Ausgabe 1971 - Hohenzollerischer Geschichtsverein eV
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Ausgabe 1971 - Hohenzollerischer Geschichtsverein eV
4P 3828 F H Ö H ENZOLLERISCHE HEIMAT Herausgegeben o o m Hohenzollerifchen Gefchichteoerein in Verbinöung mit öen Staatlichen Schulämtern Hechingen u n ö Sigmaringen Nr. I Et. Jahrgang 1971 l.l-UÄTRWSM ' O I*KINl?II'l AC DoHKO.D'IJlL'Jö PHUlPPoVoHITI IN HOHIXZOLLEKN. DdMINofS , if^INO . VtRINU. El iCIIWABf B, D Hill » « « « HAN1l'ABELL. Ol UOKM-I. >1 VTTHim '. M «ig AjpbmJodiTn. W C - m F l V i % \ " ^ ^ vi t F i f- . [11- » L mß®*\ Abi V tf . A . .i \ V' N i r * vvvs* ' Vi ^ Ü f p A -»alwtftm A/J-T > - L| - ry- < A N r / fiiHiwnnii v * * / = Hechingen mit dem Killertal. Kupferstich aus M e r l a n s T o p o g r a p h i a Sucviae, 1643 Leg Trauer an, mein Zollerland! Es kreiste seit viel hundert Jahren Der Zolleraar ums Zollerschloß, Ob's Grafen oder Fürsten waren, Sie wehrten ah der Feinde Troß. Was Krieg und Stürmen nicht gelungen, Zu lähmen uns're eigne Kraft, Mit schlauer List ist's nun errungen, Jetzt hat es Württemberg geschafft. Und später, als die Preußen kamen, Da schirmten sie mit starker Hand, Daß Ländergier und Macht nicht nahmen, Was uns gehört: das Zollerland. Der dieses schöne Land zerrissen, Der hat die „Eintracht" nie gekannt, Die Einheit mußten wir vermissen, Leg' Trauer an, mein Zollerland! Dr. Hans Speidel, Landrat i. R. 65 Leg Trauer an, mein Zollerland" Wir haben mit Bedacht dieses Gedicht des früheren H e chinger Landrats Dr. Hans Speidel auf die erste Seite gesetzt, unter ein altes Bild von Hechingen mit dem Zoller, (es ist zu sehen in Thorbeckes Bildband „Hohenzollern"), weil wir es in Aufbau und Versmaß gut fanden, und weil es die Stimmung wahrscheinlich Vieler ausdrückt. Diese Stimmung ist hervorgerufen durch die nun ein J a h r lang anhaltende Diskussion um die Kreisreform, die bekanntlich eine Auflösung Hohenzollerns mit sich bringen soll. Es ist nicht die Aufgabe der „Hohenzollerischen Heimat", das mitzuteilen, was fast täglich die Spalten der Tageszeitungen in Hohenzollern füllt. Außerdem dürften unsere Leser über die Zusammenhänge umso besser unterrichtet sein, als gegenwärtig und seit langem wohl kein politisches Thema mit solcher Anteilnahme, ja Leidenschaft verfolgt und besprochen wird. Unmittelbarer Anlaß zu dem Gedicht, das in der „Hohenzollerischen Zeitung" und im „Schwarzwälder Boten" abgedruckt zu lesen stand ist aber die unvermutete Wendung durch den dritten Regierungsentwurf zur Neuordnung. Nach ihm sollten die Stadt Hechingen und der Zoller voneinander getrennt werden, die Stadt zum Anschluß an Tübingen, die Burg und ihr Berg nach Balingen. Wir räumen ein, daß es rational keinen Grund gibt, diese Trennung nicht durchzuführen, aber politisches Geschehen - wenn es vorüber ist, heißt es Geschichte - ist eben nicht nur ein Kalkül rationaler Kräfte, sondern ein Spiel mit noch ganz anderen, tieferen und wichtigeren Faktoren, wobei selbst die Bezeichnung „Faktoren" wiederum viel zu rational klingt. Mit anderen Worten: es erscheint jedem bewußt Lebenden, mithin jedem Freund seiner Heimat und ihrer Geschichte als schlechterdings unmöglich, den Zoller und Hechingen zu trennen. Sie haben vielleicht ein Jahrtausend, und gewiß nicht sehr viel weniger, zusammengehört. Wir halten d a s f ü r einen so geschichtsträchtigen Umstand, daß ihm gegenüber alle anderen Gründe schweigen müssen. Diese Ansicht vertreten wir umso entschiedener, als keinerlei Interessen, Rechte, Lebensbereiche oder was immer der Hechinger und ihrer Umwohner geschädigt werden, wenn der Zoller und die Stadt auch in Z u k u n f t zu einem einzigen Landkreis gehören. Mag die Verwaltungsreform mit vielen vernünftigen Gründen eine bessere Ordnung bringen, kürzere Wege, bessere Förderung, erfolgreichere Infra-Strukturen, den Zoller muß sie auf jeden Fall bei Hechingen lassen. Die Redaktion Register 1970 ORTS-, S A C H - U N D A B B I L D U N G S V E R Z E I C H N I S Achberg, Abschied von Achberg (1 Abb.) . . 33 Augsberg (b. Steinhilben) N a m e 38 Beerstein, Burg bei Hausen i. K 41 Bergmarken aus Hohenzollern (3 Abb.) . . 8-10 Bingen, St. Euiogiuskapelle 43 Buck, Pater Fidelis Buck, Ehrenbürger von Hornstein (1 Abb.) . 43 Denkmalpflege in Hohenzollern (3 Abb.) . . 1-4 Eisenbahn, Hohenzollern erhält Anschluß an das Eisenbahnnetz 35-38 Gammertinger Schachfiguren und Spielsteine . . 58 Gereitherter Veesen 38 Geschichtsverein, Hohenz. Jahresversammlung 1970 . . 58 H a n n e r Konstantin, Decken^ild in der St.-Michaels-Kirche Gammertingen (Titelbild) 49 Hechingen mit Hohenzollern (Titeil ild) . . . 17 Hechingen, Straßennamen 11-14 18-24 Heimat im Dorf - im Kreislauf des Jahres (1. Teil) 50-56 Heimatliteratur, ehemalige Klöster . . . 56 Heuneburg, Buchbesprechung . . . . . 16 Hohenzollern, Leopold v. H . (1 Abb.) . . . . 42 Hohenzollern, wie steht es um Hohenzollern? . . 17 H o r b bei Salmendingen? . . . 15 Jungingen, Konrad und Uirich v. J., Zwei Hochmeister des Deutschen R i r terordens (l Abb.) . 26-29 66 Kommunalverband, Bücherei . . . . 29 Krieg von 1870 41 Krieg von 1870/71, Der erste Tote des K. . . . 41 Kulturgeschichtliche Lesefruchte . . . 44-47 Lägstein, Leckstein, Burg bei Gauselfingen . . . 43 Lindich, das Jagdschloß 6-8 Mariaberg, Besuz des ehem. Frauenklosters in hohenz. Orten 62-64 Mundart, Bezeichnung der Verwandtschaftsgrade in Rangendingen . . Rangencr igen, Vergessener Adel von Rangendingen Römische Funde (Ostrach, Inzigkofen) . . . . Römischer Gutshof mit Bad in Ostrach (1 Abb.) Sauter Walter, Nachruf Schwedengreuel 1633 Stetten b. Hech., Kloster. Widerstand gegen Reform v. Steuben, Friedrich Wilh., General . . . . St. Nikolaus im Schwabenland Archivar Eugen Schnell (1 Abb ) Unterschmeien, die Sage vom Eulengrubenweiblein Veringendorf, Brennpunkt frühmittelalterlicher Geschichte . . . . Veringendorf, St. Michaelspflege 1444 Weiler unter Lichtenstein (2 Abb.) . . . . 14-15 30-32 29 39-40 5 58 25 4-5 61 56 57 57 59-60 MAXIMILIAN SCHAITEL Von Scharfrichtern und Kleemeistern in Haigerloch Zu einem Stand e ;ener A r t zählte in unserem Rechts- und Gesellschaftsleben bis gegen Ende des 18. J a h r h u n d e r t s der Scharfrichter, der mit der Schärfe des Schwerts richtet, auch Nachrichter oder Freimann genannt. Das W o r t Nachrichter erklärt sich leicht aus der Tatsache, d a ß der Scharfrichter nach dem ergangenen U r t 1 der ordentlichen Richter die verhängten Strafen, Todes- und Leibesstrafen zu vollstrecken hatte. Die Bezeichnung Freimann deutet wohl auf den Ausschluß des Scharfrichters aus der menschlichen Gesellschaft hin, der aber f ü r sein Wirken doch den Schutz des Gesetzes genoß und nicht zur Rechenschaft gezogen wurde. Alle drei Bezeichnungen bedeuten dieselbe Tätigkeit und denselben Beruf, sie stehen verhüllend und beschönigend f ü r das W o r t H e n k e r . Der ganze Berufsstand w a r nach dem allgemeinen Volksempfinden geächtet, hatte keinen guten R u f , w a r eben ehrlos! Wer eines Scharfrichters Tochter heiratete, mußte häufig einen nicht immer erfolgreichen K a m p f f ü r seine berufliche Anerkennung, f ü r die A u f n a h m e in die Z u n f t führen. Den Söhnen eines Scharfrichters blieb meist nichts anderes übrig, als bei dem Vater in die Lehre zu gehen, sein Gehilfe zu werden und im A m t e nachzufolgen oder sich anderswo um eine freie Schärft i t e r s f e l l e zu bewerben. So kam es, d a ß sich das „blut' ,e A m t " o f t in langer Geschlechterreihe forterbte und die Scharfrichterfamilien durch Heiraten über weite Gebiete versippt waren. Selbst der Umgang mit dem Scharfrichter machte „unehrlich". Deshalb hatte er , ; ch fernzuhalten von den ehrsamen Leuten. Er trug eine eigene rote Berufskleidung oder wenigstens ein besonderes Abzeichen am Rocke. In der Kirche hatte er seinen eigenen P l a t z und ^n Wirtshause einen besonderen Stuhl, der o f t dreibeinig w a r , wie der Galgen. Durch die Kunstgerechte E n t h a u p t u n g eines Verurteilten w u r d e er Meister. D e r Scharfrichter half auch bei der peinlichen Befragung mit, das heißt, er suchte durch Foltern des Delinquenten diesen zum Aussagen und zur Abgabe eines Geständnisses zu erpressen. Weiter vollzog er auch die Leibesstrafen, wie Abhauen von Gliedern, Auspeitschen, B r a n d m a r k e n usw. Er mußte auch kleinen Missetater an den Pranger stellen, die Schandzeichen umhängen, in die Geige spannen oder mit dem Wippgalgen in das Wasser tauchen und was der Strafen noch mehr w a ren. ö f t e r s , so auch im Bezirk Haigerloch, w a r der Scharfrichter nebenberuflich noch Abdecker, Schinder, Wasenoder Kleemeister. Als solcher hatte er das gefallene Vieh wegzuschaffen, die H a u t abzuziehen und die .^cht verwendbaren Teile der verendeten T ere zu beseitigen. Der Bezirk, den der Scharfrichter als Kleemeister zu besorgen hatte, w u r d e auch Bailei genannt, entsprechend der Abdecker auch Balleimeister. D a ß sich mancher Kleemeister im U m g a n g mit krankem und beim Zerlegen eingegangenen Viehes auch anatomische und chirurgische Kenntnisse aneignete, ist verständlich. So i ; es auch nicht v e r w u n d e r lich, wenn der oder jener Kleemeister sich als Tierarzt betätigte und aus oen Scharfrichter- und Abdecksippen gar o f t hauptberufliche Tierärzte hervorgingen. Scharfrichter und Kleemeister in Haigerloch w a r um 1670 Hans Martin Deigendesch, auch Geigendesch und im H a i geriocher Pfarrbuch einmal Steigentäsch g e s c h r i e n . Die Deigendesch waren in Süddeutschiand ein weitverzweigtes Scharfrichtergeschlecht. Wir finden sie in Bayern; 1684 ist ein Deigendesch Scharfrichter in Altdorf bei Weingarten, 1719 ist ein J o h a n n De^endesch Scharfrichter in Balingen u n d in Veringenstadt üben sie in mehreren Generationen das ehrenrührige A m t aus. Im Jahre 1716 gibt der Scharfrichter Johannes Deigendesch bei Justus Fleischhauer in Reutlingen des „Nachrichters nützliches und aufrichtiges P f e r d - oder Roßarzneibuch usw. nebst einem Anhang von Rindvieh-Arzneien" heraus, das 1752 in neuer und verbesserter Auflage erscheint. Unser Haigerlocher Deigendesch w a r übrigens verheiratet mit A n n a Maria Vollmari i aus der Scharfrichtersippe der Vollmar, die in P f u l lendorf und Löffingen bei Donaueschingen amteten. O f fenbar w a r unser Scharfrichter mit seiner Entlohnung nicht zufrieden und w a n d t e sich an die fürstl. Regierung in Sigmaringen. Es kam zu < ier Neufestsetzung der Gebührnisse, die im Wortlaut, aber der heutigen Rechtschreibung angepaßt, wiedergegeben werden soll: „Auf Ihrer Hochfürstl. Durchlaucht, Unseres Gnädigen H e r r e n , gnädigste R a t i f i k a t i o n ist d a t o im Beisein des gesamten Oberamts mit Meister H a n s M a r n n Geigentesch, Nachrichter zu Haigerloch, seiner künftigen Verdienste halber, bei Exekution und A b s t r a f u n g der Malef: anten, solange er solchen Dienst versieht, nachfolgender Vergleich getroffen w o r d e n : T. Wenn er in malei Tsacnen von dem O b e r a m t erfordert und durch anderes nicht gebraucht wird, als d a ß man iiin allein der Malefizperson vorstellet oder die Justierten der T o r t u r gewiesen werden, so soll ihm jeden Tag, es seien hernach viel oder wenig Personen, f ü r 1 G a n g bezahlt werden 45 x 2. Wenn m a n aber hn allein zu dem Ende a n f o r d e r t , damit er im Bedürfnisfall eine oder andere Personen zum Schrecken vorgestellt werden und solches demnach nicht beschieht, sollen ihm des Tags gegeben werden 24 x 3. So o f t er, Nachrichter, zum Torquieren erfordert wird, es geschihe ein-, zwei- oder mehrmals, auch an einer oder mehr Personen, so ist sein Verdienst des Tags 1 fl 30 x 4. Wenn eine Person vom Leben zum Tode zu richten ist, es sei mit dem Schwert oder Strick, ist sein Lohn f ü r jede Person . 2 fl 5. Wenn aber solches mit dem Radbrechen, Lebendigverbrennen, Spießen, Vierteilen oder dergleichen geschieht, so solle ihm von jeder Person gebühren . 3 fl 6. Von einer oder mehreren Personen, welche auf einmal tot verbrennt weraen, ist sein Lohn . . . 1 fl 30 x 7. Solle er von dem H a u f e n - oder Rostmachen haben 1 fl. Jedoch solle das Stroh und H o l z auf den Platz verordnet, auch wenn er zur E r t ö t u n g Schwefel und Pulver von Nöten, ihm solches beigeschafft oder wenn er es selbst beischafft, nach billigen Dingen bezahlt werden. 8 Wenn eine oder mehrere Personen auf einmal zu vergraben sind, ist sein Lohn, da er sonst an der Exekution oder T o r t u r wenig e m p f ä n g t . . . 1 fl 30 x W a n n aber sein Verdienst ohne 'e Mahlzeit sich über 3 fl erstreckt, so stehet zu des Oberamts E r k e n n t r . s ob man 1 hm d a f ü r viel oder wenig oder gar nichts passieren lassen wolle. 67 9. W a n n eine oder mehr Personen auf einen Tag zum Tode hingerichtet werden, so solle ihm, Nachrichter, vor die Mahlzeit mehr nicht passiert werden als 4 fl 10. W a n n sich ein Übeltäter selbst erhängt und es die herrschaftliche Rentei bezahlen muß, solle ihm Nachrichter v o m Stricke zu lösen, gegeben werden 1 fl 30 x. U n d wenn von derselben zu vergraben er gehalten werde, wie hiervon bei P u n k t 8 angezeigt worden. 