Programm der Deutschen SchülerAkademie 2013

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Programm der Deutschen SchülerAkademie 2013
2–3
GRUSSWORT
4–15
DIE DEUTSCHE SCHÜLERAKADEMIE (DSA)
16
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24
1.1
1.2
1.3
1.4
1.5
1.6
Numerik
Betrachtungen zur Wurfparabel
Auf des Messers Schneide
Wachstumsgrenzen der Menschheit
Platons Vermächtnis
Junge oder Mädchen? Blau oder Rosa?
AKADEMIE BRAUNSCHWEIG II
18. Juli–3. August
26
27
28
29
30
Anatomie der Töne
Statistische Paradoxien und Denkfehler
Vom Ionenkanal zum Netzwerk
Potenzial und Erfolg
Europa – quo vadis?
Oder: Was hat Europa mit mir zu tun?
31 – 2.6 Von Puschkin über Tolstoj bis Achmatova
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32
2.1
2.2
2.3
2.4
2.5
AKADEMIE GROVESMÜHLE
25.Juli –10. August
34
35
36
37
Abstraktion in der Mathematik
Gezähmte Unordnung
Psychiatrie und Gesellschaft
Europäische Integration, Grundgesetz
und Bundesverfassungsgericht
38 – 3.5 »Niemand hat die Absicht eine Mauer
zu errichten.«
39 – 3.6 Kleinkunst ganz groß
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40
3.1
3.2
3.3
3.4
AKADEMIE URSPRING
1.–17. August
42
43
44
45
46
47
AKADEMIE HILDEN
50 – 5.1
51 – 5.2
AKADEMIE BRAUNSCHWEIG I
27. Juni–13. Juli
18
19
20
21
22
23
48
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4.1
4.2
4.3
4.4
4.5
4.6
SAT-Algorithmen
Quanteninformationstheorie
Mit Mathematik von Stimmen zu Sitzen
Experiment Wirtschaft
Religion und Staat in der Antike
Wohnblock – Heimstätte – Plattenbau
52
53
54
55
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56
58
59
60
61
62
63
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27. Juni–13. Juli
Dynamische Systeme
Wie funktioniert eigentlich ein Computer?
Was ist ein (Elementar-)Teilchen?
Verborgene Botschaften im Sternenlicht!
Alles neu?
Ist das Kunst oder kann das weg?
7.1
7.2
7.3
7.4
7.5
7.6
11.–27. Juli
Codierungsthoerie
Teilchenphysik und Kosmologie
Unsere Welt wird größer
Wie kommt das Schwein in die Steckdose?
Außenseiter und Etablierte
Ein Sommernachtstraum
MULTINATIONALE AKADEMIE TORGELOW
–
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–
78
80
81
82
83
6.1
6.2
6.3
6.4
6.5
6.6
AKADEMIE TORGELOW
72
74
75
76
77
84
DIE JGW-SCHÜLERAKADEMIEN
85
JGW-SCHÜLERAKADEMIE PAPENBURG I
87
88
89
90
91
92
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JGW 1.1
JGW 1.2
JGW 1.3
JGW 1.4
JGW 1.5
JGW 1.6
28. Juli–6. August
Simulation der Wirklichkeit
Schneller als das Licht?
Von Mensch zu Mensch
Sozialer Einfluss
Der Dreißigjährige Krieg
Sehnsuchtsort Mittelalter
AKADEMIE ROSTOCK
64
66
67
68
69
70
71
5.3
5.4
5.5
5.6
1. –17. August
Mathematische Anatomie des Universums
Warum ein Rasenmäher fliegt und ein Auto an
der Decke klebt
Der ganz normale Wahnsinn
Die Idee der Gewaltenteilung
Jerusalem – Brennpunkt der Religionen
»Diese Fremden sind nicht von hier!«
T.1
T.2
T.3
T.4
1.–17. August
Differenzialgeometrie
Künstliches Leben
The Story of Stuff
Ausstellungen machen!
93
JGW-SCHÜLERAKADEMIE GAESDONCK
95 – JGW 2.1
96 – JGW 2.2
97 – JGW 2.3
98 – JGW 2.4
199 – JGW 2.5
100 – JGW 2.6
101
103
8.–17. August
Biologisch inspirierte Modelle der
Wahrnehmung
Wie Dinge so lang halten, wie sie soll(t)en
Der epigenetische Code
Zwischen Kommunistischer und
Konservativer Revolution
Zur Existenzphilosophie der
mittelhochdeutschen Epik
»Wen kümmert’s, wer spricht?«
DIE JGW-NACHHALTIGKEITSAKADEMIE
JGW-NACHHALTIGKEITSAKADEMIE
PAPENBURG
10.–24. August
Komplexität des Klimasystems
Klimawandel und Naturgefahren
Empirische klimaökonomische
Modellierung
108 – JGW 3.4 Klimapolitik im Wandel?
109 – JGW 3.5 Klimawandel
110 – JGW 3.6 Der Mensch und das Klima
105 – JGW 3.1
106 – JGW 3.2
107 – JGW 3.3
MULTINATIONALE AKADEMIE WALDENBURG
–
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–
W.1
W.2
W.3
W.4
25.Juli–10. August
Das Geheimnis von Schrödingers Katze
Mythos und Entmythologisierung
Globalisierung und Entwicklung
Die Poetik des Films und die Entwicklung
der Filmtechnik
111
PROGRAMME IM AUSLAND 2013
118
CLUB DER EHEMALIGEN E.V. (CDE)
119
FÖRDERER
120
BILDUNG & BEGABUNG: TALENTE FÜR
DEUTSCHLAND
-- 1
»Für unser modernes und komplexes Gemeinwesen brauchen
wir Menschen, die sich den Herausforderungen mit wacher
Intelligenz und sozialer Verantwortung mutig stellen.«
Liebe Teilnehmer der SchülerAkademie,
was haben die Anatomie der Töne, Teilchenphysik, fliegende Rasenmäher,
Exoplaneten, Mittelhochdeutsche Epik, Gewaltenteilung und das Klimasystem
gemeinsam? Dies sind einige der spannenden Themen, die Euch in den
nächsten Wochen im bundesweiten Programm der Deutschen SchülerAkademie erwarten.
Von Begabung oder Talent wird gesprochen, wenn eine Person über eine besondere Leistungsvoraussetzung verfügt und etwas außergewöhnlich gut, aber
auch gerne macht. In jedem Menschen schlummern Talente und Begabungen,
die geweckt und gefördert sein wollen. Um begabte und motivierte Jugendliche optimal zu fördern, brauchen sie Orte, wo sie sich mit Themen auseinandersetzen, die auf den ersten Blick ungewöhnlich erscheinen.
MINISTER STEPHAN DORGERLOH
PRÄSIDENT DER
KULTUSMINISTERKONFERENZ
2 ––
Zuallererst geht es um Euch und darum, dass ihre Eure Potenziale entwickelt.
Aber auch für unser modernes und komplexes Gemeinwesen brauchen
wir Menschen, die sich den Herausforderungen mit wacher Intelligenz und
sozialer Verantwortung mutig stellen. Ziel der SchülerAkadmie ist es,
Schülerinnen und Schüler intellektuell und sozial herauszufordern, sie in ihren Fähigkeiten zu fördern und
unter Anleitung von qualifizierten Fachkräften an anspruchsvolle Aufgaben heranzuführen, die verschiedene
Disziplinen zusammenführen. Je früher wir mit der Förderung beginnen, umso besser. Schulen sind in der
Begabtenförderung unsere ersten Ansprechpartner, aber diese Aufgabe kann die Politik nicht alleine schultern. Alle sind angesprochen: Eltern, Wirtschaft, Verbände oder Vereine.
Die Förderung von besonders begabten Schülerinnen und Schülern ist den Ländern ein wichtiges Anliegen.
Dies zeigt sich in der Ausweitung von länderübergreifenden Arbeitskreisen und Kooperationen, die dem
Austausch, der Planung und Entwicklung neuer Fördermaßnahmen dienen. Darüber hinaus hat sich die
Begabtenförderung sowohl in der theoretischen Grundlegung wie auch in der Praxis stark weiterentwickelt.
Die Deutsche SchülerAkademie ist seit 1988 fester Bestandteil und das ehrgeizige Programm wäre nicht
möglich ohne das große Engagement der Akademie- und Kursleiterinnen und -leiter. Ein besonderer Dank
gilt dem Bundesministerium für Bildung und Forschung sowie dem Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft, die die Akademien finanziell unterstützen.
Albert Einstein schrieb einst: »Ich habe keine besondere Begabung, ich bin nur leidenschaftlich neugierig.«
Ich wünsche den Veranstaltern und allen Kursteilnehmerinnen und Kursteilnehmern der Deutschen SchülerAkademie ein spannendes und erfolgreiches Jahr 2013, das viele neue An- und Einsichten bereithält und
vor allem: bleibt leidenschaftlich neugierig!
MINISTER STEPHAN DORGERLOH
PRÄSIDENT DER KULTUSMINISTERKONFERENZ
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Die Deutsche SchülerAkademie
Ein Teilnehmer des letzten Jahres schilderte nach der Akademie seine Erlebnisse, Gedanken, Erfahrungen und Gefühle, die sich durch den Besuch eines Kurses, der kursübergreifenden Angebote, dem Miteinander und der Akademieatmosphäre ergaben:
»ZWEI WOCHEN UNTERRICHT IN DEN SOMMERFERIEN,
ZWEI WOCHEN NERDS? – ...
Wenn man an Schule in den Ferien denkt, kommen einem schnell Bilder von dick bebrillten,
astrein hochdeutsch sprechenden und dem Rollkragenpulli nach zu urteilen auch etwas sozial
schwerfälligeren, jungen Menschen in den Kopf, die wohl nichts Besseres zu tun haben, als
ihre kostbaren Ferien in einem staubigen Klassenzimmer abzusitzen. Davon ist die Realität
aber weit entfernt.
Als ich mich über Empfehlung der Schule im Februar um einen Platz an der Deutschen
Schülerakademie bewarb, war ich unsicher, was mich erwarten würde. Eine Meinung hier, ein
Feedback da, aber bis auf eine kleine Info-Mappe von der Schule tappte ich weitgehend im
Dunklen. …
Nachdem an einem Samstagmorgen ein dicker Brief ins Haus flatterte, herrschte Gewissheit.
Nicht nur, dass ich grundsätzlich genommen war, ich wurde sogar zu meinem Erstwunsch
zugelassen. … dem dicken Packen an Kopien nach zu urteilen, stand viel Arbeit ins Haus …
ich hatte das Vergnügen, mir die Hauptwerke von Hobbes, Locke, Aristoteles, Montesquieu
sowie einiger moderner Philosophen und letztendlich Kants »Zum ewigen Frieden« zu Gemüte zu führen.
Die Wochen verstrichen, ich bereitete mich vor und im gleichen Zuge wurde ich von Selbstzweifel und Unsicherheit geplagt: Würde ich es schaffen mitzukommen im Kurs? Wie sind die
Leute da? Bestimmt total leistungsorientiert und streng?! Sicher keine gute Idee da mal einen
dummen Witz zu reißen? War die Anmeldung ein Fehler?!!«
Sicher wird der eine oder andere im Vorfeld ähnliche Zweifel haben. Die Fortsetzung
der Schilderung gibt Aufschluss über das, was dem Teilnehmer widerfahren ist:
4 ––
»... EIN UNVERGESSLICHES ERLEBNIS!
Diese Fragen wurden am frühen Morgen des 26. Juli einschlägig geklärt. Ich hatte mich
mit anderen »Akademielern« aus Oberschwaben im Zug Friedrichshafen-Ulm verabredet.
Als ich mein schweres Gepäck für die zwei folgenden Wochen in den Zug geschleppt hatte,
grinste mich ein sportlicher, etwas hyperaktiver 15-Punkte-Deutsch Oberstüfler freundlich an
und eine recht attraktive 17-Jährige »Friedrichshäflerin« gebot mir in breitem Schwäbisch:
»Hocksch di naaaa!«. Erste Zweifel waren ausgeräumt: »Akademieler« sind weder sozial
unfähig, noch schmächtige Kellerkinder und wie sich im Lauf der fünfstündigen Fahrt nach
Köln herausstellte, keinesfalls biedere Zeitgenossen, was ihren durchaus schwarzen Humor
anging.
… Der erste Tag ging schnell vorbei, indem man sich mit den Zimmernachbarn anfreundete
und sich gegen Abend … zum Plenum in der Versammlungshalle einfand. Die erste Begrüßung fand statt, unser Tagesablauf und der grobe Verlauf der nächsten zwei Wochen wurden
geplant. Alle waren relativ erschöpft. …
Der nächste [Morgen] … mündete ins erste praktische Plenum, das … vom Musikleiter mit
kleineren Melodien eröffnet wurde. Unser AKL-Team … stellte uns den Tagesplan vor und
erklärte das System der KüAs. Verdutzte Gesichter. Kü-was nochmal?? »Kursübergreifende
Aktivitäten« wurde man belehrt. Die DSA beruhte nicht nur darauf, dass die Kursleiter in ihren Kursen ihre Themen durchgingen. Nein, die meiste Zeit einer Akademie bestand aus Freizeit. Auch wir hatten die Möglichkeit in der Mittagsschiene und Abendschiene selbst Kurse
und Aktivitäten für andere Teilnehmer, die Kursleiter, kurz KL, und die AkL anzubieten. …
Auch wenn die »Hohlstunden« für KüAs geplant waren, musste man natürlich nicht ständig
auf Achse sein. Viele Stunden verbrachten wir mit durchaus »abgefuckter« Musik … Wer darauf keine Lust hatte, konnte sich musikalisch vom Chor über Dixi-Band, Combo, Big Band,
Madrigal-Chor, Streichquartett und ähnlichem betätigen. Chinesisch- und Arabisch-Kurse luden ebenso ein wie eine Fülle an Sportangeboten, Tanzkursen und Fachvorträgen zu diversen
Themen. Debattierabende waren genauso Usus wie ein Dirigats-Kurs oder eine Einführung
in Prima-Vista des Musikkurses und gemeinsames Hören von Musik im Musiksaal … Wer
seine Ruhe am Abend suchte, setzte sich gesellig ans allabendliche Lagerfeuer oder zog sich in
trauter Einsam- oder Zweisamkeit an den nahegelegenen Weiher zurück.
An diesem Tagesverlauf orientierten sich grob die zwei kommenden Wochen. Heraus fiel der
Exkursionstag, an dem man zwischen toll organisierten Tagesausflügen nach Köln, Bonn, Essen oder einer Wanderung wählen konnte. …
Keiner war eingeschränkt auf seinen Interessensbereich, jeder war allgemein fit in Vielem
und gern bereit trotzdem etwas zu lernen. Man konnte selbst mit einem Musiker über Physik
reden, der Informatiker spielte im Streichorchester erste Geige und der Philosoph ließ beim
Sport alle alt aussehen.
Es war eine enorm bereichernde Erfahrung, einfach man selber zu sein, und auch persönlich
eine außergewöhnliche Meinung oder Interesse zeigen zu können. Was wir in dieser großen
Familie und in den Cliquen an Blödsinn gemacht haben in diesen zwei Wochen – keiner hätte
das der DSA im Voraus zugetraut. …
Was bleibt? Ein Netzwerk mit 100 guten Freunden in Deutschland und auf der ganzen Welt,
ein Club der Ehemaligen mit nicht nur 5000 Übernachtungsmöglichkeiten in Deutschland,
sondern auch vielen Menschen, die einem weiterhelfen werden auf dem Weg zum Studium.
Viel Erfahrung, Erkenntnisse über Arbeitsweise, Methoden und viel Zugewinn an Wissen.
Tolle Menschen, viele schon in Schlüsselpositionen der deutschen Unis, viele Freunde, beim
ein oder anderen eine Fernbeziehung, tolle Erinnerungen, hunderte Fotos, Termine für Nachtreffen und letztendlich Freude auf die Zukunft.«
Wie schaffen es die Teilnehmenden, dass eine Akademie aus anfänglichen Zweifeln
so positive Erfahrungen hervorbringt? Eine Antwort ist nur möglich, wenn man sich
drauf einlässt!
Das Angebot 2013
Im Sommer 2013 führt die Deutsche SchülerAkademie für insgesamt rund 650 Schülerinnen und Schüler sieben Akademien in Braunschweig (Niedersachsen), Hilden
(Nordrhein-Westfalen), Rostock (Mecklenburg-Vorpommern), Schelklingen (BadenWürttemberg), Torgelow bei Waren an der Müritz (Mecklenburg-Vorpommern) und
in Veckenstedt (Sachsen-Anhalt) durch.
Zusätzlich werden für jeweils 64 Schülerinnen und Schüler in Waldenburg bei
Glauchau (Sachsen) und in Torgelow zwei Multinationale Akademien veranstaltet.
Neben jungen Deutschen werden hier Schülerinnen und Schüler aus mittelost-europäischen »Nachbar«ländern vom Baltikum bis Rumänien teilnehmen.
Die Multinationalen Akademien in Waldenburg (Rumänien, Slowakei, Tschechien
und Ungarn) und Torgelow (Estland, Lettland, Litauen und Polen) werden seit 2003
durch die Haniel Stiftung, Duisburg, gefördert. Die übrigen Akademien werden etwa zur Hälfte durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung finanziert.
Weitere Gelder kommen vom Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft, von Stiftungen und von privaten Spendern. So kann der Teilnahmebeitrag (siehe Seite 12 f.)
für diese Akademien weit unterhalb der tatsächlich entstehenden Kosten liegen und
deckt nur rund ein Drittel davon. Auf Antrag kann eine Ermäßigung oder eine Befreiung von der Eigenbeteiligung gewährt werden.
Drei weitere Akademien werden in Papenburg (Niedersachsen) und in Gaesdonck bei
Kleve am Niederrhein vom Verein Jugendbildung in Gesellschaft und Wissenschaft
e.V. (JGW), einem Zusammenschluss ehemaliger SchülerAkademie-Teilnehmender,
ausgerichtet. Auch diese Akademien werden durch Sponsoren und private Spenden
unterstützt. Näheres dazu steht auf den Seiten 84 ff. Schließlich gibt es noch Teilnahmemöglichkeiten an ähnlichen Akademieprogrammen in Litauen, Österreich und
Polen (siehe Seiten 111 ff.).
Warum Akademien?
Viele besonders begabte, interessierte und leistungsbereite Schülerinnen und Schüler
machen die Erfahrung, dass sie in ihrem Freundes- und Bekanntenkreis zwar gut
integriert sind, aber eher selten auf Gleichaltrige treffen, die ihre Interessen teilen
und deren Fähigkeitsschwerpunkte ähnlich sind. Auch erleben sie, dass Inhalte und
Gestaltung des Schulunterrichts den eigenen Interessen, Neigungen und Fähigkeiten
nicht hinreichend gerecht werden.
–– 5
wurde von Christian Wulff fortgeführt und auch Bundespräsident Joachim Gauck
unterstützt Bildung & Begabung mit der Schirmherrschaft. Die Deutsche SchülerAkademie wird bei ihrer Aufgabe durch einen Beirat unterstützt.
Für die Organisation und Durchführung der Akademien ist die Bildung & Begabung
gemeinnützige GmbH verantwortlich.
Ziele, Konzeption und Inhalt
Die DSA dient der Förderung besonders begabter, interessierter, neugieriger und leistungsfähiger Schülerinnen und Schüler der Sekundarstufe II. Diese jungen Menschen
sollen die Teilnahme an einer Akademie als eine ganzheitliche Herausforderung erleben – und daran wachsen. Ihnen wird die Möglichkeit zum intensiven Zusammensein
mit anderen, ähnlich interessierten Gleichaltrigen sowie zum Kennenlernen noch
nicht erfahrener oder erlebter Chancen der Selbstentfaltung gegeben.
Allgemein ist zu beobachten: Seit Gründung der Deutschen SchülerAkademie 1988
hat sich im Bereich der Begabtenförderung viel getan. Trotzdem kann festgestellt werden, dass es zum einen für Leistungssportler oder musikalische Talente zahlreiche
sowie für intellektuell begabte und interessierte Jugendliche im außerschulischen
Bereich eher fachorientierte Angebote gibt. Leistungsstarke Jugendliche mit breiten
Interessen und hoher Motivation finden dagegen kaum Maßnahmen, die sie sowohl
fachlich als auch in ihrer Persönlichkeitsentwicklung fördern und sie darüber hinaus
mit anderen Schülerinnen und Schülern gleicher Befähigung in Kontakt bringen. Für
diese Jugendlichen hat die Bildung & Begabung gemeinnützige GmbH (siehe auch
Seite 120) seit 1988 Ferienprogramme entwickelt und erprobt. In Zusammenarbeit
mit dem damaligen Bundesministerium für Bildung und Wissenschaft ist daraus die
»Deutsche SchülerAkademie« geworden.
1993 wurden durch Beschluss des Deutschen Bundestags Finanzmittel für das Projekt
im Haushalt des Bundesministeriums für Bildung und Forschung abgesichert.
1994 stimmte auch die Kultusministerkonferenz diesem Konzept zur Begabtenförderung zu. Im Sommer 2001 übernahm der damalige Bundespräsident Johannes Rau
nach dem Besuch einer Akademie die Schirmherrschaft über die Deutsche SchülerAkademie. Sein Nachfolger, Horst Köhler, setzte diese Schirmherrschaft fort; auch er
besuchte eine Akademie. 2009 übernahm Horst Köhler die Schirmherrschaft über die
Bildung & Begabung gemeinnützige GmbH mit allen ihren Projekten. Diese Tradition
6 ––
Eine Akademie stellt zum einen ein Angebot von Kursen verschiedener Inhalte bereit,
hier liegt der Schwerpunkt auf der Förderung der intellektuellen Fähigkeiten. Zum
anderen bietet die Akademie vielfältige Möglichkeiten, Gemeinschaft zu leben, gemeinschaftlich zu lernen und viel Neues zu entdecken. Die Teilnehmenden erfahren
Toleranz, Akzeptanz und Offenheit sowie Empathie. Die Akademie dient den Jugendlichen bei der Identitätsfindung.
Eine Akademie besteht aus sechs Kursen (die Multinationalen Akademien Waldenburg und Torgelow aus vier Kursen) mit jeweils bis zu 16 Teilnehmenden. Jeder Kurs
wird von zwei Leitungspersonen betreut. Während der Akademie arbeiten die Teilnehmenden in einem Kurs eigener Wahl für eine Dauer von insgesamt ca. 50 Stunden.
Für die Akademien des JGW e.V. (siehe Seite 84–110) gelten zum Teil andere Regeln.
Das Niveau entspricht dabei häufig dem von Hochschulstudiengängen in den ersten
Semestern.
Die Konzeption der Akademien basiert auf folgenden Prinzipien:
– Teilnehmen können besonders befähigte und motivierte Jugendliche der gymnasialen Oberstufe. Sie leben und arbeiten 16 Tage (JGW-Akademien: 10–14 Tage) an
einem Ort zusammen.
– Die Teilnehmenden werden durch Wissenschaftler, Lehrer oder andere Experten
in ein Thema eingeführt. Sie werden zum selbständigen Wissenserwerb und zu
eigenständigem Tun angeleitet. Gemeinsam und verantwortlich erarbeiten sie die
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–
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–
–
Kursinhalte. Dabei lernen sie wissenschaftliche Standards und Grundregeln wissenschaftlichen Arbeitens kennen.
Die Kursthemen werden aus verschiedenen Disziplinen der Natur-, Geistes- und
Gesellschaftswissenschaften und des kulturellen Bereichs zusammengestellt. In
jeder Akademie ist eine Mischung der Disziplinen gegeben. Der Informations- und
Erfahrungsaustausch soll weitgehend interdisziplinär sein, was durch entsprechende Programmelemente unterstützt wird.
Die Kurse vermitteln grundlegendes Faktenwissen und trainieren systematisches
und strukturelles Denken. Weitere Schwerpunkte liegen in der Vermittlung von
fachspezifischen Methoden wissenschaftlichen Arbeitens sowie in der Anleitung zu
kooperativen Arbeitsformen.
Die Kursarbeit wird durch sportliche, soziale und kulturelle, insbesondere musikalische Aktivitäten ergänzt.
Als ganz wesentlicher Bestandteil wird in den Kursen eine Dokumentation (siehe
Seite 10) erarbeitet. Hier erfahren die Teilnehmenden eine Anleitung zum wissenschaftlichen Schreiben, vielfach ergänzt durch mehrfache Redigierung. Es werden
das Kursthema, der Lernprozess und die Ergebnisse der Kursarbeit dokumentiert
und abschließend in einer Broschüre je Akademie zusammengefasst.
Ein ebenfalls zentraler Bestandteil ist die Rotation (siehe Seite 10), in der die Teilnehmenden in die Rolle der Lehrenden schlüpfen und den Teilnehmenden anderer Kurse über ihre Arbeit berichten.
In den Akademien wird kein fertiges Programm geboten, sondern nur ein Rahmen, den die Teilnehmenden mit den Kursleitenden gemeinsam mit Leben füllen.
Lernen ist hier nicht passiv sondern aktiv.
Neben dem Kursprogramm gibt es zahlreiche offene Angebote: Theater, Musik, Exkursionen, Chor, Sport, Gastvorträge u.v.a.m. Diesen kursübergreifenden Aktivitäten
(kurz: »KüA«) wird wegen ihrer sozialen und interdisziplinären Bedeutung ein etwa
gleicher zeitlicher Umfang im Tagesablauf eingeräumt wie dem Kursprogramm.
Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer leben während der Akademie in einer Gemeinschaft von ähnlich interessierten und motivierten Jugendlichen und Kursleitenden.
Diese anregende, offene und tolerante Gemeinschaft ist für viele rückblickend die
wichtigste und wertvollste Erfahrung. Schnell entwickeln sich auch über die Akademie hinaus haltende Kontakte und Freundschaften, die u.a. über den »Club der Ehemaligen e.V.« (siehe Seite 118) aufrecht erhalten werden. Zahlreiche »Ehemalige« sind
inzwischen als Kursleitende tätig.
Was erwartet mich und was wird von mir erwartet?
Wer an einer Akademie teilnehmen will, muss sich darauf einstellen, 16 Tage voll
eingespannt zu sein. Die Tage sind relativ stark strukturiert, wobei die festen Kurszeiten ergänzt werden durch freiwillige, aber anregende außerkursliche Aufgaben und
Aktivitäten. Es wird erwartet, dass jede und jeder mit ganzer Kraft zur gemeinsamen
Arbeit im und außerhalb des Kurses beiträgt. Natürlich gibt es viele Gelegenheiten zu
Gesprächen, zu gemeinsamen Spaziergängen etc., doch die Tage haben auch hier nur
24 Stunden.
Bei einigen Kursbeschreibungen (ab Seite 18) sind noch spezielle Teilnahmevoraussetzungen erwähnt, die gewährleisten, dass die spezifischen Vorkenntnisse, die für eine
erfolgreiche Bewältigung des Kurses notwendig sind, vorhanden sind. Unabhängig
davon gelten für jeden Kurs folgende Voraussetzungen, welche nicht bei jeder Kursbeschreibung erwähnt werden:
Fortsetzung Seite 8
Organisation der Akademie
Beirat der Akademien von Bildung & Begabung gemeinnützige GmbH
» N.N
» Rainer Arnold, Studienstiftung des deutschen Volkes, Bonn
» Dr. Judith Günther, Bayer Pharma AG, Berlin
» Bettina Jorzik, Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft, Essen
» Philip Weyrauch, Club der Ehemaligen der Deutschen SchülerAkademien e.V.,
Bonn
» Dr. Tobias Kläden, Katholische Arbeitsstelle für missionarische Pastoral
(KAMP) e.V., Erfurt
» Dr. Jenny Thauer, Bundesministerium für Bildung und Forschung, Berlin
» Barbara Reinhard, Ministerium für Kultus, Jugend und Sport BadenWürttemberg, Stuttgart (als Repräsentantin der Kultusministerkonferenz)
» Prof. Dr. Miriam Vock, Universität Potsdam (Vorsitzende)
» PD Dr. Elke Völmicke, Bildung & Begabung gemeinnützige GmbH, Bonn
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Geschäftsstelle der Deutschen
SchülerAkademie: Volker Brandt (Leiter der Geschäftsstelle), Christiane Kunze
(Stellvertreterin), Martina Helfenbein, Jürgen Klein, Dr. Dorothea Patzke, Iris
Prochazka, Martin Rosenkranz, Grazyna Rynca, Miriam Staiger
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Zeitliche Struktur des Akademieverlaufes
Ein typischer Akademietag hat folgenden Verlauf:
7:30 – 8:30
Frühstück
anschließend
bis 12:00
Plenum: Hier treffen sich alle Teilnehmenden und Kursleitenden zum gemeinsamen Tagesbeginn mit einem Informationsaustausch. Dann wird etwa drei Stunden bis zum
Mittag in den Kursen gearbeitet mit Pausen je nach Bedarf.
12:15 – 13:30
Mittagessen
14:00 – 16:00
Nach dem Essen finden bis 16.00 Uhr verschiedene kursübergreifende Angebote statt, die allen Teilnehmenden offen
stehen und auch von allen (mit)gestaltet werden können.
Wählen kann man zwischen Chor, Kammermusik, Theater,
Sport, Kunst oder speziellen Arbeitsgemeinschaften (z.B. Sprachen) etc.
8:30
Getränke- und Kuchenpause
Fortsetzung von Seite 7:
16:30 – 18:30
Fortsetzung der Kursarbeit
18:45 – 19:30
Abendessen
– Von den Teilnehmenden wird erwartet, dass sie für das jeweilige Fachgebiet des gewählten Kurses, seiner Methodik und damit für den Kurs selbst ein hohes Interesse
aufbringen. Dies gilt sowohl für den Hauptwunsch als auch für alle alternativ angegebenen Kurswünsche (siehe Seite 11).
– In den meisten Kursen wird zur Vorbereitung und Einarbeitung bereits einige Wochen vorab eine (z.T. umfangreiche) Textsammlung zugeschickt. Die Fachtexte sind
vielfach englischsprachig. Erwartet wird die Bereitschaft, sich intensiv mit Fachliteratur (auch fremdsprachiger) auseinanderzusetzen und sich in neue Gebiete selbst
einzuarbeiten. Auch sind die Fachtexte häufig auf einem Niveau, das für Schüler
ungewohnt ist und woran sie manchmal verzweifeln möchten. Hier wird Durchhaltevermögen erwartet, wobei die Kursleitenden gerne helfend beistehen – keiner
wird allein gelassen.
– In der Regel wird die Vorbereitung eines Referats von ca. 20 Minuten Länge erwartet. Von jeder/jedem Teilnehmenden wird erwartet, dass er/sie im Laufe der Akademie einmal als Referent vor den anderen spricht.
16:00
ab 20:00
Nach dem Abendessen gibt es wieder für alle offene Angebote.
Je nach Interesse und Engagement gestalten Teilnehmende
und Kursleitende gemeinsam Kammermusik, Theater, Sport,
Vorträge, Arbeitsgemeinschaften, Nachrichten, einen Vorleseabend und vieles mehr.
Der Tag ist mit vielen attraktiven, z.T. parallel laufenden Angeboten ausgefüllt. Es
gilt, eine sinnvolle Auswahl zu treffen und nicht die gesamte Zeit zu verplanen, damit
auch Raum für Entspannung und Erholung bleibt. Tradition ist es, dass sich zu Beginn der Akademie ein Chor und musikalische Ensembles bilden, die gegen Ende der
Akademie ein öffentliches Konzert geben. Weiterhin gehören Exkursionen zu reizvollen Zielen der Region zum Akademieprogramm.
8 ––
Und weiterhin: Auch während der Kurse sind möglicherweise noch fehlende Grundlagen zu erarbeiten; die Bereitschaft zur Text- und Gruppenarbeit sowie Diskussionsfreude sind generell unverzichtbar.
Kurs und KüAs
Kurs und KüAs
Eröffnung
g
rsta
Frei
tag
Abschlussplenum
Kurs, Aufräumen
Abschlussabend
ne
Don
Abreise
ab 10.30 Uhr
Kurs und KüAs,
Generalprobe
h
woc
Mitt
Konzert
Vor- und Nachbereitungen
ag
Kurs und KüAs
t
Sonn
Kurs und KüAs
tag
Kurs und KüAs
s
Sam
Kurs und KüAs
Rotation
stag
Volleyball- Auswertung,
Kurs
turnier
Kurs und KüAs
Kurs und KüAs
Dien
Kurs und KüAs
ntag
Exkursion und KüAs
Anreise bis
17:00 Uhr
Son
Kurs und KüAs
Kurs und KüAs
Treffen in
den Kursen
Do
stag
nner
Ablauf der Akademie
Sam
stag
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Rotation
Damit die Teilnehmenden einen Einblick in die Inhalte anderer Kurse erhalten, informieren sich die Kurse gegenseitig. Auf Postern oder in der Akademiezeitung werden
Arbeitsergebnisse und Erkenntnisse präsentiert.
Eine spezielle Form des gegenseitigen Unterrichtens ist die Rotation. Während der
Rotation schlüpfen die Teilnehmenden für einen Vormittag in die Rolle der Kursleitenden und berichten anderen Kursen über ihre Arbeit. Dafür müssen sie die gewonnenen Erkenntnisse ihres Kurses gedanklich neu strukturieren – erst wer in der Lage
ist, Inhalte der Kursarbeit so zu präsentieren, dass fachfremde Teilnehmende dies
verstehen, hat den Inhalt des eigenen Kurses verstanden. Dabei müssen die Teilnehmenden sich auch Gedanken über Formen der sach- und zielgerechten Vermittlung
von Methoden und Inhalten machen und sie entwickeln.
Dokumentation
Ein wichtiges Prinzip der SchülerAkademie ist das Verschriftlichen von Methoden,
Prozessen und Inhalten der Kursarbeit.
Während der Akademie sind alle aufgefordert, wissenschaftlich begründete Fachberichte zu Ergebnissen der Kursarbeit, Zusammenfassungen von Referaten, Exzerpte zu
wissenschaftlichen Artikeln, Texte zu kursübergreifenden Aktivitäten etc. zu entwerfen
und zu erstellen. Dabei werden Wiedergabe und wissenschaftliche Erläuterung von
Untersuchungen und deren Ergebnissen, von logischen Gedankengängen u.a. geübt.
Für alle ist es eine Herausforderung – viele Texte müssen mehrfach und wiederholt
bearbeitet und redigiert werden, bis sie eine bestimmte Form und korrekten Inhalt
haben. Durch mehrfaches Korrigieren der Texte lernen die Teilnehmenden zusammenhängend und prägnant zu formulieren und wissenschaftliche Standards anzuwenden. Diese Texte werden in Auszügen zu einer Dokumentation zusammengefasst und
später allen Teilnehmenden übersandt.
Die Produktion der Dokumentation ist arbeitsaufwendig, kostet viel Zeit, ist aber als
Lernerfahrung unersetzlich.
10 ––
Musik! Musik! Musik!
Neben der Arbeit in den Kursen wird in allen Akademien viel Musik gemacht. Sowohl
räumlich auf dem Gelände als auch zeitlich im Tagesablauf gibt es zahlreiche Möglichkeiten. Jede(r) kann sich je nach Neigung und Fähigkeiten einbringen. Die Koordination darüber übernimmt eine/ein kursübergreifende(r) Musiker(in).
Traditionell wird in jeder Akademie ein Chor gebildet. Bei der Wanderung durch die
Epochen und Stile von Barock bis Gospel, von Romantik bis Jazz werden alle ihren
Spaß haben, ob mit oder ohne Vorerfahrung. Darüber hinaus kann bei Interesse ein
kleiner Kammerchor gebildet oder einzeln die eigene Stimme entdeckt werden.
Auch alle Arten von Instrumenten sind herzlich willkommen. Es werden daraus Ensembles und evtl. ein Orchester zusammengestellt und die Musikliteratur nach den
Bedürfnissen arrangiert. Kammermusikalisch kann alles entstehen, wozu man Lust
hat. Eigene Noten oder Vorschläge können gern mitgebracht werden.
Die Ergebnisse werden am Ende in einem Konzert der Öffentlichkeit präsentiert.
Rechtzeitig vor Akademiebeginn werden die Teilnehmenden einen Fragebogen erhalten, mit dem Stimmlage, Instrumente und musikalische Interessen erfragt werden, um
so die Musik gut vorplanen zu können.
Teilnahmevoraussetzungen
1 Wohnsitzkriterium
Zugang zu den Akademien haben grundsätzlich Schülerinnen und Schüler, die ihren
Wohnsitz in Deutschland haben oder eine Schule im Ausland, die zur Allgemeinen
Hochschulreife führt, besuchen.
2 Jahrgangskriterium
Die Jugendlichen müssen zum Zeitpunkt der Bewerbung
– die 11. oder 12. Jahrgangsstufe von Schulen, die mit der 13. enden, bzw.
– die 10. oder 11. Jahrgangsstufe von Schulen, die mit der 12. enden,
besuchen und dürfen am 1. Juli 2013 noch nicht älter als 20 Jahre alt sein. Schülerinnen und Schüler von Weiterbildungs-Kollegs, können ebenfalls vorgeschlagen werden, sofern sie am 1. Juli 2013 nicht älter als 24 Jahre alt sind und noch mindestens
ein Jahr zu Schule gehen.
Als Nachweis der besonderen Leistungsfähigkeit können gelten:
– die erfolgreiche Teilnahme an einem bundes- oder landesweiten Schülerwettbewerb;
die Auswahl erfolgt in Abstimmung mit den Wettbewerbsleitungen.
– ein Schulvorschlag. Im Januar jeden Jahres werden dazu alle deutschen Schulen, die
zur Allgemeinen Hochschulreife führen, angeschrieben und gebeten, begabte Schülerinnen bzw. Schüler zu Teilnahme vorzuschlagen.
– ein Selbstvorschlag. Wenn eine Schülerin/ein Schüler sich vorschlagen möchte,
sollte eine Person, die sie/ihn kennt, angesprochen werden, damit diese einen Vorschlag formulieren kann. Die Person sollte vorzugsweise in einer Bildungseinrichtung tätig sein. Daneben muss das letzte Zeugnis sowie ein Motivationsschreiben
eingereicht werden.
Neben den formalen Voraussetzungen müssen die Teilnehmenden bereit sein, sich
die komplette Akademie über mit allen Kräften einzubringen und aktiv und gemeinschaftlich das Akademie- und Kursgeschehen sowie den kursübergreifenden Bereich
mitzugestalten.
Zum Zeitpunkt der Akademieteilnahme dürfen sie ihre Abschlussprüfung (Abitur)
noch nicht abgelegt haben.
Jede Schülerin und jeder Schüler kann grundsätzlich nur einmal am Programm der
Deutschen SchülerAkademie teilnehmen.
3 Leistungskriterium
Das Programm richtet sich an Schülerinnen und Schüler mit einer weit überdurchschnittlichen und breiten intellektuellen Befähigung sowie weitreichenden Interessen
verbunden mit einer schnellen Auffassungsgabe. Erforderlich sind auch eine hohe
Leistungs- und Anstrengungsbereitschaft sowie Motivation.
KURSWAHL
BITTE BIS
15. MÄRZ 2013
Bewerbung und Kurswahl
Die zur Teilnahme qualifizierten Schülerinnen und Schüler werden Ende Februar von
der Deutschen SchülerAkademie aufgefordert, sich um einen Platz in einer Akademie
zu bewerben und dafür einen Kurs auszuwählen. Sofern hohes Interesse auch für
andere Kursthemen besteht, können zusätzlich bis zu vier Alternativkurse angegeben
werden; dadurch erhöht sich die Teilnahmechance. Die Abgabe der Kurswahl sollte
bis 15. März 2013 erfolgen. Sie kann online oder postalisch erfolgen. Die Einhaltung
der Datenschutzbestimmungen wird zugesichert.
Die Multinationalen Akademien wurden für Schülerinnen und Schüler aus Deutschland, Estland, Lettland, Litauen und Polen (Akademie Torgelow) bzw. aus Deutschland, Rumänien, Slowakei, Tschechien und Ungarn (Akademie Waldenburg) eingerichtet (siehe Seite 14).
Schülerinnen und Schüler aus dem sonstigen Ausland können sich nur für Kurse der
ersten sieben Akademien in diesem Heft sowie der Akademien des Vereins Jugendbildung in Gesellschaft und Wissenschaft e.V. (JGW e.V.) bewerben.
–– 11
Vergabe der Plätze
Kosten / Eigenleistung / Rücktritt
Auf Grundlage der Kurswünsche und der Bewerbungsunterlagen entscheidet die
Deutsche SchülerAkademie über die Vergabe der Plätze. Dabei wird ein ausgewogenes
Verhältnis von Schülerinnen und Schülern angestrebt. Ferner wird auf eine angemessene zahlenmäßige Berücksichtigung aller Bundesländer geachtet. Ein Rechtsanspruch
auf Teilnahme besteht nicht. Bei erheblichen Bewerberüberhängen für einzelne Kurse
entscheidet das Los. Wer die Teilnahmevoraussetzungen erfüllt und eine Absage erhält, für den bedeutet dies keineswegs ein Zweifel an der Qualifikation. Im Jahre 2012
lag die Aufnahmequote bei 50 Prozent.
Die Kosten für die Organisation und Durchführung der Deutschen SchülerAkademie
werden hauptsächlich vom Bundesministerium für Bildung und Forschung, vom Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft und weiteren Förderern aufgebracht.
Weitere Fragen zum Zulassungsverfahren und zum Ablauf der Akademien werden
gern von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Geschäftsstelle der Deutschen
SchülerAkademie beantwortet. Durch sie werden ggf. auch Kontakte zu ehemaligen
Teilnehmenden oder Kursleitenden vermittelt, die über die Akademien Auskunft
geben können. Darüber hinaus bieten die Internetseiten der Deutschen SchülerAkademie (www.deutsche-schuelerakademie.de) sowie des Clubs der Ehemaligen e.V.
(www.cde-ev.de) bzw. des Vereins Jugendbildung in Gesellschaft und Wissenschaft e.V.
(www.jgw-ev.de) einen guten Einblick.
12 ––
Von den Teilnehmenden der regulären SchülerAkademien wird eine Eigenbeteiligung
von 550 Euro erwartet, was etwa den Kosten für Unterkunft und Verpflegung im gastgebenden Internat entspricht.
Die Kosten für die Multinationalen Akademien werden von der Haniel Stiftung, Duisburg, getragen. Die Höhe der Eigenbeteiligung für die Teilnahme an einer Multinationalen Akademie beträgt für Schülerinnen und Schüler aus Deutschland ebenfalls 550
Euro, für Schülerinnen und Schüler aus den mittelosteuropäischen Ländern nur 100
Euro.
Die Organisation der JGW-SchülerAkademien erfolgt ehrenamtlich. Die Kosten der
Teilnahme werden über die Eigenbeteiligung gedeckt. Diese beträgt für die JGW-SchülerAkademie in Papenburg und Gaesdonck aufgrund der kürzeren Dauer 395 Euro,
für die JGW-NachhaltigkeitsAkademie 550 Euro.
Studienstiftung des deutschen Volkes
Die Studienstiftung des deutschen Volkes wurde 1925 in Dresden gegründet und ist
damit das älteste deutsche Begabtenförderungswerk. Sie ist politisch, konfessionell
und weltanschaulich unabhängig. Zurzeit werden rund 10.500 Studierende und
Doktoranden gefördert.
Jeder Stipendiat erhält ein monatliches Büchergeld sowie ein Lebenshaltungsstipendium, dessen Höhe vom Elterneinkommen abhängig ist. Des Weiteren gibt es ein
umfangreiches Förderprogramm, das u.a. Auslandsstipendien, wissenschaftliche
Kollegs, Sprachkurse und Sommerakademien beinhaltet.
Die Deutsche SchülerAkademie hat jedes Jahr die Möglichkeit, herausragende Teilnehmerinnen und Teilnehmer für das Auswahlverfahren vorzuschlagen; das Team
der Akademie- und Kursleitenden einer Akademie kann solche Vorschläge unterbreiten. Die Studienstiftung ist darüber hinaus Partner bei der Gewinnung von Kursleitenden für die Deutsche SchülerAkademie aus dem Kreis ihrer ehemaligen Stipendiaten.
Für die seit Beginn der Deutschen SchülerAkademie gewährte Förderung sagen wir
herzlichen Dank.
Bei allen Akademien kann die Eigenbeteiligung auf Antrag ermäßigt oder erlassen
werden.
Damit sind auch alle Kosten für Kursprogramm, Betreuung und die von Veranstaltern
geplanten kursübergreifenden Aktivitäten und Exkursionen abgedeckt. Die Fahrtkosten zwischen Wohnort und Akademie sind von den Teilnehmenden selbst zu tragen
ebenso wie Ausgaben für persönliche Arbeitsmaterialien, Telefon, Porto, private Ausflüge, Fahrradmiete, zusätzliche Getränke o.Ä. Dies gilt auch für die Teilnehmenden
aus dem Ausland.
Ein Rücktritt von der Teilnahme ist bis zum 15. Mai 2013 (Eingang bei der Geschäftsstelle der Deutschen SchülerAkademie) bzw. bis sieben Tage nach Versand der
Entscheidung über einen Ermäßigungsantrag kostenlos möglich. Danach wird bei
Rücktritt ohne wichtigen Grund (z.B. Krankheit) eine Bearbeitungsgebühr von 50 Euro erhoben.
Ermäßigung oder Erlass der Eigenbeteiligung
Die Eigenbeteiligung kann ermäßigt oder erlassen werden, wenn die Einkommensverhältnisse der Familie die Zahlung der Eigenbeteiligung nur zum Teil oder gar nicht
zulassen. Kein Schüler/keine Schülerin sollte daher allein aus finanziellen Gründen
von einer Kurswahl Abstand nehmen. Die Platzvergabe erfolgt ohne Berücksichtigung
der Einkommensverhältnisse. Ein Antrag auf Ermäßigung oder Erlass ist erst nach
Erhalt der Teilnahmezusage zu stellen. Die Beurteilung der Bedürftigkeit folgt im Wesentlichen den Regeln des BAföG.
Zeitplan
Das Bewerbungs- und Verteilungsverfahren 2013 läuft mit folgenden Terminen:
– Bis zum 15. März muss die Kurswahl an die Deutsche SchülerAkademie abgesandt
sein.
– Die Zusagen und Absagen werden bis zum 30. April an die Bewerber versandt. Bitte nicht vorher nachfragen!
– Bei einer Zusage muss die Eigenbeteiligung bis zum 15. Mai auf dem Konto des
Vereins Bildung & Begabung gemeinnützige GmbH eingegangen sein. Spätestens
zu diesem Termin muss alternativ der Antrag auf Ermäßigung oder Erlass der Eigenbeteiligung bei der Deutschen SchülerAkademie vorliegen. Er wird innerhalb
weniger Tage bearbeitet.
–– 13
Multinationale Akademien
Diese Akademien sollen Forum für eine intensive Begegnung von Jugendlichen aus jeweils fünf europäischen Ländern sein, zur grenzüberschreitenden Begabtenförderung
beitragen und das gegenseitige Verständnis und die Zusammenarbeit fördern. In Waldenburg werden Schülerinnen und Schüler aus Deutschland, Rumänien, der Slowakei
und Tschechien sowie aus Ungarn zusammentreffen, während in Torgelow bei Waren
an der Müritz die Länder Deutschland, Estland, Lettland, Litauen und Polen vertreten
sein werden.
Die Akademien werden im Wesentlichen nach den Strukturen der Deutschen SchülerAkademie organisiert, sind aber auf vier Kurse mit je 16 Teilnehmenden begrenzt. Die
Kurse werden paritätisch aus den beteiligten Ländern besetzt.
Die multinationale Zusammensetzung der Kurse macht es möglich, viele Aspekte der
nationalen Kulturen in das Akademieleben, in kursübergreifende Angebote und Veranstaltungen einzubringen, so z.B. auch Einführungen in die Sprachen der beteiligten
Länder.
Anreise
Rechtzeitig vor Beginn der Akademie werden die Adressen der Teilnehmenden versandt, damit sie sich für die Fahrt absprechen und Fahrgemeinschaften bilden können. Auch der Erwerb einer kostengünstigen Fahrkarte (Sparpreis, Gruppenkarte u.a.)
ist damit möglich.
Mit der Anmeldung erklärt sich die Bewerberin bzw. der Bewerber einverstanden, dass
die Adresse zu diesem Zwecke weitergegeben werden darf.
Ferientermine
Die Sommerferien liegen in den einzelnen Bundesländern unterschiedlich, so dass
die Akademie vielleicht nur teilweise in die Ferienzeit fällt. In diesem Fall ist es erforderlich, bei der Schule und/oder Schulaufsichtsbehörde einen Antrag auf Freistellung
vom Unterricht zu stellen. Einige Bundesländer haben bereits von sich aus die Schulen ihres Landes gebeten, Schülerinnen und Schüler ggf. vom Unterricht freizustellen.
Die Deutsche SchülerAkademie wird nötigenfalls solche Anträge unterstützen.
14 ––
… und ihre Gastfamilien
Um ausländischen Teilnehmenden, deren Muttersprache nicht Deutsch ist, die Eingewöhnung in Deutschland zu erleichtern, werden sie eingeladen, bereits eine Woche
vor Beginn der Akademie bei einem Teilnehmer bzw. einer Teilnehmerin zu wohnen.
Hierfür werden Familien gesucht, die bereit sind, diesen einwöchigen Familienaufenthalt zu ermöglichen.
Wer also bereit ist, eine(n) ausländische(n) Teilnehmer(in) in der Woche vor dem jeweiligen Akademiebeginn bei sich aufzunehmen, wird gebeten, dies auf dem Formular zur Kurswahl mit anzugeben.
Nach der Akademie
Jeder Teilnehmer und jede Teilnehmerin erhält eine Bescheinigung über die Kursteilnahme und ein Exemplar der Dokumentation der besuchten Akademie. Weiterhin
können die Teilnehmenden und Kursleitenden nach der Akademie dem Club der
Ehemaligen e.V. (siehe auch Seite 118) beitreten. Darüber hinaus hat die Deutsche
SchülerAkademie jedes Jahr die Möglichkeit, einige Teilnehmerinnen und Teilnehmer
für das Auswahlverfahren der Studienstiftung des deutschen Volkes vorzuschlagen
(siehe Seite 13). Die Entscheidung hierüber treffen die Akademie- und Kursleitenden.
Gemeinsame Arbeitssprache während der gesamten Akademien ist Deutsch.
Die Eigenbeteiligung für diese Akademien beträgt für Teilnehmende aus Deutschland
550 Euro, für Teilnehmende aus den anderen Ländern 100 Euro. Auch hier ist eine
Reduktion oder ein Erlass in begründeten Fällen möglich.
Ausländische Teilnehmerinnen und Teilnehmer ...
Unabhängig von der Durchführung der Multinationalen Akademien werden wie in
jedem Jahr auch zahlreiche Jugendliche aus dem weltweiten Ausland an den regulären
SchülerAkademien teilnehmen.
–– 15
AKADEMIE BRAUNSCHWEIG I
(27. JUNI BIS 13. JULI 2013)
Akademie
Braunschweig I
CJD Jugenddorf-Christophorusschule
Braunschweig
Das CJD Braunschweig liegt am Rande der Stadt Braunschweig. Die rund 245.000 Einwohner
zählende Stadt bietet zahlreiche Angebote einer Universitätsstadt mit Forschungsanstalten,
Museen usw. Zum Jugenddorf gehören das Gymnasium, die Internationale Schule Braunschweig-Wolfsburg, die Hans-Georg-Karg-Grundschule und die Musische Akademie.
Das Jugenddorf bietet ein umfangreiches Freizeit- und Bildungsangebot. Zum Gymnasium von
Klasse 5 bis 12 für ca. 900 Schülerinnen und Schüler gehört ein Internat für Jungen und Mädchen mit 130 Plätzen. Die Unterbringung erfolgt in der Regel in Zweibettzimmern. Neben der
Normalverpflegung gibt es auch vegetarische Kost oder Diätkost. Die Gebäude des Gymnasiums und des Internats liegen auf einem Gelände mit alten Bäumen in der Nähe eines Naturschutzreservats mit günstiger Straßenbahn- und Busverbindung zur Innenstadt.
Fortsetzung siehe Seite 24 …
16 ––
(27. JUNI BIS 13. JULI 2013)
AKADEMIE BRAUNSCHWEIG I
Jugenddorf-Christophorusschule Braunschweig
Georg Westermann-Allee 76
38104 Braunschweig
www.cjd-braunschweig.de
Programm
1.1
1.2
1.3
1.4
1.5
1.6
Numerik
Betrachtungen zur Wurfparabel
Auf des Messers Schneide
Wachstumsgrenzen der Menschheit
Platons Vermächtnis
Junge oder Mädchen? Blau oder Rosa?
Akademieleitung
Maximilian Held (Jg. 1983) forscht als Doktorand der Sozialwissenschaften an
der Bremen International Graduate School of Social Sciences über progressive
Steuerreform und deliberative Demokratie. Er bloggt, Science-slamt und redet
leidenschaftlich gern über Politisches, spielt gelegentlich Geige, singt (Karaoke),
verbringt viel Zeit auf dem Rad und zuviel vor dem Computer. SchülerAkademie
in Braunschweig gehört für Maximilian zu einem guten Sommer dazu.
Lisa Brämswig (Jg. 1993) freut sich, endlich wieder DSA-Luft zu atmen. 2011
Leitung kursübergreifende Musik
Arpad Toth (Jg. 1982) wurde in Budapest, Ungarn, geboren. Er studierte Harfe,
Musiktheorie, Solfége und Chorleitung an der Budapester Liszt Akademie. An
derselben Universität promovierte er. Er lehrt in Budapest am Kodály Zoltán
Musikpädagogischen Institut der Liszt-Akademie, leitet mehrere Chöre in Ungarn, in der Slowakei und in Rumänien (Siebenbürgen). Sein spezielles Interesse
gilt der Improvisation und zeitgenössischer Musik. Seit 2006 leitete Árpád immer wieder die kursübergreifende Musik während Multinationaler Akademien
der DSA.
noch als Teilnehmerin ist sie nun gespannt, die Atmosphäre aus einer anderen,
organisatorischen Sicht zu erleben. Genau das möchte sie später auch in ihrem
Beruf machen: organisieren, planen, handeln. Daher studiert sie derzeit Betriebswirtschaftslehre an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf. Ihre Freizeit verbringt Lisa leidenschaftlich gern mit Sport, wie Volleyball und Jogging.
Ausflüge mit Freunden kommen dabei aber nicht zu kurz: Ob Festival, Badesee
oder Stadtpark … ein schöner Platz in der Natur findet sich immer.
Stefan Neubert (Jg. 1992) schloss 2011 sein Abitur in Neckarsulm ab und
machte anschließend ein Freiwilliges Ökologisches Jahr im Bereich Erneuerbare
Energien in der Nähe von Tübingen. Seit dem WS 2012/13 studiert er IT-Systems Engineering am Hasso-Plattner-Institut in Potsdam. Neben der Uni macht
er Musik auf Saxophon, Klarinette, Cajon und Keyboard, spielt Volleyball und
liest oder macht irgendwas mit Medien. In diesem Jahr freut er sich besonders
darauf, ins CJD Braunschweig zurückzukehren, wo er 2009 eine unglaublich
tolle Akademie in einem Kurs von Maximilian erleben durfte.
–– 17
AKADEMIE BRAUNSCHWEIG I
(27. JUNI BIS 13. JULI 2013)
Kurs 1.1
Numerik
In der numerischen Mathematik – kurz »Numerik« genannt – geht es um die Konstruktion und die Untersuchung von Rechenverfahren zur Lösung von meist kontinuierlichen Problemen aus der Mathematik und ihren
Anwendungen. Bereits in der Antike bestand der Wunsch,
mathematische Gleichungen zahlenmäßig zu lösen, auch
wenn dies nur näherungsweise möglich war. Den alten
Griechen war schon bekannt, dass der Inhalt mancher Flächen nur angenähert bestimmt werden konnte. Griechische
Mathematiker, wie Archimedes oder Heron, entwickelten
aber schon früh Algorithmen, die Berechnungen dieser Art
möglich machten. Heutzutage steht die approximative Berechnung der Lösungen solcher Probleme oft unter Einsatz
von Computern im Vordergrund. Einen Schwerpunkt der
Untersuchungen bildet die Analyse der numerischen Algorithmen hinsichtlich ihrer Exaktheit, ihres Laufzeitverhaltens, ihrer Stabilität und Robustheit. Dem Entstehen und
Verhalten von Rechenfehlern aufgrund ungenauer Daten
und der endlichen Arithmetik von Computern wird dabei
ein besonderes Augenmerk gewidmet. Die Entwicklung
numerischer Algorithmen verlangt in hohem Maße nach
Kreativität und Kenntnis der fachlichen Voraussetzungen
der vorliegenden Aufgabenstellungen. Dabei treten nicht
nur innermathematische sondern auch Fragestellungen
aus anderen Fachbereichen auf, zu denen die Naturwissenschaften, die Technik und die Wirtschaftswissenschaften
gehören. Derartige Probleme werden den inhaltlichen Rahmen des Kurses bilden.
Ein erster Kursteil führt in die Grundlagen der numerischen Mathematik ein und wird in Seminarform gestaltet,
bei der die Teilnehmerinnen und Teilnehmer anhand vorgegebener Literatur vorbereitete Referate halten. In einem
zweiten Kursteil werden in Teams kleine Projekte bearbeitet, um so die verschiedenen mathematischen Methoden
an speziellen Fragestellungen eigenständig zu erproben
und zu erforschen. Im Kurs muss aus der umfangreichen
Stoffmenge natürlich ausgewählt werden. In einem dritten
Kursteil werden die Ergebnisse der Projektarbeit in Form
von Vorträgen dem Kurs präsentiert und in schriftlicher
Form dokumentiert.
Dieser inhaltlich anspruchsvolle Kurs wendet sich an
Schülerinnen und Schüler, die sich sehr für Themen aus
der Mathematik und ihren Anwendungen interessieren.
Erwartet wird: Freude an der gedanklichen Durchdringung
komplexer mathematischer Fragestellungen aus unterschiedlichen Bereichen, die Bereitschaft, sich in neue und
schwierige Themen einzuarbeiten, kreativ nach Lösungen
zu suchen und über die erzielten Ergebnisse Referate zu
halten. Vorausgesetzt wird weiterhin die Fähigkeit, gelegentlichen Frust ertragen zu können und sich durch zeitweilige Rückschläge nicht entmutigen zu lassen.
Grundkenntnisse in der Analysis, speziell der Differenzial- und Integralrechnung, der linearen Algebra und analytischen Geometrie sind für einige Teile des Kurses hilfreich.
Einige notwendige Grundlagen werden im ersten Teil des
Kurses gesondert behandelt oder müssen in den Projekten
selbstständig erarbeitet werden. Speziellere Vorkenntnisse
aus der Mathematik sind nicht erforderlich. Erwartet wird
allerdings die Bereitschaft sich intensiv mit mathematischer
Literatur (auch fremdsprachlicher) auseinanderzusetzen.
Obwohl der Computer als wichtiges Hilfsmittel eingesetzt
wird, werden Kenntnisse in speziellen Programmiersprachen nicht vorausgesetzt, können aber natürlich für die
Untersuchung einiger Probleme nützlich sein.
Kursleitung
Joachim Gomoletz (Jg. 1955) ist in der Schulleitung der Max-Planck-Schule in Kiel tätig,
unterrichtet an diesem Gymnasium die Fächer Mathematik, Physik und Informatik und leitet
das Projekt »Kompetenzzentrum Begabtenförderung«. Er koordinierte die Projekte MATHEMA und PHYSIK PLUS zur Förderung besonders interessierter Schülerinnen und Schüler im
Land Schleswig-Holstein und hatte an der Fachhochschule und an der Universität Kiel Lehraufträge für Mathematik inne. Er bildet Lehrerinnen und Lehrer zu Informatiklehrkräften aus
und ist als Schulbuchautor tätig. Mehrfach leitete er bereits Kurse im Rahmen der Deutschen
SchülerAkademie. Im Jahre 1998 erhielt er den Karl-Heinz-Beckurts-Lehrerpreis für seine
Verdienste um die Begabtenförderung. Zu seinen Hobbys zählen u.a. die Beteiligung an wissenschaftlichen Forschungen, die Fotografie und ausgedehnte Radtouren.
18 ––
Dörte Paul (Jg. 1987) studierte an der Christian-Albrechts-Universität
(CAU) zu Kiel und beendete 2013 ihr Studium der Fächer Mathematik und
Sportwissenschaft. Im Fach Mathematik führt sie prüfungsvorbereitende
Kurse für Studierende, Abiturienten und Realschüler durch. Als wissenschaftliche Mitarbeiterin im Bereich Sportpsychologie war sie während
ihres Studiums für die Betreuung bei statistischen Auswertungen in der
sportwissenschaftlichen Forschung zuständig. Neben ihrer Leidenschaft,
Handball zu spielen, besitzt sie die Lehrbefähigungen für Windsurfen und
Snowboarden sowie eine Trainerlizenz für Leichtathletik. Seit mehreren Jahren betreut sie
Jugendhandballmannschaften und die Uni-Handballmannschaft der CAU Kiel.
(27. JUNI BIS 13. JULI 2013)
AKADEMIE BRAUNSCHWEIG I
Kurs 1.2
Betrachtungen zur Wurfparabel
Wir alle haben ein intuitives Verständnis für die Flugbahn
von geworfenen Gegenständen, das seine Ursprünge wohl
schon vor einigen Millionen Jahren hat. Aber erst seit etwa
2500 Jahren beschäftigen sich Menschen (wohl die, die
nicht so gut im Speer- und Steinewerfen sind) mit den physikalischen Vorgängen, die die Flugbahn eines Steines bestimmen. In diesem Kurs wird nachvollzogen, wie sich die
wissenschaftliche Modellierung eines Steinwurfes seit dieser Zeit verändert hat. Angefangen bei den Vorstellungen
der griechischen Antike bis hin zu den Ideen der allgemeinen Relativitätstheorie wird immer wieder der gleiche Wurf
aus jeweils neuen Blickwinkeln betrachtet. Das Beispiel der
Wurfparabel dient dabei als Einstieg in die genauere Betrachtung der physikalischen Modelle.
