifying and deadly experience. When the alien or
other invades the most private space - the inside of the body - the
foundations of subjectivity are shaken." 41
39
40
41
CIXOUS, He'lene: Von der Szene des Unbewußten zur Szene der Geschichte. In: RICK, Karin (Hg.): Das Sexuelle, die Frauen und die Kunst.
Tübingen 1987. S.77
PENLEY (1991), S.69
DOANE (1990), S. 170
96
Die analoge biomorphe Struktur von Raumschiff und Planet, bzw. die
Mechanisierung des "Natürlichen" - die Menschen zu Tauschwerten
reduziert oder den fremden Planeten als Maschinenhalle vorstellt ließe sich genealogisch (als Ordnung von Herkünften und
Bezugssystemen) erweitern, so daß sich die beiden Reihen:
Planet - Legebatterie - spermatozide Krake (=„face-hugger") „chestburster" - Alienfragmente - mannähnliches Alien
und analog
Konzern - Nostromo - Bordcomputer Mother - Gleiter und Kapsel Crew - Leiche - Katze
als Organisation von unterschiedlich sexuierten Verwandtschaften
aufstellen lassen. Dennoch erübrigt sich die Frage nach dem Sexuellen (bzw. seiner Ökonomie) nicht.
Weiches Geschlecht haben Astronautinnen?
Die "lebensfeindliche Gewinnsucht" ^ der Crewmitglieder scheint die
gynäkologischen Bilder der Konzeption/Geburt/Metamorphose des
Alien zu kontrastieren. Dennoch, so vermute ich, maskiert die vorgebliche Nicht-Unterscheidbarkeit der Astronautinnen ("Kinder" des
lebensversorgenden Systems von Bordcomputer Mother) die
WESENtliche Ursache des sich zuspitzenden Konflikts zwischen
Schutz und Zerstörung des fremden Organismus.
"Yet, astronauts are clearly those figures who centralize and visually
represent the values and virtues common to all the male
protagonists of the genre in a single archetypical presence. They are
cool, rational, competent, imaginative, male and sexless." 43
Durch Kleidung und berufliche Funktionalisierung quasi entsexualisiert (besser: einem männlich heterosexuellen Begehren nicht entsprechend), erscheint die Differenz der weiblichen Astronautinnen
verkleidet (she is.... "one of the boys"). Da das klassische Erzählkino
42
43
GREENBERG, Harvey: Reimagining the Gargoyle: Psychoanalytic Notes o n
"Alien". In: PENLEY et.al.(1991)
SOBCHACK, Vivian: The Virginity of Astronauts. In: KUHN (1990), S. 107
97
dazu tendiert, quer durch seine Texte stabile Konzepte von Geschlechtlichkeit gegen Ende der Filme zu etablieren, scheint es
naheliegender, eine Geschlechterdifferenz im Verhältnis von Menschen (Männer und Frauen) versus Alien zu positionieren. Sobchack
argumentiert denn auch, daß das subtextuelle Problem des sexuellen Konflikts und die daraus entstehenden Handlungsmotive durch
die imaginierte "Jungfräulichkeit" der Astronautinnen verstellt wird.
Die Aussparung bzw. Tabuisierung von Sexualität impliziert damit
die Ausklammerung von weiblicher Sexualität hinsichtlich ihres Potentials zur Generativität. Die Hom(m)ologisierung der Astronautinnen kann so als Unterwerfung unter eine männliche (auch libidinöse) Ökonomie begriffen werden - die Obszönität der Prokreativität läßt so weitere Rückschlüsse auf die Konstitution dieser Männlichkeit zu.
"That major generic problem centers around the male desire to
break free from biological dependence on the female as Mother and
Other, and to mark the male self as separate and autonomous. The
realization of this desire necessitates the rejection and repression
of female difference which marks a difference." 44
Sobchacks Auffassung der Astronauten als Signifikanten potenter,
maskuliner Technologie, die Produktion der Reproduktion vorziehen,
greift meines Erachtens zu kurz. Dieses Analysemodell der Negation
des Sexuellen und dessen Projektion auf Andere/s (das Alien und
seine Manifestationen, weiterreichend den Konzern als "abwesenden
Vater" bzw. Bordcomputer Mother) bewegen sich noch immer im
Rahmen jener Vorstellung von Obszönität, die der Gleichsetzung
von Mensch=Mann/Astronaut/asexuell, bzw. Frau= Weiblichkeit/gefährliche, todbringende Sexualität/Reproduktion entsprechen. Als könnte eine Wiederkehr des Verdrängten kohärent gemacht werden (was den Kinobesucherinnen die Eindämmung der
thrilling story und der weiteren Folgeproduktionen beschert hätte).
44
SOBCHACK (1990), S. 107f
98
Es wäre vielmehr durchaus möglich, auch Ridley Scotts Filmtexte
"...innerhalb eines aufkommenden "Postmodernismus" zu verankern, in dessen Namen die Senkung von Spannungsniveaus betrieben wird, um sie "all ihrer einstigen subversiven Kraft" zu entledigen,
die ein schon älterer Modernismus etabliert hat. Anstatt nach einem
binären Maßstab vorzugehen, der Bedeutungen als vertraut oder unheimlich zirkulieren läßt, arbeiten diese Filme in entropischer Weise,
indem sie die für den früheren Modus charakteristischen Oppositionen verdünnen." 45
Die Revision des Obszönen soll nun auch dahingehend formuliert
werden, daß in "Alien" Vorstellungen von Sexualität, Identität und
Generativität UBERrepräsentiert werden. Meines Erachtens lauert
das Obszöne nicht im Verborgenen, sondern wird augenfällig in verschiebbaren Mustern geschlechtlicher Markierungen u n d Konnotationen. Diese These wird nachvollziehbar anhand jener Operation,
die nach der Macht im Text fragt u n d die bis dahin aufgestellte
Achse "Ripley u n d / o d e r Alien signifizieren die Narration"
ausbalanciert.
Unter dem veränderten Blickwinkel sollen nachfolgend die unterschiedlichen Inszenierungen von Sexualität, sowie ihre narrativen
und visuellen Verschiebungen ausgewiesen werden.
"Gender is narrated as one of the products of human evolution, so
how gender and sex are marked at the boundary— sets constraints
on basic cultural stories about what it means to be a man or a
woman. Is there sharp sexual difference? Is it antagonistic?
Complementary? Adaptive? Insignificant? Can the heterosexual
reproductive imperative be relaxed in knowledge-power fields
enough to permit escaping the binary restrictions on sex and
gender?" 46
Interpretationsmuster, die die inszenierte (menschliche) Gruppe als
geschlechtlich differenzierte lesbar machen, zielen darauf, das Ver-
45
46
SILVERMAN, Michael: Die Neuschreibung des Doubles. In: PALM/ROBNIK
(1991), S.94
HARAWAY (1989), S.325
99
hältnis von Company, Mother und Crew als symbolische Familie zu
identifizieren.
'/-:—.
-SV-':.
Hyperschlafkammer
Zunächst sind alle Crewmitglieder in ihrer Funktion als ausgebildete
Techniker charakterisiert, deren Organisation als zur Teamarbeit
verpflichtete sich jedoch nach individuellen Spezialgebieten
hierarchisch strukturiert. Darüber hinaus können die Beziehungen
unter-/zueinander auch als "entfremdete" (unter dem Gesetz des
Vaters, des Konzerns) wahrgenommen werden, da die gegenseitige
Anrede sich auf die "unpersönlichen" Nachnamen beschränkt 47.
Das Obszöne als Überrepräsentation
Wie gestalten sich jedoch die Verhältnisse untereinander?
Janet Bergstrom stellt in ihrem Artikel "Androids and Androgyny"
die Werbefotographie Calvin Kleins vor.
Calvin Klein
47
Lieutnant Ripley erhält in den folgenden Filmen einen Vornamen: Ellen.
Onomatopoetische Anklänge an Alien o d e r die Bedeutung von eile = sie
sind offensichtlich.
100
Dieses Ambiente sowie die Ausstattung der Models ähnelt jener
Sequenz im Film (die ersten Einstellungen nach dem Erwachen aus
den Hyperschlafkammern) mit der die A s t r o n a u t i n n e n als
Protagonistinnen eingeführt werden.
Nach Sobchacks Argumenten (s.o.), die in der fehlenden Liebesgeschichte sowie der Inszenierung von Ähnlichkeit die "Jungfräulichkeit" und Asexualität der Kameraderie der Astronautinnen sieht (und
damit Ripley als "Mannequin" 48 interpretiert), gilt Calvin Kleins Werbung als "asexuelles" Ambiente. Bergstrom 4 9 setzt dem entgegen,
daß der modische Aspekt des Androgynen vielmehr multiple sexuelle Phantasien evoziert. Oder, die Fragen eines Newsweek-Reporters zitierend, werden folgende Provokationen herausgefordert: Sind
das unschuldige Windeln, oder hatten sie gerade Sex? Wenn ja, dann
wer? Alle drei? Wie?
Die Interpretation des Szenarios in seiner vorgeblichen, nichtexpliziten Konnotation des Sexuellen, verlagert sich somit auf die
Ebene der Betrachterin.
"This is an example of the use of androgynous images to connote
more sexuality. The ad is clearly designed to be sexually suggestive.
It can be imagined in many ways, but one of this image's most
potent aspects is its soft ambience of indefinite sexuality. As for
gender, it is clearly marked. But practically nothing else about sexual
identity is indicated - not object choice, not preference for any
variety of sexuality. ... The powerful thing about this ad is that the
consumer is under no obligation to choose. Ambient sexuality is
completely non-restrictive." 50
48
49
50
dazu noch ein Querverweis auf die Funktionsweise der Actionheldin: "In
order to function effectively within the threatening, macho world of the
action picture, the action heroine must be masculinised. The
masculinisation of the female body, which is effected most visibly
through her muscles, can be understood in terms of a notion of
"musculinity". That is, some of the qualities associated with masculinity
are written over the muscular female body. 'Musculinity' indicates the
way in which the signifiers of strength are not limited to male
characters. These action heroines though, are still marked as women,
despite their arguments advanced by some critics that figures like Ripley
are merely men in drag." TASKER, Yvonne: Spectacular Bodies. Gender,
Genre and the Action Cinema. London/New York 1993. S. 149
BERGSTROM, Janet: Androids and Androgyny. In: PENLEY et.al. (1991)
BERGSTROM (1991), S. 38
101
Die Subtilität dieser Inszenierung von Differenz findet ihre Fortsetzung im Verhältnis zum Bordcomputer „Mother", der einerseits
lebensversorgende Funktionen für alle Astronautinnen garantiert,
andererseits Sonderbefehle durch selektiven Zugang zum System
bereithält. Insofern der handlungstreibende Konflikt verborgen bzw.
verbunden ist mit dem Zugriff auf den Bordcomputer, läßt sich umgekehrt auch behaupten, daß das Dilemma der zunächst erfolglosen
Abwehr des fremden Eindringlings auf der Ununterscheidbarkeit der
Crewmitglieder basiert. Die vorgebliche Ähnlichkeit und Gleichberechtigung der Astronautinnen als "Kinder" von „Mother" zeigt sich
in ihrer symbiotischen Abhängigkeit, die durch die Betonung oraler
Codes im ersten Drittel des Spielfilms (vor der Erscheinung des
chestburster auf dem Schiff) veranschaulicht wird: die Crewmitglieder kommunizieren nicht, stattdessen werden sie permanent
rauchend, trinkend, essend, kaugummikauend vorgestellt. Erst im
Lauf der Narration, auch als Geschichte ihrer Individuation, wird ihre
Unterschiedlichkeit sichtbar, die Gleichsetzung unter das orale Gesetz der Mutter verflüchtigt sich.
"Mother is the filmic presence that gives both life and death freezing and resurrecting the crew in one womblike chamber,
dispensing futile advice to the good boy and girl leaders in another until Ripley confounds that oracle with a question that elicits its
priorities." 51
Mother knows best!
Die Szene, in der Ripley den Computercode des verschlüsselten Geheimbefehls für Ash knackt, bezeichnet mehr als diesen "Schlüssel":
Ripley symbolisiert damit eine Position, die Grenzen der Balance des
Status Quo anrührt. Rückblickend wurden diese Grenzgänge bereits
im Vorfeld auf unterschiedlichen Ebenen inszeniert:
Erinnert sei daran, daß Ripley angesichts der von der Expedition
zurückkehrenden und teilweise verletzten Astronautinnen ihre Be-
51
KAVANAGH, James H.: Feminism, Humanism and Science in Alien. In:
KUHN (1990), S.76
102
fehlsgewalt im Einhalten der vom Konzern verordneten Quarantänevorschriften verteidigt; die Grenzziehung ihrer Macht wird dabei von
Ash gebrochen, indem er die Luftschleuse öffnet und der potentiellen Infektionsgefahr Vorschub leistet. Als weitere Indizien können
Ripleys renitente Interessensäußerungen gelten, die ein surplus jenseits der Funktionalisierung auf hierarchisch festumrissene Positionen (Rang, Kompetenz, Verantwortung) im Rahmen der Crew signalisieren: Obwohl als Notssignal eingestuft, gibt Ripley sich mit dieser
Analyse nicht zufrieden, bringt vielmehr ihre auf weiteren Untersuchungen beruhende Vermutung, daß das "Rätsel" ein Warnsignal
bezeichnet, zum Ausdruck. Ebenso Kompetenz und Funktionalisierung überschreitend (und von Ash ebenso kommentiert) wirkt ihr Interesse an Ashs mikroskopischen Analysen, wiederum verweigert
Ash diese Einmischung. Diese wiederholten Auseinandersetzungen
zwischen Ash und Ripley führen auch dazu, daß Ripley ihr Mißtrauen
gegenüber Captain Dallas äußert. Seine Antwort "Ich vertraue niemandem" entspricht der verordneten Verantwortung slosigkeit.
Wenn Ripley auch in all diesen vorgelagerten Konflikten und
Machtkämpfen unterliegt, bezeichnet die Ermächtigung des Zugangs
zu "Mother" eine Umkehrung, die nach ihrer listigen Dekodierung des
geheimen Befehls für Ash eine Erweiterung ihrer Rollenkonzeption
bewirkt. In den folgenden Sequenzen wird Ripley abwechselnd
sexualisiert in der weiblichen Opferposition (in den Kämpfen mit
Ash und dem Alien) sowie in der starken Position des "female
warrior" gezeigt werden.
Posing ...
Zusammenfassend läßt sich sagen, daß bis zur Schlüsselszene zuungunsten der Differenzen die Ähnlichkeit und Gleichstellung der
103
Astronautinnen betont wird. Nach der Szene im Computerraum - der
magischen Kammer - von "Mother" erfolgt das Aufbrechen von Unterschieden, ermöglicht Ripleys Verwandlung bzw. Changieren eine
Lektüre a posteriori, die auch vormals angedeutete Unterschiedlichkeiten betont.
Verwandtschaftsvephältiiisse
Unter der Voraussetzung, daß die Konflikte zwischen den
Astronautinnen als Konflikte der Abgrenzung gegenüber dem
symbolischen, abwesenden Vater (Konzern) oder der phallischen
Mutter ("Mother") auf die Ebene der Auseinandersetzung mit dem
Monster verschoben werden, lassen sich in diesen Verhältnissen
folgende Positionen ausmachen:
• Passive, angepaßte Positionen werden eingenommen von der
hysterisch gezeichneten Navigatorin Lambert, von Brett als nichtsprechwilligem, rezeptivem Befehlsempfänger sowie vom apathischen, mozarthörenden Captain Dallas, der wie ein semiotisch nicht
abgegrenzter Sohn wirkt.
Lambert als hysterische Negativfolie der Acttonheldin
• Als systemkonforme, überangepaßte Ideal-Söhne können Kane,
der (über)eifrige Wissenschaftler (der damit seinen Tod verschuldet,
vgl. in diesem Zusammenhang die Analogie seines Namens mit dem
biblischen, ersten Mörder und Gesetzesübertreter "Kain") und der
wissenschaftliche Offizier Ash gelten.
• Die beiden signifikanten Außenseiter (die Frau Ripley und der
schwarze Arbeiter Parker) grenzen sich auf narrativer Ebene deutlich ab und thematisieren ihre Differenz zu den anderen: Ripley ar-
104
gumentiert wiederholt ihr Mißtrauen gegenüber Ash (Dekodierung
des Signals, Bedienung der Luftschleuse, Zugang zum Mikroskop,
spätes Einchecken zur Besatzung), Parker fordert wiederholt höhere
Prämien für seine Arbeit - beide initiieren alternative Vorschläge zur
Rettung der Mannschaft.
Eingedämmt werden diese Differenzen durch die entfremdete
Kollektivität einer systematischen Unterordnung unter "Mother", die
auch durch den selektiven Zugang zum Computer angezeigt wird.
Die Szene der Dekodierung läßt sich demnach auch als mimetische
Inszenierung eines psychoanalytischen Szenarios interpretieren.
"Knowledge in psychoanalysis, on the other hand, is linked to the
mother's body (knowledge of castration and hence of sexual
difference, knowledge of where the babies come from) - so many
tantalizing secrets revolving around the idea of an origin and the
figure of the mother." 52
Der Bordcomputer "Mother" besetzt so sprichwörtlich die Position
einer (phantasmatischen) Mutter: in ihr verschmelzen die lebensspendenden (lebensorganisierenden) Funktionen mit der damit verbundenen Todesangst, die psychoanalytisch als Angst vor Rückkehr
in den dunklen Schoß gedeutet werden und auf filmischer Ebene als
verschlüsseltes Todesurteil, das der geheime Befehl für die Crew
letztlich bedeutet, inszeniert werden.
4 . 5 . Über D i f f e r e n z e n
"Man kann die Frau oder die Weiblichkeit der Frau
oder die weibliche Sexualität nicht mehr suchen.
Zumindest kann man sie in den bekannten Formen
des Begriffs und des Wissens nicht mehr finden,
selbst wenn man nicht umhin kann, sie zu suchen."
(Jacques Derrida)
Die Aufdeckung der trügerischen Mutter erschüttert auch technologiefixierten Fortschrittsglauben, d.h. die Intelligibilität und Kontrollierbarkeit der Rationahtät symbohsierenden Maschinen und Screens
52
DOANE (1990), S. 170
105
scheint fragwürdig. Oder umgekehrt, läßt sich menschliches
Begehren, vor der Folie einer sexuellen Chiffre nicht auch als
"irrational" begreifen?
"Da die Anderen als sexueller und sozialer Horizont praktisch verschwunden sind, beschränkt sich der geistige Horizont des Subjekts
auf den Umgang mit seinen Bildern und Bildschirmen. Was sollte da
noch Sex und Begehren für es bedeuten?" 53
The (WoMilan and the Machine
Die Videomechanismen und Computercodes geben den Bildschirmempfängerinnen die Illusion geglückter Investigation, Gefahr lauert
aber immer dann, wenn eine Transmission von Daten mißlingt oder
ein Bild verlorengeht. Auf der Ebene des Films wird die Aufdeckung
von Differenzen zwischen Ripley und Ash auch auf der Achse des
Zugangs, der Eingriffsmöglichkeit in das Programm des Bordcomputers Mother inszeniert.
Ripleys erste Interaktion mit Mother (nachdem sie dazu befugt
ist...) initiiert die Aufdeckung Ashs als Androiden.
Da ich mich auf den nächsten Seiten genauer auf diese Szene
konzentrieren möchte, sei hier ihr Inhalt kurz beschrieben:
Mit der Zugangsberechtigung zum Bordcomputer "Mother" knackt
Ripley den verschlüsselten Geheimbefehl für den wissenschaftlichen
Offiziers Ash. Dieser verordnet die Sicherung des Fremdorganismus
zu waffentechnischen Zwecken, auch auf Kosten des Überlebens
der Astronautinnen. Ash unterbricht Ripleys Dekodierung, darauf
folgt ein Wortgefecht, in dem Ripley Ash als Verräter anklagt. In einer Schuß-Gegenschuß-Aufnahme werden Ripley nasenblutend, Ash
eine weiße Körperflüssigkeit transpirierende einander gegenüber gestellt. Nach dieser bildlichen Konfrontation kommt es zu einem
Kampf, in dem Ash gewaltsam gegen Ripley vorgeht. Angesichts seiner außerordentlichen körperlichen Kräfte ist Ripley ihrem Angreifer
53
BAUDRILLARD, Jean: Videowelt und fraktales Subjekt. In: Aisthesis.
Wahrnehmung heute oder Perspektiven einer anderen Ästhetik. Leipzig
1991. S. 252
106
chancenlos ausgeliefert. Ripleys Überleben scheint gefährdet, als
Ash letztlich einen Stapel zusammengerollter (Porno)Magazine in
ihren Mund stopft, sie damit zu ersticken droht. (Im folgenden
werde ich die Einstellung als "Penetration" bezeichnen; sowohl der
ausgewählte Kamerawinkel - von oben - als auch die inszenierten
Bewegungen verweisen auf diese sexuelle Assoziation eines OpferTäter-Verhältnisses). Ripley wird gerettet durch den herannahenden
Parker, der Ash mit dem Viehtreiber angreift; im weiteren Kampf
wird anhand Ashs Verletzungen klar, daß die außerordentliche
Kampfstärke sich seiner androidischen Identität verdankt.
Ash penetriert Ripley mit einem Pornomagazin
In dieser Szene manifestiert sich also ein Konflikt und eine
Differenz, die sich bereits vorher im familialen Ensemble andeutete
und v.a. (narrativ/sprachlich) auf der Handlungsebene abspielte.
In Folge kulminieren diese Differenzen in der Übertreibung ihres
wesenhaften Unterschieds: In ihrer dialogisch-agonalen Auseinandersetzung um Kompetenz wird Ripley in Großaufnahme, nasenblutend
ausgestellt. Die Porosität ihres Körpers wird konterkariert durch
Ashs milch-/spermaartiges Transpirieren (auf der Stirn).
Körperflüssigkeiten: Ripley - Ash
107
Die Differenz zwischen Blut u n d Müch/Sperma läßt sich auf unterschiedliche Weise interpretieren: zum einen deutet der Unterschied
zwischen Blut u n d Sperma auf eine anatomisch-biologische
Differenz, die sich auf anthropologische Zuschreibungen von Männlichkeit und Weibhchkeit bezieht, hin. 54
Oder, wie Francoise Heritier-Auge beschreibt:
"Because, it seems to me, the raw material of the symbolic is the
body - the prime place for the observation of sensory data - and
because for any complex problem there can only be solutions that
refer to explanations based on simpler and simpler data until they
run up against elementary facts, I would propose that the reason for
this is possibly a feature anchored in the female body (and not an
incapacity for the concoction of sperm). What man values in man,
then, is no doubt his ability to bleed, to risk his life, to take that of
others, by his own free will; the woman "sees" her blood flowing
from her body (Do we not, in French, usually say "voir" to see, for
"avoir ses regies", to have one's period?) and she produces life
without necessarily wanting to do so or being able to prevent ist. In
her body she periodically experiences, for a time that has a
beginning and and end, changes of which she is not the mistress,
and which she cannot prevent. It is in this relation to blood that we
may perhaps find the fundamental impetus for all symbolic
elaboration, at the outset, on the relations between the sexes." 55
Als Milch interpretiert kann diese Körperäußerung jedoch auch als
Verweis auf Ashs Gebundenheit (bzw. psychoanalytisch gelesen auf
eine nicht gelöste Bindung mit der Mutter) an "Mother" gesehen wer-
54
55
"Hence, the main point of reflection concerning the genesis of blood
and semen... d e e p - r o o t e d as it is in the anatomy and the physiology of
b o t h the human and the animal body, comes up against an initial
constraint of a purely physical order. I believe that this constraint
explains why people living in very different epochs and in very different
parts of the world have arrived at remarkably similar theories, as well as
why those theories, in their explanatory acuteness and sophistication,
sometimes tally with the most modern knowledge on the subject."
HERITIER-AUGE, Francoise: Semen and Blood. Some Ancient Theories
Concerning Their Genesis and Relationship. In: FEHER, Michel; NADAFF,
Ramona; TAZI, Nadia: Fragments for a History of the Human Body. Part
Three. New York 1989. S. 160/161
HERITIER-AUGE, Francoise: Older Women, Stout-Hearted Women, Women
of Substance. In: FEHER et.al.(1989), S. 298
108
den. s6 Damit situiert sich der Angriff von Ash im familialen Ensemble mit seinen sexuellen Repressionen. An Sobchack Thesen
zur "Krise der Familie", sowie Woods Analyse des Horrorgenres im
Rahmen der Repressionshypothese erinnernd, nimmt Ash damit die
Position des Kind-Monsters ein, das als Produkt der kontaminierten
Familie agiert - unabhängig davon, ob die Familie als schuldig oder
unschuldig angesehen wird.
Das Aufscheinen dieser körperlichen Differenz situiert sich bereits vor dem Kampf zwischen Ash und Ripley, der so als Zuspitzung des Austragens der wesenhaften Unterschiede angesehen
werden kann. Jenseits dieser Unterscheidungskriterien von Mensch
versus Android bzw. Frau versus Mann thematisiert dieses "Bluten"
/"Schwitzen" Körperlichkeit auch hinsichtlich der Hautgrenze. Die
Durchlässigkeit der Körperoberfläche antizipiert damit die Verletzungsoffenheit. Diese Ähnlichkeit der Körper - begriffen als Kapazität, Inneres nach Außen treten zu lassen - stellt neben der Differenzbetonung dennoch eine Verminderung von Ash* s männlicher
Sexualisierung her. Seine "hysterische" Inszenierung des Taumeins,
Schreiens bzw. die Mimesis des "Großen hysterischen Bogens"
wecken Assoziationen zur Weiblichkeit; das Groteske dieses nur
vorgeblich "männlichen", in jedem Fall aber "anderen" Körpers, ergibt
sich aus der Fähigkeit, penetriert zu werden.
Genau diese Motiv wird jedoch aufgenommen, verschoben und
pervertiert: Als weitere exaltierte Verschärfung des Konflikts und
der Differenz erweist sich Ashs Penetration von Ripley mit pornographischen Magazinen. Konterkariert wird dieser sexuelle Übergriff
von Ash dann jedoch wieder durch die von Parker durchgeführte
Enthauptung Ashs, die als Kulmination einer weiteren Entstellung
dieses Spiels um wesenhafte Unterschiede fungiert.
Festzuhalten bleibt, daß die wesenhafte Differenzierung zusätzlich sexualisiert wird, bzw. durch Parkers Eingriff, den Angriff
5"
Die unterschiedlichen Konnotationen dieser Körperflüssigkeiten erinnern
an das biblische Tabu der Mischung von Blut und Milch, bzw. verweisen in
diesem Kontext auf die strenge Trennung der Geschlechter.
109
auf das Haupt, erst gelöst wird: Die Penetration von Ripleys Rachen
findet vor und mit ausgestellten Pornoheften statt und weckt
Assoziationen zum Opferbegriff.
Da die Aufdeckung von Mothers Sonderbefehl den narrativen
Konflikt zwischen Crew und Monster verschiebt auf die Ebene zwischen Ripley und Ash, soll im nachfolgenden Exkurs der Bedeutungsvielfalt dieser Auseinandersetzung nachgegangen werden.
Eine "Rhethorik der Gewalt**: Zur Aktualität eines gynäkologisches Modells
Historisch und kulturell gilt bei Frauen der Hals bzw. Nacken sowohl
als erotische Körperzone, die Schönheit konnotiert, ebenso bezeichnet sie eine Körperregion goßer Verletzlichkeit. So gilt, was
Nicole Loraux bereits im Rahmen einer Analyse antiker Tragödien für
Opferhandlung und weiblichen Selbstmord konstatiert:
"There is no point in multiplying examples of dere (dere = "the front
of the neck, the throat", Anm. M.S.) in a sacrificial context. All that
one need say is that, where there is dere, there is still breath and life.
At this word, more than once, the description of an immolation
pauses as the menace is for a moment held back, and the virgin,
with the knife at her throat, still breathes. But where a throat has
already been cut or is being penetrated by the sword, dere gives way
to laimos, the word for the throat considered as the gullet; for once
the fair surface of the neck has been pierced, death starts to slip
into the interior of the body." 57
Der weibliche Tod sitzt also im Hals:
"The conclusion of this analysis that we cannot avoid: death lurks in
the throats of women, hidden in their beauty, which the texts never
evoke more freely that at the precise moment when their lives are
threatened and in the balance. (...) The Euripidean fantasy of the
knife on the throat reveals tragedy's concept of feminine seduction,
which is especially dangerous for the women who is its too
vulnerable agent." 58
57
58
LORAUX, Nicole: Tragic Ways of Killing a Woman.
1987. S. 51
LORAUX (1987), S. 52f
Cambridge/London
110
Diese geschlechtsspezifische Verortung u n d Signifikation einer
Körperregion kann ebenso mit antiken Vorstellungen über weibliche
Andersartigkeit assozüert werden. Der weibliche Tod sitzt also im
Hals und wiederholt die Monotonie eines gynäkologischen Denkens,
das der Frau nur zwei Öffnungen zugesteht: Vagina u n d Mund. Diese
Vorstellungen weiblicher Differenz bilden darüber hinaus die Basis
ätiologischer Erklärungen der Hysterie, die, nach Christina von Braun,
verstanden werden kann als Folie zur Entzifferung historischer Modelle von Geschlechterdifferenz.
""Hystera" ist das griechische Wort für Gebärmutter, "hysteria" heißt
soviel wie die Wanderung der Gebärmutter. Über Jahrhunderte galt
die Wanderung der Gebärmutter als Erklärung für bestimmte
Symptombüdungen, die einzig bei Frauen auftraten - und für die sich
keine organischen Ursachen feststellen ließen. Man betrachtete die
Gebärmutter als eine Art von Tier, das im Leib der Frau wohnt und
dann, wenn es "unbefriedigt" ist, rastlos zu wandern beginnt. (...)
Erstickungsanfälle erklärte man damit, daß "das Tier" auf seiner
Wanderung am Engpaß zwischen Kopf und Körper angelangt sei und
nun dort Atembeschwerden verursache." 59
Historische Hysterietherapie bezog sich, nach von Braun, auf die Besänftigung d e s "Uterus-Tieres" d u r c h Mutterschaft oder Geschlechtsverkehr.
Anhand dieser beiden antiken Beispiele wird deutlich, welcher
ästhetischen u n d medizinischen Verfahren die Konstruktion von
Differenz (der Differenz von Weiblichkeit in ihrem Verhältnis zur
normativen heterosexuellen weißen Männlichkeit) sich verdankt bzw.
durch welche Körpervorstellungen u n d -Inszenierungen sexuelle
Differenz ihren Ausdruck findet. 6°
59
60
BRAUN, Christina von: Nicht Ich. Logik, Lüge, Libido. Frankfurt am Main
1988. S. 34
Auf die (historischen, philosophischen) Kontexte beispielsweise einer
aristotelischen Zeugungstheorie für die griechischen Tragödien bzw. sexualwissenschaftlichen Theorien von Frigidität o d e r der Erfindung des
Mannweibes als Hintergrund einer Entstehungsgeschichte der Hysterie
kann hier nur verwiesen werden.
Ill
Diese Therapien zur Normalisierung von Frauen ebenso wie die
Verfahren der Tragödie bilden analoge Beispiele zur narrativen Verschiebung des Plots in "Alien" - allesamt Verfahren, die Teresa de
Lauretis 61 als "rhethoric of violence" beschreibt. Unter Bezugnahme
auf Juri Lotman, so analysiert sie, ergibt sich die gewaltsame Reziprozität von engagiertem Subjekt und Objekt im Mythos durch das
Setting des Helden und der ihm entgegenstehenden Hindernisse. Die
Subjektivität des Helden resultiert aus der Bewegung entlang und
durch die Narration, Differenzen und Normen angesichts der Hindernisse zu etablieren. Diese Hindernisse dagegen lassen sich, nach
de Lauretis, als Funktion des Raumes beschreiben: als Grenzmarkierungen, die die Dichotomie von mobil versus immobil angeben und insofern auch das Verhältnis von Subjekt und Objekt strukturieren. Jenseit der matriziellen Funktion des Weiblichen/der Frau
als Garantie der Narration 62 soll an dieser Stelle die Gewaltsamkeit
dieses Verfahrens deutlich werden. Im Unterschied zur melodramatischen Paarbindung thematisiert diese Rhethorik in einigen Genres
oder Erzählungen die zur Ausbildung und Erlangung von Subjektivität notwendige Überschreitung und Bezwingung von Grenzen oder
Figuren. Ihr Grundmuster zeichnet sich dadurch aus, daß die Hindernisse stereotyp morphologisch weiblich charakterisiert sind: d.h.
durch sie werden meist geschlossene Räume (Käfig, Höhle, Haus,
Frau) markiert, deren Eintritt als Überschreitung geahndet wird. In
diesem Setting verkörpert der Held das aktive Prinzip, das Grenzen
und Differenz etabliert, die Frau bzw. die weiblich inszenierten
Räume und Objekte bieten Raum für seine Bewegung.
Übertragen auf "Alien" eröffnet dieses Modell weitere Argumente
zur Camouflage der höhlen- und schlauchartigen Architektur des
Raumschiffes Nostromo und des Ursprungsortes des Monsters, und
kann als weitere Analogie zwischen Ash und dem von ihm bewunderten Ungeheuer konstatiert werden.
"*
"2
DE LAURETIS, Teresa: Technologies of Gender. Essays on Theory, Film
and Fiction. Houndmills/London 1991.