11. W a n n die Gefängnisse a u f z u r ä u m e n und zu säubern sind, soll er solches, wie recht ist, verrichten oder verrichter vom Stricke zu lösen, gegeben werden 1 fl 30 x. und T r a n k bezahlt werden 20 x 12. W a n n wegen der Sodomiten ein oder anderes Stück abzutun oder zu verbrennen wäre, solle er v o m Abholen nach Beschaffenheit billigen Lohn und von dem Verbrennen und A b t u n überhaupt zu empfangen haben 2 fl 13. Sollten aber letztlich andere hier nicht spezifizierte Fälle sich ergeben, bleibet die Sach jederzeit zur oberamtlichen Erkenntnis gestellet, was ihm nach P r o p o r tion des Vorigen d a f ü r zu schöpfen und zu bezahlen sei. Zur U r k u n d dieses Vergleichs sind zwei gleichlautende Exemplaria und vorgedrückte fürstliche KanzleiSekret gefertiget, eines bei der Kanzlei behalten und das andere ihm- Nachrichter, zugestellt worden. Actum Haigerloch, den 6. July 1689 H a n s M a r t i n Deigendesch starb, erst 45 J a h r e alt, versehen mit den Sterbesakramenten, am hitzigen Fieber (calida febri) und w u r d e am 18. J u n i 1695 auf dem U n terstadtfriedhof beerdigt. An K i n d e r n hinterließ er zwei Töchter. Seine Witwe, im Volksmunde nur die „ H e n k e r M a r e y " genannt, erreichte das 70. Lebensjahr und starb am 1. Dez. 1717. Nachfolger im Scharfrichter arnt w u r d e der jüngere Bruder des Verstorbenen, Hans Jörg Dsigendesck, verheiratet mit Sabine Bolthlerin. Ihm wurden die Gebühren 1 / 0 1 und 1728 jeweils erhöht. Im J a h r e 1741 legte H a n s Jörg altershalber sein A m t nieder und bat, seinen Gehilfen und Tocntermann Hans Jörg Steinmayer als „Freimann" anzunehmen. D e m Ersuchen w u r d e stattgegeben, die Bestallungsurkunde ist erhalten u n d datiert vom 13. N o v . 1741. A m 22. Juli 1742 w i r d dem Scharfrichter p a a r ein Sohn geboren, der JakoDus g e t a u f t w u r d e und als Jakob Steinmayer dem Vater im Amte nachfolgte. J a k o b w a r in I. Ehe mit T h e r e s a Reirhiin von Grafenhausen und nach deren Tode im J a h r e 1769 mit Cacilia Seitin von Oberndorf, Österreich, verheiratet. Letzter Scharfrichter und Kleemeister in fürstlicher Zeit w a r Jakobs Sohn, Johann Georg Steinmayer, geb. 11. 7. 1779 in H a i g e r loch und gestorben daselbst am 31. 10. 1852 Er hatte sich im Jahre 1818 mit Helene Burkart, der Tochter des Hechinger S c h a r f r ' J n e r s Veit B u r k a r t vermählt. Schon im J a h r e 1808 w a r die Herrschaft Glatt, die vorher von der Kleemeisterci H o r b a. N . betreut wurde, dem WasenmeistereiDistrikt Ha.gerloch zugete'lt worden. D a sei der J a h r hundertwende der Scharfi hter wohl nur noch selten In '. ätigke.1 c zu treten hatte, w a r nunmehr mit der Vergrößerung des Bezirks, die Abdeckerei zur Hauptbeschäftigung Ste.nmayers geworden. Unter dem 30. 6. 1813 erließ d e fürstl. Regierung folgende V e r o r d n u n g : „Nach Maßgabe der schon bestehenden Vorschriften über ( ie H i n w e g r ä u m u n g des umgestandenen Viehes aller G a t tung wird h ' . r m i t verordnet, d a ß alles gefallene V ;h, welches nach geschehener Schlachtung zu dem Verspcl ;en nicht tauglich erfunden wird, dei n dem Lande aufgestell- 68 ten Kleemeistern solle angezeigt, und von diesen allein die H i n w e g r ä u m u n g des Viehes auf den in jeder Ortsbahn befindlichen Wasen vorgenommen werden. Diejenigen, welche gegenwärtiger entgegen, gefallenes Vieh oder zum Vergraben gewidmetes Fleisch selbst hinwegschaffen und darüber die Anzeige an den aufgestellten Kleerr. ister unterlassen, sollen f ü r jeden Frevel um 3 fl bestraft werden." Unter dem 13. 10. 1855 - St inmayer w a r am 31. 10. 1852 gestorben - w u r d e die erledigte Stelle eines „Kleemeisters f ü r den Balley-Bezirk Haigerloch" zur Wiederbesetzung ausgeschrieben mit der Bemerkung, d a ß ein fixer Gehalt mit der Stelle nicht verbunden sei. Mit Erlaß v o m 14 12. 1852 übertrug die kgl. Regierung in Sigmaringen der W i t w e des verstorbenen Wasenmeisters, der Frau Helene Steinmayer, die Kleemeisterei Haigerloch, weil der bisherige Gehilfe ihres verstorbenen Mannes als geeignete, tüchtige K r a f t bei ihr blieb, Georg Ade mit N a men. Drei Jahre später, am 24. 3. 1855, erließ die kgl. preuß. Regierung zu Sigmaringen eine „Instruktion f ü r die Kleemeister" der 6 hohenz. Balleien, die 13 P a r a graphen umfaßte, wovon hier nur § 5 e r w ä h n t sein solle. Danach hat der Eigentümer kleine Tiere, wie H u n d e , Katzen, junge Schweine u n d Geflügel aller Art, gleichv 1 ob solche eingingen oder von der Polizei getötet wurden, selbst an einem d a f ü r bestimmten, entlegenen O r t e 3 - 4 Fuß tief zu verscharren. Sollte der Eigentümer den Kleemeister damit beauftragen, so hat er diesen auch selbst zu bezahlen. Als die Haigerlocher Wasenmeisterstelle 1855 zur Neubesetzung ausgeschrieben wurde, meldet sich Ade, wies auf seine bisherige Tätigkeit als Gehilfe hin und darauf, d a ß der „Schindacker und die Wasenhütte" ohnehin sein Eigentum sei. Ade erhielt das Wasenmeisteramt, das bis zum I. Weltkrieg bei der Sippe Ade blieb, aber durch das Viehseuchengesetz v o m 23. Juni 1880 neue Bestimmungen erhalten hat. Ü b *ens sei noch erwähnt, d a ß die letzte Person, die in Haigerloch hingerichtet w u r d e - es w a r im J a h r e 1779 eine Theresia Riederer von Gengenbach w a r und d a ß das Haigerlocher Richtschwert nach H O D L E R sich im Besitz des Frhr. von O w in Wachendorf befindet. Das Wohnhaus und die Wasenhütte standen um 1800 im „Klingler Wink e l ^ am Fußweg nach B a d - I m n a u , w ä h r e n d die Ade's ihre H ü t t e im „Schindergraben" I nks des Faßweges Oberstadt Haigerloch-Gruol hatten. Interessant ist auch d j i Tatsache, d a ß 1845 f ü r Llr.igerloch ein Tierarzt Steinriiayer nachgewiesen ist, o f f e n b a r ein Mitglied der ehemaligen Scharfrichter- und Kleemeistersippe Steinmayer. Die Durchsicht der Haigerlocher Pfarrbücher besorgte freundlicherweise Pritz Staudacher, Hechingen. I lohe Preise für Münzen Einige Münzen aus Hohenzoilern erz'eien derzeit auf Auktionen offenbar hohe Preise Ein 2-Gulden-Stück C a r l Antons, von dem nur 1213 Exempiare geprägt w o r d e n sind, steht in einem M ü n z k a t a l o g mit 1 300 D M zu Buche. Ein f ü r den Geldverkehr in Hohenzoilern geprägter Gulden von 1852 ist mit 90 D M ausgezeichnet, und ein Goldstück von 20 rumänischen Lei mit dem E id Carols I. von R u m ä n i e n - H o h e n z o l l e r n kostet 100 D M . Außerdem geht die Rede von einem nur in vier (!) Exemplaren gep-agteri Goldstück entweder Carls oder C a r l Antons, dessen Wert heute um 6 000 D M liegen soll. Fnck J O H A N N ADAM KRAUS Haigerlocher Adelige und Bürger A) Grafen: Als ersten Grafen, der sich nach Haigerloch und zugleich nach der Burg Wiesneck im Dreisamtal nannte, findet man von ca. 1180 bis 1196 einen Adalbert, der früher irrig mit dem Alpirsbacher Klosterstifter Adalbert von Zollern gleichgesetzt wurde. Des Haigerlocher Grafen Bruder war Bruno, der Stifter von St. Märgen unweit der ehemaii ;en Wiesneck \ Adalberts vermutlicher Sohn war Graf Wetzel (Werner) von Haigerloch 1118-1125, sein Enkel wohl Graf Wetzel II., der von 1133 bis 1162 auftritt, und bereits 1141 einen Sohn Adalbert hatte 2. Es scheint kaum glaublich, daß letzterer mit dem „über homo" der Reichenbacher Schenkung von ca. 1166-1180 identisch ist (siehe unten). Man möchte vermuten, ein Graf von Zollern (bzw. Zollern-Hohenberg?) habe eine Gräfin von Haigerloch als Erbin der Herrschaft und des quergeteilten weißroten Wappenschildes geheiratet, ohne daß man freilich eine genauere Zeit angeben kann. Lediglich ist sicher: die Söhne des Grafen Burkart II. von Zollern (1125-1150) namens Burkart III. (1170-1195) und Friedrich (1158-119?) nannten sich „von Hohenberg". Ersterer hatte als Gattin eine Lugardis von Tübingen heimgeführt, die laut Grabstein (mit den Wappen Tübingen-Hohenberg!) am 23. November 1201 starb 3 . Wieso Hodler den 1160 bis 1194 nachweisbaren Grafen Berthold von Zollern (Sohn des Friedrich IL) als H e r r n zu Haigerloch angibt ist unklar. Erst 1225 tritt Graf Albert von Hohenberg, Sohn Burkarts III., als „Graf von Rottenburg" zusammen mit F 'ttern aus dem Haigerlocher Gebiet auf, die wohl zu seinem Hofstaat gehörten 4. Graf Albert II., der Minnesänger in seinem letzten K a m p f » a p p w i Graf B u r U r t i III, 1225 B) Niederadelige: Wie bei vielen bedeutenden Grafenburgen findet man auch bei Haigerloch Angehörige des niederen Adels als Vasallen des Hochadels, welche die Burghut innehatten. Als erste erscheinen in den Wiblinger Annalen (falls die Nachricht überhaupt stimmt) 1172 bis 1182 die Brüder Berno und Arnold von Sigburg 4a und Haigerloch, ersterer als Stüter des Klosters Reichenbach im Murgtal 5 . Bald darauf findet sich (1096, nicht 1006) ein Henricus de Heigerlo als Zeuge bei der Schenkung des Grafen Adalbert von Froburg ans Kloster St. Alban in Basel 6 . Möglicherweise gehörte hierher auch der über homo (freie Mann) Adalbertus de Heigerlo, der um 1166 bis 1182 ans Kloster Reichenbach sein Gut zu Hirrlingen und Marpach (dabei abgeg.) geschenkt hat 7. Unter den Zeugen f ndet man einen Grafen Berthold von Achalm (-Neifen), den Erben der um 1166 ausgestorbenen Grafen von Gammertingen-Achalm e . Aus diesem Grunde kann diese Schenkung nicht schon um 1150 stattgefunden haben, wie man früher meist annahm und jenen Adalbert mit dem 1141 erwähnten gleichnamigen Sohn des Grafen Wetzel II. von Haigerloch gleichsetzte 9. Man vergleiche dazu die vielen liberi homines im Rotulus Sanpetrinus aus dem 12. Jahrhundert 1 0 , die keineswegs alle hochadelige Freiherren gewesen sind, sondern eben jeweils als freie Männer (nicht Vasallen oder Leheninhaber) über ihr Schenkungsgut verfügen konnten! Im Jahre 1236 tritt ein Heinrich von Haiginloch (!) als Zeuge auf 1 1 . In Urkunden von 1125 bis 1253 finden wir sodann einen Hugo von Haigerloch, der als Vater des seligen Gottesmannes Adalbert von Niederaltaicb (1261-1311) in Frage kommt, der sicher kein Grafensohn war 12. Von 1284 bis 1315 läßt sich ein Predigerbruder Walther von Haigerloch feststellen 13 und 1288 ein Johannes von Haigerloch 14, 1297 ein Kunzo v. H., Eberlins (d. h. Eberhards) Sohn. Wohl der gleiche Kunz v. H . besaß vor 1342 einen Zehntteil im nahen Renfrizhausen 15, und noch 1345 bis 1351 war ein Ruf (Rudolf) von Haigerloch Schulthaiß zu H o r b 16. 69 c. Die Steinhofer. Nach einer Urkunde des Klosters K rchberg bei Haigerloch 17 vom 2. Januar 1318 haben unter diesem Datum die Brüder Albrecht und Heinrich die Steinhover (nicht „Steinhauer"!), Söhne des verstorbenen Albrechts des Steinhovers, mit Zustimmung ihrer Mutter Zyrina und ihren Geschwistern ans genannte Kloster ihr zu Gruol („Gruorn") gelegenes Eigengut um 10 P f u n d Tübinger Heller verkauft. Das Gut bebaute Berthold der Weber und lieferte davon jährl'ch dre Vlalter Vesen und 2 Malter Haber Haigerlocher Meß. Der Verkauf geschah mit Zustimmung des Grafen Rudolf von Hohenberg, ihres Herrn. Als Bürgen stellten sie ihren Stiefvater Kunrad Bützelin und als Zeugen Burkart Amann, Hei irich Schultheiß, seinen Tochtermann, und den jungen Friedrich Büringer. Die Stadt Haigerloch siegelte die Urkunde. Ein adeliger „Berchtold von Steinhofen" \var schon am 2. Februar 1241 zusammen mit Werner und Gero von Bubenhofen Zeuge für den Grafen von Württemberg und wohl der gleiche B(ertold) von Steinhofen hatte 1268 Anteil am Zehnten im benachbarten Engstlatt 1 8 . In Steinhofen kann man sich eigentlich eine Burg nur auf dem heu..Jen Kirchhügel vorstellen. Freilich mußten die späteren Kirchenbauten und der jahrhundertelang belegte alte Friedhof daselbst jede Spur verwischen! Die Haigerlocher Bürger Steinhover dürften wohl Nachkommen des ehemaligen Ortsadels von Steinhofen gewesen sein. Ein Benz (Berthold) der Stainhover war am 25. Februar 1326 Zeuge für Bäldeli Kerus (v. Bisingen) beim Verkauf der Oberaufsicht eines Gutes zu Owingen ans Kl. Kirchberg 19. Pfaff Kunrad der Steinhover und Benz der Steinhofer waren am 31. Mai 1352 mit noch andern Zeugen, als die Gebrüder Berchtold und Walgger Kerus eine Leibeigene zu Engstiatt an den Zollergrafen Friedrich den älteren veräußerten 20. Ein ß u r k a r t von Steinhofen hatte noch um 1380-1400 als hohenbergisches Lehen zu Oeschingen einen Acker auf dem Stein und eine ^ _ese auf dem Espan 2 1 . Ein „Stainhoffer" wohnte 1393 zu Ratshausen und wurde um 26 P f u n d Heller gebrandschatzt 2 2 . Dann hört man nichts mehr von der Familie. d. Die von Stetten, genannt Ganasser bzw. Esel Ein Berthold der Esel zu Haigerloch wird 1293 23 -1296 und 1297 erwähnt, 1299 daselbst neben Ritter Wernher Gymmerli ein Benzo dictus Ganusser mit zwei bibi.chen Brüdern Ulrich und H(einrichP), 1300 ein Ganussarius 2J. Eine Mie, „des von Stetten Tochter", war 1311 mit Mechtild von Gruorn (Gruol) Konventschwester im Kloster der Dominikanerinnen zu Kirchberg b. Haigerloch 24a. Der ehrbare H e r r Burkart der Esel zu Hai gerloch hatte einen gleichnamigen Sohn und war um 1328 begütert ¡n H a r t , Tailfingen und Gruol. Im Jahre 1325 erwarb der Haigerlocher Bürger Albrecht der Ganasser von seinem Bruder „Burkart von Stetten" Güter zu Owingen 25, und am 25. Februar 1326 besaß Albrecht von Stetten ein Lehengut von Bälderli Kerus (v. Lisingen), der unter diesem Datum sein Eigentumsrecht um 2 P f u n d Heller ans Kl. Kirchberg abtrat 2 6 . Am 28. März 1326 verkaufte „Albrecht von Stetten, genannt der Ganusser", als Haigerlocher Bürger mit seiner Frau Mechtiid ihr Gut zu Owingen, das Heinrich der Huser bebaute, um 31 P f u n d Heller ans Kl. Kirchberg. Das Gut hatten schon Albrechts Vater und „Ehni" besessen. Zeugen waren dabei Konrad der alte Vogt. Burkart der Ammann, Bvrkart von Stetten. Die Stadt Haigerloch siegelte 27. Der gleiche Albrecht v. St., genannt Ganusser, veräußerte am 7. März 1330 dem gleichen Kloster sein Gut zu Grosselfingen, das Konrad der Maier, Wagpens Sohn, bebaute, und zwar zu eines Seelgerät, das jährlich drei Tage nach Unser Frauen Endte 70 (25. März) zu halten war, näm' ch für des S fters Mutter Sophie, seinen Aehni Albrecht von Ymnowe und dessen Gattin Diemut. Auf hres Bürgers Bitte siegelte wieder die Stadt Haigerloch 28. Ein Ulrich von Ymmenowe (Imnau) war übrigens ca. 1380 hohenbergischer Lehensmann 29. Im-Jahre 1330 gab es auch in Hechingen den N a men Esel. Nämlich Heinrich der Esel, Bürger daselbst, verkaufte ans Kloster Stetten 1 P f u n d jährLJier Gilt aus seinem Haus und dahinter liegendem Garten um 10 P f u n d Heller. Seine Frau Adelhe. [ und sein Vetter, Pfaff Konrad der Esel von Killer, willigten ein. Letzterer siegelte mit seinem Pfarrsiegel von K der, einer stehenden Madonna; Heinrich hatte kein Siegel 30 . Beide scheinen nach Haigerloch verwandt zu sein. Im J. 1333 verkaufte Albrecht der Esel, Bürger zu Haigerloch, mit Einwilligung seiner Frau Mechtiid ans Kl. Kirchberg seine Wiese zu Amlahusen (abgeg. zwischen Binsdorf und Gruol 30a). Im selben Jahr erscheint Albrecht der Ganasserais Tochtermann Konrads des Vogts von Rottenburg. Er und Albrecht der Esel führten einen Esel im Wappenschild 31, wie Kunz von Schmiehen 1348 (Schmeien?). Am 7. September 1337 verkaufte Albrecht, des von Stetten Sohn, Bürger zu Haigerloch, ans Kl. Kirchberg eine Gilt aus einem Gut zu Weildorf 32. Heinrich der Esel war 1338 Richter zu Haigerioch. Die Witwe Mechtiid des verstorbenen Albrecht, des Ganussers von Haigerloch, und ihre Kinder erwarben am 18. März 1339 von den Gebrüdern Berchtold, Walger und Bäldeli Kerus das Eigentumsrecht am Gut zu Ow.