Den Ausgangspunkt bildet die Newtonsche Mechanik, in
der die Flugbahn des Steines durch an ihm angreifende
Kräfte bestimmt wird. Anschließend werden zunächst
deren historische Ursprünge zurückverfolgt, die im wesentlichen in den Überlegungen Galileis zu finden sind.
Aber auch frühere Ansätze aus dem antiken Griechenland
oder dem Mittelalter, die sich experimentell nicht bestätigt
haben, werden behandelt. Einen Exkurs bilden an dieser
Stelle die Ideen zur Beschreibung der Planetenbahnen, die
von Newton genauso wie die Form der Wurfparabel auf
das Wirken der Gravitationskraft zurückgeführt werden.
Im nächsten Teil des Kurses stehen die Weiterentwicklungen von Newtons Ideen im 18. und 19. Jahrhundert
im Vordergrund, die auf globalen Extremalprinzipien
basieren. Diese besagen, dass sich ein geworfener Körper
immer auf der (in einem bestimmten Sinne) »sparsamsten«
Bahn bewegt. Dabei kommen diese Modelle ohne den
Newtonschen Kraftbegriff aus, was die Beschreibung vor
allem komplizierterer Vorgänge stark vereinfacht. Außerdem ergeben sich hier auch interessante philosophische
Fragen: Woher weiß der Stein im Voraus, welche Flugbahn
die sparsamste ist? Eine mögliche Antwort hierauf gibt die
Quantenmechanik, die den Schwerpunkt des nächsten
Kursteils bildet: Der Stein legt alle möglichen Flugbahnen
zurück, wobei die klassische, sparsamste Bahn für ein makroskopisches Objekt die mit Abstand wahrscheinlichste
ist.
Der letzte Teil des Kurses
beschäftigt sich mit dem
Beitrag der zweiten großen
Entwicklung in der Physik
»La Nova Scientia di Nicolò
des 20. Jahrhunderts: den
Tartaglia«, 1537
Einsteinschen Relativitätstheorien. Im Rahmen der allgemeinen Relativitätstheorie
wird die Flugbahn des Steines nicht mehr durch an ihm
wirkende Kräfte, sondern vielmehr durch die Krümmung
der Raumzeit selbst bestimmt.
Der Kurs richtet sich in erster Linie an alle, die sich neben
Physik im Allgemeinen auch für die historische Entwicklung physikalischer Modelle interessieren. Die Gewichtung
der einzelnen Kursteile richtet sich dabei im Wesentlichen
nach den Interessen der Teilnehmenden. Im Vorfeld wird
für Referate zu den einzelnen Themengebieten Material
zur Vorbereitung versandt. Während der Akademie selbst
werden diese durch Diskussionen, Vorträge, Übungen und
Experimente ergänzt. Einige der Modelle werden im Kurs
anhand von Rechenbeispielen nachvollzogen. Die dazu nötige Mathematik geht z.T. über den Schulstoff hinaus und
wird im Laufe des Kurses eingeführt.
Kursleitung
David Grellscheid (Jg. 1975) ist Elementarteilchenphysiker und lebt seit einigen Jahren
in Durham in Nordengland, wo er an einem Softwarepaket zur Simulation von Teilchenkollisionen mitarbeitet, das bei Experimenten am CERN (European Organisation
for Nuclear Research, Schweiz) verwendet wird. Er studierte Physik in Stuttgart und
Cambridge, Großbritannien. Dort promovierte er zu einem Thema aus der Stringtheorie,
bevorzugt jetzt aber physikalische Theorien, die sich auch überprüfen lassen. Neben der
Wissenschaftsgeschichte interessieren ihn technische und juristische Risiken der Computernutzung und Fragen zum gesellschaftlichen Stellenwert der Naturwissenschaften.
Carsten Schneemann (Jg. 1977) verschlug es während seines Studiums der
Mathematik und Physik aus der schwäbischen Heimat, nach Zwischenstopps in
Stuttgart und Göttingen, ins preussische Potsdam, wo er sich am Albert-Einstein-Institut mit der Simulation von Gravitationswellen beschäftigte. Mittlerweile entwickelt er bei einer kanadischen Firma bildgebende Systeme für die
Kardiologie, was ihm auch erlaubt, intensiv seiner Reisefreude nachzugehen. Darüber hinaus interessiert er sich für Wissenschaftsphilosophie und gesellschaftsrelevante Aspekte naturwissenschaftlicher Forschung.
–– 19
AKADEMIE BRAUNSCHWEIG I
(27. JUNI BIS 13. JULI 2013)
Kurs 1.3
Auf des Messers Schneide
Immunreaktionen zwischen Physiologie und Pathologie
Jedes Lebewesen ist den Einflüssen seiner Umwelt ausNicht immer arbeitet das Immunsystem korrekt. Krankgesetzt. Vielzellige Organismen werden ständig mit zahlheitserreger, wie HIV, unterwandern die Immunantwort,
reichen Arten von Pathogenen konfrontiert, müssen diese
bei Autoimmunerkrankungen, wie Multiple Sklerose oder
erkennen und unschädlich
Diabetes Typ I, greift das Immunsymachen. Ebenso wichtig ist
Der Kurs richtet sich an Teilnehmerinnen und Teilnehmer, stem den eigenen Körper an und
die sich in besonderem Maße für die Fachgebiete Biodie Erkennung beschädigter
Abstoßungsreaktionen gegen transwissenschaften und Biomedizin interessieren. Spezielles
oder entarteter eigener Zelplantierte Organe sind ein großes
Vorwissen wird für diesen Kurs nicht vorausgesetzt,
len, die dem Organismus
Problem für die Medizin.
Grundkenntnisse der Zellbiologie sind jedoch hilfreich.
schaden könnten. Schon
sehr früh in der Evolution
Die hohe Reaktivität der Immunzelvielzelliger Organismen entwickelte sich ein Immunsystem,
len ist also Fluch und Segen zugleich, quasi eine Gratwandas den Körper vor diesen Einflüssen schützt. In Wirbelderung auf des Messers Schneide.
tieren ist es eines der größten Organe des Körpers und mit
Abstand das komplexeste: Immunzellen sind im gesamten
Der Kurs beinhaltet mehrere Schwerpunkte: physioloKörper präsent und durch ein Arsenal von über 100 Milligische Immunabwehr, pathologische Immunreaktionen
onen verschiedener Antikörper in der Lage, nahezu alle Arund Methoden der Immunologie.
ten von Krankheitserregern zu erkennen und mittels einer
hochspezifischen Reaktion zu kontrollieren. Grundlegend
Maßgebend für den ersten Schwerpunkt des Kurses ist die
für eine korrekte Funktionsweise ist die Unterscheidung
detaillierte Darstellung der Komponenten der angeborenen
zwischen »Selbst« und »Nicht-Selbst«. Dazu muss das Imund erworbenen Immunabwehr: Welche Funktion haben
munsystem lernen, körpereigene Strukturen zu erkennen
Toll-like Rezeptoren? Wie kommt es zur Vielfalt spezifischer
und zu tolerieren.
Antikörper? Welche Rolle spielen Zytokine? Und vor allem:
Wie interagieren diese Komponenten miteinander, wenn eine adäquate Immunantwort ausgebildet werden soll?
Anhand ausgewählter Krankheitsbilder werden im zweiten
Teil des Kurses fehlgeleitete Immunreaktionen betrachtet. Insbesondere soll der Frage nachgegangen werden,
wodurch Überempfindlichkeitsreaktionen, Autoimmunerkrankungen und die Abstoßung von Transplantaten auf
immunologisch-molekularer Ebene gekennzeichnet sind.
Nicht zuletzt sollen an dieser Stelle die Prinzipien der immunsupressiven Therapie erarbeitet werden.
In einem inhaltlich separaten
Abschnitt wird sich den experimentellen Methoden der
Immunologie gewidmet. Dabei
stehen u.a. Verfahren, wie
Durchflusszytometrie, ELISA,
Immunhistochemie sowie
Mausmodelle im Vordergrund.
Schließlich wird das erworbene theoretische Wissen über
das Immunsystem und experimentelle Methoden in Gruppenarbeiten und Diskussionen
miteinander verknüpft und gleichzeitig mit den Grundlagen des wissenschaftlichen Arbeitens kombiniert. Wie plant
man ein wissenschaftliches Experiment, wie findet man die
hierfür notwendige Literatur, was versteht man unter guter
wissenschaftlicher Praxis usw.? – all dies sind Fragestellungen, die gemeinsam betrachtet werden.
Identifikation CD4-positiver Zellen in
einer durchflusszytometrischen Analyse
eines Lymphknotens
Kursleitung
Katharina Lisenko (Jg. 1986) studierte an der Technischen Universität Dresden und
der University of Louisville (USA) Humanmedizin. Während ihres Studiums untersuchte
sie die Rolle von Mastzellen in angeborenen und erworbenen Immunantworten im Rahmen ihrer medizinischen Promotion. Seit Anfang 2013 arbeitet sie als wissenschaftliche
Mitarbeiterin am Institut für Immunologie der Medizinischen Fakultät Carl Gustav Carus, Dresden. Als ehemalige Teilnehmerin einer DSA freut sie sich nun als Kursleiterin
sehr darauf, ihre Begeisterung für das Fach Immunologie mit Schülern teilen zu können.
20 ––
David Pöllmann (Jg. 1985) wuchs in der Oberpfalz auf und begeisterte sich
schon früh für Naturwissenschaften, besonders Chemie. Ein DSA-Kurs über molekulare Genetik zeigte ihm die faszinierend komplexe Chemie des Lebens und,
um mehr darüber zu erfahren, studierte er Biochemie in Regensburg und Uppsala. Seine Leidenschaft für die Berge brachte ihn schließlich nach München, wo er
sich seit Anfang 2011 im Rahmen seiner Promotion mit der Struktur eines Proteinkomplexes und dessen Rolle bei der Genregulation beschäftigt. Außer in den
Alpen verbringt er seine Freizeit gerne mit Freunden, Rennradfahren und Reisen.
(27. JUNI BIS 13. JULI 2013)
AKADEMIE BRAUNSCHWEIG I
Kurs 1.4
Wachstumsgrenzen der Menschheit
Zukunft und Möglichkeiten regenerativer Energien
Unser aktuelles modernes Leben benötigt sehr viel Energie.
Ein großer Teil des Energiebedarfs wird dabei durch fossile
Brennstoffe oder durch Kernenergie gedeckt. Beide Formen
der Energiequellen sind bekanntermaßen nicht zukunftsfähig: Öl- und Kohlereserven gehen in absehbarer Zeit zur
Neige, die Akzeptanz der Kernenergie ist in der Öffentlichkeit gering. Somit muss eine mögliche Alternative zur
Kompensation gefunden werden. Aktuell werden in der
Diskussion über die Energiewende regenerative Energien
als Allheilmittel für den immer weiter steigenden Energiebedarf der Menschheit stilisiert.
Alle Formen der regenerativen Energien werden medial
hauptsächlich unter technischen, ökonomischen und
gesellschaftlichen Aspekten betrachtet. Viele Menschen
wenden sich aber von der an sich alternativlosen Nutzung
erneuerbarer Energien ab, weil sie überrascht sind von den
Konsequenzen der Energiewende, was sich hauptsächlich
am Geldbeutel bemerkbar macht. Aus physikalischer Sicht
lassen sich jedoch schon auf Basis elementarer Naturgesetze weitere Probleme erkennen: die bedeutendste Quelle
für regenerative Energien ist zweifelsohne die Sonne.
Kursleitung
Leider hat ihre Leistung eine obere Grenze, d.h. jeden
Tag wird unserem Planeten eine begrenzte Energiemenge
zur Verfügung gestellt. Dadurch wird deutlich, dass der
Leistungsumsatz der Menschheit nicht ins Unermessliche
steigen kann. Selbst wenn man also die ökonomischen Aspekte außer Acht lässt, werden unserem Wachstum durch
die Gesetze der Natur Schranken gesetzt. Daraus ergeben
sich einige Fragen: Wo liegt diese Grenze? Wie weit kann
der Leistungsumsatz noch ansteigen, bis wir diese erreicht
haben, oder haben wir sie bereits überschritten?
Um Antworten auf diese und weitere Fragen geben zu können, setzt sich der erste Teil der Kursarbeit unter anderem
mit verschiedenen Arten regenerativer Energien und deren
Wirkungsgraden auseinander. Dort wird beispielsweise untersucht, wie die Sonnenstrahlung auf der Erde in andere
Energieformen umgewandelt wird, wie die Kapazitäten von
Wind- und Wasserkraft abgeschätzt werden können oder
warum es in Ländern, in denen kaum freie Flächen zur
Verfügung stehen, zwangsläufig zur Flächenkonkurrenz
mit anderen zivilisatorischen Nutzungsvarianten kommt.
Weiter werden konkrete Beispiele qualitativ, aber auch
quantitativ betrachtet, exemplarisch: Wie viele Kilowattstunden pro Jahr können maximal aus dem Mekong-Fluss
in Vietnam nutzbar gemacht werden?
Christian Deitersen (Jg. 1986) studierte Mathematik und Physik für das Lehramt
an Gymnasien in Siegen. Nach dem Studium nahm er eine Stelle als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität Siegen an und promoviert dort im Bereich der
Didaktik der Physik. In seiner Freizeit spielt er gerne Tennis, Billard und Schlagzeug.
Der zweite Teil der
Kursarbeit befasst
sich speziell mit
der Sonnenenergie. Beispielsweise
Strahlungsgleichgewicht der Erde
wird ermittelt,
Bildquelle: http://www.physik.uni-siegen.de/didaktik/
wie groß die
materialien/umweltphysik/umweltphysik09.pdf
Anzahl der Sonnenstunden und
die Menge der Sonnenenergie in beliebigen Regionen zu
beliebigen Zeitpunkten ist oder bei welcher Ausrichtung
einer Solaranlage man das Maximum der eingestrahlten
Energie erhält. Der Kurs beschränkt sich dabei nicht nur
auf theoretische Inhalte, sondern er befasst sich auch mit
der praktischen Anwendung, beispielsweise beim Bau einer
automatischen Nachführung für Solarzellen.
Der Kurs hat das Ziel, auf die obigen Fragen mögliche Antworten zu finden und dabei die Wichtigkeit des bewussten
und auch kritischen Umgangs mit unseren Ressourcen zu
vermitteln. Es wird dadurch ein neuer Blickwinkel auf die
aktuelle Energiediskussion eröffnet, der zum Weiterdenken- und fragen anregt.
Adrian Weber (Jg. 1986) studierte Mathematik und Physik an der Universität Siegen. Dort nahm er eine wissenschaftliche Mitarbeiterstelle an und promoviert im
Bereich der Didaktik der Physik. In seiner freien Zeit verreist er gerne, spielt Gitarre,
Billard oder treibt Sport.
–– 21
AKADEMIE BRAUNSCHWEIG I
(27. JUNI BIS 13. JULI 2013)
Kurs 1.5
Platons Vermächtnis
Gemäß dem englischen Philosophen Alfred North Whitehead lässt sich die philosophische Tradition Europas als
Fußnote zu Platon verstehen. In Platons
Dialogen, in denen Platons Lehrer Sokrates durch geschicktes Fragen Klarheit
über bestimmte philosophische Begriffe
wie Wissen, Wahrheit oder Tugend zu
erlangen versucht, sollte Philosophie in
ihrer ganz ursprünglichen Form erfahrbar sein. Diesen provokanten Gedanken
nimmt der Kurs ernst und stellt Auszüge
aus einigen von Platons anspruchsvollsten Dialogen ins Zentrum (u.a Theaitetos, Sophistes, Euthyphron), deren Thema die Erkenntnistheorie und der Begriff
der Tugend ist.
scheidet bloßes Meinen von Wissen? Wie ist Irrtum möglich? Wie kommt überhaupt die Wahrheit in die Welt? Was
hat Erkenntnis mit Tugend zu tun? Ist der
Tugendhafte glücklich?
Neben den Platonischen Dialogen werden
im Kurs auch moderne Texte gelesen, die
sich mit denselben Fragen und Problemen
auseinandersetzen wie Platon. Entsprechend
liegt der Verdacht nahe, dass sich Philosophie vielleicht nur im Kreis dreht. Dieser
Verdacht führt zum zweiten Schwerpunkt
des Kurses: die Natur der philosophischen
Reflexion selbst.
In der Hoffnung, dass Philosophie nicht
die ständige Wiederholung derselben Ideen
Platon und Aristoteles im Dialog
Ein Schwerpunkt des Kurses ist die inist, wird der Kurs versuchen, ein eigenes
Bildquelle: http://commons.wikimedia.org/
wiki/File:Sanzio_01_Plato_Aristotle.jpg
haltliche Erschließung der ausgewählten
Verständnis philosophischen Denkens zu
Dialoge. Es wird versucht, die komplexen Argumentatientwerfen. Dabei werden die folgenden Fragen leitend sein:
onswege, welche Sokrates mit seinen Gesprächspartnern
Wie lässt es sich erklären, dass eine abschließende Antwort
nimmt nachzuvollziehen. Hierdurch wird ein Einblick in
auf philosophische Fragen nicht möglich scheint? Was
wichtige philosophische Grundfragen gegeben: Was untersagt dies über den Gegenstandsbereich aus, auf den phi-
losophische Reflexion bezogen ist? Was ist überhaupt eine
sinnvolle Methode, sich den Antworten auf philosophische
Fragen anzunähern?
Mit Platons Hilfe sollen mögliche Antworten auf die Fragen
nach der Natur des philosophischen Denkens gefunden
werden: Was genau sind die Begriffe mit denen sich Platon
in seiner Erkenntnis- und Tugendlehre auseinandersetzt?
Was ist die sokratische Methode, d.h. wie geht Sokrates
im dialektischen Frage- und Antwortspiel vor, um sich
philosophischen Gedanken zu nähern? Welche neuen
Perspektiven werfen die modernen Philosophen auf die
altbekannten philosophischen Fragen, ohne sich dabei im
Kreis zu drehen?
Ein zentrales Ziel des Kurses ist es, die Freude am philosophischen Argumentieren zu wecken und das dafür nötige
Handwerkszeug zu vermitteln. Neben der Auseinandersetzung mit den antiken und modernen Denkern sollen
auch erste eigene Texte der Teilnehmenden ganz im Geiste
platonischer Gesprächskunst entstehen. Daher bietet der
Kurs viel Raum für philosophische Diskussionen und die
Entwicklung eigener Ideen.
Kursleitung
Marén Heinzelmann (Jg. 1983) studierte in Leipzig und Houston, Texas, Biologie
und Philosophie. In ihrer Diplomarbeit am Institut für Pflanzenphysiologie der Universität Leipzig erforschte sie, wie man die Photosynthese einzelliger Algen zur Energiegewinnung nutzen kann. Momentan arbeitet sie am Lehrstuhl für Geschichte der
Philosophie in Leipzig und untersucht, was es mit der moralischen Verpflichtung bei
Kant und Hegel auf sich hat. Philosophisch angetan haben es ihr aber auch die antiken Philosophen, besonders Aristoteles. Seit ihrer Jugend spielt sie leidenschaftlich
gern Theater. Sie lacht, liest und tanzt gern, am liebsten zu guten Salsarhythmen.
22 ––
Jonas Zahn (Jg. 1985) studierte Soziologie, Philosophie und Logik in Basel, Leip-
zig und Chicago und befindet sich kurz vor Abschluss seines Masters. Jonas denkt
gerade angestrengt über ein geeignetes Dissertationsprojekt und seine Zukunft im
Allgemeinen nach. Seine philosophischen Interessen sind weit gestreut: Er interessiert sich u.a. für die Philosophie des Geistes, Erkenntnistheorie, Metaethik, Logik,
Kant und Davidson. Abseits der Universität vertreibt sich Jonas die Zeit mit Sport
(Rennen), Kochen, Zombiefilmen und versucht ab und an auch ein Buch nicht-philosophischen Inhalts zu lesen.
(27. JUNI BIS 13. JULI 2013)
AKADEMIE BRAUNSCHWEIG I
Kurs 1.6
Junge oder Mädchen? Blau oder Rosa?
Gender und Performance
Die Antwort auf die Frage nach der geschlechtlichen Zuordnung eines Kindes – heutzutage meist schon durch
3D Ultraschallbilder des Fötus im Leib der Mutter vorgenommen – ist einer der wichtigsten Wegweiser unserer
Existenz. Die dementsprechend ausgerichtete Gesellschaft
erlaubt nämlich nur wenig Spielraum bei Abweichungen
der zumeist dual interpretierten Geschlechtertrennung. Bei
der Suche nach einer Glückwunschkarte zur Geburt eines
Kindes in Großbritannien war es z.B. unmöglich, eine farbneutrale Karte zu finden – Blau für Jungs, Rosa für Mädchen! Was aber bedeutet diese Kategorisierung für uns im
konkreten Alltag des 21. Jahrhunderts? Sind Mädchen und
Jungen tatsächlich so unterschiedlich oder werden sie nur
verschieden erzogen? Beruhen unsere Wahrnehmungen
von Mann und Frau also auf biologischen »Tatsachen« oder
auf kulturellen Konstrukten? Und ist es überhaupt möglich, eine derartige Differenzierung zu treffen? Was passiert
zum Beispiel wenn das biologische Geschlecht eines Kindes
nicht eindeutig zuzuordnen ist, sprich wenn es als Hermaphrodit (Zwitter) geboren wird? Wer trifft dann die Ent-
scheidung ob dieses Kind als Mädchen oder Junge auf der
Geburtsurkunde eingetragen wird – denn schließlich gibt
es nur diese beiden Optionen?
Diverse Geschlechtertheorien beschäftigen sich mit detaillierten Erörterungen dieser Komplexitäten im theoretischen
Abstrakt ebenso wie im konkreten Alltag. Jedoch bleiben
diese oft in der Analyse »hängen«, haben also nur selten
Vorschläge, wie man (bzw. frau) die existierenden Stereotypen von Weiblichkeit und Männlichkeit aufbrechen oder
unterlaufen kann, wie eine Kritik möglich wird. Hier ist der
erste Schritt sicherlich das Aufmerksamwerden auf die sich
im Spiel befindlichen Strategien und Mechanismen, die
kulturellen Traditionen, Bräuche und Alltäglichkeiten von
geschlechtsspezifischer Wahrnehmung, Beurteilung und
Handlung. Performance-Theorien geben uns das notwendige zweite Werkzeug an die Hand, spielerisch aufmerksam
zu werden und vielleicht sogar eigene Strategien der Kritik
(des Widerstands) zu erarbeiten.
Anhand von Beispielen des Alltags (Fernsehen, Film,
Musik, populäre Kultur, Internet etc.) wird gemeinsam
mithilfe von einschlägigen Theorien der Gender Studies
weiblichen und männlichen Stereotypen auf die Pelle gerückt. In einem weiteren Schritt gilt es unter Bezugnahme
auf Performance Theorien, konkrete Beispiele so genannter
»gender contestation« im Bereich der Performance Kunst
zu sichten und zu analysieren.
Die in diesem Schritt gewonnenen Erkenntnisse werden in
der eigenen Praxis spielerisch realisiert und getestet. Hierbei wird von den Teilnehmenden vor allem eine konkrete,
wenn auch spielerische Auseinandersetzung mit den eigenen geschlechtsspezifischen Handlungsmustern gefordert.
Kursleitung
Kerstin Bueschges (Jg. 1967) arbeitet als Akademikerin und Performance Künstlerin gerne in den
Zwischenräumen diverser Disziplinen. Nach dem Studium der Kulturpädagogik in Hildesheim verschlug es sie für fast 17 Jahre nach Großbritannien. Dort absolvierte sie ihren MA Theatre Studies
(Leeds), ebenso wie ihren PaR (practice-as-research) PhD (Lancaster). Ihre Promotion verband ihre
Passion für künstlerische Praxis mit philosophischen Theorien zur Geschlechter- und Performanceforschung. Vor ihrer Rückkehr nach Deutschland war sie als Senior Lecturer in Drama & Performing Arts
an der Anglia Ruskin University in Cambridge, Großbritannien tätig. Ob in Form diverser Ensemblestücke mit Studierenden, einer 12-stündigen Performance zum Thema »Mutterschaft«, einer Verwandlung zur Meerjungfrau in der Badewanne ihres Badezimmers oder eines Live Art Speed Dating Events, ihre Praxis rüttelt
gerne an konventionellen Vorstellungen von Theater und Performance.
Mihai Kolcsár (Jg. 1989) ist ein rumänischer Film-, Theater- und
populäre Kultur-Kritiker. 2008 begann er sein Studium in Drama and Writing an der Anglia Ruskin Universität, in Cambridge,
Großbritannien. In 2011 schloss er sein Bachelor-Studium ab. Als
Abschlussarbeit stellte er den immer größeren Einfluss der digitalen Medien auf das Leben der Menschen des XXI. Jahrhunderts
in dem Performance Stück Homo Sapiens Digitalis vor. Seitdem
arbeitet er als Kritiker für mehrere Veröffentlichungen und studiert
Audiovisual Communication, Filmology, Publicity and Media an der I. L. Caragiale
Universität in Bucharest, Rumänien.
–– 23
AKADEMIE BRAUNSCHWEIG II
(18. JULI BIS 3. AUGUST 2013)
Akademie
Braunschweig II
CJD Jugenddorf-Christophorusschule
Braunschweig
Fortsetzung von Seite 16:
In der Schule ist die gute Ausstattung des naturwissenschaftlichen Bereichs hervorzuheben.
Sowohl in der Bibliothek als auch im PC-Zentrum bietet die Schule vernetzte Rechner-Pools
mit Internet-Zugang.
Vielfältig sind die Möglichkeiten zur sportlichen und musisch-künstlerischen Betätigung
auf dem Jugenddorfgelände: Für Fußball kann ein Kleinspielfeld genutzt werden, ferner
gibt es ein Volleyball- und ein Beachvolleyballfeld sowie einen Basketballkorb. Außerdem
steht eine große, teilbare Sporthalle mit einem separaten Gymnastikraum zur Verfügung.
Zwei Tischtennisplatten und zwei Tischkicker, die sich auf dem Außengelände des Jugenddorfes befinden, runden das Angebot ab.
Zum Musizieren laden Klaviere, drei Flügel, ein Cembalo und verschiedene andere Instrumente ein. Ferner gibt es einen Bandkeller und ein Kammertheater mit ca. 100 Plätzen.
Zum Kunstbereich gehören Zeichensaal und Werkraum.
24 ––
AKADEMIE BRAUNSCHWEIG II
(18. JULI BIS 3. AUGUST 2013)
Jugenddorf-Christophorusschule Braunschweig
Georg Westermann-Allee 76
38104 Braunschweig
www.cjd-braunschweig.de
Programm
2.1
2.2
2.3
2.4
2.5
2.6
Anatomie der Töne
Statistische Paradoxien und Denkfehler
Vom Ionenkanal zum Netzwerk
Potenzial und Erfolg
Europa – quo vadis? Oder: Was hat Europa mit mir zu tun?
Von Puschkin über Tolstoj bis Achmatova
Leitung kursübergreifende Musik
Dörte Wehner (Jg. 1977) lebt gern in Hannover. Hier gibt es nicht nur einen
der größten Stadtwälder Europas, in dem sie häufiger joggend anzutreffen ist,
sondern auch mit der Musikhochschule und der Universität ein breites Angebot
an Studienmöglichkeiten, das sie ausgiebig in den Studiengängen Chor- und
Ensembleleitung sowie Erwachsenenbildung nutzte. Nach mehreren Jahren
als freiberufliche Musikpädagogin wechselte sie die Branche und arbeitet bei
UNICEF mit ehrenamtlichen Gruppen. Daneben – und inzwischen seit 15 Jahren – leitet sie ihre Eliza-Singers. Nach fünf Jahren Pause ist sie wieder bei der
SchülerAkademie dabei und freut sich auf die Zeit in Braunschweig.
Akademieleitung
Hartmut Rosa (Jg. 1965) wurde 2005 auf den Lehrstuhl für Allgemeine und
Theoretische Soziologie an der Friedrich-Schiller-Universität Jena berufen –
nachdem er zuvor in Augsburg und Essen Politische Theorie lehrte und in Freiburg, London, Berlin und Harvard Politikwissenschaft, Germanistik und Philosophie studierte. In seiner Arbeit geht er u.a. der Frage nach, warum wir nie Zeit
haben, obwohl wir dauernd welche sparen, und wieso die Wirtschaft eigentlich
ständig wachsen muss. Ab und zu lehrt er auch an der New School for Social
Research in New York – der schnellsten Stadt der Welt. Zum Ausgleich blickt er
als Hobby-Astronom in die Sterne, spielt und hört coole Musik von Mozart bis Rock Hard oder er
orgelt in kleinen Kirchen, wenn er nicht am Tischkicker steht oder richtig Fußball spielt.
Anna Vetter (Jg. 1993) aus Essen macht in diesem Frühjahr ihr Abitur und will
sich danach ihren Wunsch, Geographie zu studieren, erfüllen. Nach dem Abi
geht’s aber erst mal nach Südafrika, um intensiv Urlaub zu machen, andere Kulturen kennenzulernen und die wunderschöne Natur zu erleben. Anna freut sich
sehr auf die gemeinsame Zeit in Braunschweig, da sie die tolle Atmosphäre seit
ihrer Teilnahme 2012, als sie eine unvergessliche Zeit erlebte, sehr schätzt. In
ihrer Freizeit reist sie sehr gerne und war sogar schon mal auf einer Weltreise.
Sie freut sich auf viel Sport (Tennis, Volleyball, Badminton) und KüAs während
der Akademie.
–– 25
AKADEMIE BRAUNSCHWEIG II
(18. JULI BIS 3. AUGUST 2013)
Kurs 2.1
Anatomie der Töne
Wie man Schwingungen mathematisch analysiert
Cello, Oboe und Triangel – auch wenn sie denselben Ton
Im ersten Teil des Kurses machen sich die Teilnehspielen, hört man verschiedene Klänge. Denn ein Ton bemenden mit dem Problem vertraut: Sie klären, welche
steht aus Einzelschwingungen, die sich überlagern und erst
Einzelschwingungen sich als Bausteine am besten eignen,
zusammen den charakteristischen Klang eines Instruments
und zerlegen einfache periodische Funktionen. Doch
ausmachen – je nachdem, welche Schwinlassen sich auch
Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer benötigen etwas
gungen in welchem Lautstärkeverhältnis
kompliziertere (und
Grundwissen über Ableiten, Integrieren und die komplexe vielleicht sogar
zusammenklingen. Doch welches Rezept
Exponentialfunktion. Aber keine Sorge: Wer das aus dem
steckt hinter einem Ton? Kann man seine
regelrecht exotische)
Schulunterricht nicht kennt, kann ein Vorbereitungsskript
Zutaten, die elementaren Einzelschwinperiodische Funktidurcharbeiten und es sich schnell aneignen. Mathemagungen, extrahieren?
onen auf solche Art
tisches Interesse ist natürlich Voraussetzung, ein Matheanalysieren und beLeistungskurs ist aber nicht zwingend nötig.
Viele bedeutende Mathematiker, wie Daniherrschen?
el Bernoulli, Leonhard Euler und JosephLouis Lagrange, haben sich mit dieser Frage beschäftigt,
Der anschließende Teil der Kursarbeit wird diese spanaber erst im 19. Jahrhundert gelang es, eine mathematisch
nende Frage klären: Die Teilnehmenden eignen sich
exakte Antwort zu finden. Der Kurs befasst sich genau mit
grundlegende mathematische Konzepte an, erarbeiten mit
diesem faszinierenden und vielfältigen Bereich der moderihrer Hilfe eine Technik, um eine periodische Funktion in
nen Mathematik: wie sich periodische Funktionen (Töne)
Kreis-Funktionen zu zerlegen, und prüfen ihre Ergebnisse
als Summe von Kreis-Funktionen (Überlagerung von Einanhand praktischer Beispiele auf ihre Tauglichkeit. Oft
zelschwingungen) darstellen lassen.
wird sich ein verblüffendes Bild ergeben: Die Funktionen
scheinen nicht aus nur einigen, sondern aus unendlich vielen Einzelschwingungen zu bestehen.
In Diskussionen nimmt der Kurs
die Frage in Angriff, was es überhaupt bedeutet, unendlich viele
Schwingungen aufzuaddieren –
und was eine Funktion mit der
Welle um Welle entsteht aus einer
unendlichen Summe ihrer BeGrundschwingung eine
standteile gemeinsam hat –, und
Sägezahnfunktion
geht schließlich mit mathematischer
Genauigkeit einer fundamentalen Wahrheit über periodische Funktionen auf den Grund.
Die Techniken, die der Kurs erarbeitet, sind nicht nur in
der Mathematik von Bedeutung, sondern finden überall
dort Anwendung, wo periodische Signale verarbeitet werden – von Physik und Ingenieurwissenschaften bis hin zu
Geologie und Medizin –; die Teilnehmenden können damit
in Kleingruppen interessanten Fragen verschiedener Disziplinen zu Leibe rücken. Der abschließende Teil des Kurses
befasst sich mit einer solchen Anwendung: Mithilfe eines
Computerprogramms werden Töne von Instrumenten auf
ihre Zusammensetzung, ihre Anatomie, hin untersucht.
Kursleitung
Matthias Kalus (Jg. 1982) hat eine Vorliebe für die abwechslungsreiche Mathematik. Er studierte sein Lieblingsfach in Bochum und Nancy – das liegt in Ostfrankreich – und stöbert gerne in Physik und Astronomie. Zur Zeit forscht er an der RuhrUniversität über mathematische Strukturen, die die Physik der mikroskopischen
Welt hervorbrachte. Daneben erklärt er Maschinenbau-Studenten die raffinierten
Verfahren der Höheren Mathematik. In seiner Freizeit fährt er gerne Rad durch den
mittleren Westen Nordrhein-Westfalens, liebt gute Bücher und genießt jeden Sommer einen Wanderurlaub – am besten in den Bergen.
26 ––
Aeneas Rooch (Jg. 1983) begeistert sich für Naturwissenschaft, Technik und Musik.
Bei der SchülerAkademie war er selbst Teilnehmer und Kursleiter; dazwischen studierte er Mathematik und Physik in Bochum und Rouen, Frankreich. An der RuhrUniversität Bochum promovierte er über statistische Verfahren, um stark abhängige
Daten zu analysieren, und zeigt Ingenieurstudenten, wo sich Mathematik in technischen Anwendungen versteckt. Im Hörfunk untersucht er, warum nasse Kleidung
dunkler ist oder ob man mit Tintenfischtinte wirklich schreiben kann. Er spielt gerne Klavier und Badminton (aber selten gleichzeitig).
AKADEMIE BRAUNSCHWEIG II
(18. JULI BIS 3. AUGUST 2013)
Kurs 2.2
Statistische Paradoxien und Denkfehler
In einer bekannten Fernsehshow hat ein Kandidat die Möglichkeit auf einen Hauptgewinn. Hinter drei Türen verbergen
sich insgesamt zwei Nieten und der Preis. Zunächst wählt der
Kandidat eine Tür aus, woraufhin der Moderator eine der verbleibenden Türen öffnet, hinter der sich eine Niete befindet.
Dem Kandidaten bleibt nun die Möglichkeit die ausgewählte
Tür zu wechseln. Sollte er dies tun? Die Wahrscheinlichkeit
liegt doch jetzt bei 50:50, oder etwa doch nicht? Während
50:50 von der eigenen Intuition als richtig vorgeschlagen wird,
erfährt man bei genauerer mathematischer Betrachtung des
Problems, dass die richtige Lösung eine andere ist.
In diesem Kurs wird vielerlei statistischen Fragestellungen
nachgegangen, die zunächst widersprüchlich (paradox) erscheinen oder zu vorschnellen Antworten verleiten. Solche
Denkfehler entstehen häufig durch das Vereinfachen der
Fragestellung zum Beispiel durch Verwendung falscher Annahmen.
Bei der Analyse der Denkprozesse bedient man sich wichtiger
Erklärungsmodelle aus der Psychologie und der Neurowissenschaften. Mit diesen Modellen wird versucht, die häufig
fehlerhafte Intuition dennoch zu plausibiliseren. Auch die mathematischen Hintergründe der Wahrscheinlichkeitstheorie,
der Test- und Schätztheorie und das Rechnen mit bedingten
Wahrscheinlichkeiten werden genauer beleuchtet. Zur Gegenüberstellung der intuitiven und der mathematischen Lösungen
werden Versuchsreihen entworfen, durchgeführt und ausgewertet.
Dafür werden verschiedene Denkfehler klassifiziert und es
wird versucht, historisch wichtige empirische Ergebnisse zu
diesen zu reproduzieren. Solche Versuchsreihen sehen häufig
die Befragung oder Beobachtung von Versuchspersonen vor
und werden innerhalb und außerhalb der Gruppe durchgeführt. Auf diesem Wege ergibt sich die Möglichkeit auch die
Grenzen unserer eigenen Intuition auszuloten. Im Zuge dessen
wird man sich eingehend mit der statistischen Analyse solcher
empirischer Erhebungen beschäftigen und hierfür auch Auswerteprozeduren selbst programmieren.
Im Vorfeld des Kurses wird von den Teilnehmenden die
Durchführung einer eng abgegrenzten Versuchsreihe und die
schriftliche Dokumentation und Diskussion der Ergebnisse
erwartet.
Ziel des Kurses ist es, den kritischeren Umgang mit Fragestellungen, bei denen der Zufall eine wichtige Rolle spielt,
zu üben. Dafür werden aus zahlreichen Wissensgebieten
ausgewählte Beispiele herausgegriffen und diese analytisch
hinterfragt, um uns, im Gegensatz dazu, unsere Neigung zu
intuitiven Fehlschlüssen bewusster zu machen.
Neben der Bereitschaft mathematisch rigoros zu arbeiten, wird
auch das Interesse an angewandten psychologischen Methoden
und an Fragestellungen aus Finanz- und Volkwirtschaft, Politologie, Computer- und Ingenieurwissenschaften vorausgesetzt
Kursleitung
Walter Mickel (Jg. 1980) studierte Feinwerktechnik und Physik in Wilhelms-
Sophie Schackert (Jg. 1991) studiert am Karlsruher Institut für Technologie Maschi-
haven und Erlangen. Er promovierte in der theoretischen Physik in Lyon, Frankreich, und Erlangen. Dabei untersuchte er insbesondere Flüssigkeiten auf nanorauen Oberflächen und arbeitete an mathematischen Beschreibungen komplexer geometrischer Strukturen. Nach der Promotion forschte er am Institut für Stochastik
des Karlsruher Instituts für Technologie. Derzeit arbeitet er als Unternehmensberater im Bereich Risikomodelle für die Finanzbranche. In seiner Freizeit kocht und
liest er gerne. Außerdem tanzt er regelmäßig, begeistert sich für Brettspiele und ist
immer für eine politische oder gesellschaftliche Diskussion zu haben.
nenbau mit Vertiefung Materialwissenschaften und ist gerade dabei, ihren Bachelor abzuschließen. Im Anschluss daran will sie sich auf Luft- und Raumfahrttechnik spezialisieren, um ihre Begeisterung für alles Fliegende mit ihrer Leidenschaft für Technik zu
vereinen. Als ehemalige Teilnehmerin der JuniorAkademie Rheinland-Pfalz 2005 freut
sie sich nun darauf, genauso intensive und interessante Erfahrungen aus einer anderen
Perspektive sammeln zu können und dabei viele neue Bekanntschaften zu schließen.
Sie reist gerne und ist eine leidenschaftliche Köchin, die auch gerne mal (z.B. mit einer
Cessna) in die Luft geht.
–– 27
AKADEMIE BRAUNSCHWEIG II
(18. JULI BIS 3. AUGUST 2013)
Kurs 2.3
Vom Ionenkanal zum Netzwerk
Das Gehirn im Computer
Im komplexen Zusammenspiel von Milliarden von Nervenzellen werden in unserem Gehirn Informationen verarbeitet
und gespeichert. Doch was ist die Sprache der Nervenzelle?
Wie ist Information in der Aktivität der Nervenzellen codiert?
tischen Modellen erklärt: Computersimulationen dienen
für komplizierte Modelle, wie jenes, für welches Hodgkin
und Huxley 1963 den Nobelpreis erhielten, und einfache
Modelle werden mathematisch analysiert.
Im zweiten Kursteil stehen Netzwerke im Mittelpunkt. Erst
durch die Verknüpfung mit tausenden von anderen Gehirnzellen kann Information im Gehirn sinnvoll verarbeitet
werden. Während
die Aktivität von
Spezielle Vorkenntnisse werden nicht benötigt, jedoch
Dazu wird zuerst untersucht wie eine eineinzelnen Zellen
sind Interesse an Naturwissenschaften und Mathematik
zelne Gehirnzelle auf Input reagiert. Die
relativ gut vorwichtig, ebenso wie der Spaß daran, neue Theorien zu
biochemischen Grundlagen der Entstehung
hergesagt werden
erlernen und sich auf die verschiedenen Sprachen und
und Weiterleitung von Nervenimpulsen
kann, verhalten sich
Denkweisen der angesprochenen Disziplinen einzulassen.
stehen dabei im Vordergrund. Nerven komGehirnzellen im
munizieren über Spannungsänderungen,
Netzwerk oft unerwelche durch spezielle Kanäle in der Zellwartet. Das kommembran ausgelöst werden, sobald die Zelle stark genug
plexe Wechselspiel der Gehirnzellen wird mit Simulationen
stimuliert wird. Diese Spannungsänderungen werden
untersucht, welche die einfachen Modelle aus dem ersten
experimentell gemessen und dann mit Hilfe von mathemaKursteil nutzen. Am Schluss stellt sich die HerausfordeIn diesem Kurs werden an Hand von mathematischen
Modellen und Computersimulationen Antworten auf diese
Fragen gesucht.
rung, die Dynamik der simulierten Netzwerke in Beispielen
von biologischen neuronalen Netzwerken aufzuspüren.
Die Neurowissenschaften sind ein interdisziplinäres Feld.
In diesem Kurs werden Elemente aus der Biologie, der
Chemie, der Physik, der Mathematik, sowie der Informatik
genutzt.
Ziel des Kurses ist eine Einführung in die Methoden und
grundlegenden Konzepte der theoretischen Neurowissenschaften. Nicht zuletzt ist auch über die Grenzen der mathematischen Beschreibung des Gehirns zu diskutieren.
Kursleitung
Rainer Engelken (Jg. 1985) studierte an verschiedenen Orten Physik und forscht
in seiner Promotion jetzt in theoretischen Neurowissenschaften am Max-PlanckInstitut für Dynamik und Selbstorganisation in Göttingen. Neben Neurowissenschaften interessiert er sich insbesondere für Physik, Wissenschaftsphilosophie,
Nachhaltigkeit, Globalisierung und Religion. In seiner Freizeit singt er gerne,
denkt nach, diskutiert, liest, schreibt, betet, tanzt Tango, spielt Klavier und
Theater oder jongliert.
28 ––
Janina Hesse (Jg. 1985) arbeitet, fasziniert davon, wie einfach sich unser Gehirn täuschen lässt, seit zwei Jahren an ihrer Doktorarbeit in den theoretischen Neurowissenschaften. Sie studierte in Frankfurt, Paris und San Diego Physik und lernte schon während des Studiums die Neurowissenschaften kennen. Sie liebt lange Reisen oder kurze
Ausflüge. Zu Hause vertreibt sie sich die Zeit mit Lesen, Swing Tanzen und Klettern
oder sie verrenkt sich beim Yoga die Knochen.
AKADEMIE BRAUNSCHWEIG II
(18. JULI BIS 3. AUGUST 2013)
Kurs 2.4
Potenzial und Erfolg
Analytische Fähigkeiten im sozialen Zusammenhang
Auf den ersten Blick scheint es einfach: Wer intelligent ist,
lernt schnell und kann den Anforderungen in der Schule
oder an der Universität gerecht werden.
thematische Problemstellungen im Kopf lösen zu können,
oder schlicht die Anpassungsfähigkeit an neuartige Bedingungen? Welche Persönlichkeitseigenschaften gelten als leistungsförderlich? Und welche Rolle spielt die soziale Herkunft in dem Ganzen? Diese Fragen nimmt der zwischen
Psychologie und Soziologie interdisziplinär ausgerichtete
Kurs mit Diskussionsgarantie in den Blick.
Doch bezeichnet Intelligenz nicht in erster Linie – provokativ formuliert – die Fähigkeit, die Aufgaben in einem
Intelligenztest zu lösen? Hierbei handelt es sich um Aufgaben, wie z.B. das Herstellen von Beziehungen zwischen
Wörtern, das Fortsetzen von
Zahlenreihen oder Aufgaben
zum räumlichen VorstelVorkenntnisse werden für diesen Kurs nicht vorausgesetzt,
lungsvermögen. Andere
sondern nur ein grundlegendes Interesse am Kursthema
Fähigkeiten, wie beispielsund viel Diskussionsfreude. Die inhaltliche Arbeit wird zu
weise soziale oder emotionale
großen Teilen auf Referaten basieren, die die TeilnehKompetenzen, bleiben außen
merinnen und Teilnehmer im Vorfeld vorbereiten.
vor.
Es stellt sich also die Frage, was Intelligenz überhaupt ist
und wie wichtig sie tatsächlich für den Erfolg in unserem
Bildungssystem ist. Bedeutet Intelligenz, komplexe ma-
Nach einer Einführung in die
Grundlagen der Statistik, Diagnostik und Messtheorie wird
sich den Fragen gewidmet, wie
Intelligenz definiert ist, wie sie
gemessen werden kann, was
derartige Testverfahren auszusagen vermögen und was sie eben
nicht voraussagen können.
Außerdem wird heraus gearbeitet, welche weiteren individuellen und sozialen Faktoren Einfluss auf Erfolg und Leistung des Einzelnen nehmen. Dabei werden unter anderem
die wissenschaftlichen Grundlagen diverser Schulleistungsstudien, wie z.B. der PISA-Studie, besprochen.
Anschließend geht es um die Frage, warum der sozioökonomische Status einen derart großen Einfluss auf den Erfolg der Kinder und Jugendlichen in der Schule hat. Hierzu
werden unterschiedliche soziologische Erklärungsansätze
vorgestellt. Dabei werden Stereotype ebenso behandelt wie
soziale Klassen und Bildungsentscheidungen.
Kursleitung
Esther Beierl (Jg. 1986) nahm 2004 selbst an der Deutschen SchülerAkademie teil. Für
das Studium der Psychologie verschlug es die gebürtige Augsburgerin in die Mozartstadt
Salzburg. Seit ihrem Praktikum am Österreichischen Zentrum für Begabtenförderung und
Begabungsforschung interessiert sie sich für die Intelligenzforschung. Aktuell promoviert
sie in der Methodenlehre an der Ludwig-Maximilians-Universität München. Sofern sie nicht
gerade rechnet oder in ihren Statistik-Übungsgruppen rechnen lässt, begeistert sie sich für
(Astro-)Physik, Musik oder ist im Wasser beim Schwimmen oder Tauchen anzutreffen.
Nils Müller (Jg. 1982) hat gerade seine Doktorarbeit über das Alltagsleben
in Grenzregionen abgegeben und arbeitet jetzt in Oldenburg in einem soziologischen Projekt zur Europaforschung. Wenn er nicht gerade im Büro sitzt,
frisst er sich durch Science-Fiction-Romane, bloggt oder gestaltet Webseiten.
Darüber hinaus ist er leidenschaftlich neugierig und immer wild darauf, neue
Dinge zu lernen. Er war 1999 selbst Teilnehmer einer Schülerakademie und
dies ist nach 2010 sein zweiter Kurs, den er selbst leitet.
–– 29
AKADEMIE BRAUNSCHWEIG II
(18. JULI BIS 3. AUGUST 2013)
Kurs 2.5
Europa – quo vadis?
Oder: Was hat Europa mit mir zu tun?
Eine wissenschaftliche und journalistische Einführung in die Europapolitik
Das Jahr 2013 soll nach dem Willen der Europäischen
Kommission ein wichtiger Wendepunkt für die europäische Integration werden. Der Präsident der Europäischen
Kommission Barroso setzt auf das »Europäische Jahr der
Bürgerinnen und Bürger«. Er wünsche sich eine »wirkliche Debatte«, denn die Europäische Union (EU) sei kein
perfektes Gebilde, sondern entwickle sich ständig weiter.
In der Tat wird über die EU so heftig diskutiert wie lange nicht: positiv wie negativ. Ein Jahr vor den nächsten
Europawahlen sind uns Schlagworte wie Euro(pa)krise,
Finanzkrise und Schuldenkrise längst geläufig geworden.
Dazu der gegenwärtige Haushaltsstreit, eine hohe Jugendarbeitslosigkeit und die andauernde Frage, wohin sich die
EU eigentlich entwickeln will (Beispiel Großbritannien).
Europa ist angezählt – und das seit Jahren. Und doch wurde die Europäische Union 2012 für ihre Erfolge mit dem
Friedensnobelpreis ausgezeichnet.
Kursleitung
Die EU – Segen und Fluch zugleich?
Auch 20 Jahre nach Gründung der EU durch den wegweisenden Vertrag von Maastricht wissen viele Bürger
noch immer nicht, wie sehr das Leben in Deutschland von
Vorgaben der EU beeinflusst wird. Mehr als 70 Prozent unserer Gesetze haben mittlerweile ihren Ursprung in Brüssel.
Das reicht von der Luftqualität über die Harmonisierung
von Traktorensitzen bis hin zur gemeinsamen Schwarzen
Liste von Fluggesellschaften. Das Problem: Nur sehr wenige kennen und verstehen diese Zusammenhänge. Das gilt
auch für viele Journalisten, die darüber berichten müssen.
Aufklärungsarbeit ist angebracht – europa-politisch und
journalistisch. An spannenden Themen mangelt es jedenfalls nicht.
Theorie und Praxis
Der Kurs gliedert sich in einen theoretischen und einen praktischen Teil. Im theoretischen Arbeitsteil geht
es sowohl um die EU-Politik (Strukturen, Institutionen,
Marco Heuer (Jg. 1974), in Berlin und Hannover zuhause, arbeitet als Fernsehjourna-
list überwiegend für den NDR und das ARD-Morgenmagazin. Zudem ist er als Moderator, Trainer und Bildungsreferent tätig, unter anderem für die deutsche Nationalagentur
»Jugend für Europa«. Als Vorsitzender des Pressenetzwerks für Jugendthemen kümmert
er sich um den Bereich Aus- und Weiterbildung sowie um internationale JournalistenProgramme. Marco studierte Journalistik, Rechtswissenschaften, Politik und Germanistik in Dortmund, Bochum und Bordeaux, Frankreich. Seine Leidenschaften: Reisen,
Theater und Hannover 96. Für ihn ist es inzwischen die achte Akademie.
30 ––
konkrete Politikfelder wie die europäische Energie- und Jugendpolitik, Europäische Identität, Binnenmarkt, Eurokrise
etc.) als auch um die Grundlagen des Journalismus (Einführung in die journalistischen Darstellungsformen Meldung, Nachricht, Reportage, Interview, Redaktionsmanagement, Medienrecht und -ethik etc.). An einem Tag werden
die Teilnehmenden in einem Europa-Planspiel zudem
in die Rolle von Politikern, Lobbyisten und Journalisten
schlüpfen und den Arbeitsalltag in Brüssel selbst nacherleben. Im praktischen Arbeitsteil sind die gewonnenen
Einsichten in Form eines eigenen Radiomagazins umzusetzen. Man wird die Rolle von Reportern übernehmen, in
Braunschweig Projekte und Geschichten mit Europabezug
ausfindig machen, recherchieren und Interviews führen.
Dazu werden Berichte und Reportagen verfasst und Redaktionskonferenzen abgehalten. Auch ein Blog ist angedacht.
Von den Teilnehmenden wird vor allem Interesse und Lust
an der medialen Umsetzung des Themas erwartet.
Martina Wetterich (Jg. 1988) studiert an der Uni Würzburg Deutsch und Französisch auf Lehramt an Gymnasien. Manchmal arbeitet sie als Vertretungslehrerin oder gibt Kurse an der Uni. Und wenn Ferien sind, gestaltet sie mit einem
deutsch-französischen Team Freizeitprogramme und Sprachkurse für Deutsche
und Franzosen, um die Verständigung in Europa zu fördern. Wie wichtig das ist,
merkt sie bei ihrem Hobby, dem Reisen. Ein bisschen Journalistenluft hat Martina
als freie Mitarbeiterin in einer Lokalzeitung geschnuppert. Momentan korrigiert
sie aber eher die Bücher von Professoren – und freut sich auf ihre erste Akademie.
AKADEMIE BRAUNSCHWEIG II
(18. JULI BIS 3. AUGUST 2013)
Kurs 2.6
Von Puschkin über Tolstoj bis Achmatova
Ein Überblick über die russische Literatur
»D IE GROSSE RUSSISCHE L ITERATUR IST EINES
DER BILDENDSTEN UND EINFLUSSREICHSTEN
E RLEBNISSE MEINER J UGEND.«
sagte Thomas Mann 1949 über die russische Literatur.
Auch Gerhard Hauptmann sprach 1945 von deren Bedeutung:
»MEINE
W URZELN GEHEN
TOLSTOJ ... D IE K EIME , DIE BEI
UNS AUFGINGEN , STAMMEN ZUM GRÖSSTEN
TEIL AUS RUSSISCHEM B ODEN.«
LITERARISCHEN
ZURÜCK AUF
Die Zitate belegen, dass das Interesse für die russische
Literatur in der deutschen literarischen Öffentlichkeit zu
diesem Zeitpunkt vorhanden war, ihr Erwachen lässt sich
jedoch bis ins 18. Jahrhundert zurückverfolgen.
Die Geschichte der russischen Literatur ist weitreichend.
Ihre Anfänge hat sie bereits im 10. Jahrhundert. Erst mit
der Romantik gelangte die russische Literatur auf europäische Entwicklungshöhe und schlug von da an einen
eigenständigen Weg zu den großen Epochen der Romantik,
des Realismus, der Moderne und der Avantgarde ein. Die
sowjetische Literatur erfuhr eine spezifisch russische Entwicklung von »Revolutionärer Avantgarde« über den »Sozialistischen Realismus« zur »Tauwetter-Literatur«.
Der Stil- und Gattungsreichtum der russischen Literatur
ist vor allem dem lexikalischen Reichtum und den prosodischen Möglichkeiten der russischen Sprache zuzuschreiben. Was auf der anderen Seite die russischen literarischen
Texte schwer in andere Sprachen übersetzbar macht, vor
allem in Poesie von Dichtern wie Puschkin, Achmatova,
Cvetaeva und Blok.
Die russische Literatur weist mehrere typische Gattungen
auf, wie den Versroman von Puschkin, die Povest' oder die
Roman-Epopöe von Lev Tolstoj. Diese stehen im Kontrast
zum westlichen Gattungsverständnis und bringen auch
in neuerer Zeit immer wieder interessante Gattungsneuerungen hervor.
Dieser Kurs wird einen kompakten Einblick in die Entwicklung der russischen Literatur von den Anfängen der
Klassik Ende des 18. Jahrhunderts bis ins 20. Jahrhundert
bieten. Als Schwerpunkt des Kurses werden exemplarisch
15 der klassischen russischen Autoren und eine Auswahl
ihrer Werke behandelt. Darunter fallen Namen wie Puschkin, Lermontov, Gogol, Dostoevskij, Tolstoj und Tschechov.
In diesem Zusammenhang werden auch die jeweiligen literarischen Strömungen und Gattungen und das historische
Umfeld analysiert.
Trotz des Umfangs der modernen russischen Literatur ist
die klassische russische Literatur vor allem wegen ihrer Unnachahmlichkeit nach wie vor die Meistgelesene weltweit.
Kursleitung
Marina Fuhr (Jg. 1984) stammt aus einem kleinen Ort namens Arisovo in Südwestsibirien. Sie emigrierte 1996 mit ihrer Familie als Spätaussiedlerin nach Deutschland. In
Heide an der Nordsee machte sie 2006 das Abitur. Nach mehreren Praktika entschied
sie sich für den Lehrerberuf. Momentan studiert Marina an der Christian-AlbrechtsUniversität in Kiel die Fächer Mathematik, Biologie und Russisch auf Gymnasiallehramt. Ihre Hobbys sind genauso vielfältig wie die Kombination der Studienfächer. Marina tanzt, liest und malt gern, außerdem verbringt sie viel Zeit – am liebsten beim
Angeln – in der Natur.
Viktoria Fuhr (Jg. 1986) wurde in Russland geboren und kam mit neun Jahren
nach Deutschland. Nach ihrem Abitur begann sie ein Studium an der ChristianAlbrechts-Universität zu Kiel. Sie studiert Mathematik, Geschichte und Russisch.
Ihr Ziel ist es, nach dem Studium als Lehrerin an die Schule zurückzukommen
und die Schüler bei ihrem Werdegang zu unterstützen. Viktoria interessiert sich
für andere Kulturen und Sprachen. In ihrer Freizeit liest sie, hört Musik und verreist. Sie freut sich darauf, zum ersten Mal einen Kurs leiten zu dürfen und sich
aktiv an der Akademie zu beteiligen.
–– 31
AKADEMIE GROVESMÜHLE
(25. JULI BIS 10. AUGUST 2013)
Akademie
Grovesmühle
Landschulheim Grovesmühle
Das Landschulheim Grovesmühle liegt – eingebettet zwischen Feldern, Wiesen und Bachläufen – in direkter Nähe des Nationalparks Harz zwischen den Städten Ilsenburg und Wernigerode, sozusagen am Fuße des 1.141 Meter hohen Brockens.
Die restaurierten Fachwerkgebäude der Grovesmühle stammen zum Teil noch aus dem 18. Jh.
und wurden als Papiermühle genutzt. 1914 gründete der Reformpädagoge Hermann Lietz hier
ein Landwaisenheim, später wurden an der »Groves« die Unterstufenschüler der HermannLietz-Schulen beherbergt. Bis kurz vor der politischen Wende 1989 war die polytechnische
Oberschule in den Gebäuden untergebracht. Im Jahr 1995 wurde die Grovesmühle als Internat und Schule in freier Trägerschaft neu eröffnet.
Die parkähnliche Anlage mit ihrem alten Baumbestand, einem Teich und dem modernen
Schülercafé im »Heizhaus« bietet nicht nur Raum für Entspannung: Ein Beachvolleyball-Platz,
eine professionelle 100-Meter-Laufbahn, ein Fußballplatz und eine als Sporthalle eingerichtete
Traglufthalle fordern zum sportlichen Ausgleich auf. Ein Yamaha-Flügel und weitere Instrumente im »Heizhaus« sowie eine Bühne in der Aula lassen auch musisch-künstlerische Entfaltung zu.
Die Unterbringung erfolgt in den gemütlichen Zwei- bis Vierbettzimmern des Internats.
Neben dem regulären Essen wird auch eine vegetarische Mahlzeit angeboten. Die modernen
Schul- und Fachräume sowie vielfältige Rückzugsräume ermöglichen eine intensive Kursarbeit
sowie kursübergreifende Aktivitäten.
32 ––
AKADEMIE GROVESMÜHLE
(25. JULI BIS 10. AUGUST 2013)
LANDSCHULHEIM GROVESMÜHLE
GROVESMÜHLE 1
38871 VECKENSTEDT
www.grovesmuehle.de
Programm
3.1
3.2
3.3
3.4
Abstraktion in der Mathematik
Gezähmte Unordnung
Psychiatrie und Gesellschaft
Europäische Integration, Grundgesetz und Bundesverfassungsgericht
3.5 »Niemand hat die Absicht eine Mauer zu errichten.«
3.6 Kleinkunst ganz groß
Akademieleitung
Karoline Pietsch (Jg. 1986) studierte in Freiburg Germanistik und Latein, wo-
bei ihr besonderes Interesse der Rezeption der Antike galt. Zurzeit absolviert sie
ihr Referendariat an einem Gymnasium. Seit ihrer eigenen Teilnahme 2004 lassen sie die Akademien nicht mehr los: Neben dem Studium war sie mit Begeisterung für die Organisation der JGW-SchülerAkademien zuständig und wird in
der Grovesmühle nun, nachdem sie im letzten Jahr einen Ausflug in die Kursleitung gemacht hat, zum fünften Mal eine Akademie leiten. Sie freut sich auf
spannende Erfahrungen mit neuen Menschen und ihren Ideen.
Moritz Blum (Jg. 1996) geht in Stuttgart zur Schule. Er liebt jegliche Arten von
Leitung kursübergreifende Musik
Kai Koch (Jg. 1986) studierte Schulmusik an der Hochschule für Musik, Det-
mold, (Orgel bei Prof. Tomasz A. Nowak) und Chemie an der Universität Paderborn. Von 2011–2012 absolvierte er ein Masterstudium mit dem Hauptfach
Orgel beim Domorganisten Thomas Schmitz an der Musikhochschule Münster.
Kai ist derzeit Referendar an der Friedensschule und Lehrbeauftragter für Musikwissenschaft und wissenschaftliches Schreiben an der Musikhochschule in
Münster. Er ist unter anderem mehrfacher Preisträger beim Bundeswettbewerb
Komposition bzw. bei »Jugend komponiert« auf Landesebene und wurde 2007
mit dem Förderpreis »Junge Kunst im Hochstift« und 2010 durch aktive Teilnahme am »2. Europäischen Chorforum für junge Komponisten« ausgezeichnet. Er war Mitglied im Landesjugendchor NRW sowie im Kammerchor der Musikhochschule Detmold und singt z.Z. bei modus novus
Aachen und canticum Novum Münster. Wenn zwischendurch jedoch einmal freie Zeit vorhanden
ist, füllt er diese mit Gesellschaftsspielen, mit Kochen oder mit Lesen.