DE LAURETIS, Teresa: Alice doesn't. Feminism Semiotics Cinema.
Houndmills/London 1984.
112
Vaginale Öffnungen führen ins fremde Raumschiff
Die Repräsentation des Hauses als Symbol von Weiblichkeit gut
als traditioneller Topos des Horrorgenres. Die Inszenierung kathartischer Grenzverletzungen im Haus bezieht ihre Ambiguität aus den
zuwiderlaufenden Charakterisierungen von Schutz- und Zufluchtsort
versus Schlachthaus u n d Todesfalle, die kein Entkommen zuläßt.
Aufgerufen werden damit Primärphantasien, die in der Analogie von
Haus u n d Uterus diese als Geburts- wie Todesort imaginieren.
"The symbolization of the womb as house/room/cellar or any other
enclosed space is central to the iconography of the horror film.
Representation of the womb as a place that is familiar and unfamiliar
is acted out in the horror film through the presentation of monstrous
acts which are only half glimpsed or initially hidden from sight until
revealed in their full horror."63
Das Haus als Ort des Unheimlichen wird so analog zu einem weibhchen Körper gesehen, seine (architektonischen) Teile werden fetischisiert. Damit erklären sich auch die sexuellen Anspielungen, die
sich in den Untergeschossen der Raffinerien ereignen sowie die Bedrohlichkeit der Architektur von Raumschiff und fremdem Planeten,
die körperinneren Strukturen gleichen bzw. als Mimesis weiblicher
Genitalien aufgefaßt werden.
"The haunted house is horrifying precisely because it contains cruel
secrets and has witnessed terrible deeds usually committed by
famüiy members against each other. Almost always the origin of
63
CREED, Barbara: The Monstrous-Feminine.
analysis. London/New York 1993. S. 55
Film,
Feminism,
Psycho-
113
these deeds takes us back to the individual's quest for her or his
own origins which are linked to three primal scenes - conception,
sexual difference, desire. The house becomes the symbolic space the place of beginnings, the womb - where these three dramas are
played out." ^
Die Furcht vor weiblicher Differenz findet also ihre Symbolisierungen
in ästhetischen wie medizinischen Verfahren. Die Symbolisierung von
Hindernissen, die durch geschlossene Räume repräsentiert werden,
korrespondiert hinsichtlich der Bedrohlichkeit des weiblich-mütterlichen Körpers mit der Sexualisierung, erotischen Besetzung oder tabuisierter Vermeidung weiblicher Körperöffnungen. Zurückgehend
zur Ebene des Filmes, sei erinnert an die Invasion des Alien, die
vermittels des face-huggers, der sich u m Hals und Mund von Kane
schlingt, die (aggressive) Symbiose von menschlichem und nichtmenschlichem Körper anzeigt. Ashs Penetration von Ripley als Kollision ebensolch differenter Körper, könnte auch als Wiederholung
dieses Motivs gelesen werden.
Die Sexualisierung der Zone von Hals und Mund soll auch im weiteren verfolgt werden:
"The ideal of impregnation by the "pneuma" is ancient and
widespread in both learned and popular beliefs, and it turns up
repeatedly in occult films in connection with the
reproduction/possession complex of ideas. It plays on an equally
ancient and widespread association between the vagina and the
throat - an association reflected in the fantasy of the vagina dentata,
the German word for the neck of the uterus, Mutterhals ("mother
throat"), and in the folk belief that the body is open to the devü both
during sneezing and during orgasm." 65
64
65
CREED (1993), S. 55
CLOVER, Carol: Men, Women and Chainsaws. Gender in the Modern Horror Film. Princeton 1992. S. 79
Zur Vagina Dentata: "The t o o t h has always been accorded to a special,
magical role among all peoples and at all times, and has stood for
power, and its loss for loss of power. In ancient folk belief, and in our
nightmares today, every t o o t h that falls, naturally or forcibly extracted,
is a more or less symbolic little death. Even - especially - the mutilation
of t e e t h for aesthetic, totemistic, apotropaic and sacrificial purposes,
which is so foreign to the Western tradition, has its roots in their power
114
Damit angesprochen wird der Topos der Besessenheit, ein Klischee
des Horrorfilms, das seine sexuelle Konnotation aus der oralen
Penetration des Opfers bezieht.
Eine weitere Assoziation, die sich auf die sexuelle Markierung des
Halses beruft (und in Zusammenhang mit der Ausübung von Gewalt
bzw. Unterwerfung steht) bietet das Motiv des Vampirs. Der Vampir
als wiederkehrender Toter bezeichnet, ähnlich wie der Android Ash,
ein Grenzwesen. Diese Interpretation Ashs als Vampirs eröffnet
nochmals einen Blick auf die verschlingend-zerstörerische Gewinnsucht des Konzerns, die vermittelt wird durch die Passivität des Befehlsempfängers Ash. Weitergehend verweist die Penetration von
Ripleys Hals vor diesem Hintergrund auf die Bisse des Vampirs, deren sexuelle Konnotation die Mutterbindung ins Spiel bringt und Ash
damit erneut in ein (symbiotisches) Verhältnis zu Mother setzt.
Da es den Rahmen dieser Arbeit überschreiten würde, die Genealogien dieser Motivgeschichte sowie ihrer unterschiedlichen
Interpretationen zu beschreiben, möchte ich mich auf die Auswahl
eines Argumentes beschränken. Barbara Creeds Untersuchung der
unterschiedlichen Repräsentationen weibhcher Monstrosität begreift
die Mythen des Vampirs als Thematisierung weiblicher Differenz 66.
Shuttle und Redgroves Untersuchung einer Geschichte der weibhchen Menstruation folgend, verweist der Konnex von Vampir und
Blut auf die mythische Gestaltung eines Übergangsritus, der das
Frau-Werden junger Mädchen symbolisiert. Beim vampiristischen Biß
in den Hals repräsentiert dieser demnach den Gebärmutterhals, aus
dem das Blut in die Vagina gesaugt wird, damit auf diese Weise der
Übergang, die Verwandlung stattfinden kann. Auffallend ist die bereits oben angeführte Analogie, die zwischen Hals und Gebär-
"6
symbolism. " KUNZLE, David: The Art of Pulling Teeth in the Seventeeth
and Nineteenth Centuries: From Public Martyrdom to Private Nightmare
and Political Struggle. In: FEHER et.al.(1989), S. 30
"Our age of psychoanalysis and dream interpretation has not difficulty
in seeing (fear of) loss of t e e t h as fear of d e a t h and castration, as well
als loss of power generally." KUNZLE (1989), S. 81
Insofern Blut als Metapher für Lebenssaft mystifiziert wurde, verweist
das Motiv des Vampirs auf Ursprungsmythen ebenso wie auf den Opferkult.
115
mutterhals hergestellt wird. Der durch die Initiation erfolgte Statuswechsel erlaubt auch eine Lesart des Vampirismus als Metapher der
Defloration.
"It is possible to interpret the vampire myth as a story about defloration. The vampire bites the woman, the teeth penetrate her neck,
blood flows. She is transformed from an innocent into a creature of
the night who, because she has been sexually awakened, is now a
threatening female figure." 67
Damit wird die Bedrohlichkeit einer Differenz, die eine weibliche
Anatomie kennzeichnet, verschoben auf ein Monster und in dieser
Verkörperung kontingent gemacht. Der Vampir repräsentiert den
sexuellen Initiator; das zumeist weibliche Opfer erfährt als "Medium"
dieser Metamorphose einerseits eine Entmächtigung, andererseits
verweist gerade diese Art der Vermittlung auf die Bedrohlichkeit der
körperlichen Differenz.
Eine weitere Lesart, die sich der sexuellen Gleichung von Vagina und
Mund bedient und die konstruierte Verkörperung weibhcher Andersartigkeit stützt, schließt an Linda Williams Genealogie der Veränderungen im pornographischen Genre an. Das im folgenden zitierte
Filmbeispiel nimmt die erotische Signifizierung weiblicher Körperöffnungen erneut auf, verschiebt das Motiv der sexuellen Viktimisierung jedoch auf die Ebene der durch Gewalt zu kompensierenden
Unsicherheit männlicher Potenz angesichts der Unsichtbarkeit weiblicher Lust (und damit "Sexualität"). Williams erinnert diesbezüglich
an den 1972 herausgekommenen Porno "Deep Throat", der einen
Paradigmenwechsel in diesem Genre einleitet: Ein dominantes Motiv
des Genres bildete bislang der "Money Shot" (männliches Ejakuheren
außerhalb des weiblichen Körpers), der als Zeichen und Indiz für
männliche Lust und Potenz fungierte. Die Lust der Frauen galt als
unwesentlich, sie blieb unsichtbar und unzeigbar; ihr Stöhnen, ihre
Sprache bestätigte "seine" Lust, "seine" Potenz - und konnte jenseits
der Rückschlußlosigkeit allenfalls als Simulation entziffert werden.
67
CREED (1993), S. 66
116
"Deep Throat" thematisiert erstmals die Unterschiedlichkeit
(individuellen wie) geschlechtspezifischen sexuellen Begehrens, indem die Protagonistin Befriedigung ihrer Lust erst dann einfordern
kann, als ein Sexualwissenschaftler den Sitz ihrer Klitoris im Hals
lokalisiert.
"... it (the fetish of the money shot, Anm. M.S.) is the obsessive
attempt of a phallic visual economy to represent and "fix" the exact
moment of the sexual act's involuntary convulsion of pleasure. The
money shot utterly fails to represent the satisfaction of desire as
involving a desire for, or of, the other; it can only figure satisfaction
as failing to do what masculine sexual ideology frequently claims
that the man does to the woman: to occupy, penetrate, possess her.
Thus the solipsistic withdrawal from the other to the self
paradoxically constructs another "memorial to lack" right where we
might most expect to see presence and fullness. It would be wrong,
however, to repeat Freud's misrecognition and to call this lack
"castration". We might more properly call it a lack of relation to the
other, a lack of ability to imagine a relation to the other in anything
but the phallic terms of self." 68
Krisenherde und Grenzverläufe
Ob die Penetration Ripleys nun als Zitat des richtungsweisenden
Pornos intendiert ist (oder nicht), bemerkenswert scheint mir die
Koinzidenz der Darstellung expliziter sexueller Aktivität mit Gewalt.
Die VisualisierungAJnterwerfung Ripleys kann in diesem Kontext weitergehend als pornographische Inszenierung eines erzwungenen
"Blow-Jobs" entziffert werden, - die angesichts des heterosexuellen
Rahmens, der symbolisch präsentiert wird, dennoch auf die sexuelle
Impotenz/Potenz von Ash verweist. Damit wird einmal mehr dessen
Mangel an Beziehung zu den Anderen betont, bzw. wird durch die
Intimität der dargestelltion Handlung die Differenz zwischen ihm als
Android zu den Menschen bzw. als "Mann" zur Frau überrepräsentiert.
68
WILLIAMS, Linda. Hard Core. Power, Pleasure and the "Frenzy of
Visible". Berkeley/Los Angeles 1989. S. 113f
the
117
Die angezeigten Argumente sollen zeigen, daß die situativen, auf
den Kontext bezogenen Sexualisierungen von Orten und Körpern
sowie die stattgefundenen Verschiebungen der evozierten Assoziationen und Konnotationen einer Zuspitzung und einem Aufschub der
Matrix des Konflikts dienten. Der auslösende, generative Konflikt situiert sich vor diesem Hintergrund nicht in der Differenz zwischen
Crew und Monster, sondern ist dem familialen Krisenherd als
Differenz zwischen Mensch und Android/Cyborg eingeschrieben.
Donna Haraway definiert einen Cyborg folgendermaßen:
"A cyborg is a cybernetic organism, a hybrid of machine and
organism, a creature of social reality as well as a creature of fiction.
... The cyborg is a matter of fiction and lived experience that
changes what counts as women's experience in the late twentieth
century. This is a struggle over life and death, but the boundary
between science fiction and social reality is an optical illusion. ...
Cyborg replication is uncoupled from organic reproduction. ... The
cyborg skips the step of original identification with nature in the
Western sense. ... The main trouble with cyborgs, of course, is that
they are illegitimate offspring of militarism and patriarchal
capitalism, not to mention state socialism. But illegitimate offspring
are often exceedingly unfaithful to their origins. Their fathers, after
all, are inessential." 69
Auch wenn die Cyborg-Mythe sich im Falle von "Alien" (vor allem
hinsichtlich der Vatergesetz-Subversion...) nicht bruchlos übernehmen läßt, bietet die Figur des Ash einen Drehpunkt, von dem aus
sich die triangulierten Bezüge verschieben und neu kombinieren.
Ebenso wie Ripley als Repräsentantin der Macht installiert wird,
wird auch Ash in seiner Unterschiedenheit von den übrigen Crewmitgliedern visuell und narrativ herausgehoben. Die agonale Struktur
von Monster versus Crew als dualer wird aufgehoben, der Android
als Bindeglied (derjenige, der Ähnlichkeiten mit dem Monster und mit
den Menschen verkörpert) tritt als Träger des Konfliktes in Erscheinung. Seiner chimärischen Stilisierung als monströser Android ent69
HARAWAY, Donna: Simians, Cyborgs and Women. The Reinvention of
Nature. London 1991. S.149-151
118
spricht auch seine Sexualisierung, da er hinsichtlich seiner Sterilität
vielleicht sogar als filmische Verkörperung einer Junggesellenmaschine gelesen werden könnte.
"Im Gegensatz zu wirklichen Maschinen und sogar im Gegensatz zu
imaginären aber rationellen und wirklichen Maschinen erscheint die
Junggesellenmaschine als unmöglich, unnütz, unverständlich,
wahnsinnig. ... Die Junggesellenmaschine ist ein Trugbild, dem man
im Traum begegnet, im Theater, im Kino oder auf dem Übungsgelände der Kosmonauten." 7°
Die (im Film bis dahin) augenscheinliche Gefahr für die Mannschaft,
das Auen, entkleidet sich in der Aufdeckung von Ashs Sonderbefehl
damit nur als sekundäre Monstrosität aus der Sicht der Opfer. Seine
"Natur" gehorcht lediglich seinem genetischen Code, der Anpassung
und Mimikry an/in fremde(n) Umgebungen. Als eigentliches Monster
etabliert sich Ash, als Betrüger innerhalb der Familie; als einer, der
Gruppenintegrität vorspiegelte, die Crew jedoch zugunsten der
waffentechnischen Sicherstellung des fremden Organismus opfern
würde.
Die Abwesenheit von generativer Potenz ist es vielleicht auch, die
jenseits des Konzernbefehls - filmisch inszeniert durch die "emotionale Überreaktion" des Androiden wie Transpiration, Penetration,
Zynismus - der Beziehung von Ash zu Alien Bedeutung verleihen.
Ash's Bewunderung des fremden Organismus ("Ich bewundere seine
konzeptionelle Reinheit") verweist etymologisch auf den Topos der
Empfängnis und kann als Herstellung eines Verwandtschaftsverhältnisses gesehen werden. Die phallische Penetration Ripleys
wiederholt die Penetration Kanes durch Alien, bzw. könnte sie als
mimetische Aneignung der (dem Androiden fehlenden) Generativität
oder Sexualität jenseits des Biomechanoiden gesehen werden.
Nicht das Alien demaskiert sich als Parasit, der die Rückkehr des
Verdrängten symbolisiert, sondern der Kannibalismus eines lebensverschlingenden, devianten (kapitalistischen) Systems, dessen Vor-
70
CARROUGES, Michel: Gebrauchsanweisung.
maschinen/Les Machines celibataires. S.21
In:
Katalog
Junggesellen-
119
Stellung ("..ultimate technological fantasy is creation without the
mother" 71) von künstlicher Mutterschaft diese mit einem anderen
männlichem Phantasma des Todes kurzschließt. Anders formuliert:
Die menschliche Gesellschaftsordnung dieses Science Fiction zeichnet sich durch die Verwischung von Unterschieden aus; d.h. ein
Android gilt als "menschengleich" (Inszenierung der Unterschiedslosigkeit) bzw. ist durch den Sonderbefehl als (seine Mitmenschen)
Überlebender und damit Überlegener positioniert. In diesem Zusammenhang erklärt sich auch die Verdrängung weiblicher Differenz
der Astronautinnen (als "den Männern gleich/gestellt/e").
Differenz und Tod
Diese Auslöschung von Differenz (seitens des Androiden, seitens
der ausgeblendeten Generativität der Frauenfiguren) impliziert die
Verdrängung von Natalität und damit auch des Bewußtseins von
Sterblichkeit. Der Logik dieser Ökonomie entspricht der kriegerische
Imperialismus der Sicherstellung des generativen Fremdorganismus
zu waffentechnischen Zwecken. Diese Neutralisation weiblicher
Differenz zugunsten einer Homologisierung, die Teilnahme an der
modernen kapitalistischen Gesellschaft gestattet, nimmt auch JeanFrancois Lyotard zum Ausgangspunkt seiner Analyse der Performativität von Sex n (in der Fiktion wie der Demokratie). Die List männlicher Vernunft, so schreibt er, bedient sich des Todes, um sich von
der Bedrohlichkeit weiblicher Differenz zu lösen.
"Wenn die Frauen zivilisiert und das heißt: vermännlicht werden sollen, dann müssen sie die Angst zu sterben erfahren und sie überwinden. Andernfalls geben sie entweder nach und werden unterworfen...; oder sie lassen sich nicht unterwerfen: dann tötet man sie
ein bißchen, und es gibt tote Soldaten, aus denen man Helden machen kann. Sklavinnen sind nie sicher; wirklich zivilisierte Frauen
sind Tote oder Männer." 73
71
72
73
DOANE (1990), S. 167
LYOTARD, Jean-Francois: Der Einsatz in den Kämpfen der Frauen. In:
ders.: Das Patchwork der Minderheiten. Berlin 1977.
LYOTARD (1977) S. 54/55
120
Ein Kriterium der Differenz innerhalb der Geschlechterverhältnisse
bildet für Lyotard das Verhältnis der Geschlechter z u m Tod; ich
würde ergänzen, zu Gebürtlichkeit u n d Sterblichkeit 74. Seine Beschreibung der symbolischen Funktion (die Liebe z u m anderen Geschlecht dient nicht der Anerkennung von Differenz, sondern der
Befriedigung von narzißtischen Bedürfnissen mittels Reproduktion)
läßt sich als Kritik a m Heterosexismus lesen.
"Die Männlichkeit konstituiert sich um einen Preis, den des Lebens;
nur wenn er sterben kann, kann der Körper sprechen, und jedesmal
wenn er genießt, riskiert er, wieder ein Körper ohne Gesetz, ohne
Sprache zu werden, der nur zu leben und zu lachen fähig ist. Die
Liebe ist für den Mann ein Kampf, in dem seine Männlichkeit, und
das heißt: die Kultur auf dem Spiel steht. Die Männer - zumindest im
Abendland - lieben nicht die Liebe, sondern den Sieg." 75
Die konstatierte Todesökonomie sei im folgenden auf der Ebene
des Filmes noch weiter verfolgt.
"Ströme von Blut, Flüsse von Körpersäften jeglicher Art ergießem
sich immer erst am Ende. Dann wenn es nicht mehr zurückgehalten
werden kann, wenn die Schließmuskeln versagen, und das Innere
unaufhaltsam nach außen dringt." 76
Während Brett, Dallas, Lambert und Parker zwar von einem gewaltsamen bzw. eruptiv zupackenden Monster getötet werden, läßt sich
keine eindeutige "Killermethode" des Monsters identifizieren 77.
74
75
76
77
Oder, wie Helene Cixous meint: "..der Ursprung ist ein männlicher
Mythos, das ist: ich will immer wissen, wo ich herkomme. Die Frage "Wo
kommen die Kinder her?", das ist im Grunde die männliche Frage. Der Bezug zum Ursprung, dargestellt durch ödipus, ist kein Bezug, der das
weibliche Unbewußte heimsucht."
CIXOUS, Helene: Geschlecht o d e r Kopf. In: dies.: Die unendliche Zirkulation des Begehrens. Berlin 1977. S. 41.
Ohne im weiteren Cixous'affirmativer Beschreibung einer bestimmten
(essentialistischen) weiblichen Ökonomie folgen zu wollen, die als relationale, auf die phallogozentrische Norm sich bezieht und deren Konstitutionsbedingungen nicht unterminiert, stimme ich deren Analyse der Geschlechterverhältnisse zu.
LYOTARD (1977), S. 57
REICHERT, Holger: Köstliche Schauer und der Geschmack am Anderen.
In: PALM/ROBNIK (1991), S.74
Auch vielfaches Zurückspielen des Filmes in Zeitlupe ließ keine eindeutige Identifizierung der Tötungsart zu, weder kannibalisches Verschlingen
noch ein Zerreißen der Körperoberflächen konnte ausgemacht werden.
121
Interessant scheint auch, daß Kanes zerschundener Leib rituell beigesetzt werden kann, während die Leiber der anderen gar nicht
mehr oder nur als zerstückelte Leichenteile aufgefunden werden
(Dallas Körper verschwand, Parker: "Nur die Waffe lag noch da";
Parkers Leiche ähnelt einem baumelnden, ausgeweideten, nicht mehr
vollständigen Körper). Unklar bleibt also eine Motivation des
Monsters, das tötet, um sich zu ernähren, weil es sich bedroht fühlt
oder ob seine "Eigenart" aus todbringender Aggressivität besteht.
Aufgebrochene Körperoberflächen und damit die Sichtbarmachung eines (im cleanen Ambiente tabuisierten) Körperinneren
werden filmisch explizit an den Körpern von Kane (die Geburt des
Alien) und Ash (seine Enthauptung deckt sein biomechanoides
Innenleben auf) gezeigt. Die Ähnlichkeit bzw. Verwandtschaft dieser,
von mir als "Ideal-Söhne" bezeichneten Männer mit dem Alien, läßt
sich auch anhand folgender Bezüge nachweisen. Auffällig in diesem
Zusammenhang ist die inszenierte Wiederholung einer körperlichmedizinischen Untersuchung: Im Zustand parasitärer Infektion wird
Kane von einem Lasermonitor abgetastet, seine Körperoberfläche
ist jedoch geschlossen. Die Untersuchung offener Körper (oder
besser: Organismen) betrifft vielmehr andere Körper und indiziert
ein neues Ähnlichkeitsverhältnis, das ebenso auf der Ebene der
Camouflage von Technologischem und Naturhaftem angesiedelt ist.
Die Krake auf dem Seziertisch
Zum einen hängt dies mit der nur wenige
(ca. 2-3) Bildkader umfassenden Inszenierung zusammen, andererseits blieben auch Kamerawinkel
und Perspektive für die Zuschauerinnen unklar, da lediglich diverse
Körperteile, wie etwa Parkers schmerzverzerrtes Gesicht versus tropfend e s Kiefer von Alien oder liegender Körper von Brett gegenüber der herabschnellenden Bewegung des Kopfes von Alien, auftauchen.
122
Die Rückseite der knochenartigen, skelettartigen Krake ("facehugger") gibt den Blick frei auf molluskenartige, fleischig-wabernde
Organe, die an Innereien erinnern. Ash ist derjenige, der diese
Organe mit einem elektronischen Skalpell untersucht. Wiederholt
und variiert wird dieses Motiv später, als Ripley den aufgerissenen
Rumpf von Ash einer analogen Untersuchung unterzieht und die abgerissenen Kontakte zu reparieren sucht. In beiden Einstellungen
focussiert die Kamera den Blick auf das Innere (die Organe, die
Synapsen), der/die Untersuchende ist im Profil (wenn überhaupt eingeblendet) positioniert, ausgestellt sind vielmehr deren/dessen
Hände, die im Inneren des jeweüigen Körpers stochern.
Die Eingeweide des Cyborg Ash
Mit dem Aufbrechen von Ashs Körperoberfläche, die sein biomechanoides Innenleben und seine Identität als Android preisgeben,
erhellen sich gleichzeitig vorher angedeutete semiotische Bezüge,
die das Verhältnis der Crewmitglieder zu Mother thematisieren. Bei
gemeinsamen Mahlzeiten war Ash wiederholt und als einziger
milchtrinkend gezeigt. Neben der differenzbetonenden Komponente,
die Ashs Transpirieren im Kampf mit Ripley aufwies, erhellt diese
Lektüre a posteriori die Konstruktion der Verwandtschafts Verhältnisse, also der Ähnlichkeiten u n d Unterschiede der
Astronautinnen, in Bezug auf Mother. Der Konnex von Nahrung und
Identität verweist, wie folgendes Zitat unterstreicht, auf die Obszönität der (subtilen) Verdrängung von Triebregungen und thematisiert
erneut die Grenzlinien, die zwischen Mensch und Maschine, Mann
und Frau gezogen werden.
123
"Wenn es ums Essen geht, stellt sich die Frage nach dem NichtIdentischen, dem Verinnerlichten, stellt sich die Frage nach dem
Rest, der nicht Ich ist. Die Exkremente zum Beispiel gehören ebenso
zum Verdrängten, zum Nicht-Ich wie die verdrängte Lust, verdrängte
Sexualität oder verdrängte Triebregungen jeglicher Art. Die Parasiten
verwischen die vorerst erkennbare Grenze zwischen Körperinnerem
und Körperäußerem, zwischen dem Reinen und dem Schmutzigen,
zwischen Über-Ich und Trieb, zwischen Eigenem und Fremdem. Wo
diese Grenzen verschwimmen, gibt es Probleme bei der IchFindung." 78
Vorgeführt werden soll also Ashs Verfaßtheit als Bindeglied
zwischen dem Monster und der Crew, deren genealogische Herkunft
hergestellt wird durch das Phantasma der Mutter. Repräsentiert
durch den Bordcomputer ist hier die Schnittstelle von materiellen
Körpern (die Lebensversorgung der Crew) und Technologie (Stimme
und Programm) auszumachen.
In der Auflistung der semiotischen Bezüge ergibt sich, neben der
Bereitschaft zur Unterordnung unter die Konzerninteressen eine
weitere Analogie ("Bruderschaft") zwischen Ash und Kane. Während
alle übrigen Getöteten fragmentarisch aufgenommen sind, bestechen diese beiden Toten durch ihre aufgebrochenen Körper.
a,V
Der „hysterische" Ideal-Sohn Kane
Beider Todesstellung wirkt wie eine Nachahmung des "Großen
hysterischen Bogens", aufgebäumte Oberkörper, aufgerissene Torsi
(Kane durch die Geburt des Alien; Ash durch taumelndes Stürzen
78
REICHERT (1991), S.77/78
124
nach der Enthauptung), aus denen sich Blut- bzw. Milchströme
ergießen, bis ebenso analoge Großaufnahmen ihrer zuckenden
Finger das Eintreten der Todes-/Funktionssteife ausstellt. Eine
weitere Verwandtschaft (mit dem Monster) a n h a n d des
Todesbeweises ergibt sich auch im Bild der Todesfeststellung beim
"face-hugger": Er wird mit einem elektronischen Skalpell
angestochen, dies erinnert an den Todesstoß, den Lambert dem
taumelnden Ash mit dem (für die Alienjagd präparierten)
Flammenwerfer versetzt.
Zusammenfassend lassen sich die Argumente, die die unterschiedlichen Stationen von Sexualisierung einnehmen, folgendermaßen sammeln: Auf der Basis von nicht-linearer, vielfältiger Reproduktion können die Mimesis des Mütterlichen seitens des Planeten und der Nostromo sowie die Verschmelzung weiblicher Organe mit Ornamenten biologischer und technologischer Texturen
gefaßt werden. Die Konfusion von Tropen unterschiedlicher Identitäten operieren weiters hinsichlich der "Sterilität" der weiblichen
Astronautinnen, bzw. betrifft dies auch Kane, als dem Subjekt und
Objekt einer Primärphantasie, die den tabuisierten Akt von Zeugung
und Geburt mit einem spektakulären Tod bestraft 79.
Zeugung - Geburt - Tod (Kane)
79
"Disembowelment abrogates this touchy sequestration irrevocably. The
self's fragile envelope is definitively breached; once the a b d o m e n is
ripped open, how can Humpty Dumpty ever be put right again? After his
tiny invader leaves him a gutted husk on the mess table, Kane's
deadness is absolutely unassailable, a crushing narcisstic wound to
viewers who had imagined themselves omnipotent secure outside the
screen." GREENBERG (1991), S.96
125
Kanes Position innerhalb der Crew kann hinsichlich der Kollision
sexueller Zuschreibungen - der Zusammenfall von Zeugung und
Geburt bezeichnet an seinem Körper die Verwischung männlicher
und weiblicher Kapazitäten - auch als die eines Repräsentaten
innerhalb der Tradition dualer Persönlichkeitstypen verstanden
werden. Seine Besessenheit (die Invasion des Alien ereignet sich
medial durch seinen Körper) bezeichnet den Zusammenbruch
geschlechtlicher Grenzen bzw. ein irritiertes Verhältnis zwischen
Selbst und Anderem. Diese Körpermarkierung als Grenz situation
erinnert weiters an Kanes Ähnlichkeit mit dem zweiten "Ideal-Sohn",
Ash, dessen Verfaßtheit als Cyborg jedoch die Grenze zwischen
Mensch und Maschine berührt. Wie Creed ausführt, evoziert der
Topos von Empfängis, die ohne die Agentinnenschaft des anderen
Geschlechts stattfindet, Assoziationen des Kloning oder
Vampirismus 80.
Weitere Topoi, die auf das Thema der Geburt anspielen und die
Grenzziehungen von Identitäten und Körpern auflösen, finden sich in
der Konterkarierung von genußvollem Essen (bei unterdrücktem s exuellen Apettit) durch das Austreiben des Einverleibten (beispielhaft
hier: die Fleischzunge aus dem Ei, die Geburt des Alien aus Kane,
das Ausstoßen seiner Leiche aus dem Raumfrachter, die Fluten von
Milch und Blut). Die subtilsten Inszenierungen der Grenzverwischungen und -Verletzungen bewegen sich auf der Ebene der Gleichschaltung unterschiedlicher Geräusche bzw. Geräuschproduzenten: Damit gemeint sind die Laute, die sich nach der Explosion des Frachters bei der Landung auf dem fremden Planeten ereignen. Dieses
fremde, synthetisch produzierte Geräusch ist dasselbe, mit dem die
Schreie des neugeborenen Chestburster unterlegt sind bzw. diejenigen, die der verletzte Ash beim Taumeln ausstößt.
Argumentiert wird hier für die Vielfalt, mit der Einschreibungen die
diversen Körper markieren; sie alle entziehen sich eindeutigen Zu-
°0
"... the creature born is primitive rather than civilized suggesting that a
thin line separates the human animal from its ancestors." CREED (1993),
S. 17
126
Schreibungen und sperren sich gegen ebenso identitätslogische
Vorstellungen.
Diese neu aufgeführten Genealogien bewirken eine Verstörung der
"astronautischen Kameraderie", die sich bis dahin entlang des
narrativen Fadens im Kampf gegen das Alien organisiert hatte. Die
sich ablösenden Konfliktachsen (grob zusammengefaßt in Natur
/Planet / Alien versus Technologie / Nostromo / Crew;
Ambivalenzen von Alien und Konzern / Ash versus Crew...) verlagern sich vor dem Show-down auf die Ebene von Mother versus
Ripley.
Als der Weg zur Raumkapsel versperrt ist, mißlingt Ripley die DeAktivierung des Selbstzerstörungsprogrammes von Mother. Ripley
entlarvt damit die betrügerische Haltung Mothers gegenüber der
Crew (als ersetzbarer) und kommentiert dies : "Mutter, du Miststück!" ("Mother, you bitch!" - Man/frau erinnere sich: Ripley wird in
den untengelegenen Raffineriehallen von Brett und Parker als "Miststück" bezeichnet).
Wenige Einstellungen (ohne Dialoge) später, nach vermeintlich geglückter Rettung vor dem Alienmonster, heißt es: "Hab ich dich doch
gekriegt, du Miststück!" ("I got you, son of a bitch!").
Die famüiale Konstellation von Mutter und Alien bzw. Mutter versus Ripley ist komplettiert.
127
4.6. Kolonisierte Körper
Während ich mich bislang vorrangig auf die Inszenierung von Weiblichkeit (wie sie in Actionheldin und Monster verkörpert werden)
konzentiert habe, soll im folgenden das Verhältnis zwischen Männer- und Frauenfiguren ins Auge gefaßt werden.
Zuvor jedoch werde ich mich der Differenz zwischen weißen und
schwarzen Körpern widmen.
"To be a Heinz 57 81 American, a white, class-confused American,
land of the Kleenex type American, is so formless in and of itself. It
only takes shape in relation to other people." &
"However, whiteness does have content inasmuch as it generates
norms, ways of understanding history, ways of thinking about self
and other, and even ways about the notion of culture itself." 83
Die Filmlektüre a posteriori enthüllt ein "Ranking" der vom Alien getöteten Astronautinnen: seine ersten Opfer können als Verkörperungen weißer Männlichkeit gelten (der wissenschaftliche Offizier
Kane, der Ingenieur Brett, Captain Dallas). Nach diesem Ingangsetzen
des thrills, der auf der Frage "who's next?" beruht, verschiebt sich
jedoch der Konflikt zwischen Monster und Crew, insofern die Aufdeckung Ashs als einem Androiden diesen als Betrüger innerhalb
des familialen Ensembles enttarnt. Angesichts dieser Verschiebung
können die vermeintlich potentiell Überlebensfähigen auch gefaßt
werden unter der Kategorie der "Anderen" im Verhältnis zu weißer
Männlichkeit.