^gen, das der genannte Albrecht und seine Vorfahren von der Familie Kerus als Lehen besaßen, um 9 P f u n d 3 Schilling Heller, wobei die drei Kerus siegelten 33. Doch schon am 30. April dieses Jahres haben die Witwe Mechtiid und ihre dre Kinder, nämlich „Bruder Konrad", Berchtold und Mige, ihr Gut zu Owingen ans Kl. Kirchberg verkauft. Das Gut bebauten Albrecht der Herrscher, Lugart die Swigerin und Mechtiid die Krönerin und lieferten jahrlich 9 Malter Kernen (Haigerlocher Meß), 9 Schilling weniger 4 Heller, 2 Gänse, 4 Herbsthühner, 3 Fastnachtshennen und 3 Schultern oder Schinken. Der Kaufpr.:,s betrug 100 P f u n d Heller. Dabei waren Bürgen: Albrecht der Ganusser von Haigerloch und Burkart von Stetten, offenbar die nächsten Verwandten. Zeuge spielten Konrad der Vogt von Haigerloch, seine Brüder B(urkart?) und Heinrich, B. der junge Schultheiß und Albrecht der Esel. Die Stadt Haigerloch siegelte 34. Am 14. August 1340 war Albrecht von Stetten zu Gruol seßhaft. Unter diesem Datum einigte er sich mit dem Kloster Kirchberg durch Vermittlung des Haigerlocher Vogts Machinger von Mittelburg, Wernhers des Tieringers, Kunrads des alten Vogts, Burkarts und Heinrichs der Schultheißen betr. ein P f u n d Keller, das Albert (Albrecht) der Ganasser selig zum Ewigen Licht f ü r seinen verstorbenen Bruder Konrad gestiftet hatte. Die Klosterfrauen sollen jährlich 6 Sei II ^ng Tübinger erhalten aus der Wiese, genannt der Vaiss Brühl und aus Canos Wiesen, sowie 4V2 Schilling aus 3 Wiesen vor Rötenberg und im Winkel, die derzeit Benz Stähelin bebaut. Ferner 4 Schilling aus drei Wiesen, einer unter des genannten Stähelins Wiese vor Roetenberg, einer vor Kestelberg und e i e r dritten vor den Swoigen gelegen, d:-r alle die Kelrerin baut. Ferner gehen 20 Tüi_inger aus der Haul H o f s t a t t zu Gruol („Gruorn"), 18 Tübinger aus der dabeigelegenen Hofstatt des Benz von Salant und 30 Tübinger aus der Hofstatt, die der Schutter um 4 Schilling empfing. Albrecht von Stetten bekennt weiterhin, er und seine Erben wollten dem Kloster jährlich um Georgi 5 Schilling Tübinger aus v e r Mannsmahd Wiesen zu Amlahusen (siehe oben) liefern, andernfalls soll die Wiese ans Kloster fallen. Er verspricht das P f u n d und die 10 Schilling, die zu einer Jahr- Haigerloch. Kupferstich von D o m i n i k u s Stadler, u m 1825 zeit vermacht sind, nicht anzufechten. Zeugen waren: Konrad der Dürre, Albrecht der Esel, Albrecht der Ganasser. Neben der Stadt Haigerloch siegelte auch der Vogt Mechinger von Mittelburg 35. Der Bürger Burkart Boyehart zu Haigerloch versetzte im Jahre 1346 seine Roggengilt zu Trillfingen dem Albrecht Ganusser von Haigerloch um 3 P f u n d Heller und 1347 am 23. April verkaufte er sie dem „Bruder Konrad von Stetten" ins Kloster Alpirspach 36. Dieser ist offenbar der 1339 erwähnte Sohn des damals toten Albrechts des Ganussers! Ein Walther von Stetten war 1349 tot. Am 6. Dezember dieses Jahres verkauften dessen Kinder Walther und Gertrud an die Priorin und den Konvent zu Kirchberg ihre halbe Mannsmahd Wiese im Zimmerner Tal (bei Heiligenzimmern) neben Hermanns des Suters Wies gelegen. Den Tübinger Schilling, den die Wiese als Zehnten zu geben hatte, wollten sie jährlich aus "irem vom Vater ererbten Haus zu Haigerloch bezahlen. Der Kaufpreis betrug vier P f u n d weniger 5 Schilling, also 3 P f u n d 15 Schilling. Es bürgten Hans der Amman und ihr Oheim Hermann Haggenbrose 37. Der Haigerlocher Bürger Albrecht, des von Stetten Sohn, veräußerte am 7. September 1356 mit Zustimmung seiner ehelichen Wirtin Adelheid von Hohdorf dem Kloster Kirchberg seinen Teil des Holzes Kunkgruob, das bisher schon halb den Frauen gehörte 38. Burkart von Stetten, seßhaft zu Gruorn, und seine Frau Agnes verkauften am 15. Okt. 1356 an Berchtold den Ganusser Haigerloch ihren Teil des Gütleins zu Hochspach (Hospach bei Haigerloch), genannt der Auberlinen Gut um 38 Pfund Heller unter dem Siegel der Oberstadt Haigerloch 39. Graf Rudolf von Sulz, Hofrichter zu Rottweil, beurkundete am 19. Oktober 1378, daß er den Brunhof, den Auberlinshof und eine Wiese an der Stünz, alle zu Hospach gelegen, auf Bitten Benzen des Ganussers, Bg. zu Haigerloch, welche Benz bisher von ihm zu Lehen gehabt und jetzt aufgab, dessen Söhnen: Pfaff Kunrad und Pfaff Peter, sowie der Frau Margreth, einer Kirchberger Klosterfrau, Tochter des Benz, geeignet habe 40. Um 1380/90 hatten Benz Ganesser von Haigerloch und seine Wirtin ein Gut zu Ringingen als hohenbergisches Lehen gehabt, genannt „der (Herren) von Ringingen Gut", das Kunz Stähelin, Kunz Villinger und Fritz Elsensohn bebauten 41. Das Gut war offensichtlich ehemals im Besitz des edlen Eberhard von Ringingen 1292 gewesen. Pfaff Konrad der Ganusser von Haigerloch und seine Stiefmutter, Schwester Guta die Ganusserin, und ihre Tochter Greth (diese erwähnt 1378 und 1399) verschrieben am 1. Mai 1401 für die Zeit nach ihrem Tod ihr Eigengut zu Hochspach, nämlich Bruns Gut und Auberlins Gut, als Jahrtag für sich als Kloster Kirchberg 42. Das Gut, das um 1380 Benz Ganesser von Hai gerloch zu Ringingen als hohenberger Lehen innehatte, kam dann an Heinrich von Killer, genannt Affenschmalz und seine Frau Elsa die Unraine. Diese veräußerten das „Ganasgut" und ein weiteres, das Fritz Hohenbergs Sohn und dessen Frau Katharina zu Ringingen als gleiches Lehen gehabt und das der Schottel um 1380 baute, am Luzientag (13. Dezb.) 1404 um 312 Gulden an die Martinspflege von Ebingen 43. Herzog Friedrich von Oesterreich belehnte dann am 14. Dezember 1404 den Ebinger Kirchenpfleger Kunz Plumping mit dem Ganasgut zu Ringingen. Oesterreich hatte nämlich 1381 die Grafschaft Hohenberg erworben. Bei der Stiftung des Affenschmalzer Jahrtags 1406 zu Ringingen sind noch „der Ganasserin Wiesen" zu Ringingen am Leh und unter Aigenbrots Haus angeführt 4 4 . Doch ist damit nicht gesagt, daß diese damals noch lebte. Ein Endres von Stetten zu Gruol hat seine Güter, die der Herrschaft Hohenberg dienstbar waren, im J. 1394 für 200 Pfund Heller zur Steuer geschätzt 45 . Derselbe besaß die Burg zu Gruorn mit dem Wassergraben und mit der Schütte darum als hohenberger Lehen und des Stolken Braite zu Rosenfeld als Träger für seine Frau Katharina und deren Schwester Ursula 46. Weitere Nachrichten über die Familie scheinen nicht vorzuliegen. Somit muß das Wappen (Fisch auf Schrägbalken) in der Fensterleibung der Haigerlocher Unterstadtkirche von 1516(?) einem anderen Geschlecht „von Stetten" angehören Was die Namen angeht, so darf man bezüglich „Esel" an das Wappentier erinnern 48. Ob eine Verwandtschaft mit denen von Riedheim-feelsburg bestand oder Gleichheit mit den „Eseln von Dürrheim" (1092-1299) vorliegt 4 9 , müßte erst noch untersucht werden. Letzteres scheint mir nicht ausgeschlossen, da der dort oft vorkommende Vorname Walther sich vor 1349 auch bei uns findet mit „Walther von Stetten". Der N a m e Ganasser (Ganusser, Ganesser) dagegen geht wohl auf das althochdeutsche ga71 nazzo = Gänserich zurück. Beinamen waren ehedem sehr beliebt. Es sei nur an die Ofenrauch bei den Freibergern, Affenschmalz bei denen von Killer, an die Vesenschmalz, Fladenmaul, E n t e n f u ß , Eierschmalz usw. erinnert. Aus dem N a m e n „von Stetten" darf man doch wohl schließen, d a ß die Familie zeitweise zu Stetten (bei Haigerloch) saß. Joh. A. Kraus Anmerkungen: 1 H o h z . J a h r e s h e f t 1961, 1 0 - 2 2 ; Schauinsland (Freiburg) 1964, 116— 121; Zeitschr. Freibg. Diözesanarchiv 1969, 15, w o ein 1125 gen a n n t e r Vogt K o n r a d der beiden Kirchen St. Märgen u n d St. Gallen als Sohn des G r . A d a l b e r t v . H a i g . v e r m u t e t w i r d . Jedoch ist zu beachten, d a ß in diesem J a h r noch Graf Wetzel I. von Haigerloch lebte. So möchte man eher an den G r a f e n K o n r a d v o n G a m m e r tingen (1122—32) denken, dessen V e r w a n d t e r , Graf Ulrich von G a m m e r t i n g e n , bis 1166 Vogt von St. Gallen w a r : Zeitschr. f. W ü r t t . Landesgesch. 1966, 94 u n d H o h e n z . H e i m a t 1966, 57. 2 W ü r t t . Vierteljahrsh. f. Landesgesch. 1933, 202. 3 L u d . Schmid, Aelteste Gesch der H o h e n z o l l e r n I I , 240. 4 F. X . H o d l e r , Gesch. d. O A Haigerloch 1928, 53. 4 a abgegangen links des Neckar auf G e m a r k u n g Sulzau ( H o r b ) . 5 W . Viertelj. H . 1930, 6 4 - 6 8 . 6 H o d l e r 571 mit A n m e r k . Seite 929. 7 W i r t b . UB I I , 411. 8 Zeitschr. f. w ü r t t . Landesgesch. 1966, 126. 9 H o d l e r 42 u n d 45. 10 Zeitschr. Freibg. Diöz. Archiv Band 15. 11 Fürstenbg. U B 5, Seite 96. 12 H o d l e r 60 f u n d dagegen Zollerheimat 1938, 14. 13 H o d l e r 571. 14 Wirtbg. UB 9, 191. 15 H o d l e r 579. 16 U r k u n d e n N r . 164 u. 165 des Kl. Kirchberg i. Staatsarch. Stuttg. 17 ebenda U r k . N r . 313. 18 W i r t b . UB 4, 12; Kreisbeschr. Balingen I I , 313. Kirchberger U r k . N r . 549. M o n . Zollerana I, Seite 187. 21 K . O . Müller, Quellen z. Grafsch. H o h e n b e r g I, 1953, 146. 22 ebenda S. 13. 23 Weitinger Kopialbuch S. 90 (Fürstl. Arch. Sigmaringen); H o d l e r S. 400. 24 W i r t b . UB 11, 333 u n d 395. 24 a Findbuch d. Klost. Kirchberg i. Stuttg. 2 5 H o d l e r 580 u n d 781. 2 « Kirchberger U r k . N r . 549, Stuttg. 27 ebenda N r . 550. 28 ebenso N r . 296. 29 H o d l e r 772. 30 Stettener U r k . N r . 78 u. E r g ä n z u n g Seite 347: H o h z . J H e f t e 1955 f. 30 a Kreisbeschr. Balingen I I . 116; H o h z . Zeitung v o m 7. Aug. 1970, N r . 179. 31 v. Alberti, W ü r t t b . Adels- u. Wappenbuch I, S. 214. 32 H o d l e r 781. 33 Kirchberger U r k . N r . 551. 34 ebenso N r . 552. 3 5 ebenso N r . 321. 36 H o d l e r 792; M i t t . H o h z . 11, 113. 37 Kirchberger U r k . N r . 813, Stuttg. 38 H o d l e r 781. 39 Findbuch d. Kirchb. U r k u n d e n i. Staatsarch. Stuttg. 40 ebenda, zu Kopialbuch I I , 165. 41 K . O . Müller, a. a. O . I, 135. 42 Findbuch (wi6 oben) zu K o p . I I , 166. 43 H o h e n z o l l . J a h r e s h e f t e 1954, 111. 44 ebenda 1954, 124 und näheres 1964, 355. « K . O . Müller, a. a. O . I, 99. « ebenda I, 143. 47 K u n s t d e n k m ä l e r w e r k Hechingen 1939, S. 112. 48 v. Alberti, a. a. O . I, 214 u n d I I , 770 („Stetten"). 49 K . v. Knobloch, O b e r b a d . Geschlechterbuch I, 259. 19 20 Buchbesprechung H A U S E N A M A N D E L S B A C H , aus der Geschichte des Dorfes, von Josef Mühlebach, erschienen bei M. Liehners Hofbuchdruckerei KG., Sigmaringen. Der Besprechung dieses neuen Heimatbuches m u ß ich eine kurze U n t e r h a l t u n g vorausgehen lassen, die der Autor vor J a h r e n einmal im Landeshaus, sozusagen zwischen T ü r u n d Angel, mit mir führte. Es ging darum, w a r u m so wenige von den Leuten, die eigentlich dazu berufen sind, heute in Hohenzollern Heimatgeschi ~iite schreiben. (Um das wiederum vorwegzunehmen: es ist seirher doch wieder besser geworden.) D a meinte Josef Mühlebach sehr anschaulich: Ein Lehrer etwa auf dem Land hatte wenig Abwechslung. So setzte er sich am Sonntag hin u n d grub die Geschichte des Ortes aus oder setzte sich in die Sigmaringer Bibliotheken um zu forschen. H e u t e h a t er einen Wagen, u n d wenn das Wetter schön ist, f ä h r t er an den Bodensee oder sonst irgendwo ins G - i n e . N u n , meines Wissens hat der Autor dieses neuen H e i m a t buches kein Auto, d a f ü r aber ist ihm eine Arbeit gelungen, von der sich sagen läßt, daß man auf r u n d 170 Seiten eigen "ich k a u m mehr an I n f o r m a t i o n , aber auch an Zuneigung zu einem O r t menschlichen Geschehens u n d zu den Menschen, die da lebten u n d leben, hineinpacken k a n n . Der Rezensent gehört zu j< nen Lesern, d ; e es nicht le'den können, wenn ein wissenschaftliches oder Sachbuch keine, zu wenige oder schlampige Register aufweist, und f ä n g t folglich immer hinten an zu lesen. Er k o m m t aber hier ganz auf seine Kosten: eine klare Gliederung des umfangreichen Stoffs, eine ebenso saubere Inhaltsangabe, dazu ein H ä u s e r - u n d Fannlienverzeichnis, eme Zeittafel, eine Gegenüberstellung der Einwohnerzahlen, Angaben sogar über d k verschiedenen Meereshöhen u n d g e n r 5 e n d Anmerkungen u n d Literaturhinweise 72 U n d zwischen Inhaltsangabe und Registern nun von Landschaft u n d Lage angefangen einfach alles, was zur Geschichte des Dorfes gehört. Der Autor hat nichts ausgelassen - jedenfalls wüßte der Rezensent nichts zu nennen was nur irgend von Belang wäre. M a n findet alle erdenkliche A u s k u n f t über die Lebensgrundlagen, über das Kirchenwesen bis hin zu Kurzbiografien von Priestern und Glockeninschriften; über die Gemeindeverwaltung, Voru n d Frühgeschichte, Sagen u n d Wasserversorgung. Sehr umfangreich und bis auf das J a h r 1970, in dem das Buch erschien, ist auch nie Wirtschaftsgeschichte a u f g e f ü h r t und selbst die Auswanderungen sind nicht zu k u r z gekommen. N u r in einem wichtigen P u n k t m u ß cm E i n w a n d erhoben