Musik, spielt Jazz- und Rockgitarre und zelebriert elektronische Musik als Hobbyproduzent und DJ. Moritz spielt leidenschaftlich American Football für die
Scorpions Stuttgart. Später möchte der bekennende Schwabe Medizin studieren,
mit der er sich schon mehrere Semester während eines Propädeutikums befassen durfte. Seine Liebe zur Literatur führte ihn 2012 in einen DSA-Kurs, bei
dem er Karoline kennenlernte und so viel Spaß hatte, dass er es kaum erwarten
kann, selbst eine Akademie mitzugestalten.
Norman Rzepka (Jg. 1991) wurde in Dresden geboren und studiert jetzt ITSystems Engineering am Hasso-Plattner-Institut (HPI) Potsdam. Neben dem
Studium hat er mit Kommilitonen das Softwareunternehmen scalable minds
gegründet. 2008 war er begeisterter Teilnehmer der JGW-SchülerAkadmie in
Papenburg. Seit 2010 engagiert er sich im Vorstand von JGW und den Studentenklubs am HPI. In seiner Freizeit reist er gern zu Freunden und spielt Ultimate Frisbee.
–– 33
AKADEMIE GROVESMÜHLE
(25. JULI BIS 10. AUGUST 2013)
Kurs 3.1
Abstraktion in der Mathematik
Einführung in die Gruppentheorie und verwandte Ideen aus der Mathematik
Abstraktion ist ein Begriff, der oft abschreckend wirkt. Und
doch ist unser begriffliches Denken von unserem Abstraktionsvermögen bestimmt: Kinder lernen nach und nach,
dass zum Beispiel der Begriff »Kuh« nicht nur
ein bestimmtes Lebewesen auf dem benachbarten
Bauernhof meint, sondern eine Vielzahl verschiedener Instanzen zusammenfasst. Ähnlich fassen
wir Pferde, Rosen, Würmer, Menschen und vieles
mehr unter dem Begriff »Lebewesen« zusammen.
Wenn wir also etwa wissen, dass sich jedes Lebewesen irgendwie fortpflanzen können muss,
können wir dieses Wissen auf jedes neue Beispiel von
Lebewesen anwenden und müssen es uns nicht für jede
Art neu überlegen. Somit stellt Abstraktion eine wichtige
Grundlage für unser Denken und unsere Sprache dar.
Mathematik besteht zum größten Teil aus solcher Abstraktion. Dieser Kurs wird zahlreiche Beispiele aus verschiedenen Bereichen der Mathematik (wie etwa Algebra, Geometrie und Zahlensystem) erkunden:
Kursleitung
– Vektoren, sei es in der Ebene
– Wie addiert man Uhrzeiten? Und wie »addiert« man
oder im Raum, sind vielleicht
Symmetrien? Die Suche nach einem adäquaten Addischon bekannt. Man kann die Addition solcher Vektionsbegriff führt zum Konzept der Gruppe. Hier sind
toren und die skalare Multiplikation formalisieren und
bereits viele interessante Resultate zu entdecken,
so den Begriff des Vektorraums definieren. Das daraus
die gleichzeitig einen Einblick in die abstrakte
entstehende Gebiet der linearen Algebra ist auch in
Arbeitsweise der Mathematik ermöglichen.
Anwendungen einer der Grundpfeiler der Mathematik.
Anhand von Beispielen wird der Kurs zeigen,
Man kann hier im gleichen Atemzug über Vektorräume
dass diese abstrakte Struktur nicht nur in der
und über Abbildungen zwischen ihnen sprechen, da
Mathematik, sondern auch in »alltäglichen«
letztere ebenfalls Vektorräume bilden.
Situationen Anwendung findet. Dies wird in Pro– Was bedeutet eigentlich »Gleichheit«? Wie kann man
jekten über z.B. den Rubikwürfel oder den RSAz.B. formal beschreiben, dass 2/4 und 1/2 die gleiche ratiAlgorithmus aus der Kryptographie ausprobiert.
onale Zahl darstellen? Gibt es andere Beispiele für etwas
– Nimmt man noch die Multiplikation zur Addition hinÄhnliches wie »Gleichheit«, und wie kann man Objekte
zu, gelangt man zur Definition eines Körpers. Hier sind
in »Gleiche« und »Ungleiche« einteilen?
rationale und reelle Zahlen die bekanntesten Beispiele,
doch es gibt auch
Jede(r) Teilnehmende wird zunächst mit
andere: Restklassen
Wichtigste Anforderung ist die Bereitschaft, sich auf
einem vorab erarbeiteten Referat einen Teil
(wie zum Beispiel
abstraktes Denken einzulassen, und erleben zu woleines Themas vorstellen. Im Kurs wird
Uhrzeiten) lassen
len, dass Mathematik über Rechnen weit hinausgeht.
dieses Thema dann vor allem durch Grupsich auch multiplipenarbeiten und gemeinsame Diskussion
zieren und bilden
erschlossen und anhand von Beispielen und Anwendungen
unter bestimmten Umständen ebenfalls einen Körper.
vertieft. Ziel ist es, einen breiten Strauß an Strukturen, Arbeitsmethoden und Ideen aus der weiten Welt der reinen
Mathematik kennen und die Abstraktion lieben zu lernen.
Julia Goedecke (Jg. 1982) nahm während der Schulzeit an einem Mathematikkurs
der DSA über konforme Abbildungen und nicht-euklidische Geometrie in Schelklingen teil. Ihr Mathematikstudium sowie ihre Promotion im Bereich Kategorientheorie
absolvierte sie in Cambridge, Großbritannien. Nach einem Forschungsjahr in Belgien
unterrichtet und forscht sie momentan wieder in Cambridge als Fellow des Queens’
College. Außerhalb der Mathematik ist Julia eine enthusiastische Sängerin. Mit den
New Cambridge Singers tritt sie regelmäßig in Konzerten auf, in denen sie gelegentlich auch Solopartien übernimmt.
34 ––
Julian Vogel (Jg. 1982) nahm in der Schule mehrfach am Wettbewerb »Jugend
forscht« teil. Anschließend studierte er Physik und Mathematik in Karlsruhe mit
einem Abstecher nach Cambridge, Großbritannien, und wählte für seine Diplomarbeit den Bereich der Relativitätstheorie. Seit 2009 lernt Julian eine ganz andere Seite
der Physik kennen und gestaltet im Bundesumweltministerium den Strahlenschutz
für Bevölkerung, Arbeitskräfte und Patienten. Wenn er nach der Arbeit beim Laufen
und Fahrradfahren entspannt, sammelt er Ideen für seinen zweiten DSA-Kurs im
Sommer.
AKADEMIE GROVESMÜHLE
Kurs 3.2
Gezähmte Unordnung
Das Chaos bezwingen um Roboter zu steuern
Die mathematische Beschreibung von realen physikalischen,
biologischen, chemischen, ökonomischen und sozialen Systemen führt zumeist auf einen Satz von nichtlinearen Differenzialgleichungen. Unter bestimmten Voraussetzungen besitzen
nichtlineare Differenzialgleichungen chaotische Lösungen.
Lange Zeit schenkten Wissenschaftler diesen Lösungen nur
wenig Aufmerksamkeit. Erst als diese in den 1960er und
1970er Jahren immer wieder in verschiedenen Modellen auftauchten (z.B. dem Wettermodell von E. N. Lorenz), rückten
chaotische Phänomene in den Fokus einiger Forscher. Auf
der Basis der Arbeiten von E. Ott, C. Grebogi und J. A. Yorke
sowie K. Pyragas ist seit den 1990er Jahren die Kontrolle instabiler Lösungen von nichtlinearen Differenzialgleichungen bzw.
die Kontrolle chaotischer Systeme Gegenstand der aktuellen
Forschung.
neuronales Netzwerk mit mehreren stimulierenden und hemmenden Synapsen um einen sechsbeinigen Laufroboter in die
Lage zu versetzen, selbstständig Hindernissen auszuweichen
und sich aus Fallen zu befreien. Ziel des Kurses wird es sein,
genau zu verstehen wie der Roboter an seine Umgebung angepasste, komplexe Verhaltensmuster selbstständig aus der
Vielzahl der auf ihn einprasselnden Sensorinformationen generiert.
Forschern am Bernstein-Zentrum in Göttingen ist es nun
kürzlich gelungen mit Hilfe der Chaoskontrolle einen effektiven Weg zur Steuerung eines Laufroboters zu etablieren.
Die Forscher verwendeten dazu ein nichtlineares, chaotisches
Des Weiteren werden die Teilnehmenden anhand ausgewählter
Beispiele an verschiedene Praktiken zur numerischen Lösung und Analyse von Differenzialgleichungen herangeführt.
Hierbei werden keinerlei Vorkenntnisse im Programmieren
erwartet.
Der Kurs erarbeitet sich im ersten Teil eine grundlegende
Einführung in die mathematische Beschreibung und Analyse
der Dynamik nichtlinearer und chaotischer Systeme auf universitärem Niveau. Eine solide mathematische Vorbildung vor
allem im Bereich der Differenzialrechnung ist in diesem Zusammenhang wünschenswert.
Kursleitung
(25. JULI BIS 10. AUGUST 2013)
Im zweiten Teil des Kurses entwickeln die Teilnehmer vor
allem unterschiedliche Methoden, um nichtlineare und chaotische Systeme zu stabilisieren und zu kontrollieren. Hier
wird sich die zeitverzögerte Rückkopplung (Pyragas-Kontrolle)
als besonders wichtiger Mechanismus herauskristallisieren.
Die Vielfalt der Lösungen der resultierenden nichtlinearen
Delay-Differenzialgleichungen wird später als Register für die
verschiedenen Verhaltensweisen dienen, die ein Roboter ausführen kann. Durch praktische Simulationen, die darauf aufbauend entwickelt werden, wird die Mächtigkeit der PyragasKontrolle zusätzlich beeindruckend untermauert.
Im letzten Teil des Kurses werden die erarbeiteten Grundlagen
auf ein einfaches Netzwerk aus Neuronen erweitert, welches
einem Roboter als Generator für komplexes Verhalten dienen
kann. Durch eine geeignete Ergänzung des Netzwerkes wird es
gelingen zu verstehen, wie selbstständiges und an die Umwelt
angepasstes Lernverhalten realisiert werden kann.
Die Kursinhalte werden immer wieder durch zahlreiche
Übungsaufgaben, die die Teilnehmer in kleinen Gruppen
bearbeiten, verdeutlicht und gefestigt. Damit werden die Teilnehmer bereits am Ende der ersten Woche verstanden haben,
wie chaotische Systeme kontrolliert werden können und am
Ende der zweiten Woche wird jeder ein umfassendes Bild der
Dynamik nichtlinearer gekoppelter Netzwerke und deren Anwendung im Bereich der künstlichen Intelligenz erlangt haben.
Die Teilnehmenden werden dabei punktuell in die aktuelle
Forschung auf diesem Gebiet vorstoßen und dementsprechend
auch mit englischer Fachliteratur und wissenschaftlichen Veröffentlichungen arbeiten.
Andrea Vüllings (Jg. 1980) studierte als gelernte Laborassistentin für Biologie und
Thomas Isele (Jg. 1979) promoviert zurzeit an der Technischen Universität Berlin im
Chemie mit mehrjähriger Berufserfahrung an der Humboldt-Universität in Berlin
Physik. Derzeit fertigt sie ihre Doktorarbeit an der Technischen Universität Berlin
im Bereich der nichtlinearen Dynamik an. Ihr besonderes Augenmerk gilt dabei
der stochastischen Dynamik von Netzwerken. Neben der Promotion leitet sie außerdem Tutorien in der theoretischen Physik zur Ausbildung des wissenschaftlichen Nachwuchses. Sie freut sich schon sehr auf die vielfältigen Erfahrungen mit
den Teilnehmenden und den anderen Kursleitenden der SchülerAkademie.
Bereich der nichtlinearen Dynamik. Thomas kam auch nichtlinear über ein Musikstudium an der Universität der Künste Berlin zur Physik, die er ebenfalls in Berlin sowie
an der University of California in Berkeley, USA, studierte. Sein Forschungsfeld sind
zurzeit wellenartige Lösungen auf nichtlinearen Netzwerken. Neben der Promotion
spielt er die Violine so viel es seine Nachbarn ihm erlauben, tritt regelmäßig mit einer
Welt-/Folkmusikband auf und widmet sich der Jazzimprovisation. Er freut sich sehr
auf seine erste SchülerAkademie als Kursleiter und hofft naturgemäß, dass noch ein
wenig Zeit zum gemeinsamen Musizieren mit anderen bleibt.
–– 35
AKADEMIE GROVESMÜHLE
(25. JULI BIS 10. AUGUST 2013)
Kurs 3.3
Psychiatrie und Gesellschaft
Ein philosophischer Blick auf Geisteskrankheit
Unter einer körperlichen Krankheit verstehen wir eine
Störung irgendeines Teils unseres Körpers: Wer an Zahnschmerzen leidet, der hat vielleicht Karies, und wer hinkt,
der könnte sich am Fuß verletzt haben. Doch wie ist das
im Fall der »Geisteskrankheiten«? Was für eine Art der
Störung ist darunter zu verstehen? Sind es Störungen des
Geistes? Etwa in Gestalt traumatischer Kindheitserlebnisse,
die im Rahmen einer psychoanalytischen Gesprächstherapie aufgedeckt und durchgearbeitet werden können?
Oder sind es doch Störungen des Gehirns, wie etwa ein zu
niedriger Serotoninspiegel, der dann durch Medikamente
beeinflusst werden kann?
Nicht nur in der Gegenwart, sondern die gesamte Geschichte des Abendlandes hindurch herrscht Meinungsvielfalt über das Wesen von »Wahnsinn« und Geisteskrankheit:
So fand sich bei den Griechen die Vorstellung von der
Besessenheit durch böse Dämonen, oder im christlichen
Mittelalter verstand man den Wahnsinn als eine Bestrafung
durch Gott. Auch die Idee von körperlichen Ursachen ist
nicht neu, so wird z.B. in der Viersäftelehre des Hippo-
krates ein Überschuss an »gelber Galle« für »Manie« verantwortlich gemacht.
So schwer sie auch zu definieren sind, so klar ist dennoch:
Geisteskrankheiten sind seit jeher ein Bestandteil unserer
kulturellen Vorstellungen. Und mehr noch: Sie sind dabei
nicht einfach nur ein medizinischer Gegenstand, sondern
eng verwoben mit Weltanschauung, Religion und sozialen
Normen jeder Epoche.
Was bedeutet das für die moderne Psychiatrie? Ziel dieses
Kurses ist es, einen kritisch-philosophischen Blick auf
das Thema Psychiatrie zu werfen, das heißt, genau dieses
Wechselspiel zwischen Psychiatrie und Gesellschaft zu
analysieren. Feststellbar wird sein, dass Psychiatrie nicht
nur eine medizinische Disziplin ist, sondern ein ganzes
System gesellschaftlicher Einrichtungen, eine institutionelle
Maschinerie, in der die Behandlung lebender Individuen,
medizinische Forschung, wirtschaftliche Interessen, sowie
kulturelle Normen und Vorurteile auf komplexe Weise ineinander verwoben sind.
Welche Rolle spielen gesellschaftliche Faktoren bei der Entstehung psychischer Krankheitsbilder, wie Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS) oder BurnoutSyndrom? Welche philosophischen Annahmen liegen der
psychiatrischen Forschung unserer Zeit zugrunde? Redet
man heute noch von einem Körper-Geist-Dualismus? Was
für ethische Probleme stellt z.B. die Zwangsunterbringung
in einer Psychiatrie? Wie funktionieren mögliche Stigmatisierung und Diskriminierung wegen psychischer Leiden?
Ein tieferes Verständnis dieser Zusammenhänge wird auf
Grundlage philosophischer und medizinischer Texte erarbeitet. Dazu beschäftigen sich die Teilnehmenden mit
Kritischer Theorie, Psychiatriekritik der französischen Postmoderne, wissenschaftlichen Revolutionen, psychiatrischen
Lehrbüchern und Neuropsychiatrie. Ausgehend von der
Textarbeit werden dann in Diskussionen eigene Standpunkte entwickelt. Von den Teilnehmenden wird erwartet,
vorab Fachlektüre zu erarbeiten und einführende Referate
vorzubereiten.
Kursleitung
36 ––
Rainer Mühlhoff (Jg. 1982) hat Mathematik studiert und promoviert jetzt am Clus-
Momsen Reincke (Jg. 1988) studiert Medizin und Mathematik in Berlin, wobei er
ter »Languages of Emotion« an der Freien Universität Berlin in Philosophie. Sein Interesse gilt kritischen und postmodernen Theorien und in diesem Rahmen beschäftigt
er sich besonders mit dem Interaktionsfeld zwischen Naturwissenschaften und Gesellschaft. In seiner Freizeit singt er in Chor- und Opernprojekten, schweift durch die
Berliner Kulturlandschaft und geht auch gern mit Momsen Reincke zu elektronischer
Musik tanzen. Er war einst selbst Teilnehmer der DSA und engagiert sich seit vielen
Jahren im Bereich SchülerAkademien.
im letzten Jahr einen kleinen Abstecher nach Córdoba in Spanien gemacht hat. Sein
Interesse für Psychiatrie wurde natürlich im Medizinstudium geweckt, doch interessieren ihn neben den fachlichen Aspekten gerade auch die Anknüpfungspunkte mit
Philosophie und Gesellschaft. Er bereist gerne mit dem Rucksack die Welt, wenn er
jedoch in Berlin ist, geht er oft ins Theater, Konzert oder zu elektronischer Musik
tanzen.
AKADEMIE GROVESMÜHLE
(25. JULI BIS 10. AUGUST 2013)
Kurs 3.4
Europäische Integration, Grundgesetz
und Bundesverfassungsgericht
Der Kurs hat die voranschreitende Europäische Integration, deren Verankerung im europarechtsfreundlichen
Grundgesetz sowie deren Begrenzung durch grundlegende
Vorschriften des Staatsorganisationsrechts in der Auslegung
des Bundesverfassungsgerichts zum Gegenstand. Ziel ist
es, sich mit den grundlegenden Vorschriften vertraut zu
machen, die unser politisches Zusammenleben regeln, und
uns in die Lage zu versetzen, aktuelles politisches Geschehen aus kritischer und juristisch fundierter Warte beurteilen zu können. Auf dieses Ziel wird im Wesentlichen in
drei Schritten hingearbeitet.
In einem ersten Schritt werden als grundlegende staatsorganisationsrechtliche Vorschriften die Staatsstrukturprinzipien des Art. 20 Abs. 1 GG (GG = Grundgesetz), die in
Art. 38 GG verankerten Wahlrechtsgrundsätze und die
sogenannte Ewigkeitsgarantie des Art. 79 Abs. 3 GG erarbeitet. Die Kenntnis dieser Artikel und ihrer Bedeutung
innerhalb des Grundgesetzes wird dabei nicht nur auf die
Beleuchtung der Europäischen Integration und der Rolle
des Bundesverfassungsgerichts vorbereiten – hierdurch
erarbeiten sich die Teilnehmenden auch eine Grundlage für
ein tieferes Verständnis zahlreicher Themen- und Problembereiche, die die Struktur und die Politik der Bundesrepublik Deutschland betreffen.
Anschließend richtet sich der Blick auf das vielzitierte
Schlagwort der Europa- und Völkerrechtsfreundlichkeit
des Grundgesetzes. Die Hintergründe dieser Charakterisierung, die unter anderem in der automatischen Aufnahme allgemeiner völkerrechtlicher Regeln in das nationale
Rechtssystem, sowie im Bekenntnis zur Eingliederung in
internationale Organisationen und zur Verwirklichung
eines vereinten Europas zu finden sind, werden analysiert.
Weiterhin wird die Kritik an dem Prozess der europäischen
Integration beleuchtet. So wurde zum Beispiel immer wieder die mangelnde Verwirklichung der in Art. 20 GG enthaltenen Prinzipien, insbesondere des Demokratieprinzips,
auf europäischer Ebene gerügt. Die Reflektion dieser Kritik
in grundlegenden Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts wird betrachtet und in gesellschaftliche Zusammenhänge eingeordnet.
Traditionell ist das Bundesverfassungsgericht von immenser Wichtigkeit im politischen System der Bundesrepublik
Deutschland. Insbesondere im Vergleich mit anderen Staaten nimmt es damit eine Sonderrolle ein. Zu untersuchen
ist das Verhältnis von Legislative und Judikative, sowie von
politischer Entscheidung und juristischer Auslegung. Anschließend werden einzelne Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts unter den erarbeiteten Gesichtspunkten
betrachtet.
Methodisch wird der Schwerpunkt auf Diskussionen liegen. Grundlage dafür bilden Texte, die in einem Reader
zusammengefasst zur Verfügung gestellt werden. Jede Teilnehmerin und jeder Teilnehmer sollte einen Text aus dem
Reader besonders bearbeiten und eine These zur gemeinsamen Diskussion unter eigener Leitung erstellen.
Kursleitung
Sué González Hauck (Jg. 1988) studierte Jura in Heidelberg und Straßburg. Während
Lisa Schmidtke (Jg. 1986) studierte Rechtswissenschaften in Heidelberg und
ihres Studiums arbeitete sie am Max-PIanck-Institut für Völkerrecht und war Stipendiatin der Heinrich-Böll-Stiftung. Derzeit promoviert sie zum Systembegriff im Völkerrecht
bei Prof. Dr. Bardo Fassbender, L.L.M. (Yale) und ist als Wissenschaftliche Mitarbeiterin
bei einer Wirtschaftskanzlei tätig. In ihrer Freizeit gibt sie Ihrer Sucht nach US-amerikanischen Fernsehserien nach und philosophiert in einem Lesekreis mit ihren Freunden.
Sie freut sich darauf, die DSA nach ihrer Teilnahme 2005 diesmal als Kursleiterin erleben
zu dürfen.
North Carolina, USA. Anschließend legte sie die Anwaltsprüfung im Staat New
York ab. Aktuell promoviert sie zu Fragen der Konfliktlösung in Kartellen und
arbeitet in einer internationalen Anwaltskanzlei in Frankfurt. Während ihres
Studiums war sie Stipendiatin der Friedrich-Naumann-Stiftung. Sie arbeitete als studentische Hilfskraft und leitete Kurse und Vorlesungen in Heidelberg
und North Carolina. Ihre Freizeit verbringt sie mit ihren Freunden, Büchern und
beim Sport.
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AKADEMIE GROVESMÜHLE
(25. JULI BIS 10. AUGUST 2013)
Kurs 3.5
»Niemand hat die Absicht eine Mauer
zu errichten.« (Walter Ulbricht, 15.06.1961)
Mauerbau und Mauerfall als Wendepunkte deutsch-deutscher Geschichte
Unweit der ehemaligen innerdeutschen Grenze möchte
der Kurs auf dem Schulwissen zur deutsch-deutschen
Geschichte aufbauen und in geschichtswissenschaftliche
Methoden der Zeitgeschichte einführen. Dazu stellt er zwei
Wendepunkte in den Brennpunkt: den Bau der Berliner
Mauer am 13. August 1961 sowie ihren Fall am 9. November 1989. Diese Mauer war einer der wichtigsten Kristallisationspunkte der im doppelten Wortsinne »geteilten
Geschichte« zwischen beiden deutschen Staaten, aber auch
von zentraler Bedeutung für die Supermächte USA und
UdSSR. Sie steht symbolhaft für Teilung und Wiedervereinigung.
Deshalb beleuchtet der Kurs in der ersten Hälfte auch die
Vorgeschichte und Begründung der Berliner Mauer, ihre Bedeutung für die Lebensrealität in der DDR und der
Bundesrepublik, aber auch deren Symbolkraft und Wirkungen auf das Verhältnis zwischen West und Ost sowie
die Rolle der Supermächte. Analog rücken in der zweiten
Kurshälfte die Akteure und Träger der friedlichen Revolution, die Beziehung zwischen Mauerfall und Ende des real
existierenden Sozialismus, sowie die unmittelbare Vor- und
Nachgeschichte der Wiedervereinigung in Mittelosteuropa
in den Fokus.
Beide Wendepunkte werden im Kurs dabei möglichst
dicht kontextualisiert, also unter anderem in politische,
wirtschaftliche und soziale Begründungszusammenhänge
gestellt. Nur so wird die Tragweite des Entschlusses des
Staatsrates verständlich, die Sektorengrenze zu verschließen – wie auch der Mut vieler einzelner, gewaltlos gegen
jenen übermächtigen Staat aufzubegehren, der sie einschloss. Im Gegensatz zu vielen anderen Situationen agierte
der Westen in beiden Fällen vor allem reaktiv. Mauerbau
und Mauerfall sind in der Diktion von Ruth und David
Collier critical junctures, kritische Weichenstellungen, die
die Handlungsmuster auf beiden Seiten des Kalten Krieges
nachhaltig veränderten.
Der Mauerbau ist zweifellos ein Tiefpunkt deutsch-deut-
Kursleitung
Angela Abmeier (Jg. 1984) studierte in Berlin und Cambridge, Großbritannien, Geschichte, Neuere deutsche Literatur und Rechtswissenschaften. Der Geschichtswissenschaft treu geblieben, arbeitet sie derzeit in Archiven und Bibliotheken an ihrer Doktorarbeit zur deutsch-deutschen Außenpolitik. Sie reist aber nicht nur gern in die Vergangenheit, sondern auch in ferne Länder. Daheim in Berlin singt sie in einem Chor und
erfreut sich am reichhaltigen kulturellen Angebot der Hauptstadt: an Theater, Konzert,
Kino oder aber an einem gemütlichen Kaffee mit Freunden in einem der zahlreichen
Cafés.
38 ––
scher Beziehungen, zementierte er doch das Ende jeglicher
Aussicht auf Zusammenarbeit zwischen den Alliierten in
Berlin und darüber hinaus. Der Eiserne Vorhang hatte sich
auch in Deutschland gesenkt und dabei ein Land, eine
Stadt, ein Volk zerschnitten. Fast 30 Jahre später wurde er
nicht primär durch zwischenstaatliche Diplomatie sondern
durch einen friedlichen Volksaufstand aufgesprengt. Die
Gefühle von Ohnmacht und Resignation beim Mauerbau
sind heute nur noch schwer nachempfindbar, ebenso wie
die Ungläubigkeit und Euphorie 1989. Der Kurs will dieser
Historisierung entgegenwirken und diese Wendepunkte anhand einer Vielzahl von Quellen erfahrbar machen.
Der Kurs stellt somit eine vertiefte Einführung in die historische Quellenforschung zur deutschen Nationalgeschichte
dar. Die Teilnehmenden werden unter Hinzuziehung der
bestehenden Literatur Quellen unterschiedlichster Provenienz selbstständig betrachten, so etwa Regierungsdokumente, Medienberichterstattung, Staatspropaganda, Flugblätter. Besonderes Augenmerk wird auf die Möglichkeiten
und Grenzen der Zeitzeugenschaft als historischer Quelle
gelegt.
Christian E. Rieck (Jg. 1978) studierte in Bayreuth, im spanischen Sevilla, in Berlin und im britischen Oxford zunächst die Rechte, dann Regionalwissenschaften.
Nach Stationen bei der Konrad-Adenauer-Stiftung in Berlin und am Leibniz-Institut für Globale und Regionale Studien GIGA in Hamburg ist er nun Senior Analyst
am Global Governance Institute in Brüssel. In Berlin lehrt er an der Schnittstelle
zwischen Zeitgeschichte und Politikwissenschaft. Er brennt für die Geschichte des
19. und 20. Jahrhunderts – wie auch für die neuzeitliche Kinematographie.
AKADEMIE GROVESMÜHLE
(25. JULI BIS 10. AUGUST 2013)
Kurs 3.6
Kleinkunst ganz groß
Kabarett zum Selbermachen
wird. Interessant ist es, zu untersuchen, ob das Kabarett
hierbei andere verbale und nonverbale Darstellungsverfahren benutzt als die Comedy. Welche Funktion übernehmen
beide Kunstformen hinsichtlich einer öffentlichen Reflexion über Kultur, Fremdheit und Diskriminierung? Eventuell
gelingt auf der Grundlage dieser Untersuchungen das, was
in der Forschung ein grundsätzlich
heikles Unterfangen darstellt: eine
klare Definition und Abgrenzung
von Kabarett und Comedy.
Immer wieder für tot erklärt, stets aufs Neue als überflüssig
che Grenzen hat die Satire? Oder hat die Satire überhaupt
oder gestrig gebrandmarkt: das Kabarett in Deutschland.
Grenzen?
Der Kurs ist in drei Teile gegliedert: Zunächst wird die abwechslungsreiche Geschichte der zehnten Muse seit dem
Im zweiten Schritt geht es um die
späten Kaiserreich erkundet und anhand einzelner Texte
Problematik, dass das Kabarett
aus den verschiedenen Epochen der Kabaretthistorie dargezunehmend mit den in den Mestellt, in welchen Formen Satire, Humor und Kabarett aufdien präsenten Comedyformaten
treten und wirksam werden können. In diesem Kursblock
konkurrieren muss. Welche Untaucht unter anderem die Frage auf, welche oppositionelle
Nicht zuletzt sind auch praktische
terschiede und Gemeinsamkeiten
Kraft das Kabarett entfalten kann, aber auch, ob es in einer
Talente gefordert: In der letzten
haben Kabarett und Comedy?
Diktatur überleben
Akademiewoche kommt ein ProKann oder
kann, ohne gleichgramm zur Aufführung, dessen
muss
man
Für den Kurs erforderlich sind Humor, Spaß an der Satire und
zeitig seine Schärfe
Texte im Verlauf der dritten Kurssogar
die
Lust am Auftreten. Auch Instrumente und Gesangskenntnisse
einbüßen zu müssen.
einheit entstehen. Gerade im WahlComedy als
sind willkommen. Bühnenerfahrung ist nicht verpflichtend!
Hatte es in der DDR
jahr 2013 werden sich zahlreiche
das Kabarett
Für den theoretischen Teil wird die Bereitschaft zur ÜbernahTeilnehmende in Aktion
eine staatstragende,
Themen finden lassen. Dabei gilt:
von
morgen
me eines Referats oder einer anderen Tätigkeit (z.B. im Redakstaatsbejahende FunkAlles, was gesellschaftlich relevant
betrachten?
tionsteam für die Dokumentation) erwartet.
tion, die dazu führte,
ist, ist im weiteren Sinn politisch und damit kabaretttaugZu diesen exemplarischen Problemdass einzelne Autoren
lich. Mit der Aufführung wird zugleich das Auftreten vor
fragen lässt sich ein thematischer
und Darsteller gezwungen waren, sich vom Staat vereineinem Publikum und der souveräne Umgang mit dem auch
Zugang finden: Das kulturell Fremde, das im Zuge der
nahmen zu lassen? Gab es auch in Zeiten der Zensur eine
bei Profis üblichen Lampenfieber geübt. Unterstützung bei
Globalisierung in zahlreichen Forschungszweigen immer
Möglichkeit, seine Freiheit auf der Bühne zu wahren? Welder Auftrittsvorbereitung werden Improvisationsübungen
mehr an Bedeutung gewinnt, ist ein Thema, das sowohl im
sowie Einführungen in Reimtheorie und Rollenfindung
Kabarett als auch in der Comedy immer mehr Beachtung
geben.
findet und auf unterschiedliche Art und Weise behandelt
Kursleitung
Anika Janakiev (Jg. 1985) wurde in einer stürmischen Nacht in die Welt
geworfen. Sie studierte Ethik und Deutsch für Lehramt an Gymnasien in
ihrer Heimatstadt Magdeburg. Ihre Liebe zum Kabarett entdeckte Anika
vor sechs Jahren. Als Mitglied des Studentenkabaretts »Prolästerrats« stand
sie singend, sprechend, tanzend auf und schreibend hinter der Bühne. Darüber hinaus war sie in mehreren Kabarettproduktionen Regieassistentin.
Seit Dezember 2009 arbeitet Anika im theaterpädagogischen Bereich an
der »Kunstplatte« in Stendal mit Kindern und Jugendlichen.
Tilman Lucke (Jg. 1984) studierte Geschichte und Politik an der Humboldt-Universität zu
Berlin. Seit 2005 arbeitet er als Kabarettist und tritt derzeit bundesweit mit seinem fünften
Soloprogramm »Fünf Prozent Würde« auf. In Berlin befasst er sich im Alt-Berliner Kabarett
»Das Fliegende Brettl« mit historischen Liedern und Texten. Im CdE (Club der Ehemaligen
der Deutschen SchülerAkademien e.V.) leitet er seit neun Jahren regelmäßig Kabarettkurse; in
der DSA wird dies sein (und Anikas) dritter Kurs sein. Die DSA kennt er aber schon als Teilnehmer von 2002. 2008 nahm er an der »Celler Schule« für Textdichter teil und erhielt 2011
den Melsunger Kabarettpreis »Scharfe Barte«.
–– 39
AKADEMIE USPRING
(1. BIS 17. AUGUST 2013)
Akademie Urspring
Urspringschule
Die Urspringschule liegt am Südrand der Schwäbischen Alb, 20 km westlich von Ulm
– idealer Ausgangsort für Exkursionen zum Bodensee, in den Schwarzwald oder nach
Stuttgart.
Im Areal des über 880 Jahre alten Klosterbezirks Urspring leben und arbeiten rund
260 Kinder und Jugendliche und 90 Erwachsene zusammen. Das historische Ensemble wurde in den letzten Jahren aufwendig restauriert und um neue Gebäude behutsam ergänzt. Schon bei der ersten Ankunft in Urspring stellt sich das einzigartige
Campus-Gefühl ein.
Urspring, eine reformpädagogisch und evangelisch geprägte Einrichtung, setzt 80
Jahre nach der Gründung im Gymnasium und in der Montessori-Grundschule heute
folgende inhaltliche Schwerpunkte:
Abitur und Lehre: Alle Mädchen und Jungen können zusätzlich zum Abitur in vier
Meisterwerkstätten eine Lehre mit Gesellenprüfung kurz nach dem Abitur machen.
Basketball-Leistungszentrum: Urspring ist ein vom Deutschen Basketball Bund anerkanntes Basketball-Internat. In den Teams der Urspringschule haben talentierte
Jugendliche, Mädchen und Jungen, die Chance, sich mit professionellem Coaching hochzuarbeiten. Die Meistertitel und Finalteilnahmen auf Bundes- und
Landesebene der letzten Jahre sprechen für sich.
40 ––
Urspring ist bunt: Typisch für das Leben in Urspring ist die bunte Variationsbreite der
Herkunft der Jugendlichen unterschiedlicher Nationalitäten und Gesellschaftszusammenhänge. Tägliche Begegnungen in Schule, Arbeitsgemeinschaften,
Werkstätten, Wohngruppen fordern und fördern den ganzen Menschen.
Diese Schwerpunktsetzung prägt die Angebotspalette in Urspring: Zweibettzimmer
im historischen Baubestand, fachmännisch ausgestattete Schülerwerkstätten, EDVSchulungsraum, Cafeterien, Foren für Theater, Kunstausstellungen und Musik, Mehrzweckhalle, Sporthalle und Sportplatz – und mittendrin die eigene Kirche für Gottesdienste und Konzerte.
AKADEMIE USPRING
(1. BIS 17. AUGUST 2013)
URSPRINGSCHULE
AN DER SCHWÄBISCHEN ALB
89601 SCHELKLINGEN
www.urspringschule.de
Programm
4.1
4.2
4.3
4.4
4.5
4.6
SAT-Algorithmen
Quanteninformationstheorie
Mit Mathematik von Stimmen zu Sitzen
Experiment Wirtschaft
Religion und Staat in der Antike
Wohnblock – Heimstätte – Plattenbau
Akademieleitung
Ira Schumann (Jg. 1980) kommt ursprünglich aus dem schönen Halle an der
Saale, wo sie auch studierte – nämlich Rehabilitationspädagogik und Hispanistik. Nachdem sie zwischendurch ein paar Jahre in einem Forschungsprojekt in
Ulm gearbeitet hat, ist sie nun wieder ganz in der Nähe: in Leipzig. Wenn sie
hier nicht in der Bibliothek sitzt, um mit ihrer Doktorarbeit voranzukommen,
fährt sie gerne mit dem Fahrrad durch die Stadt, sitzt zeitschriftenlesend in
Cafés herum, liest auch sonst viel und geht leider nicht so oft ins Kino und
Museum, wie sie es sich vorgenommen hatte. Nachdem sie an drei Akademien
als Kursleiterin teilgenommen und zwei Akademien geleitet hat, freut sie sich darauf, im Sommer
für ein paar Wochen nach Süddeutschland zurückzukehren, um wieder einmal Akademieatmosphäre zu erleben.
Fabian Stroben (Jg. 1990) hat sich vor mittlerweile fast drei Jahren aus sei-
Leitung kursübergreifende Musik
Matthias Bartsch (Jg. 1984) studierte Kirchenmusik und Dirigieren mit dem
Schwerpunkt Chorleitung an der Robert-Schumann-Hochschule in Düsseldorf.
Nach Stationen in Krefeld und Solingen als Kirchenmusiker und als Assistenzchorleiter beim Mädchenchor am Essener Dom ist er seit Januar Domkantor am
Hohen Dom zu Mainz. In den wenigen arbeitsfreien Stunden der Woche liest
er gern Romane aller Arten und müsste auch mal ins Fitnessstudio gehen oder
laufen.
ner Heimat, dem lauschigen Münsterland, in die quirlige Metropole Berlin verirrt und studiert dort Humanmedizin und arbeitet als Tutor. Wenn Fabian sich
einmal nicht mit der Medizin beschäftigt, gilt seine Leidenschaft der Musik in
jeder Form, dem Standard- und Lateintanz und der Fotografie. Nach 2 Jahren
Akademie-Abstinenz freut er sich nun, zum zweiten Mal als Assistenz von Ira
dabei zu sein und das unvergleichliche Akademie-Gefühl zu spüren.
Philipp Gerlach (Jg. 1992) verbrachte die Schulzeit in einem Vorort Münchens. Nach dem Abitur 2011 nutzte er das folgende Jahr für Praktika in der
Krankenpflege einer Kinderklinik sowie im Bereich Polar- und Meeresforschung
am Alfred-Wegener-Institut. Zusätzlich verbrachte er einige Monate für einen
Freiwilligendienst in Indien. Seit Oktober 2012 studiert Philipp nun in München Medizin. In seiner Freizeit ist er als Jugendleiter seiner Kirchengemeinde
tätig, macht gerne Musik und treibt Sport. 2009 hat er selbst an einer DSA teilgenommen und lässt nun dafür sogar das Wacken Open Air sausen.
–– 41
AKADEMIE USPRING
(1. BIS 17. AUGUST 2013)
Kurs 4.1
SAT-Algorithmen
Was haben Verifikation von Schaltkreisen und Sudokus
Da aber SAT durchaus praktisch relevant ist, wurden eine
gemeinsam? Beide lassen sich als boolesches ErfüllbarkeitsReihe von Algorithmen für SAT entworfen. Der verbreiteste
problem formulieren, d.h. als das Problem festzustellen,
Ansatz ist ein systematisches Durchprobieren aller mögob eine aussagenlogische
lichen Belegungen der Variablen,
Formel eine Interpretation der
wobei Suchpfade, die »offenVariablen hat, die sie wahr
sichtlich« nicht zu einer Lösung
macht. Auch andere praktisch
führen können möglichst früh
interessante Probleme – unter
abgeschnitten werden. Mächtig
Anderem Verifikation von
wird dieser Ansatz, wenn auf
Hardware, Programmen und
anderen Suchpfaden »erlerntes
Beispiel einer Resolutionswiderlegung; diese kann auch als Läufe eines SATSolvers auf unerfüllbaren Formeln aufgefasst werden. Auf diese Weise wird
Protokollen sowie PlanungsWissen« zum frühen Abschneiden
oft über untere Schranken an die Laufzeit von SAT-Solvern argumentiert.
probleme – lassen sich auf
mitbenutzt wird. Ein anderer Andas Erfüllbarkeitsproblem zusatz besteht darin, ausgehend von
rückführen. Allerdings existieren zum heutigen Zeitpunkt
einer mehr oder minder zufälligen Belegung, durch lokale
keine Algorithmen, die das Erfüllbarkeitsproblem – kurz
Verbesserung immer größere Teile der Formel zu erfüllen.
SAT (vom englischen »satisfiability«) – im allgemeinen
Auch Kombinationen dieser Ansätze können sehr effizient
Fall effizient lösen; es ist vielmehr ein offenes Problem der
sein. In der Tat sind moderne SAT-Solver sogar so gut, dass
theoretischen Informatik, ob es überhaupt solch einen
selbst Probleme, für die es eigentlich effiziente Algorithmen
Algorithmus geben kann. Eine (von den meisten Experten
gibt, über diese SAT-Solver gelöst werden.
für unwahrscheinlich gehaltene) positive Antwort hätte
weitreichende Konsequenzen für unser Verständnis von
Im Kurs werden zunächst die theoretischen Grundlagen erKomplexität.
arbeitet und sich ein Überblick über existierende Algorithmen und ihre Komplexität verschafft. Anschließend geht es
ans Programmieren. Zunächst sind einige Übersetzungen
in SAT zu implementieren, einschließlich Interpretation
der erfüllenden Belegung. Schließlich wird gemeinsam ein
(oder auch mehrere) SAT-Solver implementiert und mit
eigenen Ideen erweitert.
Das Schubfachprinzip und seine Übersetzung in Aussagenlogik liefern eine klassische Familie unerfüllbarer Formeln.
Kursleitung
42 ––
Klaus Aehlig (Jg. 1976) studierte in München Mathematik. Es folgten Post-doc Aufenthalte in
Dimitri Scheftelowitsch (Jg. 1988) schreibt seine Master-Arbeit an der
Oxford, Großbritannien, Toronto, Kanada, und Swansea, Großbritannien, sowie die Habilitation
in Informatik an der Universität München. Nach einem weiteren Forschungsaufenthalt in Southampton wechselte er im November 2011 in die Industrie und arbeitet seit dem als Softwareengineer. Er konnte in seiner Schulzeit selbst an einer SchülerAkademie teilnehmen und freut
sich daher, diese positive Erfahrung, diesmal (wie auch 2003, 2005 und 2009) als Kursleiter,
weitergeben zu können.
Fakultät für Informatik an der Technischen Universität Dortmund. In
seiner Freizeit liest er Science Fiction, schaut sich Filme an, spielt Gitarre oder Volleyball. Als ehemaliger Teilnehmer möchte Dimitri die SchülerAkademie aus einer anderen Perspektive kennen lernen und seine
Begeisterung an der theoretischen Informatik weitergeben.
AKADEMIE USPRING
(1. BIS 17. AUGUST 2013)
Kurs 4.2
Quanteninformationstheorie
Eine Revolution im 21. Jahrhundert?
Seit ihren Anfängen vor mehr als 100 Jahren hat die Quantenmechanik unser Weltbild revolutioniert, doch ihr Einzug in
die Informationsverarbeitung (Quantencomputer) steht noch
bevor.
In heutigen Computern wird Information klassisch behandelt:
Ein Bit ist entweder im Zustand »1« oder aber im Zustand
»0«. Seit Anfang des 20. Jahrhunderts wissen wir jedoch, dass
die Welt im Kleinen von Quantenphänomenen dominiert wird
– und die Quanteninformationstheorie versucht diese Eigenschaften zur Verarbeitung von Information auszunutzen: So
wie Quantenteilchen im Doppelspaltexperiment durch beide
Spalten gleichzeitig laufen, was klassisch unmöglich wäre, so
kann ein Qubit in einer Superposition der Zustände »1« und
»0« sein, was neue Möglichkeiten der Informationsverarbeitung schafft.
Ein Quantencomputer wäre etwa in der Lage, die heute gängigen Verschlüsselungsverfahren zu knacken. Glücklicherweise
steht mit der Quantenkryptographie bereits eine Technologie
Im Verlauf des Kurses werden die Konzepte
der Quantenmechanik wie der Zustand eines
Systems, Superposition, der Messprozess und
verschränkte Teilchen diskutiert. Die Teilnehmenden lernen, wie genau diese mathematisch
ausgedrückt und berechnet werden können.
Am Ende werden alle den Formalismus der
Dieser Kurs gibt eine Einführung in die MaFachliteratur verstehen, wissen wie man die
thematik und die physikalischen Grundlagen
CC BY-SA 3.0 - Glosser.ca
Polaristation eines Photons beschreibt, wo
dieser Systeme.
Einstein, Podolsky und Rosen irrten, warum
Quantenkryptographie funktioniert, was ein Qubit ist, wie ein
Die Lineare Algebra ist die mathematische Theorie von VekQuantencomputer damit rechnet und wie Schrödingers Katze
torräumen und bietet einen leistungsfähigen Formalismus,
nun gleichzeitig tot und lebendig sein kann.
der nicht nur viele praktische Anwendungen hat, sondern
eben auch die Quantenphänomene der Natur zu beschreiben
Die mathematischen und physikalischen Grundlagen werden
vermag. Im Kurs wird erarbeitet, wie die Abstraktion und Veram Anfang in einer Kombination aus Vorlesung, Seminar und
allgemeinerung von intuitiven Ideen zu den mathematischen
Übung entwickelt, um dann in der zweiten Woche vor allem
Objekten führt, in denen die Quantenmechanik formuliert
in Teams an Projekten zu aktuellen Themen der Quanteninforist. So haben zum Beispiel die Addition von Vektoren (wie für
mationstheorie arbeiten zu können. Vorbereitende Lektüre und
Kräfte), der Winkel zwischen zwei Vektoren und Rotationen
weitere Details zu den Projekten erhalten die Teilnehmenden
und Spiegelungen alle Entsprechungen bei der Beschreibung
frühzeitig vor Akademiebeginn.
eines Elektronenspins.
bereit, mit der sich Kommunikation (im Prinzip) absolut abhörsicher verschlüsseln lässt.
Genutzt werden dabei bestimmte Eigenschaften von Quantenteilchen wie die Polaristation
von Photonen oder der Spin von Elektronen.
Kursleitung
Robert Jonsson (Jg. 1987) promoviert in Kanada an der University of Waterloo, Ontario. Dort forscht er in relativistischer Quanteninformation, einem
Feld, das Fragen aus der Quantenfeldtheorie und Allgemeinen Relativitätstheorie mit Methoden aus der Quanteninformation untersucht. Aus Lüneburg
stammend leistete er zunächst Wehrdienst an der Geige im Kammerorchester der Bundeswehr in Siegburg, bevor er in Regensburg, Erlangen und Cambridge, Großbritannien, Physik und Mathematik studierte. Als Schüler nahm
er 2005 selber an der DSA teil und freut sich nun, wieder dabei zu sein.
Lucas Fabian Hackl (Jg. 1989) studierte Physik an der Humboldt-Universität zu Berlin,
nachdem er am Früheinstieg ins Mathematik-Studium (FiMS) in Kaiserslautern teilgenommen hatte. Für seinen Master forschte er am Perimeter Institute for Theoretical Physics in
Waterloo (Ontario, Kanada) im Spannungsfeld zwischen Quantentheorie und Allgemeiner
Relativitätstheorie. Von August 2012 bis März 2013 arbeitete er als Tutor am African Institute for Mathematical Sciences im Sénégal, wo afrikanische Talente in einem intensiven
Masterprogramm von Gastprofessoren aus aller Welt gefördert werden. Im Herbst 2013
wird er seine Promotion in mathematischer Physik beginnen.
–– 43
AKADEMIE USPRING
(1. BIS 17. AUGUST 2013)
Kurs 4.3
Mit Mathematik von Stimmen zu Sitzen
Verhältnis- und Personenwahlsysteme
»DAS HEIL DER DEMOKRATIEN, VON WELCHEM
TYPUS UND RANG SIE IMMER SEIEN, HÄNGT VON
EINER GERINGFÜGIGEN TECHNISCHEN E INZELHEIT
AB : VOM W AHLRECHT . A LLES ANDERE IST
SEKUNDÄR .«
JOSE ORTEGA Y GASSET,
KULTURPHILOSOPH
SPANISCHER
Bei politischen Wahlen bestimmen viele Wählerstimmen
die Zusammensetzung weniger Abgeordneter. Mathematiker sprechen dabei von einem Zuteilungsproblem.
Dessen Lösungen sind vielfältig. Bei den Wahlen zum
Europäischen Parlament kommen 27 verschiedene Sitzzuteilungsmethoden zum Einsatz. Gibt es eine beste? Und
nach welchen Maßstäben wäre dabei zu urteilen? Dazu
steht etwa im deutschen Grundgesetz, dass Landtags- und
Bundestagswahl jeweils »gleich« sein sollen. Was aber
bedeutet die Gleichheit einer Wahl? Wie kann eine Sache
gleich sein? Zur Beantwortung benötigt es einen Vergleich.
Aber welchen?
Der Kurs betrachtet verschiedene Wahlsysteme aus mathematischer Sicht. Einerseits
werden Verhältniswahlsysteme behandelt, wie sie bei
Landtags-, Bundestags- und
Europawahlen eingesetzt
werden. Andererseits spielen
Personenwahlsysteme eine
wichtige Rolle bei Abstimmungen zum Klassensprecher
bis hin zum amerikanischen
Präsidenten. Verhältnis- und
Personenwahlsysteme verlangen unterschiedliche Herangehensweisen. Dennoch
werden sie oftmals kombiniert. So wird der Deutsche Bundestag auf Grundlage einer
»mit der Personenwahl verbundenen Verhältniswahl« zusammengesetzt. Dies allerdings erschwert die Bestimmung
eines »besten« Wahlsystems ungemein.
Kursleitung
Kai-Friederike Oelbermann (Jg. 1982) wurde in Bremen geboren. Sie studierte in
Leipzig und Bologna Mathematik, Psychologie (und natürlich auch Italienisch, Wasserball, Kochen etc.) und arbeitet seit 2009 an der Universität Augsburg. Dort lehrt
sie Wahrscheinlichkeitstheorie und schreibt ihre Doktorarbeit zur mathematischen
Analyse von Wahlsystemen. Auf der Akademie will sie junge Leute sowohl für Mathematik und Wahlen begeistern als auch viel Fußball, Ultimate Frisbee und Tischtennis
spielen.
44 ––
Die Teilnehmenden diskutieren verschiedene
Bewertungsansätze und verstehen, warum das
Bundesverfassungsgericht in den Jahren 2008
und 2012 das damals jeweils gültige Bundeswahlgesetz kippte. Nach über vier Jahren konnten sich die Abgeordneten des Bundestages auf
ein neues Wahlgesetz einigen. Eine erneute Verhandlung in Karlsruhe ist nicht ausgeschlossen,
da weiterhin weniger Stimmen zu mehr Sitzen
im Bundestag führen können. Dieses Phänomen des »negativen Stimmgewichts« sowie
viele andere Paradoxien werden im Rahmen
des Kurses gemeinsam besprochen. Natürlich
liegen diese Ungereimtheiten nicht an der verflixten Mathematik, sondern viel mehr an den
gegensätzlichen Vorstellungen der Politiker.
Darüber hinaus schlüpfen die Teilnehmenden in weitere
Rollen. Sie fragen sich etwa, wie eine Wahl gegen Manipulation gesichert werden kann und wie sich historische
Wahlgewohnheiten mit veränderten politischen Gegebenheiten und nationalen sowie internationalen Wahlrechtsgrundsätzen in Einklang bringen lassen.
Fabian Reffel (Jg. 1986) wurde in Ingolstadt geboren. Er studierte in Augsburg und
München Wirtschaftsmathematik und Mathematik. Seit Oktober 2011 promoviert
er in Augsburg im Bereich der Stochastik mit Anwendungen in der Wahlmathematik. Er freut sich, seine Begeisterung für dieses Thema im Rahmen der Akademie
an junge Leute weiterzugeben. In seiner Freizeit spielt er Fußball, Ultimate Frisbee
sowie Schafkopf und tigert nachts beim Geocaching durch die Wälder.
AKADEMIE USPRING
(1. BIS 17. AUGUST 2013)
Kurs 4.4
Experiment Wirtschaft
Disziplin zu betreiben. Das muss nicht langweilig sein, aber
trotzdem stehen Experimente im Mittelpunkt.
Wie Märkte wirklich funktionieren
Experimente in der VWL?
Sollte man für das Studium Geld verlangen? Sind Mindestliche Rolle. Doch woher kommt der Preis? Woher weiß der
löhne ein Ausweg aus der Erwerbsarmut? Reduziert ein
Markthändler, welchen Preis er für sein Produkt verlangen
Organhandelverbot das Angebot an Spenderorganen? Wird
soll? Gibt es vielleicht etwas wie den »optimalen« Preis?
weniger geraucht, wenn die Tabaksteuer erhöht wird?
Wie ändert sich dieser, wenn der Standnachbar seine Preise
Mit diesen und anderen Fragestellungen beschäftigt sich
erhöht?
die Mikroökonomie, ein Teilbereich der VolkswirtschaftsNachdem die grundlegende Funktionsweise des Marktes
lehre. Die Mikroökonomie versucht das wirtschaftliche Vergeklärt wurde, werden die Themen anspruchvoller: Kartelhalten des Einzelnen zu erklären. Sie möchte
herausfinden, wie der Einzelne, Haushalte
Es werden keine speziellen wirtschaftlichen Vorkenntnisse verlangt, lediglich
und Firmen ihre Entscheidungen über die
Neugierde auf volkswirtschaftliche Zusammenhänge sollte vorhanden sein. Die
beschränkten Ressourcen fällen, die ihnen
Teilnehmenden sollten bereit sein, sich im Vorfeld der Akademie in eine Fragestelzur Verfügung stehen. Meist stehen dabei
lung vertiefend einzuarbeiten und ein Experiment oder ein Referat vorzubereiten.
Die Versuchsanleitungen, Falldokumentationen, Erklärungen und unterstützende
Märkte im Vordergrund, auf denen Güter
Literatur werden dabei vorwiegend in englischer Sprache bereitgestellt. Des Weiteoder Dienstleistungen gekauft und verkauft
ren sind Spaß an Mathematik und der theoretischen Lösungssuche von Vorteil.
werden.
Der Kurs beginnt mit scheinbar trivialeren
Themen: Wenn ein Kunde einen Markt betritt, ist er mit
einer Warenfülle konfrontiert. Aber wie entscheidet das
Individuum, welche Produkte es erwirbt? Der Preis für die
einzelne Ware spielt dabei sicherlich eine nicht unwesent-
Kursleitung
Leider knallt und raucht es bei volkswirtschaftlichen
Experimenten nicht. Spaß machen sie dennoch, denn
»Versuchskaninchen« sind die Teilnehmenden des Kurses.
Das Prinzip von experimenteller Volkswirtschaftslehre
ist einfach: Wer Mikroökonomie, also das wirtschaftliche
Verhalten des Einzelnen verstehen will, der muss es ausprobieren. Wie handelt der Einzelne unter festgelegten
Rahmenbedingungen? So können die Teilnehmenden das
Zusammenspiel von Angebot und Nachfrage ebenso wie
die Preisbildung am eigenen Leib erfahren. Und auch komplexere Fragestellungen lassen sich ohne Weiteres experimentell testen.
le, Monopole, Verhandlungen, Auktionen, Gebrauchtwagenmärkte sind ebenso Bestandteil wie die Mindestlohndebatte und Ökosteuern.
Der Kurs wird abwechselnd aus Experimenten und Theoriebausteinen bestehen. Dabei wird es die Aufgabe der
Teilnehmenden sein, Experimente als Experimentatoren zu
leiten. Vor Beginn der Akademie wird jeder genaue Anweisungen bekommen, wie sein Experiment strukturiert ist,
wie der Versuchsablauf aussieht, und natürlich auch, was
das erhoffte Ergebnis des Experimentes ist. Während der
Akademie wird dann jede und jeder Teilnehmende sein Experiment durchführen. Ergänzend werden diese Erkenntnisse theoretisch untermauert.
Die Volkswirtschaftslehre ist eine von Theorie geprägte
Wissenschaft. Meist reichen Tafel und Kreide um diese
Am Ende des Kurses sollte dann jeder die oben aufgeworfenen Fragestellungen beantworten können.
Laura Birg (Jg. 1983) studierte Wirtschaftswissenschaft in Bochum und Helsinki,
Finnland. Anschließend promovierte sie in Kiel zur Arzneimittelmarktregulierung
im europäischen Binnenmarkt. Mittlerweile ist sie Mitarbeiterin am Centrum für Europa-, Governance- und Entwicklungsforschung an der Uni Göttingen. In ihrer Freizeit geht sie gelegentlich Laufen und fährt Rennrad, liest viel und geht ins Kino oder
Theater. 2002 war Laura selbst Teilnehmerin im Kurs »Demokratie und Deliberation«.
Anna Göddeke (Jg. 1981) studierte Wirtschaftswissenschaft in Bochum und promovierte im Anschluss in Bochum, Santa Barbara, Kalifornien, USA, und Nürnberg.
Nach ihrer Zeit an der Hochschule arbeitete sie bei einer mikroökonomischen Beratungsfirma in London, Großbritannien, und Köln. Inzwischen ist Anna an die Hochschule zurückgekehrt und unterrichtet Mikroökonomie im Studiengang International Business an der ESB Business School in Reutlingen. Anna bevorzugt Freizeitaktivitäten, bei denen sie nicht hinter einem Schreibtisch sitzen muss.
–– 45
AKADEMIE USPRING
(1. BIS 17. AUGUST 2013)
Kurs 4.5
Religion und Staat in der Antike
In der öffentlichen Debatte lässt sich gegenwärtig eine
überraschende Wiederkehr der Religion beobachten. Da
europäische Gesellschaften sich selbst in der Regel als weitgehend säkularisiert verstehen, betrachten sie bestimmte
Erscheinungsformen von Religion als politisches Problem.
zeptionen, weshalb zunächst eine Klärung nötig ist, was
überhaupt unter »Staat« und »Religion« verstanden werden
soll. Hier leistet die antike Philosophie wichtige Dienste.
Anschließend werden anhand von Beispielen aus der
griechischen, römischen, jüdischen und christlichen GeDas hat einerseits mit konkreten Ereignissen der jüngeren
schichte die verschiedenen Formen der Interaktion von
Zeitgeschichte zu tun – man denkt an Selbstmordattentate
Staat und Religion diskutiert. Die grundsätzliche Toleranz
aus religiöser Überzeugung oder an den Verfassungsgegegenüber diversen Formen von Religiosität in polytheisbungsprozess in Ägypten. Andererseits geraten aber auch
tisch geprägten Gesellschaften wird ebenso deutlich wie die
längst etablierte Verhältnisse neu in den Blick, wie sich
bedeutenden Ausnahmen von dieser Regel. So findet man
etwa an den Diskussionen um die Rechtmäßigdurchaus Verbote
keit von Beschneidung im Kindesalter oder um Da die Diskussion nur auf der Basis der antiken Quellen
bestimmter relimöglich ist, wird die Bereitschaft erwartet, bereits vor dem
den Sinn und Zweck einer vom Staat eingegiöser Praktiken,
Kurs eine Auswahl einschlägiger Texte (in Übersetzung) zu wie etwa die
zogenen Kirchensteuer ablesen lässt. Man hat
lesen und außerdem ein Impulsreferat vorzubereiten.
in diesem Zusammenhang von der »Rückkehr
Beschneidungsder Götter« gesprochen. Der darin inplizierten
verbote unter
historischen Dimension wird im Kurs nachgegangen.
Antiochos IV. und Hadrian, sowie umgekehrt den Zwang
zur Teilnahme an religiösen Handlungen – implizit durch
Anhand von ausgewählten Quellen wird das Verhältnis von
Gruppendruck, aber auch explizit durch die Verpflichtung
Religion und Staat in der Antike untersucht. Dieses Verzur Festteilnahme in griechischen Städten oder durch die
hältnis war vielschichtig. Generell ist eine strikte Trennung
Notwendigkeit, durch Vollzug des Herrscherkults Loyalität
von Staat und Religion kein Thema antiker politischer Konzu demonstrieren.
Bestimmte Aspekte von Religion, die dem modernen Staat
Kopfzerbrechen bereiten, sind bereits in antiken Quellen
aufzufinden – so etwa das Märtyrertum, das in jüdischen
und christlichen Schriften große Bedeutung für die eigene
Gruppenidentität hatte, aber auch griechischem Denken
nicht ganz fremd war (römischem dagegen schon eher),
oder die Idee eines »Heiligen Krieges«.
Auch das Problem der Integration religiöser Minderheiten
war bereits in der Antike bekannt, wie die Geschichte des
Christentums im Römischen Reich zeigt. Dazu gehörten
auch damals schon gegenseitige Vorurteile: So wurde
im 2. Jahrhundert den Christen vorgeworfen, Kinder zu
schlachten und zu verspeisen, worauf diese mit Rechtfertigungsschriften reagierten, die viel über frühchristliche
Identität und das Verhältnis von Christentum und Staat
verraten. Besprochen werden ferner zwei bekannte Gerichtsverfahren aus dem Konfliktfeld von Religion und
Staat, nämlich gegen Sokrates (der nicht wegen seiner
philosophischen Einsichten, sondern wegen Gottlosigkeit
hingerichtet wurde) und gegen Jesus.
Kursleitung
46 ––
Benedikt Eckhardt (Jg. 1983), in Düsseldorf geboren, wollte ursprünglich
Daniel Lanzinger (Jg. 1982) wurde in Augsburg geboren. Um seiner Leidenschaft für
Lehrer werden und studierte in Bochum Geschichte und Germanistik. Die Antike interessierte ihn zunächst überhaupt nicht, doch im Laufe des Studiums
muss sie ihn in ihren Bann gezogen haben. Jedenfalls wurde er nicht Lehrer,
sondern schrieb nach dem Studium noch eine Doktorarbeit in der Alten Geschichte. Seit 2008 arbeitet er an der Universität Münster im Exzellenzcluster
»Religion und Politik«. Er mag klassische Musik, Heavy Metal und Fußball.
die Antike nachzugehen, studierte er Theologie, Griechisch und Philosophie, und zwar in
München, Jerusalem, und Münster. Die Zeit in Jerusalem war so spannend, dass er dort
nach dem Diplomabschluss noch ein weiteres Jahr als Studienleiter verbrachte. Inzwischen
promoviert Daniel im Fach Neues Testament. Wenn er nicht an seinem Schreibtisch in
München sitzt, reist er gerne Richtung Süden, um archäologische Stätten zu erkunden und
durch mediterrane Landschaften zu wandern, geht ins Theater oder liest ein gutes Buch.