Die Frauen nehmen innerhalb der Narration verschiedene Positionen ein: Lambert fungiert als Dekor und garantiert als "Negativfolie"
die Männlichkeit der Astronauten, Ripley als "Final Girl" m besetzt
die ambivalente Position einer Actionheldin, deren "Heldenstatus"
trotz der "homologen Maskierung" subversives Potential besitzt.
81
82
83
84
Heinz ist der Markenname einer Mayonaise
Cathy Thomas, zitiert nach FRANKENBERG, Ruth: Questions of Culture
and Belonging. Minneapolis 1992. S. 192
FRANKENBERG (1992), S. 227
Ausdruck von Carol Clover: Her Body, Himself.
CLOVER, Carol: Her Body, Himself. In: CLOVER (1992).
128
Die Positionierung der Figur Parker führt eine weitere Differenz - neben derjenigen des Frau-Seins jene der Nicht-Weißheit - ein, die mittels analoger Operationen semantisch-narrativ konstruiert ist und
die Norm sowohl unterwandert wie auch affirmiert.
Eine genauere Betrachtung dieses Phänomens erfordert einen
knappen Exkurs.
Exotismus
Durch Kritiken der Cultural Studies, der Anthropologie, der Ethnologie, vor allem jedoch der Feminismen der "Women of Color" geriet
der Begriff von Rasse (respektive Ethnizität) als nicht nur additive
Markierung, ins Zentrum der Analyse bzw. wurde deren konstruktiver Charakter ideologisch befragt. Da eine theoretische
Diskursivierung des Begriffs von "Rasse" im Rahmen dieser Arbeit
nicht leistbar ist, mögen die ausgewählten Theorieansätze dazu
dienen, das Paradoxon der Definition von Rasse zu beschreiben.
Eine dominante Kultur verfährt mit ihren marginalisierten Rändern
zum einen via Inferiorisierung, zum anderen via projektiver Aufwertung, d.h. der Spagat zwischen Fremdenfeindlichkeit und Exotismus
besteht in einem dualistischen Agon zwischen Devianz, Pathologisierung und Abwertung einerseits, der Zuschreibung positiver Attribute (wie "angeborene" Güte, Zugang zur Spiritualität oder Naturverbundenheit) andererseits. Homi Bhaba konstatiert als Charakteristikum des kolonialen Diskurses die "Beständigkeit" (fixity) der
ideologischen Konstruktion von Andersheit 85, deren stereotype
Anwendung sich im Prozess der Ambivalenz erschöpft.
"For it is the force of ambivalence that gives the colonial stereotype
its currency: it ensures its repeatability in changing historical and
discursive conjunctures; informs its strategies of individuation and
marginalization; produces that effect of probabilistic truth and
predictability which, for the stereotype, must always be in excess of
what can be empirically proved." **>
85
86
BHABA, Homi K.: The Other Question: Stereotype and Colonial
Discourse. In: Screen (ed.): The Sexual Subject. London/New York 1992.
BHABA (1992), S. 312
129
Die angesprochenen stereotypen Umgangsweisen bezeichnen jedoch keine historisch spezifischen, topographisch lokalisierbaren
oder ökonomischen Prämissen, die die entsprechenden, auseinanderliegenden Pole von Begehren und Verachtung rechtfertigen könnten. Diese können vielmehr als diskursive Strategien zur Produktion
von Wissen begriffen werden. Analog zur Instrumentalisierung von
Weiblichkeit/der „FRAU" greifen diese Konstruktionen vielmehr ineinander, indem sie Limit und Exzess einer Selbstsetzung von Männlichkeit und Weißheit markieren. Zwar ist diese Dichotomie von Rand
und Zentrum spätestens seit Foucaults Machtanalyse obsolet ist,
dennoch werden vermittels eines latenten Rassismus, der über die
strukturelle und institutionelle Definition eines "anderen" Körpers
(als Matrix fungieren die "andere" Hautfarbe, das "andere" Blut) gewaltsame soziale Grenzziehungen vollzogen.
"In the context of contemporary feminist discourse, I would argue,
the category of postcolonialism must be read as a free-floating
metaphor for cultural embattlement and as an almost obsolete
signifier for the historicity of race." 87
Der Charakter der Metapher des Postkolonialismus verbirgt diese
Machtstrukturen; analog dazu fungiert Farideh Akashe-Böhmes &
Definition des Begriffes "Exotismus", der in deutschen Nachschlagewerken fehlt - damit weist sie auf den blinden Fleck deutscher Wissenschaft angesichts kolonialer Bestrebungen hin.
"Exotismus ist ein Terminus, der seinen Ursprung im Frankreich des
19. Jahrhunderts hat. Exotismus ist eine Geisteshaltung, die vom
Ende des 18. Jahrhunderts bis in das 20. Jahrhundert lebendig war
(...). Exotismus ist ein Phänomen, das sich in der Literatur und Kunst
seit der Aufklärung etabliert hat. Exotismus ist mit dem ihm innewohnenden Fluchttendenzen ein sozialpsychologisches Phänomen,
das mit Eskapismus als ein Begriffspaar zu sehen ist. Beide nämlich
°7
°°
SULERI, Sara: Women Skin Deep: Feminism and the Postcolonial
Condition. In: Critical Inquiry 18. Summer 1992
AKASHE-BÖHME, Farideh: Das Exotische und die männliche Phantasie.
Ausländerinnen zwischen Exotik und Diskriminierung. In: KONNERTZ,
Ursula (Hg.): Weibliche Ängste. Ansätze feministischer Vernunftkritik.
Tübingen 1989.
130
bezeichnen eine psychische Bereitschaft zu Fluchttendenzen, und
zwar bei Menschen, die sich den realen Anforderungen des Lebens
nicht mehr gewachsen sehen, sich in eine imaginäre Wirklichkeit
zurückziehen, um sich den Folgen der zivilisatorischen und technischen Entwicklung zu entziehen. Die Erfahrung der Selbstentfremdung und des Individualitätsverlusts im Fortschreiten des industriellen und zivüisatorischen Prozesses bringt den Verlust der Nähe mit
sich und veranlaßt den Menschen, die exotische Weite zu suchen; er
wünscht sich in das "goldene Zeitalter" zurück. Vom Psychodynamischen her gesehen, ist dies eine Regression in die infantile
Phase, die mit einer Entsublimierung der Triebe einhergeht, jenseits
von zivüisatorischen Zwängen und zurück zur symbiotischen Beziehung von Mutter und Kind." ^
"Die Neigung zur Realitäts- und Gegenwartsflucht, also die eskapistischen Sehnsüchte der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts, waren
Sehnsüchte nicht aller, sondern einer gehobenen europäischen Gesellschaftsschicht. Ein Produkt dieser war das Traumbüd vom "Edlen
Wüden", der zum Menschen im "Zustand der reinen Natur" stilisiert
wurde. Der "Edle Wilde" war die schwärmerische Stilisierung der
exotischen Lebensformen schlechthin, was letzten Endes seinen
Ursprung im subjektiven Unbehagen an der eigenen Kultur und Gesellschaft hatte." 9°
Der koloniale OisKurs
Der Prozess der Entstehung eines kolonialen Diskurses kann also
verstanden werden als eine Zivilisationslogik, die sich angesichts
der Erfordernisse aufklärerischer Selbstbewußtwerdung des
Europäers historisch als Metapher etabliert. Sie wird vermittelt aauf
unterschiedlichsten diskursiven Ebenen 91, die sich durch Naturbeherrschung, Verdrängung von Leiblichkeit und Kolonisierung auszeichnen. Der Machtapparat dieser Diskursivierung schafft ein
Objekt des Wissens und produziert damit eine soziale Realität 92
89
*
91
92
AKASHE-BÖHME (1989); S. 164/65
AKASHE-BÖHME (1989); S. 171
angesichts der Descartschen Trennung von Leib und Geist können hier
Phänomene wie das Theater als moralische Anstalt o d e r die Entwicklung
moderner Lebensformen (Norbert Elias) genannt werden.
"The objective of colonial discourse is to construe the colonized as a
131
(die nicht mit Realismus verwechselt werden darf). Diese beruht auf
der Konstruktion phantasmatischer Andersheit und bewirkt, daß die
derart "erfaßten" Subjekte" sich im Zirkelschluß dieser Totalität ihres
Subjektstatus und ihrer zugewiesenen Zeichen bewegen.93
Den Blick verkehrend und in Analogie zum Ein- und Ausschluß von
93
population of degenerate types on the basis of racial origin, in order to
justify conquest and to establish systems of administration and
instruction." BHABA (1992), S. 316
Vgl. dazu auch den von Christina von Braun beschriebenen Prozess der
Konstruktion des Fremden im 19. Jahrhundert, wie er in der Figur des
Juden verkörpert sein soll:
"Diese Fabrikation der Fremde bleibt keineswegs auf einen psychischen
Vorgang beschränkt - und hier wird allmählich deutlich, weshalb die
Wohnstube nicht nur nach außen, sondern auch nach innen eine solche
Gewalttätigkeit entwickelte. Die Fabrikation der Andersartigkeit, des
Fremden innen, ging einher mit der Fabrikation des Fremden außen und eng damit verbunden - mit der Fabrikation von tatsächlicher Vernichtung.
Als deutlichstes Beispiel dafür sei der Antisemitismus erwähnt, der im 19.
Jahrhundert neue, biologische - dem "Blut", der "Rasse" einverleibte Formen annimmt. Ausgerechnet dieses Jahrhundert (...) erfindet die
"jüdische Rasse", als angeblichen Beleg für eine k o n k r e t e , sichtbare,
sinnlich wahrnehmbare,
dem Körper
eingeschriebene
Form
von
Andersartigkeit. Das ist es, was ich mit der "Fabrikation der Fremde"
meine, eine Fabrikation, die mit einer "Reise nach innen" (gemeint ist die
zeitgleiche künstlerische Inanspruchnahme von Fremdheit, wie sie etwa
von Novalis, Baudelaire, Flaubert, Mallarme, Proust symptomatisch
angenommen wird, Anm.MS), der eigenen "Entfremdung" beginnt und mit
der Konstruktion der Fremdheit im eigenen Volk endet. Denn eben darum
geht es im Judenhaß, den Vernichtungslagern: einen Teil des Ichs
abzuspalten,
sichtbar abzuspalten - um auf diese Weise
der
grauenerregenden Vorstellung zu entgehen, daß es das Ausland, das
"Elend", den Tod - die doch zugleich auch Beweis von Lebendigkeit sind
- nicht mehr gibt."
BRAUN, Christina von: Die schamlose Schönheit des Vergangenen. Zum
Verhältnis von Geschlecht und Geschichte. Frankfurt am Main 1989. S.
32/33
und dazu Mary Ann Doane:
"Die Besonderheit der Situation des männlichen Schwarzen wird im
Vergleich mit der jüdischen Situation deutlich. Unter dem Einfluß von
Sartres Arbeit "Antisemit und Jude" vergleicht Fanon die gegen Juden
üblichen Gewalttätigkeiten (Mord oder Sterilisation) mit denen gegen die
Schwarzen (Kastration):
"Der Penis, das Symbol der Männlichkeit, wird vernichtet,
d.h.
Männlichkeit wird verweigert. Der Unterschied zwischen den beiden
Situationen ist eindeutig. Der Jude wird in seiner religiösen Identität
angegriffen, in seiner Geschichte, seiner Rasse, dem Verhältnis zu seinen
Vorfahren, in seiner Zeugungsfähigkeit; wird ein Jude sterilisiert, wird er
von seinen Ursrpüngen abgeschnitten; j e d e s Mal, wenn ein einzelner Jude
verfolgt wird, dann ist es sein ganzes Volk, das verfolgt wird. Den Neger
hingegen greift man in seiner Körperlichkeit an. Er wird als konkrete
Einzelperson gelyncht, die Bedrohung geht tatsächlich von ihm als Wesen
aus. Die allgemeine jüdische Bedrohung steht im Gegensatz zur Angst vor
der sexuellen Potenz des einzelnen Negers. (Fanon, S. 163-64)". DOANE
(1989), S. 25
132
Weiblichkeit/der „FRAU" kann dies als Prozess beschrieben werden,
in dem ein weißes, westliches Subjekt sein Selbst konstruiert durch
die Produktion, Benennung und Einbindung einer Riege von
"Anderen". Die Identifizierung und Marginalisierung dieser "Anderen"
affirmiert die normative Setzung eines Selbst, das seine
Kontamination mit obengenannten Attributen verleugnet.
"The self, where it is part of a dominant cultural group, does not have
to name itself." ^
und:
"...whiteness often stood as an unmarked marker of other's
differentness - whiteness not so much void or formlessness as
norm" 9^
Der westliche koloniale Diskurs schafft also ein weißes, männliches
Selbst, indem er seine nicht-weißen (und nicht-männlichen) Anderen
instrumentalisiert, sie als Matrix für seine Selbstsetzung dienen..
Diese Setzung beruht auf der dualistischen Konzeption eines
weißen, männlichen Subjektes demgegenüber diese "anderen" als
kulturelle Agenten fungieren. Durch diese Operation wird das (weiße,
männliche) "unmarkierte Markieren" (dessen produktiver Charakter
die eigene "Markiertheit" unsichtbar macht) als Ort von Identität und
Kultur durch ein diskursives Netz von Praktiken, Repräsentationen
und Sprache zur Norm gesetzt. Rasse und Geschlecht bezeichnen
also ein Deutungsmuster von Differenz, dessen spezifische Vergesellschaftungsform, wie im folgenden zu zeigen sein wird, an eine
leibliche Dimension (die Konstruktion des Körpers, seine Sichtbarkeit und Verletzbarkeit) gebunden wird. 96
94
95
96
FRANKENBERG (1992), S. 196
FRANKENBERG (1992), S. 198
"Die Codierung der Geschlechterdifferenz als Ordnung der Geschlechter
(Honegger) gibt einen Deutungshorizont an, in dem die Grenzen zwischen
dem Vertrauten und dem Fremden vermessen werden. Der Begriff Rasse
bezeichnet im Sinne "natürlicher" Einheiten, als erblich bestimmter
Gemeinschaft, ab 1775 bei Kant den Abstammungszusammenhang. Die
Zugehörigkeit zur "Erbgemeinschaft" bestimmt sich nach körperlichen
Zeichen und verändert sich als Deutungsmuster zu derselben Zeit im
anthropologischen Diskurs wie das des Geschlechts. Das "andere"
Geschlecht und die "anderen Rassen" sind Konstruktionen, die im Zuge
der epistemologischen Wende, die das "Ganze" des Menschen auf die
133
Die hier modellhaft skizzierte Analogie, die der Konstruktion von
Weiblichkeit und anderen Anderen zugrundeliegt, findet sich auch in
Freuds ahistorischer Bezeichnung weiblicher Sexualität als dem
"dark continent" 97:
"Ein weiterer Charakter der frühkindlichen Sexualität ist, daß das eigentlich weibüche Geschlechtsglied in ihr noch keine Rolle spielt es ist für das Kind noch nicht entdeckt. Aller Akzent fällt auf das
männliche GÜed, alles Interesse richtet sich darauf, ob dies vorhanden ist oder nicht. Vom Geschlechtsleben des kleinen Mädchen
wissen wir weniger als von dem des Knaben. Wir brauchen uns
dieser Differenz nicht zu schämen; ist doch auch das Geschlechtsleben des erwachsenen Weibes ein dark continent für die
Psychologie." 98
In diesem Zusammenhang möchte ich auf Mary Ann Doanes Bemerkung hinweisen, die Psychoanalyse als "hochentwickelte Form der
Ethnographie" " bezeichnet, als "normative Festschreibung der
Ethnizität der weissen, westlichen Psyche" 10°, die auf Unterdrückung
beruht.
Insofern Erkenntnis auf der Fähigkeit zur Unterscheidung beruht,
wird (ebenso im oben zitierten Kastrationskomplex) damit das Problem der Sichtbarkeit, respektive Repräsentation angesprochen.
Differenz, Identität, Fetisch
Psychoanalytisch inspirierte Analysen (wie von Franz Fanon oder
Homi Bhaba) beschreiben dieses Feld als eines der sexuellen und
Erde holt - durch die Anthropologie verwissenschaftlicht werden."
WOBBE, Theresa: Die Grenzen der Gemeinschaft und die Grenzen des
Geschlechts. In: WOBBE, Theresa; LINDEMANN, Gesa (Hg.): Denkachsen.
Zur theoretischen und institutionellen Rede vom Geschlecht. Frankfurt
am Main 1994. S. 180
97 FREUD, Sigmund: Die Frage der Laienanalyse. Unterredung mit einem
Unparteiischen. Studienausgabe (Schriften zur Behandlungstechnik)
Ergänzungsband. Frankfurt am Main 1982.
98
FREUD (1982), S. 303
99 DOANE.Mary Ann: Dunkle Kontinente. Epistemologie der rassischen und
sexuellen Differenz in der Psychoanalyse und im Kino. In: Frauen und
Medien. Frankfurt am Main 1989. S. 11/12
100 DOANE (1989), S. 11/12
134
rassischen Andersartigkeit, die, focussiert auf das Feld der Sexualität, auf Angst und Begehren verweist. Damit wird das Exotische und
Erotische konnotiert, die weitere Abgrenzungsmechanismen (auf der
Ebene konzeptioneller Polarisierung, die mit diskursiver Produktion
von Machtfeldern und Unterdrückung zusammenhängen) nach sich
ziehen. Fanon, der dieser psychosexuellen Konstitution in "Schwarze
Haut, weisse Masken" nachging, konkludiert denn auch:
"So schwer es mir selbst auch fällt, dieses Ergebnis hinzunehmen,
so bin ich doch gezwungen zu sagen: Es gibt nur eine Bestimmung
für den schwarzen Menschen. Und die ist Weiss." 101
Die "Negrophobie" weißer Menschen liegt nach Fanon in einer Art sexueller Logik, die aus dem Konkurrenzverhältnis weisser und
schwarzer Männer um die weiße Frau resultiert. Mit sexueller Potenz
ausgestattet, markiert die Phobie das Bild des übergenitalen, superpotenten Negers und imaginiert ihn als sexuelle Bedrohung 102.
In diesem Zusammenhang soll Theresa Wobbe 103 zur Sprache
kommen, die das Verhältnis zwischen der Konstruktion des Geschlechterunterschiedes und des Fremden als Deutungsmuster von
Differenz, in der die soziale Konstruktion des Körpers focussiert
wird, untersucht. Zurückgreifend auf Heinrich Popitz' Versuch, die
Machtbetroffenheit des Menschen unter dem Aspekt von
Verletzungsoffenheit und -mächtigkeit zu beschreiben, eröffnet sich
so für sie die Möglichkeit, die über Körper vermittelten Macht- und
Gewaltverhältnisse zu thematisieren. Ein ausgewähltes Beispiel der
Interaktion (die Rede deutscher Mädchen über türkische männliche
Jugendliche) zeigt, daß die Zuschreibung potentieller weibhcher Verletzungsoffenheit (als spezifisch soziale Position, die die Raumwahrnehmung von Frauen betrifft) und die projizierte Verletzungs-
101
DOANE (1989), S. 10
102 Abgesehen vom heterosexuellen Raster und dem O b j e k t s t a t u s der
(weißen) Frau möchte ich einem Hinweis Johanna Schaffers nachgehen.
Die schwarze Feministin Bell Hooks kritisiert die Übernahme dieses
Modells v.a. hinsichtlich d e r Tatsache, daß dieses dominante Verhältnis
den Ausschluß/die Unsichtbarmac hung schwarzer Frauen
doppelt
zementiert.
103
WOBBE (1994)
135
mächtigkeit des Femden nach folgendem Muster funktionieren:
"Denn die Erfahrung potentieller männlicher Verletzungsmacht ist in
die leiblich-äffektive Konstruktion der Geschlechterdifferenz eingebaut, und läßt sich, wird sie auf "fremde" Männer bezogen, nicht
einfach als Stereotyp bezeichnen. Vielmehr artikuliert sich in der
Rede über den Fremden als fremden Mann die Erfahrung einer gewalttätigen Dimension der Geschlechterdifferenz, die vom Vertrauten, nämlich dem vertrauten Mann, bekannt ist. Es ergibt sich also
eine paradoxe Koinzidenz von Anonymität und Vertrautheit, denn
das männliche Gegenüber wird leiblich als fremd und bedrohlich
wahrgenommen. Wenn das vertraute Bedrohliche im Fremden wahrgenommen wird, dann erlaubt dieser Mechanismus, die Bedrohung
im Vertrauten zu umgehen." 104
An dieser Stelle zeigt sich die Überlagerung von Sexismus u n d
Rassismus, insofern die Negation weiblicher Verletzungsoffenheit
weitergehend die Verletzungsoffenheit der Gemeinschaft 105 (Frauen
garantieren die soziale und kulturelle Kontinuität der Generationenfolge) berührt u n d auf dieser Negation die Stabilität des Rassismus
begründet wird.
"In the United States the history of slavery, and its relation to
reproduction and rape, has meant that a "pure" match between race
and skin color is relatively rare. (...) Since race is thought to be
"carried" by blood and the history of slavery for African-American
women is alas the history of rape, the belief that one is "purely"
white or black is difficult to sustain." 106
Obwohl der Rassenkonflikt die Konstruktion individueller Identität
überschreitet, vielmehr die genealogische Konstruktion von Gemeinschaft bedroht, impliziert seine Dekonstruktion, daß dieser Konstruktion von Andersartigkeit auf der Matrix der Grenzziehung von
Geschlechterdifferenz Relevanz zukommt. 107
104
WOBBE (1994), S. 192
!0 5 Rassistische Konzepte über "Ursprung" und "nationale Reinheit" prägen
den kolonialen Diskurs.
106
PHELAN, Peggy: Unmarked. The Politics of Performance. London/New
York 1993. S. 7
107
"In der Rede über den fremden Mann artikuliert sich die Erfahrung einer
gewalttätigen Dimension der Geschlechterdifferenz, die im eigenen
136
Da der Topos der sexuellen Bedrohlichkeit des Schwarzen historisch als Rationalisierung kolonialer Auslöschungsstrategien gut, sei
hier noch ein Querverweis angebracht:
"In the nineteenth century white men accused black men of raping
white women as a reason for lynching and/or castrating former
slaves. The displacement of the reality of white men (slaveholders)
victimizing black women onto a fiction of black men victimizing
white women is still at work in the twentieth century. I see that
displacing logic in action when fears about genocide get presented
as something that black men do to white women instead of what
white men do to black women." 108
Die Projektion potentieller Sexualität auf den Schwarzen deckt die
Blindheit gegenüber bzw. Ignoranz des weissen Mannes angesichts
der Wahrnehmung seiner eigenen Sichtbarkeit auf. Fanon argumentiert denn auch, daß die schwarze Psyche durch ständige Sichtbarkeit als Funktion der Hautfarbe entsteht. Die Haut fungiert damit
als Signifikant psychischer Intensität bzw. rassischer Identität (auf
die sich im weiteren metaphysische Implikationen richten).
Eine Ausweitung bzw. Ausdifferenzierung des Fanonschen Schemas
zeigt sich m.E. durch Homi Bhabas Versuch, durch eine Relektüre
des Stereotyps des Fetischs eine nur politisch korrekte oder auf
moralischen Argumenten beruhende Intervention zu überschreiten.
Jenseits einer Frage nach "Identität" befragt er vielmehr jene Prozesse von Subjektivierung als Differenzierung, die multipel verfahren und via Überschneidungen entlang einer Ökonomie des Begehrens sich verknüpfen mit Herrschaft und Macht.
Der Fetisch wird begriffen als Vermeidung von Differenz zugunsten eines Objektes, das diese Differenz jedoch gleichzeitig be-
108
Vertrauten, dem vertrauten Mann, bekannt ist. Diese Verschränkung
impliziert keineswegs zwangsläufig Rassismus, die gewalttätige Dimension
ist ihrer Konstruktion j e d o c h inhärent und damit für verletzungsmächtige
Grenzziehungen verfügbar." WOBBE (1994), S. 194
MASON,
Carol:
Terminating
Bodies.
In:
HALBERSTAM,
Judith;
LIVINGSTON, Ira (ed.): Posthuman Bodies. Bloomington/Indianapolis
1995. S. 230/231
137
zeichnet, indem es an die originäre Präsenz erinnert. Die Applikation
dieses psychoanalytischen Instrumentariums fungiert bei Bhaba zur
Erklärung des Stereotyps (von Begehren und Verachtung).
"The fetish or stereotype gives access to an identity' which is
predicated as much on mastery and pleasure as it is on anxiety and
defence, for it is a form of multiple and contradictory belief in its
recognition of difference and disavowal of it. This conflict of
pleasure/unpleasure, mastery/defence, knowledge/disavowal,
absence/presence, has a fundamental significance for colonial
discourse. For the scene of fetishism is also the scene of the
reactivation and repetition of primal fantasy - the subject's desire for
a pure origin that is always threatened by its division, for the subject
must be gendered to be engendered, to be spoken. The stereotype,
then, as the primary point of subjectification in colonial discourse,
for both colonizer and colonized, is the scene of a similar fantasy
and defence - the desire for an originality which is again threatened
by the difference of race, colour and culture." 109
Eine weitere Übertragung Bhabas bedient sich des Lacanschen
Spiegelstadiums 110 , in dem das Subjekt sich (als solches) erfährt.
Die darin gewonnene "Identität" (als imaginäre) speist sich aus den
beiden unterschiedlichen Erfahrungen von narzisstischer versus
aggressiver Identifikation. Dieses Muster gilt als weiterer Hinweis auf
die Verfahrensweise des Stereotyps als dominanter Strategie kolo-
109 BHABA (1992), S. 320/321
110 Hier sei nochmals an Doane erinnert:
"In der Lacanschen Psychoanalyse liegt die Bedeutung der Spiegelphase
in deren Vermittlung einer illusorischen aber starken Identität, die sich
auf das Körperbild s t ü t z t . Das Bild eines ganzheitlichen Körpers stützt
das ich und stellt gleichzeitig die Basis des psychischen Terrors im
Zusammenhang mit der Kastrationsangst dar. Der Schwarze verhindert
die ganzheitliche Haltung, indem er die Möglichkeit eines anderen
Körpers aufzeigt. Seine Stellung kommt somit der Frau in der
Psychoanalyse nahe, die die Verkörperung einer drohenden Kastration ist.
Doch wird die Bedrohung durch die Frau in ihrer physischen Ermangelung
gesehen, während der schwarze Mann durch eine Überpräsenz, seinen
monströsen Penis, bedrohlich wirkt, diese Überpräsenz steht nicht ohne
Zusammenhang zur Hypervisibilität der Hautfarbe (ist doch, laut Freud,
der Penis nicht nur das sichtbarste Sexualorgan, sondern dazu noch
metonymisch mit dem Auge verbunden). Die Augenscheinlichkeit der
rassischen Unterschiede erscheint als Symptom der Behandlung der
Oberfläche der Psyche."
DOANE (1989), S. 27
138
nialer Macht: seine Ambivalenz betont und verneint die Differenz.
Gewonnen wird aus Bhabas Theorie jene Einsicht, die konstatiert,
daß das Stereotyp (bzw. seine Ambivalenz) als Bild/Spiegel Wissen
um Differenz schafft und damit das Bild als Identität stiftet, von
dem ausgehend nichts über die "anderen" Subjekte ausgesagt werden kann.
Die Identität wird durch den Fetisch, das am deutlichsten sichtbare
Organ der Haut, gestiftet - Fanon bezeichnet dies auch als "Epidermalisierung". Schwarzsein entspricht damit einem körperlichen
Schema und zeigt die Möglichkeit eines anderen Körpers auf. Dennoch, nach allem Vorausgesagten, bleibt nun zu fragen, wie diese
Haut als dasjenige, was die Diskriminierung beschreibt, als sichtbare
produziert wird.
Denn, wie Abbot
m
feststellt,
"... discrimination must constantly invite its representations into
consciousness, reinforcing the crucial recognition of difference
which they embody and revitalising them for the perception on
which its effectivity depends. ... It must sustain itself on the
presence of the very difference which is also its object." 112
Das Wissen um Differenz gründet auf einer "Naturalisierung" der
Haut, der Erzeuger des kolonialen Diskurses befindet sich dabei in
der (ülusionären) Position des "Unmarkiertseins" 113, während das
Objekt des bezeichneten Diskurses als natürliches und sichtbares
vorgegeben wird.
"For if x skin' in racist discourse is the visibility of darkness, and a
prime signifier of the body and its social and cultural correlates, then
we are bound to remember what Karl Abraham says in his seminal
work on the scopic drive. The pleasure-value of darkness is a
withdrawal in order to know nothing of the external world. Its
symbolic meaning, however, is thoroughly ambivalent. Darkness
signifies at once both birth and death; it is in all cases a desire to
111
112
113
ABBOT, Paul: Authority. Zitiert nach BHABA (1992) S. 324
ABBOT, zitiert nach BHABA (1992), S. 324
Doane spricht hier auch vom "unmarked marker".
139
return to the fullness of the mother, a desire for an unbroken and
undifferentiated line of vision and origin." 114
Dies könnte also ein Hinweis
"... auf die Zwiespältigkeit sein, die unterschwellig zischen
rassischen Identitätsideologien (im Blut definiert) und Echtheitsideologien des Kinos (begründet im Visuellen) liegen. Die Rollenbesetzung läuft im Grunde auf eine Organisation der Verteüung von
Körpern im Film und die sichtbare Bestätigung einer bestimmten
Auffassung von Realität hinaus." 115
Black in black
Eine Frage des Lichts
Inwieweit der Begriff der Rasse durch die Echtheits- und Sichtbarkeitskriterien konstruiert wird, untersucht Richard Dyer in "Das Licht
der Welt - Weiße Menschen und das Füm-Büd." 116
"Die gegenwärtige Stille um die weiße Identität scheint nahezulegen,
daß es Menschen gibt, die einer Rasse zugeteilt sind (Nicht-Weiße)
und andere (Weiße), die einfach Menschen sind, die menschliche
Norm. Mein Ziel ist es, diese für selbstverständlich erachtete
Annahme von den Weißen als Norm aufzudecken und damit die
Weißen seltsam erscheinen zu lassen." 117
114
115
116
117
BHABA (1992), S. 328
DOANE (1989), S. 41
DYER, Richard: Das Licht der Welt - Weiße Menschen und das Film-Bild.
In: ANGERER, Marie-Luise (Hg.): The Body of Gender. Körper.
Geschlecht. Identitäten. Wien 1995.
DYER (1995), S. 152
140
Nicht zufällig fällt die Entstehungszeit des biologischen Begriffs von
Rasse in die gleiche Zeit wie die Entstehung der Fotografie 118. Angesichts der Beschreibung des kolonialen Diskurses kann hier als
weiterer Hinweis Paul Virilios Beschreibung von Wahrnehmungsweisen 119 gelten, die in der Parallelität der Entwicklung von
Kriegs(Waffen-)technik und Wahrnehmungstechnik (Kartographie,
Fotographie, Film) sich ab dem 19. Jahrhundert entwickeln 120. Kamera und Waffe gelten als Medien der Wahrnehmung, die Durchdringung ihrer technologischen und ökonomischen Entwicklung ist ablesbar an Analysen, die Filmtechnik als "Abfall" der Militärindustrie
oder die Einordnung kultureller Phänomene wie z.B. des Starsystems
in politische Bewegungen (Vermeidung des Bürgerkriegs vor dem 1.
Weltkrieg, Civil Rights Movement der 60er Jahre) festhalten.
"Das Schlachtfeld war von Anfang an ein Wahrnehmungsfeld, und
das Kriegsgerät für Heerführer und Waffenträger ein Darstellungsmittel (...) Für den Krieger geht die Funktion des Auges auf in der
Funktion der Waffe. Deshalb haben die Kinematik der Kriegsfliegerei
und der von ihr bewirkte Zusammenbruch des räumlichen Kontinuums und der atemberaubende Fortschritt der Kriegstechnologien
seit 1914 die alte homogene Sicht buchstäblich zum Platzen ge-
118 h j e r s e j nochmals auf Christina von Brauns Histografie der Konstruktion
der Andersrassigkeit des Juden in "Die schamlose Schönheit des
Vergangenen" verwiesen. Und:
"Die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts ist durch eine wahre Obsession
des
Sichtbaren...,
durch
die
Wirkung
der
gesellschaftlichen
Vervielfältigung von Bildern gekennzeichnet. ... diese Wirkung war j e d o c h
ihrerseits eine Folge der Ausdehnung des Felds von Sichtbarem und
Darstellbarem: durch Reisen, Expeditionen, Kolonisierungen wurde die
ganze Welt sichtbar und zugleich zu einem Objekt der Aneignung." JeanLouis Comolli: Machines of the Visible. Zitiert nach SOBCHACK, Vivian:
The Scene of the Screen. Beitrag zu einer Phänomenologie der
"Gegenwärtigkeit" im Film und in d e n elektronischen Medien. In:
GUMBRECHT, Hans Ulrich; PFEIFFER, K. Ludwig (Hg.): Materialität der
Kommunikation. Frankfurt am Main 1988. S. 122
H9 VIRILIO, Paul: Krieg und Kino. Logistik der Wahrnehmung. Frankfurt am
Main 1989.