werden. Es handelt sich um die Burg von Hausen, zu der Mühlebach einen Beri i t an Kaiser Friedrich den Z w e i e n aus der Zeit um 1220 heranzieht. D a r i n ist die Rede von Veräußerungen von Königsbesitzungen. Graf Rudolf von Pfullendorf hatte diese Besitzungen an Kaiser Barbarossa, Friedrich den Ersten, übertragen vor ;mem Zug ns H e i lige Land, von dem er, R u d o l f , nicht zurückkam. Darin sind auch genannt Castrum Husin cum Villa sub Castro. Diese Burg Hausen mit darunter gelegenem Dorf nimmt Mühlebach als Hausen am Andelsbach an. Nach anderen Autoren ist es aber Hausen .m D o n a u t a l , über dem die Burg heute noch iix T r ü m m e r n zu sehen ist. In diesem Zusammenhang hat der Autor, soweit ersichtlich, auch c1 : Flur „Burgacker 'nicht identifiziert. Der Rezensent hat sich an den Leiter des Sigmar Inger Staatsarchivs gewandt in der Frage u n d sich von Archivc irektor D r . Eugen Stemmler sagen lassen, d a ß seines Wissens in der T a t die Zuordnung dieses Castrum H u s i n cum viila ungelöst sei. J o h a n n A d a m Kraus zieht folgenden G e d a n k e n heran: Burg u n d Dorf seien nach 1212 von Friedrich II. an die H e r r e n von Ramsberg v e r k a u f t worden, wonach ein erst 1818 ausgestorbener Zweig der Ramsberger sich „von Husen" nannte. Ihr Wappen zeige einen „Ram" oder Widder. Da aber die Herren von Hausen im Donautal von 1212 an eben diesen Widder im Wappen führten, müsse dieses gemeint sein und nicht Hausen am Andelsbach. Der Schreiber dieser Zeilen stellt diese Ansichten zur Diskussion. Doch darf wohl diese Frage keine allzu große Rolle spielen angesicht des Umstandes, daß hier ein Buch vorliegt, das man vorbildlich nennen darf. So stellt man sich eine lebendige Heimatforschung dar, und der Rezensent schließt mit dem Wunsch, daß recht viele dieses Buch lesen — sie müssen dazu gar keine nähere Beziehung zu Hausen haben - und daß sich mancher angetan finden möge, es Josef Mühlebach nachzutun. Frick desgeschichte, Jahrgang 1963,1. H e f t ) diese Deutung, vielmehr geht er davon aus, daß neben den Brühlen und Breiten im späten Mittelalter die Bohlen zum Herrn- oder Maierhofland gehörten. Auf unserer Gemarkung liegt die Bohlgrube unmittelbar neben der Breite. Wenn nach Jänichen außerhalb Etter die Brühle, Breiten und Bohlen als Wiesen, Acker- und Weideland einen Ring um die Siedlung bildeten und sich daraus der Schluß ergibt, daß dieser Ring das Wirtschaftsland der Umsiedlung bildete, so möchte man diese Deutung auch für unsere Gemarkung als zutreffend bezeichnen, weil die Bohlgrube zusammen m.i der Breite wenigstens den Te" eines Ringes um die Siedlung darstellt. Breite, früher häufig auch Breitie, ist die Bezeichnung für ein ebenes, ausgedehntes Ackerland zu beiden Seiten der äußeren Triebgasse. Die Breiten, eine blockförmige Ackerflur, waren ursprünglich, wie die Hofäcker und Brühle, Eigenbesitz des Ortsherren und wurden von diesem im Spätmittelalter in Teüstücken an die Bauern ausgeliehen. JOSEF M Ü H L E B A C H Flurnamen aus Hausen (Leseprobe aus dem Buch „Hausen am Andelsbach") Andelsbach. Der Andelsbach ist nach M. Buck und Otto Springer der Bach des Andolf, Letzterer mag in der alemannischen oder spätalemannischen Zeit Besitzer des Baches gewesen sein oder an diesem umfangreiche oder besondere Rechte gehabt haben. Der Personennamen Andolf erscheint auch im Ortsnamen Andelfingen (bei Riedlingen). Annenhofer. Das sind die Äcker, die zum Annenhof oder Annagut gehört haben. Der Lehensinhaber, später der Eigentümer des Gutes, war der Annenhofer. Der Annahof gehörte ebenso wie das St.-Klara-Gut einem benachbarten Frauenkloster. Nach dem Gemeindeurbar von 1730 hatte der Hirschwirt das Annagut (den Annahof) zu Lehen. Band. Das Band, aufgeteilt in ein inneres, mittleres und äußeres Band, ist aus Bann, Bannet entstanden. Mit Bann oder Band sind Flur- und Waldteile, auch Wege bezeichnet worden, die für die allgemeine Nutzung, für die Weide und dergleichen verboten, „gebannt" waren. Bescheußäcker, Ein Flurname, der wegen seiner Seltenheit schwer zu erklären ist. Man kommt der Deutung vielleicht am nächsten, wenn man dem Schwäbischen Wörterbuch von Fischer folgt und den Flurnamen Beschißäcker zu Hilfe nimmt. Beschiß ist nach dem Schwäbischen Wörterbuch Meltau beim Getreide. Unsere Bescheußäcker wären also ein Flurteil, in dem früher das Getreide häufig mit Meltau beschissen (vom Meltau befallen) war. Bizaine heißen Gartengrundstücke im „Winkel" links der Dorfstraße nach Ettisweiler. Das als Bi2aine bezeichnete Gelände ist aucn anderwärts meistens nahe dem Dorfe gelegen, war in der Regel eingezäuntes Gartenland und vielfach mit Hackfrüchten, H a n f - und Flachs angebaut. Unmittelbar neben der B'^aine auf unserer Gemarkung liegen die Hanfgärten. Boblgrube. Die bisherige Forschung hat vielfach - auch nach M. Buck - Bohl = Buhl gesetzt, eine Deutung, der fu.' unsere Bohlgrube eine gewisse Berechtigung ni;ht abgesprochen werden könnte, weil mit ßchlgrube auf der südlichen Feldgemarkung ein hochgelegenes Gewann mit einer grubenartigen Bodensenke bezeichnet ist. Hans Jäm'chen bezweifelt in semer Arbeit „Die Bohl im SchwäbischAlemannischen" (Zeitschrift für Wurttembergische Lan- Der Brühl, rechts des Andelsbaches, oberhalb der Mühle, zeigt die gleichen Merkmale, wie sie anderwärts die Brühlwiesen auch haben: feuchte, äußerst fette und ergiebige Wiesen nahe dem Bach und in unmittelbarer Nähe des Dorfes. Die Brühlwiesen waren früher vielfach Viehweide. Der Brühl war im allgemeinen Wiesenland, das die Grundherrschaft zu ihrem eigenen Bedarf aus der Acht ausgeschieden hatte. Unser Brühl wird schon in einer Urkunde vom 4. April 1295 genannt. Nach dieser Urkunde verkauft Burcard von Kunibach den Brühl zu Hausen dem Spital Pfullendorf um 24 Konstanzer P f u n d . Die Brunnadern werden schon im Urbar des Klosters Habsthal von 1420 genannt. Der westlich der Krauchenwieser Straße liegende Flurteil war früher von Quellbrünnlein durchzogen. Am Fuße des Hanges am Ostrand des Andelsbachtales entspringen heute noch mehrere kleine Quellen. Der Dreispitz östlich der Rul nger Straße entlang dem Weithart deutet auf eine Dreiecksform hin, i ie das Ackerland früher, wohl durch einen vorspringenden Waldteil, gehabt hat. Vielfach hat der Dreispitz, die im Mittelalter gebräuchliche Kopfbedeckung, den Namen für diese Flurbezeichnung hergegeben. Der Egelsee, eine breit hingelagerte, muldenartige Senkung auf der südlichen Feldgemarkung, etwa 28 Morgen groß, war bi> ins 19. Jahrhundert h lein ein stehendes, 1 bis 8 Fuß tiefes Gewässer, ein Dorado für Blutegel, Frösche und sonst ge Weichtiere. Noch in der letzten Zeit seines Bestehens wurden daraus Blutegel in die Apotheken der benachbarten Städte Mengen und Pfullendorf geliefert. Mit seiner Trockenlegung hat sich das Ortsgericht schon um 1835 befaßt, aber erst nach jahrzehntelangem Planen und umfangreichen Verhandlungen kam es 1874 bis 1876 zur Trockenlegung. Die Kultivierung des versumpften und verschilften Bodens war mühsam; selbst heute noch ist der Graswuchs struppig, aber langsam und stetig wandelt sich der Grund in ertragreiches Ackerland und brauchbare Wiesen. Im Gemeindeurbar von 1730 wird ein Egelsee häufig auf der nördlichen Feldgemarkung gegen Krauchem, .es genannt. Die Embdwiese (Ohmdwiese) im Dorftal zwischen Oberund Unterdorf ist die Wiese, auf der zur Zeit des Flurzwanges geöhmdet, also "in zweiter Schnitt gemacht werden durfte. Im allgemeinen waren dif Wiesen damals einmähdig, d. h. es durfte auf ihnen nur ein Schnitt gemacht werden, um den Weidebetrieb nicht zu beeinträchtigen 73 JOSEF MUHLEBACH Die Hünaburg bei Weihwang und Glashütte Seit 1950 werden vom Württembergischen Amt f ü r Denkmalpflege an der Heuneburg bei Hundeio ngen Ausgrabungen durchgeführt, die wertvollste Ergebnisse und Erkenntnisse über diesen späthallstattzeitlichen, frühkeltischen Fürstensitz erbracht haben. Mehrere bedeutsame Veröffentlichungen geben ein eindrucksvolles Bild über die „Residenz" keltischer Fürsten an der Donau bei Hundersingen, so u. a. die Schriften von Kurt Bittel und Adolf Rieth, 1951, und von Wolfgang Kimmig, 1968, „Die Heuneburg an der oberen Donau". Wenn Wolfgang Kimmig die Auffassung vertritt, daß sich solche Burgen im Abstand von oft nur 10-15 Kilometern im Bereich des Bussens und „gewiß auch an anderen Plätzen, die es nur zu erforschen gilt", finden, so wird unsere Aufmerksamkeit unwillkürlich auf eine Heuneburg im südlichen Hohenzollern bei Weihwang hingelenkt. Gewiß mag die Anlage bei W'ihwang-Glashütte der Heuneburg bei Hundersingen an Bedeutung weit nachstehen, aber gerade im Blick auf Hundersingen dürfen wir uns der Heuneburganlage bei Weihwang mit Interesse erinnern. Wenn der Autofahrer heute in der üblichen Eile von Pfullendorf oder von Wald nach Krauchenwies fährt, ahnt er wohl nicht, daß der Höhenrücken zwischen Weihwang und Glashütte ein Bodendenkmal birgt, das abzuschreiten eine Stunde Aufenthalt lohnen würde. Es ist die bewaldete Höhe, die von Glashütte her : i das Kehlbachtal hineinragt und Weihwang westlich gegenüber liegt.. Eine glücklicherweise bereits stillgelegte Kiesgrube hat diesen Berg, der dieses Bodendenkmal birgt, angeschnitten. Es ist der Schloßbühl, den unsere Vorfahren mit dem viel treffenderen Namen Hünaburg, also Hünenburg, bezeichnet haben. Gerade im Blick auf die Ausgrabungen an der Heuneburg bei Hundersingen verc :nt die H ü n a b u r g zwischen Weihwang und Glashütte, weil sie auf hohenzollerischem Gebiet gelegen ist, unser besonderes Interesse. Sie liegt auf der Gemarkung Weihwang und wurde im Jahr 1881 von Oberst von Cohausen entdeckt und skizziert. Sie hat eine Länge von 194 Metern und eine Breite von 82 Metern. Die oben erwähnte Kiesgrube hat c'ie Befestigung der Nordostecke etwas angeschnitten. Gegen den Kehlbach fällt der H a n g ganz steil ab, so daß an der Ostseite keine ehemaligen Erdbefestigungen mehr zu erkennen sind. Die gefährdete Westseite dagegen ist von exnem doppelten Graben mit Wall halbkreisförmig umschlossen. Diese Befestigung ist in ihrer ganzen Länge noch auff .1lend gut erhalten und zeigt deutlich den alten Zugang, der im Norden des Ringwalles lag. Ein Zufahrtsweg aus dem Kehlbachtal führt den Steilhang entlang zum gleichen Nordeingang, nur ist dieser Weg durch die Kiesgrube auf etwa 40 Meter unterbrochen. Welches Volk mag diese Fliehburg erstellt haben? Gegen welches Volk sollte sie Schutz bieten? Waren die Erbauer Kelten, waren es Hallstattleute? Wurde die Burg stürmender H a n d genommen? Welches war das Schicksal dieses Volkes? Wo hatten sie ihre Siedlungen? Wie mögen diese Menschen ausgesehen haben? Woher kamen sie und woh.n zogen sie? Das sind Gedanken, die sich jedem Heimatfreund beim Abschreiten dieser in dunklen Tannenwald gehüllten Stätte auf drängen. Unser Heimatboden hat in Treue durch die Jahrtausende hindurch dieses Geheimnis gehütet. N u r der Spaten kann ihm die Geheimnisse zum 1 _il entreißen. Das eine kann wohl mit einiger Sicherheit gesagt werden, daß 74 die Volksburg auch als Fliehburg diente, auf die sich die nicht wehrfähige Bevölkerung der nächsten Siedlungen mit H a b und Gut in Sicherheit brachte, wenn der Feind in das Land einbrach. Der heutige Flurname lautet Schloßbühl. Da hier die Grenzmarke zwischen dem Amt Wald und der Herrschaft Gremiich lag, läßt sich der Flurname in den früheren Jahrhunderten leicht feststellen. Das Walder Urbar vom Jahre 1501 nennt diese Stätte wiederholt Hünaburg. In der Grenzbeschreibung des Walder Amtes von 1602 lautet der N a m e Hennenburg und Hünenburg, während er 1680 einigemale Hünnenburg heißt. Bei der Errichtung der Glashütte im Jahre 1701 he .t es, daß „das Vieh um die Glashütte und gegen die Hennenburg getrieben werden könne." Das Walder U r b a r von 1790 kennt den Flurnamen anscheinend nicht mehr. Pfarrer Dr. Schupp, früher in Zell a. A., jetzt in Neudingen, Kreis Donaueschingen, hat schon vor Jahren festgestellt, daß 1624 der Flurname „Hennenburg oder H ü n a b u r g " lautete. Die Zeit, aus der die Hünaburg stammt, läßt sich, solange keine Ausgrabungen daran durchgeführt sind, nicht genau bestimmen; doch lassen e bedeutenden Grabhügelfunde von Kappel, die Pfarrer J. Bauer von Dietershofen bei wiederholter Anwesenheit des Fürsten Carl-Anton im Jahre 1882 im nahen Walddistrikt Grabenhagen, Markung Otterswang, machte und die sich in den Fürstlichen Sammlungen zu Sigmaringen befinden und die möglicherweise wegen ihrer Nähe mit der Hünaburg zusammenhängen, vermuten, daß unsere Hünaburg etwa aus der gleichen Zeit v ^e die üb .gen Heuneburgen stammt. Dies dürfte die späte Hallstattzeit bzw. die frühe Keltenzeit, also die Zeit zwischen 500 und 300 v. Chr., sein, (siehe auch Schwäbische Zeitung vom 22. Sept. 1951). * Oberpostrat a. D. Dr. h. c. Peters, von 1934 bis 1948 Vertrauensmann für vor- und frühgeschichtliche Bodenaitertümer in Hohenzollern, eine in der wissenschaftlichen Welt hochgeachtete Persönlichkeit • er hat nicht nur in Deutschland, sondern auch in Spanien, Frankreich und Italien Ausgrabungen gemacht - , hat einmal gesagt: „Es ist nicht notwendig, nicht, einmal erwünscht, daß wir möglichst alle Bodendenkmale dem Erdboden entreißen. Kommende Generationen sollen auch noch etwas zu tun haben." So mag dia Klärung der Hünaburg zwischen Glashütte undWeihwang eine Aufgabe späterer Forschung sein (siehe auch Schwäbische Zeitung vom 22. September 1952). Der „Runde Turm" in Sigmaringen der letzte von einst vjeren der Stadtbefest.igung aus Werdenbergischer Zeit (2. H ä l f t e des 15. Jahrhunderts) wird gegenwärtig zu einem Heimatmuseum für Sigmaringen ausgebaut. Der Turm ist von dem Sigmaringer Ehrenbürger, dem Juwe er und H o f r a t Georg Zimmerer im vergangenen Jahr gekauft und der Stadt f ü r diesen Zweck zur Verfügung gestellt worden. Material f ü r ein Museum hat die