AKADEMIE USPRING
(1. BIS 17. AUGUST 2013)
Kurs 4.6
Wohnblock – Heimstätte – Plattenbau
Die Geschichte des 20. Jahrhunderts im Spiegel seiner Architektur
Das 20. Jahrhundert hat vielfältigste architektonische Stile
und Strömungen hervorgebracht, deren Ausprägungen
heute noch immer unsere Umwelt gestalten. In unseren
Städten begegnen uns täglich die unterschiedlichsten
Beispiele dafür, sei es in Form privater oder öffentlicher
Gebäude wie Wohnhäuser, Bahnhöfe, Einkaufszentren oder
Rathäuser. Jedoch nicht alles davon wird noch immer als
schön erachtet. Dies gilt z.B. für die neu formierten Städte
Westdeutschlands, die im Zuge des Wiederaufbaus »autofreundlich« gestaltet wurden, oder auch die PlattenbauSiedlungen in Ostdeutschland. Doch auch wegweisende
Bauten der 1920er Jahre, wie die denkmalgeschützten
Gebäude des »Bauhauses«, lösen zwiespältige Meinungen
aus. Die Betrachtungsweise scheint zwar auf den ersten
Blick vollkommen subjektiv, auf den zweiten Blick jedoch
auch immer ein Produkt ihrer Zeit. Es stellt sich die Frage:
Warum haben die Menschen gebaut, wie sie bauten und
welcher Zeitgeist führte dazu?
Inwieweit Architektur Einfluss genommen hat auf gesellschaftliche Entwicklungen, aber auch wie Architektur
durch diese beeinflusst wurde, wird in diesem Kurs aufgezeigt. Vor dem Hintergrund politischer, gesellschaftlicher
und sozialer Veränderungen in Deutschland wird anhand
ausgewählter Architekturphasen dieser Zusammenhang
genauer beleuchtet und analysiert. Von der Kaiserzeit bis
zur deutsch-deutschen Wiedervereinigung wird so ein umfangreiches Bild der architektonischen Entwicklung des 20.
Jahrhunderts nachgezeichnet.
Die inhaltliche Annäherung des Kurses erfolgt durch architektonische und historische Arbeitsweisen. Darüber hinaus
soll der Kurs das Verständnis für komplexe, dynamische
Zusammenhänge schärfen. Obwohl der Gegenstand Architektur im Fokus der Betrachtung steht, wird er nicht
isoliert erarbeitet sondern im Kontext der historischen
Entwicklungen. So werden die Verbindungslinien zwischen
Architektur und ihrem zeitgenössischen Umfeld aufgezeigt.
Es wird nicht nur der Blick auf die allgemein geschätzte
Architektur (z.B. Bauhaus, Jugendstil) gelegt, sondern auch
auf die ungeliebten Produkte vergangener Zeit (z.B. NSBauten, Relikte der DDR).
Als Basis für den Kurs dient historische und architektonische Fachliteratur. Darauf aufbauend wird mit verschiedenen Primärquellen (Zeitschriftenartikel, Baupläne,
Bilder) zu den Themenbereichen gearbeitet. Anhand konkreter architektonischer Beispiele werden die Merkmale
einiger Architekturströmungen erarbeitet und im historischen Kontext eingeordnet. Basierend darauf, wird die
Verzahnung, Beeinflussung oder auch Abhängigkeit beider
Bereiche analysiert.
Spezifische historische oder architektonische Kenntnisse
sind nicht notwendig. Grundlagentexte werden im Vorfeld
als Reader zur Verfügung gestellt.
Kursleitung
Ann-Kristin Kolwes (Jg. 1987) studierte an der Universität Bielefeld Geschichtswis-
Felix Rössl (Jg. 1986) studierte Architektur an der Bauhaus-Universität in Weimar
senschaften und Psychologie. An der Fakultät für Geschichte war sie während ihres
Studiums als Tutorin im Bereich »Geschichte als Beruf« und als wissenschaftliche
Hilfskraft beschäftigt. Zudem ist sie Mitarbeiterin in einem außeruniversitären Forschungsprojekt im Gebiet der Disability History. In ihrer Freizeit engagiert sie sich
ehrenamtlich als Lesepatin an einer Bielefelder Kindertagesstätte und ist seit vielen
Jahren Mitglied einer Kabarettgruppe.
und an der Canterbury School of Architecture, Großbritannien. Momentan bereitet
er sich auf einen Master mit dem Schwerpunkt Architekturgeschichte vor. Seine Lieblingsepochen sind das Bauhaus und die Nachkriegsmoderne, vor allem die DDR-Zeit.
In seinen Führungen zum Bauhaus in Weimar erklärt er Touristen und Interessierten
dessen Geschichte. In seiner Freizeit beschäftigt er sich leidenschaftlich mit Film
und würde gerne öfters seinen Drachen steigen lassen.
–– 47
AKADEMIE HILDEN
(1. BIS 17. AUGUST 2013)
Akademie Hilden
Evangelisches
Schulzentrum Hilden
Unmittelbar neben dem beschaulichen Stadtzentrum von Hilden, einer typischen
bergischen Mittelstadt, lernen täglich ca. 1.850 junge Menschen in zwei Schulen auf
einem weiträumigen Campus: Das Dietrich-Bonhoeffer-Gymnasium (1.100 Schülerinnen und Schüler), die Wilhelmine-Fliedner-Realschule (750 Schülerinnen und Schüler) und das Internat sowie das Tagesinternat bilden das Evangelische Schulzentrum
Hilden.
Gut ausgestattete Fach- und Sammlungsräume (Naturwissenschaften, Musik, Kunst,
Theater) und eine große Sportanlage (zwei Sporthallen, eine Judohalle, Außenplatz
mit Tartanbahn, Kugelstoß- und Weitsprunganlage), Bibliothek, Interneträume und
-Café machen Lust zum Lernen.
Im Internat leben ungefähr 60 Schülerinnen und Schüler in Einzel- und Doppelzimmern, z.T. mit eigener Dusche und WC. Die große Mensa wird vom eigenen Küchenteam betreut und bietet täglich neben Frühstück und Abendbrot zwei frisch gekochte
Mittagsmahlzeiten an, auch vegetarische.
Kulturelle Angebote im Großraum von Düsseldorf und Köln, im Ruhrgebiet und im
Bergischen Land sind vom Schulzentrum aus gut zu erreichen.
48 ––
AKADEMIE HILDEN
(1. BIS 17. AUGUST 2013)
Evangelisches Schulzentrum Hilden
Gerresheimer Str. 74
40721 Hilden
www.eszhilden.de
Programm
5.1 Mathematische Anatomie des Universums
5.2 Warum ein Rasenmäher fliegt und ein Auto
an der Decke klebt
5.3 Der ganz normale Wahnsinn
5.4 Die Idee der Gewaltenteilung
5.5 Jerusalem – Brennpunkt der Religionen
5.6 »Diese Fremden sind nicht von hier!«
Akademieleitung
Leitung kursübergreifende Musik
Veronika Bauer (Jg. 1985) wurde in Landshut (Bayern) geboren. Schon von
klein auf genoss sie eine intensive musikalische Ausbildung und machte ihr
Hobby schließlich zum Beruf. Heute arbeitet sie als Musik- und Spanischlehrerin an einem bayerischen Gymnasium. Noch während des Studiums erweiterte
sie ihre Ausbildung um ein Kirchenmusik-Diplom und einen Masterstudiengang
in Klavier. Sie ist in mehreren Instrumental- und Gesangsensembles und als
Instrumentalpädagogin tätig. In längeren Auslandsaufenthalten vertiefte sie ihr
Interesse an anderen Kulturen, welches sie neben Literatur, Kino und Sport wei-
terhin pflegt.
Jonas Peters (Jg. 1984) freut sich auf die gemeinsame Akademie. Er hat bereits
einige Kurse geleitet und hofft, dass er auch als Akademieleiter Zeit für Fußball,
Ultimate Frisbee, Doppelkopf und Kammer- oder Orchestermusik (mit seinem
Cello) findet. Außerhalb der Akademie begeistert er sich für die Nordsee, Bücher, Wandern und Radfahren und beschäftigt sich mit der Frage einer alternativen Stromversorgung. Nach dem Mathematikstudium in Heidelberg und
Cambridge, Großbritannien, promovierte Jonas über Kausalität und deren Inferenz am Max-Planck-Institut für Intelligente Systeme in Tübingen und arbeitet
derzeit an der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich, Schweiz.
Sandra Warnecke (Jg. 1993), geboren in Schwäbisch Hall, war 2011 selbst Teilnehmerin der DSA in Hilden. Nachdem es ihr dort großen Spaß machte, blickt
sie auch dieser Akademie gespannt entgegen. Sie freut sich sehr auf die gemeinsame Zeit, das Musizieren, das Sporttreiben und vielleicht die ein oder andere
Runde am Tischkicker. Sandra machte im Sommer 2012 ihr Abitur und studiert
seitdem Mathematische Physik in Würzburg. Neben ihrem Studium spielt sie
Blockflöte und Fagott, letzteres auch im Akademischen Orchester Würzburg.
Außerdem verausgabt sie sich gerne im Judotraining.
–– 49
AKADEMIE HILDEN
(1. BIS 17. AUGUST 2013)
Kurs 5.1
Mathematische Anatomie des Universums
Gegenstand dieses Kurses ist die detailgenaue Erarbeitung
des mathematisch vielschichtigen Konzepts der gekrümmten Raumzeit, das allen modernen physikalischen Theorien
zugrunde liegt.
gen, Frage-und-Antwort-Sitzungen sowie Gruppenarbeiten
Theorien nichts weniger als die Diskussion des gesamten
immer der Bezug hergestellt zu der großen Geschichte vom
Universums – die sogenannte Kosmologie – die gegen Ende
Blick auf das Universum, die
des Kurses inklusive Big Bang
dieser Kurs letztlich erzählt.
hergeleitet wird.
Voraussetzung: Leistungskurs Mathematik, sehr gutes
Die Theorien, die auf dem Konzept der Raumzeit aufbauen, fallen in zwei Klassen: die Gravitation in Form der
Allgemeinen Relativitätstheorie auf der einen Seite, und die
elektroschwache und starke Wechselwirkung in Form von
sogenannten Quantenfeldtheorien auf der anderen Seite.
Die Allgemeine Relativitätstheorie, die besondere Beachtung im Kurs finden wird, ist dabei die Theorie, die die
Raumzeit selbst als dynamisches Objekt beschreibt. Quantenfeldtheorien beschreiben dann die Materie, die auf der
Raumzeit lebt, ein weiteres Thema dieses Kurses – denn es
ist die Materie, deren Präsenz den Raum letztlich vermöge
der Allgemeinen Relativitätstheorie krümmt.
Dafür werden die TeilnehDie Teilnehmenden werden die
von Vorabmaterial in bewältigbarem Umfang.
menden gegen Ende des
state-of-the-art Betrachtung der
Kurses so sorgfältig mit
mathematischen Struktur der
mathematischer Technologie ausgestattet sein, dass in
Raumzeit (und nicht etwa eine abgespeckte Version) von
einzelnen Punkten bis an die aktuelle Forschungsgrenze
fundamentalen Prinzipien ausgehend Schritt für Schritt
vorgestoßen werden kann. Die Schlüsselfrage der Theoreerarbeiten. Das bedeutet zwar, dass alle benötigten mathetischen Physik unserer Generation ist die Konstruktion eimatischen Vorkenntnisse im Kurs systematisch entwickelt
ner Theorie der Quantengravitation, die dort starten kann,
werden (ausgehend nur von formaler Logik!), aber auch,
wo dieser Kurs endet.
dass das Abstraktionsniveau und die zu erarbeitende Stoffmenge entsprechend hoch sind.
Im Verlauf der Akademie wird die dazu benötigte Mathematik von soliden Schulkenntnissen ausgehend entDieses Kunststück, die präzisen mathematischen Grundwickelt. Damit reicht der Kurs in Umfang und Anspruch
lagen zur Konstruktion der Raumzeitstruktur innerhalb
bis deutlich jenseits der ersten Jahre des Studiums. Die
der zweieinhalb Kurswochen zu erarbeiten, wird dadurch
Teilnehmenden erhalten also einen äußerst fordernden und
möglich, dass im Schnitt jeder Tag einem neuen mathemaechten Einblick in Universitätsmathematik und theoretische
tischen Gebiet gewidmet ist, das in Theorie und AnwenPhysik.
dungen studiert wird. Dabei wird in Auffrischungsvorträ-
Übrigens fällt die spezielle Relativitätstheorie im Kurs
einfach als Spezialfall aus der allgemeinen Betrachtung ab.
Zusammengenommen erlaubt die Kombination der obigen
Leseverständnis in Englisch, Bereitschaft zum Studium
Kursleitung
Frederic P. Schuller (Jg. 1975) arbeitet nach einer Forschungsprofessur an der Universidad Na-
Herbert Sauber (Jg. 1953) studierte Mathematik, Physik und Informa-
cional Autónoma de México und längeren Forschungsaufenthalten am Perimeter Institute for
Theoretical Physics in Kanada und an der Universität Oxford, Großbritannien, derzeit als Forscher am Max-Planck-Institut für Gravitationsphysik und vertritt den Lehrstuhl für Quantengravitation an der Friedrich-Alexander Universität in Erlangen. Studium und Promotion schloss er
an der Universität Cambridge, Großbritannien, ab, in der Gravitationstheoriegruppe um Stephen
Hawking. Für seine Forschungsarbeiten im Gebiet der Allgemeinen Relativitätstheorie erhielt er
unter anderem den Erice Original Work Award von Gerard’t Hooft, Physik-Nobelpreisträger des
Jahres 1999, und den Smith-Knight Preis der Mathematischen Fakultät in Cambridge. Abwechselnd als Dozent auf
Sommerakademien der Studienstiftung und der SchülerAkademie tätig, dieses Jahr sogar auf beiden, ist er immer
wieder begeistert und beeindruckt von den Teilnehmenden und Kollegen, und freut sich schon jetzt auf die zweieinhalb Wochen, die erfahrungsgemäß keiner je vergessen wird.
tik in Göttingen, Canterbury, Großbritannien, und Hagen. Er ist seit
1979 im Berliner Schuldienst, unterrichtete neun Jahre an der Europäischen Schule Brüssel I, war Schulleiter an der Europäischen Schule Taipeh, China, und leitet seit 2007 ein bilinguales Gymnasium in Berlin.
Die Arbeit in der Schule empfindet er als eine dankbare, fordernde und
in vielerlei Hinsicht bereichernde Tätigkeit, die ihm allerdings nur wenig
Zeit lässt, seinen ursprünglichen Interessen, der Naturwissenschaft und
der Mathematik, nachzugehen. Umso mehr freut er sich auf die Tage der DSA, an der er
zum zweiten Mal teilnimmt, um in Gebiete jenseits der Schulmathematik einzutauchen.
In seiner knappen Freizeit beschäftigt er sich mit Mathematik, Astronomie, Schach und
seiner Familie.
50 ––
AKADEMIE HILDEN
(1. BIS 17. AUGUST 2013)
Kurs 5.2
Warum ein Rasenmäher fliegt und
ein Auto an der Decke klebt
Eine Einführung in die spannende Welt der Strömungslehre
Kann ein Rasenmäher fliegen? Warum
bräuchte Batman einen größeren Umhang zum fliegen? Was hat der Kofferfisch mit einem Auto zu tun? Und was
kann ein Segelflieger mit einem Stolperdraht anfangen? Antworten auf diese und
andere spannende Fragen lassen sich mit
Hilfe der Strömungslehre beantworten.
Die Kursarbeit wird aus experimentellen Arbeiten
mit Versuchen und Übungsaufgaben und dem theoretischen Aufarbeiten der Strömungsgrundlagen und
ihrer Anwendungen bestehen.
Der zweite Teil des Kurses
geht auf die Anwendung
der Strömungslehre bzw.
der Aerodynamik ein. Hier
ist Fragen nachzugehen,
wie: Warum kann bei der
Flugzeugentwicklung auch
Flügelprofil in einem Windkanal Götheute noch nicht auf Flugtinger Bauart am Institut für Aero- und
tests verzichtet werden?
Gasdynamik der Universität Stuttgart
Warum investieren Firmen
Millionenbeträge in Windkanäle?
Angefangen mit einfachen Geometrien wird die Beschreibung
sukzessive auf komplexere Geometrien wie beispielsweise
ein ganzes Flugzeug erweitert und die Kenntnisse werden
Mit Kurzreferaten zu Beginn des Kurses wird in die
anhand von Modellflugzeugen erprobt. Anschließend folgt
Materie eingestiegen und dabei versucht, den oben
Druckverteilung und Stromlinien um ein
um 3° angestelltes NACA2312-Profil
ein Überblick über die Aerodynamik-Entwicklung von Fahrgenannten Fragen auf den Grund zu gehen. Nach
zeugen. Neben einem kurzen historischen Exkurs sind die
einem historischen Überblick folgt die Erarbeitung
Die Strömungslehre befasst sich mit dem Verhalten von Gasen
Unterschiede zur Aerodynamik-Entwicklung von Flugzeugen
der notwendigen mathematischen und physikalischen Grundund Flüssigkeiten und lässt sich in die Teilbereiche Fluidstatik
herauszuarbeiten. Am Beispiel einer typischen Kfz- und Lkwlagen wie z.B. die Erhaltungsgleichungen für Masse, Impuls
und Fluiddynamik unterteilen. Im Kurs werden daraus verEntwicklung im Windkanal werden sicherheitsrelevante und
und Energie. Mit diesem Rüstzeug sind einfache Beispiele
schiedene Teilgebiete herausgegriffen. Der Fokus liegt dabei
komfortrelevante Aspekte beanalytisch zu untersuchen und mit
auf der Aerodynamik, welche sich u.a. mit der Umströmung
leuchtet.
Hilfe von Experimenten zu verifiDie Teilnehmenden sollten die Grundkenntnisse der
von Fahrzeugen und Flugzeugen befasst. Ein kurzer Blick wird
zieren. Dabei wird auch der Begriff
Differenzial- und Integralrechnung beherrschen. Spaß am
auf die Hydrostatik geworfen, welche für die StabilitätsausleDer letzte Teil des Kurses beder Ähnlichkeitskennzahlen aus der
experimentellen Arbeiten und dem Lösen physikalischer
Problemstellungen wird vorausgesetzt.
gung von Schiffen eine Rolle spielt.
fasst sich mit der numerischen
Theorie der Dimensionsanalyse einStrömungsmechanik. Es wird
geführt, mit denen man Strömungen
versucht, die Frage zu beantworten, warum diese heute bei
einfach charakterisieren kann. Zu den bekanntesten Kennder Entwicklung nicht wegzudenken ist, aber auch gleichzeitig
zahlen zählen beispielsweise die Reynolds- und Machzahl.
nicht komplett die experimentelle Arbeit ersetzen kann.
Kursleitung
Jasmin Dörr (Jg. 1986) studierte Luft- und Raumfahrttechnik an der Universität Stuttgart. Hier hat sie schon früh damit begonnen sich in Fahrzeug-Windkanälen heimisch zu fühlen. Gerade plant sie ihre Promotion im Bereich der
Fahrzeug-Aeroakustik. In ihrer Freizeit ist Jasmin im Sportstudio oder in der
Oper anzutreffen, wenn sie nicht gerade selber musiziert. 2004 war sie Teilnehmerin der DSA in Braunschweig. Nun freut sie sich darauf die DSA von einer anderen Seite kennen zu lernen und andere (in hoffentlich verständlichem
Schwäbisch) für die Strömungslehre zu begeistern.
Stefan Fechter (Jg. 1985) studierte zusammen mit Jasmin Luft- und Raumfahrttechnik
mit den Vertiefungsrichtungen Strömungslehre und Thermodynamik in Stuttgart und
Stockholm, Schweden. Zur Zeit promoviert er am Institut für Aero- und Gasdynamik der
Universität Stuttgart über die Simulation von Mehrphasenströmungen. In seiner freien Zeit
ist Stefan ein leidenschaftlicher Bäcker und Läufer. Daneben versucht er mit schwedischen
Krimis seine Schwedisch-Kenntnisse aufzufrischen. Als ehemaliger Teilnehmer der ersten
JGW-Schülerakademie in Papenburg 2004 freut er sich schon riesig auf den Strömungslehrekurs in Hilden.
–– 51
AKADEMIE HILDEN
(1. BIS 17. AUGUST 2013)
Kurs 5.3
Der ganz normale Wahnsinn
Ethische und medizinische Herausforderungen im Umgang mit dem menschlichen Geist
Der menschliche Geist stellt die Medizin vor große,
der politischen Perspektive müssen rechtliche Regelungen
insbesondere ethische Herausforderungen. Wie grenze
gefunden und umgesetzt werden.
ich psychische Krankheiten von normalem Wahnsinn
ab? Dürfen wir psychisch kranke, sich selbst gefährdende
Im Kurs werden nun diese und weitere Fragen des ethisch
Menschen gegen ihren Willen zur Medikation zwingen?
richtigen Umgangs mit psychischen Krankheiten diskutiert.
Sollen wir die kognitiven (vielleicht sogar die moralischen
Dabei ist der Kurs wie folgt aufgebaut: In den ersten Tagen
und emotionalen) Fähigkeiten von Menschen
werden als Grundlage
künstlich verbessern? Wie gehen wir mit
für die weitere Arbeit
Die Teilnehmenden müssen außer Interesse keine
geistiger Behinderung, den Möglichkeiten
klassische ethische
besonderen Kenntnisse mitbringen. Es wird jedoch
der prädiktiven Diagnostik und SchwangerTheorien vorgestellt.
erwartet, dass jeder vor Beginn der Akademie ein
schaftsabbruch um?
Die Ethik beschäftigt
Referat zu einem ethischen oder medizinischen
sich als philosoThema vorbereitet.
Um die Diskussion dieser Fragen bemüht
phische Disziplin mit
sich die Medizinethik als wissenschaftliche
der Frage nach dem
Disziplin. Dabei ist es wichtig zu verstehen, dass es hier
richtigen und guten Handeln. Die Teilnehmenden werden
nicht um einen bloßen Austausch von Meinungen geht,
dabei klassische Autoren, wie Immanuel Kant, aber auch
sondern um eine Analyse der verwendeten Begriffe (Krankdas in der Medizinethik sehr einflussreiche Autorenpaar
heit, Normalität, Autonomie) und der systematischen
Tom Beauchamp & James Childress lesen und die von den
Überprüfung von Argumenten. Dabei darf natürlich die
verschiedenen Autoren vorgeschlagenen Bewertungskritepraktische Relevanz nicht vernachlässigt werden, denn aus
rien für gutes Handeln kennen lernen.
Anschließend werden konkrete Fragestellungen diskutiert
und das immer im Kontext einer bestimmten Krankheit
bzw. eines Behandlungsansatzes. Auf der Grundlage medizinischer Fachliteratur erwerben die Teilnehmenden Kenntnisse über verschiedene Krankheitsbilder, wie Schizophrenie, Manie oder Demenz, bzw. Therapiemöglichkeiten,
wie verschiedene psychotherapeutische Ansätze, sowie
Psychopharmaka, wie beispielsweise Ritalin. Dieses Wissen
bildet die Grundlage für die anschließende Diskussion der
ethischen Fragestellungen. Dabei ist das Ziel des Kurses
nicht die Lösung der vorgestellten Probleme, sondern neben dem Erwerb medizinischer Grundlagenkenntnisse die
Einübung philosophischer Reflexion und Argumentation,
um den eigenen Standpunkt zu hinterfragen und begründen zu können.
Kursleitung
Corinna Klingler (1986) absolvierte nach einem Jahr Studium Generale am Tübinger Leibniz Kolleg ihren Bachelor in »Philosophy & Economics« in Bayreuth und
Mexiko. Im Anschluss verschlug es sie nach London, Großbritannien, zum Masterstudium in »International Health Policy«. Zurzeit arbeitet sie als wissenschaftliche
Mitarbeiterin in der Medizinethik in München und promoviert über die Lage von
migrierten Medizinern im deutschen Gesundheitssystem. Privat liebt sie das Theater,
vor allem wenn sie selber auf der Bühne stehen darf, Literatur und den Austausch mit
anderen Menschen.
52 ––
Janina Klingler (1988) begann ihr Medizinstudium in München 2008. Als studen-
tische Mitarbeiterin unterstützte sie sehr bald die Lehre der Vorklinik am histologischen und physiologischen Institut der Ludwig-Maximilians-Universität München.
Seit 2012 arbeitet sie an ihrer Promotion im Bereich der Psychiatrie, wobei sie sich
primär mit der Evaluation und Weiterentwicklung von Therapieformen für Schizophrene beschäftigt. In ihrer Freizeit ist ihr größtes Hobby die Musik, aber sie liebt
auch das Tanzen, das Schachspiel und ihr neuestes Hobby: die Gebärdensprache.
AKADEMIE HILDEN
(1. BIS 17. AUGUST 2013)
Kurs 5.4
Die Idee der Gewaltenteilung
Eine juristische und politökonomische Analyse
Die Gewaltenteilung ist als fundamentaler Bestandteil unserer Demokratie nicht mehr wegzudenken. Wir sehen die
Aufteilung in Legislative, Exekutive und Judikative inzwischen in unserem Verfassungsalltag als selbstverständlich
an – Grund genug, das System genauer zu betrachten.
Theoretisch handelt es sich bei dem System der Gewaltenteilung in Ansätzen bereits um eine früh bekannte Idee, die
vor allem in der Zeit der Aufklärung zu einer elaborierten
Theorie ausformuliert und in den folgenden Revolutionen
in unterschiedlichem Grade umgesetzt wurde. Heute existieren verschiedene Modelle der Gewaltenteilung: Westliche Staaten kennen und praktizieren das System, aber
auch andere, aus unserer Sicht undemokratische Systeme
behaupten, eine Separation der Gewalten in ihrer Staatspraxis zu achten.
Der Kursinhalt ist damit bereits vorgezeichnet: Zunächst
werden theoretische Überlegungen zur Gewaltenteilung im
Vordergrund stehen. Neben dem offensichtlichen Schwerpunkt auf den Ideen John Lockes und Montesquieus sollen
in diesem Rahmen auch frühe Ansätze im Rahmen der
Mischverfassung und einzelne staatsphilosophische Positionen vor der Aufklärung sowie spätere Weiterentwicklungen und moderne Beiträge Raum finden. Im nächsten
Abschnitt beschäftigt sich der Kurs mit politökonomischen
Modellen zur Logik der Gewaltenteilung: ausgehend von
den Arbeiten von Landes und Posner (1975), in denen die
Duldung der Trennung von Legislative und Judikative seitens der Legislative durch die Verlängerung des »Lebenszyklus« ihrer Gesetzgebung durch Richter rationalisiert wird,
werden verschiedene formale Modelle zur Gewaltenteilung
und zur immer wichtiger werdenden Rolle unabhängiger
staatlicher Institutionen wie Zentralbanken beleuchtet.
Exekutive und Judikative werden detailgenau untersucht:
Wo liegen Stärken, wo Schwächen unserer gelebten Ausprägung von Gewaltenteilung mit ihren europäischen Verschränkungen? Verschiebt sich das Gewicht im Zuge der
Europäisierung der Politik immer weiter zu Gunsten der
Exekutive? Was ist Ursache für die steigende Bedeutung
der Gerichte (Bundesverfassungsgericht, Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte, Europäischer Gerichtshof)
als »Letztentscheider« über gesellschaftliche Kontroversen
und wie ist diese Entwicklung zu bewerten? Welche Rolle
spielen die Medien als vierte Gewalt? Für diese Fragestellungen werden Rückgriffe auf die Erkenntnisse aus politischer Philosophie und Politökonomie vorgenommen.
In einem letzten Abschnitt werden auszugsweise Varianten
von Gewaltenteilung in nicht-westlichen Gesellschaftsformen skizziert und in Kontrast zum westlichen Modell
gesetzt.
Voraussetzungen für eine erfolgreiche Teilnahme sind ein geEs wird ein inhaltlich anspruchsIn einem zweiten Teil beschichtliches Grundverständnis und Interesse sowie die Bereitvoller und arbeitsintensiver Kurs
schäftigt sich der Kurs mit
schaft, einen umfassenden Reader mit teils englischsprachiger
angeboten, der sich mit Staatsder praktischen Umsetzung
Literatur durchzuarbeiten, ein Referat vorzubereiten und sich
theorie beschäftigt, sich von den
der Gewaltenteilung mit
aktiv in die Gruppendiskussion einzubringen.
theoretischen Grundlagen ausgeeinem besonderen Schwerhend über die historischen Entpunkt auf der Entwicklung
wicklungen dem heutigen System nähert und sich schwerin Deutschland. Ausgehend von den Revolutionen in den
punktmäßig mit diesem auseinandersetzt. Ziel ist es dabei
Vereinigten Staaten und Frankreich werden Deutschland
die heutige Verfassungsrealität zu analysieren, kritisch zu
und seine Verfassungen betrachtet, wobei ein Schwerbewerten und mit anderen Systemen zu vergleichen.
punkt auf den Veränderungen seit 1945 liegt. Legislative,
Kursleitung
Hans-Christian Boy (Jg. 1985) wuchs bei Hannover auf und lernte die Schülerakademie im Jahr
Tobias Oliver Kobitzsch (Jg. 1984) ist von Hause aus Jurist, geboren
2003 im Kurs »Die Idee der Gerechtigkeit« kennen. Abschlüsse in Volkswirtschaftslehre von der
London School of Economics (Bachelor) und der Universität Bonn (Master) folgten. Er ist Alumnus der Studienstiftung. Im Jahr 2010 kam die erste DSA-Kursleitung im Tandem mit Tobias –
jetzt freut er sich auf die zweite. Nach jedem Studienabschluss zog er für ein Jahr nach Barcelona:
Dort ist er auch jetzt und arbeitet als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität Pompeu
Fabra. Ab September ist er Doktorand der Volkswirtschaftslehre. Hans-Christian interessiert sich
für Zeitgeschichte, Literatur und – neuerdings – die Frankfurter Schule.
und geprägt in Stuttgart. 2003 hat er an einem Kurs der SchülerAkademie zum Thema »Musik und Theologie« teilgenommen und 2010 bereits
einen rechts- und sozialgeschichtlichen Kurs geleitet – eine treffende Beschreibung seiner weiteren Leidenschaften. Von 2004 bis 2010 studierte
er Jura in Tübingen und Cambridge, Großbritannien. Seit Ende des Referendariats im Oktober 2012 arbeitet und promoviert er an der Universität Tübingen zu einem gesellschaftsrechtlichen Thema.
–– 53
AKADEMIE HILDEN
(1. BIS 17. AUGUST 2013)
Kurs 5.5
Jerusalem – Brennpunkt der Religionen
Kulturwissenschaftliche Perspektiven auf eine Stadt und ihre Mythen
Jerusalem – allein die Nennung dieses Namens dürfte bei
jedem Assoziationen hervorrufen – und vermutlich hängen
diese Bilder fast alle irgendwie mit Religion zusammen. Beinahe jeder hat eine Idee von der Klagemauer, dem Felsendom oder der Via dolorosa. Hingegen kennen vermutlich
deutlich weniger den muslimischen Namen für die Stadt:
al-Quds. Auf engstem Raum befinden sich hier zentrale
Orte für die drei großen monotheistischen Weltreligionen
und aus ihnen resultieren teilweise konfliktträchtige Hoheitsansprüche.
Im Kurs wird ein Ausflug in die Geschichte der Stadt unternommen – und zwar nicht nur in die Geschichte der Ereignisse, die sich dort zugetragen haben. Vielmehr wird das
Augenmerk auch auf die Vorstellungen, die Menschen sich
zu allen Zeiten von Jerusalem machten, und die mit der
Stadt verbundenen Hoffnungen gelegt: Warum wollten und
wollen orthodoxe Juden unbedingt dort begraben werden?
Warum visierten die christlichen Kreuzfahrer diese Stadt
an? Was verbirgt sich hinter der Vorstellung vom »himm-
lischen Jerusalem«? Und was verbinden Muslime mit dem
»fernen Heiligtum«?
wärtigen mit Jerusalem verbundenen politischen und religiösen Konstellationen befähigen.
Immer wieder wird dabei die Frage nach Kontakten, die
zu Übernahme von Ideen oder zu Abgrenzung zwischen
den Gruppen führen konnten, berührt. Ebenso werden
– oftmals ganz reale – Überschneidungen in den Blick genommen, etwa wenn man untersucht, wer warum einen
Anspruch auf den Tempel- oder Ölberg erhebt.
Vordringliches Ziel des Kurses ist es, die Geschichte der
Stadt und der Mythen, die sich um sie ranken, aufzuarbeiten, um auf dieser Basis eine entpolemisierte Debatte und
Analyse der historischen wie aktuellen Argumentationen
zu ermöglichen. Trainiert werden die Fähigkeiten, verschiedene Perspektiven einzunehmen, auf deren Grundlage zu
diskutieren sowie schwierige Themen zu moderieren. Außerdem werden Grundlagen wissenschaftlichen Arbeitens
erlernt: Wie findet, bewertet und zitiert man Quellen und
Literatur? Wie erreicht man ein möglichst hohes Maß an
Objektivität und wie stellt man seine Ergebnisse dar?
All diesen Themen wird sich dabei mit einem möglichst
breiten und offenen Blick genähert. So wird eine Beschäftigung mit Quellen aus den verschiedenen Religionen,
unterschiedlichen Epochen und Sekundärliteratur unterschiedlicher Disziplinen stattfinden. All diese Texte und
Bilder sprechen eine eigene Sprache, haben andere Ansätze
und teilweise höchst unterschiedliche Ziele, welchen auf
den Grund gegangen werden.
Zur Kursvorbereitung wird einige Wochen vor Beginn der
Akademie ein Reader versandt. Nach Absprache werden
die Teilnehmenden sich im Kurs jeweils mit einer Quelle
genauer befassen und diese der Gruppe vorstellen.
Das auf diese Weise erworbene Grundlagenwissen wird
schließlich zu einer wissenschaftlichen Debatte der gegen-
Kursleitung
54 ––
Julia Carls (Jg. 1978) ist selbst manchmal erstaunt, wie viele unterschiedliche Dinge
Christiane Barth (Jg. 1984) studierte Geschichts- und Sozialwissenschaften an
man so tun kann. Nach Berufstätigkeit in der Oper und einer Ausbildung zur Rettungsassistentin studierte sie Judaistik, ist nun wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Uni
und schreibt ihre Doktorarbeit zu jüdischen Identitätsvorstellungen. Sonst kann sie sich
immer für klassische Musik, Berge, Ausdauersport, gutes Essen, Hunde und Neues begeistern. Nach langer Akademieabstinenz (sie war selbst DSA-Teilnehmerin 1995) freut
sie sich sehr, nun als Kursleiterin wieder dabei sein zu können.
der Universität Erfurt, wo sie inzwischen am Lehrstuhl für Islamwissenschaft
selbst unterrichtet. Sie verfasst ihre Doktorarbeit über muslimische und christliche Vorstellungen von heiligem Raum am Beispiel der Kathedralmoschee von
Cordoba, Spanien. Jenseits des Campus interessiert sie sich für Politik, Sport und
Karneval, wo sie zuweilen auch verkleidet anzutreffen ist. Sie freut sich auf ihre
erste SchülerAkademie.
AKADEMIE HILDEN
(1. BIS 17. AUGUST 2013)
Kurs 5.6
»Diese Fremden sind nicht von hier!«
Konstruktionen des Eigenen und des Fremden in Kunst und Kultur
Fremdheit ist ansteckend. Auf den ersten Blick betrachtet, bedarf es, um vom Eigenen und vom Fremden zu
sprechen, mindestens zweier Parteien, die sich gegenüber
stehen und denen diese Namen zugeordnet werden. Zweier
Parteien, jedoch nur eines Standpunktes – üblicherweise
des eigenen. Denn sobald der Fremde zurückblickt, mutiert man gleichsam selbst zum Fremden. In seinen Augen
erscheint man unbekannt, unvertraut – fremd eben. »People are strange when you’re a stranger«, sangen The Doors
nicht umsonst.
Selbst im Wort »eigen« schwingt Fremdheit mit, denn ist
uns jemand nicht fremd, den wir als »eigen« bezeichnen?
Und stellt sich unser Eigenes einem Fremden nicht eher
als eine Eigenart oder Eigenheit dar? Führt man sich die
Instabilität und Überlappung der Begriffe »fremd« und »eigen« vor Augen, liegt die Frage nahe, warum sie in unserer
Alltagssprache so fest verankert sind. Was genau meinen
wir mit diesen Begriffen und wann gebrauchen wir sie?
Beschreiben sie eine Realität oder erschaffen sie diese? Und
wer definiert eigentlich, was eigen und was fremd ist?
In diesem Kurs beschäftigen sich die Teilnehmenden mit
Vorstellungs- und Darstellungsweisen des Eigenen und des
Fremden. Diesem Thema wird sich über mehrere geisteswissenschaftliche Disziplinen genähert: die Kunst- und
Kulturwissenschaft, die Ethnologie und die Philosophie.
So sind aus kulturwissenschaftlicher Sicht Grenzziehungsstrategien zwischen dem Eigenen und dem Fremden in
Massenmediendiskursen zu untersuchen und ihr Einsatz
als sprachliches Machtinstrument auf den Gebieten der
Migrations- und Integrationspolitik, der Außenpolitik
und der Tourismusindustrie ist zu diskutieren. Über die
Ethnologie wird einerseits versucht, die zeitgenössische
wissenschaftliche Auseinandersetzung mit dem kulturell
Fremden nachzuvollziehen, andererseits aber auch die
Geschichte seiner dramatischen Verkennung und Ausbeutung im europäischen Kolonialismus. Aus philosophischem
Blickwinkel wird den Fragen nachgegangen, ob wir uns,
wie Julia Kristeva meint, nicht selbst Fremde sind und uns
erst, wie es Martin Buber formuliert, durch die Begegnung
mit Anderen, Fremden, erkennen können und so »am Du
zum Ich« werden.
In der Kunst wiederum gerät der Fremde zur Identifikationsfigur. Schon in Shakespeares Othello ist die Sympathie
mit dem Außenseiter unverkennbar. Spätestens aber in
der Romantik konstituieren das Unbehagen an der Welt
und die Abweichung von der Norm den Künstler wie die
Kunst. Allerdings gab es immer auch eine Kunst, die auf
der Affirmation herrschender Vorurteile und Kategorisierungen bestand. Beispielhaft für eine regelrechte Mythologisierung gesellschaftlich gewollter Norm und Differenz
ist das Märchen, weshalb Musicalkomponist Stephen
Sondheim in seinem Plädoyer für Inklusion, »Into the
Woods« (1986), eine Auswahl der bekanntesten Märchen
als Ausgangspunkt nimmt. Beide Tendenzen sollen anhand
von unterschiedlichsten Medien wie Erzählungen, Dramen,
deutschen Singspielen, Musicals, Liederzyklen, Karikaturen
und Comics sowie Dokumentar- und Spielfilmen illustriert
werden.
Kursleitung
Friederike Gremliza (Jg. 1977) wurde in Hamburg geboren.
Sie studierte Englisch und jüdische Studien in Heidelberg und
Berlin. Heute arbeitet sie für das Politikmagazin »Konkret«, tut
hin und wieder etwas fürs Hamburger »Polittbüro« und schreibt
an ihrer Dissertation über die Präsenz des Musikalischen im
neueren amerikanischen Holocaustroman.
Natascha Zemliak (Jg. 1983) wurde im Alter von neun Jahren von ihren Eltern aus einer ukrainischen
Stadt mit dem leicht auszusprechenden Namen Dnepropetrowsk nach München importiert. Dort studierte sie Anglistik und Germanistik, machte sich mit Lehrertasche auf den Weg in die Schule, bog aber stattdessen hinter Film- und Theaterkulissen ab und landete schließlich auf der Couch mit einer Dissertation
zu Übersetzung und Psychoanalyse. In ihrer Freizeit tanzt sie Charleston und besteigt Achttausender,
fürchtet sich im Flugzeug auf dem Weg in ferne Länder, hört Joan Baez und singt lauthals mit.
–– 55
AKADEMIE ROSTOCK
(27. JUNI BIS 13. JULI 2013)
Akademie Rostock
CJD Jugenddorf-Christophorusschule
Rostock
Die alte, an der Mündung der Warnow gelegene Hansestadt Rostock mit ihrem historischen Altstadtkern, der Universität und dem Stadthafen bietet ihren Besuchern eine maritime Atmosphäre in direkter
Nähe des traditionsreichen Ostseebades Warnemünde mit seinem breitesten und feinsten Sandstrand
der norddeutschen Ostseeküste.
Gut erreichbar durch öffentliche Verkehrsmittel befindet sich die Jugenddorf-Christophorusschule in
ruhiger Lage, zehn Busminuten vom Zentrum der Stadt entfernt und bietet ca. 1.000 Schülerinnen
und Schülern ab Klasse 5 eine Gymnasialausbildung. Außerdem lernen 200 Schülerinnen und Schüler
in der Grundschule. Moderne Schul(neu)bauten ermöglichen hervorragende Bedingungen, besonders
in allen Naturwissenschaften, im Bereich Kunst, Musik und Sport. Wer Lust auf Bücher verspürt, kann
in den Räumen der neuen Bibliothek herumstöbern. Für Großmedienprojektionen bietet die Aula der
Schule Raum, die mit ihrer Bühne auch zum Theaterspiel einlädt, eine zweite Bühne erweitert diese
Möglichkeiten. Weiterhin stehen zwei Computer-Kabinette mit jeweils 20 modernen Rechnern und
Internetzugang zur Verfügung.
Das Internat, in dem bis zu 90 Schüler Platz finden, bietet im alten Charme des Plattenbaus moderne
Doppelzimmer mit WC und Duschbereich. Neben der Normalverpflegung wird auch vegetarisches
Essen angeboten.
Für den sportlichen Ausgleich können die Großraum-Turnhalle mit mehreren Volleyball-Spielfeldern,
das Beach-Volleyballfeld, die Streetball-Anlage und zwei Außen-Tischtennisplatten genutzt werden.
56 ––
(27. JUNI BIS 13. JULI 2013)
AKADEMIE ROSTOCK
Jugenddorf-Christophorusschule Braunschweig
Georg Westermann-Allee 76
38104 Rostock
www.cjd-rostock.de
Akademieleitung
Programm
6.1
6.2
6.3
6.4
6.5
6.6
Eric Rentmeister (Jg. 1979) war, nach seinem Diplom in Schauspiel, Gesang
Dynamische Systeme
Wie funktioniert eigentlich ein Computer?
Was ist ein (Elementar-)Teilchen?
Verborgene Botschaften im Sternenlicht!
Alles neu?
Ist das Kunst oder kann das weg?
Leitung kursübergreifende Musik
Andreas Miederer (Jg. 1986) wurde im fränkischen Neuendettelsau geboren.
Von 1994 bis zu seinem Abitur 2006 war Andreas Sänger und Solist im Windsbacher Knabenchor. Nach seinem Abitur studierte er Biologie an der Justus-Liebig-Universität in Gießen und schloss sein Studium 2009 mit einem Bachelor
mit einer Spezialisierung auf Biophilosophie ab. Im Anschluss begann er ein
Zweitstudium der Musikwissenschaft, Musikpädagogik und Psychologie. Heute
arbeitet er neben seinem Studium als selbständiger Musiker, unterrichtet und
tourt als Pianist und als »Mann für alle Tasten« mit seiner deutsch-rock Band
»am Leben forbei« durch Deutschland. Neben der musikalischen Praxis interessiert ihn besonders die Musiktheorie.
und Tanz 2004 an der Folkwang-Hochschule Essen, in über 500 Vorstellungen
im Musical »Cabaret« in Berlin als Conférencier zu sehen. Danach führten ihn
zahlreiche Produktionen durch ganz Europa. So war das preisgekrönte Kinderstück »Adler an Falke« 2012 bei Festivals in Belgrad, Serbien, und Wales, Großbritannien, zu Gast. Daneben arbeitet er regelmäßig als Regisseur und Choreograf. Er ist Mitbegründer des »Brachland-Ensembles« und entwickelt mit ihm
neue Projekte. Zur Zeit unterrichtet er Musicalstudenten in Osnabrück. Bei der
DSA ist er seit 2009 mit an Bord.
Sina Reisch (Jg. 1994) wurde in Ulm geboren und wohnt heute in Freudental,
einem gemütlichen Dorf im Großraum Stuttgart. Sie entdeckte schon früh ihre
Liebe zur Musik und bald auch zu Sprachen, Reisen und fremden Kulturen.
Ihre wohl prägendste Erfahrung war ein Auslandsjahr in Thailand 2010/2011.
Seitdem besucht sie wieder ein musikalisches Gymnasium und nutzt die freie
Zeit die ihr neben den Vorbereitungen für die Abiturprüfung 2013 noch bleibt,
um ehrenamtlich bei Amnesty International und beim AFS Interkulturelle Begegnungen e.V. mitzuarbeiten.
Tobias Reich (Jg. 1988) studiert zur Zeit Physik in Wuppertal, mit dem großen
Ziel, Astrophysiker zu werden. Er durfte die DSA 2011 als Teilnehmer erleben,
und da ist er sich sicher: Um die DSA und ihren Zauber verstehen zu wollen,
muss man an ihr teilgenommen und sie somit auch erlebt haben. Die dadurch
gesammelten Erfahrungen sind nicht die einzigen Dinge, die er nicht mehr missen möchte, sondern auch die Freunde fürs Leben, die er kennen lernen durfte.
Nun blickt er mit voller Vorfreude darauf, die DSA aus einem anderen Blickwinkel zu erleben und den Teilnehmenden der diesjährigen DSA eine unvergessliche Zeit zu bescheren.
–– 57
AKADEMIE ROSTOCK
(27. JUNI BIS 13. JULI 2013)
Kurs 6.1
Dynamische Systeme
In vielen Bereichen des Lebens begegnen uns
dynamische Systeme. Diese reichen von den
Schwingungen eines Uhrenpendels bis hin
zum Wetter und zur Ozeanzirkulation. Warum
sollte ein Fuchs nicht zu viele Kaninchen essen?
Ist die Erde ein stabiler Schneeball? Weshalb
verwendet man in Uhren keine Doppelpendel?
Kann man eine Hysterese mit einer Bifurkation
essen? Es werden verschiedene Beispiele aus der
Realität, die sich mit physikalischen Methoden
stark vereinfachen lassen, beleuchtet. Diese
stark vereinfachten Systeme lassen sich mit mathematischen Mitteln analysieren und erlauben
ein zumindest qualitatives Verständnis.
Pendel erlaubt einen Vergleich
zwischen mathematischen Ergebnissen und der Intuition. Anhand der Schneeball-Erde lassen
sich die Konzepte von Stabilität,
Hysterese und Bifurkation,
welche dynamische Systeme
charakterisieren, hervorragend
diskutieren.
Ausschnitt einer Lösung des Lorenz-Systems. Dieses
System wurde ursprünglich von Edward Lorenz
entwickelt, um den Wechsel verschiedener Wetterlagen
schematisch zu studieren. Aufgrund einer Reihe sehr
interessanter Eigenschaften kann es heute als Ausgangspunkt der Chaostheorie angesehen werden, und
gilt als ein Musterbeispiel für ein scheinbar einfaches
System, das ein sehr komplexes Verhalten hat.
Am Anfang des Kurses werden die mathematischen Grundlagen dynamischer Systeme
erarbeitet. Diese werden anhand von Beispielen
aus der Natur veranschaulicht: Die Populationsdynamik zwischen Räubern und ihrer Beute
ist das klassische Beispiel eines dynamischen Systems und
wurde von Lotka und Volterra umfassend beschrieben. Das
Ein wesentlicher Bestandteil der
wissenschaftlichen Arbeit ist die
Dokumentation und Präsentation sowohl der Methoden als
auch der Ergebnisse. Aspekte
des wissenschaftlichen Lesens,
Schreibens und Präsentierens
werden im Rahmen des Kurses
besprochen und in die Praxis
umgesetzt.
Einige Themen werden in Vorträgen erläutert. Andere Themen werden durch im Vorfeld der Akademie erarbeitete
und während des Kurses präsentierte Referate behandelt.
Grundlage dafür sind individuell zusammengestellte Unterlagen, die im Vorfeld der Akademie zugesandt werden.
Die in Vorträgen und Referaten vorgestellten Konzepte
werden anhand von Beispielaufgaben in Gruppenarbeit
vertieft. Soweit möglich, werden die behandelten Systeme
auch experimentell studiert. Dieses ermöglicht einen Vergleich zwischen der mathematischen Beschreibung und
dem beobachteten Verhalten.
Die Teilnehmenden sollten die Bereitschaft zur
Auseinandersetzung mit englischen und deutschen Fachtexten sowie Spaß an Mathematik
und Physik mitbringen.
Kursleitung
58 ––
Cedrick Ansorge (Jg. 1987) war bereits 2004 als Teilnehmer bei einer Schü-
Florian Ziemen (Jg. 1982) studierte Geophysik an der Universität Hamburg und führte
lerAkademie. Nach seinem Abitur studierte er Meteorologie an der Universität
Hamburg. Bei einem Auslandsaufenthalt an der Monash-University in Melbourne, Australien, beschäftigte er sich mit Rollenkonvektion, die an Luftmassengrenzen auftritt. Derzeit schreibt er seine Doktorarbeit über Turbulenz in der
bodennahen atmosphärischen Grenzschicht am Max-Planck-Institut für Meteorologie in Hamburg. In seiner Freizeit spielt Cedrick Klavier und Akkordeon.
für zehn Monate Messungen am aktiven Volcán de Colima in Mexiko durch, entschied
sich dann jedoch, sich der Theorie zu widmen und entwickelte in seiner Diplomarbeit
einen Simulator für diese Messungen. Zur Zeit arbeitet er am Max-Planck-Institut für Meteorologie in Hamburg und simuliert dort das Klima der letzten Eiszeit. In seiner Freizeit
ist er bei Greenpeace aktiv, jongliert, macht Akrobatik und klettert. Cedrick und Florian
gaben bereits 2011 gemeinsam einen Kurs über das Klimasystem bei der DSA.
(27. JUNI BIS 13. JULI 2013)
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Kurs 6.2
Wie funktioniert eigentlich ein Computer?
Nahezu jeder besitzt einen und viele von uns könnten ohne ihn nicht mehr leben, metaphorisch wie reell, aber die
wenigsten verstehen die Funktionsweise eines Computers
wirklich!
Was viele von uns gerne vergessen, ist, dass Computer zunächst als Maschinen zur Unterstützung von Ingenieuren
und zum Lösen von mathematischen Aufgaben entwickelt
worden sind. Existierten diese zunächst mechanisch, so
entstanden im frühen 20. Jahrhundert die ersten elektrischen Rechenmaschinen. Den Höhepunkt stellte sicherlich
die Z3 von Konrad Zuse dar (siehe Abbildung). Dieses
Monstrum konnte 5 Hertz und einen Speicher von 176
Byte vorweisen. Damit ließ sich eine Multiplikation in ca.
3 Sekunden und eine Addition in ca. 1 Sekunde durchführen. Die Z3 wog dabei eine Tonne und verbrauchte 4.000
Watt an elektrischem Strom. Von einem Taschenrechner
konnte man damals wohl nur träumen.
Erst mit der Entwicklung der Mikrotechnologie und der
Erfindung des Mikroprozessors durch Texas Instruments
1968 wurde ein technologisch neues Zeitalter geschaffen
und wir konnten eine Entwicklung erleben, die sich nur
schwer in Worte fassen lässt. 1977 kamen die ersten Heim-
computer auf den Markt, unter anderem der Apple II der
gleichnamigen Firma.
technik des Mikroprozessors befassen und verstehen, dass
er nichts anderes als eine sehr kompakte Z3 ist.
Vor zwanzig Jahren hatte der erste Pentium-Prozessor von
Intel eine überragende Rechenleistung von 55 Megahertz
(schon 1,1 Mio. Mal schneller als die Z3). Unter heutigen
Gesichtspunkten würden wir die Nase rümpfen, wenn wir
ein Mobiltelefon mit gleicher Leistung hätten, gemessen an
der Gigahertzleistung des Prozessors oder in Gigabytes im
Arbeitsspeicher.
Darüber hinaus wird es um die Grundlagen von Betriebssystemen gehen und das Verstehen, wie die Komponenten
eines modernen Computers miteinander interagieren.
Genau diese Entwicklung und
vor allen Dingen die Funktionsweise des Mikroprozessors
werden im Kurs nachvollzogen.
Dabei wird wirklich ganz von
vorne in den 50er Jahren angefangen und sich mit Logikgattern, Lochkarten, der Z3 und
der Von-Neumann-Architektur
auseinandergesetzt.
Anschließend werden sich die
Teilnehmenden – nur ein wenig
– mit der Physik und Elektro-
Doch wer glaubt, dass man in diesem Kurs nur graue
Theorie wälzt, hat sich geschnitten: Im praktischen Teil
werden ein Mikroprozessor (Raspberry Pi) und Periphärie
mit Assembler angesteuert und
programmiert.
Am Kursziel angekommen hat
man hoffentlich verstanden, wie
ein Computer denn nun wirklich
funktioniert und wird sich demnächst beim Internetsurfen, Spiel
spielen oder Referat schreiben
vielleicht öfter einmal erstaunt
zurücklehnen und diesem Meisterwerk an Ingenieurskunst Anerkennung zollen.
Der Z3 im Deutschen Museum, Bonn
Kursleitung
Leon Kastler (Jg. 1983) studierte Informatik an der Universität Kob-
lenz-Landau, an der er momentan gemeinsam mit René promoviert. Er
beschäftigt sich vor allem mit der Anwendung von Web Technologien,
im Besonderen für mobile Endgeräte. In seiner Freizeit treibt er gerne
Sport und interessiert sich für Spieldesign, virtuell sowie bei Brett- und
Kartenspielen. Dies ist sein erster Kurs im Rahmen der DSA.
René Pickhardt (Jg. 1985) studierte Mathematik, Physik und Informatik an der Johannes Gutenberg Universität in Mainz und die chinesische Sprache an der Beijing Foreign Studies University in
China. Mittlerweile promoviert er gemeinsam mit Leon in Koblenz. In seiner Freizeit bloggt René,
hilft der Band »In Legend« beim Online marketing und legt in einem Koblenzer Club einmal pro
Monat auf. Neben Heavy Metal zählen zu seinen Hobbys Tischtennis, Fitness Training und Kurse
an der DSA leiten. Dies ist sein vierter Kurs.
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(27. JUNI BIS 13. JULI 2013)
Kurs 6.3
Was ist ein (Elementar-)Teilchen?
Was sind die Bausteine unserer Welt? Schon immer haben
Menschen sich gefragt, ob es ein kleinstes Teil gibt, aus
dem alles andere besteht: Angefangen mit Demokrits Idee
des Atoms über das Atommodell von Rutherford bis zum
heutigen »Standardmodell« der Elementarteilchen trieb
und treibt diese Frage die Physik voran. In der Sprache
der Physik nennt man solche Bausteine »Teilchen« und bei
dem Versuch sie näher zu untersuchen
entdeckte man gleich eine ganze Reihe
von ihnen – alle jeweils begleitet von
einem »Anti-Teilchen«, das das komplette
Gegenteil von ihnen ist. Manche Teilchen
stellten sich später als zusammengesetzte Objekte heraus, andere, glaubt man
zumindest heute, sind unteilbar. Doch je
genauer man hinschaut, umso unklarer
wird die Definition eines Teilchens. Und:
Hat man überhaupt schon alle gefunden?
Gerade erst wurde die Entdeckung eines
neuen Teilchens bekannt gegeben, das
vielleicht das von der Theorie vorherge-
Kursleitung
sagte »Higgs-Boson« sein könnte. Selbst wenn es so wäre
sind viele Fragen noch offen, zum Beispiel wie das Bild der
Teilchenphysik mit der Entstehung des Kosmos und dem
Urknall zusammenpasst.
Auch Philosophen wie Immanuel Kant haben sich mit dem
Thema beschäftigt, ob etwas »Kleinstes« und »Unteilbares«
existiert, und untersucht, ob es
Sinn macht, diese Frage überhaupt zu stellen. Anhand von
einem fiktiven Streitgespräch
zeigte Kant in der »Kritik der
reinen Vernunft« die Probleme
und Grenzen unseres Wissens
über die Welt auf und diskutierte die Frage nach einem kleinsten Teil vor diesem Hintergrund.
Proton-Kollision, bei dem ein Higgs-Kandidat in vier Elektronen
zerfällt, aufgenommen mit dem ATLAS-Detektor am LHC.
Copyright: CERN 2012
Johanna Gramling (Jg. 1988) studierte Physik mit Nebenfach Philosophie
in Heidelberg. Zur Zeit ist sie Doktorandin an der Universität Genf in der
Schweiz und arbeitet am ATLAS Experiment am CERN. In diesem Rahmen
versucht sie, die mysteriöse Dunkle Materie ein wenig besser zu verstehen,
indem sie die gesammelten Daten von Proton-Kollisionen analysiert und
nach neuen, schweren aber fast unsichtbaren Teilchen Ausschau hält. Nach
der Arbeit trifft man sie wahrscheinlich im Pferdestall an. Wenn nicht,
dann segelt sie gern, liest oder spielt Querflöte.
60 ––
In diesem Kurs wird der Teilchenbegriff aus verschiedenen
Perspektiven beleuchtet: Von
den Implikationen der Quanten-
Die Zeitprojektionskammer, das Herzstück des ALICE-Detektors am LHC.
Copyright: CERN 2006
mechanik über das moderne Bild der Hochenergiephysik
bis zu den philosophischen Argumenten, die Kant in diesem Zusammenhang schon im 18. Jahrhundert anführte.
Außerdem werden die Teilnehmenden selbst einen Blick in
Daten des »Large Hadron Collider« (LHC) am Forschungszentrum CERN (European Organization for Nuclear Research) in
Genf, dem größten Beschleuniger der Welt, werfen können:
Wie muss ein Experiment aufgebaut sein um Daten über
solch kleine Teilchen aufzunehmen? Wie kann man ein
Teilchen in diesen Daten entdecken oder nach neuen Teilchen suchen? So soll ein Einblick gewährt werden in die
experimentellen Methoden der modernen Teilchenphysik,
vor dem Hintergrund der zu Grunde liegenden physikalischen und philosophischen Konzepte.
Jan Fiete Grosse-Oetringhaus (Jg. 1981) studierte Physik mit Nebenfach Informatik in
Münster. Seit dem Abschluss seiner Promotion am CERN arbeitet er dort als wissenschaftlicher Mitarbeiter am ALICE (A Large Ion Collider Experiment). Besonders interessiert ihn
das kollektive Verhalten der vielen in Kollisionen von Bleikernen entstehenden Teilchen, die
einen neuen Materiezustand – ein Quark-Gluon-Plasma – bilden. Das kann man sich fast wie
eine Flüssigkeit vorstellen – und damit ist es gar nicht so weit entfernt von seinen Hobbies, in
denen Wasser nicht fehlen darf: Schwimmen, Segeln und Skifahren.
(27. JUNI BIS 13. JULI 2013)
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Kurs 6.4
Verborgene Botschaften im Sternenlicht!
Die Suche nach extrasolaren Planeten aus dem Blick der Geschichte und der modernen Forschung
Im Mittelalter glaubten die Menschen noch, unser Planet
wäre der Mittelpunkt des Universums. Große Astronomen
wie Nikolaus Kopernikus, Galileo Galilei und Johannes
Kepler rückten dann die Erde aus dem Zentrum und etablierten das heliozentrische Weltbild. Heute wissen wir, dass
unsere Sonne nur eine von hundert Milliarden Sonnen in
unserer Galaxis ist und diese wiederum nur eine unter Milliarden Galaxien.
Emanzipiert man sich von der mittelalterlichen Vorstellung
und akzeptiert die Sonne als eine von vielen, so stellt sich
die Frage, ob auch andere Sterne von Planeten umkreist
werden. Diese Frage ist vor allem durch die Suche nach habitablen, erdähnlichen Planeten motiviert.
1995 wurde der erste extrasolare Planet (Exoplanet) um
einen sonnenähnlichen Stern, 51 Pegasi b, von den Schweizer Astronomen Michel Mayor und Didier Queloz entdeckt
und damit ein neues Forschungsgebiet der Astronomie
geschaffen. In den folgenden Jahren infizierte ein wahres
»Jagdfieber« viele Wissenschaftler, sodass heute schon über
800 Exoplaneten bekannt sind.
Während die inneren Planeten unseres Sonnensystems
in vielen klaren Nächten mit bloßem Auge sichtbar sind,
wissen wir aus der Geschichte der Astronomie, dass die
Entdeckung der äußeren Planeten Uranus und Neptun ein
mühevolles Ringen war und erst mit der Verbesserung der
Beobachtungsinstrumente möglich wurde. Nun liegen diese aber im Vergleich zu allen extrasolaren Planeten noch in
direkter Nachbarschaft. Es dauerte noch 150 Jahre, bis die
technischen Möglichkeiten soweit entwickelt waren, diese
Hürde zu meistern. Die modernen Nachweismethoden
beruhen auf einer genauen Analyse der vom Stern ausgehenden Strahlung, auf deren Grundlage man Rückschlüsse
auf vorhandene Planeten ziehen kann. Am erfolgreichsten
eingesetzt werden die Transit- und Radialgeschwindigkeitsmethode, deren Kombination die Bestimmung von Masse,
Radius und Dichte des Exoplaneten ermöglicht.