120 "Im 19. Jahrhundert fiel die Entwicklung der Kriegspsychologie zusammen
mit der der experimentellen Psychologie und der Physiologie." VIRILIO
(1989), S. 18
"Innerhalb von einhundert fünf zig Jahren (von der Entwicklung des
Trommelrevolvers 1832 bis hin zur Chronophotographie 1974, Anm. M.S.)
hat sich das Schlachtfel in einen Drehort verwandelt, das Schlachtfeld ist
zu einem für Zivilisten zunächst gesperrten Filmset geworden."
VIRILIO (1989), S. 20
141
bracht und zur Heterogenität der Wahrnehmungsfelder geführt. Die
Metapher der Explosion ist von nun an sowohl in der Politik als auch
in der Kunst geläufig." 121
Oder, wie Friedrich Kittler meint:
"Die Geschichte der Filmkamera fällt also zusammen mit der Geschichte automatischer Waffen. Der Transport von Bildern wiederholt nur den von Patronen. Um im Raum bewegte Gegenstände, etwa
Leute, visieren und fixieren zu können, gibt es zwei Verfahren:
Schießen und Filmen. Im Prinzip von Kino haust der mechanisierte
Tod, wie das neunzehnte Jahrhundert ihn erfunden hat: ein Tod
nicht mehr des Gegners, sondern serieller Unmenschen. Colts' Revolver zielte auf Indianertrupps und Gatlings oder Maxims Maschinengewehr (zumindest in der ursprünglichen Planung) auf
Eingeborenenvölker." 122
Dennoch zielt gerade diese Metapher des "mechanisierten Todes" in
ihrer Verkehrung auf die Spurensicherung von Leben durch
(vermeintliche) Abbüdung der Wirklichkeit. Der Logik von Kolonialisierung und Konstruktion von Wissen entspricht denn auch die Tatsache, daß das Bekanntwerden von Fotographie und Film zu wissenschaftlichen Zwecken dazu führte, daß Ethnologen und Anthropologen sich trotz schwierigster Bedingungen bereits von Anbeginn
der medialen Entwicklung dieser Technologien bedienten. Völkerkundliche Zeugnisse sollten zum Studium "in der Stille der Studierstube" dienen und entsprachen damit jenen Hoffnungen des 19.
Jahrhunderts, die mittels Messungen und Experimenten Grundlagen
einer Empirie (als Darstellung von "Wirklichkeit") festzulegen versuchten 123.
121
VIRILIO (1989), S. 35
KITTLER, Friedrich: Grammophon Film Typewriter. Berlin 1986. S. 190
*23 "Die meisten Forscher, die damals zu fremden Völkern reisten, waren von
ihrer Ausbildung her Mediziner, und von ihren Interessen her oft genauso,
oder mehr, an der Physis wie an der Kultur der von ihnen untersuchten
Menschen interessiert. Gerade diese Interessenkombination machte sie
aber offen für die Bildaufzeichnung, die von ihren Vorgängern, die noch
in der naturgeschichtlichen oder hermeneutischen Tradition des 18.
Jahrhunderts standen, vermutlich abgelehnt worden wären. Es ist dieser
Punkt, an dem sich eine überwiegend empirisch, an den Methoden der
Naturwissenschaft (wie der Physiologie, Medizin usw.) orientierte
Anthropologie
oder
Völkerkunde
mit
einem
technisch122
142
Dieser Umgang verstellt die Tatsache, daß mediale Verfahren immer
schon Bearbeitungen der Wirklichkeit sind, bzw. daß die Ähnlichkeit
zwischen festgehaltenem Moment nicht identifiziert werden kann
mit dem jeweiligen historischen Augenblick, sondern das fotographische oder filmische Ab-Büd vielmehr als eine Aussage über
die Wirklichkeit zu gelten hat. Die Fiktion des Authentischen des Bildes bringt den Kamerablick (und damit die kulturelle, historisch
spezifische, geschlechtliche ... Position des "Autors") zum Verschwinden.
"Film is the only method I have to show another just how I see him."
124
"Die ernsthafte Auseinandersetzung mit dem Fremden, Anderen ist
zugleich immer ein Prozeß der Reflexion über sich selbst. Das
(vermeintlich neutrale) Aufzeichnen und Vermessen von Wirklichkeit qua Medium setzt einen Prozeß der Reduzierung und Aneignung
fort, der dem Sammeln und Retten der Museen entspricht." 125
Meine obigen Ausführungen könnten entlang des Schichtenmodells
von Filmbildern als Versuch der Dekonstruktion der Vorstellungsschicht (die Konstruktion des Anderen im Verhältnis zu unausgewiesener "Eigenheit") gelten; inwiefern die materielle Schicht diesen
Prozess weiter affirmiert, soll im folgenden ausgewiesen werden.
Die Vorstellung eines Objektes resultiert aus den Licht- und Schattenflecken, die die Struktur eben dieser Objekte im Filmbild vorstellen. Diese ästhetische Technologie bedient sich also eines bestimmten Instrumentariums, das formale und affektive Qualitäten hervorbringt. Da die fotografischen Medien Lichttechnologien sind, stehen
124
125
naturwissenschaftlichen Interesse an der Erforschung und Aufzeichnung
der flüchtigen Bewegung trifft, das zunächst die Reihenfotogrphie
(Marey u.a.), und s p ä t e r die Kinematographie entwickelte." TAUREG,
Martin: Ist Wirklichkeit konservierbar? In: BLÜMLINGER, Christa (Hg.):
Sprung im Spiegel. Filmisches Wahrnehmen zwischen Fiktion und
Wirklichkeit. Wien 1990. S. 217
Zitat des französischen Ethnologen und Filmemachers (Nouvelle Vague)
Jean Rouch: The Camera and the Man. In:HOCKINGS, Paul (ed.):
Principles of Visual Anthropology. Paris 1975. S. 99
TAUREG (1990), S. 222
143
ihre Verfahren auch in einem besonderen Verhältnis zur Weißheit der
weißen Menschen, bzw. kann mit Dyer 126 davon ausgegangen werden, daß die Entwicklung dieser Technologie auf dem Weißsein beruht.
" Fotos und Filme werden mit Hufe von Licht geschaffen. Ein Foto,
bzw. ein Film wird durch die chemische Reaktion von Filmmaterial
auf das von einem Gegenstand reflektierte Licht hervorgerufen.
...(Die Vorstellung eines weißen Menschen, Anm. M.S.) wurde in der
eigentlichen Entwicklung der Technologie vorausgesetzt, wo der
weiße Körper und vor allem das weiße Gesicht als Norm galten."127
Aussehen und Qualität des Lichtes (Projektion und Ausleuchtung),
Material und Entwicklung evozieren nicht nur formale, materielle,
sondern auch affektive und normative Qualitäten des Abbildes 128
So gehen die Instrumentarien und Verfahrensweisen filmischer
und fotographischer Technologie von der Vorrangstellung eines
weißen Menschen aus, indem diesem eine privilegierte Stellung eingeräumt wird, er durch deutliche Ausleuchtung und zentrale Positionierung im Bildrahmen als Subjekt positioniert wird. Damit ergibt
sich, im Unterschied zu "andersfarbigen" Subjekten, die Bevorzugung von Weißheit (und Geschlechtlichkeit), vermittels derer Sichtbarkeit und Dominanz demonstriert werden.
Insofern unterschiedliche Hautfarben Licht unterschiedlich reflektieren, faßt Dyer folgende Annahmen als historische und kulturelle
Implikationen der Darstellung und Wahrnehmung von Weißheit
zusammen:
126
DYER (1995), S. 153f.
DYER (1995), S. 153/54
12
° Ein historisches Beispiel zeigt sich anhand der Entwicklung des
Farbfilmmaterials:
"So besprach zum Beispiel Brian Winston die Entwicklung von
Farbfotomaterial im Zusammenhang mit dem weißen Gesicht; es wurden
ständig Veränderungen vorgenommen, bis das Material die
richtige
Hautfarbe des Gesichtes wiedergab, was bezeichnenderweise auf den
idealen Rosaton der weißen Frau hinauslief. Die Auswirkungen des
Versuches, genau diesen Ton bei anderen Farben (einschließlich anderer
Hautfarben) zu erhalten, waren von zweitrangiger o d e r überhaupt keiner
Bedeutung." DYER (1995), S. 155
127
144
"Die Welt ist durchsichtig und das Licht kommt von oben." 129
Fümische Beleuchtungstechnik entwickelte sich in Form der Oberbeleuchtung im Laufe des 19. Jahrhunderts im Theater und der
Malerei; dieses Licht wird von weißen Menschen am besten reflektiert. Lichttechnik, die die normative Gestaltung eines weißen, männlichen Subjektes durchführt, impliziert die Vorstellung, Sichtbarmachung eines Körpers, der sich durch Un-Körperlichkeit auszeichnet 13 °. Sexuelle Konnotationen wie die Plastizität und Erotik eines
solchen Körperbildes werden in den Darstellungen der normativen
Subjekte unterbunden und abgewehrt; sie erfahren ihre Ausgestaltung vielmehr in der Projektion auf jene Subjekte bzw. Körper,
die das "Andere" im Verhältnis zum weißen Mann repräsentieren. In
Analogie zur Verschränkung von Sex und Rasse kommt so auch
dem Imperativ heterosexueller Darstellung besondere Bedeutung zu:
"Wenn wir das Licht in Filmdarstellungen weißer Heterosexualität betrachten, dann können wir ein gemeinsames Schema feststellen.
Der Mann wird meistens angeleuchtet und farbig unterschiedlich
gekleidet - unten dunkel, oben hell - die Frau wird eher voll ausgeleuchtet. Er sehnt sich nach Licht, nach (weltlicher, sexueller)
Transzendenz, sie ist im Licht. Wir können dies in den klassischen
Standaufnahmen von weißen, heterosexuellen Paaren beobachten.
Das Licht fällt ganz auf die Frau."131
Damit angedeutet ist eine Körper/Geist-Dichotomie, die die Frau im
Status der Jungfrau imaginiert, den Mann hingegen sexualisiert und
mit Begehren ausstattet. Ihr Licht steht für Geist und Idealität, seine
Dunkelheit für Körperlichkeit und Erotik, die jedoch als nicht-konzeptualisiertes Begehren fungieren. Diese schematische Licht-Ikonographie installiert weiße Männer als universale Entsprechung hegemonialer Kultur, deren Halb-Erscheinung (nicht völlig ausgeleuchtet,
nicht ganz im Dunklen) sie nicht auf eine bestimmte Position - Idea129
DYER (1995),
130 V gi
dazu
Männlichkeit,
131
DYER (1995),
S. 159
die
Gestaltung
normativer
(weißer,
heterosexueller)
wie sie schematisch in Kapitel 5.1. ausgeführt wurde.
S. 163
145
lisierung, Komik/Impotenz - festschreibt. Festzuhalten bleibt der
Darstellungscode des Dualismus von Körperlichkeit und Geistigkeit
(Fleisch und Geist), der ein unausgewiesenes Begehren speist, Körperlichkeit jedoch verleugnet. Diese Entmaterialisierung zelebriert
den "Humanismus" weißer Menschen bei gleichzeitiger Negation des
Dualismus von Leib und Geist.
"Es heißt, daß die Afrikaner glaubten, die ersten Europäer, die sie sahen, seien Gespenster. Vielleicht gleichen in der afrikanischen
Kosmologie Gespenster lebenden Leichnamen, etwas Verblichenes,
aber gleichzeitig Substantielles, doch in Europa sind Geister Phantasiegebüde, durchsichtig und ohne Substanz. Wie fotografische Bilder
von weißen Menschen kann man durch sie hindurch sehen. Die
weiße Kultur hat sich stets der Durchsichtigkeit des Körpers gerühmt, doch in Wirklichkeit hat sie den Körper nie aufgegeben - die
Imperative der Reproduktion (als die Reproduktion von Macht, von
der eigenen Beherrschung der Welt) und von Begehren waren stets
bestimmend. Das Filmbild ... scheint vielleicht beide, Geist und
Fleisch, zusammenzuhalten. Schließlich sehen wir die Körper weißer
Menschen nicht als farbiges Licht auf der Leinwand. Wir dekodieren
sie nicht als materielle Personen." 132
Unabhängig davon, ob die fremde Kultur nun diejenige eines
"Anderswo" bezeichnet, oder als eingebundene 133, marginalisierte
innerhalb einer dominanten Kultur fungiert - ist ihre „Differenz"
immer in Hinblick auf die Normativität der weißen Rasse konstruiert.
Das so hergestellte Machtverhältnis kann seitens dekonstruktiver
Kritik befragt werden auf die Modi von Ein- und Ausschluß und
weitergehend an den „Differenzen" ansetzen, die als Affirmationen
und Subversionen mit und gegen die hegemoniale weiße Ordnung
arbeiten.
132
DYER (1995), S. 165
1 3 3 "bounded"
bezeichnet
einen Terminus
der
Filmemacherin
und
Theoretikerin Trinh T. Minh-ha, der die Eingebundenheit fremder Kulturen
in einer dominanten beschreibt (beispielsweise amerikanische Chinatowns
o d e r türkische Viertel in deutschen Großstädten). MINH-HA, Trinh:
Difference: A special Third World Women Issue. In: dies. (Hg.): She, the
I n a p p r o p r i a t e / d Other". Discourse 8. Fall-Winter 1986-87,
146
Zur Stereotypie der rassistischen Inszenierung
Der Film "Alien" bietet in der Figur Parkers eine solche Imago, da in
ihr die Ambivalenz stereotyper Verfahrensweise überdeutlich
angelegt ist.
Das performativ zulässige Modell schwarzer "Identität" stellt diesen vor allem in Rollen des Sklaven (Diener, Untergebener im Hintergrund), Playboy, Wilder (Athlet, Tänzer) oder des Verbrechers/Schlitzohrs vor.
"In dem dem Melodram untergeordneten Genre des Frauenfilms,
dem Imitation ja angehört, sind Schwarze zwar vorhanden, niemals
im Mittelpunkt, aber doch als wichtiger Bestandteü des Diskurses,
der dazu dient, dessen Realitätswert zu unterstreichen. Die Schwarzen, derart konsequent im Hintergrund eingesetzt, werden somit zu
einem Element des Dekors. Sie werden zum Grund und zur Bestätigung des textlichen Universums in der Konstruktion einer weissen
Weiblichkeit. Und im Melodram besonders ist das Verhältnis
zwischen Charakter und Dekor bedeutungsschwanger geladen,
oftmals instabil und potentiell umkehrbar. Die Darstellung der
Schwarzen unterliegt einem Prozess der Reifikation, der im Gegensatz zur sonst im Melodram üblichen Praxis liegen mag, über Ausstattung und Dinge Gefühle zu transportieren." 134
Was Mary Ann Doane für das Melodram konstatiert, kann m.E. auch
auf den Science Fiction übertragen werden: Im futuristischen und
außerirdischen Ambiente verleiht Parker als Mitglied der Crew den
Hauch von "Realitätseffekt", angesichts der Tatsache, daß die meisten "MamTschaften zeitgenössischer Science Fiction sich gemischtrassisch und gemischtgeschlechtlich (einer wie immer gearteten Weltordnung entprechend) zusammensetzen. Die "Erdung"
einer Crew durch Frauen und Schwarze kann als Orientierungshilfe
gegenüber den genretypischen Bedrohungen eines Außen dienen.
Eingebettet in die ökonomische Hierarchie des Konzerns, einer
kulturellen Besonderheit ansonsten jedoch beraubt, ist Parker als
Schiffsingenieur am unteren Ende der Rangfolge piaziert. Seine
134
DOANE (1989). S. 47
147
"respektlose" Inszenierung vermittels rüder Umgangsformen,
schmutziger Kleidung bzw. das Setting seines Arbeitsplatzes in den
tiefergelegenen Maschinenhallen verleiht der Figur einen proletarischen Charakter.
Die Unterordnung unter Machtstrukturen offenbart sich zum einen
durch seine wiederholten Anspielungen und Argumentationen, die
darauf abzielen, eine höhere (ihm angesichts des Sonderauftrags
angemessen erscheinende) Bezahlung zu erhalten. Captain Dallas,
Ripley und auch Ash weisen Parkers renitente Versuche nach "Besserstellung" unter Berufung auf die Vertragsklauseln und potentielle
Sanktionen jedoch zurück und positionieren ihn damit in einer Situation der Ohmmacht. Die wiederholten Dispute zwischen Crew
und dem aufbegehrenden* Neger "spielen deutlich mit den stereotypen Topoi des Sklaven/Dieners und Verbrechers/Schlitzohrs.
Jenseits einer Marginalisierung als "black underdog" wird dieses
rassisch/historisch verweisende Ausgestelltsein als Untergebener
jedoch insofern gleichzeitig kulturell eingebunden, als Parker ein relativ sprachloser Partner (Brett, der Techniker der Nostromo) beigeordnet ist. Die rassische Konnotation der Untergebenenposition
wird so eingeholt und scheinbar assimiliert - im ersten Drittel des
Filmes treten Parker und Brett fast zwillingshaft als "male buddies"
auf 135. Im Unterschied zu gemischtrassischen Männerpaaren, vor
allem des Actionkinos 136, kann in diesem Setting ein subversives
Element ausgemacht werden: nicht nur, weil Parker als tonangebendes Sprachrohr fungiert, sondern auch angesichts der Tatsache,
daß dem Weißen Brett die, üblicherweise dem schwarzen/impotenten Part vorbehaltene, Opferposition zukommt.
135 -[)j e beiden Männer bildeten ein seltsames Paar, ungleich und für
Außenstehende völlig verschieden. Und d o c h gab es zwischen ihnen eine
Art Koexistenz, die hervorragend funktionierte."
FOSTER, Alan Dean: Alien. Das unheimliche Wesen aus einer fremden
Welt. (Roman nach dem Drehbuch v. Dan O'Bannon). München 1991. S. 7
* 3 " Don Johnson und Philip Michael Thomas in der Fernsehproduktion "Miami
Vice"; Richard Gere und Lou Gösset Jr. in "Ein Offizier und Gentleman";
Mel Gibson und Danny Glover in "Lethal Weapon" (1-3); Sylvester
Stallone und Carl Weathers in "Rocky" (1-4) - um nur einige der
prominentesten Beispiele zu nennen. Vgl. TASKER (1995).
148
Die Paarbindung des Farbigen (mit dem Weißen) verweist in ihrer
dichotomen Ausgestaltung auf eine Spielart des Stereotyps, bestehend aus Zuschreibungen wie renitent, sprachbegabt, schlau und
vorsichtig versus desinteressiert, mundfaul, naiv und leichtsinnig.
Kulturell assimiliert und hierarchisch eingebunden oszilliert der
Charakter Parkers zwischen angedeuteter Hypersexualisierung und
passivem Kastriertsein, zwischen aggressiver Aktivität und verordneter Passivität. Nicht zuletzt garantiert der flapsige, humorvolle
Ton der Gespräche zwischen den Männern die Rücknahme einer Bedrohlichkeit, die ein aktiver farbiger Held im Hollywoodkino bedeuten würde.
Die außerordentliche Position als letzter Überlebender der männlichen Wesen impliziert zwar eine Verschiebung im Rollenpersonal
Hollywoods, kann jedoch nicht als "Negrophilie" im Sinn narrativer
Idealisierung gelten. Vielmehr verweist die zu konstatierende Verschiebung auf jene binäre Achse von Negrophobie, die mit der Bewertung und Bedeutungsproduktion von Zeichen rassischer
Differenz arbeitet.
"Hunger for the same - including the sexual same - demands a
difference, if only to elicit the pleasure of resemblance. If there is
no perceived effort to "convert" or "transform" the apparently
different into the Same then there is no "production" at work. And in
looking there is always (re)production. The conversion of the abject
other (the racially marked, the sexually unmarked) into the Same is
an integral part of artistic production. Artistic reproduction
transforms the always-abject other into the Same by making that
other its object." 137
Differenz im Feld der Sexualität
In der hierarchischen Repräsentation und Festlegung kann Differenz
sich erst wieder auf dem im Science Fiction textuell und narrativ
sublimen Feld der Sexualität etablieren.
"Both (black men and the phenomenon! of masochism, Anm. M.S.)
137
PHELAN (1993), S. 49
149
are made to signify taboos and the "darkness" of the sexual drive
(particularly the homosexual drive). Race is thereby made legible as a
sexual practice rather than as a social, economic, and cultural
difference with a history of great cost for those marked by it as
Other."13«
Wie in der Analyse masochistischer Ästhetik bzw. dem Monströsen
aufgezeigt (wird), korrelieren Hunger und sexueller Appettit. Diese
Spur wird nicht nur durch Parkers ökonomische Gier nach "Mehr"
signifiziert, auch bei den zwei Mahlzeiten in der Messe wird er, als
große Portionen verschlingend und das Essen darüber hinaus kommentierend, gezeigt bzw. charakterisiert.
Die rassistischen Verfahren einer Sexualisierung operieren zum
einen in der Beistellung eines weißen Buddys, der die stereotype
Funktionalisierung, die dem schwarzen Körper die Überrepräsentation von Sexualität unterstellt, unterbindet. Zum anderen muß die
Unterstellung eines homophilen (schwulen) Begehrens von Parker
konterkariert werden durch seine Heterosexualisierung. Die Einbindung bzw. Anspielung auf die heterosexuelle Disposition Parkers
wird gewährleistet durch die sexuellen Anspielungen, mit denen
Ripley anläßlich der Reparaturarbeiten im unteren Bereich des
Raumschiffes konfrontiert wird ("Bitch!/ "Miststück!") ; ihr machtvoller Auf- bzw. Abgang aus der Szene wird durch Parkers Aufdrehen von Maschinendampf aus einem Rohr abgeschwächt bzw.
lächerlich gemacht. Weiters wird bei einer gemeinsamen Mahlzeit
der Crew Parkers sexuelle Potenz betont, da er für sexistische
Witze ("Ich weiß schon, was ich lieber täte, nur geht das hier nicht!",
anschließend Kameraschwenk auf Lambert, die beschämt die Augen
niederschlägt und erst mit Verzögerung die sexuelle Anspielung belächelt) zuständig wirkt. Ebenso wie Lambert als Negativfolie für
Ripleys Weiblichkeit fungiert, könnte auch Parkers männliche
(Hetero)Sexualität als Negativfolie gegenüber den anderen Männern
dienen. Eine explizite Sexualisierung der übrigen Männer erübrigt
138 YINGLING, Thomas: How the Eye is Caste: Robert Mapplethorpe and the
Limits of Controversy. In: Discourse 12.2. Spring-Summer 1990. S. 12
150
sich damit, diese scheinen begehrens"frei", während der Schwarze
rassistisch gezeichnet wird in seiner Gier nach Geld und Lust.
Diese Charakterisierung mit "ungezügelter Gier" erinnert an die
vom kolonialen Diskurs unterstellte "Naturnähe", auf die bereits
verwiesen wurde. Nicht nur, daß ein Repräsentant der wilden
(Menschen)Rassen Erfahrung in der Bekämpfung von ebenso wilden
Tieren zu garantieren scheint, auch die Wahl der Waffe birgt weitere
Assoziationen, die sich in diesem Register abspielen. Parker bastelt
zur Verteidigung gegen das Alien einen Flammenwerfer. Nicht nur als
Verteidigungsinstrument angreifenden Raubtieren gegenüber verdient diese Waffe eine Bemerkung; auch im Kontext des Schwarzen
signifiziert sie dessen Synthetisierung. Historisch und mythisch belegt gilt doch das Feuer als Zivüisationsmerkmal, das die kulturelle
Selbstsetzungsmöglichkeit des Menschen als vermittelnde Tätigkeit
zwischen Natur und Gesellschaft symbolisiert 139 .
Zusammenfassend läßt sich folgern, daß auch die Extrapolation
Parkers in ihrer Inanspruchnahme stereotyper rassistischer Verfahrensweisen filmisch derart verfährt, vermittelnd und abgrenzend
zwischen sexuell unterschiedlich situierten Positionen einzugreifen.
Sein Eingebundensein in ein "male couple" synthetisiert Klassengegensätze, die vorher mittels seiner Forderungen aufgetreten
waren; homophiles Verschmolzensein wird aufgehoben durch
heterosexuelle Anspielungen; Naturnähe wird durch die Feuerwaffe
konterkariert. Wenn auch der Exotismus des schwarzen Körpers in
der Crew assimiliert scheint, birgt das Spiel mit Besonderheiten jener Herkunft bzw. ihrer kulturellen ideologischen Konnotationen
dennoch die Konstruktion von Andersheit, die in Relation zu weißer
heterosexueller Männlichkeit gedacht wird und ähnliche Positionierungen unternimmt, wie sie in der Monstrosität und Obszönität von
Weiblichkeit (im Monster und der Protagonistin) in Erscheinung
treten.
139 vgl. dazu den Feuerraub des Prometheus, bzw. Hesiods Theogonie.
151
Schwarze Natur, weiße Technologie
Damit etabliert "Alien" als Teil der populären Kultur sich als unbestrittenes Feld dominanter Ideologie, auch wenn ein marginalisiertes Publikum oder marginale Figuren sich innerhalb des visuellen
Mainstreams piazieren können.
4.7. Deviante Subjekte
Das Ideal normativer Männlichkeit
Abgesehen vom Actionkino, das die Physikalität von Männerkörpern
exzessiv als Spektakel inszeniert, rekrutiert sich die konventionelle
Darstellung weißer heterosexueller Männlichkeit im Hollywood-Kino
gerade von der Aussparung der Sexualität bzw. Körperlichkeit von
Männerkörpern 140. Die diegetische und symbolische Macht phallozentrischer Blickstrukturen 141 und Narrationen 142 resultiert daraus,
Frau als Matrix der Narration - verwirklicht in der Frau als lustversprechendem Endziel in der melodramatischen Paarbildung oder
als mythisch-verkleidetes Hindernis in der Heldengeschichte - zu
imaginieren, als Büd und Schau-Objekt 143, das vom Mann - in der
140 Di e humanistische Gleichung weiblicher Ausblendung "Der Mensch ist der
Mann" funktioniert auch umgekehrt: Der Mann ist zuallererst Mensch.
141
vgl. MULVEY; Laura: Visuelle Lust und narratives Kino. In: NABAKOWSKI,
Gislind; SANDER, Heike; GORSEN, Peter (Hg.): Frauen in der Kunst. 1.
Band. Frankfurt am Main 1980.
* 42 vgl. DE LAURETIS, Teresa: Alice Doesn't. Feminism, Semiotics, Cinema.
Houndmills/London 1984.
143
vgl. DOANE, Mary Ann: Film und Maskerade: Zur Theorie des weiblichen
Zuschauers. In: GRAMANN, Karola; KOCH, Gertrud; SCHLÜPMANN, Heide
(Hg.): Frauen und Film. Heft 36. Frankfurt am Main 1985.
152
Positionierung der männlichen Protagonisten innerhalb der Narration
wie vom Zuseher - kontrolliert und in Besitz genommen werden
kann. Die solchermaßen installierte Diskursivierung des Blicks resultiert in der Spaltung von Sehen und Gesehenwerden und etabliert
damit ein Setting von (aktiven) Subjekten und (passiven) Objekten,
das als geschlechtlich markiertes Verhältnis der herrschenden Geschlechterordnung entspricht, sowie vermittels normativer Vorstellungen auch affirmierend erneut produziert.
Traditionelle Männlichkeit stellt sich her durch die ständig sich erneuernde Verleugnung von Passivität zugunsten einer Einbindung in
Handlungen (z.B. in Filmplots, die Männer im Zentrum der Handlung
piazieren oder in Bildkompositionen, die Männerkörper in Aktion
zeigen) sowie der Abwehr eines erotisch kontemplativen Blickes auf
(sexualisierte) Männerkörper.
Werden Männerkörper (wie etwa im Actionkino) explizit in den
Blick genommen, zeichnet sich ihre Maskulinität durch Muskelkraft
als vorgeblich biologischem, keinesfalls kulturell (wie etwa durch
Sport) angeeigentem Attribut aus. Die Natürlichkeit dieser Muskeln,
so Richard Dyer 144, soll männliche Macht und Dominanz legitimieren. Eine Aufladung mit sexueller Schaulust wird dabei jedoch in
zweifacher Weise unterbunden: Zum einen durch die Koppelung der
narrativ zentral piazierten Körper an aggressive, kämpferische
Handlungen (die Ablenkung bzw. Abwehr von der Körperlichkeit dieser Zur-Schau-Stellung wird durch eine filmische Einbettung anhand
schneller Schnitte und Reißschwenks erreicht); zum anderen durch
bestimmte Licht- und Blickstrukturen, die eine Plastizität des Körpers des Protagonisten abschwächen und seinen Blick, der (im Unterschied zur Frauenfigur, der als koketter oder verschämter die
Sexuahsierung betont) über den Bildrahmen hinaus gerichtet ist und
somit eine Konzentration und Orientierung auf Geistiges (der bevorstehende Kampf, die komplizierte Situation etc.) andeuten soll.
144
DYER, Richard: "Don't Look Now". Die Unstimmigkeiten des männlichen
Pin-Up. In: GRAMANN, Karola; KOCH, Gertrud; SCHLÜPMANN, Heide
(Hg.). Frauen und Film. Heft 40. Frankfurt am Main 1986.
153
Zusammenfassend läßt sich festhalten, daß die Darstellung des
weißen, heterosexuellen Männerkörpers durchaus paradoxal verfährt: zwar wird der Protagonist mit Blick- und Handlungsmacht ausgestattet, ist seine Position zentral in Bild und Handlung verankert und stellt damit ein eine ideale Identifikationsfigur für potente Maskulinität vor 145. Dem zuwider laufen jene filmischen und textuellen
Operationen, die jegliches Aufscheinen von nicht-männlichen (v.a.
femininen oder homosexuellen) Konnotationen, die zur Repräsentation einer (die Schaulust der Rezipientlnnen Unterstütztenden) zu
begehrenden Körperlichkeit einladen, unterbunden und abgewehrt
werden. Der Männerkörper wird also als Objekt der erotischen Kontemplation disqualifiziert, die Thematisierung seines Körpers wird
durch andere Verfahren motiviert.
"Die Martern und Qualen, die sich diese Männer zufügen oder von
anderen erdulden sind eine Sache. Eine andere ist ihre unleugbare
Aggression, Kraft und Omnipotenz. Am Ende steht immer der Sieg
über sich und andere, die Beherrschung anderer und ihrer selbst.
Wie der Protagonist in den Spiegel, so blickt der Zuschauer auf ein
"Double", auf ein Fleisch gewordenes Phantasma vollkommener
Selbstbeherrschung." 146
Laura Mulvey interpretiert die mögliche narzisstische Identifikation
von Zuseher und (stellvertretendem) Helden als Blickstruktur, in der
"...die Macht des Protagonisten, der das Geschehen kontrolliert mit
der Macht des erotischen Blicks zusammenfällt - das Ergebnis ist ein
Omnipotenz-Gefühl. Die glanzvollen Eigenschaften des männlichen
*45 Diese schematische Skizze läßt zugegebenermaßen außer acht, daß die
narrativ zu überwindenden Hindernisse, die den Helden als solchen
installieren (und die nach de Lauretis/Lotman "weiblich" markiert sind),
durchaus auch durch Männer(körper) repräsentiert werden. Trotz der
tabuisierten Homoerotik, die eine solche aktiv-passiv Positionierung
vorgibt, funktionieren diese, mit weniger Potenz
ausgestatteten
Männerfiguren, für eine männlich homosexuelle Schaulust. Innerhalb der
(auch narrativ
verankerten)
männerbündischen Struktur
ist
die
Interaktion eines kompetitiv geregelten Verkehrs unter Männern
zwingend, doch muß j e d e explizite erotische Konnotation seitens
normativer männlicher Heterosexualität abgewehrt werden. Oder, wie die
Künstlerin Barbara Kruger lakonisch präsentiert: "Men create intricate
rituals to touch the skin of o t h e r men".
146
BRAUERHOCH,
Annette:
Glanz
und
Elend
der
Muskelmänner.
Konfrontation mit einem Genre. In: GRAMANN et al. (1986), S. 23
154
Filmstars sind folglich nicht die des erotischen Objekts des Blicks,
sondern die des perfekteren, vollständigeren, mächtigeren, idealen
Ich, die in dem ursprünglichen Augenblick des Wiedererkennens vor
dem Spiegel (gemeint ist hier die phantasmatische Identifizierung
mit einem Ideal-Ich, durch die Subjektivität als immer schon verfehlte Identität in Lacans Spiegelstadium zustandekommt, Anm. MS)
erlebt wurden." 147
Wie oben angedeutet, wird dieses ideale Szenario unterstützt durch
filmische Strukturen von Raum, Sprache, Narration (etc.). Die imaginierte männliche Kraft u n d Aktivität kann demnach als phallische
wahrgenommen werden, sie repräsentiert die abstrakte väterliche
Macht der symbolischen Ordnung. Diese Skizzierung der konventionellen Darstellung von Männlichkeit verweist auch jenseits ihrer
A u s n a h m e n u n d u n t e r s c h i e d l i c h e n Spielarten, d e n n o c h auf
folgendes:
"Man erliegt hier leicht der Gefahr, die Dinge nicht richtig zu durchdenken. Der Phallus ist nicht einfach ein wülkürlich gewähltes Symbol der Macht; das Entscheidende ist, daß der Penis dafür Modell gestanden hat. Weil nur Männer einen Penis haben, sind phallische
Symbole, auch wenn Frauen sie in einem gewissen Sinn besitzen
können, immer Symbole einer letztendlich männlichen Macht. ...