Stadt seit Jahrzehnten genügend angesammelt. H o f r a t Zimmere: ,st dieser Tage 80 Jahre alt geworden. Auch das Sigmaringer Tierheim samt seinen laufenden Unterhaltskosten ist eine Stiftung des Mäzens seiner Vaterstadt. Frick LEOPOLD BAUSINGER Heimat im Dorf - im Kreislauf des Jahres (Fortsetzung) Staatsangehörigkeit. H e u t e und schon längst gibt es ihn nicht mehr, den w a n d e r n d e n Pfannenflicker. U n d ob wir sangen! D a stand dann der O d e r m a t t mitten unter uns und schwang mit dem vollen P o k a l den T a k t . Immer wieder u n d immer noch lauter mußten wir singen, zum guten Schluß d u r f t e n wir dann den Stiefel reihum austrinken, wobei es nicht ohne Keilerei abging, denn jeder wollte möglichst ein großes Maul voll Bier haben. Der O d e r m a t t ließ dann nochmals füllen, und die Schreierei ging wieder von vorne los. Die „Bürstenhanne" kam aus L ü t z e n h a r d t im Schwarzwald, seinerzeit ein armes Schwarzwalddorf, heute weitbekannter L u f t k u r o r t . Die M ä n n e r verfertigten in H e i m arbeit Bürsten, und die Frauen v e r k a u f t e n sie auf dem Hausierhandel. Die „Bürstenhanne" wohnte im Dorf bei den Großeltern mütterlicherseits, d o r t hatte sie H e i m a t recht, obwohl nicht v e r w a n d t . Tagsüber ging sie mit ihrer Ware über Land, abends k a m sie z u m Schlafen zurück ins D o r f , setzte sich an den Tisch wie zur Familie gehörend. — A n einem starken D r a h t r i n g hingen d Le Bürsten alle, den die H a n n e auf der Achsel trug: Kleider- u n d Schuhbürsten, V '.hbürsten und Roßkartätschen, H a a r - und Bartbürsten, Bürsten f ü r die Wäsche und Bürsten f ü r alles mögliche. — An den J a h r m ä r k t e n im Städtle hatte die „Bürstenhanne" ihren Stand. Auf einem langen Ti.ch aus Brettern w a r die Bürstenware ausgelegt, die v lseitigen Zuspruch f a n d , denn die Bürstenhanne w a r als reell weit und breit bekannt. — Auch sie sind ausgestorben, die Bürstenhändier in Lützenhardt, ozonr che L u f t v e r k a u f t ich leichter an die Kurgäste. D a m i t w a r f ü r uns K i n d e r die „Fasnet" zu Ende, w ä h r e n d die Ledigen u n d auch die Alten abends auf den D o r f b a l l gingen, w o ein K u n t e r b u n t von Masken und Vermummungen a n z u t r e f f e n war. — Manchmal ging es an Fastnachtdienstag in die nahe Stadt, wenn dort die „ N a r r halla" einen städtischen Fastnachtszug veranstaltete. An Aschermittwoch ließen wir uns in der Kirche ein Aschenkreuz auf unser sündiges H a u p t machen, w ä h r e n d dann u n d w a n n die Ledigen am Nachmittag dieses Tages noch ein besonderes Vergnügen hatten. Wenn nämlich w ä h r e n d der „offenen Zeit", das ist die Zeit von Dreikönig bis Fastnachtsdienstag, keine Hochzeit : m Dorf s t a t t f a n d — in den stillen Ze en d u r f t e n keine ö f f e n t lichen Hochzeiten sein —, streuten di ledigen Burschen Spreu auf die Straßen, holten ihre ledigen Mädle und ließen diese hinter der Spreu eine hölzerne Egge ziehen, w o m i t symbolisiert werden sollte, d a ß die Zeit der öffentlichen Hochzeiten unfruchtbar gewesen war. U r a l t soll dieser Brauch se , wahrscheinlich ist er heute größtenteils ausgestorben, schade! A m Abend des Aschermittwoch bettelten die ledigen Burschen Eier u n d Speck in den H ä u s e r n u n d ließen sich davon ¿m „Adler" oder im „Grünen B a u m " große Platten mit Speckpfannenkuchen machen, w o z u große Q u a n titäten Bi r getrunken w u r d e n . Das w a r dann der Abschluß der ausgelassenen Fastnachtsze , sie w a r harmios und bot trotzdem manche Freuden f ü r jung u n d alt. Bald begann wieder die harte Feldarbeit f ü r die Dörfler, Lichtmeß w a r gewesen, die N a t u r verlangte wieder ihr Recht, denn eine neue Wachstumsperiode setzte ein, ein neuer A n f a n g und ein neues Werden. Alltag Aus dem dörflichen Von Hausierern, Musikanten und fahrendem Volk Sie gehören zum Dorf so gut wie seine Bewohner, diese Menschen, die jahraus, jahrein in regelmäßigen Abständen ins Dorf kamen, um ihre Waren feilzubieten, ihr H a n d w e r k anzupreisen oder ihre Künste zu Zeigifl. So tauchte immer wieder der „JV ia" auf, ein P f a n n e n flicker von Beruf und aus Italien stammend. Er flickte P f a n n e n und Kessel und Schapfen u n d E'.ner, und so hieß er nur „der P f a n n e n f l i ter", doch die Leute waren f r o h an ihm, denn um wenig Geld iötete er die Löchl .n und Schadstellen zu. Seine Werkstatt schlug er bei schönem Wetter im Freien auf. D o r t saß er auf einem Schemel bei seiner Feldschmiede, pfiff oder sang ein Liedchen und flickte und flickte. Wir Buben standen manchmal bei ihm und bewunderten seine Kunst. In späteren Jahren ist der Mina nach Deutschland gezogen u n d erwarb die deutsche Das „Kochlöffelmannle" sei nicht vergessen. Er wai im N a c h b a r o r t Schlatt zu Hause, ein gar lustiger und durstiger K u m p a n . M i ; selbstverfertigten Kochlöffeln und Wäscheklammern ging er hausieren, doch w a r sein Warenbestand nie groß, es kam .im weniger auf den Verkauf seiner W a r e an, als d a ß er vielmehr bettelte, einen Kreuzer oder auch ein Stück Brot. Der Kochlöffelhandel bildete mehr oder weniger das Scheingeschäft f ü r seine Bettelei. Manchmal m u ß t e er einige Tage brummen, wenn ihn der G e n d a r m beim Betteln erwischte. Mit einem Zwerchsack w a n d e r t e er durch das Land, den er mit der einen H ä l f t e nach vorn, mit der arideren auf dem Rücken über die Achsel trug. Eines Tages, als ihm die Lehrerstante die üblichen Kreuzer (zwei Pfennige) gab, begehrte er auf und meinte: „A Fünferle, a Fünferle, s'hott alles aufgschlage, s'Bettla hoc au auf ufgschlage!" Das Bettelgeld setzte er allzusehr in Schnaps um, anstatt es seinem Weib und seinen Kindern zukommen zu lassen. Er w a r ein fröhlicher Geselle, und wenn er beschwipst w a r , sang er das Lied vom heben Augustin, denn auch er hieß August: O du lieber Augustin, alles ist hin, s'Geld ist versoffa und s ' ^ c i b ist verloffe, O du lieber August_n, älles ist hin! H e u t e ist er schon lange tot, nur die Alten können sich seiner erinnern, ein Original ging mit dem „Kochlöffelm a n n l e " hin. Regelmäßig kamen Musikanten s D o r f . Aus der Rheinp f a l z kamen sie zu vieren und f ü n f e n , ließen auf den Straßen und Gassen ihre Weisen ertönen und sammelten Gaben mit dem H u t in der H a n d von H a u s zu H a u s . „Tief drinn im Böhmerwald, w o meine Wiege stand", „Wie die Blümlein draußen zittern . . .", „Im G r u n e w a l d , im G r u n e w a l d ist H o l z a u k t i o n " und w ^ die Lieder alle hießen, bliesen sie immer wieder aufs neue. Die Musikanten wurden nicht als Bettler angesehen, sie boten ja ihre Musikkunst f ü r die erbetene Gabe. — Auch im Dorf gab es Musikanten, die aber hauptsächlich auf Hochzeiten zum T a n z aufspielten, hausieren gingen i.e nicht. Musikanten 75 begegneten mir selbst an meinem Hochzeitstag zwar nicht in der Heimat. Sie spielten beim Haus meiner Braut ein Ständchen und erhielten gern einen Extraobolus. Auch jene Musikanten waren auf Wanderfahrt. Dann und wann kamen Bärentreiber ins Dorf, schwarze, verlumpte Gesellen, wohl Zigeuner. Braune Bären führten sie am Nasenring mit, die immer wieder ihre Tanzkünste zeigen mußten, nicht ohne dabei manchen Hieb oder Stoß mit einem Prügel zu bekommen. Ab und zu führten solche Trupps auch mal ein Kamel oder ein Dromedar mit, wobei wir Buben uns stritten, welches dieser Tiere ein und welches zwei Höcker hat. W a r dann noch ein A f f e mit bei der Truppe, so war die Neugier von uns Kindern besonders groß, und wir begle' eten diese Trupps durch's ganze Dorf. Auch die Drehorgelmänner von einst sind heute verschwunden. Invaliden aus dem 70er Krieg mit einem Holzbein oder nur einem Arm, im Bergwerk zu Schaden gekommene Bergleute, verkrüppelt an H ä n d e n oder Füßen, manchmal auch erblindet waren sie, denen ihre Rente nicht zum Lebensunterhalt ausreichte und deshalb durch Drehorgelmusik zu einer zusätzlichen Einnahme zu gelangen versuchten. Auch sie erhielten ihren Kreuzer f ü r ihre Drehorgelmusik, die mir heute noch in den Ohren klingt. Längst hat die soziale Gesetzgebung den Kriegsbeschädigten und Invaliden eine Rente zugesichert, daß sie nicht mehr auf den Bettel angewiesen sind. U n d das von Rechts wegen! Von Wandkalendern und einem Kirchengesangbuch, alten Zeitungen und allerlei Geschriebenem von Die Innensei te des Wandschrankes in der Wohnstube war der unverrückbare Platz des Kalenders „Lahrer hinkender Bote". Immer einige Jahrgänge wurden dort verwahrt, denn der Bauer wollte auch manchmal zurückblicken. So ein Bauernkalender war in meiner Jugend eine Art Buchhaltung. Dort wurde alles festgehalten, was sich n Hof und Stall ereignete: wann die Bless rinderte, das Nägele kaibte, die Muttersau zum Eber geführt wurde, was aus den Ferkeln erlöst wurde, wieviel Garben die einzelnen Äcker brachten, wie das Druschergebnis war, und wieviel Simmere der und jener Acker brachte, was an Kartoffeln geerntet wurde und derlei mehr. Es wurden Vergleiche zu den Vorjahren angestellt und also Bilanz gezogen. D a ß die netten Kalendergescnichten außerdem interessierten, jung und alt, ja, daß sie das J a h r über mehrfach gelesen wurden, und daß sie sogar, wenn sie in der Wohnstube neuen Kalendern Platz machen mußten, noch jahrelang auf der Bühne verwahrt wurden, um in den Wintermonaten nmer mal wieder den einen und anderen herunterzuholen, soll gesagt sein. Da stand dann zu lesen von Blitz und Ungewitter, von Hagelschlag und Unglück im Stall, von miserablen Viehpreisen und Mißernten ebenso wie von guten und zufriedenen Jahren. In der alten Kommode, die der äußerst talentierte Urgroßvater anfertigte — er war Zimmermann von Beruf und hatte beim Wiederaufbau der Zollerburg in den 50er Jahren des vorigen Jahrhunderts di^ umfangreichen Zimmerarbeiten übertragen erhalten —, lagen ailerhand Gebetbücher, darunter noch solche aus dem 18. Jahrhundert mit großen Buchstaben f ü r Leute mit schlechten Augen. Ein Buch st mir wegen seiner Größe immer wieder aufgefallen: das Konstanzer Gesangbuch. Es stammte aus der Zeit des B'stums Konstanz, hatte eigene Lieder mit eigener Melodie dieser Diözese. Das Gesangbuch atmete wohl noch den Geist Wessenbergs, der als Generalvikar und ßi„tumsverweser der letzte Bistumsverwalter 76 von Konstanz war und schon damals nachhaltig f ü r die deutsche Liturj : eintrat. 100 Jahre mußten vergehen, bis diese Vorstellung durch das zweite Vatikanische Konzil in unseren Tagen verwirklicht wurde. Wessenberg aber wurde zu seiner Ze't verworfen! — Auch nach der Gründung der Erzdiözese Freiburg, zu der damals H o henzollern kam, wurden in den meisten Häusern die Lieder und Gesänge im Konstanzer Gesangbuch weiterhin gepflegt und beim Gottesdienst gesungen. Die Alten konnten sich mit dem Neuen so leicht nicht anfreunden und wollten vom „Magnificat", dem Gesangbuch der neuen Erzdiözese, wenig wissen. Wenn dann trotzdem nach diesem Gesangbuch gesungen wurde, kritisierten die Alten: „Heut hot me wieder dös neumodisch Zeug g'sunge, 's goht halt nichts übers Konstanzer Gsangbuch!" Besonders in der Adventszeit kam solche Kritik auf, wenn das Lied „Tauet, Himmel, den Gerechten, Wolken regnet ihn herab" nach dem „Magn-'icat" gesungen wurde, die Melod; im Konstanzer Gesangbuch schien den Alten weitaus schöner und rührvoller. — Aber das Konstanzer Gesangbuch hatte noch ein anderes, das ihm gewissermaßen Ehrfurcht verschaffte. Hinten im Buch befanden sich einige vergilbte Blätter, auf denen ein Stück Familienchronik eingetragen war. Da stand zu lesen, noch in den ungelenken Schr'ftzügen des Urgroßvaters: am . . . ist die Theres geboren, am . . , ist der Friedrich geboren, am . . . ist die Theres gestorben. So folgte Eintrag auf Eintrag, von jeder Generation fortgeführt, Geburten, Todesfälle, Heiraten. Den letzten Eintrag im Gesangbuch machte ich selber nach dem Tode des Vaters: am 22. Juni 1939 ist unser guter Vater Kaspar gestorben. Auf der Bühne steht ein großer, alter Trog, wie sie in Bauernhäusern vielfach anzutreffen sind. Darin zu kramen, war von jeher eine Lust. Nicht nur wegen des Inhalts in dem einen der Gefache, in dem die Mutter H u t zeln und Schnitz verwahrte, sondern auch des übrigen Inhalts wegen, der aus „geistiger* N a h r u n g bestand, aus alten Zeitungsjahrgängen, alten Kalendern und Unterhaltungsbeilagen des „Schwarzwälder Bote". Zum Teil waren nur die Romane aus den Zeitungen ausgeschnitten und wurden gebündelt verwahrt. So hatte sich im Laufe der Jahrzehnte eine ansehnliche „Bibliothek" eigener Art angesammelt. Immer wieder wurden im Winter einzelne Bände von der Bühne geholt und oft zum soundso vielten Male gelesen. Schade, daß die meisten Zeitungsbände im Laufe der Jahre den Mäusen und im zweiten Weltkrieg der Entrümpelung zum Opfer fielen. An einem Winterabend brachte der Vater vom Rathaus — er war Gemeinderechner — in In Schweinsleder eingebundenes dickes Buch mit nach Hause. Da standen auf den dicken, steifen Blättern gar merkwürdige Dinge m für uns Kinder kaum leserlicher Schrift. Es war die sogenannte Kanzlei Schrift, die mich dann später der Großvater noch lehrte, jene Schrift mit den vielen Schnörkeln. Auf der Titelseite J.ese Folianten stand mit großen Buchstaben: „Luckenbuch der Gemeind Stetten, angelegt und erneuert anno 1684 durch Vogt und Gericht." Es folgten d . 