Diese lernen die Teilnehmenden aus ihrem fachlichen und
historischen Kontext heraus kennen, um sie dann auf wissenschaftliche Originaldaten anzuwenden. So kann jede
und jeder Teilnehmende ausgewählte Exoplaneten nachentdecken. Zur Auswertung der Daten werden vereinfachte
Verfahren angewandt, die den Fokus auf die physikalischen
Grundlagen der Forschungsmethoden lenken, statt diese in
komplexen Algorithmen zu verbergen.
Eigene nächtliche Beobachtungen bringen jeder und jedem, neben der Schönheit des Nachthimmels, die Thematik der Exoplaneten aus einem anderen Blickwinkel näher.
Durch den Einblick in die aktuelle astronomische Forschung erlangen die Teilnehmenden Kenntnisse aus dem
Bereich Himmelsmechanik, lernen die Forschungsmethoden in elementarisierter Form kennen und können sich
so fruchtbar in die Diskussion über die Habitabilität – die
fremder und des eigenen Planeten – einbringen.
Kursleitung
Eduard Krause (Jg. 1985) studierte in Siegen Mathematik und Physik für das gym-
nasiale Lehramt. Um seinem Interesse an historischen und wissenschaftstheoretischen Fragen der Physik nachzugehen, schloss er seinem Studium eine Promotion
in der Physikdidaktik an. Neben seinem Engagement in der Wissenschaft ist er als
Jugendleiter in einer christlichen Gruppe tätig.
Stefan Völker (Jg. 1986) wurde in Karlsruhe geboren. Er studierte Physik, Chemie
und Astronomie für das Lehramt am Gymnasium in Jena. Statt in der Schule arbeitet
er nun an der Friedrich-Schiller-Universität und promoviert in der Astronomie-Didaktik. Trotzdem hegt er nach wie vor den Wunsch, an einer Schule zu unterrichten.
In seiner Freizeit bringt er Jugendlichen und Studenten das Schwimmen bei.
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(27. JUNI BIS 13. JULI 2013)
Kurs 6.5
Alles neu?
Ambivalenzen der Moderne in Geschichte, Literatur und Politik
»Moderne« ist ein schillernder Begriff. Mit der Moderne
verbindet man Fortschrittsoptimismus, ökonomische Rationalität und utopisches Denken, aber auch Kulturpessimismus, Mystifizierung der Technik und Nostalgie. »Moderne« ist kein eindeutiger Epochenbegriff: Die Renaissance
gilt als Beginn der »Neuzeit« oder eben der »Moderne«.
Häufiger aber meint man mit »Moderne« den Zeitraum
vom 19. Jahrhundert bis zur Gegenwart, wobei zwischen
der Zeit der industriellen Hochmoderne und einer nachindustriellen Postmoderne unterschieden wird. Die Moderne
ist daher keine feste Kategorie, sondern ein hochumstrittener Deutungsbegriff. Man kann sich explizit als »modern« inszenieren und alles Konservative ablehnen; oder
man kann in der Moderne eine Gefahr für gewachsene
Traditionen sehen und Beschleunigung oder Vereinsamung
als Resultate »moderner« Zeiten beklagen.
Der Kurs fragt nach den Ambivalenzen der Moderne und
ihren Ausprägungen im 19. und 20. Jahrhundert. Was
charakterisiert die Moderne und was macht spezifisch
moderne Erfahrungen aus? Wie wurde Modernität zu unterschiedlichen Zeiten und an verschiedenen Orten wahrgenommen und bewertet? Was sagen Fortschrittskritik,
Nostalgie und Irrationalität über den dialektischen Charakter der Moderne aus? Bedeutet Moderne schließlich, dass
Regressionen und der »Rückfall in die Barbarei« immer
möglich bleiben?
Mit Frederic Jameson, Shmuel N. Eisenstadt, Charles
Baudelaire und Filippo Tommaso Marinetti werden sozialwissenschaftliche und ästhetische Konzepte der Moderne
betrachtet. Anschließend wird die Großstadt des frühen
20. Jahrhunderts als moderne Lebenswelt par excellence
untersucht: Städtewachstum und fortschreitende Industrialisierung brachten eine Fülle an zeitgenössischen Reflexionen und Deutungsangeboten hervor. Flaneure und Industriearbeiter, Straßenbahnen und Leuchtreklamen wurden
zu Chiffren von Urbanität und Modernität. Anhand von
Bild- und Filmmaterial wird gefragt, wie städtische Moderne inszeniert und bewertet wurde. Südosteuropäische
Autoren (z.B. der rumänische Philosoph Emil Cioran) füh-
ren an die Peripherien einer als »westlich« und »städtisch«
verstandenen Moderne. Die Literatur von Franz Kafka und
George Orwell steht im Zeichen der Entgleisungen und der
potenziellen Eskalation von Moderne. Mit Sigmund Freud,
Hannah Arendt sowie mit Max Horkheimer und Theodor
W. Adorno werden die Schattenseiten des Fortschrittsglaubens nachvollziehbar. Die Moderne erweist sich als grundsätzlich fragil und doppeldeutig.
Ziel des Kurses ist es, die geisteswissenschaftlichen Methoden der Lektüre, der Analyse und der Interpretation von
Texten zu erlernen und kritische Perspektiven auf unterschiedliche Modernekonzepte zu entwickeln. Voraussetzung für die Kursteilnahme ist die Bereitschaft zur gründlichen Lektüre eines Readers mit ausgewählten Texten vor
Beginn der Akademie.
Kursleitung
Anna Karla (Jg. 1982) studierte in Berlin und Paris Geschichte, Germanistik und
Kulturwissenschaft. In ihrer Doktorarbeit beschäftigte sie sich mit den Auswirkungen der Französischen Revolution auf das (moderne?) Geschichtsdenken im 19. Jahrhundert. Sie ist oft zwischen Frankreich und Deutschland unterwegs. Gern macht
sie Abstecher nach Nordafrika, um aktuelles Revolutionsgeschehen zu beobachten.
Außer einem Notizbuch hat sie bei all dem meist einen Geigenkasten dabei. Nach
dreijähriger DSA-Abstinenz kann sie den Rostocker Sommer kaum erwarten.
62 ––
Carmina Peter (Jg. 1978) ist in einer lyrischen Provinzlandschaft in Rumänien in
einem deutschsprachigem Kulturkreis aufgewachsen. 2002 zog sie für ihr Zweitstudium nach Berlin. 2009 erwarb sie den Magisterabschluss in Komparatistik, Anglistik
und Geschichte an der Freien Universität Berlin. Hier entdeckte sie die berauschende Prosa des jüdisch-rumänischen Autors M. Blecher und wollte unbedingt darüber
promovieren. Carmina wandert gerne in den Karpaten und schreibt gelegentlich Prosaminiaturen. Sie freut sich auf ihre erste DSA.
(27. JUNI BIS 13. JULI 2013)
AKADEMIE ROSTOCK
Kurs 6.6
Ist das Kunst oder kann das weg?
Denken, schreiben und agieren mit künstlerischen Konzeptionen
Wo und wie beginnt das Kunstwerk?
Gibt es gemeinsame Nenner beim
Betrachten von Kunst?
Sind richtige und falsche Antworten
möglich?
Sowohl das frei assoziative Diskutieren über verschiedene
Beispiele aus der modernen bildenden Kunst und dem
Theater, als auch die Recherche mit wissenschaftlich fundierten Ergebnissen bilden die Ausgangspunkte des Kurses.
Gerade bei moderner Kunst gehen die Meinungen oft weit
auseinander. Ist ein schwarzes Bild überhaupt noch Kunst?
Oder fällt es unter den Begriff »Theater«, wenn man eine
Frau, sieht, die schreit, bis sie ihre Stimme verliert?
In diesem Kurs werden Kritiken und philosophische Ansätze über Werke von z.B. Joseph Beuys oder Marina Abramovic sowie Stellungnahmen der jeweiligen Künstler gelesen,
besprochen und analysiert.
Exemplarische Ausstellungen und Aufführungen werden
zum Anlass für eigene kritische Auseinandersetzungen
mit Künstlern und Kunstwerken genommen. Es soll ein
Zugang zu der oft unverständlichen modernen Kunst verschafft werden. Gleichzeitig wird es die Möglichkeit geben,
sich trotzdem kritisch damit auseinanderzusetzen.
Darüber hinaus werden die Teilnehmenden wiederum ihre
Rezeption künstlerisch umsetzen, z.B. anhand von einem
kleinen Video oder in Form des kreativen Schreibens. Auf
diese Weise können eigene Standpunkte gegenüber dem
Material entwickelt werden, welche gleichermaßen wieder
zur Diskussion innerhalb des Kurses gestellt werden.
Gesammelte Erkenntnisse des ersten Kursabschnitts (Recherche) werden über das Reden, Denken und Schreiben
darüber (Konstruktion) in eigene künstlerische Positionen
münden (Transformation), wobei den Teilnehmenden die
Wahl der Form und des Mediums offen bleibt.
Das freie, kreative Schreiben bildet dabei einen wesentlichen Anteil, denn Gedanken und Ergebnisse werden aufgeschrieben.
Den Teilnehmerinnen und Teilnehmern wird es am Ende
des Kurses möglich sein, sich abwägend über moderne
Gemälde, Skulpturen und Theateraufführungen bzw. Performances auszudrücken, Stellungnahmen kontrovers zu
diskutieren und zu einem eigenen künstlerischen Standpunkt zu gelangen.
Anstatt selbst in der Rolle des Konsumenten zu verharren,
wird man selbst künstlerisch aktiv.
Kursleitung
Robert Groos (Jg. 1985) wurde in Gießen geboren. Nach dem Schulabschluss begann er sein
Studium der Musikwissenschaft und Musikpädagogik an der Justus Liebig-Universität Gießen. Es
folgte ein Studium der Kunstpädagogik, Kunstgeschichte und Philosophie mit dem Abschluss Bachelor of Arts. Seit 2012 studiert er Bildende Kunst/ Künstlerische Konzeptionen an der Phillipps
Universität Marburg. Sein eigener künstlerischer Schwerpunkt liegt dabei neben der Arbeit und
zahlreichen Konzerten mit seiner Band »am Leben forbei«, den Gemeinschaftsprojekten mit der
Künstlergruppe »KARAWANE« und der Organisation und Durchführung mehrerer Festivals, auf
der abstrakten Ölmalerei.
Maria Isabel Hagen (Jg. 1987) wurde in Bergisch Gladbach geboren.
2011 absolvierte sie ihren Bachelor of Arts an der Iceland Academy of
Arts und dem Institut für Angewandte Theaterwissenschaften in Gießen. Voraussichtlich 2014 wird sie ihr Studium mit dem Master abschließen. Sie erarbeitet als Regiesseurin und Performerin eigene Stücke und Body Art Performances, organisiert Festivals und ist Mitglied
des »Brachland-Ensembles«. In ihrer Freizeit spielt sie gerne Klavier,
geht mit ihrem Hund wandern und backt üppige Schokoladentorten.
–– 63
AKADEMIE TORGELOW
(11. BIS 27. JULI 2013)
Akademie Torgelow
Internatsgymnasium Torgelow
Am Wiesenufer des Torgelower Sees, in einem der schönsten Naturschutzgebiete
Deutschlands, wurde im Jahr 1994 das Private Internatsgymnasium Schloss Torgelow
eröffnet. In der Mitte zwischen Hamburg und Berlin nahe der Urlaubsmetropole Waren an der Müritz am Rande der Mecklenburger Seenplatte lernen und leben heute
220 begabte und hoch begabte Internatsschüler aus ganz Deutschland.
Über 30 Lehrerinnen und Lehrer unterrichten in kleinen Klassen mit maximal 12
Schülern die Klassen 5 bis 12. In den Klassenräumen der Oberstufe kommen seit
einiger Zeit statt Kreidetafeln »Interactive Smartboards« zur Verwendung. Die Unterrichtsaufzeichnungen können über das schuleigene Wireless LAN im Schülernetzwerk
zur Verfügung gestellt werden. Internetzugang in den Klassenräumen ermöglicht zusätzlich unterrichtsbegleitende Recherchen im Internet.
Fortsetzung siehe Seite 72 …
64 ––
Akademie Torgelow (11. bis 27. Juli 2013)
Schloss Torgelow
Schlossstr. 1
17192 Torgelow am See (Waren)
www.schlosstorgelow.de
Programm
Akademieleitung
7.1Codierungstheorie
7.2Teilchenwelt und Kosmologie
7.3Unsere Welt wird größer
7.4Wie kommt das Schwein in die Steckdose?
7.5
Außenseiter und Etablierte
7.6 Ein S ommernachtstraum
Ingrid Gündisch (Jg. 1977) wurde in Bukarest, Rumänien geboren. Sie stu-
dierte Regie an der Hochschule für Schauspielkunst „Ernst Busch“ in Berlin. In
ihrem letzten Studienjahr arbeitete sie an der Universität der Künste und an der
„Ernst Busch“ als Dozentin für Szenenstudien. Nach Assistenzen am Theater
Basel, am Berliner Ensemble und am Schauspiel Köln machte sie sich 2004 als
Regisseurin selbstständig. Inszenierungen von ihr waren bislang in Berlin (Belgrader Trilogie), Köln (u.a. Die bitteren Tränen der Petra von Kant), Hermannstadt
(Urfaust), Dresden, Nürnberg (Endspiel), Esslingen (u.a. Der Zauberer von Oss),
Aachen (u.a. Kabale und Liebe), Stuttgart, Fürth (u.a. Maß für Maß), Bern (Die Schneekönigin), Freiburg (Elling) und Wuppertal zu sehen. Bei der SchülerAkademie ist Ingrid Gündisch zum achten
Mal dabei: 1995 war sie Teilnehmerin, viermal hat sie Kurse geleitet, jetzt ist sie zum dritten Mal
Akademieleiterin. Ingrid Gündisch lebt mit ihrem Mann in Hamburg.
Franziska Heimerl (Jg. 1995) macht momentan ihr Abitur und möchte an-
Leitung kursübergreifende Musik
Karin Brehm (Jg. 1977) studierte Musik, Englisch und Musiktheorie in Han-
nover und unterrichtet zur Zeit am Gymnasium in Neustadt am Rübenberge,
wo sie den Chor und das Orchester leitet. Sie ist bekennender Musikjunkie und
versucht, in der Schule und auf bisher vier SchülerAkademien, auch andere
abhängig zu machen. Neben Geige, Bratsche und Klavier spielt sie manchmal
heimlich auch E-Bass, Schlagzeug, Ukulele und alles, was in der schuleigenen
Musiksammlung noch nicht verrostet ist. Die Zeit, die bleibt, verbringt sie gerne
mit selber Chorsingen, Orchesterspielen und -organisieren, Fußball, Basketball,
Kickern, Skat, Schokohexe und Wandern in mückenreichen Ländern.
schließend in ihrer Heimat Süddeutschland Humanmedizin studieren. In ihrer Freizeit geht sie regelmäßig fechten, spielt Querflöte und genießt im Winter
das Snowboarden. Genauso gerne taucht Franziska in die Welt der Bücher ein,
backt und reist zu interessanten Zielen. Im Sommer 2012 verbrachte sie selbst
als Teilnehmerin der Deutschen SchülerAkademie in Braunschweig zwei unvergessliche Wochen. Nun freut sie sich darauf, die Akademie aus einer anderen
Perspektive erleben zu dürfen und mit Ingrid und Valentin diese mitgestalten
zu können.
Valentin Heimerl (Jg. 1994) studiert seit Oktober letzten Jahres Jura im schö-
nen schwäbischen Städtchen Tübingen. Neben dem Studium fährt er im Winter
in den Bergen Ski, im Sommer joggt er und fährt Fahrrad. Seinem Geschichtsinteresse geht er beim Reisen und Lesen nach, seine Liebe zur schwäbischen
Heimat lebt er gerne auch kulinarisch aus. Im Sommer 2011 war Valentin begeisterter Teilnehmer an einem Rechtsphilosophiekurs der Deutschen SchülerAkademie in der Grovesmühle und durfte bereits im letzten Jahr eine Akademie
im idyllischen Torgelow mitleiten. Darüber, dass sich diese tolle Gelegenheit
erneut bietet, freut er sich sehr.
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AKADEMIE TORGELOW
(11. BIS 27. JULI 2013)
Kurs 7.1
Codierungsthoerie
Jeder kennt den Strich-Code beim Einkaufen. Dieser ist
meist auch dann noch eindeutig lesbar, wenn einige Informationen (z.B. durch Falten) verloren gegangen sind. Wenn
der Rover Opportunity sensationell scharfe PanoramaBilder vom Mars zu uns sendet oder die leicht zerkratzte
CD einen noch immer klaren Klang entfaltet, sind ebenfalls
Codes am Werk, die trotz Störungen die Information erhalten.
In der Codierungstheorie betrachtet man folgendes Szenario: Ein Sender möchte eine Botschaft einem Empfänger
zukommen lassen. Dabei steht ihm aber nur ein störungsbehafteter Kanal zur Verfügung. Das bedeutet, dass nicht
jedes gesendete Zeichen auch vom Empfänger so erkannt
werden kann, denn Störungen (Rauschen) verzerren die
gesendete Botschaft. Trotzdem möchte der Empfänger
a) feststellen können, ob nun eine solche Störung vorlag,
und
b) am besten den durch die Übertragung gemachten Fehler wieder korrigieren.
Nun ist dies kein sehr intelligentes Verfahren, es geht viel
besser! Und genau darum wird es in diesem Kurs
gehen. Um Codes konstruieren und analysieren
zu können, macht man sich die mächtigen Hilfsmittel der Algebra zunutze. So werden sich die
formale Schönheit der reinen Mathematik und
ihre Anwendungen in der alltäglichen Praxis in
diesem Kurs immer wieder begegnen und keine
Um dies zu erreichen, genügt es nicht,
Seite wird dabei zu kurz kommen. Schlussendlich
einfach die Nachricht zu versenden (sonst
werden die Teilnehmenden in Kleingruppen selbst
könnte man nie unterscheiden, ob die
Ein QR-Code
versuchen, gute Codes zu entwickeln.
Nachricht nun gestört wurde oder nicht).
Eine (naive) Möglichkeit, in der empfangenen Nachricht
Andererseits muss sich auch niemand Sorgen um noch
Fehler zu erkennen, ist z.B., einfach alle Zeichen dreinicht vorhandenes Wissen machen: Alles, was über den
mal hintereinander zu senden. Wäre also die eigentliche
üblichen Schulstoff hinausgeht, wird eingehend behandelt.
Botschaft »DSA«, so würde man »DDDSSSAAA« senden.
Zum Teil wird dies durch Referate geschehen, zu deren
Durch Rauschen könnte beim Empfänger »DDESTSZAA«
Themen jede und jeder Teilnehmende im Vorfeld des
ankommen. Dieser weiß aber, dass die gesendete Botschaft
Kurses ein Skript erhält.
aus Blöcken von je drei gleichen Buchstaben bestand, und
überlegt sich, dass, wenn von diesen drei empfangenen
Wer also Interesse daran hat, sich auch mit abstrakteren
Buchstaben zwei gleich sind, der dritte wohl auch ein
Themen der Mathematik auseinanderzusetzen, und sehen
solcher gewesen sein muss. Dadurch kann er rekonstruiemöchte, wie sie uns im Alltag das Leben erleichtern, der ist
ren, wie die gesendete Nachricht wahrscheinlich aussah:
in diesem Kurs genau richtig!
»DDDSSSAAA«, und damit auch, wie die eigentliche Botschaft vermutlich lautete: »DSA«.
Im Gegensatz zur Kryptographie, die sich damit beschäftigt, dass möglichst kein Unbefugter die
gesendete Nachricht lesen kann, geht es
in der Codierungstheorie also umgekehrt
darum, möglichst die Nachricht – trotz Störungen – lesbar zu erhalten!
Kursleitung
Christian Hercher (Jg. 1985) hat Mathematik mit Nebenfach Informatik in Jena studiert.
Nach seinem Diplom und Zwischenstationen als wissenschaftlicher Mitarbeiter sowie Lehrer kehrte er nach Jena zurück und arbeitet nun in einem mittelständigen Unternehmen als
Software-Entwickler. Neben dem Beruflichen engagiert er sich in der Förderung interessierter Schüler durch (Mit-)Organisation von mathematischen Wettbewerben, Seminaren,
Ferienfreizeiten und in der Redaktion der Zeitschrift »Die Wurzel«. Daneben liest er viel,
ist aber auch einem geselligen Abend – z.B. im Rahmen des Clubs der Ehemaligen der
Deutschen SchülerAkademien e.V. (CdE) – nicht abgeneigt.
66 ––
Tim Fritzsche (Jg. 1985) studierte Mathematik an der Friedrich-Schiller-Universität Jena und promoviert nun auch dort im Bereich Algebra. Nebenher leitet
er die Redaktion der Mathematik-Zeitschrift »Die Wurzel« und nimmt hin und
wieder als Betreuer an den vom Wurzel e.V. organisierten Schülerakademien
teil. Außerdem spielt er Volleyball, setzt sich gelegentlich ans Klavier und versucht, seinen Verpflichtungen als Fan durch den Besuch Olympischer Spiele
oder diverser Liga-Begegnungen im Judo (Brandenburg), Eishockey (Berlin),
Basketball (Jena), Fußball (Rostock) ... nachzukommen.
AKADEMIE TORGELOW
(11. BIS 27. JULI 2013)
Kurs 7.2
Teilchenphysik und Kosmologie
Auf den ersten Blick scheinen Kosmologie und Teilchenphysik
(genauere Betrachtung von Elementarteilchen wie Quarks,
Bosonen) in entgegengesetzte Richtungen zu zeigen. Während
man im Rahmen der Kosmologie in die Ferne zu schauen
scheint, blickt man mit der Teilchenphysik auf möglichst kleine Strukturen. Blickt man genauer hin, stellt sich heraus, dass
diese zwei Bereiche der Physik eng zusammenhängen. Dies
sieht man beispielsweise an den Vorgängen in Sternen und am
Urknall.
In der Natur gibt es Gesetze der Physik, die sich bei Verschiebungen in Raum und Zeit, Drehungen um eine Achse
und Transformationen in gewissen Bezugssystemen nicht
verändern, d.h. es existieren symmetrische Strukturen. Zur
Beschreibung der Natur benötigen wir vier Grundkräfte, die
elektromagnetische, die schwache und die starke Wechsel-
wirkung sowie die Gravitation. Um die Gravitation genauer
zu durchblicken, ist zunächst ein Verständnis für die spezielle
und die allgemeine Relativitätstheorie zu erlangen. Für die
übrigen drei Wechselwirkungen benötigt man Kenntnisse der
Feldtheorie.
Die Schönheit der Natur zeigt sich in der Schönheit der Mathematik, daher müssen Einblicke in verschiedene Bereiche
der Mathematik erarbeitet werden, die über das in Schulen
vermittelte Wissen deutlich hinausgehen. In Verbindung zur
Relativitätstheorie beschäftigt man sich mit der Riemannschen
Geometrie und Differenzialgleichungen. Bei der Untersuchung
der Quantenmechanik und der Feldtheorie spielen Differenzialgleichungen, mehrdimensionale Differenzial- und Integralrechnung sowie die komplexe Analysis wichtige Rollen. Komplexe Zahlen finden auch in der Quantenmechanik in linearer
Algebra Anwendung. Im weiteren Verlauf zeigen sich bei den
Symmetrien der Teilchenphysik Gruppen und Graphen, mit
denen eine Brücke von der Analysis zur Algebra geschaffen
wird.
Im Kurs findet ein Wechselspiel zwischen Theorie und Praxis
statt. Der praktische Teil spiegelt sich in lokal durchgeführten
Experimenten sowie in Analysen von Daten vom CERN (European Organization for Nuclear Research) in Genf in der
Schweiz und Auger bei Malargue in Argentinien wieder.
Kursleitung
Christoph Neugebauer (Jg. 1978) studierte von 1998 bis 2002 Lehramt für die Fächer Mathematik und Physik in Paderborn. Anschließend
arbeitete er dort in der Arbeitsgruppe Didaktik der Physik, in der er
2006 zum Thema »Lernen mit Simulationen und der Einfluss auf das
Problemlösen in Physik« promovierte. Nach seinem Referendariat von
2006 bis 2007 war er Lehrer für Mathematik und Physik am OstendorfGymnasium Lippstadt (Westfalen). Seit August 2011 war Christoph mit
einer halben Stelle an die Universität Münster abgeordnet, wo er seit Februar 2013 mit einer vollen Stelle als Studienrat im Hochschuldienst in der Arbeitsgruppe
Didaktik der Mathematik eingestellt ist. Seit drei Jahren arbeitet er mit dem Duden Paetec
Verlag (Cornelsen) an neuen Lehrbüchern (»Selbstverständlich Physik«) für die Oberstufe.
In seiner Freizeit nutzt Christoph jede freie Minute, um sich dem Laufen hinzugeben.
Hannes Stoppel (Jg. 1966) studierte von 1988 bis 1993 Mathematik und Physik in Düsseldorf.
Nach seinem anschließenden Referendariat und Tätigkeiten von 1993 bis 1999 im Bereich Mathematik an der Uni Düsseldorf arbeitete er von 2000 bis 2001 als Mathematiker in der Wirtschaft. Vom Jahr 2001 bis zu Beginn des Jahres 2013 war er Lehrer für Mathematik, Physik und
Informatik am Max-Planck-Gymnasium in Gelsenkirchen. Seit August 2012 ist Hannes in das
Institut der Didaktik der Mathematik und Informatik an der Uni Münster abgeordnet. Neben
seiner Lehre leitet Hannes seit 2001 jährlich Schülerteams bei Jugend forscht oder Intel Leibniz
Challenge und Arbeitsgruppen der Schülerakademie der Bezirksregierung Münster für die Jahrgangsstufen 6 und 13. Im Jahr 2012 gab er einen Kurs in der DSA. Ferner gibt er häufig Workshops in Mathematik
für Lehrerinnen und Lehrer. Hannes schrieb im Jahr 1997 zusammen mit Birgit Griese das »Übungsbuch zur
Linearen Algebra«. Im Jahr 2000 verfasste er das Buch »Mathematik anschaulich«, und im Jahr 2010 entstand das
Arbeitsheft »Stochastik und Statistik«. In der Freizeit spielt Hannes in zwei Trios Jazz und Rockmusik am Schlagzeug.
–– 67
AKADEMIE TORGELOW
(11. BIS 27. JULI 2013)
Kurs 7.3
Unsere Welt wird größer
Planeten bei anderen Sternen
Extrasolare Planeten (kurz: Exoplaneten) sind schon seit
Die meisten extrasolaren Planeten wurden bisher auf indietlichen Jahren nicht mehr nur Science Fiction; mehr als
rektem Wege nachgewiesen. Eine der angewendeten Me800 wurden bisher nachgewiesen
thoden (Transitbeo(siehe http://exoplanet.eu/). Erst
bachtung) gestattet
Zur Teilnahme am Kurs werden erwartet: mathematisch-naturkürzlich (Okt. 2012) gelang die
im nächsten Schritt,
wissenschaftliches Interesse, Lust an Beobachtung und Experiment,
Entdeckung des uns bisher nächdie PlanetenatmoTag- und Nachtaktivität, Fähigkeit und Wille zur Kommunikation
sten Exoplaneten im Dreifachsternsphären zu erkunund zum selbständigen Wissenserwerb, Spaß am verständlich
system von Alpha Centauri (siehe
den. Wenn wir in
Machen und Weitergeben von Kenntnissen.
Bild). Mittlerweile schätzen die
fernerer Zukunft
Astronomen, dass es viele Milliarden Planeten im Milchdabei einmal auf Ozon stoßen, dann wäre die Sensation
straßensystem gibt.
perfekt.
Die Exoplanetenforschug stellt eines der spannendsten und
nachgefragtesten Arbeitsgebiete der Astronomie dar. Mit
der Suche und Erforschung von Planeten bei anderen Sternen nähern sich die Astronomen schließlich einer Frage,
die für uns Menschen von fundamentaler Bedeutung ist:
Gibt es Leben außerhalb der Erde?
Im Astronomiekurs wird man sich zunächst mit der Methodik des Entdeckens auseinandersetzen. Es beginnt mit
einfachen anschaulichen Modellen und Experimenten und
geht bis zur forschungsnahen Modellierung mit Hilfe des
Computers, um damit die Methodik der Planetensuche
nachvollziehbar werden zu lassen. Verschiedene Arten von
Exoplaneten sind kennenzulernen und es wird die Frage
beantwortet, ob sich einige von ihnen in der habitablen
Künstlerische Darstellung des 2012 entdeckten bisher nächsten Exoplaneten im
Dreifachsystem des Sterns Alpha Centauri. Der Planet besitzt etwa eine Erdmasse.
(Quelle: http://www.eso.org/public/images/eso1241b/, Autor: ESO/L. Calçada/N.
Risinger (skysurvey.org)).
Zone befinden. Es wird geklärt, wie die Astronomen versuchen, die Atmosphärenbestandteile einiger Exoplaneten
herauszufinden. Natürlich interessiert auch der Gang der
Dinge, d.h. die Wissenschaftsgeschichte der Exoplanetenforschung, und man wird etwas über die »PlanetensucherObservatorien« und ihre Technik erfahren. Nicht zu vergessen ist das an den Himmel Schauen, um einige mit bloßem
Auge erkennbare Sterne zu sehen, die von nachgewiesenen
Planeten umlaufen werden.
Kursleitung
Elena Sellentin (Jg. 1988) zog 2007 entschlossen ein Studium der
Physik im Bachelor- und Mastersystem einem Diplomstudium vor. Von
2007 bis 2012 genoss sie ihre Entscheidung an der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg, und benutzte die großzügigen Wahlmöglichkeiten
ihres Studiensystems, um sich in Astronomie zu spezialisieren. 2010
schrieb sie ihre Bachelorarbeit über Galaxienhaufen, in der sie Daten
des Chandra-Röntgensatelliten auswertete. 2012 schloss sie ihr Studium mit dem Master of Science auf dem Gebiet der Planetenentstehung
ab und beginnt 2013 die Promotion in der Kosmologie. Neben ihrem Studium arbeitet
sie am Haus der Astronomie und für die Heidelberger Astronomieschule e.V. Ihre Freizeit verbringt sie im Sportverein oder mit Vorbereitungen für ihre Reise in den Iran.
68 ––
Olaf Fischer (Jg. 1958) studierte von 1982 bis 1987 Physik und Astronomie an der FriedrichSchiller-Universität Jena (Abschluss: Diplomlehrer). Nach kurzer Lehrertätigkeit an einer Leipziger
Schule für mathematisch-naturwissenschaftlich stark interessierte Schüler bot sich ihm die Möglichkeit zur Promotion in der Astrophysik an der Jenaer Universitäts-Sternwarte. Als Astronom
tätig war er außer in Jena auch an den astronomischen Max-Planck-Instituten in Heidelberg und
Bonn. Von 1997 bis 2003 habilitierte er sich dann im Bereich Physik- und Astronomie-Didaktik
an der Universität Jena. Seine Mittlerrolle zwischen astronomischer Wissenschaft und ihrer Lehre
setzte er erst an der Sonneberger Sternwarte und ab 2005 im Rahmen des Projektes »Wissenschaft
in die Schulen!« in Heidelberg fort. Seit 2010 arbeitet er im Haus der Astronomie, einer deutschlandweit einmaligen
Einrichtung der Max-Planck-Gesellschaft zur Popularisierung und Vermittlung astronomischer Forschung in Heidelberg, mit. In seiner Freizeit versucht er sich mit Freude im Inlineskaten.
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(11. BIS 27. JULI 2013)
Kurs 7.4
Wie kommt das Schwein in die Steckdose?
Euer Projekt: Auslegung einer Biogasanlage
Biogas (eine Mischung aus Methan und Kohlendioxid) ist
Verwertungs-Möglichkeiten von Biogas aufgezeigt und insein bereits seit Jahrhunderten vom Menschen genutzter
besondere die verschiedenen Verfahren zur Aufbereitung
Energieträger. Die Herstellung erfolgt traditionell aus tievon Biogas auf Erdgas-Qualität miteinander verglichen.
rischen Abfällen wie Schweinegülle oder Kuhmist oder
pflanzlichen Stärkequellen wie Mais oder Getreide. Dank
Bei der verfahrenstechnischen Auslegung der Anlagender sehr vielseitigen mikrobiologischen Kulturen lassen
komponenten kann eine professionelle Software zur Besich aber zum Beispiel auch Schlachtabfälle, Bioabfälle
rechnung und Simulation von Chemie-Anlagen genutzt
oder vom Zoll beschlagnahmter Alkohol nutzen. Aufgrund
werden. Vorwissen hierzu ist nicht erforderlich. Neben
der Tatsache, dass sich die zunehmende Verknappung der
der reinen rechnerischen Betrachtung existieren aber auch
konventionellen Ressourcen (Erdöl, Kohle, Erdgas) mitzahlreiche ökonomische, ökologische und organisatotelfristig stark auf die industrielle
rische Aspekte, die
Der Schwerpunkt dieses Kurses liegt auf der Projektarbeit und der
Energiegewinnung auswirken wird,
nicht vernachlässigt
biochemisch-technischen Betrachtung. Der Spaß am Recherchieren, werden dürfen. So
kommt Biogas als Energieträger auf
Basis nachwachsender Rohstoffe eine Rechnen, Planen und Organisieren steht im Vordergrund. Grundle- müssen beispielsweigende Erfahrung im Umgang mit Tabellenkalkulationen (Excel) ist
stetig zunehmende Bedeutung zu.
se Umweltbilanzen
hilfreich aber nicht Voraussetzung.
aufgestellt, MachbarIm Rahmen des Kurses wird eine
keitsuntersuchungen
technische Anlage zur Herstellung von Biogas geplant
des Projektes durchgeführt und rechtliche Rahmenbedinund ausgelegt. Dazu müssen u.a. die biochemischen und
gungen beachtet werden. Die Arbeit im Kurs wird dazu
mikrobiologischen Prozesse der anaeroben Fermentation
in mehrere Projektgruppen aufgeteilt, die sich jeweils mit
betrachtet werden. Darüber hinaus werden die einzelnen
einem bestimmten Teilschritt des Verfahrens oder einem
bestimmten Fachgebiet beschäftigen. Die Arbeit in den einzelnen Teams muss anschließend teamübergreifend koordiniert werden. Regelmäßige Besprechungen des gesamten
Quelle: STRABAG Umweltanlagen GmbH
Kurses, Gruppenpräsentationen und Einzelreferate bilden
dafür die Grundlage.
Die Definition des Projektumfangs wird im Kurs getroffen
und begründet, insbesondere die Auswahl eines geeigneten
Substrates (Mais, Gülle, Bioabfall), wie auch die Auswahl
des Verwertungsweges (Stromgewinnung, stoffliche Nutzung, Kraftstoff für PKW, …).
Kursleitung
Claudia Elster (Jg. 1980) studierte an der Technischen Universität Braunschweig
Bioingenieurwesen. Im Rahmen Ihres Studiums absolvierte sie zwei Semester an der
University of Waterloo, Ontario in Kanada. Bereits während Ihrer Diplomarbeit betreute Sie eine Pilotanlage zur Aufbereitung von Biogas auf Erdgasqualität. Seit 2008
ist sie im Bereich Bioabfallvergärung und Biogasreinigung tätig. Während Ihrer Freizeit ist sie gerne auf Ihren Inline-Skates unterwegs oder lässt sich von der Spontaneität beim Impro-Theater herausfordern.
Caspar Paetz (Jg. 1980) hat es nach Koblenz (Heimat), Braunschweig und Schweden
(Studium) sowie Erlangen und Südafrika (Promotion) inzwischen nach Berlin verschlagen, wo er begeistert das Großstadtleben genießt. Er arbeitet in Forschung und
Entwicklung bei einer Tochter des ThyssenKrupp-Konzerns im Bereich Biokunststoffe. In seiner Freizeit beschäftigt er sich gerne mit eher ungewöhnlichen Hobbys und
schleicht dann nachts durch Wälder oder kriecht durch Höhlen … oder er macht
einfach Musik auf seiner Ukulele oder spielt Fußball, Volleyball oder Badminton.
–– 69
AKADEMIE TORGELOW
(11. BIS 27. JULI 2013)
Kurs 7.5
Außenseiter und Etablierte
Soziologische Beobachtungen am Rande der Gesellschaft
Was verbindet Fremde und Einheimische, Hartz IV-Empfänger und die oberen Zehntausend, sowie die Sonderlinge
auf dem Schulhof und die tonangebenden Cliquen? Es ist
die Klammer der Außenseiter-Etablierten-Beziehung, die
seit jeher die Soziologie umtreibt.
So hat Norbert Elias mit einer kleinen Studie über Etablierte und Außenseiter (1960) in einer englischen Arbeitervorstadt im Detail die Entstehungsbedingungen und
Konsequenzen einer solchen Konstellation nachgezeichnet.
In der modernen soziologischen Theorie sind Außenseiter
und Etablierte schließlich in Gestalt sozial Deklassierter
(Pierre Bourdieu), blasierter Großstadtbewohner (Georg
Simmel), Fremder (Alfred Schütz), Queers und Trans* (Judith Butler), Delinquenter und Ausgeschlossener (Michel
Foucault) erforscht worden. Die geteilte Vermutung ist
dabei, dass sich gesamtgesellschaftliche Prinzipien genau
dort offenbaren lassen, wo das geschieht, was Franz Kafka
in einer Erzählung an der Gemeinschaft von fünf Freunden
so beschrieben hat: »[E]s wäre ein friedliches Leben, wenn
sich nicht immerfort ein sechster einmischen würde. Er tut uns
Kursleitung
nichts, aber er ist uns lästig, das ist genug getan; warum drängt
er sich ein, wo man ihn nicht haben will?« (Franz Kafka, Erzählungen aus dem Nachlass (1904–1924): Gemeinschaft.)
Mit unterschiedlichen
soziologischen und politikwissenschaftlichen
Theorieperspektiven ist
die Frage zu stellen, wie
es dazu kommt, dass
sich Gesellschaften und
Gemeinschaften immer
wieder in Außenseiter
Denn sowohl im »kleinen« privaten Alltag
und Etablierte aufspalals auch angesichts »großer« öffentlich deten. Welche Formen
battierter Themen begegnen einem stets Prodieser Beziehung gibt es
bleme des Dazugehörens, des Andersseins,
und auf welche sozialen
Street_Art in Shoreditch, London, Foto von Privat
der Aus- oder Abgrenzung und des Konflikts
Mechanismen sind sie
mit Normen oder fremden Erwartungen – sei es als Punk,
zurückzuführen? Wie sieht die Wirklichkeit am Rand und
Emo, Hipster, als »Bürgerin mit Migrationshintergrund«
in der Mitte der Gesellschaft aus und handelt es sich wirkoder angesichts umstrittener Begriffe wie »Elite«, »Genelich um ein und dieselbe Realität? Schließlich wird auch
ration Praktikum« oder der Furcht, »Deutschland schaffe
hinterfragt, wozu diese Unterscheidung wissenschaftlich
sich ab«.
und in öffentlichen Diskussionen dient und ob sie noch
Sinn macht.
Lukas Becht (Jg. 1986) studierte in Freiburg und Warschau Wissenschaftliche
Politik, Soziologie und Philosophie. Gerade beschäftigt ihn seine Doktorarbeit
zur Zukunftssemantik in der Politik, für die es ihn nach München verschlagen
hat. Von dort pendelt er aber regelmäßig nach Polen, um seine Liebe zur polnischen Sprache zu pflegen, die sich im Laufe des Studiums und einer Tätigkeit am Sejm, dem polnischen Parlament, entwickelte. Darüber hinaus ist er als
Langstreckenläufer aktiv, hätte aber gerne mehr Zeit für schöne Literatur und
sein Schlagzeug.
70 ––
Dazu werden neben wissenschaftlichen und literarischen
Texten auch historische und biographische Quellen,
Interviews, Comics, Bilder und Filme gemeinsam analysiert. Von den Teilnehmerinnen und Teilnehmern werden
deshalb sowohl Neugier und Lust auf anspruchsvolle theoretische Lektüre als auch
offene Augen für die sie umgebende soziale
Wirklichkeit erwartet. Die Faszination für
einen durch soziologisches und politisches
Denken geschulten analytischen Blick auf
die Alltagswirklichkeit darf und soll sich im
Laufe des Kurses noch entwickeln.
Mario Schulze (Jg. 1986) lebt in Berlin und studierte in Leipzig Kulturwissenschaften,
Soziologie und Philosophie. Gegenwärtig schreibt er an der Universität Zürich eine Doktorarbeit zum Verhältnis von Menschen und Dingen im Museum. Seine Leidenschaft für
Ausstellungen entdeckte er bei der Arbeit an Museen und Archiven in San Francisco, USA,
Basel, Schweiz, Leipzig und London, Großbritannien. Er dokumentiert seine Museumsbesuche wöchentlich auf einem Blog. Auch seine Hobbys erinnern an Tourismus: Seien es
Rennradfahrten in der sächsisch-brandenburgischen Provinz oder Architekturtouren zu
den Stätten der Postmoderne in Berlin und Umgebung.
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(11. BIS 27. JULI 2013)
Kurs 7.6
Ein Sommernachtstraum
»A midsummer night's dream«, um 1595 anlässlich einer
Aristokratenhochzeit in London geschrieben und am englischen Hof uraufgeführt, ist eines der meist gespielten und
bekanntesten Stücke von William Shakespeare.
Shakespeare stellt in seiner Komödie auf einzigartige Weise
einen Kosmos dar, in dem die größten Gegensätze aufeinandertreffen und sich letztendlich vereinen: Die Stadt und
der Wald – der Tag und die Nacht – die Ratio und das Irrationale – das Bewusste und das Unterbewusste – die Welt
des Hofes und die Welt der Feen und Elfen – Handwerker
und Liebende.
Dieses von ihm erschaffene höchst komplexe Welt-Theater
hat seit seiner Entstehung unzählige andere Künstler zu
Musik, Opern, anderen Theaterstücken und Filmen inspiriert.
Der Kurs beschäftigt sich in seiner Fragestellung mit den
Alleinstellungsmerkmalen des »Sommernachtstraums« und
in diesem Zusammenhang mit der Frage der Umsetzung
für die Bühne.
Die Arbeit an diesem Werk wird sich auf drei Ebenen bewegen: Die erste Ebene beschäftigt sich dramaturgisch mit
dem Originaltext und seinen zahlreichen Übersetzungen.
Zu welcher Zeit sind diese entstanden? Auf welche Art
spiegelt sich in der Sprache der Übersetzungen der Zeitgeist ihrer jeweiligen Epoche? Und welchen Aspekt des
Sommernachtstraums hat der jeweilige Autor zu seiner Zeit
besonders hervorgehoben?
Schwerpunkt dieses Themenbereichs ist die Sensibilisierung der Teilnehmenden für Sprache und Sprachmelodie.
An zweiter Stelle steht der dramaturgische Aufbau des
Stückes und der Figuren: Wie komponiert Shakespeare die
Abfolge seiner Szenen? Wie verknüpft er einzelne Stränge
der Komödie miteinander? Und wie lässt sich vom Text auf
die Figur schließen?
In Kleingruppen lernen die Teilnehmenden, eine Rolle zu
analysieren und sie im Gesamtzusammenhang des Werkes
zu erkennen: Wer ist dieser Mensch? Wo befindet er sich?
Was will er erreichen? Wie fühlt er sich in diesem Augenblick? Woher kam er? Wohin will er gehen?
Ziel dieser Fragestellungen ist es, die Kompetenz zu vermitteln, ein Theaterstück in Aufbau und Struktur schnell
erfassen und den dramaturgischen Aufbau einer Figur analysieren zu können.
Aus den erarbeiteten Grundlagen dieser zwei Themenblöcke gestaltet sich die dritte Ebene der Arbeit: Nach
Recherche und Analyse geht es darum, die Ideenwelt des
Autors und der Epoche sinnlich zu begreifen und kreativ
umzusetzen: Was MEINT Shakespeare mit dem, was er
schreibt? Welche Sprache, welche Worte, welchen kreativen
Ausdruck wählen wir heute, um Shakespeare lebendig zu
machen? Das Nebeneinander der zahlreichen Ebenen in
Shakespeares Komödie gibt gerade durch ihre eher lose
Verknüpfung die Möglichkeit, im Spiel, in Musik und in
Bildern eine eigene und einzigartige Version des Sommernachtstraums zu finden und zu zeigen.
Torgelow 2013 – ein Sommernachtstraum: Wir erleben die
Vergangenheit und träumen die Zukunft.
Kursleitung
Dagmar Pischel (Jg.1966) studierte Musiktheater-Regie an der Hochschule
für Musik und Theater in Hamburg. Nach dem Studium lebte sie zehn Jahre
in Brüssel und arbeitete als Regisseurin und Spielleiterin an internationalen
Opernhäusern (Brüssel, Paris, Barcelona etc.) und für Festivals (Aix-en-Provence, Wiener Festwochen u.a.). Daneben war sie Dozentin für szenischen
Unterricht am Conservatoire de Musique de Bruxelles, Belgien. Seit 2005 ist
sie zurück in Deutschland und arbeitet freiberuflich als Musik-und Theaterpädagogin. Wenn sie nicht gerade im Theater sitzt oder Musik macht, ist sie
am Meer, im Wald, oder lernt mit Begeisterung Hebräisch.
Henning Stoll (Jg.1967) entdeckte über eine klassische Ausbildung zum Fagottisten an der
Hochschule für Musik und Theater Hamburg seine Liebe für Theatermusik. Seit 1990 ist er in
über 50 Inszenierungen zunächst als Fagottist und Bratscher zu hören. Mittlerweile kann er
sich Multiinstrumentalist nennen, begann nebenbei zu komponieren und Arrangements für
unterschiedlichste Ensembles anzufertigen. In Schauspielproduktionen übernahm er die musikalische Leitung. Er schrieb und produzierte Musiken für die »Sendung mit der Maus« und
diverse Hörbücher der Hörcompany (u.a. »Die Königin der Farben«). Es heißt, er spiele weder
Flöte noch Gitarre und mache keinen Jazz. Dafür aber fast alles andere! In seiner Freizeit trifft
man ihn auf Inlineskates oder dem Fahrrad, wenn er nicht gerade köchelnd am Herd steht.
–– 71
MULTINATIONALE AKADEMIE TORGELOW
(1. BIS 17. AUGUST 2013)
Multinationale
Akademie Torgelow
Internatsgymnasium Schloss Torgelow
Fortsetzung von Seite 64:
Im Oktober 2006 wurde ein weiterer Neubau eröffnet, der u.a. mit einer neuen Bibliothek, einem großen naturwissenschaftlichen Labor, neuen Projekträumen sowie einem
komfortabel eingerichteten Vortragssaal die schulische Qualität noch weiter verbessert
hat. Im Nachmittagsbereich finden wöchentlich über 70 Projekte statt. Angebote, wie
die Sporthalle und ein Sportplatz, der Tennisplatz, ein umfangreich ausgestattetes
Fitnessstudio und vieles mehr, nehmen die Schülerinnen und Schüler regelmäßig in
Anspruch.
Auf dem Internatsgelände wohnen die Schüler sowohl im Schloss als auch in anderen
modern eingerichteten Gebäuden. Die Unterbringung erfolgt in der Regel in Zweibettzimmern. Die Vollverpflegung erfolgt in der internatseigenen Mensa, in der die Speisen durch ein eigenes Küchenteam frisch zubereitet werden.
72 ––
MULTINATIONALE AKADEMIE TORGELOW
(1. BIS 17. AUGUST 2013)
Schloss Torgelow
Schlossstr. 1
17192 Torgelow am See (Waren)
www.schlosstorgelow.de
Programm
T.1
T.2
T.3
T.4
Akademieleitung
Differenzialgeometrie
Künstliches Leben
The Story of Stuff
Ausstellungen machen!
Jonas Büchel (Jg. 1965) ist glücklich verheiratet und lebt mit seiner Frau und
zwei Kindern in Lettland. Er studierte an der Fachhochschule Dortmund audiovisuelle Gestaltung und an der Evangelischen Fachhochschule RheinlandWestfalen-Lippe sowie der Alice-Salomon Hochschule Berlin Soziale Arbeit. Außerdem wurde er während einer berufsbegleitenden Weiterbildung zum Kulturund Eventmanager ausgebildet. Mit Integrierter Mediation befasste er sich im
Rahmen einer Ausbildung und Zusatzqualifikation des juristischen und psychologischen deutsch-lettischen Interreg-Programmes in Riga. Jahrelang arbeitete
er als Sozialarbeiter in der Berufsbildung im Kontext der Jugendarbeit, v.a. mit sozial benachteiligten Zielgruppen in Berlin. In den Ländern des ehemaligen Jugoslawiens, in Deutschland und
dem Baltikum wirkt er als Hochschulmanager und entwickelt neue Studiengänge. Heute leitet er
in Riga ein Institut für Urbanistik und ist freiberuflicher Stadtentwickler und Sozialplaner.
Lucas Wotzka (Jg. 1994) kennt Torgelow von seiner Teilnahme bei der Multinationalen Akademie 2012, wo Akademieleiter Jonas Büchel einer seiner Kursleiter war, den er im vergangenen Jahr in Riga besuchte. Lucas macht dieses
Jahr sein Abitur in Bergisch Gladbach und ist hinsichtlich seiner Zukunftspläne
noch unentschlossen, würde aber gerne wieder Zeit im Ausland verbringen. Seine Freizeit verbringt er als Sportbegeisterter zu einem großen Teil als Basketballspieler und Jugendtrainer, aber auch am Saxophon – der Jazz hat es ihm
angetan. Seit kurzem versucht er sich nun auch als Schauspieler.
Leitung kursübergreifende Musik
Katharina Gärtner (Jg. 1987) studiert Schulmusik und Klavierpädagogik an
der Hochschule für Musik Detmold. Ein Schwerpunkt nimmt dabei die Chorleitung und Teilnahme in den Hochschulchören sowohl im »klassischen« als auch
»populären« Bereich ein. Zusätzlich studiert sie Schlagzeug und Percussion, womit sie sich jedes Semester einer neuen Stilrichtung von Irish-Folk über Tango
bis bulgarischer Folklore zuwendet. Coachings und Konzerte führten sie bereits
nach Istanbul, Türkei, New York City, USA, und Jerusalem.
Š‹›’Ž•½ȱ Š–‹›Šžœ”Š’½ (Jg. 1991) kommt aus Kaunas, Litauen, und stu-
diert seit drei Jahren Medizin in ihrer Heimatstadt. Obwohl das Studium nicht
so viel Raum für Lieblingstätigkeiten lässt, lenkt sie sich gerne beim Klavierspielen ab. Sie ist ein häufiger Gast in Deutschland. Die Anlässe für ihre Besuche
variieren von Austauschprogrammen bis zu Multinationalen SchülerAkademien. Ihre erste Akademie war in Torgelow, an der sie im Jahr 2009 teilnahm.
Später war sie noch bei zwei SchülerAkademien dabei, diese Male aber bereits
als Akademieleitungsassistentin (Schulpforte 2011 und Torgelow 2012). Dieses
Jahr kehrt sie wieder voll Freude nach Torgelow zurück und wartet neugierig auf die spannende
Zeit in der SchülerAkademie!
–– 73
MULTINATIONALE AKADEMIE TORGELOW
(1. BIS 17. AUGUST 2013)
Kurs T.1
Differenzialgeometrie
Im 19. Jahrhundert entwickelten die Mathematiker Carl
Friedrich Gauß, Bernhard Riemann und andere die Differenzialgeometrie. Dieser Bereich der Mathematik beschreibt
die Eigenschaften von Kurven und gekrümmten Flächen.
Im dreidimensionalen Anschauungsraum lassen sich einfache und alltägliche Anwendungen konstruieren und daran interessante Fragen untersuchen:
– Wie lässt sich eine kugelförmige Erde möglichst gut auf
einer ebenen Karte darstellen?
– Haben zwei Länder, die auf der Karte gleich groß sind,
auch in Wirklichkeit die gleiche Fläche?
– Kann ein Seefahrer die Winkel, die er auf der Karte abliest ohne Weiteres zur Navigation verwenden?
– Was haben Kühltürme von Kraftwerken mit Seifenblasen gemeinsam?
– Wie findet man bei einer Wanderung im Gebirge die
kürzeste Verbindung zwischen zwei Punkten?
Im Kurs werden diese Fragen auf mathematische Art beantwortet. Dabei wird geklärt, wie eine Metrik erlaubt,
Abstände und Winkel zu berechnen und warum ein Zylinder nicht gekrümmt ist, eine Kugel jedoch schon. Bei der
Untersuchung von kürzesten und geradestmöglichen Ver-
bindungen wird einem der Begriff der Geodäte begegnen,
was sich im Höherdimensionalen zu Flächen minimaler
Krümmung – kurz Minimialflächen – verallgemeinert,
wie sie auch in der Natur auftreten. Dieser anschauliche
Zugang wird um eine formal-mathematische Herangehensweise ergänzt.
Darstellung der gekrümmten Raumzeit in der
Umgebung eines Sterns
trischen Konzepte anwenden
lassen, um die Gravitation zu
Die dabei erarbeiteten KonGrundkenntnisse der Differenzial- und Integralrechnung
beschreiben. Diese Idee wird
zepte werden abstrahiert
(insbesondere Ableiten) sind unabdingbar. Vorkenntnisse
konkret am Beispiel eines
und auf höherdimensionale
der Vektorrechnung sind von Vorteil aber nicht zwingend
Raumes erarbeitet, der die UmRäume verallgemeinert, die
erforderlich. Bereitschaft zum Durcharbeiten eines Vorbegebung einer symmetrischen,
der Vorstellung schwieriger
reitungsskripts wird erwartet.
kugelförmigen Masse beschreibt
zugänglich sind. Ein besonund sich somit auf unsere Erde,
deres Beispiel für einen solSterne und schwarze Löcher anwenden lässt.
chen Raum ist der Minkowski-Raum, der in der Physik zur
Beschreibung der Effekte der speziellen Relativitätstheorie
Wer schon vorab seine geometrische Anschauung auf die
dient. Dies ermöglicht, die aus der Populärwissenschaft beProbe stellen will, dem sei die Lektüre eines Klassikers
kannten, kontraintuitiven Konzepte, wie Zeitdilatation oder
aus der englischsprachigen Welt, der natürlich auch auf
Längenkontraktion, mathematisch exakt zu behandeln.
Deutsch erhältlich ist, empfohlen: das Werk von Edwin AbDabei klärt sich auch das vielfach bekannte Zwillingsparabott Abbott, »Flatland. A Romance of Many Dimensions«.
doxon auf.
Zum Abschluss des Kurses geht es um kompliziertere
Räume, wie sie in Einsteins allgemeiner Relativitätstheorie
auftreten. Dabei wird man feststellen, wie sich die geome-
Kursleitung
Maximilian Totzauer (Jg. 1989) studiert an der Technischen Universität München
im Masterstudiengang Kern-, Teilchen- und Astrophysik. Ab April schreibt er seine
Masterarbeit im Bereich der theoretischen Astroteilchenphysik. Er war 2007 selbst
Teilnehmer der Deutschen SchülerAkademie in Hilden zum Thema Experimentalphysik, wo seine Entscheidung, Physik zu studieren, fiel. Seine Freizeit verbringt er
gerne in den Bergen, in der Küche und auf dem Motorrad.
74 ––
Philipp Höffer v. Loewenfeld (Jg. 1978) studierte an der Technischen Universität
München (TUM) Allgemeine Physik. Nach einer Diplomarbeit am Albert-EinsteinInstitut in Potsdam im Bereich der Allgemeinen Relativitätstheorie beschäftigte er
sich an der Ludwig-Maximilians-Universität München mit Stringtheorie-inspirierter
Kosmologie. Jetzt ist er als Referent des Studiendekans wieder an der TUM und bemüht sich, die Studienbedingungen für Physikstudierende zu verbessern. In seiner
Freizeit fährt er gern Fahrrad oder betätigt sich als Zuckerbäcker.
MULTINATIONALE AKADEMIE TORGELOW
(1. BIS 17. AUGUST 2013)
Kurs T.2
Künstliches Leben
Leben wie es sein könnte
»Künstliches Leben« (KL, engl. Artificial Life) beschreibt ein
wissenschaftliches Feld, in dem Leben und lebensähnliche
Systeme durch Simulation am Computer, biochemische Experimente oder Robotik erforscht werden.
Die Faszination künstlichen Lebens ist alt und wurde literarisch schon in den griechischen Mythen verarbeitet, wie
zum Beispiel denen des Hephaistos, der sich künstliche
Dienerinnen schmiedete. Automaten und Maschinen in Menschen- und Tierform, wie zum Beispiel die künstliche Ente
von Jacques de Vaucanson, kamen im 18. Jahrhundert dazu.
Das moderne Feld des künstlichen Lebens hat mit diesen historischen Ansätzen allerdings wenig gemein und sich erst in
den späten 1970er Jahren entwickelt. Der Begriff Artifical Life
wurde das erste Mal 1986 von Christopher Langton benutzt,
der auch das Motto »Nicht leben wie es ist, sondern Leben
wie es sein könnte« prägte. Inspiriert von den Fortschritten im
Verstehen komplexer Systeme in der Physik und Biologie als
auch den Möglichkeiten der Computersimulationen, wird hier
nicht mehr Leben, wie es in der Natur vorkommt, betrachtet,
in der Natur beschäftigen. Ausgehend
sondern lebensähnliche Systeme werdavon werden einige Beispiele künstden auf dem Computer simuliert und
licher Systeme, wie zum Beispiel Tierra,
untersucht. Künstliches Leben kann auf
breve oder Langton’s Loops basierend
verschiedenen Ebenen betrachtet werauf zellulären Automaten, in den Blick
den, so spielen chemische Prozesse eine
genommen. Dabei wird der Kurs sich
wichtige Rolle, die zum eigenen Teilbemit den Themen Selbstreplikation und
reich der künstlichen Chemie führen.
künstliche Evolution weiter beschäftiAber auch Kognition und Bewusstsein
gen. Hier allerdings nicht mehr so sehr
spielen auf höherer Ebene eine wichtige
in Verbindung zu biologischen VorgänRolle und bieten Berührungspunkte zu
gen sondern als abstrakte Konzepte.
den Neurowissenschaften. Der KursinNeben dem theoretischen Anteil werden
halt konzentriert sich hauptsächlich auf
Langton’s Loop (Quelle: erstellt mit Golly CA Simulator)
auch eigene Simulationen am Computer
den Bereich der Computersimulation
durchgeführt und die simulierten Systeme untersucht.
von künstlichem Leben, die thematisch dazwischen einzuordnen ist.
Die Schwerpunkte des Kurses liegen im naturwissenschaftlichen Bereich, sowie der Informatik und Mathematik. Es
Um Leben oder lebensähnliche Systeme zu untersuchen und
werden jedoch keine speziellen Vorkenntnisse erwartet, die
zu modellieren, wird zuallererst eine Definition benötigt, was
benötigten Grundlagen werden im Kurs vermittelt. Die TeilLeben, lebensähnlich oder lebendig eigentlich bedeutet. Dinehmenden sollten die Bereitschaft mitbringen im Vorfeld des
es ist eine zentrale Frage, die im Kurs diskutiert wird. Dazu
Kurses einen Vortrag zum Thema vorzubereiten und sich mit
werden sich die Teilnehmenden zu Beginn mit Themen wie
Quellen in englischer Sprache auseinanderzusetzen.
Stoffwechsel (Metabolismus), Selbstreplikation, Evolution
oder Informationsverarbeitung am Beispiel von realem Leben
Kursleitung
Christoph Salge (Jg. 1982) studierte an der Technischen Universität Braun-
schweig Informatik mit dem Nebenfach Psychologie. Seit fünf Jahren lebt er
in England, wo er an der University of Hertfordshire mit dem Thema »Informationstheoretische Modelle sozialer Interaktion« promovierte. Inzwischen
forscht er dort als Research Fellow im Bereich »Kognitive Robotik«. In seiner Freizeit ist er begeisterter Rollen-, Computer- und Brettspieler. Dies ist die
zweite Akademie, in der Christoph gemeinsam mit Malte einen Kurs leitet.
Malte Harder (Jg. 1986) studierte Mathematik in seiner Heimatstadt Bremen und in Warwick, Großbritannien. Zur Zeit lebt er wieder in Bremen und schreibt seine Dissertation
im Bereich Künstliches Leben und Informationstheorie an der University of Hertfordshire,
Großbritannien. In seiner Freizeit klettert er gerne und ist leidenschaftlicher Brett- und
Kartenspieler. Daneben ist er begeistert von Fotografie, auch wenn er sich dafür zu selten
Zeit nimmt. Dies ist für ihn das zweite Mal, dass er gemeinsam mit Christoph einen Kurs
leitet. Als Teilnehmer war Malte schon 2004 einmal bei der SchülerAkademie dabei.
–– 75
MULTINATIONALE AKADEMIE TORGELOW
(1. BIS 17. AUGUST 2013)
Kurs T.3
The Story of Stuff
Schon beim Frühstück geht es rund: Kaffee aus Brasilien,
Tee aus Kenia, Bananen aus Indien und Haferflocken aus
... ja woher eigentlich? Woher kommen die Dinge in meiner Welt? Und welche Welten kennen diese Dinge? Auf
welchen Wegen und Gefährten sind sie gereist? Wer hat sie
in der Hand gehalten, gespült, zusammengenäht, geröstet?
Welche Orte haben sie hinter sich gelassen? Und wohin reisen ihre Überreste, wenn ich sie in den Abfall werfe?
In diesem Kurs wird unser eigenes Konsumverhalten unter
die Lupe genommen und dessen globale und lokale Auswirkungen werden exemplarisch betrachtet. Markteffizienz,
neoliberale Wirtschaftspolitik und Welthandel haben einerseits für Wohlstand und Sicherheit in einigen Teilen der
Welt gesorgt, andererseits sieht sich ein Großteil der Weltbevölkerung mit gegenteiligen Lebensumständen konfrontiert. Was sind die Ursprünge und fortlaufenden Gründe
für diese ungleichen wirtschaftlichen Entwicklungen? Und
warum hängt wirtschaftliche Entwicklung mit dem Klimawandel und anderen Umweltproblemen zusammen?