Das führt zur größten Unstimmigkeit in der bildlichen Darstellung
von Männern. Denn der Penis kann sich nicht mit dem Phallus messen und sich niemals zu dessen mystischer Bedeutung emporschwingen. ... Aber die Grundlage all dieser Unstimmigkeit ist eine
Haltung, die in jenem Streben, Sich-Anstrengen das eigentliche Heü
sieht, das den Mann erst zum Mann macht. Ob der Kopf hochgereckt ist, im Bemühen eine unerreichbare Transzendenz, oder der
Penis im hoffnungslosen Versuch nach oben schnellt, phallisches
Herrschertum zu behaupten: Stets sind Männer wie Frauen aufgerufen, eben jene Momente zu würdigen, welche die Männlichkeit zu
einer so unbefriedigenden Definition des Menschlichen zu
machen." 148
Damit
147
wird
offensichtlich,
MULVEY (1980), S. 38
148 DYER (1986), S. 18/19
daß
auch
Männlichkeit
als
155
phantasmatisches Konstrukt begriffen werden kann, dessen
Inszenierung immer auch als Streben nach Verkörperung des
phallischen Ideals gelesen werden kann.
Eine Eingangsfrage zur Filmanalyse "Was ist das Begehren des Mannes, das er einen solchen Text schreibt?" wieder einholend, soll im
Folgenden das Augenmerk auf die Formierungsmechanismen von
Männlichkeit gerichtet werden. Beschrieben und analysiert wurden
bislang die performativen Akte, vermittels derer Weiblichkeit als
relationale Konstruktion die Etablierung normativer weißer, heterosexueller Männlichkeit stützt. Die Asymmetrie einer Geschlechterdifferenz, die sich anhand der Dichotomisierung bipolarer Konzepte
von Sex konstituiert, deren Grundlage (Sex) jedoch historisch, kulturell (etc.) diskursiv produziert wird und produktiv wirkt, basiert
auf der Grundlage einer symbolischen Ordnung, die die Verteilung
von Machtpositionen vornimmt.
Der Blick auf diese Machtstruktur eröffnet ein erweitertes Verständnis der Formation geschlechtlicher Subjekte, da - über die
symbolische Ordnung hinaus - ideologische Implikationen 149 die
Ausbüdung von Identität bzw. die Anerkennung geschlechtlicher Differenzen) durchdringen. Die Funktionsweise dieser im Subjekt verankerten ideologischen Interpellation beruht z.B. darin, daß kulturell
hergestellte Bilder (wie die Anatomie von Körpern) als
(präsymbolische, prädiskursive - unvermittelte) "Realität" wahrgenommen und begriffen werden; d.h. die ideologische Verfaßtheit von
Subjekten beruht auf der Verkennung des konstruierten, historisch
spezifisch eingebundenen Charakters von (Selbst-) Wahrnehmung.
Übertragen auf das Verhältnis der Geschlechter übermittelt sich, wie
v.a. Kaia Silverman und Gayle Rubin 15° aufzeigen, patriarchale Ideo-
*49 Ideologische Einschreibeprozesse begleiten die Subjektgenese und führen
zur "Verinnerlichung" dieser Normen:
"In order for ideology to command belief, then, it must extend itself
into the d e e p e s t reaches of the subject's identity and unconscious
desire. I will propose the positive Oedipus complex as the mechanism
through which our dominant fiction seeks to effect this interpellation,
and thereby t o produce and sustain a normative masculinity."
SILVERMAN, Kaia: Male Subjectivity at the Margins. London 1992. S. 16
" 0 RUBIN, Gayle: The Traffic in Women: Notes on the "Political Economy"
156
logie im N a m e n / G e s e t z e s des Vaters wie der Regelung der
Nachkommenschaft, also jenen Grundlagen der symbolischen Ordnung, die die Ideologie von Famüie u n d Arbeitsteüung als "natürliches" (Geschlechter)Verhältnis vorgeben und in der Subjektgenese
verhandeln. Angesichts der Aufdeckung des ülusionären Charakters
von Realität spricht Kaia Silverman von "dominanter Fiktion" und betont damit weitergehend den produktiven Charakter derselben.
"Because of the interarticulation of the core elements of the
dominant fiction with elements drawn from the ideologies of class,
race, ethnicity, and gender, the dominant fiction might be said to
negotiate between the symbolic order and the mode of production to be that which permits two very different forms of determination
to be lived simultaneously (Süverman bezieht sich auf die Differenz
von weiblich und männlich, Anm. M.S.). Finally, the dominant fiction
presents the social formation with its fundamental image of unity,
the famüy." 151
Die Ausformung dieser Subjekte unter das Gesetz des Vaters bzw.
das Gesetz der Nachkommen ereignet sich nach Maßgabe maskuliner Paradima und läßt sich folgendermaßen beschreiben:
"Our dominant fiction calls upon the male subject to see himself,
and the female subject to recognize and desire him, only through
the mediation of images of an unimpaired masculinity. It urges both
the male and the female subject, that is, to deny all knowledge of
male castration by believing in the commensurability of penis and
phallus, actual and symbolic father." 152
Diese Vorausschickungen sollen ausreichen, u m das Ideal normativer Männlichkeit zu skizzieren, bzw. die (hier angelegte) monolithische Struktur eines bipolaren D e n k e n s von Geschlechterdifferenz aufzuzeigen.
Rückblickend auf den Spielfilm "Alien" scheint dieser Science
Fiction eine progressive Umkehrung der d i c h o t o m e n Macht-
151
152
of Sex. In: REITER, Rayna (ed.): Toward an Anthropology of
New York/London 1975.
SILVERMAN (1992), S. 42
SILVERMAN (1992), S. 42
Women.
157
konstellation im Verhältnis zwischen Männern und Frauen anzudeuten. Wie in der Filmanalyse ausgeführt, ist die Macht über Handlung und Blick an Positionen (Ripley, das Monster, Mother) gebunden,
die mit Weiblichkeit (bzw. bestimmten Aspekten ihrer) assoziiert
werden; dagegen nehmen die männlichen Filmfiguren eine Opferposition ein 153. Dies verführt zur These, daß in "Alien" traditionelle
Geschlechterpositionen verkehrt werden: Männer hätten ein Körpergeschlecht, das durch seine Offenheit gekennzeichnet ist und Penetration ermöglicht; weitergehend seien die weiblichen Positionen
durch phallische Insignien gekennzeichnet. Damit ergäbe sich die
Gegenüberstellung von mit männlichen Symbolen und Attributen
ausstaffierten, mächtigen Frauenfiguren angesichts männlicher "AntiHelden", deren Inszenierung weiblicher Rollenmerkmale geschuldet
ist. Diese These, die ich im folgenden widerlegen möchte, vertritt
Carol Clover:
"The fact that female monsters and female heroes, when they do
appear, are masculine in dress and behavior (and often even name),
and that male victims are shown in feminine postures at the
moment of their extremity, would seem to suggest that gender
inheres in the function itself - that there is something about the
victim function that wants manifestation in a female, and something
about the monster and hero functions that wants expression in a
male." l*4
Angedeutet im Begriff der "Umkehrung" sollen im Folgenden zwei
Interpretationsmuster vorgestellt werden, die sich als Folie anbieten, das Geschlechterverhältnis in "Alien" gegen den Strich zu lesen.
Eine erste Gegenversion bietet sich in Carol Clovers Motiv des "Final
153 Zur Darstellung einer Struktur, die sich auf die Inszenierung passiver
Männlichkeit in der Opferposition konzentriert, sehe ich mich veranlaßt,
an dieser Stelle auf die ambiguose Inszenierung Ripleys und des Monsters
zu verzichten. Keine dieser beiden Figuren verkörpert ein vollständiges
Ideal normativer Weiblichkeit, jenseits d e r ambivalenten Zuschreibungen
sind sie vielmehr in der Polarität der Entgegensetzung von weiblichen
Attributen und Konnotationen als aufeinander bezogene Figuren zu lesen.
I-*4 CLOVER, Carol: Men, Women and Chainsaws. Gender in the Modern
Horror Film. Princeton 1992. S. 12
158
Girl" an, ein genretypisches Verfahren des Horror Movies, das die
Überlebensposition weiblicher Helden in ein Verhältnis zur dargestellten Niederlage der männlichen Figuren stellt.
Eine weitere Differenzierung dieses Topos kann durch den Erklärungsansatz der "masochistischen Ästhetik" geleistet werden.
Insofern die Betonung des phantasmatischen Settings eines masochistischen Begehrens den Bezugsrahmen meiner Filmanalyse stützt,
konzentriere ich mich auf den Ansatz von Deleuze. Diesem Konzept
vorgeschaltet ist jedoch Teresa de Lauretis Ansatz zu einer Konzeption "perverser Subjektivität", die (jenseits der Addressierung
dieser Theorie) ein nicht-restriktives Modell zur Verfügung stellt, in
dem Repräsentation, Fantasie und die Konstitution sexueller Subjekte in ihren komplexen Zusammenhängen gedacht werden können.
De Lauretis' Entwurf entwickelt die ideologische Verfaßtheit von Subjektivität entlang eines Konzeptes von Fantasie, die - im Unterschied zu Silvermans dualer Geschlechterkonzeption, die lediglich
einen, zudem heterosexistischen, Ausblick auf die Normativität von
Maskulinität anbietet - unterschiedlichste Formen von Begehren und
Sexuierung begreifbar macht. Vor dem Hintergrund ihres Ansatzes
garantiert die "masochistische Ästhetik" von Deleuze weitestgehende Begehrensdispotionen, wie sie m.E. auch im Spielfilm "Alien"
imaginiert werden.
Das Final Girl
Im Rape-Revenge Film (Filmen, die mörderische weibliche Rache
nach einer Vergewaltigung thematisieren) und im Slasher Film der
70er und 80er Jahre ergibt sich, nach Clover 155 eine Verschiebung in
der Identifizierung von Gender als Attribut einer Überlebens- bzw.
Opferposition. Als Grundmuster dieser Füme fungieren die brutalen
Tötungsakte eines Psychokillers (bzw. einer Gruppe von Männern),
die eine Gruppe von Teenagern bedrohen. Beendet wird diese
155
CLOVER, Carol: Her Body, Himself. In: dies.: Men, Women
Chainsaws. Gender in the Modern Horror Film. Princeton 1992.
and
159
Blutorgie stets durch ein junges Mädchen, die als letzte Überlebende, den/die Killer mit dem Tod bestraft.
Jenseits einer Sensibilität angesichts kultureller Veränderungen
der traditionellen Geschlechterrollen, stellt sich - insofern diese
Subgenres ein nahezu ausschließlich männliches Publikum addressieren - die Frage nach männlicher Schaulust und Identifikation, die
(s.o.) Distanz und Kontrolle über Handlungs- und Blickstrukturen erfordert. Die Unterwerfung und Niederlage männlicher Figuren kann
angesichts einer weiblichen Siegerposition 156 nicht nur als Variation
eines Genrethemas begriffen werden. Die Exzessivität der Ausstellung zerstörter, aufgerissener Männerleiber widerstrebt jeglicher
Vorstellung einer distanzierten Rezeptionshaltung; die Niederlage
des männlichen Külers verhindert zudem die Etablierung einer männlichen Siegerposition (die die blutige Überwindung von Gegnern zumindest narrativ kompensiert hätte, vgl. z.B. den Western), so daß
keinerlei (normalisierende) Einbindung in einen Rahmen von
(normativer) Männlichkeit gelingt; vielmehr die Entgrenzung und Entterritorialisierung männlicher Körperbilder zelebriert wird. Welche
Lüste werden also angesprochen?
"... in horror films, our primary excitement and involvement is with
the victims, not with the monsters or the murderers. Our
"identification" or investment is with the very bodies being
dismembered, rather than with the agents of their destruction." I57
Sollte Schaulust sich einzig in der Faszination an den (tabuisierten,
abjekten) verletzten Körpern entzünden, rückt dennoch das Final
Girl als Figur, die die Spannungsstruktur der exzessiven Abschlachtungen umkehrt, ins Zentrum. Das Final Girl bezeichnet ein junges
Mädchen, die den wiederholten Angriffen auf ihre körperliche Verletzlichkeit entrinnt und der es gelingt, ihrer permanenten Viktimisierung durch das eigenhändige Auslöschen des/der Bedroher(s)
zu entkommen.
156
157
"...from 1974 on, the survivor figure has been female." CLOVER (1992),
S. 35
SHAVIRO, Steven: The Cinematic Body. Minneapolis/London 1993. S. 60
160
Das Final Girl wird von Anbeginn des Fümes libidinös besetzt, ihre
Position unter den übrigen Gruppenmitgliedern individualisiert und
herausgehoben. Zu ihren Charakteristika zählen Attribute, die
"männlich" konnotiert sind (wie Intellektualität, sportliche Ambitionen, männliche Fertigkeiten wie Autoreparieren etc.) und in Bezug
zu ihrer sexuellen Identität zu lesen sind: das Final Girl ist somit
(noch) nicht heterosexuell besetzt.
"Unlike her girlfriends she is not sexually active. ... she is unattached
and lonely but declines male attention. The Final Girl is also watchful
to the point of paranoia; small signs of danger that her friends ignore,
she registers. Above all, she is intelligent and resourceful in a pinch.
... The Final Girl is boyish, in a word."158
Ash / Ripley am Mikroskop
Ausgehend von diesem sexuellen Setting interpretiert Clover, daß
die Filmplots dieser Genre sich um das Phänomen der potentiellen
Bisexualität der agierenden Figuren drehen. Entlang der Narration erfolgt die Stabüisierung von sexueller Identität und manifestiert sich
in den sexuell imaginierten Positionen von Opfer - Schlächter - Final
Girl sich manifestieren. Als Beispiele aus "Alien" mag die Diskussion
des Status von Ripley als Actionheldin gelten: Der Prüfstand ihrer
Etablierung in einem maskulin besetzten Genre erfordert, wie ausgeführt, die Anpassung an männliche Umgangsformen, die zum einen
der Vorstellung eines Frauenbildes dienen, das (narrativ) z.B. durch
berufliche Kompetenz und Handlungsmacht ausgestattet ist.
Fümisch impliziert diese neue dramatis personae jedoch ein Oszülieren ihrer sexuellen Identität, die vom jeweiligen Kontext bestimmt
158
CLOVER (1992). S. 39/40
161
wird: Erinnert werden soll an das Posing als "Girl with a Gun" (dies
symbolisiert die Adaption an die actionbetonte Handlung, unterstreicht Handlungs- und Blickmacht der Protagonistin im Zentrum
der Narration) ebenso wie den "Striptease", der Ripley in der Opferposition anbietet, ihrer Maskulinisierung bzw. einer subkulturellen
Lesart als Dyke zuwiderläuft und potentielle Zweifel an ihrer anatomischen Ausstattung bestreitet (was weitergehend auch der Versicherung einer heterosexuell-männlichen Schaulust, die die Inbesitznahme des weiblichen Schauobjektes intendiert) gilt. Bei aller Kritik,
die sich auf die Ausblendung von weiblichen Attributen angesichts
der Adaption, u n d umgekehrt, die klischiierte Zusicherung von Feminität, bezieht, weise ich wiederholt auf das subversive Potential
solcher Veränderungen (Genretheorie, Schaulust, Identifikation) hin.
"But from a body-centered, literalistic viewpoint, these films
represent the hero as an anatomical female, so that at least one of
the traditional marks of heroism, triumphant self-rescue, is no
longer strictly gendered masculine." 159
Vor diesem Hintergrund gestaltet sich die Männlichkeit der Killer als
impotente: sie sind ausgezeichnet durch deviantes Sexual verhalten,
geistigen Stumpfsinn, sexuelle Unerfahrenheit und werden oft transvestitisch oder transsexuell inszeniert. Diese "Devianz" ruft auch
Wüliams Analyse der Monsterkörper auf:
"Die Macht des Monsters resultiert eindeutig aus der sexuellen
Differenz zur Männlichkeit. ... Es könnte also durchaus sein, daß
Macht und Potenz des Monster-Körpers... nicht als Ausbruch der für
gewöhnlich unterdrückten animalischen Sexualität des zivilisierten
Mannes verstanden werden sollte (das Monster als Doppelgänger des
männlichen Zuschauers und des Mannes im Film), sondern als die
angsterregende Macht und Potenz einer anderen Art Sexualität (das
Monster als Doppelgänger der Frau)." 16°
Rückblickend auf "Ahen" scheint die Argumentation bis hierher
schlüssig: Ripley könnte die Position des Final Girl besetzen, ihre
159
160
SHAVIRO (1993), S. 60
WILLIAMS, Linda: Wenn sie hinschaut. In: KOCH, Gertrud; SCHLÜPMANN,
Heide (Hg.): Frauen und Film. Heft 49. Frankfurt am Main 1990. S. 7
162
Gegner - der wissenschaftliche Offizier Ash und das Monster - weisen viele Merkmale impotenter Männlichkeit auf - oder, Wüüams folgend, maskiert das agonale Setting weiblich konnotierte Ähnlichkeiten. An dieser Stelle der Analyse könnte das Phänomen der "umgekehrten" Strukturen und Verfahren hinsichtlich Gender mit der potentiellen Möglichkeit des Gender-Crossing in Bezug zu Schaulust
und Identifikation erklärt werden. Anders ausgedrückt: Jenseits der
anatomisch spezifischen Erscheinungsformen, die einen Leinwandhelden als Identifikationsangebot für den männlichen Zuseher vorsehen, würde „Alien" ein Modell von Überidentifikation (des Zusehers mit Ripley) anbieten. Auf die Notwendigkeit dieser Rezeptionshaltung seitens der weiblichen Zuseherin wies Mary Ann Doane 161
wiederholt hin, nicht theoretisiert wurde zumeist jedoch die potentielle Identifikation eines männlichen Zusehers mit einer weiblichen
Figur.
Leider versäumt Clover in ihrer aufschlußreichen Analyse dieses
Argument, so daß eine psychoanalytische Einbindung dieser GenderVerschiebungen nur um die Affirmation eines dualen phallischen
Modells stattfindet. Zwar konstatiert sie eine Lücke im maskulinen
Genre, die die Figur des Final Girl produziert und die eine Identifikation männlicher Zuseher mit (weiblich konnotierter) Hilflosigkeit in
der Opferposition ermöglicht. Im Beharren auf bisexuell-subversiven
Codes, die die traditionellen Strategien von männlicher Dominanz
und weiblicher Unterwerfung unterminieren, verfängt sich jedoch
Clovers Aufdeckung der ambivalenten Sexuierungen bzw. werden
diese in einer unhinterfragten Vorstellung von Bisexualität widerspruchsfrei aufgelöst. Mit diesem Kunstgriff einer von Final Girl und
Killer "geteilten Maskulinität und geteilten Feminität" wird das Final
Girl letztlich als Komplizin des männlichen Zusehers imaginiert, als
"congenial double for the adolescent male" 162. Damit wird die
"Rhethorik der Gewalt" (de Lauretis) dieser umgekehrten Subjekt-
161 DOANE, Mary Ann: Zur Theorie des weiblichen Zuschauers. In:
GRAMANN, Karola; KOCH, Gertrud, SCHLÜPMANN, Heide (Hg.): Frauen
und Film. Maskerade. Heft 38. Frankfurt am Main 1985.
162
CLOVER (1992), S. 51
163
Objekt-Verhältnisse nicht zu einer kritischen Befragung der Geschlechtskategorien genutzt I63 , vielmehr steht diese Figur für den
tabuisierten homosexuellen Austausch u n d Verkehr zwischen Männern 164. Als homoerotisierte Stellvertreterin signifiziert sie den
Mangel des männlichen Geliebten, der allerdings im Finale (der Ausstattung mit der phallischen Waffe) kompensiert wird.
"The Final Girl is (apparently) female not despite the maleness of the
audience, but precisely because of it. The discourse is wholly
masculine, and females figure in it only insofar as they "read" some
aspect of male experience. To applaud the Final Girl as a feminist
development, as some reviews of Aliens have done with Ripley, is,
in light of her figurative meaning, a particularly grotesque expression
of wishful thinking. She is simply an agreed-upon fiction and the
male viewer's use of her as a vehicle for his own sadomasochistic
fantasies an act of perhaps timeless dishonesty." *65
163 Wenngleich
Barbara
Creed
die
duale
Konzeption
von
Geschlechterdifferenz nicht dekonstruiert, vermag ihre Konzentration auf
den Kastrationskomplex dennoch eine erweiterte Version des Final Girl
vorzuschlagen:
"The heroine of the slasher film is also represented as a castrating figure
- a crucial point which is largely ignored in critical discussions of the
genre. Clover emphasizes the savage nature of her revenge. In
dispatching the killer, the heroine frequently engages in castration,
symbolic or literal. ... Using a Freudian psychoanalytic framework,
Clover, however, d o e s not allow the heroine ... to be defined as
castrating. ... As I have shown, the phallic woman and castrating woman
are different figures. The avenging heroine of the slasher film is not the
Freudian phallic woman whose image is designed to allay castration
anxiety but the deadly femme castratrice, a female figure, who exists in
the discourses of myth, legend, religion and art but whose image has
been repressed in Freudian psychoanalytic theory largely because it
challenges Freud's view that man fears woman because she is castrated."
CREED,
Barbara:
The
Monstrous-Feminine.
Film,
Feminism,
Psychoanalysis. London/New York 1993. S. 126/127
164 Dieses Tabu erklärt zum Teil auch die Ausblendung einer erotischen
Darstellung von Männerkörpern:
"Die Kastration kann natürlich nur Männer treffen; und wahrscheinlich ist
das Tabu männlicher Analerotik dafür verantwortlich, daß die Penetration
für Männer, die sich als männlich definieren, angstbesetzt ist- ebenso wie
das männliche Konzept von (Hetero)Sexualität, bei dem die Frau
"genommen" wird, die Penetration erst zu einem Akt der Gewalt macht.
Frauen werden bei der Konfrontation
und Betrachtung
dieser
kastrierend/penetrierenden Blicke in ein System verstrickt, das sich
weniger auf sie bezieht, als vielmehr Aspekte männlicher Sexualität zum
Vorschein kommen läßt, die nur in den Köpfen der Männer existieren."
DYER, Richard: Don't Look Now. In: GRAMANN; KOCH; SCHLÜPMANN
(Hg.): Frauen und Film. Heft 40. Frankfurt am Main 1986. S. 15
165
CLOVER (1992), S. 53
164
Die Darstellung von Clovers Final Girl verdankt sich (jenseits meiner
Kritik der widerspruchsfreien Einbindung) der Aufmerksamkeit, mit
der Clover die Ambivalenzen nur scheinbar identitätslogisch verfahrender sexueller Figurationen aufdeckt. Die Interpretation von
Ripley als einem potentiellen Final Girl bietet einen Ausgangspunkt
für die folgende Argumentation. Clovers Argument der potentiellen
Bisexualität von Final Girl und Killer, verdeckt die - zwar konstatierte
- Instabilität der Kongruenz normativer Männlichkeit bzw. Weiblichkeit und verschleiert den ideologischen Charakter ihrer heterosexuellen Matrix. Ihre Lesart produziert subtextuell die Affirmation
weibhcher Rollenklischees (Frauen als Subjekte der Handlung müssen nicht notwendigerweise maskulin interpretiert werden); Clovers
verstellter Bück, der die Übernahme phallozentrischer Blick- und Erzählstrukturen fortschreibt, kann so in seiner vermeintlich analytischen Interpretation weder andere Kategorien begrifflich fassen,
noch subversive Muster als solche erkennen. Dies erklärt auch ihre
"Blindheit" für Filmstrukturen, in denen die tabuisierte männliche
Homoerotik verhandelt wird.
Damit verschenkt Clover m. E. jene Angebote, die auf ein verändertes Setting von Subjektpositionen verweisen und sich für das
Verhältnis von Identifikation und Schaulust als konstitutiv erweisen:
Zum einen wird das Angebot einer potenten weiblichen Protagonistin
angesichts der konstatierten Maskulinisierung unterschätzt; mein
Einwand richtet sich gegen Clovers pessimistische Perspektive angesichts weibhcher Agentinnenschaft (sowohl in Hinsicht auf die Zuseherin als auch auf die Verschiebungen auf der Ebene der Repräsentation i66). Zum anderen übersieht sie die potentielle Identifikation männlicher Zuseher mit der Opferposition (passive Männlichkeit, schwule Identifikation etc.). Ihre Lesart der "sadomasochistischen Fantasien" affirmiert die dominante Fiktion bzw. deren
duale, heterosexistische Basis. Dadurch verdeckt sie die phantasmatische masochistische Dimension des Settings.
166
V gi
d a z u di e Argumentation hinsichtlich der Actionheldin.
165
Perverse Subjekte
Im Rückblick auf die geleistete Filmanalyse werden angesichts der
oben genannten Aspekte die multiplen sexuellen Einschreibungen,
die sich identitätslogischer Einordnung entziehen aufgerufen. An
dieser Stelle möchte ich nochmals darauf hinweisen, daß mein Beharren auf der konstatierten Vielfalt sich auf die Notwendigkeit
(repräsentativer) Identifikationsangebote und feministischer
Agentinnenschaft bezieht. Diese verdanken sich der Zuversicht in
die Veränderbarkeit einer (phallisch dominierten) symbolischen Ordnung, bzw. theoretischen Eröffnungen, die z.B. für eine "nicht-repräsentative Repräsentation" 167 plädieren.
Der folgende Exkurs über Teresa de Lauretis' Entwurf einer lesbischen Theorie des Subjekts verfolgt in dieser Hinsicht zwei Ziele:
de Lauretis dekonstruiert den dichotomen Charakter der Geschlechterdifferenz, die sich durch den Ausschluss "anderer"
Differenzen auszeichnet. In ihrer Relektüre von Sigmund Freud entwickelt sie ein Konzept von Subjektivität, das (jenseits seiner expliziten Addressierung an lesbische Leserinnen) Möglichkeiten für
queere Besetzungen verspricht. Die Betonung der Bedeutung von
Phantasie als konstitutiver Struktur für sexuelle Identität ermöglicht
u.a. die Umdeutung des mütterlichen Körpers und eröffnet weitergehend ein revidiertes Modell einer masochistischen Ästhetik 168.
167 "what remains at stake is the development of practices in answer to the
call for the recognition of multiple determinations mentioned above; not
polysexual choreography but the exploration of the various realities of
difference and the different positions and effects they involve.
Something that seems crucial to these practices is the a t t e m p t to
develop forms of non-representative representation. ... It is a question
of the propriety of difference and of the difficulties of that. People
can represent themselves, as is often said. ...represent yourself for us,
and represent yourself to absolve us from the necessary work of
representation we must do, the renegotiation of relations of
understanding of you and us. ... We ...need again to recast the terms of
our "representation", to produce forms that hold at once to difference
and its critique, that can challenge the limits of claims to
representativeness in recognition of particularity while holding to the
recognition equally of the limits of particularity if that is itself - as
"difference" or "other" - fetishized into absolute and final instance."
HEATH, Steven: The Ethics of Sexual Difference. In: Discourse.
Theoretical Studies in Media and Culture. Spring-Summer 1990. S.
149/150
1"° Gemeint ist hier ein Verständnis von masochistischer Ästhetik, das den
166
Rückgebunden an die Fümanalyse werden so Interpretations- und
Analysemuster verfügbar i69, die nicht-restriktive Subjektpositionen
implizieren, ohne in ein frei flottierendes Spiel austauschbarer Bedeutungen zu münden.
Ge8clHechter(in)differenz
Das Angebot nicht-restriktiver Subjektpositionen (für Repräsentationen, für Agentinnenschaft) erfordert eine Konzeption von Geschlechterdifferenz, die nicht auf die Opposition von Weiblichkeit
und Männhchkeit reduziert ist. Die seitens dekonstruktiver Theorie
ausgelösten Verschiebungen, die der Rede von Weiblichkeit als dem
"Anderen" der Männlichkeit eine Absage erteüen und sowohl den
Differenzen zwischen Frauen wie auch intrasubjektiven Differenzen
Rechnung tragen, stellen den Begriff der Geschlechterdifferenz in
Frage:
"It thus appears that "sexual difference" is the term of a conceptual
paradox corresponding to what is in effect a real contradiction in
women's lives: the term at once, of a sexual difference (women are,
or want, something different from men) and of a sexual indifference
(women are, or want, the same as men)." i7 °
Theoretische Ausrichtungen 171, deren Konzeption von Geschlechterdifferenz dualistisch begründet ist und zumeist
Differenzen von Homo- oder Transsexualität ausblendet, vermögen
Rahmen psychoanalytischer Triangulierung überschreitet, s.u.
1^9 "...i am saying, when it comes to engaging the subject's fantasy and
identification, a film's effects are neither structural (if structural is
equated with universal) nor totally structured by the film (by its fantasy,
narration, or form); rather, they are contingent on the s p e c t a t o r ' s
subjectivity and subjecthood (which are themselves, to some extent,
already structured but also open to restructuration). The success of a
critical analysis or reading of a film, therefore, consists in showing
particular
spectator
...
in her/his
interpretation
or
ciritical
reconstruction (secondarization) of the film as fantasy." DE LAURETIS,
Teresa: The Practice of Love. Lesbian Sexuality and Perverse Desire.
Bloomington/Indianapolis 1994. S. 130
l 7 ^ DE LAURETIS, Teresa: Sexual Indifference and Lesbian Representation.
In: CASE, Sue Ellen (ed.): Performing Feminism: Feminist Critical Theory
and Theatre. Baltimore 1990. S. 17
l ' l Seien sie einem Ein-Geschlechtsoder
Zwei-Geschlechter-Modell
verpflichtet; humanistisch-egalitär o d e r essentialistisch-differenzbetont
konzipiert...
167
Weiblichkeit lediglich im Spannungsfeld von purer Differenz oder
unwesentücher Indifferenz zu begreifen. Das solchermaßen von de
Lauretis konstatierte Paradoxon der sexuellen (In)Differenz l72 bedingt Vereinnahmungen und Ausblendungen von, sowie Zuschreibungen an "andere" (marginale, "perverse") Formen des Begehrens sowie der Subjekte dieses Begehrens, deren Begreif- und
Repräsentierbarkeit nur unter Aspekten normativ männlicher
Paradigmen stattfinden kann. Diese strukturelle Unmöglichkeit ist
der Ausschließlichkeit einer dualen Struktur von Geschlecht
geschuldet;
d.h. "andere" S e l b s t r e p r ä s e n t a t i o n e n und
Repräsentationen werden über die Pole von Weiblichkeit und
Männlichkeit verhandelt. Als Beispiele hierfür mag die
sexualwissenschaftliche Diskussion u m die Jahrhundertwende
gelten, in der Kategorien wie "das Mannweib" oder "der Weibmann"
etabliert wurden, um Homosexuelle in einem dualen
Geschlechtermodell zu verankern 173. Die Ignoranz gegenüber
"anderen" Repräsentationen (sei sie nun durch das Fehlen wissenschaftlicher Kategorien oder andere normative Diskursivierungen
reguliert) verweist diese Subjekte und deren Repräsentation in die
Position der Marginalität und Devianz 174.
De Lauretis Modell der sexuellen (In)Differenz erweist sich auch in
Rückbezug auf "Alien" schlüssig; als Beispiel sei dazu nochmals auf
die ambivalente Interpretation des "astronautischen" Status von
Ripley verwiesen. Vivian Sobchack konstatiert das Aussparen bzw.
Abspalten von Ripleys Weiblichkeit im asexuell-jungfräulichen 175, die
l 7 ^ Analog dazu verwendet de Lauretis für diese (In)Differenz auch die
Begriffe
von Homosexualität,
worunter
schwule
und
lesbische
Sexualitäten zu verstehen sind, im Unterschied zur (von Irigaray
entlehnten)
Hom(m)osexualität.
So
bezeichnet
wird
die
p hallo go zentrische Ordnung männerbündischer Struktur als (dennoch
unausgewiesen) homosexuelle, in der der Verkehr zwischen Männer
dahingehend geregelt wird, daß Frauen als Zeichen, Ware und Tauschwert
zirkulieren.
173
vgl. dazu BEGUSCH, Harald: Cross-Dressing?/Trans-Sex?/Core-Gender?
Die Konstruktion der Effemination als Darstellung des Geschlechts.
Dissertation. Wien 1995.
1 7 4 Diese Operation b e t o n t weitergehend die ideologische
Differenz
zwischen sexueller (In)Differenz und sozialer (In)Differenz, auf die ich im
Rahmen dieser Arbeit j e d o c h nicht weiter eingehen kann.
175
SOBCHACK, Vivian: The Virginity of Astronauts. In: KUHN (1990).
168
Ratio betonenden Ambiente der Raumfahrt. Jene Bedeutungen, die
mit "Jungfräulichkeit" einhergehen, entgehen Sobchack, sie
verwendet den Begriff im Sinne von sexueller Nicht-Aktivität. Seine
geschlechtsbezogenen Implikationen transportieren jedoch ein Konzept von Geschlechterdifferenz, das auf die ideologisch und symbolisch vermittelte Regelung der Nachkommenschaft verweist. Fragen danach, was diese "Jungfräulichkeit" für das Verhältnis der Männerfiguren (gegenüber dem Konzern, gegenüber dem Monster) bedeutet oder warum "Jungfräulichkeit" gerade das Tabu aktiver Sexualität garantieren soll, werden nicht gestellt. Diese Ignoranz ist
insofern signifikant, als dadurch ein Großteil der sexuellen Anspielungen und Bilder, die sich auf die Körper beziehen, nicht zugänglich gemacht werden kann, bzw. die Interpretation auf eine Lesart beschränkt bleibt, in der Asexualität hier (Crew), Sexualität
(Monster) dort verortet wird. Wie unter dieser Perspektive der
handlungstreibende Konflikt analysiert werden könnte, bleibt unklar.