1 Namen: der Vogt Weinundbrod, dessen Sippe heute noch im Dorf lebt, die P chter Flach, Klotz, Baum usw., alles Namen, die auch heute noch im Dorf vorkommen. Aber auch N a m e n standen da, die heute im Dorf nicht mehr zu Hause sind. — Das Lucken'buch hielt die Fahrund Trettrechte solcher Grundstücke fest, die nicht unmittelbar an einen Weg grenzten. U n d dies waren zur damaligen Zeit 'ie meisten, denn es gab ja noch keine Flurbereinigungen. Da marschi. rten die Grundstücke alle auf, und es stand zu lesen: Anton Bulachcr des Steffen hat ein Mannsmad Wiesen im Weinschlatt, stoßt auf Syivester Klotzen Wies, fährt über diesen zum Weinschlattweg. So war es rechtens und ist es bis auf die heutige Zeit, da im Dorf immer noch keine Flurbereinigung stattfand. Welcher Rückschritt! So war Grundstück f ü r Grundstück mit seinen Rechten und Belastungen im Luckenbuch eingetragen, vielfach mit Nachträgen, wenn ein Grundstück in andere H ä n d e überging. D a n n hieß es z. B.: „Jetzt dem Adolf Flach gehörig". Das Luckenbuch war der Vorgänger vom späteren Grundbuch. Schade, daß das Buch abhanden kam! Im Schreibpult, das der handwerklich geschickte Urgroßvater ebenfalls anfertigte, lag in einem Gefach ein Haushaltungsbuch. Die Urahne hatte das Buch in ihrer jungen Ehe begonnen und in dem aus gewöhnlichen Blättern gehefteten „Journal", würde man heute sagen, alle Einnahmen und Ausgaben eingetragen, wie sie sich im Haushalt ergaben. Die Großmutter und später meine Mutter führten diese Eintragungen fort, weitere solcher Bücher entstanden, doch die alten wurden weiter aufbewahrt. Diese alten Bücher bildeten ein Stück Wirtschaftsgeschichte der Heimat und zeugten vom einfachen Leben im Dorf. Alle Verkäufe aus Hof und Stall, Vieh und Getreide, die Einnahmen aus Lohnarbeit wurden ebenso eingetragen wie alle Ausgaben f ü r Kleidung und Alltag. In den ersten Jahrzehnten bis 1870 waren es Gulden und Kreuzer, dann kamen Mark und Pfennig, und nach dem ersten Weltkrieg tauchten Wahnsinnszahlen auf, Millionen, Milliarden, ja sogar Billionen! Bis dann wieder ganz klein und bescheiden mit Mark und Pfennig nach der Inflation im Herbst 1923 begonnen wurde. Feierabend im Dorf Am Tannenhaag vor dem Haus neben der Toreinfahrt unter einem mächtigen Kastanienbaum stand die Sitzbank. Die Tagesarbeit war getan, das Vieh versorgt, der Abend legte sich über Dorf und Stadt, es war Feierabend. Die Eltern sitzen auf der Bank und lesen die Zeitung, die Mutter ist manchmal noch mit dem Stopfen und F' ; cken von Strümpfen und Hosen von uns Buben beschäftigt. D a n n und wann gesellten sich die Nachbarn dazu, um noch einen Abendschwatz zu halten. Es ging aber wortkarg zu, vom Wetter wurde gesprochen, vom Vieh und von der täglichen Arb "t. Ab und zu aber erhitzten sich die Gemüter, wenn es um Gemeindepolitik ging, um den oder jenen Wegebau, den Farrenstall und derlei Dinge. Dann und wann kamen die Alten auch ins Gespräch über frühere Zeiten, d Männer allzugern über ihre Soldatenzeit und der Nachbar Andres über seine Wanderzeit als Schuhmachergeselle, die ihn weithin führte bis in die Schweiz und nach Österreich. Da saßen wir Kinder dann mäuschenstill dabe, und lauschten neugierig den Erzählungen der Alten. Die Großmutter wußte gar manches aus der Geschichte des ehemaligen Klosters, von einem wundertäi'gen Altarbild, einem Flügelakar, dessen Flügel sich jeweils vor dem bevorstehenden Tod eines Angehörigen der Zollerngrafen öffnete und die Leute in Angst und Bange versetzte. Von jenem unglücklichen gräflichen Diener wußte sie, der in seiner Vermessenheit auf ein Kruzifix m' Pfeil und Bogen schoß in der H o f f n u n g , daß ihm sodann kein Schuß mehr fehlgehen wurde U n d wie dann aber beim dritten Schuß der Pfeil im Kruzifix stecken blieb und nicht mehr herauszubringen gewesen war und der unglückliche Diener ob seiner Freveltat draußen bei Heiligkreuz, dem heutigen Friedhof, mit seinem Leben habe büßen müssen. I ie Großmutter wußte auch, daß ihre Mutter, also unsere Urgroßmutter, auf ihrem Heimweg nachts von Gros- selfingen das „Muotesheer" begegnet sei und ihr Angst und Schrecken eingejagt habe. Was Wunder, wenn wir Kinder dabei das leise Gruseln bekamen. Auch der Schwedenkrieg spukte noch in den Köpfen der Alten, denn das Kloster wurde in jenen Schreckenstagen bös heimgesucht und geplündert. U n d da tauchte auch jener spöttische und unbeugsame Zollergraf, der öttinger, auf, der viele Wochen und Monate seinen Belagerern auf der Burg die Stirn bot, wie eine Maid aus dem Steinlachtal die Burgbesatzung heimlich mit Nahrung versorgte, und wie dieser ö t t i n g e r zu guter Letzt, als die Besatzung nichts mehr zu nagen und zu beißen hatte, den Belagerern dann doch noch entkam. Auch ein Dörfler gehörte zu der Burgbesatzung, Fuchs mit Namen. Von manchem Streit zwischen Kloster und Gemeinde wurde erzählt, denn das Kloster hatte gewichtige uralte Rechte und Lehen, die zu einem beachtlichen Teil zu Lasten der Zivilgemeinde gingen. Auch der jahrhundertealte Streit um die freie Pirsch tauchte auf, der Wildschaden w a r oft unerträglich, denn die ganze Jagdhoheit gehörte dem Grafen. — Von Fronen und dem Zehnten wußten die Alten noch, alles Dinge, die hart auf der Bevölkerung lasteten. — Und dann kam auch die 48er Bewegung zur Sprache, wie die Bauern dem Fürsten in der Stadt vor's Schloß rückten und freiheitliche Rechte forderten, wie diese der Fürst dem Volk versprach und dann, als das Blatt sich wendete, doch nicht hielt. — Die mildtätige und sehr leutselige letzte Fürstin Eugenie wurde nicht vergessen, sie ging ein als große Wohltäterin des Volkes, dem sie einen großen Teil ihres Vermögens in Stiftungen frü Arme und Kranke, Kinder und Schulen vermachte. Heute noch lebt sie im Gedächtnis des Volkes fort. Feierabend auf dem Dorf! Heute gibt's ihn längst nicht mehr, Radio und Fernsehen haben ihn verdrängt, schade! Die Schriftleitung freut sich, ihren Lesern einen Beitrag unseres hohenzollerischen Landsmannes Leopold Bausinger bringen zu können. H e r r Landrat i. R. Bausinger ist am 20. Januar 1899 in Stetten bei Hechingen geboren. Nach Besuch des Gymnasiums in Hechingen trat er in die Verwaltungslaufbahn ein. Nach einer Tätigkeit in Aachen und Sigmaringen wurde er 1927 Bürgermeister von Haigerloch, 1932 Bürgermeister von Burladingen. Von 1936 an war er Bürgermeister in Rüdesheim. H e r r Bausinger wurde 1950 Landrat des Rheingaues in Rüdesheim. Seit 1965 lebt er im Ruhestand In Johannesberg im Rheingau. Seine Jugenderinnerungen zeigen, wie eng er seiner H e i m a t verbunden blieb. (Unser Beitrag ist ein Nachdruck aus H e f t i/1970 der Zeitschrift „Schwäi >ische Heimat".) Fotos aus Alt-Gammertingen zu Hunderten, tSlls auf Leinen bis zu QuadratmeterGröße, teils als Dias, teils auf Spanplatten geklebt, hat der 25jähiige Computer-Fachmann Bodo Walldorf hergestellt. Es sind lauter Reproduktionen von Fotos etwa von den 80er Jahren an. Walldorfs Eltern stammen aus Danzig, er selbst wurde auf der ber ühmten Flucht über die Ostsee zu Kriegsende auf Rügen geboren und wuchs in Gammertingen auf. Die Erzeugnisse seines Steckenpferdes sind in dem zum Abbruch bestimmten evangelischen Gemeindehaus von Gammer''.igen ausgestellt gewesen; so gut wie alle erwachsenen Gammertinger sollen sie gesehen haben Frick 77 OSCAR HECK Zum Beginn der Bauarbeiten an der St. Luzenkirche zu Hechingen Mancher, der das Geschehen um die E r h a l t u n g der St. Luzenkirche in Hechingen in den letzten J a h r e n beobachtete, wird erfreut darüber sein, d a ß jetzt, endlich, mit der Instandsetzung des Bauwerks begonnen wird. Möge indessen niemand glauben, es sei bis heute nichts f ü r das beschädigte Bauwerk getan worden. Wer sich mit einem so wertvollen Baudenkmal befaßt, das nichts Gleiches oder Ähnliches in der deutschen Baukunst hat, ist verpflichtet, mit aller Behutsamkeit und Sorgfalt vorzugehen und nichts zu übereilen. So hat sich also folgendes in aller Stille abgespielt: In mehreren Besprechungen, zu denen Sachverständige aus verschiedenen Sparten herangezogen w u r d e n das Regierungspräsidium Südwürttemberg-Hohenzollern, das Staatliche A m t f ü r Denkmalpflege Tübingen, das L a n d ratsamt, das Bürgermeiseramt, das S t a d t b a u a m t , das Erzbischöfliche O r d i n a r i a t FreiL>urg sowie der Fürst von H o henzollern waren hierbei beteiligt - wurden die Schäden an den Gewölben, der Dachkonstruktion und an den stukkierten W ä n d e n genau untersucht und festgestellt. V o r allem galt die Beobachtung denjenigen Stellen, oie nach Aussehen der Details oder schon erfolgten Beschädigungen in besonderer G e f a h r waren. Zugleich w u r d e beraten, welche Vorkehrungen getroffen werden müssen und welche A r t der Restaurierung in den einzelnen Fällen vorzunehmen sei. Entscheidend w a r die Frage, welche Kosten sich daraus ergeben w ü r d e n . Im Laufe der Zeit w u r d e n dann weitere Fachleute zugezogen, die sich über die bedrohlichen Schäden an der Dachkonstruktion äußerten. Oben an der Mauerkrone, w o die Dachlast aufsetzt, ist die G e f a h r ohne Zv» 'fei am größten. D a h e r galten die Untersuchungen hauptsächlich dieser Zone. Die Stimmen erfahrener Fachleute w u r d e n gegeneinander abgewogen. Danach konnten die Restauratoren in l i e Kirche gebeten werden, damit sie sich zur notwendig werdenden Restaurierung des Innenraumes äußerten. Eines scheint sicher zu sein: die bisherige Farbigkeit des innenraumes will dem ursprünglichen Bild nicht entsprechen. So w u r d e n im Chorgewölbe versc edene Farben festgestellt, die k ü n f t i g wieder erscheinen sollen. Derartige AufgaDen sind z. B. mit dem Restaurator besprochen worden, damit er sich bei der Aufstellung des Kostenanschlags nach den Forderungen des Bauherrn r c h t e n kann, der ja nur das zu machen gewillt ist, was in der Renaissance vorgeübt w o r den ist. H a n d in H a n d mit diesen ßesicl-igungen ging ein eingehendes Studium vorhandener Akten, Aufsätze und sonstiger Schriftwerke. Alles, was in früheren Zeiten über die St. Luzenkirche geschrieben worden ist, soll genau g e p r ü f t und beurteilt werden. Uns ist jede Auffassung wertvoll. D a h e r zählt heute alles, was frühere Zwten über das Bauwerk berichteten, als ein wichtiges D o k u m e n t . Schließlich besteht der Plan, über die St. Luzenkirche zum Ende der Instandsetzung eine umfassende Veröffentlichung herauszubringen, die auf den Wert des Bauwerks und auf seine S t u k k a t u r e n gebührend eingeht. D a r i n sollen alle früheren Veröffentlichungen genannt und ausgewertet werden. Auch d a f ü r sind inzwischen wichtige Vorarbeiten gemacht worden. Die erste bezieht sich auf die Herstellung einer zeichnerischen Bauaufnahme, die das Bauwerk in 78 14 maßstäblichen Zeichnungen im Maßstab 1:50 darstellt. Solche Zeichnungen gehen auf die genaue Vermessung des gesamten Gebäudes und all seiner Einzelheiten aus. Dieses A u f m a ß hat ein einziger Fachmann, der seit einigen J a h ren in Stetten bei Hechingen ansässige O b e r b a u r a t i. R. Dr.-Ing, H a n s G e m ü n d , mit ungeheurem Fleiß, lebendigem Verstand und peinlichster Genauigkeit ausgeführt. Die Zeichnungen befinden sich im Besitz des Landeskonservators und werden bei der A u s f ü h r u n g der Bauarbeiten gebraucht. D e r fleißige Zeichner hat in alle Ecken des Bauwerks geleuchtet und stellte außer der Schönheit der Stukkaturen und Plastiken auch alle Nachlässigkeiten und alle aufgetretenen Mängel fest, damit sie auch v o m Bauherrn gesehen und behoben werden. Nicht weniger wichtig w a r es, f ü r die fotografischen A u f nahmen eine erstklassige K r a f t zu erlangen: der in der fotografischen D o k u m e n t a t i o n seit J a h r z e h n t e n hocherfahrene Kunsthistoriker D r . H e l l m u t H e l l in Reutlingen w a r einige Zeit an und in der Kirche tätig. Schon als Studierender sah er die St. Luzenkirche als ein Ziel seines Studiums; seine Dissertation galt insbesondere der Plastik, die aus der Entstehungszeit der Kirche s t a m m t : den Figuren der Seitenaltäre. D r . Hell hat ebenfalls auf Weisung des Landeskonservators, die gesamte Kirche fotografisch in großformatigen A u f n a h m e n so weit dargestellt, d a ß das Bauwerk, sollte ihm im Laufe der Zeit etwas zustoßen, a u f g r u n d der vorhandenen Abbildungen wiederhergestellt werden könnte. Das heißt, das Bauwerk w u r d e außen und vor allem innen mit so vielen und so guten A u f n a h m e n festgehalten, d a ß man sagen k a n n : der gesamte, ungeheuer reiche Stuck, die gesamten Gewölbe, die Empore mit ihrer Orgel, die Altäre und ihre Bildwerke, die Glocken, das Chorgestühl, die Bänke, die Sakristei und ihr Mobiliar, die N e b e n r ä u m e samt der Treppe zur Mesnerwohnung - k u r z : alles ist bildlich dargestellt u n d steht f ü r eine künftige Veröffentlichung zur Verfügung. Bevor man ein Bauwerk umzubauen beginnt, m u ß die Frage des t i g e n t u m s klargestellt sein. D a h e r w u r d e K i t der Stuttgarter H o f b r ä u - A G . in S t u t t g a r t wegen der Übernahme der seu J a h r z e h n t e n in ihrem Eigentum befindlichen Mesnerwohnung verhandelt. E r f r e u ' cherweise konnte sich der bisherige Eigentümer von den bauch sehr stark lädierten W o h n r ä u m e n trennen. Die flrauereigesellschaft trat die Räume samt dem ehemaligen südlichen Kreuzgangsarm, der zur Zeit als Zugang zur Kirche dient, geschenkweise an die katholische Kirchengemeinde ab Die notarielle Anerkennung ist in der nächsten Zeit zu erwarten. We." entscheidender waren die Verhandlungen, die mit dem bisherigen Eigentümer der Kirche St. Luzen, also dem Fürstlichen Hause in Sigmaringen, geführt w u r d e n . Was hätte näher gelegen, als dem Fürsten die Bitte vorzutragen, d a ß er das seit vielen Jahren von der katholischen K'rche zu Gotteso'ensten verwendete Gotteshaus an die Kirchengemeinde abtrat. Diesem vielfach vorgebrachten Wunsche begegnete der Fürst m L größtem Wohlwollen: im vergangenen Jahr, 1970, konnte er die Schenkungsurkunde dem katholischen P f a r r a m t Hechingen überreichen lassen. So weiß die Kirchengemeinde jetzt genau, daß sie auf eigenem G r u n d und Boden b a u t und d a ß sie mit der V e r a n t w o r t u n g f ü r das Gebäude auch die nicht zu übersehenden Lasten übernommen hat. St. Luzen Im Januar 1970 berief Landrat Dr. Mauser eine Versammlung aller bisher