Klassiker der Wirtschaftstheorie werden den Teilnehmenden zur Seite stehen. Sie werden Erklärungsansätze
dafür bieten, warum die Welt so aussieht, wie sie aussieht. Denn als Adam Smith 1776 in »Der Wohlstand der
Nationen« von der unsichtbaren Hand und dezentralen
Märkten schrieb, ahnte er nicht, wie langfristig diese Ideen
wirtschaftliches Handeln und Denken – noch bis ins 21.
Jahrhundert hinein – beeinflussen würden.
Corporate Social Responsibility, Social Business, Upcycling
und Cradle to Cradle verbergen sich gelebte Alternativen.
Einige davon werden genauer untersucht, insbesondere
unter dem Nachhaltigkeitsgedanken – denn unsere Welt
ist weder schwarz-weiß noch statisch. Sie verändert sich
ständig.
Der Kurs lädt zu einer Reise ein, um globale Zusammenhänge und lokale Handlungsspielräume zu erkunden. Kreative Köpfe sind die treibende Kraft auf dieser Reise.
Nicht nur aus der Vergangenheit, sondern auch aus der Gegenwart und sogar der Zukunft kann man lernen. Es gibt
zahlreiche Ideen von alternativen Wirtschafts- und Lebensmodellen, die fortlaufend diskutiert und weiterentwickelt
werden und sich in sozialen Bewegungen manifestieren.
Hinter Fair Trade, BuenVivir (Sumak Kawsay), De-growth,
Kursleitung
Anne Schollmeyer (Jg. 1983) studierte Europawissenschaften, Afrikawissenschaften und Sozial Development Studies in Maastricht, Niederlande, Rom, Italien, Berlin
und Brighton, Großbritannien. In den letzten vier Jahren bereitete sie als freiberufliche Trainerin für Globales Lernen zahlreiche Auslandspraktika und Freiwilligenjahre
vor und nach. Derzeit lebt sie in Berlin und strickt an einem Konzept, um »Scheitern« diskursiv wie praktisch in ein anderes Licht zu rücken. Außerdem ist sie Mitgründerin des Online-Marktplatzes Fairnopoly – und in Torgelow wird sie wissen,
ob es eventuell sogar eine Synergie zwischen diesen beiden Tätigkeiten gibt. Anne
freut sich mit und auf Nora auf ein weiteres Mal in Torgelow!
76 ––
Nora Hofstetter (Jg. 1987) studiert nachhaltige Entwicklung im Masterstudiengang an der Universität Basel, Schweiz. Nach ihrem Bachelorstudium in Sozialwissenschaften an der Jacobs University Bremen arbeitete sie in verschiedenen Eigenschaften im Bereich Corporate Social and Ecological Responsibility, zuletzt bei einer
ghanaischen Nichtregierungsorganisation (NGO) im Rahmen des ASA-Programms
(Entwicklungspolitische Lernwerkstatt). Wie viel Spaß Kursleitung macht, hat sie vor
drei Jahren als Kursleiterin bei der JuniorAkademie Meisenheim entdeckt. Sie freut
sich, nach letztem Jahr nun zum zweiten Mal bei der Multinationalen Akademie Torgelow dabei zu sein. Nora mag Menschen und Essen.
MULTINATIONALE AKADEMIE TORGELOW
(1. BIS 17. AUGUST 2013)
Kurs T.4
Ausstellungen machen!
Von Dingen in Museen
Als Kultureinrichtung ist das Museum ein Zwitterwesen:
Es entstand zum einen aus den vormodernen adeligen
Sammlungen, die oft den Grundstock an Objekten für
heutige Museen bilden. In diesen Sammlungen wurde das
aufbewahrt, was als »kurios« und welterklärend galt. Zum
anderen bekam das Museum mit der französischen Revolution einen öffentlichen Auftrag: Jetzt ging es nicht mehr
nur darum, besonders interessante Dinge aufzubewahren
und zu Repräsentationszwecken zu zeigen, sondern die
freien Bürger sollten sich an diesem Ort bilden und über
die Wahrheit aufgeklärt werden.
Beides – den Anspruch aufklärerisch zu wirken und interessante Dinge zu zeigen – machen das Museum bis heute
aus. Meist wird ein modernes Museum mit den Grundsätzen der ICOM, dem internationalen Museumsverband,
definiert: »Sammeln – Bewahren – Ausstellen«. Die Institution soll also wichtige Kulturgüter erwerben und diese so
aufbewahren, dass sie auch nachfolgenden Generationen
zugänglich sind. Sowohl das Wissen über die Dinge als
auch die Dinge selbst sollen der Öffentlichkeit vermittelt
werden. Dies geschieht in Ausstellungen.
Wer nun selbst eine Ausstellung plant und organisiert, hat
schnell einige interessante Fragen: Was ist denn überhaupt
ein Ding? Von welchen Dingen würden wir sagen, dass sie
andere Leute und nachfolgende Generationen interessieren?
Wie präsentiert man Dinge so, dass andere Menschen die
nicht soviel von dem Thema wissen, verstehen, worum es
geht? Wie kann man komplexe und abstrakte Sachverhalte
mit Texten, Medien, Objekten oder Inszenierungen so umsetzen, dass sie allgemein verständlich sind? Wie schreibt
man mit wenigen Worten einen guten Ausstellungstext?
Solche Fragen will der Kurs beantworten. Mit Hilfe von
Museums- und Ausstellungstheorien nähert er sich dem
Phänomen Ausstellung an. Ziel des Kurses ist es gemeinsam eine eigene Ausstellung zu konzipieren, zu planen und
umzusetzen. Dabei wird ein Thema in sinnvolle Einheiten
unterteilt, Wissen zu einzelnen Objekten und Sachverhal-
Quelle: Deutscher Museumsbund e. V. / ICOM-Deutschland
(Hrsg.): Standards für Museen, 2006, S. 6.
ten recherchiert und die Ergebnisse schließlich auf eine
stimmige Art und Weise präsentiert. Da dieser Prozess nur
bis zu einem gewissen Grad planbar ist, spielen Kreativität
und Offenheit gegenüber Unvorhersehbarem eine große
Rolle. Am Ende des Kurses führen die Teilnehmenden die
Besucher durch ihre eigene Ausstellung.
Für den Kurs sind keine besonderen Vorkenntnisse erforderlich. Er richtet sich an all diejenigen, die sich gerne
im Team mit einem Thema auseinandersetzen, sich auf
kreative Prozesse einlassen wollen und Spaß am Denken,
Planen und Diskutieren haben.
Kursleitung
Franziska Jenrich (Jg. 1983) war 2002 selbst Teilnehmerin einer DSA. Sie studierte
Religionswissenschaft und Kunstgeschichte an der Freien Universität Berlin. Gefördert durch das »Elsa-Naumann-Stipendium« arbeitet sie derzeit an ihrer Doktorarbeit im Bereich Architekturgeschichte mit einem Schwerpunkt auf Museumsarchitektur. Seit ihrem Studium arbeitet sie in verschiedenen Museen, u.a. im Deutschen
Historischen Museum, im Martin Gropius Bau, im AlliiertenMuseum und im Jüdischen Museum Berlin. In ihrer Freizeit singt sie im Chor, tanzt Standard und Salsa
und joggt durch Berlin.
Robert Kluth (Jg. 1982) hat 2001 in Roßleben selbst an der SchülerAkademie teilgenommen und freut sich darauf, nun selbst einen Kurs zu leiten. In den zurückliegenden 11 Jahren studierte er Geschichte, Philosophie und Soziologie in Münster,
Belgien und Berlin und danach absolvierte er ein Volontariat beim Deutschen Historischen Museum. Zur Zeit nennt er sich Ausstellungsmacher und jongliert verschiedene Projekte gleichzeitig. Daneben mag er Schwimmen, fährt gerne und lange Strecken mit dem Fahrrad, hört viel Musik und kauft immer wieder Bücher, die er gar
nicht alle lesen kann.
–– 77
MULTINATIONALE AKADEMIE WALDENBURG
(25. JULI BIS 10. AUGUST 2013)
Multinationale Akademie
Waldenburg
Europäisches Gymnasium Waldenburg
Das Europäische Gymnasium Waldenburg liegt zentral im Wirtschaftsdreieck LeipzigChemnitz-Zwickau im neuen Landkreis Zwickau an der Grenze zu Thüringen und
prägt maßgeblich das gesellschaftliche Leben der Städte Waldenburg, Lichtenstein,
Meerane und Glauchau.
Die Töpferstadt Waldenburg liegt im Tal der Zwickauer Mulde und ihre Umgebung
wird geprägt durch Waldgebiete, Flussauen und die Hügellandschaft des Erzgebirgsvorlandes. Der Grünfelder Park, das Schloss der Herren von Schönburg und das Naturalienkabinett sind beliebte Ausflugsziele und prägen das historische Bild der Stadt.
Der englische Landschaftspark »Grünfeld« zählt zu den bedeutendsten Werken sächsischer Gartenkunst. Auch Fahrrad- und Wanderfreunde kommen in Waldenburg auf
ihre Kosten. Viele beschilderte Wege führen Natur- und Kunstinteressierte durch das
Muldental. Zahlreiche Burgen, Schlösser und Museen der Umgebung laden zu Kulturgenuss und Entspannung ein.
Unweit der Kirche steht das ehemalige Fürstlich Schönburgische Lehrerseminar, gestiftet 1844 von Fürst Otto Viktor I. von Schönburg-Waldenburg. Heute sind dort das
1994 in freier Trägerschaft gegründete Europäische Gymnasium und die Freie Jugendkunstschule ansässig. Der große 3-flüglige Bau zählt nach seiner Rekonstruktion zu
einem der schönsten historischen Gebäude der Stadt.
78 ––
Das Gymnasium ist Träger der Titel «Schule mit internationalem Charakter» (verliehen vom Sächsischen Staatsministerium für Kultus, SMK), »Schule ohne Rassismus
– Schule mit Courage« (verliehen von der Stiftung Courage), Schule der offenen Tür
(verliehen von der Zeitschrift Focus-Schule) und zählt lt. Schulranking der Zeitschrift
»Capital« 13/05 zu den 100 besten Gymnasien Deutschlands.
Im vergangenen Jahr waren das Gymnasium und die in enger Kooperation verbundene Jugendkunstschule Siegerschule des vom WDR und dem Verband der Schulmusiker ausgeschriebenen Wettbewerbs »Musik gewinnt«. Außerdem wurde das Jugendblasorchester vom entsprechenden Landesverband mit dem Prädikat »Sehr gut«
eingestuft. Eine hohe Würdigung erfuhr die Arbeit des Kollegiums auch durch den
Besuch des Bundespräsidenten am 17.04.2007. An der Schule werden auf der Grundlage einer Vereinbarung mit dem Sächsischen Staatsministerium für Kultus und den
Regierungen Chinas und Vietnams Jugendliche dieser Länder zum deutschen Abitur
geführt.
MULTINATIONALE AKADEMIE WALDENBURG
(25. JULI BIS 10. AUGUST 2013)
Europäisches Gymnasium Waldenburg
Altenburger Str. 44
08936 Waldenburg, Sachsen
www.eurogymnasium-waldenburg.de
Programm
W.1
W.2
W.3
W.4
Das Geheimnis von Schrödingers Katze
Mythos und Entmythologisierung
Globalisierung und Entwicklung
Die Poetik des Films und die Entwicklung
der Filmtechnik
Akademieleitung
Thomas Wotschke (Jg. 1984) nahm an der Akademie Gaesdonck 2001 teil. Er
kommt aus Nordrhein-Westfalen und ist aufgewachsen zwischen Ruhrgebiet und
Sauerland. Für das Studium der Physik zog es ihn ins Rheinland nach Bonn mit
einem Abstecher nach Amsterdam, Niederlande, und wieder zurück. Momentan
schreibt er als Stipendiat der Deutsche-Telekom-Stiftung seine Doktorarbeit über
Stringtheorie. In seiner Freizeit leidet er mit Borussia Dortmund und den Iserlohn Roosters und entdeckt seine Heimat immer wieder neu. Weiterhin ist er im
Ehemaligenverein der SchülerAkademien aktiv, wo er seinem Hobby Satire
nachgeht.
Jonas Maeser (Jg. 1993) war im vergangenen Jahr auf der Multinationalen Aka-
Leitung kursübergreifende Musik
Tim Wendhack (Jg. 1986) studierte Musikwissenschaften und Geschichte an
der Robert-Schumann Hochschule sowie an der Heinrich-Heine Universität
in Düsseldorf. Zur Zeit befindet er sich im Masterstudium der Musikwissenschaften am Institut für Musikforschung der Julius-Maximilians-Universität
Würzburg. Neben seinem Studium erhält er Unterricht in Orchesterleitung, war
bereits als Chorleiter tätig und spielt in verschiedenen Orchestern Geige. Im
vergangenen Jahr war er als Kursleiter bei der DSA in Hilden und freut sich nun
auf die Aufgabe, zwei Wochen musikalisch mit den Teilnehmenden zu arbeiten.
demie Waldenburg. Er kommt aus dem schönen Paderborn und arbeitet aktuell
daran, sein Abitur zu machen. Jonas verbringt seine Freizeit mit Gitarre Spielen, ist seit einem einjährigen Austausch ein begeisterter USA-Fan und hat zum
Leidwesen seiner Freundinnen und Freunde immer ein Lied auf den Lippen.
Nebenher ist er in der Paderborner Basisgruppe der Grünen Jugend aktiv und
schreibt als Redakteur für deren Landeszeitung sowie für seine Schülerzeitung.
Er kann es kaum erwarten, nach Waldenburg zurückzukehren, und freut sich
auf zwei tolle Wochen.
Mónika Bánszki (Jg. 1993) legte 2012 das Abitur ab. Sie studiert gerade Geographie in Ungarn und möchte später in dem Bereich Regional- und Stadtentwicklung arbeiten. In Ihrer Freizeit unternimmt sie gerne Ausflüge, fährt mit
ihrer Schwester Rollschuh oder reitet, wenn das Wetter schön ist. 2011 war sie
Teilnehmerin der Multinationalen SchülerAkademie in der Landesschule Pforta
und 2012 wirkte sie in Torgelow als Assistentin bei der Akademieleitung mit.
Sie freut sich, in diesem Jahr in Waldenburg dabei zu sein, neue Menschen zu
treffen und eine schöne Zeit zu erleben.
–– 79
MULTINATIONALE AKADEMIE WALDENBURG
(25. JULI BIS 10. AUGUST 2013)
Kurs W.1
Das Geheimnis von Schrödingers Katze
Eine Einführung in die Quantenmechanik
Im Jahr 2012 erhielten David J. Wineland und Serge Haroch den Nobelpreis für Physik »für die Entwicklung Bahnbrechender experimenteller Methoden, welche Messungen
und Manipulationen individueller Quantensysteme ermöglicht.« Aus diesem Anlass wird der Kurs eine verständliche
Einführung in das physikalische Teilgebiet der Quantenmechanik geben.
Die Quantenmechanik, deren theoretisches Fundament
in den 1920er Jahren gelegt wurde, hat in den letzten drei
Dekaden einen enormen Aufschwung erlebt. Ermöglicht
wurde dieser durch neue experimentelle Techniken, welche
unter anderem von den beiden Preisträgern entwickelt worden sind. Diese Techniken ermöglichen es, einzelne Quantensysteme zu manipulieren und zu messen. Grundlage ist
vor allem der Einsatz von Licht (LASER), welches zerstörungsfrei mit unterschiedlichsten Quantensystemen wechselwirken kann. Dies erlaubt es, die Quantenmechanik,
welche zunächst nur als eine physikalische Theorie formuliert wurde, in einer völlig neuen Qualität experimentell zu
verifizieren und ihre Vorhersagen zu testen. Die technologischen Veränderungen, welche dieser Forschungszweig
noch mit sich bringen wird, sind noch nicht vollständig
vorherzusehen. Es ist aber schon jetzt unumstritten, dass
das Verständnis der grundlegenden Gesetzmäßigkeiten der
Quantenmechanik in unserer immer kleiner werdenden
Elektronik eine immer größer werdende Rolle spielen wird.
Bereits jetzt werden auf den Gesetzen der Quantenmechanik beruhende Uhren entwickelt, welche Zeit hundertfach
genauer messen als herkömmliche Cäsium-Atomuhren.
Eine weitere Entwicklung, welche von den Forschern angestrebt wird, ist der so genannte Quantencomputer. Dieser
unterscheidet sich in seiner Funktionsweise fundamental
von einem klassischen Computer. Damit wäre es möglich,
moderne Verschlüsselungssysteme (wie z.B. RSA) in nur
einem Bruchteil der Zeit zu entschlüsseln, die heutige
Computer dafür benötigen.
Die Teilnehmenden werden sich mit der mathematischen
Formulierung der Quantenmechanik und mit grundlegenden Begriffen und Konzepten dieser Theorie auseinandersetzen. Ein durchaus ambitioniertes Ziel, da die Quantenmechanik in vielerlei Hinsicht den Erfahrungen aus unserer
Alltagswelt widerspricht. Diese Schwierigkeit hat auf der
anderen Seite eine Vielzahl von interessanten Effekten zur
Folge, von denen im Kurs einige (Schrödingers Katze, Tele-
portation, EinsteinPodolsky-Rosen-Paradoxon und andere)
genauer studiert werden. Um den Zugang zu diesem Gebiet
zu erleichtern, werden in mehreren zunächst sehr unterschiedlichen Gebieten (Lineare Algebra, Komplexe Zahlen,
Wahrscheinlichkeitsrechnung und Optik) Grundlagen gelegt. Mit Hilfe dieser Kenntnisse wird es dann möglich sein,
die wichtigsten Konzepte und Grundbegriffe der Quantenmechanik zu erfassen und zu einem Gesamtbild zusammen
zu setzten.
Die einzelnen Themen werden dabei zum Teil vermittelt
und in kleinen Gruppen selbstständig im Kurs erarbeitet
und präsentiert. Bei einzelnen Themen werden im Kurs
auch die Primärquellen studiert und diskutiert. Grundvoraussetzung zur Teilnahme an diesem Kurs ist der Wille,
sich mit neuen mathematischen Sachverhalten auseinanderzusetzen, was mindestens die Hälfte des Kurses ausmachen wird, sowie die Bereitschaft, die üblichen Denkweisen
der Welt der klassischen Physik durch neue zu ergänzen.
Kursleitung
Alexander Knospe (Jg. 1984) studierte von 2004 bis 2010 Physik an der Universität Leipzig und arbeitet seit Abschluss seines Studiums als Nachhilfelehrer im
Studienkreis Eilenburg. Dort verhilft er Schülern aller Altersklassen zum besseren
Verständnis von Mathematik und Physik und unterstützt sie bei der Überwindung
ihrer individuellen Schwächen in diesen Fächern. In seiner Freizeit spielt er gerne
Tischtennis, Billard und verschiedene Gesellschaftsspiele oder spielt auf seiner akustischen Gitarre.
80 ––
Martin Hofmann (Jg. 1984) studierte von 2005 bis 2011 Physik an der Universität
Leipzig. Seit dem Frühjahr 2011 promoviert er an der Universität Siegen im Bereich
der theoretischen Quantenphysik. Zu seinen universitären Aufgaben zählt neben der
Forschung auch die Anleitung von Übungsgruppen für Studenten. In seiner Freizeit
trainiert er regelmäßig Aikido, Aiki-Jo und Aiki-Ken, geht ins Theater, Musical oder
Kabarett und spielt auch gerne Gesellschaftsspiele. An den Wochenenden besucht er
des Öfteren seine Kommilitonen aus der Studienzeit sowie seine Familie.
MULTINATIONALE AKADEMIE WALDENBURG
(25. JULI BIS 10. AUGUST 2013)
Kurs W.2
Mythos und Entmythologisierung
Untersuchungen zur historischen und gegenwärtigen Bedeutung und Funktion des Mythos
Hört man das Wort Mythos, so denkt man zumeist an Märchen oder Fabeln. Das, was mythisch ist, ist fiktiv. Seit der
Aufklärung bestimmt ein wissenschaftliches Weltbild unser
Denken, welches den Mythos mit phantastischen Geschichten und Trugbildern, etwas, das nicht der Realität entspricht,
gleichsetzt. Der Mythos ist ein Relikt überholter Weltvorstellungen, die auf einem Glauben an Götter und übernatürliche
Kräfte beruhen. Priester und Magier bedienten sich dieser
Phantasien um das Volk im Zaum zu halten und zu kontrollieren.
So die klassische Vorstellung. Doch der Mythos ist viel mehr
als das. Ziel des Kurses ist es, die gängige Auffassung des
Mythos in Frage zu stellen und erst einmal herauszufinden
wo der Mythos im Leben des Menschen auftritt. Dabei wird
versucht, eine kleine historische Einführung in die Auseinandersetzung mit dem Mythos seit der Aufklärung zu geben und
die Mythen der verschiedenen Hochkulturen (Griechen, Ägypter und Maya) vorzustellen. Wichtiges Anliegen dabei ist die
Erforschung der Funktion und Bedeutung des Mythos für den
Einzelnen und die Gemeinschaft. Der Mythos konstituiert eine
soziale Ordnung mit Wertvorstellungen und sozialen Praxen.
Die gesellschaftliche Ordnung ist jedoch stets dem Wandel
und inneren sowie äußeren Bedrohungen unterworfen. Mittels
von Ritualen ruft sich die Gemeinschaft ihr Wertesystem in
Form von Mythen ins Gedächtnis.
Was aber passiert mit Gemeinschaften, die keinen Mythos
mehr kennen, die entmyhtologisiert sind und somit ein bedeutendes Medium zur Übermittlung von Werten verloren haben,
in denen das Gefühl für eine gemeinsame Identität verloren
gegangen ist?
Im Zuge der Säkularisierung seit der Reformation ist eine
zunehmende Individualisierung zu beobachten. Nicht mehr
die Gemeinschaft bestimmt die Wertvorstellungen, sondern
individuelles Konkurrenzdenken. »Gott ist tot!« Das postuliert
die moderne Philosophie und meint damit in literarischer
Form das Ende des Mythos, also allgemeingültiger Verbindlichkeiten. Doch das angebliche Aus von Mythos und Religion
brachte neue Herausforderungen für die moderne Gesellschaft
mit sich.
An die Stelle religiöser Mythen, die die Werte der Gesellschaft
bestimmt hatten, traten Neue. Vor allem im politischen Bereich war eine Mythologisierung des Staates wahrzunehmen
(Nationalsozialismus, Kommunismus). Häufig hing diese Wiedererweckung mit sozialen und politischen Krisen zusammen.
Daran kann man wunderbar erkennen, dass der Mythos nicht
bloß an das Denken der Antike und des Mittelalters gebunden
ist, sondern auch in der Moderne eine wichtige Rolle spielt.
Der Mythos stellt also nicht wie eingangs gesagt eine bloß
reine Fiktion oder ein Märchen dar, sondern eine spezifisch
menschliche Form des Denkens und Handelns. Somit gewinnt
er eine Bedeutung für das Verständnis der Gegenwart. Ein
weiterer wichtiger Punkt des Kurses ist die Frage welche Rolle
Mythen heute spielen. Wo und in welcher Form begegnen uns
Mythen im Alltag? Welche traditionellen Mythen begegnen
uns noch heute (die Bräuche des Christentums) und welche
neuen mythologischen Vorstellungen produzieren wir selbst
(Massenevents, Star- Kult ...)?
Der Kurs setzt kein spezielles Wissen voraus. Alle wichtigen
Begriffe und Fragen werden im Laufe des Seminars er- und
geklärt.
Kursleitung
Martin Peine (Jg. 1986) studiert seit 2007 Philosophie an der Universität Leipzig
und beschäftigt sich am liebsten mit Religionsphilosophie, Erkenntnistheorie,
Metaphysik und Ontologie. Neben der Philosophie interessiert ihn die Religionswissenschaft, insbesondere die Religionssoziologie (Collège de Sociologie) und
die Theologie. Er ist am Fuße der Wartburg in Eisenach geboren und genießt,
wenn er zuhause ist, die wunderschöne Natur des Thüringer Waldes. Neben dem
Studium fotografiert er sehr gerne, schaut sich zahllose Filme an (er ist ein Cineast) und liebt es gute Musik zu hören.
Manuel Stadler (Jg. 1986) im österreichischen Mödling geboren, aufgewachsen im be-
schaulichen niederösterreichischen Berndorf, lebt seit 2002 in Leipzig, wo er Ägyptologie
und Religionswissenschaft studiert und derzeit an einer Abschlussarbeit über die Sedfeste Amenophis III. schreibt. Neben dem Studium hat er als Mitarbeiter von Dr. Carlos Marroquin an Übersetzungen und Texten über die französische Religionssoziologie
mitgewirkt. Neben dem Interesse für religionsoziologische Theorien vertreibt er seine
Freizeit mit Wandern, spielt Gitarre, hält Vorträge zu verschiedenen Themen und kocht
leidenschaftlich gerne.
–– 81
MULTINATIONALE AKADEMIE WALDENBURG
(25. JULI BIS 10. AUGUST 2013)
Kurs W.3
Globalisierung und Entwicklung
Wie selbstverständlich akzeptieren wir heute, dass es eine
so genannte »entwickelte« und eine weniger »entwickelte«
Welt gibt, zwischen denen die Lebensumstände weit auseinander klaffen. Gleichzeitig wächst die Welt immer mehr
zusammen und Organisationen aller Art haben sich zum
Ziel gesetzt, diese ungleichen Verhältnisse anzugleichen.
Doch wie erfolgreich sind diese Bemühungen, sind wir auf
dem Weg zu einer Art »Weltgesellschaft«?
Ziel dieses Kurses ist es, Armut und Ungleichheit besser zu
verstehen, die dominanten Lösungsansätze kritisch zu hinterfragen und mögliche Alternativen zu entwickeln.
Warum sind eigentlich manche Länder »arm« und andere
»reich«? Was haben diese Länder gemeinsam, was unterscheidet sie? Nach der Diskussion von konzeptionellen
und definitorischen Grundlagen geht der Kurs der Frage
nach, warum sich unterschiedliche Regionen verschieden
entwickelt haben und wie dem im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit begegnet wurde. Die Entwicklung
von ausgewählten Ländern im Laufe der Geschichte wird
nachgezeichnet und analysiert, wie diese durch Kolonialisierung, Entwicklungszusammenarbeit und Globalisierung
beeinflusst wurde. Der geschichtliche Überblick umfasst
auch die Veränderung des Begriffs »Entwicklung« und der
Entwicklungspolitik in den vergangenen 50 Jahren.
Trotz jahrzehntelanger Bemühungen scheint die Liste der
»globalen Probleme« jedoch weiter zu wachsen und wir
stehen zunehmend vor neuen Herausforderungen, die in
einem nächsten Schritt diskutiert werden. Immer neue
Konflikte flammen auf und fordern, wie im Falle Syriens,
Tag für Tag neue Menschenleben – die internationale
Gemeinschaft kann sich aber nicht auf ein gemeinsames
Vorgehen einigen. Das globale Handelssystem verstärkt die
Ungleichverteilung der Gewinne, die durch globale Vernetzung möglich werden, aber grundlegende Änderungen sind
nicht in Sicht.
Die dem Kurs zugrunde liegende philosophische Frage
lautet, ob wir eine »globale Verantwortung« haben und wie
man diese theoretisch begründen und praktisch umsetzen
kann. Ausgehend von Kants Idee des Kosmopolitismus
setzen sich »Weltbürgerinnen und Weltbürger« für die
Einhaltung globaler Rechte ein, wohingegen »Kommunitaristinnen und Kommunitaristen« dem unmittelbaren
Umfeld einen größeren Stellenwert einräumen. In einem
letzten Schritt werden diese verschiedenen philosophischen
Blickweisen behandelt, um darauf aufbauend alternative
Lösungsansätze zu diskutieren.
Sowohl die Geschichte verschiedener Weltregionen als
auch bestimmte aktuelle Probleme werden im Rahmen
von Referaten und Kleingruppen analysiert. Dabei wird
der Freiraum gegeben, Themen nach eigenem Interesse
selbst auszuwählen. Wissenschaftliches Arbeiten wird dabei
erprobt. Der Kurs setzt kein explizites Fachwissen voraus,
aber die Bereitschaft, sich intensiv mit – deutschen und
englischsprachigen – Fachtexten bereits im Vorfeld auseinanderzusetzen und Referate vorzubereiten.
Kursleitung
Anna Wolkenhauer (Jg. 1986) studierte zunächst Politikwissenschaften in Hamburg,
wo sie auch geboren und aufgewachsen ist. Ein Auslandssemester in Schweden festigte
ihr Interesse an Entwicklungs- und Friedensforschung. An der London School of Economics machte sie darum einen Master in Development Studies und engagierte sich zudem
in der Flüchtlingsarbeit. Globale Zusammenhänge wurden ihr in dieser Zeit nicht nur im
Studium, sondern vor allem durch den Austausch mit Menschen mit unterschiedlichsten
Erfahrungen deutlich. Zurück in Deutschland studiert Anna jetzt Internationale Beziehungen an der Universität Bremen, genießt ihr Studentinnendasein und plant längerfristig ihre Promotion.
82 ––
Florian Weigand (Jg. 1988) setzte sich während seines Masterstudiums am
Department of International Development an der London School of Economics
(LSE) insbesondere mit Sicherheits- und Umweltthemen im Kontext von Entwicklung auseinander. Zuvor arbeitete er vier Jahre bei der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ, früher GTZ). Derzeit beschäftigt er sich in erster Linie mit fragiler Staatlichkeit und »State-Building« im Programm »Global Governance and Diplomacy« an der Universität Oxford, Großbritannien, und ist freiberuflich als Berater für verschiedene Organisationen in der
Entwicklungszusammenarbeit tätig.
MULTINATIONALE AKADEMIE WALDENBURG
(25. JULI BIS 10. AUGUST 2013)
Kurs W.4
Die Poetik des Films und die Entwicklung
der Filmtechnik
Das Kino hat in seiner nunmehr über 100jährigen Geschichte vielfältige technische Innovationen hervorgebracht, welche auch die filmische Poetik entscheidend
geprägt haben. Der Kurs wird dem komplexen Zusammenspiel zwischen Technik und Ästhetik anhand von Filmanalysen und Textlektüren nachgehen. Er möchte einen
Überblick über die technischen Zäsuren der Filmgeschichte
geben und damit einen Zugang zur Kinogeschichte eröffnen. In einzelnen Sitzungen werden wichtige Stationen
erschlossen:
t %
JF&SPCFSVOHEFT3BVNFTEVSDIEJFxFOUGFTTFMUFj
Kamera
t %JF/BIBVGOBINFVOEEFS'JMNUPO
t %FS'BSCGJMN
t %BT#SFJUXBOEGPSNBU
t %JF)BOELBNFSBVOENPCJMF5POBVGOBINFHFSÊUF
t %JF%JHJUBMJTJFSVOHEFT'JMNT
An diesen technischen Entwicklungen werden deren ästhetische Implikationen beleuchtet. Dabei wird nicht eine un-
kritische Fortschrittsinterpretation im Vordergrund stehen.
Vielmehr wird der Blick geschärft für die »Verluste«, die bei
den einzelnen Zäsuren entstanden sind. Zur Auflockerung
des systematisch erarbeiteten Kursthemas werden kleine
Filmanalyseübungen gemacht, in denen das Grundvokabular der filmischen Analyse erarbeitet und Analysekompetenzen angeeignet werden. Hierbei werden folgende Aspekte
in den Blick genommen:
t x$POUJOVJUZFEJUJOHjBMT/PSNVOEEJF#SFDIVOHEJFTFS
Norm
t ,BNFSBCFXFHVOHo4DIÊSGFWFSMBHFSVOHo;PPN
t 1MBOTFRVFO[DPOUSBNPEFSOFSEFTPSJFOUJFSFOEFS4DIOJUU
t 7PSEFSHSVOE)JOUFSHSVOE
t FUD
tische Umgang mit alten und neuen Formen des Mediums
Film wird somit auch für ein Verständnis von Kultur und
Gesellschaft produktiv. Deshalb ist es umso wichtiger, einen Film mit seinen vielfältigen Verfahren analysieren und
thematisch, historisch und ästhetisch einordnen zu können. Anhand ausgewählter Filmausschnitte aus Geschichte
und Gegenwart werden filmische Grundbegriffe erarbeitet,
unterschiedliche Ansätze und Zugänge durchgespielt, Wirkungen und Sehgewohnheiten hinterfragt. Hierbei wird
den Teilnehmenden viel Raum gegeben, eigene Fragen an
das audiovisuelle Medium zu stellen, eigene Entdeckungen
zu machen und gemeinsam zu diskutieren. Die Analyse
konkreter Filme wird durch einen ersten Einblick in filmtheoretische Texte begleitet.
Der Kurs verfolgt das Ziel, den Teilnehmenden einen vielschichtigen Blick auf den Film und seine Geschichte zu
vermitteln. Hierbei werden vor allem die Filme selbst, ihre
Techniken und Poetiken untersucht und diskutiert. Die
Kenntnis filmischer Inszenierungsformen ist insofern von
besonderer Bedeutung, als bewegte Bilder einen wesentlichen Bestandteil unseres Alltags darstellen. Der analy-
Die Teilnehmenden werden ein kurzes Impulsreferat übernehmen und die sich daran anschließende Diskussion leiten. Die relevanten Texte werden bereitgestellt. Die grundlegende Fähigkeit einer methodischen Filmanalyse wird
auch anhand von kleinen eigenständigen Schreibübungen
(Filmprotokollen, Detailstudien, vergleichenden Studien
mithilfe von Filmausschnitten) eingeübt.
Kursleitung
Friederike Horstmann (Jg. 1978) studierte Kunstgeschichte und Philosophie an der
Humboldt-Universität zu Berlin. Seit 2007 ist sie Film- und Kunstkritikerin sowie
Mitarbeiterin zahlreicher Ausstellungsprojekte. Von 2010 bis 2012 war sie Stipendiatin am Internationalen Kolleg für Kulturtechnikforschung und Medienphilosophie
(IKKM) in Weimar und nahm am Forschungsprogramm »Theorie und Geschichte kinematographischer Objekte« teil. Als Dozentin unterrichtete sie an der Bauhaus-Universität Weimar. In ihrem Dissertationsprojekt arbeitet sie zum italienischen Film.
Jan Fusek (Jg. 1980) wurde in der Kleinstadt Beroun in der (damaligen) Tschechoslowakei geboren. Er wuchs in Westdeutschland auf und studierte Geschichte und
Literaturwissenschaften an der Humboldt-Universität zu Berlin. Danach absolvierte
er ein Studium in den Fächern Drehbuch und Dramaturgie an der Hochschule für
Film und Fernsehen (HFF) Potsdam-Babelsberg. Neben der Mitarbeit an zahlreichen
Film- und Fernsehprojekten ist er auch in der Erwachsenenbildung tätig. Zwischendurch joggt er gern und erkundet die Historie seines Wohnortes (gerade aktuell: Berlin Neukölln).
–– 83
JGW-SCHÜLERAKADEMIE PAPENBURG I
(28. JULI BIS 6. AUGUST 2013)
Die JGWSchülerAkademien
Wenn man selbst das große Glück hatte, an einer SchülerAkademie teilzunehmen,
dann weiß man, wie besonders, wie bedeutend und in gewisser Weise auch prägend
dieses Erlebnis ist. Rückblickend möchte man es unter keinen Umständen missen
und ist dankbar für diese erhaltene Chance.
Der Verein Jugendbildung in Gesellschaft und Wissenschaft e.V. (JGW) wurde von
ehemaligen Teilnehmenden der Deutschen SchülerAkademie gegründet und besteht
seit 1999. Ein ehrenamtlich arbeitendes Organisationsteam richtet seit 2004 JGWSchülerAkademien unter dem Dach der Deutschen SchülerAkademie aus. Ziel seiner
Arbeit ist es, noch mehr Schülerinnen und Schülern die Teilnahme an einer SchülerAkademie zu ermöglichen. Darüber hinaus entsendet JGW jährlich eine Delegation zu
den zwei weltweit größten UN-Simulationen – zum National Model United Nations
(NMUN) und zur World-MUN. Informationen zu weiteren Projekten auf www.jgw-ev.de.
Wie bei den von der Bildung & Begabung gemeinnützigen GmbH ausgerichteten
SchülerAkademien sind die JGW-SchülerAkademien von intensiver Kursarbeit auf
hohem Niveau und den verschiedensten Aktivitäten in der kursfreien Zeit geprägt.
Musik und Sport gehören ebenso dazu wie lange Diskussionen bis tief in die Nacht,
84 ––
spontane Spiele-Abende und ein Exkursionstag. Die Teilnahmebedingungen sowie das
Bewerbungsverfahren sind mit denen der Deutschen SchülerAkademie identisch.
Kosten / Ermäßigung oder Erlass
Aufgrund der mit zehn Tagen kürzeren Dauer wird von den Teilnehmenden der
JGW-SchülerAkademien eine Eigenbeteiligung von 395 Euro erwartet. Hinsichtlich
einer Ermäßigung oder eines Erlasses der Eigenbeteiligung gelten die gleichen Bedingungen wie bei der Deutschen SchülerAkademie (siehe Seite 12), d.h. die Eigenbeteiligung kann ermäßigt oder ganz erlassen werden, wenn die Einkommensverhältnisse der Familie die Zahlung der Eigenbeteiligung nur zum Teil oder gar nicht
zulassen. Auch hier erfolgt die Platzvergabe ohne Berücksichtigung der Einkommensverhältnisse. Ein Antrag auf Ermäßigung oder Erlass ist erst nach Erhalt der
Teilnahmezusage bei der Geschäftsstelle der Deutschen SchülerAkademie zu stellen.
JGW-SCHÜLERAKADEMIE PAPENBURG I
(28. JULI BIS 6. AUGUST 2013)
JGW-SchülerAkademie
Papenburg
Historisch-Ökologische Bildungsstätte
Emsland in Papenburg e.V.
Die Historisch-Ökologische Bildungsstätte Emsland in Papenburg liegt inmitten eines
vor mehreren hundert Jahren trockengelegten Moorgebietes im nordwestlichen Niedersachsen. Sie wurde im Rahmen einer Beschäftigungsinitiative für ältere Langzeitarbeitslose konzipiert und erbaut.
Besonderer Wert wurde dabei auf eine Energie und Ressourcen schonende Gestaltung gelegt, was sich auch in der ungewöhnlichen und originellen Innengestaltung
zeigt. Als anerkannte Heimvolkshochschule legt sie in ihrem eigenen Programm den
Schwerpunkt auf politische und Umwelt-Bildung.
Das Areal ist harmonisch in die Landschaft eingebettet. Von der Straße ist es durch einen sanften Hügelwall getrennt, auf dessen Innenseite sich Haupthaus und zahlreiche
kleinere Gebäude befinden. Fast alle Häuser haben eigene Wintergärten, in denen es
neben den landesüblichen Pflanzen auch zahlreiche exotische Gewächse wie Aloe vera, Kumquats und Palmen gibt. Die Flure im Haupthaus öffnen sich allesamt auf den
großen Wintergarten, der wiederum auf den vorgelagerten See blickt. Dieser wird aus
einem über das Gelände der Bildungsstätte verlaufenden Bach gespeist und lädt zu
Fahrten mit dem Boot ein. Das komplette Haus steht für die Akademie zur Verfügung.
Fortsetzung siehe Seite 103 …
–– 85
JGW-SCHÜLERAKADEMIE PAPENBURG I
(28. JULI BIS 6. AUGUST 2013)
Historisch-Ökologische Bildungsstätte Emsland
Spillmannsweg 30
26871 Papenburg
www.hoeb.de
Programm
JGW-1.1
JGW-1.2
JGW-1.3
JGW-1.4
JGW-1.5
JGW-1.6
Simulation der Wirklichkeit
Schneller als das Licht
Von Mensch zu Mensch
Sozialer Einfluss
Der Dreißigjährige Krieg
Sehnsuchtsort Mittelalter
Akademieleitung
Leitung kursübergreifende Musik
Feodora-Johanna Gabler (Jg. 1985) studierte von 2005 bis 2008 Harfe an der
Musikhochschule München. Im Jahr 2011 beendete sie erfolgreich die angeschlossene Meisterklasse. Parallel dazu nahm sie ein Studium der Schulmusik
und der Elementaren Musikpädagogik an der Musikhochschule Würzburg auf.
Sie wurde dabei unter anderem durch die Studienstiftung des deutschen Volkes
gefördert. Nach einem Engagement an der Semperoper Dresden (2008–2010)
arbeitet sie nun neben dem Studium als Musikerin und Lehrerin. Sie liebt Bücher und das Tanzen. 2013 leitet sie zum zweiten Mal eine KüA Musik.
86 ––
Heiko Panzer (Jg. 1984) stammt aus Kempten im Allgäu. Nach seinem Abitur
studierte er Mechatronik und Maschinenbau an der TU München, wo er seitdem als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Regelungstechnik tätig
ist. Sein Arbeitsgebiet ist die Modellreduktion dynamischer Systeme, ein mathematiklastiger Grenzbereich der Ingenieurwissenschaften. In seiner Freizeit
spielt Heiko gerne Volleyball, singt im Chor oder beschäftigt sich mit Elektronik. Er nahm bereits 2011 und 2012 als Kursleiter an JGW-SchülerAkademien
teil und freut sich nun auf seine Aufgabe in der Akademieleitung.
Caroline Wacker (Jg. 1993) wurde in Erlangen geboren und studiert dort Humanmedizin an der Friedrich-Alexander-Universität. 2010 war sie begeisterte
Teilnehmerin im Kurs »Von kleinen Welten zu großen Netzwerken« in Papenburg und engagiert sich seitdem mit viel Freude für die JGW-SchülerAkademien. Auf der Akademie 2013 wird sie ihre zweite Akademieleitung übernehmen
und freut sich sehr auf ihre Aufgabe. Wenn sie ein bisschen Zeit übrig hat, liebt
Caroline es, Saxofon und Klavier zu spielen, in Konzerte zu gehen oder gute
Gespräche zu führen.
JGW-SCHÜLERAKADEMIE PAPENBURG I
(28. JULI BIS 6. AUGUST 2013)
Kurs JGW-1.1
Simulation der Wirklichkeit
Die Physik hat in ihrer Geschichte aus der Beobachtung
der Welt eine riesige Anzahl an grundlegenden Gesetzmäßigkeiten der Natur abgeleitet. Auch wenn es noch viel zu
beobachten und zu entdecken gibt, so ist eine große Vielfalt von Themengebieten inzwischen äußerst detailliert erforscht. Und aus einer solch tiefen und detaillierten Kenntnis, z.B. der Gesetze der Mechanik, sollte doch eigentlich
auch das Verhalten von Schaukeln, Brücken oder Planeten
ebenso detailliert vorhersagbar sein.
(Wettervorhersage), zum Überprüfen von Systemeigenschaften, deren experimentelle Prüfung zu
aufwendig oder zu gefährlich wäre (Statik von Bauwerken), oder zum Vergleich einer physikalischen
Theorie mit experimentellen Ergebnissen.
Ziel einer Simulation ist dabei immer, alle wesentlichen Eigenschaften des betrachteten Systems abzubilden und die interessanten Größen vorherzusagen. Doch
welche Eigenschaften sind wesentlich – die Farbe einer
Sollte eigentlich, doch in der
Schaukel sicherlich nicht,
Praxis stößt man schon bei
aber was ist mit der Masse
Die Teilnehmenden sollten ein Interesse an der mathemavergleichsweise einfachen Systeder Seile? Wie kann man
tischen Modellierung und Simulation von Naturvorgängen
men (wie dem Dreikörperprosich von der Richtigkeit
und am Programmieren mitbringen. Besondere Vorkenntnisse
blem) schnell an die Grenzen
eines Simulationsergeboder Programmiererfahrung sind dabei nicht notwendig – die
mathematischen Grundlagen und die im Kurs verwendete
dessen, was algebraisch aus
nisses überzeugen, wenn
Programmiersprache Python werden im Vorfeld des Kurses
den zugrundeliegenden Gleiman das tatsächliche
eingeführt.
chungen ableitbar ist. Um denExperiment nie durchnoch Aussagen über das Verhalführen kann? Selbst
ten dieser Systeme machen zu
wenn alle einzelnen Verkönnen, greift man daher gerne auf numerische Methoden
einfachungen nur einen kleinen Einfluss auf das Ergebnis
zurück – sei es zur Vorhersage zukünftiger Zustände gut
haben, wie genau ist das Gesamtergebnis? Und dann sind
verstandener, aber sehr komplexer physikalischer Systeme
die numerischen Rechnungen ja immer nur Näherungslö-
Die Auslegung komplexer Bauwerke ohne Simulationen wäre heute undenkbar.
sungen des ursprünglichen Ansatzes, die auch das Ergebnis
der Simulation verfälschen – aber inwieweit?
Dieser Kurs wird anhand von praktischen Programmierprojekten einen Überblick über die Modellierung physikalischer Vorgänge auf dem Computer geben und dabei
unter anderem diese Fragen diskutieren. Den Anfang werden dabei einfache Simulationsprojekte bilden, an denen
die grundlegenden Schritte der Modellbildung und die
notwendigen Techniken wie Differenzialgleichungen und
deren numerische Lösung, numerische Integration oder
Monte-Carlo-Methoden erarbeitet werden können (und
die die Fallen zeigen, in die man dabei tappen kann). Den
Einstieg in diese Themen werden dabei jeweils Referate der
Teilnehmenden bilden. Im weiteren Verlauf werden dann
auch komplexere Systeme in Gruppenarbeit umgesetzt.
Kursleitung
Hendrik Hoeth (Jg. 1977) nahm 1996 selbst an einer SchülerAkademie teil. Er
Marc Schäfer (Jg. 1977) nahm 1994 an der SchülerAkademie St. Peter-Ording teil. Er
studierte in Clausthal, Haifa, Israel, und Wuppertal Physik mit dem Schwerpunkt
auf experimenteller Teilchenphysik. Nach seiner Promotion ist er in Richtung
Theorie gerutscht und beschäftigt sich nun an der Durham University in England mit Phänomenologie. Ein Schwerpunkt seiner Arbeit sind dabei numerische
Simulationen. Am Wochenende findet man ihn meistens auf dem Segelflugplatz
oder in der Werkstatt, wo er sein eigenes Flugzeug baut.
studierte an der Gerhard-Mercator-Universität Duisburg und an der University of Warwick, Großbritannien, Mathematik und beschäftigte sich dort insbesondere mit partiellen Differenzialgleichungen. Seitdem arbeitet er bei Siemens Energy im Bereich Steuerung und Regelung von Gasturbinen und betreut dort (neben Reglerdesignaufgaben)
auch die dynamische Simulation von Gasturbinenfahrweisen. Wenn er das gerade nicht
tut, macht er wahrscheinlich Musik (Klavier, Orgel oder Chor) oder übt Zaubern.
–– 87
JGW-SCHÜLERAKADEMIE PAPENBURG I
(28. JULI BIS 6. AUGUST 2013)
Kurs JGW-1.2
Schneller als das Licht?
Ein Streifzug durch die experimentelle Neutrinophysik
Wir schreiben das Jahr 1930. Alle Physik ist mit der Energieerhaltung verträglich. Alle Physik? Nein! Der beta-Zerfall, der
Zerfall eines Neutrons in ein Proton, wagt es scheinbar, sich
diesem fundamentalen Prinzip zu widersetzen. Ungefähr so
beginnt die Geschichte der Neutrinophysik. Tatsächlich sah
der beta-Zerfall so aus, als würde Energie verloren gehen. Erst
Ende 1930 wurde dieses Problem durch Wolfgang Pauli gelöst,
indem er ein neues »geisterhaftes«, unsichtbares Teilchen –
das Neutrino – einführte.
Eine seiner Vorhersagen war allerdings, dass dieses Neutrino
so gut wie keine Wechselwirkungen mit Materie eingeht, also
fast nicht aufzuspüren ist. Daher hat es bis 1954 gedauert, bis
es endlich experimentell bestätigt wurde. Und obwohl schon
fast 60 Jahre seitdem vergangen sind, sind Neutrinos immer
noch die am wenigsten verstandenen Teilchen des so genannten Standard-Modells der Teilchenphysik. Dabei gehören sie
zu den häufigsten Teilchen überhaupt: Pro Sekunde durchfliegen uns Abermillionen von ihnen – und trotzdem spüren wir
nichts davon.
Wie schwierig die Untersuchung von Neutrinos ist, konnte
man 2012 in den Nachrichten hören: »OPERA-Experiment
zeigt – Neutrinos schneller als Licht! Einstein lag falsch!«.
Fast allen Physikern schien dieses Ergebnis unglaubwürdig.
Tatsächlich gab es einen kleinen, aber gravierenden Fehler im
Versuchsaufbau. Andere Experimente konnten die Ergebnisse
des OPERA-Experimentes schnell widerlegen. Ein Blick wird
auf das Problem des OPERA-Experimentes geworfen: Wie
So verschieden die physikalischen Phänomene sind, bei denen
kann so ein Fehler passieren, warum veröffentlicht man solche
Neutrinos eine Rolle spielen, so verschieden sind die ExpeErgebnisse, obwohl man weiß, dass sie unglaubwürdig ausserimente. Es gibt Experimente im Eis in der Antarktis, präzise
hen müssen? Warum ist dies
Vermessungen des beta-Zerfalls mit
Für den Kurs braucht man lediglich Interesse an physitrotzdem ein wichtiger Teil
dem KATRIN-Experiment in Karlsruhe
kalischen Fragestellungen und Phänomenen. Vorwissen
von Forschung? Was wurde
oder Neutrinostrahlen, die mehrere
ist nicht erforderlich, alles Wissenswerte und Notwendige
eigentlich veröffentlicht und
hundert Kilometer durch Fels laufen,
wird im Kurs gemeinsam erarbeitet.
was wurde in den Nachrichbevor sie einen Detektor treffen. Aber
ten daraus gemacht?
eins haben alle Experimente miteinander gemein: Sie sind riesengroß und
Schlussendlich wird auch ein kleiner Blick zum CERN geworhochkompliziert. Jedes einzelne basiert auf einem anderen
fen: Was hat die Neutrinophysik mit dem LHC-Beschleuniger
physikalischen Prinzip. Der Kurs wird sich mit den wich(Large Hadron Collider) und dem dort entdeckten Higgs zu
tigsten von ihnen beschäftigen und überlegen, wie ein »pertun? Nur kurz vorab – eine ganze Menge!
fektes« Neutrinoexperiment aussehen könnte.
Was wir wissen, ist, dass es drei verschiedene Arten von Neutrinos gibt. Sie alle scheinen fast keine Masse zu besitzen, können sich ineinander umwandeln, und obwohl sie kaum mit
anderer Materie wechselwirken, haben sie einen bedeutenden
Einfluss auf die Gestalt des Universums: z.B. sind Neutrinos
essentiell für das Leuchten von Sternen wie unserer Sonne.
Kursleitung
Dörthe Kennedy (Jg. 1982) war 2002 selbst Teilnehmerin der Deutschen SchülerAkademie, bei der sie einen Kurs über Teilchenphysik belegte, der ihre Studienwahl maßgeblich
beeinflusste. Sie studierte nach dem Abitur an der Universität Hamburg Physik und promovierte am Deutschen Elektronen-Synchroton (DESY) in Hamburg im Bereich der experimentellen Teilchenphysik, wo sie sich mit der Suche nach Supersymmetrie mit dem ATLAS
Detektor am CERN beschäftigte. Im letzten Jahr leitete sie zum ersten Mal einen Kurs bei
einer JGW-SchülerAkademie. Am Wochenende werden regelmäßig die Joggingschuhe ausgepackt.
88 ––
Benedikt Hegner (Jg. 1978) studierte Physik, Geschichte und Philosophie
an der RWTH Aachen. 2008 wurde er in experimenteller Teilchenphysik am
DESY in Hamburg promoviert. Seitdem ist er wissenschaftlicher Mitarbeiter
am CERN und sucht als Mitglied des CMS-Experimentes nach neuer, unbekannter Physik. Neben der Forschung genießt er die wunderschöne Umgebung Genfs und geht gerne im Gebirge wandern. Seinen ersten Kontakt mit
der Deutschen SchülerAkademie hatte er im Jahr 2005 als Kursleiter auf der
Akademie Grovesmühle.
JGW-SCHÜLERAKADEMIE PAPENBURG I
(28. JULI BIS 6. AUGUST 2013)
Kurs JGW-1.3
Von Mensch zu Mensch
Organtransplantation in Deutschland
Eine Organtransplantation ist eine von mehreren Methoden zur Behandlung von Patienten mit Organschäden. Die
erste erfolgreiche Organtransplantation einer Niere fand
1954 in Boston statt. Seitdem wurde das Verfahren etabliert
und kontinuierlich weiterentwickelt. Laut der Deutschen
Stiftung Organtransplantation wurden im Jahr 2011 in
Deutschland mehr als 3.000 Transplantationen durchgeführt. Dem gegenüber stehen fast 12.000 potentielle Empfänger, die sich auf der Warteliste befinden. Häufig erliegen
die Patienten ihrer Krankheit, bevor ein geeignetes Spenderorgan gefunden werden kann.
Um dennoch eine möglichst gerechte Versorgung zu gewährleisten, wurden die Kompetenzen auf mehrere Institutionen aufgeteilt. In Deutschland koordiniert die Deutsche
Stiftung Organtransplantation die Entnahme und den
Transport von Spenderorganen. Das multinationale Netzwerk Eurotransplant hingegen regelt über Ländergrenzen
hinweg deren Verteilung. Zusätzlich zu einer stetigen Prozessoptimierung des gesamten Transplantationsvorgangs
wird an medizinischen Behandlungsalternativen sowie an
der Prävention von Organschäden geforscht.
Im Kurs werden zunächst die relevanten Aspekte der Anatomie und Physiologie von Herz, Leber und Niere beim
gesunden Menschen eingeführt. Darauf aufbauend werden die Entstehung von organspezifischen Erkrankungen
und deren Auswirkungen erläutert. Liegt eine Diagnose
vor, stehen neben der Organtransplantation oft auch eine
Reihe von anderen Therapiemöglichkeiten zur Verfügung,
die vorgestellt und diskutiert werden. Am Beispiel einer
erfolgreichen Vermittlung eines Spenderorgans werden der
Ablauf einer Operation und die umschließenden rechtlichen Voraussetzungen behandelt. Nach einem Ausblick auf
aktuelle Forschungsansätze und Entwicklungen endet der
erste Teil des Kurses.
Im zweiten Teil wird die Organspende unter gesellschaftswissenschaftlichen Gesichtspunkten betrachtet. Als konkretes Beispiel dienen dabei die Organspende-Skandale aus
Göttingen, München und Leipzig aus dem Jahr 2012, die
jüngst das Vertrauen in unser Organspendesystem gefährdeten. Die subjektive Priorisierung durch Ärzte ist aber nur
eine von vielen Problemquellen, die eine optimale Verteilung erschweren.
Um dem Mangel an potentiellen Spendeorganen entgegenzuwirken, wird in der Politik eine Steigerung der
individuellen Spendebereitschaft angestrebt. Die kürzlich
durchgesetzte verpflichtende Frage nach der Spendebereitschaft durch die gesetzlichen Krankenversicherungen ist
nur eine von mehreren Maßnahmen, die zur Diskussion
standen und stehen. In den europäischen Nachbarländern
unterscheiden sich die rechtlichen Rahmenbedingungen
deutlich. Anhand von eigenen Überlegungen, aber auch
Statistiken werden Spenderquoten und Transplantationsraten im inner- und außereuropäischen Ausland verglichen.
Ein weiterer Punkt ist, dass Organtransplantationen wie
jede Behandlung das Gesundheitssystem belasten. Kosten
und Nutzen einer Transplantation werden aus gesundheitsökonomischen Gesichtspunkten betrachtet und mit
Behandlungsalternativen verglichen.
Kursleitung
Aaron Rodemerk (Jg. 1987) spezialisierte sich in seinem Bachelorstudium des Ma-
schinenbaus an der TU Berlin auf die Medizintechnik. Nach seiner Bachelorarbeit im
Labor für Biofluidmechanik der Charité lag die Wahl seines Masterstudienganges Biomedizinische Technik nahe. Gerade bereitet er seine Masterarbeit vor, in der er sich
mit Herzunterstützungssystemen befasst. Auch danach will er dem Thema treu bleiben und weiter an der technischen Unterstützung des Kreislaufs arbeiten. In seiner
Freizeit reist er gern, trifft sich mit Freunden zu Brettspielen, geht ins Kino und liest.
Thomas Mittag (Jg. 1988) absolvierte an der Universität Rostock seinen Bachelor in Medizinischer Biotechnologie. Anschließend wechselte er zum Masterprogramm Molecular Medicine an die Friedrich-Schiller-Universität Jena. Momentan
schreibt er am Institut für Angewandte Optik seine Masterarbeit über Lasermikroskopie. Er ist seit dem zweiten Semester in der lokalen und seit einem Jahr in
der nationalen studentischen Vertretung der Medizinstudierenden aktiv. In seiner
Freizeit spielt Thomas Video- und Brettspiele und liest, vor allem Fantasy-Romane.
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JGW-SCHÜLERAKADEMIE PAPENBURG I
(28. JULI BIS 6. AUGUST 2013)
Kurs JGW-1.4
Sozialer Einfluss
Wie andere sich auf unser Handeln auswirken
Beliebtester Kurs! Nur 15 Plätze frei! Jetzt anmelden! – So
einer Entscheidung anzuregen. Diesen Aktionsmustern
könnte die Werbung für diesen Kurs lauten. Oft werden
liegen psychologische Mechanismen zugrunde, die im
wir mit solchen Werbestrategien konfrontiert und schlieKurs ergründet werden: Reziprozität, Konsistenz, soziale
ßen so voreilig einen Handyvertrag ab oder kaufen teurere
Bewährtheit, Sympathie, Autorität und Knappheit. Das
Produkte als geplant. Auch außerhalb
Prinzip der sozialen Bewährtheit
der Welt des Konsums werden wir
besagt zum Beispiel, dass wir DinEs wird erwartet, dass sich die Teilnehvon unseren Mitmenschen beeinflusst,
ge mögen, die andere mögen. Das
menden mit vorwiegend englischsprachiger
oder warum sonst helfen wir plötzlich
»meistverkaufte Shampoo« kann
Fachliteratur auseinandersetzen.
den Nachbarn bei der Kellerentrümpedoch nicht schlecht sein? Wir wollung, obwohl wir ausschlafen wollten?
len »dazu gehören« und sind daher
Prinzipiell verhalten wir uns anders in
geneigt, eine Mehrheitsmeinung zu
der Anwesenheit anderer. Wir neigen dazu, deren Meinung
teilen. Auch auf Knappheit reagieren wir sensibel. »Nur 3
zu teilen, lassen uns zu Käufen verleiten oder machen unFlüge zu diesem Preis? Dann buche ich lieber jetzt!«
erwartete Zugeständnisse. Warum? Wie funktioniert soziale
Einflussnahme und ist Schutz davor möglich?
Diese Mechanismen sind ebenso Teil des Kurses wie die
Frage, wie man das Thema wissenschaftlich bearbeiten
Dieser Kurs behandelt die wissenschaftlichen Grundlagen
kann. Es werden Untersuchungsmethoden besprochen,
der sozialen Einflussnahme anhand von Theorien aus der
von der experimentellen Forschung im Labor bis zur
Sozialpsychologie. Einflussstrategien bringen uns meist
»verdeckten« Feldforschung. Darüber hinaus werden die
über feste Aktionsmuster zu einer automatischen Reaktion
theoretischen Grundlagen thematisiert. Theorien werden
(»Muss ich sofort haben!«), anstatt uns zum Überdenken
anhand von Anwendungsbeispielen veranschaulicht, die
deren Relevanz im täglichen Leben widerspiegeln. Beispielsweise spielen Einflussstrategien auch vor Gericht und
in der Politik eine Rolle; selbst Obamas Wahlkampfteam
ließ sich dazu von Verhaltenswissenschaftlern beraten. Der
Kurs bietet neben dem Thema »sozialer Einfluss« einen
Überblick über Fragestellungen und Methoden der Sozialpsychologie im Allgemeinen.
Nach einem ersten Kursteil, in dem die Grundlagen vermittelt werden, entwickeln die Teilnehmenden in Kleingruppen eigene Forschungsfragen und untersuchen diese auf
der Akademie. Mögliche Fragestellungen und Methoden
hängen von den Interessen der Teilnehmenden ab und reichen vom Einfluss durch Autoritätspersonen bis zum Thema Zivilcourage. Sie könnten beispielsweise die Effektivität
einer bestimmten Beeinflussungsstrategie testen: Verkauft
sich Zahnpasta besser, wenn ein Mann im weißen Kittel sie
empfiehlt?
Kursleitung
Monique Pollmann (Jg. 1981) machte 2000 ihr Abitur in Emmerich am Rhein. Danach
studierte sie Psychologie an der Radboud University Nijmegen, Niederlande. 2004 zog
sie nach Amsterdam, um dort ihre Dissertation zum Thema »Wie gut können wir unsere
Mitmenschen einschätzen und was bringt uns das?« zu schreiben. Seit 2008 arbeitet sie
an der Tilburg University in den Niederlanden und beschäftigt sich unter anderem mit
der Frage, wie gut sich Menschen verstehen (oder denken, sich zu verstehen). Nach der
Arbeit liest Monique gerne mit ihrem kleinen Sohn Bücher, und wenn dieser im Bett
liegt, spielt sie gerne Gesellschaftsspiele.
90 ––
Nina Regenberg (Jg. 1982) machte 2001 ihr Abitur im beschaulichen Saarland.