Im Unterschied zu Sobchack argumentiert Janet Bergstrom 176 für
die subtile sexuelle Aufladung des astronautischen Ambientes. Ihr
Blick focussiert den - unter den Uniformen und Raumanzügen verborgenen Körper, dessen "Sexualität" in Widerspruch zur visuell
intendierten "Entsexualisierung" hin zum Unisex oder einer
vermeintlichen Androgynie stehen soll. Wenngleich ihr Ansatz
vielfältige Begehrensmodi zumindest zur Disposition stellt, hört ihre
Analyse doch an jenem Punkt auf, an dem es darum gehen könnte,
die Beziehungen zwischen diesen Körpern (die ihr ja als Garant für
Sexualität und Begehren gelten) zu untersuchen bzw. weiterzuverfolgen, welche Kontexte, welche Begehrensstrukturen ermöglichen
oder unterbinden und welche Paar- und Gruppenkonstellationen auf
diese Weise hergestellt werden.
Im Hinweis auf die Auslassungen dieser - dualen Geschlechtskonzeptionen verpflichteten - Ansätze, sollte die Anwendbarkeit
der Konzeption sexueller (In)Differenz auf "Alien" veranschaulicht
werden.
176
BERGSTROM, Janet: Androids and Androgyny. In: PENLEY et. al. (1991).
169
De Lauretis' argumentiert gegen eine ungeteilte, nichtwidersprüchliche, universelle und generalisierende Version von Geschlecht und
Subjektivität im Sinne von vielfältigen Dispositionen des Begehrens
oder Selbstverhältnissen. Geschlechterverhältnisse sind so organisiert, daß deren Subjekte nicht nur von unbewußten, psychischen
Prozessen, sondern gleichzeitig auch von normativen, regulierenden
Diskursen strukturiert werden - so daß auf diese Weise deren ideologische Verfaßtheit mitproduziert wird.
Subjektivität ist markiert als Knotenpunkt einander durchdringender Verbindungen (subjektiver wie sozialer Erfahrungen). Aufgrund
der Machtstrukturen der dominanten Fiktion kann eine auszubüdende Geschlechtlichkeit immer nur verfehlt werden. Angesichts
der Unmöglichkeit einer gefestigten geschlechtlichen Identität bzw.
deren grundsätzlicher Instabilität, m u ß die Vorstellung von geschlechtlicher Identität umgearbeitet werden zu einem prozessualen
Verständnis derselben, in der sie als in ständiger dynamischer Herstellung begriffen erscheint:
"Taking gender as a process, .... what lies at the heart of this
redefinition of gender as the technology of the self is the notion of
the politics of subjectivity, in the twofold sense of both the
constitution of identities and the acquisition of subjectivity in terms
of forms of empowerment, or entitlements to certain practices. The
acquisition of subjectivity is therefore a process of material
(institutional) and discursive (symbolic) practices, the aim of which is
both positive - because the process allows for forms of
empowerment - and regulative - because the forms of
empowerment are the site of limitations and disciplining." l77
Das Subjekt der Phantasie
Der folgende Abschnitt beschreibt entlang de Lauretis' Freudlektüre
jene Disposition von sexueller Entwicklung, die vermittels der Phantasie subjektive u n d symbolisch wie imaginär normative Strukturen
inkludiert. Dieses Verhältnis von Selbst u n d Gesellschaft ist der
177
BRAIDOTTI, Rosi: Nomadic Subjects. Embodiment and Sexual Difference
in Contemporary Feminist Theory. New York 1994. S. 156/157
170
Psychoanalyse als Theorie von Begehren und Kultur eingeschrieben.
"... if perversion is understood with Freud... then Freud's theory
contains or implies, if by negation and ambiguity, a notion of
perverse desire, whether perverse means not pathological but rather
non-heterosexual or non-normatively heterosexual." 178
Ausgehend vom Konstatieren der sexuellen (In)Differenz, die ein
binäres Modell von Geschlechterdifferenz bereithält, sowie in der
Focussierung "anderer" Formen des Begehrens entwickelt de
Lauretis ein Modell von Subjektivität, das persönliche und politische
Identität als sexuelle Differenz außerhalb des Bezugs der sozial
dominanten, institutionell verankerten Form der Hetero Sexualität zu
begreifen sucht 179. Entgegen der dominanten Interpretation eines
psychoanalytischen Modells normaler, heterosexueller, reproduktiver Sexualität wendet sich de Lauretis den der Freudschen Psychoanalyse inhärenten Ambivalenzen zu, um einer negativen Spur der
Perversion zu folgen. Als kulturell und historisch situierte Wissenschaft verdankt die Psychoanalyse ihre Erkenntnisse der Normalisation abweichender Manifestationen der Libido, so daß eine sog.
"normale" Sexualentwicklung den Grenzverlauf zwischen Perversion
und Neurose markiert. Die "normale" Entwicklung kann damit als Projektion gesehen werden, als normativer Rahmen, dem das Subjekt
sich anzunähern sucht. Anders ausgedrückt, resultiert die gelungene
Verfaßtheit von Subjektivität aus der Übereinstimmung der Strukturen des Unbewußten mit diskursiven Regulationen.
Die Vermittlungsinstanz zwischen den unterschiedlichen Wünschen und Erfordernissen von Es/Über-Ich und der Außenwelt bildet
das Ich. Analog zur Situierung des sexuellen Instinkts (als Mittler
zwischen dem Mentalen und der Physis) ist das Ich - als Körper-Ich an der Grenzlinie unaufhörlicher materieller Vermittlungen zwischen
Innen- und Außenwelt situiert.
I 7 8 DE LAURETIS (1994), S. xiii
l 7 ^ „... I would not exclude that perverse desire might be useful considered
in relation to male homosexuality or even to forms of sexuality that
appear to be heterosexual but are not so in the normative or
reproductive way." DE LAURETIS, Teresa: The Practice of Love. Lesbian
Sexuality and Perverse Desire. Bloomington/Indianapolis 1994. S. xiii/xiv
171
Die Überschreitung einer binären Struktur des Geschlechterverhältnisses resultiert aus der wichtigen Funktion, die Sexualität in
Verbindung mit Phantasie bei der Ausbüdung von Subjektivität einnimmt. So
"... geht de Lauretis mit Laplanche/Pontalis davon aus, daß nicht Natur oder Biologie am Ursprung der Sexualität steht, sondern die Phantasie, deren Gehalte und Formen sich in einem dynamischen Prozeß
der Vermittlung zwischen "privaten" und "öffentlichen" Phantasien
herausbüden." 18°
Damit kommt der Phantasie - als Ursprungsphantasie wie auch als
Ursprung der Phantasie - eine konsumtive Rolle für die Subjektgenese zu. Vermittelt v.a. über elterliche Phantasien wird durch sie
eine Geschichte des Subjekts strukturiert: Über die imaginierten Ursprungsphantasien von Urszene, Verführung und Kastration werden
auf subjektiver Ebene die Rätsel von Herkunft, von Sexualität und
dem Geschlechterunterschied eingeleitet und aufgelöst. Usprungsphantasien bilden damit eine Art Sprache oder symbolische Sequenz, die die Geschichte des Subjekts strukturieren, gleichzeitig
aber historisch situiert sind. Das sexuelle Subjekt bildet sich aus im
Feld der Phantasie nach dem Verlust des (primären) Objektes; diese
Trennung vom Objekt führt zur Ausbildung der Autoerotik, so daß
aus dieser phantasiegestützten Umwandlung von Wünschen und
Bedürfnissen erst "Sexualität" als solche entsteht.
"In other words, it is through their representation in fantasy that the
drives become properly sexual, in the psychoanalytic sense, and
hence it is only through fantasy that desire is sustained." i81
Die Verbindung von Phantasie und Begehren zielt nicht darauf, ein
Objekt des Begehrens zu verfolgen; vielmehr markiert Phantasie ein
180 DITTUS, Sabrina: Rezension von DE LAURETIS (1994). In: Feministische
Studien. Einsprüche. Weinheim 1995. S. 154
"Obzwar kulturelle Mythen als solche in der Subjektivität
des
Individuums fest verankert, sind auch diese ursprünglichen ("privaten")
Phantasien in ihrer Beziehung zu sozialen Praktiken und Repräsentationen
("öffentlichen"
Phantasien)
einem
Prozeß
der
Transformation
unterworfen." DITTUS (1995), S. 155.
181 DE LAURETIS (1994), S. 83/84
172
Ausgangssetting, in das Subjekt sich in Bildern verliert. Phantasie
fungiert demnach als Szenario, Setting oder strukturierende Szene
des Begehrens.
Eine masochistische Ästhetik
Dieses Szenario des Subjekts ist durchaus vergleichbar mit der hingegebenen Schaulust des/der Kinobesucherin - oder, wie de Lauretis
meint, die Figuration des Subjektes kann auch als kinematische
Trope begriffen werden.
Die Funktion der Phantasie für die Genese des Subjektes bzw. die
Ausgestaltung seines/ihres Begehrens ist grundlegend für die folgende Skizzierung einer masochistischen Ästhetik.
Ridley Scotts "Alien" bietet sich in zweifacher Hinsicht als Materialisierung einer masochistischen Ästhetik an: zum einen entsprechen
die vor allem körperlichen Erfahrungen der Rezeption (das Abwenden des Blicks, das Erschrecken etc.) bei Anblick des imaginierten
Horrors einer Schaulust* die sich auf die Lust am Leiden stützt; zum
anderen wird entlang einer Narration der Bestrafung, Auflösung und
Bedrohung von Körpern nicht das Exempel eines moralischen Sadismus exerziert, sondern die spannungserzeugende Ästhetisierung
von Passivität inszeniert.
"The extinction of sight is the positive condition for a new space and
time, the strange realm of fascination and the image. And this is why
pornography and horror are so crucial to any account of cinematic
experience. In the realm of visual fascination, sex and violence have
much more intense and disturbing an impact than they do in
literature or any other medium; they affect the viewer in a shocking
direct way. Violent and pornographic films literally anchor desire and
perception in the agitated and fragmented body. These "tactile"
convergences are at once the formal means of expression..." I82
Jenseits einer psychoanalytisch vom sadistischen Impulsen der
Distanz und Kontrolle ausgehenden Dynamik der Schaulust, bietet
l 8 2 SHAVIRO, Steven: The Cinematic
Minneapolis/London 1993. S. 55
Body.
Theory
out
of
Bounds.
173
eine masochistische Schaulust die Betonung von Taktilität, von Körperlichkeit und von Mimesis an.
Ich möchte mich im folgenden auf die Interpretation des Masochismus von Gilles Deleuze stützen, der sein Konzept ausgehend
von Sacher-Masochs Roman "Die Venus im Pelz" entwickelte !83 .
Abgeleitet aus einer fiktionalen Repräsentation scheint mir dieses
Modell die oben ausgeführten Bedingungen eines Settings von Phantasie hinsichtlich nicht-restriktiver Vorstellungen von Geschlechtlichkeit am besten zu gewährleisten.
Psychoanalytisch betrachtet, bildet der ödipale Konflikt den Antrieb zur Ausbildung der masochistischen Disposition; diese entsteht jedoch vor der Fixierung der Geschlechtsidentität, ist dem
Eintritt in das ödipale Szenario also vorgelagert.
Eine positive ("normale") Auflösung des Ödipuskomplexes impliziert (zur Erlangung "eindeutiger" Geschlechtsidentität) beim Jungen
die Ablösung aus der symbiotischen Beziehung zur Mutter und die
Identifikation mit dem Vater; umgekehrt erfährt das Mädchen durch
die heterosexuelle Matrix des Inzesttabus die Anerkennung ihres
"Mangels", sowie den Aufschub der Ausbüdung ihrer Weiblichkeit auf
eine spätere Partner- und mögliche Mutterschaft. Masochistisches
Begehren erfolgt durch die negative Auflösung dieses Komplexes,
da die Kastrationsdrohung des Vaters ersetzt wird durch eine, das
Begehren wie die folgende Bestrafung ersetzende Antizipation eines
masochistischen Leidens eines repressiv geleiteten Verlangens nach
der Mutter. Die Triangulierung der ödipalen Situation wird so negiert,
die Macht des Vaters/Phallus tritt nur ex negativo auf. Dagegen
steht die Mutter als Kernfigur, die gleichzeitig Liebesobjekt wie Kontrollinstanz ist, im Zentrum des Settings. Diese Konstellation impliziert, daß diese relativ offene, bewußte Phantasie, die an infantüe
183 Nicht zufällig beruft sich Deleuze auf einen Roman, um die
masochistische Disposition als phantasmatisches Setting des Begehrens
zu erklären. De Lauretis Phantasiekonzept folgend, beziehe ich mich also
nicht auf Kaia Silverman oder Gaylyn Studiars Modelle; wie an anderer
Stelle
aufgezeigt,
af firmieren
ihre
Zuschreibungen
von
homosexuellem/heterosexuellen Begehren das zugrundeliegende bipolare
Konzept von Geschlechterdifferenz.
174
Formen der Sexualität anknüpft, als Begehren nach der Mutter zwischen Verschmelzungswunsch und Leidenslust schwankt 184.
"Der Masochist erlebt die symbolische Ordnung als intermaternelle
und setzt die Bedingungen, unter denen die Mutter innerhalb dieser
Ordnung mit dem Gesetz identisch ist. Eben deshalb kann im Fall
des Masochismus von einer Mutteridentifikation nicht gesprochen
werden. Die Mutter ist keineswegs Objekt einer Identifikation, sondern Bedingung des Symbolkomplexes, der das Ausdrucksmedium
des Masochismus ist." 185
Im Rückbezug auf "Alien" kann die filmisch inszenierte Positionierung
der Crew unter dem Gesetz von Bordcomputer "Mother" (auch angesichts des abwesenden symbolischen Konzerns, verkörpert durch
den Konzern) als Materialisation des beschriebenen psychoanalytischen Settings gelesen werden.
Die magische Kammer (Dallas im Borcomputer „Mother")
Bordcomputer "Mother" ist damit besetzt als mächtige Mutter, die
zum einen präödipale Lüste der Symbiose in der Übernahme der
lebensversorgenden Funktionen erfüllt, gleichzeitig aber die
184 Obwohl Gaylyn Studiars Betonung des Prä-Ödipalen oft zu Unrecht
kritisiert wurde, sollte die Bedeutung dieser Phase nicht geschmälert
werden. Im Unterschied zu Studlar kommt es m.E. in einem
masochistischen Setting zur Überlagerung von präödipalen und ödipalen
Strukturen. D.h. insofern Lust sich an erinnerte Symbiose - die vom
Subjekt nicht aufgegeben werden will - entzündet, impliziert die auf die
Mutter verschobene Kastrationsdrohung nicht die Aufhebung ödipaler
Gesetze, lediglich deren Verschiebung.
185 DELEUZE, Gilles: Sacher-Masoch und der Masochismus. In: SACHERMAS'OCH: Die Venus im Pelz. Frankfurt am Main 1980. S. 215
175
Kastrationsdrohung via des Geheimbefehls symbolisiert. (Das
Vatergesetz erscheint damit "pervers", da in der geheimen Kammer,
dem Innersten des Raumschiffs, in der Computer station "Mothers"
die Phantasie von Rückkehr in den Mutterleib sich kurzschließen mit
den dadurch ausgelösten Todesphantasien, für die der
Geheimbefehl steht.). "Mother" besetzt die psychoanalytische
Mutterposition auch insofern, als sie die ambivalente Rolle von
Lebensspenderin und -bedroherin repräsentiert.
Die Verschiebung von Machtstrukturen (die Mutter als Zentrum)
bedingt die Überlagerung von Odipalem durch Orales: Bezogen auf
die (vermeinthche) Gleichschaltung der Astronautinnen sehe ich weniger die Betonung ödipaler (phallisch-sadistischer) Modelle der Abgrenzung der Figuren von "Mother". Wie bereits an anderer Stelle
vermerkt, wird diese Organisation der Lebens- und Funktionszusammenhänge filmisch dargestellt durch die Dominanz der Anbindung an "Mothers " System. Hyperschlafkammern, Auto-Koch,
Computerraum sind "Mother-"betonte zentrale Schaltstellen, die
über weite Strecken der Fümerzählung die fehlende Autonomie der
Astronautinnen kennzeichnen. Unterstrichen wird die mütterliche
Abhängigkeit durch orale Codes: Müch-, Kaffetrinken und Rauchen.
Parker, Kane, Dallas
Die Ambivalenz der oralen Phantasien ergibt sich aus dem bedrohlichen Aspekt einer (vom Subjekt imaginierten) Angst vor dem Verschlungenwerden durch die Mutter, die weitergehend durch die aufnehmenden, einverleibenden Qualitäten des Kindes (bzw. der
Astronautinnen) ersetzt wird.
176
Der Betonung der Oralität entspricht das Fehlen sexueller Konnotationen im Verhältnis der Astronautinnen untereinander. Diese Subversion einer masochistischen Disposition, die sich der Entwicklung
einer genitalen Sexualität widersetzt, verweist auf die oben
ausgeführten Diskussion um das asexuelle versus ambiguos
sexualisierte Ambiente des Fümes. Dies zeigt sich in der Abspaltung
explizit sexuell-aktiver Indizes seitens der Menschen auf genitale
Metaphern auf Seiten der nichtmenschlichen, außerordentlichen
Körper von Alien und Ash: Erinnert werden soll z.B. an die Penetration Ripleys durch Ash oder die ihrer Tötung vorausgehenden,
lasziven Berührungen von Lambert durch den Schwanz des Monsters, die offensichtlich auf das Motiv der Vergewaltigung anspielen.
Die durch "Mother" verordnete Passivität der Crewmitglieder wird
am deutlichsten in der Figur von Captain Dallas, der als befehlshabender Offizier des Raumschiffes sich sträubt, Verantwortung zu
übernehmen, kerne Rettungsmöglichkeiten vorschlägt und keine Entscheidungen trifft. Auch seine Inszenierung bei einer (erfolglosen)
Verfolgung des Monsters entspricht diesem Muster: Der ungeschützte Captain Dallas begibt sich in die Opferposition, als er
allein in den Luftschächten das Monster aufzuspüren sucht.
Alien
Die übrigen Astronautinnen verfolgen diese Aktion auf
Suchbildschirmen. Obwohl Dallas rechtzeitig vor dem Auftauchen
des Monsters gewarnt wird, scheint er von Schreck gelähmt, ist
unfähig zur Flucht und wird darauf vom Monster verschlungen.
Diese Vermittlung wird durch eine, nur mehr wenige Bildkader
177
u m f a s s e n d e Schuß-Gegenschuß-Montage
gezeigt:
Ein
bewegungsunfähiger Mann wird einem Monster gegenübergestellt,
das ihn mit - wie zu einer Umarmung geöffneten - Armen bzw.
Klauen und mit weit aufgerissenem Maul empfängt.
Unter dem Blickwinkel des Sonderschutzes für das Monster, das
durch "Mother" gewährleistet wird, könnte "Alien" hier auch als Verkörperung eines mütterlichen Phallus/Fetisch interpretiert werden.
Die Reaktion von Dallas kann seine Hingabe an diese bedrohlich-verführende Verkörperung "Mothers" verstanden werden, wobei wiederum die Verschmelzung von Liebeswunsch und Todesdrohung zu
konstatieren ist.
Fetische
Damit soll wieder auf ein dominantes Motiv der masochistischen
Phantasie verwiesen werden: den Kastrationsdrohungen gemeinsam
ist das Motiv der Bedrohung, das in engem Zusammenhang mit
männlichen Weiblichkeitsvor- und -darstellungen steht; Frauen werden fetischisiert und monströs gezeigt.
Da das Monster nur in wenigen Bildern zu sehen ist, ergeben sich
jenseits der funktionalen narrativen Setzung von Alien als
Phallus/Fetisch von "Mother" aus dem filmischen Material wenig Anzeichen für die Fetischisierung. Dennoch bietet das Motiv des Fetisch eine weitere Anknüpfung an Carol Clover und Teresa de
Lauretis.
Wie ausgeführt, verfängt sich Clovers strukturelle Analyse der
Narration an dem Punkt, wo die Ambivalenzen von androgyner Weiblichkeit des Final Girl und feminisierter-impotenter Männlichkeit des
Külers aufgrund ihres zugrundeliegenden Zwei-Geschlechter-Modells
(der Differenz) nicht mehr aufgelöst werden können und daher im
symbolischen Konstrukt einer vereinnahmenden, die subversiven
Momente ausblendenden Maskulinisierung (v.a. des Final Girls) aufgefaßt werden.
Um also nicht wie Studlar die voluntaristische Ausblendung ödipaler Strukturen zugunsten präödipaler (noch-nicht-geschlechterdifferenter) zu leisten, bzw. wie Silverman jenseits aller ideo-
178
logischen Dekonstruktionen (der Analyse von unterschiedlichen
Ausformungen eines männlichen ODER weiblichen Masochismus) die
normative Institution der Heterosexualität zu affirmieren, kann mit
de Lauretis auch das Phänomen der Fetischisierung "anders" begriffen werden.
Ausgehend von literarischen Schreibweisen und subkulturellen
Codes konstatiert Lauretis, daß auch Frauen Strategien der
Fetischisierung vollziehen 186.
Nachgereicht werden soll an dieser Stelle, daß die Wichtigkeit
psychoanalytischer Konzepte für feministische Tehorien sich, nach
de Lauretis, der Tatsache verdankt, daß in ihr Frauen (wenn auch unter dem Vertrag der Institution der Heterosexualität) die Macht zu
verführen und verführt zu werden, eingeräumt wird. Dcimit sind
Frauen in diesen Diskursen nicht nur als Objekte des Begehrens,
sondern auch als begehrende Agentinnen eingeschrieben. Das bedeutet, mit de Lauretis argumentiert, daß der mütterliche Körper
nicht nur von einem heterosexuellen, männlichen, sondern auch von
einem weiblichen Subjekt fetischisiert werden kann.
Dabei wird die Position der Mutter erotisch besetzt, auch sie
fungiert nicht nur als Objekt, sondern auch Agentin des Begehrens
und kann so eine phantasmatische Rolle für weibliche Sexualität
spielen. Diese mütterliche Metapher kann, ähnlich wie in der masochistischen Disposition, die väterliche Macht ignorieren und ersetzen. Durch die Fetischisierung des mütterlichen Körpers begehrt
eine Frau nicht den mütterlichen, sondern den weiblichen Körper.
Der Verlust des mütterlichen Körpers refiguriert damit nicht den
Mangel des Penis, sondern den Mangel eines liebenswerten Körpers.
186 Auch Deleuze konstatiert die Existenz einer weiblichen Fetischisierung:
"Im Fall des Masochismus hat der männliche Triebanteil die Sohnesrolle
b e s e t z t , während der weibliche auf die Mutterrolle projiziert ist; die
beiden Strebungen bilden j e d o c h eine einzige Figur, weil das Weibliche
als das Mangellose gesetzt ist, das Männliche aber als das in der
Verneinung Suspendierte (das Fehlen des Penis ist nicht schon
Phallusmangel, ebenwowenig wie sein Vorhandensein schon Phallusbesitz
ist). Im Masochismus ist also die Übernahme der Sohnesrolle durch die
Tochter ohne weiteres denkbar, da es die strafende Mutter ist, die
idealiter den Phallus besitzt und von der die Neugeburt abhängig ist."
DELEUZE (1980), S. 219
179
Die Fetischisierung bezieht sich damit auf den phantasmatischen
Aspekt der Verdoppelung des verlorenen Objektes (der Mutter)
durch ein anderes verlorenes Objekt (den weiblichen Körper) und
die Ersetzung des letzteren durch die Signifizierung des Begehrens.
Der Fetisch bezeichnet damit die Abwesenheit eines begehrten
Objektes, sowie in der Signifizierung den Wunsch des Subjektes
danach. Oder anders ausgedrückt werden in de Lauretis Konzept
sowohl der Körper der Mutter als auch der des weiblichen Subjekts
affektiv besetzt, damit repräsentiert der Fetisch das Objekt und
verweist gleichzeitig auf dessen Mangel.
Dieses Begehren kann nach Lauretis durch physikalische, intellektuelle Attribute, durch Haltungen, Erscheinungen, eine Art der
Selbstrepräsentation, Kleidung und vieles mehr ausgedrückt werden.
Unter dem Aspekt der Subjektivität strukturierenden Bedeutung
der Phantasie ermöglicht das Konzept von de Lauretis eine Ausweitung der phantasmatischen Dimension eines masochistischen Begehrens.
Übertragen auf den Film muß Ripley dahingehend nicht mehr als
maskulinisierte Version (Clover), als Mannequin (Baudrülard) oder als
Frau, die eine nicht ausgereifte Weiblichkeit verkörpert (Tasker) verstanden werden. Jene Attribute, die in konventionellen Fümanalyse
als phallische, den weiblichen Mangel ausgleichende interpretiert
wurden, können vor dem Hintergrund einer weiblichen Fetischisierung auf ein nicht-heterosexuelles Begehren 187 (Ripleys nach
einer phantasmatischen Mutter) verweisen. Als Beispiele dafür
könnte die Inszenierung von Ripley als weiblicher Space-Kriegerin
(vor dem Show-down) gelten. Der Bezug auf de Lauretis soll nicht
dazu dienen, Ripley identitätslogisch als lesbische Frau zu
installieren, sondern vorzuschlagen, daß masochistische Settings
nicht allein durch männliche oder weibliche, ausschließlich heterooder homosexuelle 188 Erklärungsmuster zu erklären sind. Betont
1°' Die Rezeption von "Alien" seitens lesbischer The ore tike rinnen ist
ausgeprägt; sie bezieht sich vor allem auf die Tatsache einer weiblichen
Identifikationsfigur, die nicht-trad it ioneile Weiblichkeit repräsentiert.
188 V gi beispielsweise die Interpretation der masochistischen Disposition als
180
werden soll vielmehr die Offenheit sexueller Phantasien (z.B.
fragmentierte, "polymorph-perverse", ausgezeichnet durch viele Zonen der Lust), die subversiv einer heterosexuell genitalen Ökonomie
zuwiderlaufen. Die Subversion resultiert daraus, daß die genitale
Vormachtstellung des Männlichen in Frage gestellt wird, der Besitz
des Phallus sich als sekundär erweist, da die Frau nicht als Indikator
des Mangels repräsentiert wird. Der Frauenkörper ist in diesem Setting als außerordentliches Organisationsprinzip einer masochistischen Einbildungskraft gezeigt, er wird idealisiert. Im Fall von
"Alien" ereignet sich diese Idealisierung durch die Verschiebung mütterlicher Macht auf Technologie bzw. die Monstrosität. Diese
Operation verdeutlicht einmal mehr die Aufhebung von Realem im
Idealen, die imaginierte "FRAU" läßt nicht unbedingt Rückschlüsse zu
auf Bedingungen weiblicher Existenz, sie dient wieder als Projektionsfläche für bestimmte Phantasien und die Bedrohlichkeit einer
Differenz des Weiblichen wird in einem neuen Setting wieder eingebunden.
"Ähnlich scheint es, als werde der masochistische Held von der autoritären Frau erzogen und geformt, in Wahrheit aber ist sie es, die
von ihm geformt und travestiert wird, und er ist es, der ihr die harten
Worte eingibt, die sie an ihn richtet. Das Opfer spricht durch seinen
Henker, ohne sich zu schonen." l8Q
Alle Kennzeichen einer masochistischen Ästhetik, die Deleuze vorschlägt (die Übertragung der Macht des Gesetzes auf das Mutterbüd, der ständige Aufschub bzw. das Aussparen einer Endlust der
Suspense und die ästhetische Gestaltung des Ambientes nach kulturellen Vorbüdern 19°) finden sich also in "Alien" materialisiert.
homo sexuell-männlicher - die Mutter würde in diesem Setting lediglich als
Repräsentantin des Vaters, das durch das Inzesttabu verbotene
Liebesobjekt,
gelten.
Neben der Richtigkeit,
die eine
solche
Argumentation fallweise (bei unterdrückter Homophobie beispielsweise)
durchaus birgt, scheint mir die Applikation eindeutiger Zuschreibungen
dennoch oft unzutreffend, da sie meist auf Kosten anderer Differenzen
geht.
189
DELEUZE (1980), S. 178
190 Bezogen auf die stilisierte Ästhetik in "Alien" möchte ich auf die
Filmanalyse (die Camouflage von Natur und Technologie) verweisen, da
der visuelle Stil dort ausführlicher nachzulesen ist. Auch die Kreation des
181
Zusammenfassend bleibt festzuhalten, daß in der masochistischen
Ästhetik nicht eine Figur (der Vater) durch eine andere (die Mutter)
ersetzt wird, sondern die ursprüngliche Erfahrung von Schmerz und
Lust, die einer Anerkennung des ödipalen Gesetzes vorausgeht,
repräsentiert wird. Wie die Genrekonvergenz von Science Fiction
und Horror andeutet, entspricht der ausgewählte Spielfüm auch hier
den Prämissen der masochistischen Ästhetik: Sowohl die
Ausstellung monströser Körper (dies bezieht sich an dieser Stelle
neben dem außerirdischen Lebewesen auch auf die zerstörten,
verletzten und infizierten Körper), wie auch die Rezeption
konzentrieren sich auf die Sensationen des Körpers.
Die Spannung in "Alien" und dem masochistischen Setting entspricht einer leeren Zeitlichkeit, einer passiv-hingegebenen Faszination. Die Spannung im Film pendelt zwischen Angst und Lust (Lust,
das Fremde, Unbekannte im Monster zu sehen), Erregung und Aufschub. Über lange Strecken erschöpft sich die Schaulust nicht in einer finalen Entladung, sondern konzentriert sich auf eine ständig in
Schwebe gehaltene und nicht eingelöste Endlust.
Wiewohl der Film ein vermeinliches Happy-End angibt - Ripley
konnte mit dem Gleiter flüchten und bedrohliche Monster töten - ,
wird aus den letzten Worten Ripleys (die vom Bordcomputer aufgezeichnet werden) deutlich, daß diese Rettung nur vorläufig ist, da sie
abhängt vom Auftauchen einer Raumpatrouille, die den Gleiter
findet. i9i.
Die Moral der Geschichte
Bleibt im Anschluß auf die unterschiedlichen Aspekte der Filmanalyse noch ein Zitat von Steven Shaviro anzufügen:
Monsters durch einen (sub kulturell) bekannten Maler, H.R. Giger
unterstützt die These einer theatralen Inszenierung der "perversen"
Ästhetisierung des Todes.
191 Vielleicht verdankt sich diese nicht-eingelöste Endlust einer endgültig
narrativen Auflösung auch die s t e t e Fortsetzung der "Alien'-Sequels.
("Aliens" von James Cameron, 1986; "Alien 3" von David Fincher, 1993.
Filmzeitschriften berichten, daß bereits ein vierter Film, wieder mit
Sigourney Weaver, sich in Vorbereitung befindet).
182
"But through all these variations and transformations, I have returned
over and over again to the notion of cinema as a technology for
oxymoronically intensifying corporeal sensation, for effects of
subjectivity. I have insisted upon a primordial passivity and
ambiguity, an unsurpassable, promiscuously undecidable
mtermingling of body and image, of reality and artifice, of passion
and subjection, of pleasure and pain. And I have tried to argue that
such ambivalence does not disable politics: it should be seen,
rather, as a necessary, enabling condition of any political
intervention or evaluation. The ambivalent cinematic body is not an
object of representation, but a zone of affective intensity, an
anchoring point for the articulation of passions and desires, a site of
continual political struggle. I have consequently articulated an
aesthetic of bodily intensity, of masochism and abjection,
presenting it both as a symptomatic effect of postmodern power
and as a possible form of resistance to that power." 192
192 SHAVIRO, Steven: The Cinematic
Minneapolis/London 1993. S. 154
Body.
Theory
out
of
Bounds.
5. AUSBLICK
"Obwohl des Problem wohl offensichtlich nicht gelöst werden kann,
enthält der ödipusmythos dennoch eine Art logisches Werkzeug,
das zum originären Problem hinreicht: Geboren aus einer oder geboren aus beiden? Oder, darüber hinaus: Geboren aus dem Unterschied oder geboren aus dem Selben." l
Nach der dekonstruktiven Fümanalyse soll im Abschluß der vorliegenden Arbeit noch ein Ausblick auf eine mögliche feministische
Konzipierung des Verhältnisses von Weiblichkeit und Mutterschaft
geboten werden. Die - dem Science Fiction durchaus nahe - Metapher des/der Cyborg von Donna Haraway bietet m.E. eine feministische Position, die sowohl der konstatierten Vielfalt sexueller Codierungen, wie sie im Füm imaginiert werden, Rechnung trägt; zum
anderen sich auch verbinden läßt mit postmodernen Subjekttheorien, die entgegen einer Re-Essentialisierung das spezifisch
weibliche Potential zur Mutterschaft in einem politischen Bezug auf
Geschlechterverhältnisse begreift. Die Vorstellung dieses Entwurfs
soll abschließend nochmals den Horizont meiner theoretischen Herkunft verdeutlichen.