beteiligt gewesenen Ämter ein. Das Besprechungsthema lautete schlicht: Finanzierung der Gesamtkosten der Wiederherstellung. Zuvor hatte das Erzbischöfliche Bauamt in Konstanz nach genauer Überprüfung des Bauwerks einen Kostenanschlag für sämtliche Arbeiten aufgestellt, die als notwendig bezeichnet worden sind. Die sich hieraus ergebende Bausumme von 1 370 000 DM war also aufzubringen. In der oben erwähnten Finanzierungsbesprechung begann nun ein hartes Ringen, dem Landrat Dr. Mauser erst ein Ende setzte, als die gesamte Summe von den einzelnen Stellen genehmigt war. Danach erklärten sich die einzelnen Ämter bereit, in folgender Weise an der Restaurierung der Kirche zu helfen: 1. Erzdiözese Freiburg 415 000 D M 2. Staatliches Amt für Denkmalpflege 3. Fürst von Hohenzollern 4. Landkreis Hechingen und Stadt Hechingen 415 000 D M 250 000 DM 5. Katholische Kirchengemeinde Hechingen 100 000 D M 150 00Ö D M zusammen 1 350 000 D M Nachdem diese Summe von den verantwortlichen Stellen finanziert war, hätte mit den Bauarbeiten begonnen werden können. Indessen wurden jetzt noch Unternehmer gesucht und gefunden, die sich bereit erklärten, die von ihnen verlangten Aufgaben zu übernehmen. So fanden Besprechungen mit Orgelbauern statt, die das Instrument bis in sein Innerstes untersuchten und daraufhin Vor- schläge für den Umbau vorlegten. Das Erzb' :höfliche Bauamt stellte sich mehrfach zur Verfügung, um Einzelheiten der geplanten Arbeiten am Dachwerk festzulegen. Diese Besprechungen fanden in Gegenwart der am Ort ansässigen Unternehmer statt. Vergessen wir aber nicht den ersten Schritt in die neue Kirche: seit langer Zeit konnten findige Augen sehen, daß die reiche Stuckdekoration sich auf beiden Chorbogenwänden, also hinter den beiden Seitcnaltären, fortsetzte. Wer also die Kirche in ihrem vollen Stuck-Schmuck zeigen will, der muß auf die allzu schmalen, hohen Seitenaltäre mit ihrer eigenwilligen Plastik verzichten. Diesen ersten Schritt, der in der sorgfältigen Abnahme der Seitenaltäre bestand, haben wir getan, und seitdem sieht die Kirche weitaus voller und einheitlicher aus. Eine arge Enttäuschung bereitete es, als sichtbar wurde, daß bei einem tags zuvor erfolgten Einbruch in die Kirche .ne wertvolle Holzfigur des hl. Lucius, des Patrons der Kirche, gestohlen worden war. Trotz Einschaltung der Kriminalpolizei konnte die Figur bis heute leider noch nicht ermittelt werden. Die Fahndung läuft jedoch weiter. Darf ich zum Schluß noch einmal auf den oben genannten Finanzierungsplan zurückkommen? Darin ist zu sehen, daß das Landratsamt sich bemühen soll, zusammen mit der Stadt Hechingen einen Betrag von 150 000 D M aufzubringen. h : dem Bauherrn ist das Landratsamt der Meinung, daß es bei einem Werk von so hervorragender Ausstattung nicht angeht, die gesamten Kosten dem Eigentümer, also der katholischen Kirchengemeinde, zu überlassen. Hierbei müsse, so wurde gesagt, auch die Einwohnerschaft des Kreises und der Stadt mithelfen. Land79 rat Dr. Mauser hat bereits 45 000 D M aus Spenden verschiedener Stellen angesammelt. Um aber die restlichen 105 000 D M zusammenzubringen, begründete er am 8. Januar d. J. im Beisein von über 100 Interessenten einen Verein „Rettet St. Luzen". Die Zahl der inzwischen eingegangenen schriftlichen Anmeldungen zu diesem Verein, der natürlich auf freigebige Hilfeleistung aus ist, gibt all denen, die sich schon irgendwie als Helfer ein- gesetzt haben, neuen Mut. Alle wollen dabei sein und zu ihrem Teil an dieser großen Aufgabe mithelfen. Jede Gabe und jede Hilfe ist willkommen. H e l f t alle mit, damit St. Luzen zu der Perle wird, die ihr in der Kunstgeschichte zugedacht worden ist. Heck Der Eintritt in den Verein kann durch ein kurzes Schreiben an Herrn Landrat Dr. Mauser in Hechingen erfolgen. Nachträge und Berichtigungen zu Heft 4/1970 Leider sind in der letzten Nummer einige Fehler unterlaufen. Auf Seite 51 zweitletzte Zeile unten muß es statt „Eichenbäume" richtig heißen „Ei jenbäume". Seite 56 unten. Die Hinweise zur Heimatliteratur sind von J. A. Kraus. Auf Seite 59 fehlt die Bildunterschrift: Blick vom Vorderlichtenstein. Im Vordergrund in den Schleifen der Fehla lag ein Fischweiher. Auf der anderen Fehlaseite in dem Tälchen der Weiler unter Lichtenstein (siehe auch S. 63 „Neufra"). Auf Seite 60: Die alte Mühle bei N e u f r a . H O H E N Z O L L E R I S C H E HEIMAT herausgegeben vom Hohenzollerischen Geschichtsverein in Verbindung mit den Staatlichen Schulämtern Hechingen und Sigmaringen. Verlag: Hohenzollerischer Geschichtsverein 748 Sigmaringen, Karlstraße3. Druck: M. Liehners Hofbuihdruckcrei KG, 748 Sigmaiingen, Kailstraße 10. Die Zeitschrift „Hohenzolierische Heimat" ist eine heimatkundliche Zeitschrift. Sie will besonders die Bevölkerung in Hohenzollein mit der Geschichte ihrer Heimat vertraut machen. Sie bringt neben rachhistorischen auch populär gehaltene Beiträge aus der Geschichte unseres Landes. Sie veröffentlicht bevorzugt Beiträge, die im Schulunterricht verwendet werden können. Bezugspreis: 2,00 DM halbjährlich Konten der „Hohenzollerisdien Heimat": 802 507 Hohenz. Landesbank äigmaringen 123 63 Postscheckamt Stuttgart Auf Seite 62. Der erwähnte Weiher zu Gammertingen lag nicht beim Hotel „Kreuz", sondern beim Schwimmbad. Der Weiher beim „Kreuz" wird noch im 18. Jahrhundert erwähnt, während der obere Weiher schon bald wieder aufgegeben wurde. Auf Seite 63 „Trochtelfingen". Inzwischen konnte festgestellt werden, daß der Mariaberger Erblehenshof in Trochtelfingen 1287 von Swigger von Trochtelfingen geschenkt wurde (Fürstenberg Urk.Buch V 237). Nachzutragen ist Stetten u. H . 1372 gab Bernhard von Holnstein Besitz an das Kloster, der auch im Lagerbuch von 1454 noch erwähnt wird (die Urkunde befindet sich nicht im Klosterarchiv, sondern im Fürstl. Archiv Sigmaringen). Die Mitarbeiter dieser Numm"r: Leopold Bausinger Landrat a. D . Johannisberg im Rheingau josef Mühlebach Landesverwaltungsrat 1. R. Sigmaringen, Leopoldstraße Maximilian Scbaitel Dipl.-Landwirt Sigmaringen, Landeshausstraße Oscar Heck Hauptkonservator I. F Landeskonservator der Hohenz. Lande Hechingen, Hölderlinstraße Jobann Adam Kraus Pfarrei und Erzbisch. Archivar i. R. 78 Freiburg-Littenweiier, Badstraße 2 Walther Trick, Journalist 748 iiigmaringen, Hohe Tannen Schriftleiter: Dr med. Herbert Burkarth 7487 Gammernnpen, Eichertstraße Telefon 07574/32/ Redaktionsausscbuß. Huber' Deck, Konrektor 745 Hechingen, Tübinger Straße 28 Telefon 07471/2937 Walther Frick, Journalist 748 Sigmaringen, Hohe Tannen Telefon 07571/8341 Die Abbildungen auf Seite 65 und 71 wurden dem Band „Hohcnzollern in alten Ansichten", erschienen im Jan Thorbecke Verlag, entnommen. Die mit Namer versehenen Artikel geben die persönliche Meinung der Verfasser wieder; diese zeichnen für den Inhalt der Beiträge verantwortlich. Mitteilungen der Schrirtleitung sind als solche gekennzeichnet. Manuskripte und Besprechungsexemplare wei den an die Adresse des Schriftleiters oder Redaktionsausschusses erbeten. Wir bitten unsere Leser, die „Hohenzolierische Heimat" weiter zu empfehlen. Ferienkurse 1971 im Volkshochschulheim Inzigkofen Aufgang des A b e n d l a n d e s — eine Einführung in die Vorgeschichte unseres Erdteils Pilze unserer Heimat Woche für Schmalfilm- und Fotoamateure Zeichnen und Malen Die Stadt, in der wir morgen leben Bitte fordern Sie ausführliche P r o g r a m m e an. Volkshochschulheim Inzigkofen 7481 Inzigkofen über Sigmaringen, Telefon (07571) 658 80 H Ö H ENZOLLERISCHE HEIMÄT 4P 3828 F Herausgegeben c o m Hohenzollerilchen Gefchlchteoerein in Verbinöung mit öen Staatlichen Schulämtern Hechingen 2t. Jahrgang 1971 Nr. 2 u n ö Sigmaringen J O H A N N ADAM KRAUS Der Name Kornbühl Der auf dem Salmendinger Heufeld östlich des Hohenzoller wie künstlich aufgesetzt erscheinende Kegelberg Kornbühl (887 m) ist mit seiner St. Annakapelle seit dem Jahre 1507 urkundlich nachweisbar. Schon von weitem zieht er die Aufmerksamkeit der Menschen auf sich wegen seiner auffallig runden Form, die vielleicht auf vulkanischen Ursprung schließen läßt. Aber auch der ISiame ist merkwürdig. Er hat einen Vetter im württembergischen Kornberg. Die Einheimischen sagen übrigens Kornenbühl (Koannabil), während man im Unterland um Tübingen „Salmendinger Kapelle" stellvertretend f ü r den Berg hören kann. Der Dichter Ludwig Egler-Hechingen sprach in seinem romantischen Gedicht „Der Klausner vom Kornbühl" von einem „kornumblühten Bühl". Doch ist bei diesem Erklärungsversuch nicht recht verständlich, warum nur der Kornbühl und nicht auch die südlich in Nähe liegenden beiden anderen Bühle (auf der Karte „Bühlberge") so benannt seien, oder ferner, warum gerade die Brotfrucht Korn (Vesen oder Dinkel) der rings herum liegenden Äcker den N a m e n hergegeben haben soll, da 81 dieses Getreide doch nur alle drei Jahre 1 ¿er gepflanzt wurde, bzw. wird, während m zweiten Jahr dann H a ber unc m dritten die Brache üblich war. So wäre genausogut der N a m e Haberbühl berechtigt gewesen, und dies f ü r alle drei Bühle. N u n hat der Wandkalender der Deutschen Lufthansa 1970 ein sehr hübsches farbiges Luftl ld (55 zu 45 cm) des Kornbühls und des südlichen Bühls gebracht. Im zugehörigen Text wird gesagt, der N a m e Kornbühl sc i keltisch und bedeute Keltenberg. Das ist in großes Wort! Ist doch die Sprache der Kelten, die vor den Germanen, also vor 400 nach Christus, in unserer Gegend saßen und zum Beispiel auf der Heuneburg bei Binzwangen-Riedlingen eine mächage Burgstelle mit naheliegenden R ;sengrabhügeln hinterließen, schon längst ausgestorben. N u r d ^ N a m e n einiger bedeutender Flüsse und besonders hervorragender Berge gehen wohl auf die Kelten zurück. Die Befragung von Fachleuten betreffs des Keltischen verlief zunächst negat'v. Sowohl Dr. Fritz Langenbeck, der inzwischen n Bühl/Baden verstorben ist, als auch Dr. Wolfgang Kieiber am historisch-germanischen Institut der Univer: .ät Frtiourg lehnten ohne näheres Studium einen Zusammenhang ab. Dagegen wollten sie mit Rücksicht auf die Lage und Form des Berges eher an das late?"ische Wort cornu = H o r n denken, oder, weil eni diesbezüglicher urkundlicher Nachwels fehlt, ifirekt an das deutsche Wort H o r n . Man müßte nur eine alte Form „Gehörn-" oder „gehornin Bühl" annehmen, die dann zusammengezogen wäre. Das ergäbe als Erklärung einen hornähnlichen Bühl oder Berg. Aber auch dieser Versuch hat einen Haken. Die Bezeichnung H o r n hängt nämlich, soweit man sieht, mehr an horizontal vorspringenden Bergnasen, während vertikal aufsteigende Berge anders heißen, etwa Stauf, Stoffel, Zoller, Kapf, Köbele, Buck, Burren, Bussen, Rucken. Dabei hat schon Mi :hel Buck in se.nem Oberdeutschen Flurnamenbuch festgestellt, daß die meisten Bergnamen auf -horn und -köpf ganz jung sind! Den Kornbühl aber kennen wir immerhin über 400 Jahre. In den Jahren-1525 und 153C ^st die Flur rings um den Berg in Güterbeschreibungen Komingen genannt. Im Jahr 1562 finden wir die Bezeichnungen Cornung, hinter Khornung, hinter Khorningen am Hechinger Weg, 1698 KhornenbJl, 1730 Korniingen und (am Südfuß des Bergs) Kornlinger Wasen (Hohenz. Heimat 1963, 28). Interessanterweise nennt man in Burladingen einen Felsen hoch über dem Dorf, der durch ein Kreuz ausgezeichnet isf, kurzerhand „Kreuziinger Stein", was doch wohl „Kreuz-St- in" hej 3en soll. Korningen klingt nun wie ein Orts- oder Siedlungsname. Doch weiß die Überlieferung von nichts dergleichen in dortiger Gegend. Vielmehr schont die Form Korningen einfach aus dem schon vorhandenen Kornbühl geb ; iet zu sein. N u n kennt der genannte Buck (a. a. O. Seite 136 unterm Kennwort „Kern") auch e'n romanisch-keltisches Wort com — Stein, Fels. Professor Dr. Basler, Freiburg, wies mich auf den Namen der englischen Grafschaft C o r n w a l l hin, die nach der steil ins Meer abfallenden Steinoder Felsenwand (wall = Mauer, Wand!) benannt ist. Unser Kornbühl ist nun im Gegensatz zu den beiden anderen Bühlen südlich davon, deren Fuß sanft iri d i j Ebene verläuft, ein ausgesprochener S t e i n k e g e l , der nur eine schwache Humusdecke trägt. Sollte dieser SteinCharakter, der sicher bei diesem höchst merkwürdigen Rundberg auch schon den Urbewohnern aufgefallen sein muß, namengebend gewesen sein, so bedeutet der Kornbühi, obwohl er erst seit 1507 nachweisbar ist, nichts anderes als S t e i n b u h 1. Joh. Ad. Kraus Aus der Heimatliteratur Über die Herren von Bubenhofen hat vor Jahrzehnten schon Max Dunker Forschungen angestellt und ; n der Zeitschrift f ü r württembergische Geschi :hte 1937 Seite 335-369 seine Ergebnisse dargelegt. Der älteste Vertreter, Volkart v, B., erscheint im Jahre 1190, der letzte des Geschlechts namens Johann Nep. Wilhelm starb 1814 in Bamberg. N u n hat Oberstuo.enrat Albert Gaier die Familie und deren Besitz neu vorgenommen, viel Unbekanntes aufgespürt und in der Zeitschrift „Hohenstaufen" 7 (1969), einet Veröffentlichung des Geschichtsvereins Göppingen, auf 134 S _ten dargelegt und mit vielen Bildern erläutert. So verfolgte er die Familie zu Justingen, Leinstetten, Steinbach bei Esslingen, Donzdorf, Ramsberg und Winzingen, ohne die übrigen Besitzungen aus dem Auge zu verl' ren. Sehr wertvoll sind seine ausführlichen Anmerkungen und Exkurse über verwandte Familien, deren Wappen sich vielfach an den Grabsteinen finden. Nicht folgen kann man Gaier, wenn er Seite 4 sagt, die 82 Bubenhofen hätten die beiden Burgen Lichtenstein bei N e u f r a erbaut, oder wenn er von dem „gewaltigen Bauwerk der Hagenburg in Grosselfingen" redet, die Schalksburg ais Stammsitz der Zollern ansieht, unser Dießen als Bubenhofer Besitz dartut und das Kloster Kirchberg als Stiftung der Grafen von Hohenberg vorführt. Die bürgerlichen Bubenhofer gehen wob 1 meist auf Michael Ludwig von Bubenhofen zu Leinstetten zurück, der um 1630 eine Bürgerliche he : atete, worauf