Danach studierte sie Sozial- und Kognitionspsychologie an der Jacobs University
Bremen und absolvierte ein Masterstudium der Sozialpsychologie an der Vrije
Universiteit Amsterdam. Dort promovierte sie anschließend zur Rolle des Körpers beim Denken, Fühlen und Handeln. In ihrer Forschung beschäftigte sie sich
außerdem mit Themen der Sozialen Kognition, wie beispielsweise Sprache und
Macht. Mittlerweile lebt Nina in Hamburg und wird dort von zwei kleinen Töchtern auf Trab gehalten.
JGW-SCHÜLERAKADEMIE PAPENBURG I
(28. JULI BIS 6. AUGUST 2013)
Kurs JGW-1.5
Der Dreißigjährige Krieg
Eine multiperspektivisch-dekonstruierende Annäherung an ein historisches Großereignis
30 Jahre Krieg. Diese bisweilen als »erster europäischer
Krieg« bezeichnete Auseinandersetzung legte einen ganzen
Kontinent nahezu vollständig in Trümmer, war in mancher Hinsicht modern und doch auch archaisch zugleich:
Scheinbar ohne Plan marodierende Truppen, Soldaten und
Feldherren, die mehrfach die Seiten wechselten, und kaum
vorstellbare Brutalität gingen einher mit vollkommen neuen Formen der Truppenorganisation und der Kampftechnik
und sorgten zusammen mit Hunger und Seuchen für die
Entvölkerung ganzer Landstriche: »Wir sind doch nunmehr
ganz, ja mehr denn ganz verheeret! / Der frechen Völker
Schar, die rasende Posaun / Das vom Blut fette Schwert,
die donnernde Kartaun, / Hat aller Schweiß und Fleiß und
Vorrat aufgezehret« fasst Andreas Gryphius 1636 dies zusammen. Auch wurde erstmals in dieser Größe ein christlich-christlicher Glaubenskrieg ausgefochten: Die Frage
nach der »wahren Religion« war zu einer neuen Entscheidungskategorie geworden. Nach jahrzehntelangem Ringen,
ohne entscheidenden Vorteil für die eine oder andere Seite,
entlang längst unüberblickbar gewordener Konfliktlinien,
gelang schließlich auf dem ersten internationalen diplomatischen Kongress mit dem Westfälischen Frieden eine Lösung unter Beteiligung fast aller großen Mächte: Das Europa danach war ein anderes als zuvor. Und in den folgenden
dreihundert Jahren blieb die Zeit zwischen dem Prager
Fenstersturz und dem Westfälischen Frieden als epochales
Ereignisbündel fest in der Erinnerung verankert.
Bei der Untersuchung im Kurs wird insbesondere die Frage nach dem wissenschaftlichen Zugriff im Mittelpunkt
stehen: Gab es »den« Dreißigjährigen Krieg so überhaupt?
Lässt sich ein dermaßen aufgeladenes Ereignis überhaupt
auf einmal greifen? Warum gehen die Deutungen der Historiker über den »wahren« Charakter dieses Krieges so
weit auseinander? Hierzu ist die Frage nach der »Geschichte, wie es eigentlich gewesen war« (Leopold von Ranke)
lediglich als Einstieg in das Thema gedacht: Eines der Ziele
des Kurses ist es, Geschichte als Konstruktion zu verstehen
und die Idee eines historischen Großereignisses exemplarisch zu dekonstruieren.
Der Frage nach dem großen Ganzen wird sich der Kurs
dabei multiperspektivisch, also aus ganz verschiedenen
Blickwinkeln, nähern. Ausgangspunkt ist eine Einführung in die wissenschaftlichen Methoden des Faches und
ein historischer Überblick. Dann wird zuerst anhand von
Quellen aus dem Alltagsleben der so genannten »kleinen
Leute« wie Söldnern, Klosterschwestern und Bauern ein
sozial- und minoritätengeschichtlicher Zugang ermöglicht.
Dazu werden unter anderem auch handschriftliche Quellen
der Frühen Neuzeit dienen, um den Umgang mit Originaldokumenten zu üben. In einem zweiten Schritt wird
dann mit diplomatischen Urkunden und Traditionen sowie
Beschreibungen offizieller (Ver-)Handlungen beim Friedenskongress in Münster und Osnabrück ein diplomatiegeschichtlicher Zugriff versucht. Zum Abschluss werden
dann beide Ansätze kontrastiert und damit verschiedene
Wahrnehmungen und Deutungen historischer Ereignisse
gegenübergestellt.
Kursleitung
Christoph Ellßel (Jg. 1984) studierte in Bamberg, London, Großbritannien, und Sydney, Australien, Geschichte, Englisch und Beratungslehramt. Derzeit promoviert er in
München in Neuester Geschichte zum australisch-amerikanischen Verhältnis während
des Kalten Krieges, nachdem er in der großen weiten Welt Interesse an internationalen
Fragestellungen entwickelt hat. Wenn er für die Promotion nicht gerade in irgendeinem
Archiv unterwegs ist oder sein Interesse an juristischen Fragestellungen auslebt, fotografiert, liest oder schreibt er. Oder spielt Improvisationstheater.
Matthias Mader (Jg. 1979) studierte Germanistik und Musikwissenschaft, bevor
er sich jetzt in Mainz auf das Lehramt mit den Fächern Geschichte und Deutsch
vorbereitet und sich dabei intensiv und interdisziplinär mit der Frühen Neuzeit
beschäftigt. Neben dem Studium arbeitet er für verschiedene Tageszeitungen und
Fachzeitschriften als Kulturjournalist. 2006 hat er bereits bei einer JuniorAkademie einen Kurs zum Thema »Sinn des Lebens« geleitet. Außerdem ist er passionierter Langstreckenläufer und Hobby-Organist.
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JGW-SCHÜLERAKADEMIE PAPENBURG I
(28. JULI BIS 6. AUGUST 2013)
Kurs JHW-1.6
Sehnsuchtsort Mittelalter
Mittelalterrezeption in Kunst, Kultur und Politik des 19. Jahrhunderts
»Einsame Ruinen, tiefe Wälder, Sagen und Märchen von
Königen« – Bilder wie diese prägen unser Bild vom Mittelalter bis heute und sie entspringen in weiten Teilen Darstellungen des 19. Jahrhunderts. War das Mittelalter bis ins 18.
Jahrhundert der Inbegriff von Rückständigkeit, Dunkelheit
und Aberglauben, wandelte sich diese Wahrnehmung im
19. Jahrhundert deutlich. Das Mittelalter wurde nun stärker als Sehnsuchtsort stilisiert, als der Ort, an dem die Welt
einerseits überschaubarer, andererseits magischer war – ein
Gegenpol zu einer immer stärker verwissenschaftlichten
und säkularisierten modernen Welt. Gleichzeitig stieg die
Bedeutung der Geschichtsschreibung und bekam mit dem
Historismus eine starke nationale Komponente. Mit dem
transportierten Mittelalterbild wurde eine ferne Vergangenheit als eigentlicher Ursprung einer einheitlichen Nation
identifiziert und dieser so zu einer tieferen Legitimation
verholfen.
Ziel des Kurses ist die Auseinandersetzung mit dem Mittelalterbild des 19. Jahrhunderts und seinen Ausformungen in
Kunst, Kultur und politischer Bezugnahme. Der Themen-
bereich soll dabei aus kunsthistorischer sowie historischer
Perspektive betrachtet werden. Bildliche und literarische
Zeugnisse werden dem historischen Kontext gegenübergestellt, um so etwaige Verschränkungen und Brüche beleuchten zu können.
Im historischen Teil wird zunächst ein Überblick über
Umwälzungen des 19. Jahrhunderts gegeben, um einen
größeren Kontext herzustellen und Grundlagen für die
Einordnung der künstlerischen Zeugnisse zu schaffen. Besonderes Augenmerk wird dabei auf die gesellschaftlichen
und politischen Strömungen in den Feldern »Nation«,
»Identität« und »Nationalstaat« sowie ihren Bezug zur Mittelalterrezeption gelegt.
Im Zentrum des kunsthistorischen Schwerpunkts steht die
Frage nach den Mechanismen und Funktionen künstlerischer Rückgriffe auf das Mittelalter. Schlüsselwerke der
Historienmalerei mit Bildthemen aus der deutschen Geschichte von Künstlern wie Moritz von Schwind und die
dort angelegte nationale Politisierung des Mittelalterbildes
werden vorgestellt. Auch in der Architektur, etwa bei der
Fertigstellung des Kölner Domes, dienen die Rückgriffe auf
Karl Friedrich Schinkel: »Mittelalterliche Stadt am Fluss«
(nach 1813) Quelle: commons.wikimedia.org
eine »deutsche« Bautradition dem Streben nach Ausdruck
nationaler Identität. Schließlich wird die Romantisierung
des Mittelalterbildes in der Selbstwahrnehmung von Künstlern, wie sie bei Wackenroder sowie in Künstlergruppen
wie den Nazarenern Ausdruck fand, analysiert.
Der Kurs lebt vom Interesse für den Blick in die Geschichte, im Zentrum der Kursarbeit steht die Auseinandersetzung mit Texten und Bildern in Referaten und Gruppenprojekten. Dem quergelegt sind methodische Fragen nach
der Standortgebundenheit von Geschichtsschreibung, dem
Umgang des Historikers mit Quellen und Bildzeugnissen
sowie mit dem Epochenbegriff »Mittelalter« selbst. Fachtexte zu verschiedenen Konzepten runden die Einführung
in die Arbeitsweise des Historikers ab.
Kursleitung
Isabella Augart (Jg. 1983) studierte Kunstgeschichte und Literaturwissenschaft in Berlin, Rom, Italien, und Oxford, Großbritannien. Zurzeit promoviert sie in Kunstgeschichte am Cluster »Languages of Emotion« an der Freien Universität (FU) Berlin. In ihrer
Doktorarbeit interessiert sie sich für die Wirkungsästhetik von italienischen Altarbildern, die als Rahmen für ältere Marienbilder während der Gegenreformation entstanden.
In ihrer Freizeit begeistert sie sich für Kunst und Kultur, liebt die Natur und Reiten,
macht Rucksackreisen in Lateinamerika und Asien und kocht gerne mit guten Freunden.
92 ––
Nadine Holzmeier (Jg. 1979) studierte im BA Kulturwissenschaften mit den
Schwerpunkten Geschichte und Philosophie und beendet im Frühjahr ihren Master in Geschichte. Ab Sommer beginnt sie mit den Vorbereitungen für ihre Promotion, die sie ab Herbst voraussichtlich für ein Jahr nach England führen werden.
Besondere Interessengebiete sind dabei Missionskontakte des 13./14. Jahrhunderts
und ihre Rückwirkung auf das Selbstbild des mittelalterlichen »Europas«. Ihre
Freizeit verbringt Nadine am liebsten mit Familie und Freunden, Sport und Musik.
JGW-SCHÜLERAKADEMIE GAESDONCK
(8. BIS 17. AUGUST 2013)
JGW-SchülerAkademie
Gaesdonck
Collegium Augustinianum Gaesdonck
Das Collegium Augustinianum Gaesdonck widmet sich bereits seit seiner Gründung
im Jahre 1849 der Bildung und Erziehung junger Menschen. Es befindet sich in der
Trägerschaft des Bistums Münster und liegt im Gebiet des Niederrheins direkt an der
niederländischen Grenze.
Der Leitsatz »Christlich leben, sozial handeln, Begabungen entfalten« bestimmt das
Handeln in Internat und Schule und verdeutlicht die pädagogische Zielsetzung der
Schule, die Schülerinnen und Schüler zu verantwortungsbewusstem Handeln in Familie, Beruf, Kirche und Gesellschaft zu befähigen. Derzeit besuchen über 800 interne
und externe Schülerinnen und Schüler das Gymnasium, welches bis 2002 noch ein
reines Jungengymnasium war.
Die modern ausgestatteten Unterrichtsräume sowie die Sportanlagen werden im
Schulalltag sowohl im Unterricht als auch in der Freizeit in Arbeitsgemeinschaften
und Projekten genutzt. Neben zwei Sporthallen, einem Tennisplatz und einer Skaterbahn für den sportlichen Ausgleich steht den Schülerinnen und Schülern eine
umfangreiche Präsenzbibliothek zur Verfügung. Großer Wert wird auf die musischkünstlerische Ausbildung gelegt. Die Kooperation mit der Gaesdoncker Musikschule
rundet das Angebot an Theater-AGs, Schulchören und -bands ab. Darüber hinaus
werden Programme speziell zur Förderung besonders Begabter umgesetzt.
In den Gebäuden des Internates wird die JGW-SchülerAkademie herzlich willkommen geheißen. Die Teilnehmenden sind in den Zimmern der Schülerinnen und
Schüler untergebracht, die in Wohngruppen zu je etwa 25 Personen gegliedert sind.
Die verschiedenen Räumlichkeiten der Gaesdonck können für vielfältige kursübergreifende Angebote genutzt werden. Eine große Aula bietet genug Platz für alle Akademieteilnehmenden, sodass auch das Akademiekonzert in angemessenem Rahmen
stattfinden kann.
–– 93
JGW-SCHÜLERAKADEMIE GAESDONCK
(8. BIS 17. AUGUST 2013)
Collegium Augustinianum Gaesdonck
Gaesdoncker Str. 220
47574 Goch
www.gaesdonck.de
Programm
JGW-2.1
JGW-2.2
JGW-2.3
JGW-2.4
JGW-2.5
JGW-2.6
Biologisch inspirierte Modelle der Wahrnehmung
Wie Dinge so lang halten, wie sie soll(t)en
Der epigenetische Code
Zwischen Kommunistischer und Konservativer Revolution
Zur Existenzphilosophie der mittelhochdeutschen Epik
»Wen kümmert’s, wer spricht?«
Akademieleitung
Leitung kursübergreifende Musik
94 ––
Johannes Waldschütz (Jg. 1982) studierte Geschichte mit dem Schwerpunkt
Mittelalter sowie Politikwissenschaft an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg und an der University of Iowa, USA. Bei den JGW-SchülerAkademien hat
er bereits dreimal Kurse geleitet und freut sich auf seine zweite Akademieleitung. Johannes liebt die Berge, im Sommer beim Wandern, im Wintern beim
Skifahren und Langlauf. Ansonsten mag er Chormusik, liest gerne, und testet
seine Fähigkeit, sich die absurdesten Dinge zu merken, beim Pubquiz.
Benjamin Wankmüller (Jg. 1990) nahm 2008 selbst an einer JGW-Schüler-
Maike Speck (Jg. 1991) studiert naturwissenschaftlich orientierte Psycholo-
Akademie in einem Kurs zur Physik der Musik teil. Nach seinem Abitur absolvierte er ein Freiwilliges Ökologisches Jahr in einem Naturschutzzentrum am
Bodensee. Zurzeit studiert er in Mannheim Lehramt Musik mit Hauptfach Violoncello. Seine Begeisterung für Musik gilt insbesondere dem Chorgesang, den
er singend und dirigierend leidenschaftlich verfolgt. Wenn man ihn nicht beim
Musikmachen sieht, läuft er Halbmarathon, treibt jegliche Arten von Sport oder
schreibt an einer neuen Komposition.
gie an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf. Besonders interessieren sie
Neurospsychologie und Bewusstseinsforschung. Seit ihrer Teilnahme an der
JGW-SchülerAkademie 2010 ist sie bei JGW aktiv und freut sich nun sehr auf
ihre erste Akademieleitung. In der Freizeit halten Maike ihre beiden Hunde und
spontane Unternehmungen mit Freunden auf Trab. Des Weiteren reitet sie gerne, mag gute Bücher und ist neugierig auf Neues in allen Bereichen – so hat sie
auch gerade erst historischen Schwertkampf als Hobby für sich entdeckt.
JGW-SCHÜLERAKADEMIE GAESDONCK
(8. BIS 17. AUGUST 2013)
Kurs JGW-2.1
Biologisch inspirierte Modelle der Wahrnehmung
Menschen sind faszinierend komplexe Lebewesen: Das Gehirn kann dank seiner Lernfähigkeit viele Probleme besser
und effizienter lösen als selbst moderne Supercomputer.
Gleichzeitig stellen unsere Sinnesorgane hochspezialisierte
Schnittstellen dar, die das Gehirn mit Informationen über
unsere Umwelt versorgen.
Im Kurs wird dieses beeindruckende Nervensystem studiert und versucht, folgende Fragen zu beantworten:
Woher kommen unsere Sinneseindrücke? Wie verarbeitet
unser Gehirn diese Informationen und wie verlässlich ist
es dabei? Was unterscheidet das Gehirn von gewöhnlichen
Computern und warum kann es viele Probleme so gut lösen?
Im Kurs werden verschiedene Perspektiven gewählt, um
ein besseres Verständnis des Nervensystems zu erlangen.
Als wichtiges Fundament dienen uns biologische Befunde
über unser Gehirn und unsere Sinne. Das menschliche
Gehirn besteht aus etwa 100 Milliarden Nervenzellen,
auch Neuronen genannt, die über schätzungsweise 100
Billionen Verknüpfungen, so genannte Synapsen, verfügen.
Unsere Sinnesorgane enthalten auch Nervenzellen, die für
gewisse physikalische Eigenschaften sensibel sind: So sind
z.B. unsere Augen letztlich optische Hilfsstrukturen, die
einfallendes Licht auf einige wenige Neuronen projizieren,
welche wiederum Information über das so entstandene Bild
an unser Gehirn weiterleiten.
Dieses einfache Beispiel zeigt
auch, dass die Kommunikation
der Zellen ein höchst wichtiger
und komplexer Vorgang ist: Jede einzelne Nervenzelle empfängt und erzeugt elektrische
und chemische Signale und
kommuniziert so mit einer unüberschaubaren Vielzahl von
anderen Neuronen.
Auf diese Weise veranschaulicht die Kursarbeit, wie biologisches Wissen abstrahiert in physikalischen Modellen
beschrieben werden kann und wie Modelle Aufschluss
über die Funktionsweisen unseres Gehirns
und unsere Wahrnehmung liefern können.
Auch philosophische Aspekte der Hirn- und
Wahrnehmungs-Forschung werden im Kurs
diskutiert. Insbesondere die Grenzen unserer
Wahrnehmung und deren Implikationen für
unser Handeln werden beleuchtet.
Spannend sind biologisch inspirierte Modelle
der Wahrnehmung aus mindestens drei Gründen: Erstens erlauben solche Modelle Vorhersagen über das Verhalten von Nervensystemen,
modifiziert nach CC-BY-SA 3.0
die beispielsweise in der Medizin Anwendung
Um diese biologische KompleQuelle: https://commons.wikimedia.org/wiki/
File:Human_Brain_Symbol.svg
finden. Zweitens lassen sich die effizienten Eixität überhaupt beschreiben
genschaften nachempfundener Nervensysteme
zu können, werden physikazur intelligenten Steuerung von etwa Robotern nutzen, ein
lische Modelle genutzt, die einige wichtige Aspekte realer
Ansatz, welcher der Bionik ähnelt. Drittens ermöglichen
Nervenzellen erfassen. Diese Vereinfachung ermöglicht
die Modelle Erkenntnisgewinne über die faszinierende
die Untersuchung des Zusammenspiels vieler Zellen. Die
Funktionsweise unseres Gehirns, das es uns ermöglicht,
Modelle von realen biologischen Netzwerken werden dann
uns selbst und die Welt um uns herum Tag für Tag wahrmathematisch sowie numerisch am Computer studiert.
zunehmen.
Kursleitung
David Breuer (Jg. 1986) studierte in Göttingen und in Umeå, Schweden, Physik,
Georg Raiser (Jg. 1986) studierte in Göttingen Biologie und promoviert nun an der
arbeitete am Max-Planck-Institut (MPI) für Dynamik und Selbstorganisation zum
Thema neuronale Netzwerke und promoviert nun in Potsdam. 2004 nahm David
an einer SchülerAkademie in Braunschweig an einem Kurs über Philosophie und
Neurobiologie teil und leitete 2011 erstmals selbst einen Kurs über physikalische Modelle der Evolution. Neben seiner Vorliebe, sich in philosophische Diskussionen zu
stürzen, interessiert er sich für politische Projekte, gute Musik und Ultimate Frisbee.
Universität Konstanz. Sein Fokus liegt auf der Neurobiologie mit Schwerpunkt in der
Sinneswahrnehmung: Während er in seiner Diplomarbeit den Tastsinn von Fruchtfliegen untersuchte, beschäftigt er sich in seiner Promotion mit der Repräsentation
von Düften in den Gehirnen von Honigbienen. Georg ist begeisterter Fahrradfahrer,
Hobby-Taucher und bastelt seit Jahren erfolglos an einem Fledermausdetektor. Gut
ausgeführter Gitarrenrock und frittierte Kartoffelscheiben sind für ihn unverzichtbar.
–– 95
JGW-SCHÜLERAKADEMIE GAESDONCK
(8. BIS 17. AUGUST 2013)
Kurs JGW-2.2
Wie Dinge so lang halten, wie sie soll(t)en
Die SS Schenectady lag 1943 im Hafen von Portland, als sie
ohne Vorwarnung in zwei Teile zerbrach. Als Fehler wurde
von Experten eine schlechte Schweißnaht identifiziert.
mente, Schwerpunkte und Trägheiten. Aufbauend auf diesen
Grundlagen wird die Beschreibung der Verformung von Festkörpern für verschiedene Fälle hergeleitet.
Möchte man Schiffe besonders sicher und Autos besonders
leicht bauen, so muss man verstehen, wie diese versagen. Das
hängt auch von den verwendeten Materialien ab – beispielsweise wird Kunststoff oft als weniger stabil angesehen als
Stahl. Dennoch gibt es Situationen, in denen sich Kunststoffe
besser eignen. Maßgeblich hierfür sind die Belastungen, die
auf den Gegenstand einwirken: Zug oder Druck, hohe oder
niedrige Temperaturen, eine permanente Beanspruchung
oder häufig wechselnde Belastung. Das Versagen reicht dabei
von dem Auseinanderbrechen von ganzen Schiffen, wie der
SS Schenectady, über den Crash von Autos bis zum Wachsen
kleinster Mikrorisse. Zur Beschreibung der verschiedenen Versagensmechanismen von Gegenständen kann die Festkörperund Bruchmechanik verwendet werden.
Außerdem werden die verschiedenen Werkstoffklassen behandelt, da die verwendeten Materialien bestimmen, wie stark
Gegenstände durch Kräfte und Momente aus ihrer ursprünglichen Form gebracht werden können. Zusammen mit dem
Wissen über die Verformung von Körpern können dann die
verschiedenen Formen des Materialversagens untersucht und
die Lebensdauer berechnet werden. Neben der theoretischen
Herleitung der Wirkung von Kräften und Momenten werden
die im Kurs gefundenen Zusammenhänge anschließend auch
anhand von Experimenten untersucht.
Der Kurs untersucht in seinem ersten Teil die Grundlagen der
mechanischen Verformung von Festkörpern. Hierzu werden
zunächst Begriffe aus der Mechanik betrachtet: Kräfte, Mo-
Im zweiten Teil des Kurses wird es um verschiedene Aspekte
des Bauteilversagens gehen, die mit Hilfe der zuvor erarbeiteten Methoden betrachtet werden können: der Einfluss der
Werkstoffeigenschaften, die Bildung und das Wachsen von
Rissen, Versagensmechanismen und Bruchkriterien sowie die
Mehrdimensionalität von Verformungen.
Am Ende des Kurses können die Teilnehmenden dann die
Fehlerursache bei der SS Schenectady besser einschätzen und
Die SS Schenectady, nachdem sie in zwei Teile zerbrochen war
wissen, wie man solche Fehler vermeidet. Dies war 1943 nicht
möglich, da man den Versagensmechanismus falsch einschätzte: Noch mindestens zwölf Schiffe der gleichen Schiffsklasse
brachen auf dieselbe Weise entzwei.
Kursleitung
Myriam Koch (Jg. 1984) studierte an der Rheinisch-Westfälisch Technischen Universität (RWTH)
Aachen Elektrotechnik und Informationstechnik. Derzeit arbeitet sie an der Eidgenössisch Technischen Hochschule (ETH) Zürich am Institut für Hochspannungstechnik. Bei ihrer Arbeit untersucht sie Durchschläge in Gasen und für den Experimentaufbau muss sie immer wieder auch mechanische Probleme lösen. In ihrer Freizeit macht sie gerne Musik, treibt Sport und versucht, neue
Sprachen zu lernen. Nach ihrer eigenen Teilnahme an einer SchülerAkademie 2001 im Kurs »Darstellende Geometrie« freut sie sich, dieses Jahr wieder mit Julian zusammen einen Kurs zu leiten.
96 ––
Julian von Lautz (Jg. 1986) studierte Maschinenbau mit Vertiefung
Materialwissenschaften in Braunschweig. Jetzt promoviert er am
Fraunhofer Institut für Werkstoffmechanik in Freiburg über dünne
Diamantschichten. In seiner Freizeit kocht er gerne, streitet im Debattierclub und engagiert sich in der politischen Jugendbildung. 2004
nahm er in Roßleben an einer Deutschen SchülerAkademie teil und ist
seitdem begeistert im Ehemaligenverein aktiv, wo Myriam und er sich
kennen lernten.
JGW-SCHÜLERAKADEMIE GAESDONCK
(8. BIS 17. AUGUST 2013)
Kurs JGW-2.3
Der epigenetische Code
Ein Blick hinter die Kulissen unserer Gene
»YOU
CAN INHERIT SOMETHING BEYOND THE
SEQUENCE .
THAT’S
DNA
WHERE THE REAL EXCITEMENT
IN GENETICS IS NOW .«
WATSON, 2003
Worin unterscheiden sich eineiige Zwillinge? Warum
wirken Medikamente nicht bei allen Menschen gleich?
Weshalb sind die Zellen unseres Körpers verschieden, obwohl sie die gleichen genetischen Informationen besitzen?
Wie kommt es, dass Schimpansen und Menschen zu 98%
identisches Erbmaterial haben, obwohl sie sich so deutlich
unterscheiden?
Diese Fragen versucht das Forschungsfeld der Epigenetik zu beantworten. Epigenetik beschäftigt sich mit den
Informationen, die in einer Zelle gespeichert und an die
nächste Generation weitergegeben werden, jedoch nicht
dem Genom selbst angehören. Das Genom, der biologische
Datenspeicher der Zelle, besteht aus DNA, auf der Informationen durch eine bestimmte Basenfolge enkodiert sind.
Diese Basenfolge wird jedoch nicht gelesen wie ein Buch.
Innere und äußere Faktoren bestimmen, welche Gene in
einer Zelle aktiv sind: Sie steuern unsere Gene. Die epigenetische Forschung untersucht die zahlreichen Einflussfaktoren, die bestimmen, welche Teile der DNA zu welcher
Zeit abgelesen werden. Sie beschäftigt sich auch mit den
Konsequenzen, die sich aus diesen molekularbiologischen
Prozessen für Entwicklung, Evolution, Lernen und Gedächtnisbildung sowie verschiedene Krankheiten ergeben.
Im Kurs werden zunächst die molekularbiologischen
Grundlagen der Epigenetik erarbeitet. Dabei soll auch die
Auseinandersetzung mit molekularbiologischen Methoden
und Modellen und deren Einsatz in der epigenetischen
Forschung nicht zu kurz kommen. Insbesondere werden
die Teilnehmenden durch wissenschaftliche Originalartikel
mit der aktuellen Forschung vertraut gemacht.
Im zweiten Teil des Kurses werden die Teilnehmenden
anhand von Referaten die verschiedenen Gebiete der epigenetischen Forschung in Bezug auf Entwicklung, Evolution,
Gedächtnisbildung und Krankheitsentstehung kennen
lernen. Epigenetik bestimmt die Entwicklung und Differenzierung von Zellen; Informationen können aber auch durch
Blick auf ein DNA-Molekül, das Teil eines Chromosoms im
Zellkern ist. Quelle: http://www.genome.gov
Modifikationen des Genoms von Generation zu Generation
weitergegeben werden und so Einfluss auf die Evolution
nehmen. Biologische Prozesse wie Lernen oder Altern können durch epigenetische Prozesse beeinflusst werden oder
selbst Einflussfaktoren sein. Verschiedene Krankheiten,
allen voran die Entstehung von Krebs, aber auch neurologische Erkrankungen oder Übergewicht, sind von epigenetischen Prozessen geprägt. Zuletzt beeinflusst auch unsere
Umwelt durch äußere Faktoren wie Stress oder Ernährung
die Modifikationen der DNA.
Und was bedeutet »Epigenetik« jetzt für uns? Eine kritische Bewertung der aktuellen Forschung, ihrer medizinischen Implikationen und ihrer populärwissenschaftlichen Rezeption wird am Ende des Kurses stehen.
Kursleitung
Andrea Dreßing (Jg. 1986) studiert Medizin und Philosophie in Mainz und hat
gerade das Praktische Jahr in Ludwigshafen und London absolviert. Während ihrer
Promotion beschäftigte sie sich mit der Rolle von epigenetischen DNA-Modifikationen in einem Mausmodell. Nach dem Examen im Frühjahr soll der Weg in die
Neurologie führen, doch zunächst freut sie sich auf Zeit für neue Länder, lange
Wanderungen, gute Bücher und Musik – und natürlich auf die Akademie: nach
ihrer eigenen Teilnahme 2005 in Braunschweig nun aus Kursleitersicht.
Simone Mayer (Jg. 1986) war 2004 Teilnehmerin der JGW-SchülerAkademie in Papenburg; seitdem hat sie ihr Kursthema »Wie kommt die Welt ins Hirn« nicht mehr
losgelassen. Sie studierte in Cambridge, Großbritannien, und in Göttingen Molekularbiologie. In ihrer Masterarbeit an der Yale University (USA) untersuchte sie Genregulation in der Hirnentwicklung von Mäusen und Menschen. Seit 2011 promoviert sie in
Göttingen im Bereich Neurobiologie. In ihrer Freizeit kocht Simone gerne und reist,
besonders in Länder, in denen sie ihre Fremdsprachenkenntnisse einsetzen kann.
–– 97
JGW-SCHÜLERAKADEMIE GAESDONCK
(8. BIS 17. AUGUST 2013)
Kurs JGW-2.4
Zwischen Kommunistischer und
Konservativer Revolution
Eine Kulturgeschichte des Radikalen
»Der Unterschied von Geist und Politik enthält den von Kultur und Zivilisation, von Seele und Gesellschaft, von Freiheit
und Stimmrecht, von Kunst und Literatur; und Deutschtum,
das ist Kultur, Seele, Freiheit, Kunst und nicht Zivilisation,
Gesellschaft, Stimmrecht, Literatur.« (Thomas Mann: Betrachtungen eines Unpolitischen. 1918) Oder mit anderen Gedanken Thomas Manns: Gegen die sich selbst überlebten
Französischen Ideen von 1789 marschieren die neuen
Deutschen von 1914 in welthistorischer Mission, deren
blutige Dämmerung im Großen Krieg angebrochen sei.
Seltsam muten uns Heutigen diese Worte an, die uns durch
ihre ausschließende Radikalität abschrecken und uns dadurch dem ersten Anschein nach fremd erscheinen. Doch
dieses Phänomen, welches unter dem Begriff des Radikalen
im Verlauf dieses Kurses herausgearbeitet wird, ist uns
näher, als wir unter dem dünnen Firnis der Zivilisation zu
glauben meinen: Das Radikale prägte nicht nur das politische, sondern vielmehr das gesamtgesellschaftliche Klima
einer Zeit, in der Deutschland Demokratie erlernen sollte und sich
gleichsam die Fragen der Moderne
zur Verhandlung stellten.
Von dieser Hypothese ausgehend,
betrachtet der Kurs die Weimarer
Republik als einen historischen
Ort des Konfliktes zwischen zwei
extremen Ideologien, die das Radikale deutlich ausprägten. Gemäß
diesem dialektischen Ansatz erfolgt
zu je gleichem Teil die Analyse
des »rechten« wie des »linken«
Extrems. Ersteres sammelte sich
bereits in der Weimarer Republik
lose unter dem Begriff der »Konservativen Revolution«; diesem soll
in Analogie die »Kommunistische
Revolution« kontrastiv gegenübergestellt werden.
Um die Wirkung des Radikalen auf das gesellschaftliche
Klima und den politischen Diskurs Weimars herausarbeiten zu können, ist ein kulturgeschichtlicher, und damit
auch interdisziplinärer Zugriff unabdingbar (die ereignisgeschichtlichen Grundlagen werden mittels
bereit gestellter Materialien vorab erarbeitet).
Der Kurs versucht, sowohl die Geschichts- und
Literaturwissenschaft, wie auch die Philosophie
fruchtbar zu vereinen. Die Kursarbeit gliedert
sich demnach in einen einführenden Teil, dem
vier weitere Themenblöcke mit je unterschiedlichen Quellen und damit auch verschiedenen
methodischen Herangehensweisen folgen:
Neben literarischen (Thomas Mann / Bertolt
Brecht) und philosophisch-theoretischen Quellen (Ernst Jünger / Georg Lukács) werden auch
die visuelle Kunst, wie der Film (vgl. die Abbildung), und die Weimarer Erinnerungsorte, die
letztlich das Radikale in Gestalt von Gedächtnis- und Festorten räumlich kennzeichnen,
analysiert. Hierbei wird nicht nur die antiquierte Unterscheidung zwischen Hoch- und
Heros und Inbegriff »deutschen Wesens« in
Populärkultur
aufgebrochen, sondern eine krikonservativ-revolutionärer Rezeption – Otto
senhafte und zugleich hochproduktive Phase
Gebühr als Friedrich II. im Filmepos »Fridericus
Rex« (1920/21), Photographie von Karl Schenker
der Moderne aus verschiedenen Blickwinkeln
betrachtet.
Kursleitung
Pia Masurczak (Jg. 1985) studierte in Freiburg und Aberdeen, Schottland, Anglistik,
Germanistik sowie Neuere und Neueste Geschichte. Besonders interessierten sie dabei
Sozial- und Umweltgeschichte wie auch Literatur des 20. Jahrhunderts, so dass sie ihre
Magisterarbeit dem Thema »Environmentalism in Contemporary British Fiction« widmete. Ab 2013 arbeitet sie an ihrem Promotionsprojekt zur postkolonialen Literatur Indiens im Sonderforschungsbereich »Muße« an der Universität Freiburg. Sieht man sie in
ihrer Freizeit nicht Klettern oder Bergsteigen, so trifft man sie im Theater, mit Gitarre
oder Saxophon.
98 ––
Bastian Max Brucklacher (Jg. 1990) studiert Geschichte, Philosophie, Lateinische Philologie und Griechisch-Römische Archäologie an der Albert-LudwigsUniversität zu Freiburg, wobei ihn selbiges in praktischer Absicht auch für ein
Semester nach Kairo, Ägypten, führte. Um der vornehmen Bibliotheksblässe Abhilfe zu schaffen, verbringt er als passionierter Skifahrer/Skilehrer und Bergsteiger viel Zeit in den Alpen oder auf Wandertouren – zuletzt am Hadrianswall und
in Kleinasien. Literatur, eine Vorliebe für Theater, Gesang und Standard sowie
für anregende Tischgesellschaften dienen ihm zur Erholung.
JGW-SCHÜLERAKADEMIE GAESDONCK
(8. BIS 17. AUGUST 2013)
Kurs JGW-2.5
Zur Existenzphilosophie der
mittelhochdeutschen Epik
Konrad von Würzburg erzählte einmal die Geschichte eines
Liebespaares, das durch Missgunst getrennt wird. Fern von
seiner Geliebten stirbt der Ritter vor Sehnsucht und erbittet
zuletzt, seiner Dame sein einbalsamiertes Herz zu schicken.
Doch die Geliebte erhält das Kästlein mit dem Herzen
nicht. Von niederträchtiger Hand wird das Herz als Speise
zubereitet und der Dame vorgesetzt. Als ihr klar wird, was
sie da zu sich genommen hat, bricht auch ihr Herz und sie
stirbt, denn »unmöglich« ist es, dass »ich ohne ihn alleine lebe, // während er tot liegt, // der mir seine Treue bewiesen hat«.
So rührend diese Geschichte ist, so merkwürdig ist sie
doch auch. Konrad rühmt im Epilog seiner Erzählung die
Vollkommenheit dieser Liebe. Aber in welchem Sinne geht
es denn hier um die Liebe? Was ist vollkommen an einer
Liebe, die die Liebenden in den Tod getrieben hat? Was für
ein existentielles Selbstverständnis finden wir da, wo die
Liebe gerade dann, wenn sie die eigene Existenz und die
eingeschriebene Anthropologie freizulegen. Besondere BeExistenz des Geliebten vernichtet, als vollkommen erkannt
achtung wird dabei den Fragen nach der Liebe, der Freiheit
wird? Auf welches existentielle Problem antwortet eine soloder Unfreiheit des menschlichen Willens, dem
che Liebe? Und in welchem
Zusammenhang von Zufall und Notwendigkeit
Sinne geht es hier um den
Der Kurs setzt bis auf die Bereitschaft, ein
geschenkt. Gleichzeitig muss wieder die Frage
liebenden Menschen?
Referat und ein sehr umfangreiches Lektürenach der Vereinbarkeit von weltlichem Leben
kontigent auf sich zu nehmen, nichts voraus.
(der ritterlichen Ethik) und dem christlichen
Es zeigt sich schnell: So
Leben gestellt werden. Denn häufig genug ist
klar die Ereignisabfolge
es kaum zu begreifen, in welchem Verhältnis
einer solchen Geschichte
etwa die ritterliche Tugendethik und das christliche Ethos
nachgezeichnet werden kann, so dunkel bleibt vorerst, was
stehen. Es wird vor allem im Zusammenhang mit den Werdamit eigentlich gesagt wird, was es eigentlich ist, das uns
ken Hartmanns von Aue zu fragen sein, ob weltliche und
daran anspricht.
christliche Ethik harmonieren können.
In diesem Kurs wird durch eine sehr gründliche Lektüre
Konrads von Würzburg, Strickers, Hartmanns von Aue,
Heinrichs der Teichner und manch anderem versucht, derartige Fragen aus den Texten heraus zu beantworten, das
heißt: Es wird versucht, die der mittelhochdeutschen Epik
Kursleitung
Björn Freter (Jg. 1977) studierte Philosophie und Literaturwissenschaft. Der-
Jonas Baumann (Jg. 1989) kommt ursprünglich aus Bonn und studiert seit drei Jahren
zeit promoviert er sich mit einer Arbeit zu Liebe und Naturrecht. In der Zeit,
die neben dieser Arbeit verbleibt, widmet er sich vor allem ökologischen und
zoologischen Problemen, den Vorlieben für Ägyptologie, Altorientalistik und
alte Sprachen sowie der Arbeit an psychiatrischen und psychotherapeutischen
Fragestellungen. Daneben ist er passionierter Handwerker, schwimmt oft und
gern in den Berliner Seen und ist leidenschaftlicher Musikhörer.
an der Albert-Ludwigs-Universität im sonnigen Freiburg Germanistik und Geschichte. Er
wird diesen Sommer seine Bachelor-Arbeit zu einem Thema im Feld des Kulturpatriotismus in der Literatur der frühen Neuzeit schreiben. Als Kursleiter nahm er bereits im
Sommer 2012 an einer JGW-SchülerAkademie teil. In seiner Freizeit spielt er Waldhorn,
engagiert sich als Vorstandsmitglied im Freiburger Studenten-Orchester, spielt Fuß- und
Volleyball, liest Belletristik und geht montags gerne zum Pub-Quiz.
–– 99
JGW-SCHÜLERAKADEMIE GAESDONCK
(8. BIS 17. AUGUST 2013)
Kurs JHW-2.6
»Wen kümmert’s, wer spricht?« (Michel Foucault)
Theorie und Geschichte der Autorschaft
»Der Autor ist tot« ist die kühne Behauptung der französischen Philosophen Roland Barthes und Michel Foucault
aus den 1960er Jahren. Mit dieser Todeserklärung ist der
»Autor« am Beginn der Postmoderne zu einem umkämpften Schauplatz innerhalb der Literaturwissenschaft und der
Philosophie geworden. Doch auch außerhalb der Universitäten (z.B. in den Diskussionen um das Urheberrecht) ist
der Autor Gegenstand von Diskussionen und Kritik geworden. An anderen Orten des öffentlichen Lebens ist der Autor scheinbar nicht tot zu kriegen. So findet man z.B. auch
heute noch in manchem Schulbuch Fragen wie: »Was hat
der Autor mit diesem Text womöglich sagen wollen?«
Was aber ist ein Autor? Mit dem Ausdruck »Autor« ist
offensichtlich mehr gemeint, als nur »der Produzent eines
Textes«. Wer die Autorschaft eines Textes beansprucht,
gilt als Urheber bzw. Schöpfer eines Textes. Bei genauerem
Hinsehen wird jedoch deutlich, dass die Produzenten von
Texten nicht immer schon als Autoren gesehen wurden. Es
lassen sich durch die gesamte Literaturgeschichte Spuren
verschiedener Auffassungen des Textproduzenten auffinden.
Kursleitung
Diesen Spuren, die sich häufig nur noch aus der Produktionspraxis und dem Umgang mit Texten rekonstruieren
lassen, wird im ersten Teil dieses Kurses nachgegangen.
Ausgehend von den Anfängen der deutschsprachigen Literatur im mittelalterlichen Scriptorium führt der Weg in das
einsame Schreibzimmer des Romantikers und schließlich
in den öffentlichen Raum des 20. und 21. Jahrhunderts,
in dem der Begriff »Autor« überhaupt erst problematisiert
und infrage gestellt wurde.
Dieser Problematisierung des Autorbegriffs im postmodernen Diskurs wendet sich der zweite Teil des Kurses
zu. Dabei gilt es, anhand verschiedener Positionen der
Autorschaftsdebatte seit Foucault und Barthes Argumente
für und wider der Auffassung des Textproduzenten als
Autor zu diskutieren. In diesem Kontext soll auch überlegt
werden, wie ein alternativer Umgang mit Texten, der nicht
mehr die Absicht des Autors in das Zentrum des Interesses
rückt, aussehen könnte. Im dritten Teil des Kurses werden
abschließend mögliche Konsequenzen der behandelten
Positionen auf Wissenschaft, Gesellschaft, Politik und Urheberrecht diskutiert.
In diesem Kurs werden vorwiegend literaturtheoretische
Texte behandelt, die an der Grenze von Literaturwissen-
Frederik Bornhofen (Jg. 1990) studiert Philosophie und Germanistik an der Uni-
versität Kiel. Zurzeit richten sich seine Interessen vor allem auf zeichentheoretische
Themen, alte Sprachen und die Literatur des 20. Jahrhunderts. Neben seinem Studium engagiert er sich in der Fachschaftsvertretung der Philosophie, beim Malteser
Hilfsdienst in Kiel und im Arbeitskreis Gender der Katholischen Studierenden Jugend Deutschland. In seiner Freizeit liest er mit Vorliebe Lyrik und arbeitet mitunter
an eigenen Texten.
100 ––
»Death found an author writing his life.« Designed & done on stone
by E. Hull. Printed by C. Hullmandel. London, Dec. 1827.
schaft und Philosophie anzusiedeln sind. Hierbei wird es
stets darum gehen, Argumente herauszuarbeiten und kritisch zu überprüfen. Neben klassischer Textarbeit werden
daher auch Grundlagen der Argumentationstheorie erlernt
und in unterschiedlichen Formen der Debatte erprobt. Zusätzlich werden kurze literarische Texte herangezogen, um
die verschiedenen theoretischen Positionen an konkreten
Beispielen zu veranschaulichen.
Jan-Moritz Werk (Jg. 1985) studierte Philosophie und Germanistik an der Universität Tübingen und der University of North Carolina at Chapel Hill, USA. Zurzeit
arbeitet er an der Konzeption eines Promotionsprojektes zum Thema Sprache und
Weltbezug. Gleichzeitig holt er die Qualifikation für das Gymnasiallehramt an der
Universität Kiel nach. In seiner Freizeit arbeitet er ehrenamtlich im Kinderliteraturhaus Lübeck. Falls dann noch Zeit bleibt, versucht er, den Kopf beim Sport (Fußball,
Tennis oder auch mal Marathon) wieder frei zu bekommen.
JGW-NACHHALTIGKEITSAKADEMIE PAPENBURG
(10. BIS 24. AUGUST 2013)
Die JGW-NachhaltigkeitsAkademie
Die Gletscher schmelzen, der Meeresspiegel steigt, Naturkatastrophen mehren sich. Die
große Mehrheit der Wissenschaftler geht davon aus, dass die Erwärmung der erdnahen Atmosphäre und der Meere überwiegend vom Menschen verursacht wird und schon in wenigen Jahrzehnten signifikante Auswirkungen auf unser Leben hat. Und dennoch konnten
die zahlreichen Bemühungen, ein völkerrechtlich bindendes Abkommen zur Reduzierung
der Treibhausgasemissionen zu schließen, bisher zu keinem erfolgreichen Abschluss gebracht werden. Der Klimawandel und seine Auswirkungen sind ein gesellschaftlich hochaktuelles Thema und gleichzeitig ein komplexes wissenschaftliches Forschungsgebiet.
Oberthema Klimawandel
Die JGW-NachhaltigkeitsAkademie findet 2013 zum vierten Mal statt und ist eine SchülerAkademie mit einer besonderen Ausrichtung: Alle sechs Kurse beschäftigen sich auf
unterschiedliche, wissenschaftliche Art und Weise mit dem Klimawandel. Da die Klimaforschung Aspekte zahlreicher Fachrichtungen umfasst, verwenden auch die sechs
Kurse jeweils unterschiedliche Herangehensweisen und Methoden. Häufig verbinden die
Kurse auch Ansätze verschiedener Fachrichtungen und betrachten einen Teilaspekt des
Oberthemas aus einem multidisziplinären Blickwinkel, um die Auswirkungen des Klimawandels auf unterschiedliche Bereiche unserer Gesellschaft abzubilden. So setzt sich in
diesem Jahr im naturwissenschaftlich-technischen Bereich ein Kurs mit den physikalischen
Grundlagen des Klimasystems auseinander. An der Schnittstelle zwischen Natur- und
Gesellschaftswissenschaften stehen zwei Kurse, die sich mit dem Zusammenhang zwischen Naturgefahren und dem Klimawandel, dem Spannungsverhältnis von Wissen und
Handeln sowie der Physik sozioökonomischer Systeme beschäftigen. Ein weiterer interdisziplinärer Kurs analysiert die Auswirkungen des Klimawandels wie auch Maßnahmen
zur Anpassung und zum Klimaschutz unter Anwendung mathematischer, statistischer und
–– 101
JGW-NACHHALTIGKEITSAKADEMIE PAPENBURG
(10. BIS 24. AUGUST 2013)
volkswirtschaftlicher Methoden. Im gesellschaftswissenschaftlichen Bereich untersuchen in
diesem Jahr zwei weitere Kurse den Wandel der Klimapolitik und die kulturgeschichtliche
Entwicklung der Beziehung zwischen Mensch und Natur.
Wer Spaß an naturwissenschaftlichen, technischen und/oder gesellschaftswissenschaftlichen Themen hat und sich gleichzeitig auch für Umweltthemen interessiert, ist bei der
JGW-NachhaltigkeitsAkademie genau richtig. Die Akademie vermittelt im Rahmen des gewählten Kurses detaillierte Einblicke in ein klimarelevantes wissenschaftliches Forschungsgebiet und stellt zugleich zahlreiche Bezüge zu aktuellen gesellschaftspolitischen Fragestellungen her. Zugleich bietet sich die Gelegenheit, »über den Tellerrand zu blicken« und
mehr über das Zusammenspiel unterschiedlicher Fachrichtungen, die am Themenkomplex
Klimawandel beteiligt sind, zu erfahren. Vorkenntnisse über den Klimawandel sind dabei
in keinem der Kurse erforderlich.
und Neigungen entsprechend wählen können. Um das Fachwissen der verschiedenen Kurse zusammenzuführen und auf konkrete praktische Situationen anzuwenden, treffen sich
die Teilnehmenden an zwei Tagen anstelle der Kursarbeit in Kleingruppen und entwickeln
gemeinsam eigene Lösungsansätze für reale Problemstellungen rund um den Klimawandel.
In den letzten Jahren wurde so z.B. ein Kurzfilm über energiesparende Verhaltensweisen
gedreht oder eine exemplarische Werbekampagne für Anbieter von klimafreundlichem
Strom entworfen. Die Teilnehmenden setzen sich dabei in kreativer Weise eigenständig
und fachübergreifend mit den Problemstellungen auseinander und erarbeiten ein Konzept sowie eine Ergebnispräsentation, die sie an einem gemeinsamen Präsentationsabend
vorstellen. Die Fallstudien bieten so einen besonderen Raum, um eigene Ideen und Vorstellungen in die Gruppenarbeit einzubringen und durch gemeinsame Recherche und
Diskussionen persönliche Verhaltensweisen und Überzeugungen zu reflektieren. Ziel ist es,
durch die Fallstudien zu einem möglichst umfassenden Bild des Komplexes Klimawandel
zu gelangen und das Zusammenwirken zahlreicher Fachrichtungen praktisch zu erfahren.
Akademieablauf
Die JGW-NachhaltigkeitsAkademie dauert 15 Tage und läuft fast genauso ab wie die anderen SchülerAkademien. Ein normaler Tagesablauf (siehe Tagesablaufplan, Seite 8) besteht
aus dem Morgenplenum, den Mahlzeiten, zwei Kurssitzungen und kursübergreifenden
Aktivitäten (Sport, Musik, Kunst, Kultur …; siehe Seite 8 ff.). Die Historisch-Ökologische
Bildungsstätte in Papenburg, in der die JGW-NachhaltigkeitsAkademie stattfindet, bietet
hierfür vielfältige Möglichkeiten (siehe auch Seite 85). Das inhaltliche Angebot der Akademie wird abgerundet durch ein abwechslungsreiches Rahmenprogramm mit weiteren Aktivitäten zum Oberthema Klimawandel: Neben einem Exkursionstag gibt es zum Beispiel
Abendvorträge von Klimawissenschaftlern und einen gemeinsamen Debattenabend.
Ein weiteres, besonderes Angebot der JGW-NachhaltigkeitsAkademie sind Fallstudien, die
die Teilnehmerinnen und Teilnehmer vor Ort zusätzlich zu den Kursen ihren Interessen
102 ––
Bewerbung und Teilnahme
Teilnahmebedingungen und Bewerbungsverfahren entsprechen denen der Deutschen
SchülerAkademie. Der Teilnahmebeitrag beträgt wie bei der Deutschen SchülerAkademie
550 Euro. Auch hinsichtlich einer Ermäßigung oder eines Erlasses der Eigenbeteiligung
gelten die Bedingungen der Deutschen SchülerAkademie (siehe Seite 12), d.h. die Eigenbeteiligung kann auf Antrag teilweise oder vollständig erlassen werden.
Weitere Informationen über die JGW-NachhaltigkeitsAkademie sind auch im Internet erhältlich unter www.jgw-ev.de/nachhaltigkeitsakademie.
JGW-NACHHALTIGKEITSAKADEMIE PAPENBURG
(10. BIS 24. AUGUST 2013)
JGW-NachhaltigkeitsAkademie
Historisch-Ökologische Bildungsstätte Emsland
in Papenburg e.V.
(Fortsetzung von Seite 85)
Die Unterbringung der Teilnehmenden und Kursleitenden erfolgt in sämtlichen Gebäuden
der Anlage. Manche Zimmer sind eigene kleine Häuschen, die in einem größeren Wintergarten stehen. Für die Kursarbeit stehen verschiedene Seminarräume sowie das ebenfalls
auf dem Gelände befindliche Regionale Umweltbildungszentrum und mehrere PCs zur
Verfügung.
Für das kulinarische Wohlbefinden sorgt eine vollwertige und abwechslungsreiche Küche,
basierend auf Lebensmitteln, die umweltfreundlich, artgerecht und in der Region erzeugt
wurden. Auch für Freizeit und kursübergreifende Aktivitäten bietet die Anlage ausreichend
Raum: Wintergärten, Kaminzimmer, Partyraum, Turnhalle und die ländliche Umgebung
laden zu vielgestaltiger Beschäftigung ein und werden mit dazu beitragen, dass die Zeit in
Papenburg reich an unterschiedlichen intellektuellen und sinnlichen Erfahrungen wird.
–– 103
JGW-NACHHALTIGKEITSAKADEMIE PAPENBURG
(10. BIS 24. AUGUST 2013)
Akademieleitung
Marcus Weiler (Jg. 1989) studiert Jura an der Ludwig-Maximilians-Universität
München. Nach seinem Abitur arbeitete er im Rahmen eines Freiwilligen Sozialen Jahres für ein Jahr in einem Kindergarten in Paris. Er war selbst Teilnehmer
der JGW-SchülerAkademie in Papenburg und von diesem Erlebnis so begeistert, dass er für JGW seit 2008 SchülerAkademien leitet. Verantwortlich für die
JGW-NachhaltigkeitsAkademie ist er seit 2009 und fiebert nach den genialen
Erfahrungen der letzten Jahre schon dem nächsten Sommer entgegen. Marcus
interessiert sich für alles, was mit fremden Ländern und Sprachen zu tun hat.
Seine Freizeit verbringt er mit Ultimate Frisbee, Radtouren und Skifahren.
Historisch-Ökologische Bildungsstätte Emsland
Spillmannsweg 30
26871 Papenburg
www.hoeb.de
Programm
JGW-3.1
JGW-3.2
JGW-3.3
JGW-3.4
JGW-3.5
JGW-3.6
104 ––
Komplexität des Klimasystems
Klimawandel und Naturgefahren
Empirische klimaökonomische Modellierung
Klimapolitik im Wandel?
Klimawandel und gesellschaftliches Handeln
Der Mensch und das Klima
Moritz Zeising (Jg. 1991) studiert in Bayreuth Geoökologie. Nach seinem Abitur leistete er einen elfmonatigen Freiwilligendienst in Kolumbien. 2010 nahm
er selbst an der JGW-NachhaltigkeitsAkademie am Kurs »Numerische Methoden der Klimaforschung« teil. Moritz begeistert sich für andere Kulturen, die
Natur und umweltbewusstes Handeln. Ganz besonders freut er sich auf die abwechslungsreichen zwei Wochen der JGW-NachhaltigkeitsAkademie in diesem
Sommer, bei der er gemeinsam mit Marcus und Paula die Leitung übernehmen
wird. In seiner Freizeit spielt auch Moritz Ultimate Frisbee, geht laufen, liest
oder spielt Gesellschaftsspiele.
Paula Neher (Jg. 1993) beginnt zum kommenden Wintersemester ihr Jurastu-
dium. Nach ihrem Abitur im Mai 2012 arbeitete sie im Rahmen eines internationalen Freiwilligendienstes im Pfadfinderinnenzentrum Pax Lodge in London.
Paula war selbst Teilnehmerin der JGW-NachhaltigkeitsAkademie und verstärkt
seit letztem Jahr das Team der Akademieleitung. Nach den unvergesslichen Erlebnissen ihrer eigenen Teilnahme freut sie sich schon sehr auf die Fortsetzung
in diesem Jahr. Neben Nachhaltigkeitsthemen interessiert sich Paula für die
britische Kultur und Musik. Sie spielt selbst Gitarre und Klavier und singt seit
vielen Jahren in einem Chor. Außerdem reist sie gerne, um ihre Freunde auf der ganzen Welt zu
besuchen.
JGW-NACHHALTIGKEITSAKADEMIE PAPENBURG
(10. BIS 24. AUGUST 2013)
Kurs JGW-3.1
Komplexität des Klimasystems
Der Klimawandel ist eine der größten Herausforderungen
des 21. Jahrhunderts. Wer ihn verstehen will, muss zunächst das Klimasystem verstehen. Nicht nur die Atmosphäre, sondern auch die Ozeane, die Flüsse und Seen, das
Land- und Meereis sowie die Biosphäre spielen dabei eine
wichtige Rolle.
Die Komponenten des Erdsystems
Die Atmosphäre und die Ozeane bilden durch ihre gemeinsame, eng vernetzte Zirkulationsstruktur das Rückgrat
des Klimasystems. Phänomene wie der Golfstrom, El Niño
und Monsun-Niederschläge sind nur einige Aspekte der
Atmosphären-OzeanZirkulation.
Die Eisschilde Grönlands und der Antarktis, Gletscher,
Eisberge, Packeis und Permafrost dienen nicht nur als
Süßwasserspeicher, riesige Sonnenreflektoren und Temperaturpuffer, sondern liefern der Forschung auch wichtige
Informationen über die Klimageschichte.
In der Biosphäre absorbieren Pflanzen Kohlenstoffdioxid,
das durch Tiere, Menschen und Verbrennungsprozesse
ausgestoßen wird; Vegetation und Landnutzung beeinflussen das Reaktionsvermögen der Erdoberfläche und somit
Wetter und Klima auf lokalen und globalen Skalen. Der
erste Teil des Kurses verfolgt das Ziel, diese Komponenten
des Klimasystems im Einzelnen genauer zu untersuchen
und miteinander in Beziehung zu
bringen.
Teilnehmerinnen und Teilnehmer sollten keine Angst vor
mathematischen Formeln haben und im Idealfall physikalische
Vorkenntnisse mitbringen, insbesondere im Bereich der Mechanik.
Ozean und Atmosphäre transportieren
Wärme durch Winde
und Strömungen vom Äquator zu höheren Breiten und
halten das Klimasystem mithilfe von Verdunstung und Niederschlag im Gleichgewicht.
Kursleitung
Klimavariabilität
Unter Wetter versteht man Phänomene der Atmosphäre wie Wolken, Niederschlag, Temperatur und Wind. In der Klimaforschung versucht man,
Trends in diesen Parametern, die über saisonale Schwankungen hinausgehen, zu erkennen und zu erklären.
Das Klima als Statistik des Wetters variiert auf verschiedenen Zeitskalen. Um den Klimawandel, also die langfristige Veränderung des Normalzustandes nachzuweisen,
Momme Hell (Jg. 1988) wurde in Schleswig-Holstein geboren. Er studierte an der
Universität Kiel Ozeanographie, Meteorologie und Geophysik und verbrachte anschließend drei Monate in Bergen am »Bjerkness Center for climate research«. Im letzten
Sommer nahm er an einer Forschungsfahrt in den Atlantik teil. Schon während seiner
Schulzeit war er bei verschiedenen Organisationen engagiert bis er schließlich vier Jahre lang bei der Hilfsorganisation »Schüler Helfen Leben e.V.« mitwirkte. Wenn es die
Zeit zulässt, spielt er (Jazz-)Gitarre, fotografiert, schwimmt oder segelt.
Polarstern in der Antarktis, 2012
muss zunächst die natürliche Klimavariabilität ausreichend
erfasst werden.
Im zweiten Teil des Kurses werden deshalb die Rückkopplungen und damit einhergehenden Änderungen des
Klimasystems genauer untersucht. Auch die Rolle externer
Antriebe, wie beispielsweise Änderungen in der Sonneneinstrahlung sowie die Quantifizierung des anthropogenen
Klimawandels, sind Themen dieses Kurses. Ziel dieses
Kurses ist das Verständnis physikalischer Prozesse mithilfe
grundlegender Gleichungen und anschaulicher Beispiele,
etwa die Aufstellung und Berechnung eines einfachen mathematischen Models für die Gleichgewichtstemperatur an
der Erdoberfläche unter Berücksichtigung des Treibhauseffekts. Neben dem grundlegenden Verständnis des Klimasystems geht es dabei auch um das Kennenlernen grundlegender naturwissenschaftlicher Denk- und Arbeitsweisen.
Samuel Eberenz (Jg. 1988) ging in Baden-Württemberg zur Schule und ver-
brachte ein Auslandsschuljahr in Südafrika sowie einen Zivilersatzdienst in Tansania. Danach studierte er in Kiel Ozeanographie, Meteorologie und Geophysik. Er
absolvierte ein Berufspraktikum am ozeanographischen Institut der Universität
Kapstadt und nahm an zwei ozeanographischen Expeditionen im Rahmen des
»South African National Antarctic Programme« teil. Neben der Suche nach einem
passenden Master-Studiengang verbringt er seine Zeit derzeit bevorzugt sportlich
im Freien, im Theater oder hinter einem Buch.
–– 105
JGW-NACHHALTIGKEITSAKADEMIE PAPENBURG
(10. BIS 24. AUGUST 2013)
Kurs JGW-3.2
Klimawandel und Naturgefahren
Noch nie war der entstandene Schaden durch Naturgefahren so groß wie in den letzten zehn Jahren. Der
Hitzesommer 2003, Hurricane Katrina 2005 oder die
nordamerikanische Dürre 2012 zeugen von dem enormen
Bedrohungspotenzial dieser Ereignisse und offenbaren die
Notwendigkeit von Ursachenklärung und Handlungsstrategien. Hängt die jüngste Häufung von Naturgefahren mit
dem Klimawandel zusammen? Was macht einen Hurricane
zu einer Naturkatastrophe? Und welche Rolle kommt uns
Menschen dabei zu? Diesen und anderen Fragen widmet
sich der Kurs mit einem geographischen Blickwinkel.
Wie verändern sich Climatic Hazards?
Naturgefahren sind nicht gleichmäßig über die Erde und
Erdgeschichte verteilt. Ihre Häufigkeit, Intensität und ihr
regionales Auftreten verändern sich aufgrund verschiedener
klimatischer Parameter. Im zweiten Teil des Kurses wird
deshalb gezielt gefragt, ob und inwiefern die jüngste Häufung der Naturgefahren mit dem Klimawandel zusammenhängt und wie sich Climatic Hazards mit dem Klimawandel
verändern könnten. Langzeitstudien und Klimaprojektionen geben Einblicke in den aktuellen Wissensstand.
Was sind Climatic Hazards?
Der Mensch
Die eingangs genannten Naturgefahren zählen zu den Climatic Hazards, da sie von Prozessen in der Atmosphäre
abhängen. Um ihr Gefährdungspotential, ihre saisonale
und regionale Verteilung verstehen zu können, werden im
Kurs ihre Entstehungsvoraussetzungen und Abläufe anhand atmosphärischer Prozesse diskutiert. Von besonderer
Bedeutung sind hierbei die Rolle des Wasserdampfs in der
Atmosphäre und großräumige Windsysteme auf der Erde.