Gegen eine Lesart des Filmes, die eine futuristische Neuinszenierung des Muttermordes durch eine elektrengleiche Ripley resümiert,
soll die Zweideutigkeit der narrativen Auflösung betont werden: Die
Macht des abwesenden Vaters, verkörpert im Konzern - dessen
Name oder Gesetz verantwortlich ist für die Dynamik der sich abspielenden Konflikte - wird unterminiert durch die Actionheldin, die
sich nicht systemkonform verhält und damit die Etablierung und Affirmation seiner Gesetze negiert. Wenngleich der Bordcomputer
Mother ursprünglich die Funktion der Vatergesetz-Vermittlung besetzte, ist seine/ihre Existenz nach der atomaren Sprengung nicht
völlig ausgelöscht; die Stimme Mothers ist nach der Explosion der
Nostromo erneut als voice-over zu hören.
LEVI-STRAUSS, Claude; zitiert nach SOBCHACK, Vivian: The Virginity of
Astronauts. In: KUHN, Annette (ed.): Alien Zone. Cultural Theory and
Contemporary Science Fiction Cinema. London/New York 1990. S. 110
184
Die vorgestellte Fümanalyse kann so nicht reduziert werden auf die
eindeutige Interpretation einer abschließenden Filmnarration bzw.
einer dominant signifizierenden Filmfigur. Vielmehr sollte aufgezeigt
werden, daß in "Alien" Vorstellungen eines stabilen, kohärenten
Subjektes inklusive seiner identitätslogisch Vorausgesetzen
Codierung (Mann aktiv, Frau passiv etc.) aufgelöst werden. Darüber
hinaus lassen sich die unterschiedlichen visuellen und narrativen
Verfahren, in der die Durchdringung von Natur und Kultur vorgestellt
wird (z.B. fremder Planet und/versus Raumschiff), interpretieren als
postmodernes Setting, in der die dichotome Trennung dieser Sphären aufgelöst erscheint.
Dieser Zusammenbruch von Grenzen geschlechtlicher, körperlicher und menschlicher Identität, der die Konfusion geschlechtücher
Tropen, wie sie an den verschiedenen Körpern inszeniert werden
(z.B, des Monsters, des Androiden, der Actionheldin) läßt sich umgekehrt auch lesen als Refiguration eines "Körper-Horrors" 2, der
eine neue Ökonomie von Identifikationsmöglichkeiten und Begehren
in Gang setzt.
Das Monster focussierend, verfängt sich eine Interpretation seiner
Genese bzw. Metamorphose - betont werden die vaginal anmutende
Eieröffnung, die Manifestation des Chest-Burster als phallisches
Baby oder "phallus dentata" 3 oder die Gleichzeitigkeit von phallisch
begehrendem Schwanz und zähnefletschendem Kiefer (als Vagina
Dentata) in der ausgereiften Version des Alien - nicht hinsichtlich einer eindeutigen Zuordnung als männlich oder weibliches Wesen.
"Alien" s Verkörperungen markierten die Überschreitung einer sexuellen Identität, die auf der Interpretation genitaler Differenz beruht.
HURLEY, Kelly: Reading like an Alien: Posthman Identity in Ridley S c o t t ' s
"Alien" and David Cronenberg's "Rabid". In: HALBERSTAM, Judith;
LIVINGSTON, Ira (ed.): Posthuman Bodies. Bloomington/Indianapolis
1995. S. 205
Diesen Begriff prägte Roger Dadoun. DADOUN, Roger: Der Fetischismus
im Horrorfilm. Zitiert nach BRAUERHOCH, Annette: Mutter-Monster,
Monster-Mutter. In: KOCH, Gertud; SCHLÜPMANN, Heide (Hg.): Frauen
und Film. Horror. Heft 49. Frankfurt am Main 1990. S. 21
185
"Collapsing this foundational binarism (penis/no penis, male/female)
indispensable to the constitution of human identity, the film works
to take us outside of the logic of "the human", to imagine other
(alien) systems of reproduction, other (alien) logics of identity." 4
Der Mensch ist also nicht nur auf der Ebene des Filmplots ersetzbar....
Um dem flottierenden Spiel sich verschiebender Bedeutungen
aber nicht jegliche Beliebigkeit einzuräumen, bietet die Aufspaltung
der weiblich sexualisierten, generativen Aspekte dennoch, ex negativo, eine Anküpfung. Wenngleich Schaulust, Identifikation und
(heldenhafte) Aktivität sich nicht an eine Figur oder einen Handlungsstrang delegieren lassen, bleibt die dominante Thematisierung
einer Körpervorstellung sowohl in ihrer Ausblendung wie in ihrer
aufgeschobenen Überrepräsentation faszinierend: Tabu und skandalös scheint die Repräsentation eines Frauenkörpers, der generativ
produktiv ist.
Dieses Darstellungstabu läßt sich anhand der aktuellen medialen
Repräsentation von Annie Leibovrtz' Photographie der Schauspielerin Demi Moore zeigen: Unter dem Überschrift "More Demi Moore"
war im August 1991 die Schauspielerin hochschwanger und nackt
auf dem Titel der Illustrierte "Vanity Fair" abgebüdet.
Vanity Fair, August 1991
4
HURLEY (1995), S. 211
186
Dieses Titelbüd förderte eine enorme Steigerung der Auflage der
Illustrierten und evozierte eine heftige - medial inszenierte 5 - Kontroverse über Ästhetik und Moral, aus der vor allem negative, ablehnende Reaktionen auf Moores Abbildung hervorgingen. Die Kritik
bezog sich dabei vor allem auf die Kombination von Nacktheit und
Schwangerschaft bzw. die von der Fotographin inszenierte Selbstverständlichkeit einer Ausstellung des schwangeren Leibes.
"The pregnant body - even clothed - is a source of abjection and
disgust in popular culture: the woman is represented as awkward,
uncomfortable, and grotesquely excessive. In a culture that places
such a premium on thinness, the pregnant body is anathema. Not
only is it perhaps the most visible and physical mark of sexual
difference, it is also the sign for deeply embedded fears and
anxieties about femininity and the female reproductive system. With
the advent of visual technologies, the contents of the uterus have
become demystified and entirely representable, but the pregnant
body itself remains concealed." 6
Trotz aller ideologischer Anstrengungen, das Bild der Frau als Mutter - als Wesen, das zuerst und vor allem sich den Anderen widmet,
dessen Bedeutung der Spezies gilt und nicht dem Selbst - immer
wieder zu installieren, führten die (durchaus widerstreitenden) Tendenzen von Frauenbewegung und technologischem Fortschritt (wie
den Gen- und Reproduktionstechnologien) zu einer Vielfalt an mütterlichen Imagines: Mutterschaft umfaßt die verschiedenen Aspekte
von Leihmutterschaft, biologischer Mutterschaft, sozialer Mutterschaft; jenseits der Kleinfamilie gibt es alleinerziehende und lesbische Mütter. Trotz der angeblichen Vielfalt an Rollenmustern und
Lebensentwürfen (und ihren Repräsentationen) zeichnet sich die
Sphäre der Reproduktion und die damit verknüpfte Politik durch
eine Intensivierung materieller und symbolischer Machtstrukturen
Stabile nennt 1.500 Artikel in Zeitschriften, 95 Fernsehsendungen zu diesem Thema, 64 Radioshows. STABILE, Carol: Shooting the Mother: Fetal
Photography and the Politics of Disappearance. In: TREICHLER, Paula;
CARTWRIGHT, Lisa (ed.): Imaging Technologies, Inscribing Science.
Number 28. Bloomington 1992.
STABILE (1992), S. 191/192
187
aus. Und immer noch dienen die Körper von Frauen als Schauplatz
der Inszenierung 7 wissenschaftlicher Forschung, die darauf zielt,
menschliche Prokreation aus ihrer Leibgebundenheit zu lösen.
Donna Haraway bezeichnet die Debatten u m Reproduktionsfreiheit
und -rechte denn auch als eine der vorrangigen Fragen des Spätkapitalismus, da - vermittelt über Fragen der Investition und der Expansion - in ihnen Grenzen u n d Wunschprojektionen des individuellen Selbst verhandelt werden. Gleichzeitig wird mittels der Biou n d Informationstechnologien "Leben" artifiziell hergestellt bzw.
fungiert umgekehrt der menschliche Körper als Schauplatz technologischer Interventionen. Die Herstellbarkeit u n d der Umbau von
Lebewesen initiieren einen T r a n s f o r m a t i o n s p r o z e s s , der neue
Differenzierungs- und Definitionsprobleme birgt: Die Trennung von
Embryo und Mutterleib verweist dabei nicht nur auf jene Grenzverwischung zwischen Vorstellungen von Männhchkeit und Weibhchkeit, bzw. Natur und Kultur, sondern berührt die Grenze zwischen
Leben u n d Tod. Die Herstellung von Lebewesen in Labors u n d Kliniken verschiebt Fragen der sexuellen Differenz, die sich bislang vor
allem auf (organische und persönliche) Körper bezogen hatte, auf
die Ebene maskulinistischer Technologie und industrieller Politik.
Dennoch erübrigt sich die Frage nach dem Grund sexueller Differenzen nicht, wie Donna Haraway meint:
"In short, where there is sex, literal reproduction is a contradiction in
terms. The issue from the self is always another. The scandal of
sexual difference founded on compulsory heterosexuality is itself
the key technology for the production and perpetuation of Western
Man ... But also at its simplest, so far only women get pregnant.
Pregnant women in western cultures are in much more shocking
relation than men to doctrines of unencumbered property in the
self. In "making babies" female bodies violate western women's
liberal singularity during their lifetimes and comprise their claims to
full citizenship. ... Ontologically always potentially pregnant, women
are both more limited in themselves with a body that betrays their
vgl. die D e b a t t e n um Experimente mit k o m a t ö s e n Schwangeren.
188
individuality, and limtiting to men's fantastic self-reproductive
projects." 8
Rückkehrend zu einer meiner Ausgangsfragen, die das Verhältnis
von Mutterschaft und Weiblichkeit betreffen, soll mit diesem Zitat
jedoch nicht eine weitere Festschreibung von Weiblichkeit af firmiert
werden. Innerhalb der Filmanalyse wurde dieses prekäre Verhältnis
in dekonstruktiver Weise gestreift; die Konzentration auf die Aufspaltung der Phänomene von verkörperter Weiblichkeit und
monströser Generativität, wie sie an den unterschiedlichen Körpern
vorgestellt wurde, wies letztlich auf die Auslassung von Repräsentationen generativ aktiver Frauen bzw. die Tabuisierung
schwangerer Körpervor- und darstellungen hin.
Abschließend soll hierzu noch Patricia Yaeger angeführt werden,
eine Theoretikerin, die angesichts der Unterrepräsentation reproduktiver Topoi in Philosophie und Kunst für eine "Poetik der Geburt" plädiert. Im Zuge postmoderner Mutter-Imagines fordert
Yaeger eine Rekonzeptualisierung und Renarrativisierung von Reproduktion außerhalb einer "kopulativen Politik" (Yaeger), die bislang
immer an eine sexuelle und produktive (Geschlechter-)Asymmetrie
geknüpft war. Damit ist gemeint, daß Reproduktion nicht mehr als
Ergebnis von heterosexueller Paar- und Familienbildung gesehen
werden
kann,
da
technologischer Fortschritt und
poststrukturalistische Philosophie einem Glauben an reine
Ursprünge und eine totalisierende Weltsicht, die sich um die Mutter
als "Nabel der Welt" drehen, sich als obsolet erweisen.
"... the mystery, worry, and aggravation of what it means to come from
a womb require continual re-elaboration. Reproduction must be tamed
or tampered with to fit within an era's ideology, to acquire appropriate
meaning. One reason to set forth a reproductive philosophy as new
"master" narrative would be to rekindle the problem of natality in our
imaginations - in part, by revealing the constancy, as well as the
transformations, of these collective fantasies about birth." 9
8
9
HARAWAY (1989), S. 353
YAEGER, Patricia: The Poetics of Birth. In: STANTON, Domna C :
Discourses of Sexuality. From Aristotle to Aids. Michigan 1992. S. 291
189
Jenseits der Hervorhebung des Präödipalen oder der Focussierung
der geschlechtsspezifischen Arbeitsteüung impliziert eine feministische Thematisierung des Komplexes der Reproduktion eine epistemologische Neufassung von Geburt (Gebürtlichkeit und Prokreation)
im Zusammenhang mit Fragen der Geschlechterverhältnisse - im Bewußtsein kultureller und historischer Situiertheit.
Donna Haraways Cyborg-Mythe bietet für Yaeger eine
postmoderne Version, wie Mutterschaft jenseits einer ReEssentialisierung in einer postmodernen Version auch begriffen
werden könnte:
" Why not reimagine pregnant women as cyborgian ciphers rather
than tossing out gestation and parturition... ? If the cyborg becomes
one site, where the boundaries among humans, animals and
machines can be "thoroughly breached" (Haraway), might not the
pregnant woman's body offer another site of Utopian
monstrousness?" 10
Die Cyborg-Mythe bildet für Haraway eine Denkfigur für
feministische Theorien, die - angesichts der zeitgenössischen
Situation der Übersetzung von Welt vermittels ihrer Dekodierung
(vgl. das Human Genom Project) und der daraus resultierenden
Auslöschung von Differenzen - eine Trope für politische
Möglichkeiten der Intervention und Einmischung bietet: Die Bio- und
Informationstechnologien produzieren "Körper", die historisch,
kulturell und lokal unterschiedliche Einschreibungen generieren.
Damit korreliert die Unmöglichkeit einer universell verbindlichen
Kategorie "Frau"; weder das Unterdrückungsparadigma noch
Konzepte spezifisch weiblicher Erfahrung bilden hinreichende
Motive, um Begriffe und Praxen, die sich auf die Illusion eines
natürlichen, vorgängigen Körpers beziehen, zu legitimieren oder
Begründungszusammenhänge für feministische Identitätspolitik zu
garantieren. Entgegen der Produktion antagonistischer Dualismen
(und der damit verbundenen Ausschlüsse) intendiert die Cyborg
Mythe den Entwurf einer Dislozierung von Differenz, die die
10
YAEGER (1992), S. 294
190
Negation des/der Anderen aus einer Logik des Selben überschreitet.
Was zeichnet nun das Erzählmuster des / d e r Cyborg aus?
"By the late twentieth century, our time, a mythic tüne, we are all
chimeras, theorized and fabricated hybrids of machine and
organism; in short, we are cyborgs. The cyborg is our ontology; it
gives us our politics. The cyborg is a condensed image of both
imagination and material reality.... In the tradition of reproduction of
the self from the reflections of the other - the relation between organism and machine has been a border war. ... this chapter is an
argument for pleasure in the confusion of boundaries and for
responsibility in their construction." u
Der Z u s a m m e n b r u c h der Grenzen zwischen Organismus u n d
Maschine, Mensch u n d Tier, Kultur u n d Natur (oder, mit Patricia
Yaeger: das Verhältnis von Selbst und Anderem im schwangeren
weiblichen Körper) befördert ein Denken, das sich von dichotomen
Repräsentationen löst u n d stattdessen Modelle eines Netzwerkes,
der Simulation oder ein nachödipales Post-Gender vorschlägt.
Dabei soll die Cyborg-Metapher als Fiktion einer sozialen Verkörperung ebenso gelesen werden können wie als Verkörperung
gelebter Erfahrung. Als imaginäre Ressource könnte der/die Cyborg
zu unheimlichen Bündnissen verführen (die durchaus auch Risiken
bergen). Die Mythe intendiert jedoch nicht die Verwandlung von Geschichte in Mythos, sondern die Konzeption partialer, situierter,
heterogener Konstruktionen, die Projekte wissenschaftlicher Recherche, politischer Intervention und kultureller Produktion unterhält.
Oder, wie Judith Halberstam das Manifest kommentiert:
"However, femininity is always mechanical and artificial - as is
masculinity. The female cyborg becomes a terrifying cultural icon
because it hints at the radical potential of a fusion of femininity and
intelligence. If we define femininity as the representation of any
gendered body, and intelligence as the autonomous potential of
11
HARAWAY, Donna: A Cyborg Manifesto: Science, Technology and
Socialist-Feminism in the Late Twentieth Century. In: dies.: Simians,
Cyborgs, and Women. The Reinvention of Natur. London 1991. S. 150
191
technology and mental functioning, their union signifies the artüicial
component in each without referring to any essential concept of
nature. A female cyborg would be artificial in both mind and flesh,
as much woman as machine, as close to science as to nature .... the
inteUigent and female cyborgs thinks gender, processes power and
converts a binary system of logic into a more intricate network. As a
metaphor, she challenges the correspondences such as maternity
and femininity or female and emotion, as a metonym, she embodies
the impossibility of distinguishing between gender and its
representation." I2
12 HALBERSTAM, Judith: Automating Gender: Postmodern Feminism in the
Age of the Intelligent
Autumn 1991. S. 454
Machine. In: Feminist Studies 17. Number 3.
6. BIBLIOGRAPHIE
AKASHE-BÖHME, Farideh: Das Exotische und die männliche Phantasie.
Ausländerinnen zwischen Exotik und Diskriminierung. In: KONNERTZ,
Ursula (Hg.): Weibliche Ängste. Ansätze feministischer Vernunftkritik.
Tübingen 1989.
ANGERER, Marie-Luise: alt.feminism/alt.sex/alt.identity/alt.theory/alt.art.
Über virtuelle Geschlechter. In: Springer. Hefte für Gegenwartskunst. Heft
2-3. Wien 1995.
ANGERER, Marie-Luise (Hg.): The Body of Gender. Körper. Geschlechter.
Identitäten. Wien 1995.
BADINTER, Elisabeth: Die Mutterliebe. Geschichte eines Gefühls vom 17.
Jahrhundert bis heute. München/Zürich 1981.
BARTHES, Roland: S/Z. Frankfurt am Main 1976.
BATAILLE, Georges: Der heilige Eros. Darmstadt/Neuwied 1964.
BAUDRILLARD, Jean: Der symbolische Tausch und der Tod. München
1982.
BAUDRILLARD, Jean: Vom zeremoniellen zum geklonten Körper: Der
Einbruch des Obszönen. In: KAMPER, Dietmar; WULF, Christoph (Hg.): Die
Wiederkehr des Körpers. Frankfurt am Main 1982.
BAUDRILLARD, Jean: Die Szene und das Obszöne. In KAMPER, Dietmar;
WULF, Christoph (Hg.): Das Schwinden der Sinne. Frankfurt am Main 1984.
BAUDRILLARD, Jean: Videowelt und fraktales Subjekt. In: Aisthesis.
Wahrnehmung heute oder Perspektiven einer anderen Ästhetik. Leipzig
1991.
BEAUVOIR, Simone de: Das andere Geschlecht. Sitte und Sexus der Frau.
Reinbek bei Hamburg 1968.
BEGUSCH, Harald: Cross-Dressing?/Trans-Sex?/Core-Gender? Die
Konstruktion der Effemination als Darstellung des Geschlechts.
Dissertation. Wien 1995.
BEI, Neda. Das Monstrum ist der Fall. Bathory, Kadivec, Luner, Papin & Papin
und die Grenzen des semantischen Feldes. In: Ästhetik und
Kommunikation. Berlin 1990.
193
BENHABIB, Seyla; BUTLER, Judith; CORNELL, Drucüla; FRÄSER, Nancy (Hg.):
Der Streit um Differenz. Feminismus und Postmoderne in der Gegenwart.
Frankfurt am Main 1993.
BENJAMIN, Jessica: Die Fesseln der Liebe. Psychoanalyse, Feminismus und
das Problem der Macht. Frankfurt am Main 1990.
BERENSTEIN, Rhona: Mommie Dearest: Aliens, Rosemary's Baby and
Mothering. In: Journal of Popular Culture. Volume 24. Fall 1990.
BERGER, John: Ways of Seeing. Harmondsworth 1972.
BERGER, John: Das Leben der Bilder oder die Kunst des Sehens. Berlin
1981.
BERGSTROM, Janet: Androids and Androgyny. In: PENLEY, Constance; LYON,
Elisabeth; SPIGEL, Lynn; BERGSTROM, Janet (ed.): Close Encounters. Film,
Feminism, and Science Fiction. Minneapolis/Oxford 1991.
BHABA, Homi: The Other Question: Stereotype and Colonial Discourse. In:
Screen (ed.): The Sexual Subject. A Screen Reader in Sexuality.
London/New York 1992.
BORDO, Susan: Reading the Slender Body. In: JACOBUS, Mary; FOX-KELLER,
Evelyn; SHUTTLEWORTH, Sally (ed.): Body/Politics. Women, Literature and
the Discourses of Science. New York/London 1990.
BORDO, Susan: Unbearable Weight. Feminism, Western Culture, and the
Body. Berkeley/Los Angeles 1993.
BOVENSCHEN, Silvia: Die imaginierte Weiblichkeit, Exemplarische
Untersuchungen zu kulturgeschichtlichen und literarischen
Repräsentationsformen des Weiblichen. Frankfurt am Main 1979.
BOVENSCHEN, Süvia: Über die Frage: Gibt es eine weibliche Ästetik? In:
DIETZE, Gabriele (Hg.): Die Überwindung der Sprachloskeit. Texte aus der
Frauenbewegung. Frankfurt am Main 1989.
BOWER, Lisa C: "Mother" in Law: Conceptions of Mother and the Maternal in
Feminism and Feminist Legal Theory. In: difference. A Journal of Feminist
Cultural Studies. No. 3.1. 1991
BRALDOTTI, Rosi: Nomadic Subjects. Embodiment and Sexual Difference
in Contemporary. Feminist Theory. New York 1994.
194
BRAIDOTTI, Rosi: Signs of Wonder and Traces of Doubt: On Teratology and
Embodied Difference. In: LYKKE, Nina; BRAIDOTTI, Rosi (ed.): Monsters,
Godesses and Cyborgs. Feminist Confrontations with Science, Medicine
and Cyberspace. London/New Jersey 1996.
BRAUERHOCH, Annette: Glanz und Elend der Muskelmänner. In:
GRAMANN, Karola; KOCH, Gertrud; SCHLÜPMANN, Heide (Hg.): Frauen und
Film. Männer, die ins Auge gehn. Heft 40. Frankfurt am Main 1986.
BRAUERHOCH, Annette: Mutter-Monster, Monster-Mutter. Vom Horror der
Weiblichkeit und monströser Mütterlichkeit im Horrorfilm und seinen
Theorien. In: KOCH, Gertrud; SCHLÜPMANN, Heide (Hg.): Frauen und Film.
Horror. Heft 49. Frankfurt am Main 1990.
BRAUERHOCH, Annette: "A Mother To Me": Auf den Spuren der Mutter - im
Kino. In: BRAUERHOCH, Annette; KOCH, Gertrud; LIPPERT, Renate;
SCHLÜPMANN, Heide (Hg.): Frauen und Film, fröhliche Wissenschaft gai
savoir gaya scienza. Heft 56/57. Frankfurt am Main 1995.
BRAUN, Christina von: Männliche Hysterie - Weibliche Askese. Zum
Paradigmenwechsel der Geschlechterrollen. In: RICK, Karin (Hg.): Die
Frauen, das Sexuelle und die Kunst. Tübingen 1987.
BRAUN, Christina von: Nicht ich. Logik, Lüge, Libido. Frankfurt am Main
1988.
BRAUN, Christina von: Die schamlose Schönheit des Vergangenen. Zum
Verhältnis von Geschlecht und Geschichte. Frankfurt am Main 1989.
BRONFEN, Elisabeth: Weibhchkeit und Repräsentation - aus der Perspektive
von Semiotik, Ästhetik und Psychoanalyse. In: BUßMANN, H.elga; HOF,
Renate (Hg.): Genus. Zur Geschlechterdifferenz
in den
Kulturwissenschaften. Stuttgart 1995.
BUKATMAN, Scott: Who Programs You? The Science Fiction of the
Spectacle. In: KUHN, Annette (ed.): Alien Zone. Cultural Theory and
Contemporary Science Fiction Cinema. London/New York 1990.
BUNDTZEN, Lynda K.: Monstrous Mothers, Medusa, Grendel, and now Alien.
In: Film Quarterly 40, Number 3. 1987.
BUSCH, Günther; WITTSOCK, Uwe (Hg.): Den Körper neu denken. Gender
Studies. In: Neue Rundschau. 104. Jahrgang, Heft 4. Franfurt am Main 1993.
195
BUßMANN, H.elga; HOF, Renate (Hg.): Genus. Zur Geschlechterdifferenz in
den Kulturwissenschaften. Stuttgart 1995.
BUTLER, Judith; SCOTT, Joan W. (Hg.): Feminists Theorize the Political. New
York/London 1992.
BUTLER, Judith: Das Unbehagen der Geschlechter. Frankfurt am Main 1993.
BUTLER, Judith: Kontingente Grundlagen: Der Feminismus und die Frage
der "Postmoderne". In: BENHABIB; Seyla; BUTLER; Judith; CORNELL, Drucüla;
FRÄSER, Nancy (Hg.): Der Streit um Differenz. Feminismus und
Postmoderne in der Gegenwart. Frankfurt am Main 1993.
BUTLER, Judith: Bodies that Matter. On the Discursive limits of "Sex". New
York/London 1993.
BYERS, Thomas B.: Commodity Futures. In: KUHN, Annette (ed.): Alien
Zone. Cultural Theory and Contemporary Science Fiction Cinema.
London/New York 1990.
CARROUGES, Michael:
Gebrauchsanweisung.
Junggesellenmaschme/Les Machines celibataires.
In:
Katalog
CARTWRIGHT, Lisa: Women, X-Rays, and the Public Culture of Prophylactic
Imaging. In: TRHCHLER, Paula; CARTWRIGHT, Lisa (ed.): Camera Obscura.
Imaging Technologies, Inscribing Science 2. Number 29. Bloomington
1992.
CASE, Sue-Ellen (ed.): Feminism and Theatre. New York 1988.
CASE, Sue-Ellen (ed.): Performing Feminism. Feminist Critical Theory and
Theatre. London/Baltimore 1990.
CHASSEGUET-SMIRGEL, Janine: Psychoanalyse der weiblichen Sexualität.
Frankfurt am Main 1974.
CHODOROW, Nancy: Das Erbe der Mütter. München 1985.
CHOW, Rey: Postmodern Automatons. In: BUTLER, Judith; SCOTT, Joan (ed.):
Feminsts Theorize the Political. New York/London 1992.
CIXOUS, Helene: Die unendliche Zirkulation des Begehrens. Berlin 1977.
CIXOUS, Helene: Geschlecht oder Kopf. In: dies.:Die unendliche
Zirkulation des Begehrens. Berlin 1977.
196
CIXOUS, Helene: Von der Szene des Unbewußten zur Szene der
Geschichte. In: RICK, Karin (Hg.): Die Frauen, das Sexuelle und die Kunst.
Tübingen 1987.
CLOVER, Carol: Men, Women, and Chainsaws. Gender in the Modern Horror
Füm. Princeton 1992.
CLOVER, Carol: Her Body, Himself. In: dies.: Men, Women, and Chainsaws.
Gender in the Modern Horror Füm. Princeton 1992.
CONRAD, Judith; KONNERTZ, Ursula (Hg.): Weiblichkeit in der Moderne.
Ansätze feministischer Vernunftkritik. Tübingen 1986.
CROSBY, Christina: Commentary (on Haraway's Manifesto for Cyborgs).
Allies and Enemies. In: WEED, Elizabeth (ed.): Coming to Terms. Feminism,
Theory, Politics. London/New York 1989.
CREED. Barbara: "Alien" and the Monstrous-Feminine. In: KUHN, Annette
(ed.): Alien Zone. Cultural Theory and Contemporary Science Fiction
Cinema. London/New York 1990.
CREED. Barbara: Gynesis, Postmodernism and the Science Fiction Horror
Film. In: KUHN, Annette (ed.): Alien Zone. Cultural Theory and
Contemporary Science Fiction Cinema. London/New York 1990.
CREED, Barbara: The Monstrous-Feminine. Film, Feminism, Psychoanalysis.
London/New York 1993.
DADOUN, Roger: Der Fetischismus im Horrorfilm. Zitiert nach
BRAUERHOCH, Annette: Mutter-Monster, Monster-Mutter. In: Frauen und
Füm. Horror. Heft 49. Basel/Frankfurt am Main 1990.
DALY, Mary: Gyn/Ökonolgie. Eine Metaethik des Radikalen Feminismus.
Mümchen 1980.
DE LAURETIS, Teresa: Alice Doesn't. Feminism Semiotics Cinema
Houndmüls/London 1984.
DE LAURETIS, Teresa: Ödipus interruptus. In: KOCH, Gertrud; SCHLÜPMANN,
Heide (Hg.): Frauen und Film. Väter und Töchter. Heft 48. Frankfurt am Main
1990.
DE LAURETIS, Teresa: Technolgies of Gender. Essays on Theorie, Film and
Fiction. Indiana 1991.
197
DE LAURETIS, Teresa: The Practice of Love. Lesbian Sexuality and Perverse
Desire. Bloomington/Indianapolis 1994.
DITTUS, Sabrina: Rezension von Teresa de Lauretis' "The Practice of Love".
In: Feministische Studien. Einsprüche. Weinheim 1995
DIETZE, Gabriele (Hg.): Die Überwindung der Sprachlosigkeit. Texte aus der
Frauenbewegung. Frankfurt am Main 1989.
DOANE, Mary Ann: Dunkle Kontinente. Epistemologie der rassischen und
sexuellen Differenz in der Psychoanalyse und im Kino. In: .Frauen und
Medien. Frankfurt am Main 1989.
DOANE, Mary: Film und Maskerade: Zur Theorie des weiblichen
Zuschauers. In: GRAMANN, Karola; KOCH, Gertrud; SCHLÜPMANN, Heide
(Hg.): Frauen und Füm. Maskerade. Heft 38. Frankfurt am Main 1985.
DOANE, Mary Ann: Commentary (on Haraway's Manifesto for Cyborgs).
Cyborgs, Origins and Subjectivity. In: WEED, Elizabeth (ed.): Coming to
Terms. Feminism, Theory, Politics. London/New York 1989.
DOANE, Mary Ann: Post-Utopian Difference. In: Elizabeth Weed (ed.):
Coming to Terms, Feminism, Theory, Politics. New York/London 1989.
DOANE, Mary Ann: Technophilia: Technology, Representation, and the
Feminine. In: JACOBUS, Mary; KELLER, Evelyn Fox; SHUTTLEWORTH, SaUy
(ed.): Body/PoÜtics. Women, Literature and the Discourse of Science. New
York/London 1990.
DOANE, Mary Ann: Technology's Body: Cinematic Vision in Modernity.
Differences. A Journal of Feminist Critical Studies 5.2. 1993.
DUDEN, Barbara: Der Frauenleib als öffentlicher Ort. Hamburg/Zürich
1991.
DUDEN, Das Herkunftswörterbuch. Mannheim/Wien/Zürich 1989.
DURAS, Marguerite: Blaue Augen, schwarzes Haar. Frankfurt am Main 1987.
DYER, Richard: "Don't Look Now". Die Unstimmigkeiten des männlichen
Pin-Up. In: GRAMANN, Karola; KOCH, Gertrud; SCHLÜPMANN, Heide (Hg.)
Frauen und Füm. Männer, die ins Auge gehn. Heft 40. Frankfurt am Main
1986.
198
DYER, Richard: Weiß. In: BRAUERHOCH, Annette; KOCH, Gertrud; LIPPERT,
Renate; SCHLÜPMANN, Heide (Hg.): Frauen und Film. Ethnos und
Geschlecht. Heft 54/55. Frankfurt am Main 1994.
DYER, Richard: Das Licht der Welt - Weiße Menschen und das FUm-Büd. In:
ANGERER Marie-Luise (Hg.): The Body of Gender. Körper. Geschlecht.
Identitäten. Wien 1995.
EPSTEIN, Julia; STRAUB, Kristina (Hg.): Body Guards. The Cultural Pohtics of
Gender Ambiguity. New York 1991.
FEATHERSTONE, Mike; HEPWORTH, Mike; TURNER; Bryan S. (ed.): The Body.
Social Process and Cultural Theory. London/Newbury Park/New Delhi
1992.
FEHER, Michel; NADDAFF, Ramona; TAZI, Nadia (ed.): Fragments for a
History of the Human Body. 3 Bände. Cambridge/London 1989.
FELMAN, Shoshana: Weiblichkeit wiederlesen. In: VINKEN, Barbara (Hg.):
Dekonstruktiver Feminismus. Literaturwissenschaft in Amerika. Frankfurt
am Main 1992.
FOUCAULT, Michel: Sexualität und Wahrheit. Der Wille zum Wissen. 1.
Band. Frankfurt am Main 1983.
FOUCAULT, Michel: Von der Subversion des Wissens. Frankfurt am Main
1987.
FOSTER, Alan Dean: Alien. Das unheimliche Wesen aus einer fremden
Welt. (Roman nach dem Drehbuch von Dan O'Bannon). München 1991.
FRANKENBERG, Ruth: Questions of Culture and Belonging. Minneapolis
1992.
FRANKFURTER FRAUENSCHULE (Hg.): Zur Krise der Kategorien. Frau Lesbe
Geschlecht. Facetten feministischer Theoriebüdung. Frankfurt am Main
1993.
FREUD, Sigmund: Das Unhemüiche. Studienausgabe. Band IV. Frankfurt am
Main 1970.