Und wie geht der Mensch mit diesen Gefahren um? Im
Schnittfeld mit gesellschaftlichen Prozessen wie Bevölkerungsentwicklung und Urbanisierung wird untersucht,
welche Menschen besonders von Naturgefahren betroffen
sind und welche Möglichkeiten ergriffen werden können,
um Auswirkungen schon vorab zu mindern (Mitigation)
oder durch Anpassung gering zu halten (Adaption). Als
theoretischer Hintergrund dient hier die geographische
Risiko- und Verwundbarkeitsforschung. Neben globalen
Beispielen rückt auch lokal der Akademieort Papenburg in
den Fokus, wo in Experteninterviews die erarbeiteten theo-
Folgen einer Überschwemmung
retischen Grundlagen praktisch angewandt werden sollen.
Abschließend soll die Leitfrage der Nachhaltigkeit in den
Fokus rücken. Müssen für ein nachhaltiges Zusammenleben überhaupt Maßnahmen gegen Naturgefahren ergriffen
werden? Welche Verantwortung kommt dabei dem Staat
zu, welche dem Bürger? Besteht eine Verpflichtung der Industrienationen gegenüber weniger entwickelten Ländern
oder gar der heutigen gegenüber der zukünftigen Generationen?
Mit einem geographischen Hintergrund verbindet der Kurs
naturwissenschaftliche mit gesellschaftswissenschaftlichen
Fragen und theoretisches mit angewandtem Arbeiten. Ein
Schwerpunkt des Kurses liegt auf der Beleuchtung globaler
Fragestellungen anhand von regionalen Beispielen.
Kursleitung
Annika Schlücker (Jg. 1986) befindet sich in der Endphase ihres Studiums der Fächer
Geographie, Englisch und Italienisch auf Lehramt in Freiburg, Dublin und Genua. Die
Klimageographie entwickelte sich zu einem ihrer Interessensschwerpunkte, sodass sie
sich in ihrer Abschlussarbeit mit dem Energieeinsparpotenzial von Wohngebäuden befasste. In ihrer Freizeit engagiert sie sich beim Freiwilligendienst der Ev. Landeskirche
Baden, da sie selbst nach dem Abitur ein Jahr auf Sizilien arbeitete. Außerdem singt sie
im Chor oder erkundet die Höhen des Schwarzwaldes mit dem Rennrad.
106 ––
Mark Bauer (Jg. 1985) arbeitete nach dem Abitur für das Britische Rote Kreuz
in England als Erste-Hilfe-Trainer und betreute Menschen mit Behinderung bei
landwirtschaftlichen Tätigkeiten. Danach entschloss er sich, in Freiburg Englisch,
Geographie und Biologie auf Gymnasiallehramt zu studieren, und befindet sich
nun in der Endphase seines Studiums. Für seine Abschlussprüfungen hat er einen
Schwerpunkt auf Klimawandel, Stadtklimatologie und Naturgefahren gelegt. In
seiner Freizeit spielt er entweder Gitarre oder scheucht beim Badminton oder Volleyball sich und die Gegner über den Platz.
JGW-NACHHALTIGKEITSAKADEMIE PAPENBURG
(10. BIS 24. AUGUST 2013)
Kurs JGW-3.3
Empirische klimaökonomische Modellierung
Ökonomie des Klimawandels
Mathematische Modelle, Daten und Simulationen
Der Klimawandel beeinflusst zunehmend unser Leben.
Ökonomen entwickeln theoretische Modelle des menschStürme und Überschwemmungen verursachen Schäden.
lichen Verhaltens. Diese werden mit realen Daten ergänzt,
Hitzewellen fordern mehr Todesopfer. Das tägliche Leben
um in empirischen mathematischen Modellen die Auswirund das Wirtschaften, z.B. in der Landwirtschaft, veränkungen des Klimawandels und mögliche Klimaschutzmaßdern sich. Besonders betroffen sind häufig Menschen in
nahmen zu simulieren. So sollen optimale HandlungsweiEntwicklungsländern. Dort leben viele Menschen von der
sen für die Zukunft abgeleitet werden.
Landwirtschaft, sie sind nicht versichert und haben kein
Dieser Kurs stellt einige der wichtigsten Methoden der
Geld für Maßnahmen zur Anpassung an den Klimawandel.
empirischen KlimaökoAndererseits beeinflussen
nomie vor, insbesondere
wir – und immer mehr MenWer sich für globale, ökologische und ökonomische Fragestellungen
die Ökonometrie, die
schen in immer mehr Läninteressiert, ist in diesem Kurs genau richtig. Interesse an MatheSpieltheorie, die beredern – das Klima durch den
matik ist ebenfalls von Vorteil, denn die Methoden werden nicht nur
chenbare allgemeine
Ausstoß von Treibhausgasen,
verbal, sondern auch mathematisch und graphisch erarbeitet. Der
Besuch von Leistungskursen in Wirtschaft oder Mathematik ist dazu
Gleichgewichtsmodelz.B. beim Reisen, Heizen
nicht notwendig. Der Mut, über den eigenen Tellerrand zu schauen,
lierung und Integratedoder Stromverbrauchen.
ist dagegen eine zwingende Voraussetzung für die Kursteilnahme.
Assessment-Modelle.
Wirtschaftliche Interessen
Da diese Methoden den
scheinen Erfolge im Klimameisten noch gänzlich unbekannt sind, behandelt der
schutz zu verhindern. Wie sollten also gerade Ökonomen
Kurs zunächst intensiv deren Grundlagen. Anschließend
einen Beitrag zur Entschärfung des Klimaproblems leisten
werden die Methoden auf klimapolitische Fragestellungen
können?
angewandt. Die Stärken und Schwächen der einzelnen
Kursleitung
Christin Erb (Jg. 1986) ist am Lehrstuhl für Angewandte Mikroöko-
nomie der Universität Bern als Doktorandin und Assistentin tätig. Der
Schwerpunkt ihrer Arbeit liegt darin, politische Handlungsoptionen zur
Anpassung an den Klimawandel zu analysieren. Als Assistentin ist sie
auch dafür zuständig, Übungen und Seminare für die Studenten vorzubereiten und zu halten. In ihrer Freizeit findet man Christin vor allem
in der Natur, entweder auf dem Pferd oder mit ihrem Hund unterwegs.
Methoden werden analysiert, sodass die Möglichkeiten und
Grenzen ihrer Anwendung deutlich werden. Auf dieser
Grundlage werden die klimapolitischen Implikationen der
Ergebnisse gemeinsam diskutiert.
Der Weg von der Theorie über die Anwendung zur Interpretation und Einordnung der Ergebnisse ist gepflastert mit
Referaten, Diskussionen, wissenschaftlichen Originaltexten,
Planspielen, mathematischen Modellen, Datenrecherchen,
ökonometrischen Anwendungen und numerischen Simulationen: Es wird ein vielfältiger Mix.
.
Frank Vöhringer (Jg. 1968) ist selbständiger Klima- und Energieökonom in Bern, Schweiz, und
nutzt u.a. berechenbare allgemeine Gleichgewichtsmodelle, um die wirtschaftlichen Auswirkungen klimapolitischer Maßnahmen (z.B. von Energiesteuern) zu simulieren. Frank unterrichtet
Umweltökonomie an der Eidgenössich Technischen Hoschschule (ETH) Lausanne, Schweiz. Er
studierte Volkswirtschaftslehre mit Schwerpunkt Lateinamerika in Tübingen und San Diego, Kalifornien, USA, und promovierte in Frankfurt über Klimaprojekte in Costa Rica, Mittelamerika.
Seine private Leidenschaft ist die Musik: Er singt Tenor in einem A cappella-Quintett, spielt Klavier und etwas Gitarre.
–– 107
JGW-NACHHALTIGKEITSAKADEMIE PAPENBURG
(10. BIS 24. AUGUST 2013)
Kurs JGW-3.4
Klimapolitik im Wandel?
Wer die Medienberichte rund um den letzten Klimagipfel
der United Nations Framework Convention on Climate
Change (UNFCCC) in Doha verfolgte, bekam schnell den
Eindruck, dass die internationale Klimapolitik in einer
Krise steckt. Zum achtzehnten Mal kamen im Herbst 2012
in Doha führende Politiker der 195 Mitgliedsstaaten der
Klimakonvention zusammen, aber die erhoffte Einigung
über Treibhausgasreduktionen blieb aus – wie auch schon
zuvor in Durban, Cancún und Kopenhagen. Dafür wurde
bereits vor dem Gipfel in Zeitungsartikeln die Existenzberechtigung der UNFCCC in Frage gestellt. So manchem
Klimaaktivisten schwindet daher der Glaube, dass die internationalen Verhandlungen noch schnell genug zu einer
Einigung führen werden, um die globale Erwärmung auf
2°C begrenzen zu können.
Was ist Klimapolitik?
In der ersten Hälfte dieses Kurses werden die historische
Entwicklung und der aktuelle Zustand sowie die Arbeitsweise der UNFCCC als Beispiel internationaler Klimapolitik genauer betrachtet: Wie arbeitet diese UN-Organisation?
Was hat sie erreicht und was kann sie erreichen? Was sind
die Standpunkte einzelner Akteure in den Klimaverhandlungen, zum Beispiel der USA oder China? Warum ist es
so schwierig, bindende Absprachen zu treffen, obwohl sich
fast alle Staaten zu dem 2°C-Ziel bekannt haben? Auch der
Einfluss von Lobbyisten innerhalb und außerhalb der Klimaverhandlungen und deren Arbeitsweise sollen im Rahmen des Kurses näher betrachtet werden.
Wo liegen die Lösungen?
Im zweiten Teil geht es darum, mögliche Lösungsstrategien
zu diskutieren. Dabei ist es wichtig, verschiedene Debatten
in der internationalen Klimapolitik zu verstehen. Da gibt
es zum Beispiel die Fragen, welche Länder ihre Treibhausgasemissionen um wie viel Prozent reduzieren müssen
und was eine »gerechte« Verteilung der Emissionsminderungen wäre. Bei möglichen Lösungsstrategien kann in
zwei Richtungen gedacht werden: Zum einen kann gefragt
werden, welche Reformen in der Klimapolitik nötig sind,
um doch noch zu bindenden Absprachen der internationalen Staatengemeinschaft zu kommen. Zum anderen ist
zu überlegen, welche Alternativen zu einem multilateralen
Abkommen, das die einzelnen Nationalstaaten zur Emissi-
Klimagipfel in Doha; Urheber: UNclimatechange
onsminderung verpflichtet, bestehen. Hierbei kann man
an Initiativen zur freiwilligen Treibhausgasreduktion von
Industriezweigen, Städten oder sogar Individuen denken.
Einige Beispiele von bereits bestehenden Initiativen, wie die
»Large Cities Climate Leadership Group« oder der »Low
Carbon Lifestyle«, werden im Kurs genauer betrachtet.
Gleichzeitig werden mit den Kursteilnehmenden Ideen
entwickelt, welche Strategien auf welchen politischen und
gesellschaftlichen Ebenen in Zukunft den meisten Erfolg
versprechen.
Im Kurs wird die Arbeit mit Texten, Zeitungsartikeln und
Kommentaren die Grundlage für Diskussionen sein. Dabei
werden auch englische Texte zum Einsatz kommen. Einzelne Fallbeispiele sollen mit Rollenspielen bearbeitet werden.
Die Teilnehmenden sollten Spaß am Diskutieren und dem
Entwickeln von »Zukunftsvisionen« mitbringen.
Kursleitung
Alex Liedke (Jg. 1984) studierte technische Biologie in Stuttgart. Bei Auslandsaufent-
halten in Venezuela und in den Niederlanden sowie während seiner Abschlussarbeit am
Fraunhofer-Institut für Grenzflächen- und Bioverfahrenstechnik beschäftigte er sich mit
der Kultivierung von Mikroalgen zur energetischen Nutzung. Alex nahm an mehreren
UNFCCC-Konferenzen für die Nichtregierungsorganisation Germanwatch teil. Mittlerweile arbeitet er als Consultant bei PE International und beschäftigt sich mit der Erstellung von Lebenszyklusanalysen. In seiner Freizeit fährt er gerne Rad, schwimmt, wandert, kocht und liest.
108 ––
Lena Schulte-Uebbing (Jg. 1987) studierte nach ihrem Freiwilligendienst in
Brasilien Internationales Land- und Wassermanagement an der Universität Wageningen in den Niederlanden. Nach Praktika in Marokko und den USA begann
sie einen Masterstudiengang in Klimawissenschaften. Im Moment schreibt sie
Ihre Masterarbeit über Mitigationspotenzial in der Landwirtschaft bei der Firma
Ecofys in Köln und arbeitet nebenbei als wissenschaftliche Hilfskraft beim Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC). Lena hat viel Freude an Outdoorsport, Fotografie und gutem Essen, am liebsten aus dem eigenen Garten.
JGW-NACHHALTIGKEITSAKADEMIE PAPENBURG
(10. BIS 24. AUGUST 2013)
Kurs JGW-3.5
Klimawandel und gesellschaftliches Handeln
Wie Wissen und Handeln zueinander finden
Die Daten zu Ursachen und Folgen des Klimawandels sind
so gut wie nie zuvor. Höchste Zeit also, etwas zu tun –
doch obwohl wir wissen, dass wir unser Verhalten ändern
müssen, herrscht Stillstand. Wie kann es sein, dass Wissen
und Handeln so verschiedene Dinge sind? Und was können wir tun, um das zu ändern?
Faktor Mensch
Nachdem zunächst die Grundzüge des Klimasystems und
Konzepte wie Treibhauseffekt, positive Rückkopplung und
die so genannten »Tipping Points« eingeführt wurden,
kann sich der Blick auf den Faktor Mensch richten.
Zusammen sind wir stark?
Der menschliche Einfluss auf das Klima ergibt sich aus der
Summe der Handlungen vieler Menschen – doch das kollektive Verhalten von Gruppen scheint anderen Gesetzen
zu folgen, als sich aus der Betrachtung einzelner Menschen
vorhersagen ließe. Ansätze, das komplexe
Verhalten von Gruppen zu verstehen, haben sich Physiker in der Natur abgeschaut,
und daraus die Physik sozioökonomischer
Systeme entwickelt. Anhand einiger dieser Konzepte wird im Kurs versucht zu
verstehen, worin mögliche Ursachen der
kollektiven »Trägheit« liegen – und welche
Anknüpfungspunkte sich bieten, diese zu
überwinden.
Mach doch, was Du willst
blick auf den Klimawandel
ist dies ein ernstes Problem.
Anhand einiger klassischer
Experimente geht der Kurs
diesen scheinbaren Widersprüchen auf den Grund
und sucht auch hier nach
Wegen, wie die gewonnene
Erkenntnis praktisch genutzt
werden kann, damit Denken
und Handeln im Hinblick
auf das Klima wieder näher
zusammengebracht werden
können.
Aber können wir überhaupt sicher sein,
dass wir selbst tun, was wir für richtig
Wir reden viel über das Klima, doch ändern nichts an unseren
halten – oder dass wir zumindest rational
Im Kurs werden scheinbar
Gewohnheiten. Foto: Kevin Dooley
handeln? Die Vermutung, dass dies oft
so verschiedene Methoden
nicht der Fall ist, findet sich durch die Sozialpsychologie
wie Sozialpsychologie und Physik verknüpft, um ein komauf eindrucksvolle und manchmal sogar amüsante Weise
plexes Thema aus verschiedenen Perspektiven zu erforbestätigt: Wir scheinen wie gemacht dafür, das eigene Hanschen. Interesse an multidisziplinärer Arbeit und dem Blick
deln zu verklären, Probleme zu verdrängen, Widersprüche
über den Tellerrand des eigenen Fachs hinaus ist daher
zu »übersehen« und zukünftigen oder weit entfernten Erausdrücklich erwünscht, Programmierkenntnisse sind jeeignissen nur eine geringe Bedeutung zuzumessen. Im Hindoch nicht erforderlich.
Kursleitung
Till Sawala (Jg. 1983) studierte nach dem Zivildienst in London und Lausanne Physik.
Ulrike Lemke (Jg. 1982) studierte Physik an der Humboldt-Universität zu Berlin.
und beschäftigte sich während seiner Doktorarbeit am Max-Planck-Institut für Astrophysik, Garching, mit Computersimulationen. Seit zwei Jahren arbeitet er als Kosmologe an der Universität Durham in Großbritannien. Sein Interesse gilt aber auch der Zukunft des Planeten Erde. In seiner Freizeit isst er gerne vegetarisch, wandert und läuft.
Als Doktorandin lebte sie drei Jahre im Norden Englands, wo sie Spektren von
fernen Sternen analysierte und nebenbei wandernd und laufend die Gegend erkundete. Nun lebt sie wieder in Deutschland in Göttingen und geht dabei weiter
ihrer dritten Leidenschaft, dem vegetarischen Kochen, nach.
–– 109
JGW-NACHHALTIGKEITSAKADEMIE PAPENBURG
(10. BIS 24. AUGUST 2013)
Kurs JGW-3.6
Der Mensch und das Klima
Ideeninventar der europäischen Kultur
Obwohl die Existenz der vom Klimawandel ausgehenden
Gefahren mittlerweile weithin anerkannt ist, wird kontrovers darüber diskutiert, wie auf diesen Wandel angemessen
reagiert werden soll. Die Debatte ist dabei keineswegs eine
Diskussion, die allein von Natur- oder Politikwissenschaftlern geführt und verfolgt werden sollte. Vielmehr berührt
das Denken über den Klimawandel gesamtgesellschaftliche
Grundhaltungen, die über Jahrhunderte gewachsen sind
und von der Kultursoziologie offen gelegt und analysiert
werden. Eine zentrale Frage dabei ist: Wie entwickeln sich
überhaupt allgemein anerkannte Einstellungen dazu, wie
der Mensch mit der Umwelt umgehen sollte?
Die Geschichte einflussreicher Ideen
Der Kurs stellt genau diese Frage und analysiert, auf welchen Ideen vom Verhältnis Mensch-Natur die aktuelle
Klimadebatte fußt. So kann die literatur- und kulturwissenschaftliche Methode der Topik mit Blick auf die Klimadebatte benennen, welche darin vorgebrachten Argumente
in einer langen kulturgeschichtlichen Tradition stehen.
Bei diesen geht man davon aus, dass es sich um allgemein
bekannte »Topoi« (Topos= griechisch für »Gemeinplatz«)
Kursleitung
handelt, deren Tradition untersucht wird. Eine typisch
topische Untersuchungsfrage könnte beispielsweise lauten:
Wie entwickelte sich die Haltung, die Menschheit müsse
für ihre natürliche Umgebung sorgsame Haftung übernehmen, und welche weiteren Topoi lassen sich in diesem
Zusammenhang identifizieren? In einem ersten Schritt
versucht die Topik die Entstehung eines Arguments einem
Zusammenhang von Raum und Zeit zuzuordnen. Ist der
Ursprung einer einflussreichen Idee ausgemacht, kann außerdem untersucht werden, mit welchen Medien (etwa Gemälden, Musikstücken oder literarischen Texten) sie zum
Vorschein gekommen ist und welche Gruppen sich ihrer
Verbreitung verpflichteten. Neben der Geburtsstunde eines
langfristig einflussreichen Arguments interessiert dann vor
allem, in welcher Form es in der Kulturgeschichte wieder
aufgetaucht ist und sich dabei stetig weiterentwickelt hat.
Von der Antike bis zur Umweltbewegung
Im Kurs wird diese Spur aufgenommen und es wird erarbeitet, welche Positionen zum Verhältnis Mensch-Natur
die europäische Kulturgeschichte hervorgebracht und
überliefert hat. Es werden unterschiedliche Kontexte und
Artefakte der europäischen Kulturgeschichte behandelt. So
könnte beispielsweise ein Expertenteam erarbeiten, welches
Karena Weduwen (Jg. 1989) studiert Literatur- und Kulturwissenschaften sowie Geschichte
an der Technischen Universität Dresden. Bevor es die gebürtige Bielefelderin nach Dresden verschlug, lernte sie während ihres Freiwilligendiensts in Antwerpen die Geschichte und Kultur
Belgiens kennen. Besonders faszinieren sie in ihrem Studium die Methoden und Fragestellungen
der Kulturwissenschaften. Wenn sie weder in der Bibliothek noch in einer Veranstaltung aktiv ist
oder ihrer Arbeit an der Uni nachgeht, trifft sie sich mit Freunden, joggt entlang der Elbe, entspannt bei guter Musik oder reist durch Deutschland.
110 ––
Naturverständnis sich in
romantischer Poesie und
bildender Kunst verbirgt
und den übrigen präsentieren, welche Topoi sie
identifizieren konnten. Auf
diesem Weg können auch
Caspar David Friedrich: Felsenlandschaft
im Elbsandsteingebirge, zwischen 1822
die antike oder biblische
und 1823
Haltung zu Natur-Mensch
sowie die Umweltbewegung untersucht werden, sodass eine Sammlung traditionsreicher Argumente zum Verhältnis Mensch-Natur entsteht.
Die Argumente werden dann in aktuellen Zeitungsartikeln,
Fachbüchern, Dokumentationen oder auch Radiobeiträgen
aufgespürt, um zu zeigen, wie sie sich gegenüber ihren
zweitausendjährigen Vorläufern verändert haben.
Neben dem Forschungsfeld der Topik lernen die Teilnehmenden medienwissenschaftliche Theorien und Methoden
kennen. Somit erhalten sie Einblick in zentrale Fragestellungen der Kultur- und Medienwissenschaften und erweitern ihr kulturgeschichtliches Wissen. Der Kurs richtet sich
an geistes-, gesellschafts- und/oder naturwissenschaftlich
Interessierte.
André Förster (Jg. 1987) studierte Soziologie, Politikwissenschaft und
Kommunikations- und Medienwissenschaft in Düsseldorf. Nach dem
Bachelor entschied er sich, sein Studium mit dem Master of Science in
Soziologie und empirischer Sozialforschung an der Universität zu Köln
fortzusetzen. Wenn André nicht die politische Beteiligung in Osteuropa,
Normtheorien oder sogar Beziehungsprobleme soziologisch analysiert,
liest er Romane, spielt Fußball oder geht ins Kino.
PROGRAMME IM AUSLAND 2013
Programme
im Ausland 2013
Akademien in Litauen,
Polen und Österreich
Seit einigen Jahren unterhält die Deutsche SchülerAkademie Austauschabkommen mit ausländischen Partnern, die
vergleichbare Maßnahmen wie die Deutsche SchülerAkademie anbieten. Auch im Jahr 2013 werden diese Austauschprogramme fortgesetzt.
Summer Academy in Nida, Litauen
16. bis 26. August 2013
In diesem Jahr organisiert die Deutsche SchülerAkademie
zum sechsten Mal ein Austauschabkommen mit der National Student Academy of Lithuania, die jedes Jahr eine
Akademie für hochbegabte Schülerinnen und Schüler in
Litauen ausrichtet.
ledge of Marketing and PR, Finance, Sales, Personnel Management, International Investment, Entrepreneurship, Leadership
and other topics guided by top managers and professionals from
leading Lithuanian and international companies. Seminars are
structured in an entertaining way – there are plenty of discussions, case studies, and interactive games.
Your action-packed day at the Academy will start at 8.00 a.m.
with breakfast followed by two 1.5-hour subject interactive
Die Teilnahmegebühr für die Akademie vom 16. bis 26.
classes. Topics covered during previous Summer Academies
August 2013 beträgt 780 Euro (390 Euro Teilnahmegebühr included Entrepreneurship, Business Plan Preparation, Impleplus 390 Euro für Unterbringung und Vollverpflegung) zu- menting Business Ideas, Methods for Financing Business, Busizüglich Reisekosten.
ness Models and Strategies, etc.
»You are invited to join the Economics section and together with a After lunch you will be welcome to join a 1.5 hour self-developdozen 16–18-year-old peers from Lithuania deepen your know- ment lecture. In the afternoon you will have some spare time for
sightseeing, going to the beach and sporting activities. Each day
you will have a chance to mingle with all Summer Academy’s
students at a daily evening event – a concert, cinema or guest
evening, a mind storm or a theatre project.
The Summer Academy is organised by the National Student
Academy of Lithuania. Every year the best Academy’s students
as well as the most talented young musicians are invited to participate and create a versatile and dynamic community of young
intellectuals studying Economics, Philology, Maths, Physics and
Astronomy, Chemistry, History, Biochemistry, Computer Science
and Music.
Lithuania is a small Baltic country with a population of 3.5
million people. Nida is a neat and cosy village in westernmost
Lithuania, in the Curonian Spit that is inscribed on UNESCO’s
List of World Heritage.«
Interessenten melden sich bitte bei der Geschäftsstelle der
Deutschen SchülerAkademie.
–– 111
PROGRAMME IM AUSLAND 2013
Multidisciplinary Scientific Camp, Polen
Der Polish Children´s Fund, eine polnische Organisation zur Förderung von hochbegabten
Schülerinnen und Schülern, organisiert seit dem Jahr 1986 multidisziplinäre wissenschaftliche Camps (Schülerakademien) für hochbegabte polnische Schüler. Jedes Jahr treffen
sich etwa 80–90 Schüler der Mittelschulen in der Umgebung von Warschau. Das Camp
findet in einem gut ausgestatteten Konferenzzentrum (Zweibettzimmer mit Bad) mit Computerräumen, Schwimmbad und Sportanlagen am Waldesrand in der Nähe von Warschau
statt.
Auf dem Programm des Camps stehen jeden Tag zur Wahl: drei Vorlesungen der besten
polnischen Wissenschaftler, acht bis zehn Workshops, zwei allgemeine Diskussionstreffen
mit hervorragenden Persönlichkeiten der Wissenschaft, Literatur und Kultur, Vorträge der
Teilnehmenden, Sport und psychologische Workshops. Jede(r) Teilnehmende soll in alle
Aktivitäten einmal täglich hineinschnuppern. Es gibt auch ein Konzert der klassischen
Musik und Filmabende.
Im Jahr 2013 wird die Akademie vom 25. April bis 5. Mai 2013 stattfinden.
Teilnahmevoraussetzungen sind die gleichen wie bei der Deutschen SchülerAkademie,
außerdem wird eine sehr gute polnische Sprachkompetenz erwartet. Die Eigenbeteiligung
beträgt 180 Euro.
Die an der Sommerakademie Obertrum interessierten Schülerinnen und Schüler können
ab dem 26. März 2013 genauere Programminformationen abrufen unter:
www.phsalzburg.at/ahs/begabtenfoerderung.
Die Eigenbeteiligung beträgt 75 Euro.
Interessenten melden sich bitte so bald wie möglich bei der Geschäftsstelle der Deutschen
SchülerAkademie, damit sie nähere Informationen zum polnischen Programm erhalten
können.
Bei der Kurswahl sind ein Erstwunsch und ein Alternativwunsch anzugeben.
Workshopbeschreibungen Sommerakademie Obertrum
Internationale Sommerakademie Obertrum, Österreich
Workshop 1:
Zeig mir Deine Gene und ich sag dir, wie du bist?
Ein Austauschabkommen für einige Schülerinnen und Schüler unterhält die Deutsche
SchülerAkademie mit der Pädagogischen Hochschule Salzburg, Österreich, die vom 30.
Juni bis 3. Juli 2013 die Sommerakademie Obertrum, 20 km nördlich von Salzburg am
gleichnamigen See ausrichtet. Die Unterbringung erfolgt in der Landesberufsschule Obertrum, einer Tourismusschule mit exzellenter Infrastruktur, die jede Art von Freizeitaktivitäten erlaubt.
Was ist an unserem Verhalten genetisch bedingt, was bestimmt man selbst oder die Umwelt? Sind wir für unser Verhalten allein verantwortlich? Die Workshop-Teilnehmenden
selbst werden drei ihrer eigenen Gene im Labor analysieren, die laut Wissenschaft das Verhalten eines Menschen beeinflussen können. Dazu werden Mukosazellen (Mundschleimhaut) genommen, die DNA gereinigt und so genannte SNP-Analysen durchgeführt.
Angeboten werden insgesamt vier Workshops zu den Themen Gentechnik, Robotik, Design und Literatur. Die Teilnehmenden melden sich im Vorfeld für einen der angebotenen
Workshops und arbeiten insgesamt fünf Halbtage in Gruppen zu etwa fünfzehn Personen.
Beim Workshop bearbeitet werden aber auch einige neue Forschungsergebnisse zur Arbeitsweise des Gehirns, zu Verhalten und Genen. Kleine Eigen-Tests und Tipps zu Verhaltensänderungen runden den Workshop ab.
112 ––
PROGRAMME IM AUSLAND 2013
Workshop 2:
Von der Science Fiction in die Gegenwart
Roboter gewinnen von Jahr zu Jahr an Bedeutung in unserer Gesellschaft. Vorwiegend sind
sie noch in der industriellen Fertigung zu finden, doch schaffen es Exoten wie autonome
Staubsauger oder Rasenmäher schon heute, im täglichen Leben Fuß zu fassen. So komplex
manche Maschinen auch erscheinen, so beruht ihre Technik immer nur auf einem Zusammenspiel von Motoren und Sensoren. Ohne menschliche Kreativität bleiben es aber nur
elektronische Bauteile und verwandeln sich nicht in tanzende Maschinen oder Rettungsroboter. Die Teilnehmenden können sich in diesem Workshop auf eine technisch-kreative
Reise ins Land der Roboter begeben.
Internationale Sommerakademie Semmering, Österreich
Workshop 3:
»Being bright, young and talented is not enough.« Innovation and design
processes in a 2.0 world
Which skills and qualifications are needed in the new 2.0 world? Is it still enough to be
highly qualified and well educated to design the next I-phone? These questions will be discussed and referred to in a very dynamic design and innovation workshop. The main focus
will be on the innovation and design of a consumer good as well as presenting the ideas
based upon the new gained knowledge.
Die Arbeitssprache ist Englisch.
Workshop 4:
Wenn Wörter tanzen lernen …
… entstehen packende Texte, die unter die Haut gehen und den Blick auf die Welt schärfer stellen. Sowohl gute Literatur als auch Qualitätsjournalismus setzen einen klugen, kreativen und bewussten Umgang mit Sprache voraus und sind gelungene Kommunikation
auf höchstem Niveau. Dazu muss man nicht etwa kompliziert schreiben – handwerkliche
Tipps und Tricks helfen bei der Entwicklung einer individuellen Stimme und eines zielsicheren und eigenständigen »Tons«. Wer gerne schreibt und die eigene Ausdruckskraft
entwickeln möchte, ist in diesem Workshop richtig.
Bereits zum 15. Mal wird dieses Jahr die Internationale Sommerakademie Semmering in
Niederösterreich für leistungsbereite Schülerinnen und Schüler abgehalten. Diese Akademie wird vom Verein zur Förderung begabter und hochbegabter Schülerinnen und Schüler
in Niederösterreich, vom Landesschulrat für Niederösterreich, Referat für Begabtenförderung, und von der Begabtenakademie Niederösterreich ausgerichtet. Sie findet vom 20. bis
27. Juni 2013 statt.
Die Teilnehmenden können einen Kurs aus zahlreichen Angeboten wählen. Das Kursangebot umfasst auch dieses Jahr wieder eine Palette an interessanten Inhalten und steht erstmals unter einem Gesamtmotto. Dieses lautet »Verantwortung Ethik«.
So können sich die Jugendlichen unter der Anleitung von äußerst motivierten und engagierten Kursleiterinnen und Kursleitern mit neuartigen Kursthemen auseinandersetzen
– beispielsweise anspruchsvolle mathematische Aufgabenstellungen lösen, naturwissenschaftliche Phänomene erforschen oder kreative Erfahrungen machen – und in neue Wissensgebiete eintauchen.
Alle Kurse garantieren neben intellektuellen Herausforderungen im Unterricht auch ein
Rahmenprogramm während der Pausen bzw. in der unterrichtsfreien Zeit. Kooperatives
Arbeiten und Kopfzerbrechen haben genauso Platz wie gemeinsames Erleben und eine
ordentliche Portion Spaß beim sportlichen Ausgleich. Neben der Förderung der Begabungen geht es auch um den Austausch untereinander oder mit den Referentinnen und
Referenten.
Die Teilnahmevoraussetzungen entsprechen denen der Deutschen SchülerAkademie. Die
Eigenbeteiligung beträgt 310 Euro. Informationen zur Akademie sind auch auf der Internetseite des Landesschulrates http://bbf.lsr-noe.gv.at/ erhältlich.
–– 113
PROGRAMME IM AUSLAND 2013
Kursbeschreibungen Sommerakademie Semmering
Kurs 1: Retten, was noch zu retten ist
Zukunftsperspektiven der Angewandten Ethik (Philosophie)
»Retten, was noch zu retten ist, um die Zukunft überhaupt möglich zu machen, das ist
das gewaltige Motiv, der glühende Wunsch, das Opfer, das nötig ist«, so formuliert der
1913 geborene Philosoph und Nobelpreisträger Albert Camus schon 1946, also mitten im
»Jahrhundert der Angst«, das Generalthema dieser Sommerakademie. Der 1813 geborene
Existenzphilosoph Sören Kierkegaard erklärt die Angst als »die Wirklichkeit der Freiheit
als Möglichkeit für die Möglichkeit«. Der dritte Philosoph mit einem runden Geburtstag
ist der 1713 geborene Aufklärer Denis Diderot, der mit seinem Projekt der Enzyklopädie
das begonnen hat, was heute Wikipedia fortsetzt.
Doch was hat uns die von Diderot und anderen initiierte Aufklärung, von Wikipedia abgesehen, noch gebracht? Die technisch-wissenschaftliche Rationalität der letzten drei Jahrhunderte hat die Möglichkeiten des menschlichen Handelns immer mehr erweitert, was
nach Kierkegaard im gleichen Ausmaß die Angst vergrößert. Das, was man tun kann, ist
aber nicht schon das, was man auch tun sollte. Daher steigt als Folge der größeren Freiheit
auch der Druck der Verantwortung. Ethische Reflexion wird also heute in allen Bereichen
der Angewandten Ethik immer dringlicher, um die Motive und Risiken der wissenschaftlich-technischen oder politisch-ökonomischen Möglichkeiten zu bewerten und so vielleicht deren voreilige und oft irreversible Umsetzung zu verhindern.
Im Philosophie-Kurs werden zuerst die ethischen Grundbegriffe und Argumentationsmodelle auf der Grundlage einer allgemeinen Einführung in die Philosophie geklärt. Die
Teilnehmerinnen und Teillnehmer haben dann die Gelegenheit, brisante ethische Probleme unserer Zeit und deren Argumentationsstruktur arbeitsteilig zu
untersuchen und eigenständig (z.B.
essayistisch) darüber zu »philosophieren«. Falls sich die Möglichkeit
dazu ergibt, soll auch der interdisziplinäre Diskurs mit anderen
Kursen gepflegt und durch gemeinsame Aktivitäten (z.B. Exkursion,
Podiumsdiskussion u.Ä.) vertieft
und veranschaulicht werden. Die
Ergebnisse werden schließlich präsentiert.
114 ––
Der Kurs richtet sich an diskussionsfreudige Teilnehmerinnen und Teillnehmer, die sich
über die Fachgrenzen hinaus mit aktuellen ethischen Problemen kritisch auseinandersetzen wollen.
Kurs 2: The Moral of the Story
A Discussion of Ethics in Dystopian Novels like »The Hunger Games«
(Suzanne Collins), »The Giver« (Lois Lowry) and further texts and films
(Englisch)
Texts taken from dystopian contemporary literature as well as classic authors like Aldous
Huxley and George Orwell are discussed and analysed with a focus on ethical questions.
Visions of the future imply important issues such as t HPWFSONFOUBMDPOUSPM
t DMPOJOHBOEHFOFUJDFOHJOFFSJOH
t GBNJMZBOEŪTFYVBMJUZ
t GSFFEPNBOEJOEJWJEVBMJUZ
t FUIJDTJOFOUFSUBJONFOUBOEFTDBQFGSPNSFBMJUZ
Basically, the question »what does it mean to be human?« will be central and the authors´
different answers will be compared.
The desire for a perfect community in dystopian novels will also be discussed on the basis
of film versions and drama realizations. Drama activities will be part of our programme to
enhance fluency, spontaneity and the range of vocabulary in English.
Kurs 3: Konfuzius sagt: »Made in China!« (Chinesisch)
Konfuzius soll so Einiges gesagt haben, und wenn auch »Made in China!« genau in diesem
Wortlaut vermutlich eher nicht darunter war, so kommen doch genug andere Dinge aus
China – angefangen bei den üblichen »Verdächtigen« wie Elektronik, Gewand und Imitate
diverser Luxusmarken, über die Welt verändernde Erfindungen, wie z.B. Papier, Schießpulver und Spaghetti, bis hin zu neuen Fremdwörtern, Fengshui und Jackie Chan. Beim Tee etwa kommt nicht nur das Getränk, sondern gleich auch das Wort selbst aus
China, und das obligatorische China-Restaurant ist aus kaum einer Stadt mehr wegzudenken – selbst wenn der Glückskeks eigentlich ursprünglich keine chinesische Erfindung
war (genauso wenig wie Tischtennis). Was ist also wirklich chinesisch? Und was genau ist jetzt eigentlich wirklich China? Da
die Antworten auf diese Fragen Bibliotheken füllen könnten (und das auch tun), wird eine
PROGRAMME IM AUSLAND 2013
zentrale Frage im Mittelpunkt stehen: Die Ein-Kind-Politik und welche ethischen, sozialen,
wirtschaftlichen und auch politischen Folgen diese für China hatte, hat und noch haben
wird.
Die Themenkreise, welche hier hinein fallen, haben sowohl eine kontemporäre als auch
eine historische Komponente, z.B. die Rolle der Frau oder auch der Einfluss der alten konfuzianischen Werte und Konventionen. Die Erarbeitung des Themenkreises »Ein-Kind-Politik« wird durch eine Exkursion nach Wien sowie einen Sprachkurs ergänzt, in welchem
die wichtigsten Grundlagen der Sprache vermittelt werden.
Dieser Kurs richtet sich an Teilnehmerinnen und Teillnehmer, welche Spaß am »Überden-Tellerrand-Hinausschauen«, an der Beschäftigung mit einer neuen (alten?) Kultur und
Interesse an einer Sprache haben, bei welcher Änderungen der Stimmlage darüber entscheiden, ob man jemanden Mutter nennt oder ein Pferd schimpft. Chinesisch-Kenntnisse
sind nicht notwendig; im Sprachkurs wird bei Null begonnen. Da viele Materialien nur auf
Englisch verfügbar sind (z.B. Untertitel zu chinesischen Filmen), wird auch Englisch immer wieder Arbeitssprache sein.
Kurs 4: Überzeugend und erfolgreich kommunizieren durch Rhetorik- und
Sprechtraining (Rhetorik)
Kommunikation ist heutzutage eine »Kunst«, die neben allgemeinem wie auch speziellem
Wissen Sprachkompetenz und freies, ausdrucksvolles Sprechen voraussetzt.
Aufbauend auf klassischen Rhetoriktrainings bekommen die Kursteilnehmenden den Feinschliff auf den Gebieten, die für einen überzeugenden Gesamtauftritt entscheidend sind.
Dazu gehören der strukturierte Aufbau einer Rede oder Präsentation, der Umgang mit
Lampenfieber wie auch mit Körpersprache und die Kunst, Bilder in den Köpfen zu wecken
und das Gefühl des Zuhörers anzusprechen.
Dem Motto der Sommerakademie entsprechend werden die Teilnehmenden sich unter
anderem mit der Sprachethik auseinander setzen. Im Vordergrund stehen das aktive und
praktische Üben von alltäglichen wie auch besonderen Kommunikationssituationen, das
Feedback der Gruppe und das Hervorheben der individuellen Stärken jedes Einzelnen,
wobei begleitende Video- und Audiochecks hilfreiche Stützen sein werden.
Besonders hilfreich für das Erreichen der Kursziele werden sich die Aktivierung des kreativen Potenzials der Kursteilnehmenden in Rollenspielen und Workshops sowie der Einsatz
von NLP-Instrumenten erweisen. Ziel des Kurses ist es, das rhetorische und stimmliche
Können durch Coaching und Training Zug um Zug zu verbessern, den Auftritt zu optimieren und die Lust am Sprechen zu wecken.
Dieser Kurs richtet sich an jene Interessierten, die an einer gezielten Weiterentwicklung
ihres persönlichen und rhetorischen Auftretens interessiert sind.
Kurs 5: Geschichte der Menschenrechte
Von »Aufklärung« bis »Asylverfahren«
(Geschichte und Sozialkunde/Politische Bildung)
Getragen von den Ideen der Aufklärung sind die Menschenrechte erstmals in der Amerikanischen Unabhängigkeitserklärung festgeschrieben. Doch für wen galten sie damals? Betrachtet man die Geschichte der Sklaverei und der Diskriminierung der African Americans
und Native Americans in Nordamerika, konnten sie nur für eine klar definierte Gruppe
von Menschen gelten.
In Europa begegnen uns die Menschenrechte im Zuge der Französischen Revolution. Sie
bilden zwar die Grundgedanken dieses historischen Ereignisses, doch mit welchen Folgen?
In Österreich sind die Menschenrechte seit dem Beginn des 19. Jahrhunderts im Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuch verankert. Trotzdem gibt es auch heute noch Vorfälle, die
von Amnesty International als Menschenrechtsverletzungen eingestuft werden.
Nach dem Zweiten Weltkrieg verabschiedete die UNO die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte und erhob sie damit zu globaler Bedeutung.
Bedeutende Persönlichkeiten engagierten sich unter Einsatz ihres Lebens für die Verwirklichung der Menschenrechte für nicht-privilegierte Gruppen in ihrem Umfeld. Einzelne
Beispiele herauszugreifen und näher zu untersuchen ist ein Ziel dieses Kurses.
Dass die Menschenrechte nicht eine antiquierte Idee aus der Zeit der Aufklärung sind,
sondern auch heute noch politisch aktuell sind und das Tagesgeschehen mit beeinflussen,
–– 115
PROGRAMME IM AUSLAND 2013
zeigen immer wieder Asylverfahren, die in den Medien thematisiert werden. An Zeitungsartikeln werden hier die Hintergründe untersucht und diskutiert. Menschenrechte gelten
aber auch als rhetorisches Instrument und werden von Politikern verschiedener Länder in
ihren Reden hervorgehoben.
Willkommen sind alle am Thema Interessierten, die sich auf einen abwechslungsreichen
und intensiven Kurs freuen können. Sie sollten natürlich gerne sowohl vor als auch hinter
der Kamera stehen.
Ziel des Kurses ist es, die historische, gesellschaftliche, kulturelle und politische Dimension des Begriffs Menschenrechte zu erfassen und anhand der Behandlung ausgewählter
Teilaspekte (z.B. American Revolution, Französische Revolution, Revolutionsjahr 1848,
Mahatma Gandhi, Martin Luther King, Nelson Mandela …) tieferen Einblick in die Thematik zu erlangen.
Kurs 7: Der Mensch – von der Geburt bis zu Krankheit und Tod, chemische,
medizinische und ethische Fragestellungen (Biologie)
Der Kurs richtet sich an interessierte und ambitionierte Teilnehmerinnen und Teillnehmer,
die Geschichte erforschen wollen, um vergangene und gegenwärtige Ereignisse der politischen Geschichte zu verstehen, die diese aber auch kritisch hinterfragen wollen und offen
dafür sind, Ereignisse aus verschiedenen Blickwinkeln zu betrachten. Diskussionsfreudigkeit und Interesse an aktuellen Ereignissen können den Kurs noch weiter bereichern.
Gesucht sind junge Menschen, die bereit sind, sich auf Beschäftigung mit Geschichte und
Politik, aber auch auf Texte und Filme in Fremdsprachen (v.a. Englisch) auf vielfältige Weise einzulassen. Kenntnisse weiterer Fremdsprachen sind keine Voraussetzung.
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Kurs 6: Foto, Film und Animation – reale und virtuelle Welten
(Bildnerische Erziehung/ Mediendesign)
Der Kurs beschäftigt sich mit der Digitalfotografie, wobei zunächst die Aufnahmetechnik im selbst gebauten Studio im Mittelpunkt steht. Dann werden die Bilder mit
Hilfe professioneller Software bearbeitet. Der zweite Schwerpunkt widmet sich dem
Film in Theorie (Drehbuch, Figuren, Konflikte, Stilmittel) und Praxis. Filmausschnitte werden analysiert und nach einigen aufnahmetechnischen Versuchen werden eigene Videoclips gedreht und geschnitten. Ein dritter Schwerpunkt des Kurses
befasst sich mit Animationstechniken (Stop-Motion- und Computeranimation).
Beispiele aus Kunst, Geschichte und Werbung werden zu der Frage überleiten:
Kann man Bildern trauen? Wo endet Dokumentation bzw. wo beginnt Manipulation? Wann sind Bilder/Filme Kunst? Eine Videodokumentation wird den Kurs begleiten.
Eigene Digitalfotoapparate, Videokameras (oder andere videofähige Geräte) und Notebooks der Teilnehmenden sind willkommen, aber nicht unbedingt erforderlich. Computergrundkenntnisse werden vorausgesetzt.
Ein Kursskriptum wird ausgegeben. Fachliteratur und Trainings-DVDs werden für die
Dauer des Kurses zur Verfügung gestellt.
116 ––
Der Mensch ist eine äußerst komplexe biochemische »Fabrik«. Das reibungslose Zusammenspiel der Organe ist für die Gesundheit unverzichtbar.
Wie funktioniert er, wenn er gesund ist?
Was funktioniert nicht, wenn er krank ist?
An ausgewählten Beispielen werden den Teilnehmenden der Bau der Organe und ihre
Arbeitsweise mit Hilfe von Mikroskop und Skalpell näher gebracht, das Verständnis für
Funktionsstörungen soll außerdem erreicht werden.
Das Blut spielt eine wesentliche Rolle im Organismus. Daher werden die Teilnehmenden
sich ausführlich der Zusammensetzung, der Funktion und den Störungen, wie z. B. Arteriosklerose und Herzinfarkt, widmen. Auch parasitäre Erkrankungen und Bakterien, Viren
als Krankheitserreger werden ein weiterer Schwerpunkt sein.
Wer nicht an Herzinfarkt stirbt, für den ist die
häufigste Todesursache ein Tumor. Aus diesem
Grund wird die Entstehung, Diagnose und Behandlung von Krebs auch ein Thema sein.
PROGRAMME IM AUSLAND 2013
Künstliche Befruchtung, Präimplantationsdiagnostik, Leihmutterschaft und Gentherapie
sind weitere aktuelle Diskussionspunkte, die neben medizinischen auch ethische Fragen
aufwerfen. Es wird die Frage diskutiert, was technisch-medizinisch möglich ist und was
in verschiedenen Ländern erlaubt ist – oder erlaubt sein sollte. Im Rahmen der Klinischen
Chemie wird sich mit den Methoden klassischer und moderner Laboruntersuchungen sowie der Interpretation der Daten auseinandergesetzt.
Neben der Theorie darf die Praxis nicht fehlen. Exkursionen in Labore (Histologie) sind
geplant. Aber auch die Medikamente zur Heilung von Krankheiten dürfen nicht zu kurz
kommen. Wie wirken Medikamente? Wie kann man neue Medikamente finden und herstellen? Brauchen wir überhaupt noch neue Medikamente? Wie geht die Testung vor sich?
Und sind Tierversuche und Versuche an Menschen überhaupt ethisch vertretbar?
t
t
Was darf wissenschaftliche Forschung?
Dürfen wir Teilchenbeschleuniger bauen, ohne genau zu wissen, was in ihrem Inneren
geschehen könnte?
t Dürfen wir die Vernetzung von Computern im Wissen, dass diese vernetzten Einheiten
zu einer gefährlichen, künstlichen Intelligenz reifen könnten, noch weiter vorantreiben?
Der Kurs beinhaltet die vertiefte Auseinandersetzung mit ausgewählten Themen der Physik
des 20. und 21. Jahrhunderts (Kernenergie, Quantenphysik, Teilchenphysik und Kosmologie) und vermittelt wertvolles Orientierungswissen für die eigene Positionsbestimmung
und für eine interdisziplinär angelegte Gesamtschau.
Kurs 9: Die Zukunft der Menschheit – Energieversorgung und Mobilität im
21. Jahrhundert (Technik)
Der Kurs richtet sich an Jugendliche mit Interesse an kreativen, wissenschaftlichen Fragestellungen, die über den menschlichen Körper genauer Bescheid wissen wollen. Die Teilnehmerinnen und Teillnehmer müssen bereit sein, sich auf vernetztes Denken einzulassen.
Für die praktischen Arbeiten in Labors müssen sie aber auch bereit sein, sich »die Hände
schmutzig zu machen«. Sehr interessant ist dieser Kurs vor allem für diejenigen, die Medizin oder Pharmazie studieren wollen.
Die Begrenztheit der Erde zwingt uns Menschen besonders vor dem Hintergrund einer
weiter wachsenden Bevölkerung zu effizientem Umgang mit den globalen Ressourcen.
Gleichzeitig fordern unsere auf Wachstum basierenden Gesellschaftsformen immer größere
Mengen an Rohstoffen, um das Wirtschaftssystem am Leben zu erhalten.
Kurs 8: Ethik physikalischer Forschung: Verantwortbarkeit wissenschaftlicher
Erkenntnis (Physik)
Die Entwicklung neuer und verbesserter Technologien ist grundsätzlich ein richtiger Weg,
um diese Herausforderungen zu meistern. Fortschritt und erhöhte Effizienz führen jedoch
in vielen Fällen zur Entwicklung neuer Produkte und somit zu einem weiteren Anstieg
des absoluten Ressourcenverbrauchs. Eine verantwortungsbewusste Gesellschaft muss sich
daher aktiv der Frage stellen, ob mehr Technik immer besser ist und wie viel Technik der
Mensch wirklich braucht.
In den »Physikern« von Dürrenmatt wird die Problematik von Forschung und Fortschritt
thematisiert. »Was einmal gedacht wurde, kann nicht mehr zurückgenommen werden.«
Oder anders formuliert: Der Fortschritt ist nicht aufzuhalten und fordert die Ethik des
Wissenschaftlers, der sich überlegen muss, wie er sein durch Forschung erworbenes Wissen einsetzen möchte.
So lässt die Fusion von Atomkernen die Sonne Milliarden Jahre Leben spendend scheinen, kann aber auch eine Wasserstoffbombe zur unkontrollierten Explosion bringen. Die
Grundlagen im Bereich Kernenergie führten beispielsweise in der Medizin zur Erfindung
der Computertomographie, einer Technologie, die jedes Jahr Millionen Menschen das Leben rettet. Das Gehirn des Menschen hat nicht nur die Fähigkeit Probleme zu lösen, sondern auch Fragen zu stellen. Der Drang nach Erkenntnis liegt in der Natur des Menschen.
Das Neue birgt Erkenntnisse und Chancen und kann nutzbar gemacht werden, es kann
jedoch auch Gefahren mit sich bringen. Ein Wesenszug von Forschung ist die Überschreitung von Grenzen: Grenzen des technologisch Machbaren, Grenzen des Denkbaren und
manchmal Grenzen des moralisch Vertretbaren.
Besonders die Versorgung mit Energie und der Umgang mit Mobilität werden im 21.
Jahrhundert grundlegenden Änderungen unterworfen sein. Diese Situation ist eine riesige
Herausforderung für die Menschheit.
t
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Wie wird diese Umstellung vor sich gehen?
Welche Technologien werden zum Einsatz kommen?
Inwieweit werden die notwendigen Schritte jeden einzelnen von uns betreffen?
Diskussionen über die Möglichkeiten und Grenzen der Technik sind ein wesentlicher
Bestandteil der gemeinsamen Kursarbeit und trainieren die Analyse vernetzter Zusammenhänge. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer sollten aktuelle Entwicklungen hinterfragen
und bereit sein, auch unkonventionelle Ansätze zu studieren.
Zwei Exkursionstage ergänzen das Kursangebot und sorgen für eine intensive Verknüpfung
von Theorie und Praxis.
–– 117
NACH DEN AKADEMIEN GEHT ES WEITER!
CLUB DER EHEMALIGEN E.V.
Club der Ehemaligen
der Deutschen SchülerAkademien e.V. (CdE e.V.)
Auch in diesem Jahr haben alle Teilnehmenden einer Deutschen SchülerAkademie (DSA) oder JGW-SchülerAkademie
Gelegenheit, zweieinhalb Wochen Akademie mitzuerleben
und mitzugestalten. Sie werden dabei Projekte bearbeiten,
interessante Menschen kennen lernen und sich über die
Kursarbeit hinaus gemeinsam Theater, Sport, Chor, Orchester und vielen anderen kursübergreifenden Aktivitäten
widmen. Dieser inhaltliche und persönliche Austausch
muss nicht auf die Zeit der Akademie beschränkt bleiben.
Um den Teilnehmenden die Möglichkeit zu geben, auch
über das Erlebte hinaus in regen Kontakt mit interessierten
Schülerinnen, Schülern, Studierenden und Berufstätigen
aus ganz Deutschland und vielen anderen Ländern zu treten, wurde der Club der Ehemaligen der Deutschen SchülerAkademien (CdE e. V.) ins Leben gerufen.
Der Verein ist ein lebendiges Forum für Aktivitäten, Diskussionen und Bekanntschaften – in Deutschland und der
Welt! Der CdE bietet seinen Mitgliedern vielfältige Möglichkeiten, eigene Ideen einzubringen und zusammen mit
anderen jungen Menschen umzusetzen.
Zentrales Element des CdE sind Akademien, auf denen
sich die Teilnehmer wie auf einer SchülerAkademie fühlen
können. Es gibt eine Vielzahl interessanter Kurse, die von
anderen Ehemaligen angeboten werden, Raum für inhaltlichen Austausch, kursübergreifende Aktivitäten und viel
Zeit für persönliche Kontakte.
So gibt es jedes Jahr eine PfingstAkademie mit knapp 400
Teilnehmern, eine einwöchige SommerAkademie mit etwa
150 Teilnehmern, eine einwöchige Multinationale Akade118 ––
mie, die meist in einem osteuropäischen Land stattfindet
sowie über Neujahr eine WinterAkademie mit knapp 150
Teilnehmern. Reichliche Gelegenheiten also, die AkademieAtmosphäre wieder aufleben zu lassen!
Über den CdE laufen zudem noch viele weitere Veranstaltungen, wie zum Beispiel wissenschaftliche Seminare,
Musik-, Segel-, und Skifreizeiten. Besonders interessant für
Teilnehmer der diesjährigen SchülerAkademien dürfte das
im Herbst stattfindende Studieninformationswochenende
sein.
Im CdElokal treffen sich in zahlreichen Städten regelmäßig
CdEler zu verschiedenen Aktivitäten in ungezwungener
Atmosphäre. Gerade für Studienanfänger sind diese Lokalgruppen interessant: So lassen sich leicht Kontakte am
neuen Hochschulort knüpfen!
Zweimal im Jahr erscheint der exPuls, das offizielle Mitteilungsorgan des CdE mit vereinsinternen Informationen
und Ankündigungen, Berichten, Diskussionen und Fotos,
sowie Artikeln von CdElern: Jeder ist herzlich eingeladen,
dazu beizutragen.
Unter der Adresse www.cde-ev.de gibt es ein umfangreiches
Internet-Angebot – unter anderem mit aktuellen Informationen zum CdE, seinen Veranstaltungen und einer Adressdatenbank.
Die DSA-Mailingliste bietet ihren Abonnenten ein offenes
Forum für den Austausch von Informationen und Meinungen. Wer hier eingetragen ist, kann mit einer Mail Hunder-
te von CdElern auf einmal erreichen. Spannende Diskussionen garantiert!
Bis zum Ende ihres Teilnahmejahres sind ehemalige Akademieteilnehmer automatisch Mitglied im CdE und erhalten
ein kostenloses Exemplar des exPuls. Von allen, die länger
Mitglied im CdE bleiben wollen, erbitten wir (namentlich
zur Finanzierung des exPuls) einen Mitgliedsbeitrag von
2,50 Euro je Halbjahr. Nähere Informationen gibt es hierzu
im exPuls sowie unter www.cde-ev.de.
Die Akademie ist der Anfang, im CdE geht es weiter!
Ansprechpartner des CdE
Allgemeine Fragen zum CdE?
d info@cde-ev.de
Fragen zur Mitgliedschaft?
d verwaltung@cde-ev.de
Fragen zu den Lokalgruppen?
d cdelokal@cde-ev.de
Dank
Wir freuen uns über das rege Interesse von Institutionen
und Unternehmen, motivierten Jugendlichen ein Forum
der Wissenserweiterung, der fachlichen Orientierung,
dazu des geistigen und sozialen Miteinanders zu ermöglichen. Es drückt sich in vielfältiger Weise aus: Wir
erhalten finanzielle Förderung, personelle Unterstützung
sowie Sachspenden und Leihgaben, ohne die die Durchführung der Akademien nicht möglich wäre.
Im Namen der Teilnehmerinnen und Teilnehmer danken wir für dieses Engagement sehr herzlich!
– Bundesministerium für Bildung und
Forschung, Berlin
– Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft, Essen
– Haniel Stiftung, Duisburg
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Claussen-Simon-Stiftung, Hamburg
Reutersche Stiftung, Essen
BASF SE, Ludwigshafen
Fonds der Chemischen Industrie, Frankfurt a.M.
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Marianne und Emil Lux Stiftung, Remscheid
Rotary Club Remscheid, Remscheid
Walbusch-Jugendstiftung, Solingen
Edith und Carl Otto Weise-Stiftung, Frankfurt a.M.
Christine Diek-Stiftung, Frankfurt a.M.
Sondervermögen Bein, Essen
Maplesoft Europe GmbH, Aachen
MathWorks GmbH, Aachen
Schach Niggemann, Heiden
Frankfurter Allgemeine Zeitung GmbH,
Frankfurt a.M.
Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Zeitverlag Gerd Bucerius GmbH Co. KG, Hamburg
Bayer Pharma AG, Berlin
Carl-Zeiss-Jena GmbH, Jena
Sartorius AG, Göttingen
Gilson, Bad Camberg
Verlag C. H. Beck oHG, München
Spektrum der Wissenschaft Verlagsgesellschaft mbH,
Heidelberg
– Universität Köln, Institut für Anorganische Chemie,
Köln
– Universität Rostock, Institut für Anatomie, Rostock
– CJD Jugenddorf-Christophorusschule Braunschweig,
Braunschweig
– Gymnasium und Internat des Landschulheims
Grovesmühle, Veckenstedt
– Urspringschule, Schelklingen
– Evangelisches Schulzentrum Hilden, Hilden
– CJD Jugenddorf-Christophorusschule Rostock,
Rostock
– Privates Internatsgymnasium Schloss Torgelow,
Torgelow
– Europäisches Gymnasium Waldenburg, Waldenburg
– Historisch-Ökologische Bildungsstätte Emsland,
Papenburg
– Collegium Augustinianum Gaesdonck, Goch
Darüber hinaus wurde die Deutsche SchülerAkademie
mit Spenden von zahlreichen Eltern und Einzelpersonen
in ihrer Arbeit unterstützt.
–– 119
NACH DEN AKADEMIEN GEHT ES WEITER!
CLUB DER EHEMALIGEN E.V.
Bildung & Begabung: Talente für Deutschland
Bildung & Begabung ist das Zentrum für Begabungsförderung
in Deutschland. Für Eltern, Lehrer und Schüler ist Bildung &
Begabung eine zentrale Anlaufstelle. Bei uns finden sie umfassende Informationen rund um das Thema Talententwicklung –
im Netz, in Publikationen oder bei Fachtagungen und Messen.
Mit Akademien und Wettbewerben unterstützen wir jedes Jahr
eine Viertelmillion junge Menschen darin, ihr Potenzial zu erkennen und auszuschöpfen. Wir richten den Blick auf Talente
in allen sozialen Herkunftsgruppen und leisten damit einen
Beitrag zu mehr Bildungsgerechtigkeit.
Unsere Ziele
Talente für Deutschland: Dieses Motto steht über der Arbeit
von Bildung & Begabung. Und gemeint ist die Vielfalt der Talente und Ressourcen in unserer Gesellschaft. Die Teilnehmer
unserer Programme bringen ihre Neugier und ihre ganz unterschiedlichen Potenziale mit. Wir möchten sie befähigen, diese
Potenziale weiterzuentwickeln. Mit unseren Projekten schaffen
wir Freiräume, um Lernen neu zu entdecken. Zum Beispiel auf
unseren Akademien: Teilnehmer programmieren SmartphoneApps, entwickeln Radiosendungen oder setzen sich im Rahmen des forschenden Lernens intensiv mit mathematischen,
natur-, geistes- oder sozialwissenschaftlichen bzw. musischen
Themen auseinander.
120 ––
Talentförderung kann nicht gelingen ohne Menschen, die zu
Talentförderern werden. Deshalb richtet sich Bildung & Begabung als Zentrum für Begabungsförderung in Deutschland mit
seinen Angeboten an genau diese Talentförderer: zum Beispiel
an Eltern, Lehrer und Wissenschaftler. Wir informieren sie –
vor allem online mit dem Begabungslotsen (www.begabungslotse.de) – über das Thema Talententwicklung und halten Adressen, Termine und Tipps bereit.
Die Vernetzung von Wissenschaft und Praxis ist uns besonders wichtig. Mit unserer Veranstaltungsreihe »Perspektive Begabung« geben wir der Begabungsförderung in Deutschland
neue Impulse. Bei »Perspektive Begabung« bringen wir Forscher und Bildungspraktiker ins Gespräch. Online berichten
wir regelmäßig über praxisrelevante Studien, bereiten diese
verständlich auf und kommen mit den Autoren ins Gespräch.
Mehr erfahren
www.bildung-und-begabung.de
Bildung & Begabung in sozialen Netzwerken:
www.facebook.com/BildungBegabung
www.twitter.com/BildungBegabung
Bildung & Begabung gemeinnützige GmbH
Kortrijker Str. 1
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