FREUD, Sigmund: Das Medusenhaupt. Gesammelte Werke. Band XVTJ.
Frankfurt am Main 1982.
FREUD, Sigmund: Über die weibliche Sexualität. Studienausgabe. Band V.
Frankfurt am Main 1970.
199
FREUD, Sigmund: Einige psychische Folgen des anatomischen
Geschlechtsunterschieds. Studienausgabe. Band V. Frankfurt am Main
1970.
FREUD, Sigmund: Die Frage der Laienanalyse. Unterredung mit einem
Unparteiischen. Studienausgabe (Schriften zur Behandlungstechnik)
Ergänzungsband. Frankfurt am Main 1982.
FOX-KELLER, Evelyn: Liebe, Macht und Erkenntnis. Männliche oder
weibliche Wissenschaft? München 1986.
FRAUENFnJvTJMTIATrVE (Hg.): Mörderinnen im Füm 1992.
GEBAUER, Gunter; KAMPER, Dietmar; MATTENKLOTT, Gert (Hg.): Historische
Anthropologie. Zum Problem der Humanwissenschaften heute oder
Versuche einer Neubegründung. Frankfurt am Main 1989.
GEHRKE, Claudia; TREUSCH-DIETER, Gerburg; WARTMANN, Brigitte
(Hg.):Frauen Macht. Zeitschrift für Vernunftkritik. Tübingen 1984.
GLLLIGAN, Carol: Die andere Stimme. Lebenskonflikt und Moral der Frau.
München/Zürich 1988.
GRAHAM, Paula: Lesbisch sehen, lesbisch aussehen: Amazonen und
Aliens im Science-fiction-Film. In: HAMMER, Diane; BUDGE, Belinda (Hg.):
Von Madonna bis Martina... die Romanze der Massenkultur mit den Lesben.
GREENBERG, Harvey R.: Reimagining the Gargoyle: Psychoanalytic Notes on
Auen. In: PENLEY, Constance; LYON, Elisabeth; SPIGEL, Lynn; BERGSTROM,
Janet (ed.): Close Encounters. Film, Feminism, and Science Fiction.
Minneapoüs/Oxford 1991.
GROSZ, Elizabeth: Volatile Bodies. Toward a Corporeal Feminism.
Bloomington/Indianapolis 1994.
HAGEMANN-WHITE, Carol: Frauenbewegung und Psychoanalyse. Frankfurt
am Main 1986.
HAGEMANN-WHITE, Carol; RERRICH, Maria (Hg.): Frauen Männer Bilder.
Männer und Männhchkeit in der feministischen Diskussion. Berlin 1988.
HAIDER-PREGLER, Hilde: Das Verschwinden der Langeweile aus der
(Theater-)Wissenschaft. Erweiterung des Fachhorizonts aus feministischer
Perspektive. In: MÖHRMANN, Renate (Hg.): Theaterwissenschaft heute. Eine
Einführung. Berlin 1990.
200
HALBERSTAM, Judith: Automating Gender: Postmodern Feminism in the
Age of the Intelligent Machine. In: Feminist Studies 17. Number 3. Autumn
1991.
HALBERSTAM, Judith; LIVINGSTON, Ira (ed.): Posthuman Bodies.
Bloomington/Indianapohs 1995.
HAMMER, Diane; BUDGE, Belinda (Hg.): Von Madonna bis Martina.- die
Romanze der Massenkultur mit den Lesben.
HARAWAY, Donna: A Manifesto for Cyborgs: Science, Technology, and
Socialist Feminism in the 1980s. In: WEED, Elizabeth (ed.): Coming to
Terms. Feminism, Theory, Politics. London/New York 1989.
HARAWAY, Donna: Primate Visions. New York/London 1989.
HARAWAY, Donna: Situated Knowledges: The Science Question in
Feminism and the Privilege of Partial Perspective. In: dies.: Simians,
Cyborgs, and Women. The Reinvention of Nature. London 1991.
HARAWAY, Donna: Geschlecht, Gender, Genre. Sexualpolitik eines Wortes.
In: HAUSEN, Karin (Hg.): Feministische Wissenschaftskritik. Berlin 1986.
HARAWAY, Donna: Simians, Cyborgs and Women. The Reinvention of
Nature. London 1991.
HARAWAY, Donna: The Actors Are Cyborg, Nature Is Coyote, and the
Geography Is Elsewhere: Postscript to "Cyborgs at Large". In: PENLEY,
Constance; ROSS, Andrew (ed.): Technoculture. Minneapolis/London 1991.
HARAWAY, Donna: Wir sind mimer mittendrin. In: dies.: Die Neuerfindung
der Natur. Primaten, Cyborgs und Frauen. Frankfurt/New York 1995.
HARAWAY, Donna: The Virtual Speculum in the New World Order. Abstract
for the Conference on "Revisioning Women, Health and Healing: Feminist
Cultural and Technoscience Perspectives. Unpublished Paper. October
1995.
HARDACH-PINKE, Irene: Schwangerschaft und Identität. Die Technologie
des weiblichen Körpers. In: KAMPER, Dietmar; WULF, Christoph (Hg.): Die
Wiederkehr des Körpers. Frankfurt am Main 1982.
HARTOUNI, Valerie: Containing Women: Reproductive Discourse in the
1980s. In: PENLEY, Constance; ROSS, Andrew (ed.): Technoculture.
Minneapolis/London 1991.
201
HARTOUNI, Valerie: Fetal Exposures: Abortion Politics and the Optics of
Allusion. In: TREICHLER, Paula; CARTWRIGHT, Lisa (ed.): Camera Obscura.
Imaging Technologies, Inscribing Science 2. Number 29. Bloomington
1992.
HAUG, Frigga (Hg.): Sexualisierung der Körper. Hamburg 1988.
HAUSEN, Karin; NOWOTNY, Helga (Hg.): Wie männlich ist die Wissenschaft.
Frankfurt am Main 1986.
HEATH, Stephen: Difference. In: Screen (ed.): The Sexual Subject. A Screen
Reader in Sexuality. London/New York 1992.
HEINRICH, Klaus: Das Floß der Medusa. In: SCHLESIER, Renate (Hg.):
Faszination des Mythos. Studien zu antiken und modernen
Interpretationen. Frankfurt am Main 1985.
HEINZEL, Kathrin: Die Puppe, Der Junggeselle, Das Monster. Über
verführerische Maschinen. In Ästhetik und Kommunikation. Verführung.
Heft 80/81. Basel/Frankfurt am Main 1993.
HERITIER-AUGE, Francoise: Semen and Blood. Some Ancient Theories
Concerning Theü Genesis and Relationship. In: FEHER, Michel; NADAFF,
Ramona; TAZI, Nadia (ed.): Fragments for a History of the Human Body. Part
Three. New York 1989.
HERITIER-AUGE, Francoise: Older Women, Stout-Hearted Women, Women
of Substance. In: FEHER, Michel; NADAFF, Ramona; TAZI, Nadia (ed.):
Fragments for a History of the Human Body. Part Three. New York 1989.
HURLEY, KeUy: Reading Like an Alien: Posthuman Identity in Ridley Scott's
"Alien" and David Cronenberg's "Rabid". In: HALBERSTAM, Judith;
LTVINGSTON, Ira (ed.): Posthuman Bodies. Bloomington/Indianapolis 1995.
HUYSSEN, Andreas; SCHERPE, Klaus R. (Hg.): Postmoderne. Zeichen eines
kulturellen Wandels. Reinbek bei Hamburg 1986.
INSTITUT FÜR SOZIALFORSCHUNG FRANKFURT (Hg.): Geschlechterverhältnisse und Politik. Frankfurt am Main 1994.
IRIGARAY, Luce: Das Geschlecht, das nicht ems ist. Berlin 1979
IRIGARAY, Luce: Speculum. Spiegel des anderen Geschlechts. Frankfurt
am Main 1980.
202
IRIGARAY, Luce: Die Genealogie der Geschlechter. Freiburg im Breisgau
1989.
JACOBI, Juliane et.al. (Hg.): Kritik der Kategorie Geschlecht. In:
Feministische Studien. 11. Jahrgang, Nr. 2. Weinheim 1993.
JACOBUS, Mary; FOX-KELLER, Evelyn; SHUTTLEWORTH, Sally (ed.):
Body/Politics. Women, Literature and the Discourses of Science. New
York/London 1990.
JARDINE, Alice; SMITH, Paul (Hg.): Men in Feminism. New York 1987.
JENNINGS, Ros: Desire and Design: Ripley Undressed. In: WILTON, Tamsin
(ed.): Immortal, Invisible. Lesbians and the Moving Image. London/New York
1995.
JOHNSON, Barbara: Mein Monster - Mem Selbst. In: VINKEN, Barbara (Hg.):
Dekonstruktiver Feminismus. Literaturwissenschaft in Amerika. Frankfurt
am Main 1992.
JUTZ, Gabriele: Und immer lockt das Weib. Mythenproduktion und orales
Versprechen im Kontext Brigitte Bardot. In: PERTHOLD, Sabine (Hg.): Rote
Küsse. Film Schau Buch. Tübingen 1990.
KAPLAN, E. Ann: Motherhood and Representation. The Mother in Popular
Culture and Melodrama. London/New York 1992.
KAMPER, Dietmar; WULF, Christoph (Hg.): Die Wiederkehr des Körpers.
Frankfurt am Main 1982.
KAMPER, Dietmar: Tod des Körpers - Leben der Sprache. Über die
Intervention des Imaginären im Zivilisationsprozess. In: GEBAUER; KAMPER;
MATTENKLOTT (Hg.): Historische Anthropologie. Zum Problem der
Humanwissenschaften heute oder Versuche einer Neubegründung.
Frankfurt am Main 1989.
KAMPER, Dietmar; WULF, Christoph (Hg.): Transfigurationen des Körpers.
Spuren der Gewalt in der Geschichte. Berlin 1989.
KAVANAGH, James H.: Feminism, Humanism and Science in "Ahen". In:
KUHN, Annette (ed.): Alien Zone. Cultural Theory and Contemporary
Science Fiction Cinema. London/New York 1990.
KERENY, Karl: Die Mythologie der Griechen. Zürich 1951.
203
KING, Katie: Local and Global: AIDS Activism and Feminist Theory. In:
TREICHLER, Paula; CARTWRIGHT, Lisa (ed.): Camera Obscura. Imaging
Technologies, Inscribing Science. Number 28. Bloomington 1992.
KITTLER, Friedrich: Grammophon Füm Typenwriter. Berlin 1986.
KUPPEL, Heike: Böse Bilder. Horrorfilm und Angsterleben. In: KOCH,
Gertrud.SCHLÜPMANN, Heide (Hg:): Frauen und Film. Horror. Heft 49.
Frankfurt am Main 1990.
KLOSSOWSKI Pierre; BATAILLE, Georges; u. a.: Sprachen des Körpers. Berlin
1979.
KLÜSS, Werner: Die Sprache der Büder. In: Die Zeit. 21.11.1970. S. 29
KNAPP, Gudrun-Axeli; WETTERER, Angelika (Hg.): Traditionen - Brüche.
Entwicklungen feministischer Theorie. Freiburg 1992.
KONNERTZ, Ursula (Hg.): Zeiten der Keuschheit. Ansätze feministischer
Vernunftkritik. Tübingen 1988.
KONNERTZ, Ursula (hg.): Weibliche Ängste. Ansätze feministischer
Vernunftkritüc. Tübingen 1989
KRISTEVA, Julia: Produktivität der Frau. Interview mit Eliane Boucquey. In:
Das Lächeln der Medusa. Alternative 108/109. 1976
KRISTEVA, Julia: Semiologie - kritische Wissenschaft u n d / o d e r
Wissenschaftskritik. In: ZIMA, Peter V. (Hg.): Textsemiotik als
Ideologiekritik. Frankfurt am Main 1977.
KRISTEVA, Julia: Kein weibliches Schreiben? Fragen an Julia Kristeva.
Freibeuter Nr. 2. 1979
KRISTEVA, Julia: Fremde sind wir uns selbst. Frankfurt am Main 1988.
KUHN, Annette: Introduction. In: dies, (ed.): AÜen Zone. Cultural Theory and
Contemporary Science Fiction Cinema. London/New York 1990.
KUHN, Annette (ed.): Alien Zone. Cultural Theory and Contemporary
Science Fiction Cinema. London/New York 1990.
LAMMER, Christina: Der "telegene" Körper. Ein Vergleich der postmodernen
Körperproduktion zwischen Kunst und Klinik. Unveröffentlichtes
Manuskript. Wien 1996.
204
LANDWEER, Huge, TRUMPF, Mechtmld (Hg.): Feministische Studien. Kritik
der Kategorie Geschlecht. Weinheim 1993.
LANDWEER, Hilge, TRUMPF, Mechthild (Hg.): Feministische Studien.
Einsprüche. Weinheim 1995.
LAQUEUR, Thomas: Auf den Leib geschrieben. Die Inszenierung der
Geschlechter von der Antike bis Freud. Frankfurt/New York 1992.
LEARY, Timothy. Zitiert im Vorwort des Kataloges HR Giger Arn.
Berlin/Zürich 1991.
LENK, Elisabeth: Die unbewußte Gesellschaft. Über die mimetische
Grundstruktur in der Literatur und im Traum. München 1983.
LENK, Eüsabeth: Die sich selbst verdoppelnde Frau. In: dies.: Kritische
Phantasie. München 1986.
LINDNER, Ines; SCHADE, Sigrid; WENK, Silke; WERNER, Gabriele (Hg.): BlickWechsel. Konstruktionen von Männlichkeit und Weiblichkeit in Kunst und
Kunstgeschichte. Berlin 1989.
LIPPERT, Renate: Was ist los mit Mrs. Mulwray? Zu "Chinatown" (1974) von
Roman Polanski. In: KOCH, Gertrud; SCHLÜPMANN, Heide (Hg.): Frauen und
Film. Väter und Töchter. Heft 48. Frankfurt am Main 1990.
LIPPERT, Renate: Panisches Töten. Psychohorrorfilme der 60er Jahre. In:
KOCH, Gertrud; SCHLÜPMANN, Heide (Hg.): Frauen und Füm. Horror. Heft 49.
Frankfurt am Main 1990.
LIPPERT, Renate: "You make me feel like a natural woman". Konstruktion
'weißer' Weibhchkeit in "Vom Winde verweht". In: BRAUERHOCH, Annette;
KOCH, Gertrud; LIPPERT, Renate; SCHLÜPMANN, Heide (Hg.): Frauen und
Füm. Ethnos und Geschlecht. Heft 54/55. Frankfurt am Main 1994.
LIST, Elisabeth; STUDER, Herlinde (Hg.): Denkverhältnisse. Feminismus und
Kritik. Frankfurt am Main 1989.
LIST, Elisabeth: Die Präsenz des Anderen. Theorie und Geschlechterpolitik.
Frankfurt am Main 1993.
LORAUX; Nicole: Tragic Ways of Küling a Woman. Cambridge/London 1987.
LORAUX, Nicole: Die Trauer der Mütter. Weibliche Leidenschaft und die
Gesetze der Politik. Frankfurt am Main 1992.
205
LOREY, IsabeU: Der Körper als Text und das aktuelle Selbst: Butler und
Foucault. In: Feministische Studien. Weinheim 1993.
LUMMERDING, Susanne: "Weibliche" Ästhetik? Mögüchkeiten und Grenzen
einer Subversion von Codes. Wien 1994.
LYOTARD, Jean-Francois: Das Patchwork der Minderheiten. Berlin 1977.
LYOTARD, Jean-Francois: Postmoderne für Kinder. Wien 1987.
MAIWORM, Angeüka: Räume, Zeiten, viele Namen. Ästhetik als Kritik der
Weibhchkeit. Weingarten 1984.
MASON, Carol: Terminating Bodies. In: HALBERSTAM, Judith; LIVINGSTON,
Ira (ed.): Posthuman Bodies. Bloomington/Indianapolis 1995.
MENKE, Bettine: Versteht: Der Ort der "Frau" - Ein Nachwort. In: VINKEN,
Barbara (Hg.): Dekonstruktiver Feminismus. Literaturwissenschaft im
Amerika. Frankfurt am Main 1992.
MENKE, Bettine: Dekonstruktion der Geschlechterdifferenz. Vortrag zur
Tagung "Verwirrung der Geschlechter". Dekonstruktion und Feminismus.
München 1994.
MERCER, Kobena: Das Skinhead-Sex-Ding. Rassische Differenz und das
homoerotische Imaginäre. Texte zur Kunst 2. Jg Nr.8. Köln 1992.
MEYER, Eva: Zählen und Erzählen. Für eine Semiotik des Weiblichen.
Wien/Berlin 1983.
MODLESKI, Tanja: Hitchcocks Töchter. In: KOCH, Gertrud; SCHLÜPMANN,
Heide (Hg.): Frauen und Füm. Väter und Töchter. Heft 48. Frankfurt am Main
1990.
MÖHRMANN, Renate (Hg.): Die Schauspielerin. Zur Kulturgeschichte der
weibhchen Bühnenkunst. Frankfurt am Main 1989.
MÖHRMANN, Renate (Hg.): Theaterwissenschaft heute. Eine Einführung.
Berlin 1990.
MINH-HA, Trinh T.: Difference. A Special Third World Women Issue. In:
MLNH-H, Trinh T. (ed): She, the Inappropriate/d Other. Discourse 8. FallWinter 1986/87.
MULVEY, Laura: Visuelle Lust und narratives Kino. Die Frau als Bild, der
Mann als Träger der Blicks. In: NABAKOWSKI, Gislind; SANDER, Heike;
GORSEN, Peter (Hg.): Frauen in der Kunst. Band 1. Frankfurt am Main 1980.
206
NABAKOWSKI, Gislind; SANDER, Heike; GORSEN, Peter (Hg.): Frauen in der
Kunst. 2 Bände. Frankfurt 1980.
NEWTON, Judith: Feminism and Anxiety in "Ahen". In: KUHN, Annette (ed.):
Alien Zone. Cultural Theory and Contemporary Science Fiction Cinema.
London/New York 1990.
NICHOLS, Bül (ed.): Movies and Methods. Volume II. Berkeley/Los Angeles
1985.
NIEHAUS, Irene (Hg.): Frauen Bilder Männer Mythen. Kunsthistorische
Beiträge. Berlin 1987.
OWENS, Craig: Der Diskurs der Anderen - Ferrünistinnen und Postmoderne.
In HUYSSEN; SCHERPE (Hg.): Postmoderne. Zeichen eines kulturellen
Wandels. Frankfurt am Main 1986.
PALM, Michael: der Weltraum - unendliche weiten, der leere räum und
science fiction kino. In: Karl SIEREK (Hg.): filmtheorie und. Wien 1991.
PALM, Michael; ROBNIK, Drehli (Hg.): Und das Wort ist Fleisch geworden.
Texte über Filme von David Cronenberg. Wien 1992.
PENLEY, Constance: The Future of an Illusion. Film, Feminism, and
Psychoanalysis. Minneapolis 1989.
PENLEY, C o n s t a n c e ; ROSS,
Minneapolis/Oxford 1991.
Andresw
(ed.):
Technoculture.
PENLEY, Constance; LYON, Elisabeth; SPIGEL, Lynn; BERGSTROM, Janet (ed.):
Close E n c o u n t e r s . Film, Feminism, and Science Fiction.
Minneapolis/London 1991.
PENLEY, Constance: Time Travel, Primal Scene, and the Critical Dystopia. In:
PENLEY, Constance; LYON, Elisabeth; SPIEGEL, Lynn; BERGSTROM, Janet (ed.):
Close E n c o u n t e r s . Film, Feminism, and Science Fiction.
Minneapolis/Oxford 1991.
PERTHOLD Sabine (Hg.): Rote Küsse. Füm Schau Buch. Tübingen 1990.
PERTHOLD, Sabine: Zeigt her Eure Zähne. Die monströse Darstellung
weibhcher Vampüe in der "Verzahnung" von ReUgion, Mythologie, Medien
und Füm. In: PERTHOLD, Sabine (Hg.): Rote Küsse. Film Schau Buch.
Tübingen 1990.
207
PHELAN, Peggy: Unmarked. The Politics of Performance. London/New York
1993.
PRESCHL, Claudia: Die Strategie des Blicks oder das Motiv der Bedrohung.
In: PERTHOLD, Sabine (Hg.): Rote Küsse. Füm Schau Buch. Tübingen 1990.
POOVEY, Mary: The Abortion Question and the Death of Man. In: BUTLER,
Judith; SCOTT, Joan W. (ed.): Feminists Theorize the Political. New
York/London 1992.
PUSCH, Luise (Hg.): Feminismus. Inspektion der Herrenkultur. Ein
Handbuch. Frankfurt am Main 1983.
RALL, Veronika: "Vashti, why do you talk so much nonsense?" -"Because I
have so much to remember". Zu King Vidors "Duel in the Sun". In:
BRAUERHOCH, Annette; KOCH, Gertrud; LIPPERT, Renate; SCHLÜPMANN,
Heide (Hg.): Frauen und Füm. Ethnos und Geschlecht. Heft 54/55. Frankfurt
am Main 1994.
RANKE-GRAVES, Robert von: Griechische Mythologie. Quellen und
Deutung. Reinbek bei Hamburg 1984.
REICHERT, Holger: Köstliche Schauer und der Geschmack am Anderen. In:
PALM, Michael; ROBNIK, Drehli (Hg.): Und das Wort ist Fleisch geworden.
Texte über Filme von David Cronenberg. Wien 1992.
REID, Roddey: "Death of the Famüiy," or, Keeping Human Beings Human. In:
HALBERSTAM, Judith; LIVINGSTON, Ira (ed.): Posthuman Bodies.
Bloomington/Indianapolis 1995.
RERR1CH, Maria (Hg.): Frauen Männer Büder.Männer und Männhchkeit in der
feministischen Diskussion. Berlin 1988.
RICH, Adrienne: Of Woman Born. Motherhood as Experience and
Institution. New York 1976.
RICK, Karin (Hg.): Die Frauen, das SexueUe und die Kunst. Tübingen 1987.
RIES, Marc: The Brood. In: PALM, Michael; ROBNIK, Drehh (Hg.): Und das Wort
ist Fleisch geworden. Texte über Füme von David Cronenberg. Wien 1992.
ROBNIK, Drehh: Zeigen. Deprivilegierte Monstrosität in "The Fly" and
anderen Filmen von David Cronenberg. In: PALM, Michael; ROBNIK, Drehli
(Hg.): Und das Wort ist Fleisch geworden. Texte über Filme von David
Cronenberg. Wien 1992.
208
ROLOFF, Bernhard; SEESSLEN, Georg (Hg.): Grundlagen des populären Films
1-10. Reinbek bei Hamburg 1980.
ROUCH, Jean: The Camera and the Man. In: Paul HOCKINGS (ed.): Principles
of Visual Anthropology. Paris 1975.
RUPPERSBERG, Hugh: The Alien Messiah. In: KUHN, Annette (ed.): Alien
Zone. Cultural Theory and Contemporary Science Fiction Cinema.
London/New York 1990.
RYAN, Michael; KELLNER, Douglas: Technophobia. In KUHN, Annette (Hg.):
Ahen Zone. Cultural Theory and Contemporary Science Fiction Cinema.
London/New York 1990.
SCHLESIER, Renate (Hg.): Faszination des Mythos. Studien zu antiken und
modernen Interpretationen. Frankfurt am Main 1985.
SCHLESIER, Renate: Mythos und Weiblichkeit bei Sigmund Freud. Zum
Problem der Entmythologisierung und Remythologisierung in der
psychoanalytischen Theorie. Frankfurt am Main 1990.
SCHLÜPMANN, Heide: Jalousie. Zu William Wylers "The Letter" (1940). In:
BRAUERHOCH, Annette; KOCH, Gertrud; LIPPERT, Renate; SCHLÜPMANN,
Heide (Hg.): Frauen und Füm. Ethnos und Geschlecht. Heft 54/55. Frankfurt
am Main 1994.
SCHOR, Naomi: Dieser Essentialismus, der keiner ist - Irigaray begreifen. In:
VINKEN, Barbara (Hg.): Dekonstruktiver Feminismus. Literaturwissenschaft
in Amerika. Frankfurt am Main 1992.
SCOTT, Joan W.: Commentary (on Haraway's Manifesto for Cyborgs).
Cyborgian Sociahsts? In: WEED, Elizabeth (ed.): Coming to Terms. Feminism,
Theory, Politics. London/New York 1989.
SEESSLEN, Georg: Kino des Phantastischen. Geschichte und Mythologie des
Horror-Films. In: ROLOFF, Bernhard, SEESSLEN, Georg (Hg.): Grundlagen des
populären Films 2. Reinbek bei Hamburg 1979.
SEESSLEN, Georg: Kino des Utopischen. Geschichte und Mythologie des
Science-Fiction-Films. In: ROLOFF, Bernhard, SEESSLEN, Georg (Hg.):
Grundlagen des populären Films 4. Reinbek bei Hamburg 1980.
SEESSLEN, Georg: Kino der Angst. Geschichte und Mythologie des FilmThrillers. In: ROLOFF, Bernhard, SESSLEN, Georg (Hg.): Grundlagen des
populären Films 5. Reinbek bei Hamburg 1980.
209
SEIFERT, Edith: Was wül das Weib? Zu Begehren und Lust bei Freud und
La can. Weinheim/Berlin 1987.
SHAVIRO, Steven: The Cinematic Body. Theory out of Bounds.
Minneapolis/London 1993.
SILVERMAN, Kaja: Masochism and Male Subjectivity. In: PENLEY, Constance;
WILLIS, Sharon (ed.): Camera Obscura. A Journal of Feminism and Film
Theory. Number 17. Bloomington 1988.
SILVERMAN, Kaja: Male Subjectivity at the Margins. London 1992.
SILVERMAN, Michael: Die Neuschreibung des Doubles. In: PALM, Michael;
ROBNIK, Drehli (Hg.): Und das Wort ist Fleisch geworden. Texte über Filme
von David Cronenberg. Wien 1992.
SISSA, Giulia: Subtle Bodies. In: FEHER, Michel, NADAFF, Ramona, TAZI,
Nadja (ed.): Fragments for a History of the Human Body. Part Three. New
York 1989.
SMITH-ROSENBERG: The Body Politic. In: WEED, Elizabeth (ed.): Coming to
Terms. Feminism, Theory, Politics. London/New York 1989.
SOBCHACK, Vivian: The Virginity of Astronauts. In: KUHN, Annette (ed.):
Alien Zone. Cultural Theory and Contemporary Science Fiction.
London/New York 1990.
SOBCHACK, Vivian: Child/Alien/Father. Patriarchal Crisis and Generic
Exchange. In: PENLEY, Constance; LYON, Elisabeth; SPIGEL, Lynn;
BERGSTROM, Janet (ed.): Close Encounters. Film, Feminism and Science
Fiction. Minneapolis/Oxford 1993.
SONTAG, Susan: Die Katastrophenphantasie. In: dies.: Kunst und Antikunst.
24 literarische Analysen. Frankfurt am Mam 1982.
SPIGEL, Lynn: From Domestic Space to Outer Space: The 1960s Fantastic
Family Sitcom. In: PENLEY, Constance; LYON, Elisabeth; SPIGEL, Lynn;
BERGSTROM, Janet (ed.): Close Encounters. Film, Feminism, and Science
Fiction. Minneapolis/Oxford 1992.
SPIVAK, Gayatri: Verschiebung und der Diskurs der Frau. In: VINKEN,
Barbara (Hg.): Dekonstruktiver Feminismus. Literaturwissenschaft in
Amerika. Frankfurt am Main 1992.
210
STABILE, Carol: Shooting the Mother: Fetal Photography and the Politics of
Disappearance. In: TREICHLER, Paula; CARTWRIGHT Lisa (ed.): Camera
Obscura. Imaging Technologies, Inscribing Science. Number 28.
Bloomington 1992.
STANTON, Domna C. (ed.): Discourses of Sexuality. From Aristotle to AIDS.
Michigan 1992.
STERN, Lesley: The Body as Evidence. In: Screen (ed.): The Sexual Subject.
A Screen Reader in Sexuality. London/New York 1992.
STERN, Michael: Making Culture into Nature. In: KUHN, Annette (ed.): Alien
Zone. Cultural Theory and Contemporary Science Fiction. London/New
York 1990.
STUDLAR, Gaylyn: Schaulust und masochistische Ästhetik. In: GRAMANN,
Karola; KOCH, Gertrud; SCHLÜPMANN, Heide (Hg.): Frauen und Füm. Heft 39.
Frankfurt am Main 1985.
SULERI, Sara: Women Skin Deep: Fenünism and the Postcolonial Condition.
In: Critical Inquiry 18 . Summer 1992.
TASKER, Yvonne: Spectacular Bodies. Gender, Genre and the Action
Cinema, London/New York 1995.
TAUREG, Martin: Ist Wirklichkeit konservierbar? In: BLÜMLINGER, Christa
(Hg.): Der Sprung im Spiegel. Filmisches Wahrnehmen zwischen Fiktion und
Wirklichkeit. Wien 1990.
TELOTTE, J. P.: The Doubles of Phantasy and the Space of Desire. In: KUHN,
Annette (ed.): Ahen Zone. Cultural Theory and Contemporary Science
Fiction Cinema. London/New York 1990.
TILLNER, Georg: Der Mann als Lichtspiel der Geschichte. Zur Erbauung des
männlichen Subjekts und der Ermittlung geseUschafthcher Wüküchkeit im
Spielfilm. Diplomarbeit. Wien 1993.
TREUSCH-DIETER, Gerburg: Von der sexuellen Rebellion zur Gen- und
Reproduktionstechnologie. Tübingen 1990.
TRINH, T. Minh-Ha: Difference: A Special Thrid World Women Issue. In:
dies, (ed.): She, the Inappropriated Other. Discourse 8. FaU-Winter 1986/87.
211
VEREIN SOZIALWISSENSCHAFTLICHE FORSCHUNG UND BILDUNG FÜR
FRAUEN (Hg.): Zur Krise der Kategorien. Frau Lesbe Geschlecht. Edition der
Frankfurter Frauenschule: Facetten feministischer Theoriebildung.
Frankfurt am Main 1994.
VERNANT, Jean-Pierre: Die religiöse Erfahrung der Andersheit: das
Gorgogesicht. In: SCHLESIER, Renate (Hg.):: Faszination des Mythos. Studien
zu antiken und modernen Interpretationen. Frankfurt am Main 1985.
VINKEN, Barbara: Dekonstruktiver Fenünismus - Eine Einleitung. In: dies.
(Hg.): Dekonstruktiver Feminismus. Literaturwissenschaft in Amerika.
Frankfurt am Main 1992.
VINKEN, Barbara (Hg.: Dekonstruktiver Fenünismus. Literaturwissenschaft
in Amerika. Frankfurt am Main 1992.
VIRILIO, Paul: Krieg und Kino. Logistik der Wahrnehmung. Frankfurt am Main
1989.
WARTMANN, Brigitte; SCHAEFFER-HEGEL, Barbara (Hg.): Mythos Frau.
Projektionen und Inszenierungen im Patriarchat. Berlin 1984.
WARTMANN, Brigitte (Hg.): Weiblich - Männlich. Kulturgeschichtliche
Spuren einer verdrängten Weibhchkeit. Berlin 1980.
WEED, Elizabeth (ed.): Coming to Terms. Feminism, Theory, Politics.
London/New York 1989.
WEIGEL, Sigrid:' Die Stimme der Medusa. Schreibweisen in der
GegnwartsUteratur von Frauen. Reinbek bei Hamburg 1989.
WILLIAMS, Linda: Hard Core. Power, Pleasure and the "Frenzy of the Visible.
Berkeley/Los Angeles 1989.
WILLIAMS, Linda: Wenn sie hinschaut. In: KOCH, Gertrud; SCHLÜPMANN,
Heide (Hg.): Frauen und Füm. Horror. Heft 49. Frankfurt am Main 1990.
WILTON, Tamsin (ed.): Immortal, Invisible. Lesbians and the Moving Image.
London/New York 1995.
WOBBE, Theresa; UNDEMANN, Gesa (Hg.): Denkachsen. Zur theoretischen
und institutioneUen Rede vom Geschlecht. Frankfurt am Main 1994.
212
WOBBE, Theresa: Die Grenzen der Gemeinschaft und die Grenzen des
Geschlechts. In: WOBBE, Theresa; LINDEMANN, Gesa (Hg.): Denkachsen.
Zur theoretischen und instituioneUen Rede vom Geschlecht. Frankfurt am
Main 1994.
WOLMARK, Jenny: Aliens and Others. Science Fiction, Feminism and
Postmodernism. Hertfordsmre 1994.
"Women in the Beehirve: A Seminar with JACQUES DERRIDA. In: JARDINE;
AUce; SMITH, Paul (ed.): Men in Feminism. New York 1987.
WOOD, Robin: An Introduction to the American Horror Füm. In: BiU Nichols
(ed.): Movies and Methods. Volume II. Berkeley/Los Angeles 1985.
YAEGER, Patricia: The Poetics of Birth. In: STANTON, Domna C.(ed.):
Discourses of Sexualtity. From Aristotle to Aids. Michigan 1992.
YINGLING, Thomas: How the Eye is Caste: Robert Mapplethorpe and the
limits of Controversy. Discourse 12.2. Wisconsin 1990.
ZIMA, Peter V. (Hg.): Textsemiotik als Ideologiekritik. Frankfurt am Main
1977.