seine Kinder den Adel verloren. Die H e r k u n f t Oswalds von Lichtenstein, der aus der Lichtensteiner Linie in Neckarhausen bei Betra stammte, sucht Gaier Seite 101 vergebens zu klären, was schon in den Mitteilungen des Vereins f ü r Geschichte in Hohenzollern 31 (1897) Seite 132 f. geschah. Ebenso ist ihm die Hei>nat der Reutlinger Familie des Konrad Uelin, der aus Trochtelfingen stammte, unbekannt geblieben (Seite 132), die in Mitteilungen Jahrgang 32 (1898) Seite 83-91 von Theodor Schön iingehend geschildert ist. J. A. Kraus H E C H I N G E N : ST. L U Z E N , Kirche u n d Kloster OSCAR HECK Die Denkmalpflege in Hohenzollern Jahresbericht 1970 Der Jahresbericht über die Denkmalpflege in Hohenzollern während des Jahres 1970 kommt um einige Monate zu spat - jeaoch nicht zu spät. Geht es in erster Linie darum zu vermerken, was an den Bau- und Kunstdenkmalen der beiden nohenzollerischen Kreise im Verlauf des vergangenen Jahres getan worden ist. Begi/.nen wir mit den Bauten, deren Instandsetzung schon im Jahr 1969 behandelt worden ist und die etzt beendet wurden. Es ist zunächst die Pfarrkirche zu Glatt, die das zuständige P f a r r a m i jetzt auch am Äußeren instandsetzen ließ. Bei der Untersuchung des alten Außenputzes wurden am Chorbau kräftige Spuren einer Quadermalerei festgestellt, die einstens dem Bauwerk einen guten Maßstab und eine Gliederung gegeben hat. Soli man sie freilegen und restaurieren, oder soll man die Außenhaut des Chorbaues oh:ie Fugen glatt verputzen? Diese Frage wurde nach rein historischen Gesichtspunkten beantwortet. Die nachfolgende Kritik derer, die nicht verstehen, warum man den Cnor mit einem „unwahren Netzwerk schwarzer Fugen" überdeckt hat, wurde nicht gescheut, sondern in Kauf genommen. Hier ging es mehr um die Wiederherstellung eines Zustandes der Renaissance al sum die geschmackliche Vorstellung heutiger Menschen. Die Restaurierung der E rche hatte keineswegs zum Ziel, eine künst- lerische Einheit aller sich widerstrebenden Baute le herzustellen. Hierzu hätte außen zum mindesten der neugotische Turm stiller werden müssen, denn Chorbau und Turm wollen nicht zusammen sti imen. U n d im Inneren: wie stark differenziert steht hier der Chor, der seine alte Form weitgehend wiedergefunden hat, neben dem Langhaus, dem die Zeichen des 19. Jahrhunderte .n der Deckenmalerei und in den Seitenaltären geblieben sind und das zudem noch eine neue Empore mit - gestehen wir es ruhig - moderner Orgel sowie eine ebenfalls moderne Taufkapelle bekommen hat. Der Maßstab des Ganzen blieb jedoch unverändert. U n d damit, so ist zu hoffen, kann die von Arcl"tekt Anton Beuter in Dettingen geleitete Instandsetzung auch in den Augen des heutigen Menschen als geglückt angesehen werden. Was mit dem e'istigen Wasserschloß geschehen wird, gehört in den nächsten Jahresbericht. Es wechselte in andere H ä n d e über und wird als Mitte der Gemeinde künftig eine größere Rolle spielen, als l her So viel kann aber schon heute gesagt werden, daß sich die Gemeinde Glatt sehr ernsthaft um eine gründliche Sanierung des Ortskeins bemüht. Wo der Fremdenverkehr so deutlich angefangen hat, Fuß zu fassen, muß sich aucn das äußere Bild der Gemeinde danach richten. Glatt ist auf einem guten Weg! 83 Auf ähnlichen Pfaden bewegt sich die Gemeinde Diessen. Auch sie hat erkannt, welche Werte in der schönen N a t u r des Diessener Tales liegen und wie beherrschend die alte Burgruine über dem Orte thront. Hier ist in den vergangenen Jahren viel getan worden. Die Burgruine wurde nahezu ganz instandgesetzt. Es fehlt nur noch das, was ihr dazu verhelfen soll, die Verbindung zwischen Burg und Gemeinde zu schaffen, oder besser gesagt, es fehlt noch die Anziehungsstelle auf der Burg, also das FreilichtTheater und das Restaurant! H o f f e n wir auf das angelaufene Jahr! Mit dem Pfarramt Diessen wurde erneut über die geplante Instandsetzung des Inneren der Kirche gesprochen. Der Chor ist schon vor Jahren instandgesetzt worden; doch vernimmt man davon jii :ht mehr viel, da der an sich schon kleine Raum durch allzu viel Mobiliar verstellt worder ist — ganz im Gegensatz zu den Empfehlungen, die das Zweite Vatikanische Konzil ausgesprochen hat. In Haigerlodi, der Stadt der einstürzenden Mauern, hatte das P f a r r a m t alle H ä n d e voll zu tun, um die ebenso ungezügelten wie gefährlichen Kräfte, die im Erdreich stecken, zur Ruhe zu bringen. Das Übel begann, vielleicht als Folge eines Erdbebens, dicht am Haupteingang zur Schloßkirche. Dort brach eine ca. 6 bis 7 m hohe Natursteinmauer in sich zusammen. Wäre das Unglück zu einer Zeit geschehen, da Gottesdienste stattfinden, dann hätten Verluste an Menschenleben kaum vermieden werden können. So blieb nichts anderes, als das Mauerwerk mit sichernder Untermauerung wiederherzustellen. Nicht lange danach wich die große, seit langem als gefährdet angesehene Umfassungsmauer an der St. Annakirche aus ihren Fugen und hinter sß eine Mauerlücke von mindestens 20 m Länge. Hier war die Gefahr weitaus größer: was abrutschte, überdeckte eine vielbefahrene Straße und legte zugleich die Fundamente der Annakirche frei. P: : er waren schnelle Hilfe und ein baufreuc ^er Pfarrherr dringend vonnöten. Er brachte cae Geldrr :tel in kurzer Zeil auf den Tisch, wie es ihm auch gelang, tatkräftige Handwerker heranzuschaffen, so daß die Mauer sehr schnell wiedererstand. Zwar wurde die Lücke nicht, wie dia bestehen gebliebenen Teile, aus Natursteinen gemauert; aus statischen Gründen mußte sie vielmehr in Eisenbeton hergestellt werden. Das ist nun zu sehen und muß geduldet werden. Schon im letzten Berichtsjahr i :t mit der Instandsetzung der Kaplanei von St. Anna begonnen worden. Das Äußere ist jetzt fast vollendet. Dabei ergaben sich umfangreiche und penible Arbeiten an den steinernen Gewänden des Portals und der Fensterumrahmungen. Das Äußere der Schloßkirche erhielt ein neues, helles Kleid. In leuchtendem Rot steht das neugedeckte Dach über der Kirche. Der neue Verputz von Langhaus, Chor und Turm strahlt in gebrochenem Weiß und deutet darauf hin, daß hier die wahre I itte der Stadt sich befindet. Das Innere des Langhauses erhielt ein neues Gestühl, das (die aiten, barocken Decken mit übernahm. Einen kurzen Blick tat der Landeskonservator in die Wohnung des Sdiriftstellers Wilhelm Kiefer in Trillfingen, als es galt, den 80. Geburtstag des stillen Gelehrten zu feiern, der so viel und so gut über die suddeutschen Bau- und Kunstdenkmale geschrieben hat Solche Männer fehlen uns heute sehr. Wir möchten dem Aditziger audi von dieser Stelle aus das Beste wünschen. In Dettingen wurde erneut und ngehend über die Erhaltung des schon vor Jahren ausgebrannten Schafstalles, in dem sich eine mittelalterliche Burg verbirgt, gespro84 chen. An seinen Fundamenten nagt ein Steinbruch, und er würde - falls kein Einspruch erfolgte - in wenigen Jahren die Ruine zum Einsturz bringen. Es ist zu hoffen, daß die Ruine bald instandgesetzt wird und daß es gelingt, sie in spätere Zeiten zu retten. In Neckarhausen ist die von W. Fr. Laur 1889 erbaute Kapelle St. Ulri h vom Abbruch bedroht. Wenn man die geplante Straße um ein Geringes hinter der Kapelle herum führt, ist das Bauwerk als sichtbares Ze ;nen der Zeit um die Jahrhundertwende zu erhalten. In diesem S. ne äußerte sich der Konservator. In Rangern 1 ¿.igen wurde durch eine örtliche Vereinigung, die sich die Erneuerung eines Feldkreuzes zur Aufgabe gemacht hatte, ein neues Kreuz errichtet. Demnächst will die Gemeinde einen neuen Dorfbrunnen schaffen. Sickingens Kirche - 1830/31 nach Plänen des Architekten A. von Clavel erbaut - erfuhr einen vor allem die Westseite und den Turm betreffenden Umbau. Der Gemeinde Boll bereitet die Instandsetzung der erdbebengeschädigten Wallfahrtskirche Maria Zell erhebliche Sorgen. N u n scheint ein Vorschlag des Erzbischöflichen Bauamts in Konstanz zur Ausführung zu kommen, der mit einem A u f w a n d von 160 000 D M rechnet. Die Ausführung der Arbeiten steht bevor. Auch auf der Burg Hohenzollern gab es Erdbeben-Schäden. An der Michaelskapelle waren sie von größerem Ausmaß. Aber auch im Inneren rissen zahlreiche Wände und Decken. Alle diese Schäden mußten behoben werden. In Hechingen fand eine erste Baubesichtigung im Dach der Stiftskirche statt. Dort haben sich einige Verschiebungen im Dachwerk gezeigt, die behoben werden sollten. Das Erzbischöfliche Bauamt hat die Schäden jedoch nicht f ü r so gravierend betrachtet, daß unmittelbare Abwendung notwendig erschiene. Bewegender ist der geplante Neubau eines Pfarrhauses. Der Altbau, der aus Siei-en der 1779 abgebrochenen alten Stiftskirche erbaut worden ist, hat so viele Schäden, Unbequemlichkeiten und Nachteile, daß er zum weiteren Bewohnen nicht mehr taugt. Der Kirchenvorstand hat daher beschlossen, einen Neubau an derselben Stelle in Veroiiidung mit einem Gemeindezentrum zu errichten Der f ü r die Planung in Auss ht genommene Architekt wurde in einem Wettbewerb ermittelt. Die Veröffentlichung seines Entwurfes brachte indessen manchen H e chinger auf di>- Beine. Man hörte in der Stadt \ el Gutes über das alte Pfarrhaus (was man nur als Folge der U n kenntnis des Gebäudes werten kann) und viel Schlechtes über den Entwurf f ü r das neue Pfarrhaus (was nur als emotionaler B e t r a g zur Sache gewertec werden kann). Tatsache ist jedenfalls, daß die Stadtverwaltung bisher noch keine endgültige Stellung zum Projekt genommen hat. Mangelt es in der Bevölkerung tatsächlich an dem Vermögen, das Neubauprojekt zu „sehen", wie es wirken würde? Und ist das alte Pfarrhaus wirklich „schöner" als der geplante Neubau? Kann man feine Augen so vor dem versdiiießen und kann man sich von dem Alten, das - auch in der Fassade - nur schlecht und recht ist, nicht trennen? Ich bin, um dies deutlich zu sagen, für einen entschiedenen Neubau und mache keinen Versuch, am Kirchplatz zu Hechingen einen „Alt-Bau" zu schaffen. Ein derartiger Alt-Bau würde nämlich zum Ki. :hplatz und zum Marktplatz nur schlecht: passen. Der eindeutige Neubau, wenn er gezügelt und in seinem Maßstab angeglichen wird, wirkt auf mich ehrlicher. Das „Weiße Häusle" in Hechingen nahm außer der Sammlung der Bürgergarde eine kleine Ausstellung zum Werk des Generals Steuben auf. Aus diesem Anlaß wurde die Eingangsfront neu gestrichen. An der Vorhalle der nach F. A. Stüler'schen Plänen 1856 errichteten evangelischen Kirche zeigten sich erhebliche Schäden. Sämtliche Stufen und die Sandsteinsäulen mußten erneuert werden. Erheblichen „Staub" wirbelte der Plan der Hohenzollerischen Landesbank auf, das in ihrem Eigentum befindliche „Neue Schloß" abzureißen und einen Neubau an seiner Stelle zu setzen. Der Landeskonservator, dem das Neue Schloß noch nie als ein „Stein der Weisen" erschien, stellte sich auf die Seite des Bauherren. Ein rühriger Ausschuß sammelte Unterschriften und brachte die Sache vor den Denkmalrat Südwürttemberg-Hohenzollern, der im Grunde genommen f ü r Hohenzollern gar n'cht zuständig war und ließ ihn entscheiden. Der Denkmalrat verneinte gegen die Stimme des Berichterstatters, daß an dem Neuen Schloß gerührt werde. Die Vorarbeiten zur Instandsetzung der St. Luzenkirche in Hechingen wurden fortgesetzt und so weit gefördert, daß am 1. Februar 1971 mit den Bauarbeiten begonnen werden konnte. Kurz zuvor wurde auf Betreiben von Herrn Landrat Dr. Mauser ein „Vere' rettet St. Luzen" gegründet. Möge es dem Verein gelingen, c e letzte noch offene Finanzierungslücke zu schließen und das Verständnis f ü r die Wichtigkeit des Bauwerks in der Bevölkerung zu fördern. Das Verwaltungsgericht Sigmaringen konnte sich der Stellungnahme des Landeskonservators, wonach eine Werbeschrift - „Chinesenschrift" - am Hause der Hofapotheke in Hechingen verboten werden sollte, leider nicht anschließen. Seitdem „verschönert" die ungute Leuchtschrift das Geschäftshaus. Kleinere Bauarbeiten an und in der Ruhe-Christi-Kapelle zu Hechingen sind noch im Gange. Der Untere Turm, erbaut 1579, hat seit seiner letzten Instandsetzung eine sehr unansehnliche Außenhaut bekommen. Er soll im Jahre 1971 neu gestrichen und wiederhergestellt werden. Die „Hohenzollernsche Landessammiung", die 1922 von W. F. Laur gegründet und mit einem kräftigen Fundus von Kunstwerken versehen worden ist, befand sich b ; s 1967 auf der Burg Hohenzollern. Dort geriet die Sammlung mehrfach ins Gedränge, weil der von ihr belegte Raum anderweitig gebraucht wurde. Sch'-'eßlich wurden die Sammiungsgegenstände vorläufig in ein Depot nach Hechingen gebracht, wo sie bis zum Herbst 1970 lagerten. N u n , endlich, ist ein neuer Ausstellungsraum f ü r die Sammlung im Alten Schloß gefunden und von der Stadt Hechingen bereitgestellt worden, H_er wird di. j Sammlung in nächster Zek aufgebaut und der Öffentlichkeit wieder zugänglich gemacht werden. Zwei Chorfenster der Kirche in Beuren sind schadhaft geworden. Sie wurden erneuert und bilden den Anfang für eine hoffentlich nicht mehr lange ausstehende Gesamterneueruiig des Raumes. In Stetten unter Holst" n, wo nach dem Ende des letzten Krieges eine neue Pfarrkirche gebaut worden ist, ohne daß man die Vorgänge . in, die ^.a 17. Jahrhundert erbaute Pfarrkirche St. Sylvester, abgerissen hätte. N u n brachte die Gemeinde Stetten den Vorschlag, die alte Kirche abreißen zu dürfen. Das Erzbischöfliche Bauamt in Kon- stanz stellte in einer gemeinsamen Besprechung die Gegenfrage, ob Stetten eine Leichenhalle besitze. Da dies nicht der Fall ist, eine Leichenhalle aber dringend benötigt wird, erging der Vorschlag, die alte Kirche nur teilweise abzutragen, im übrigen aber zu einer Leichenhalle umzugestalten. Die Planung hierfür wird vorbereitet. Auf der Ruine Stetten unter Holstein wurde ein eingestürzter Torbogen wieder aufgebaut. Wir verlassen nunmehr das Kreisgebiet Hechingen und wenden uns zu den Orten des Kreises Sigmaringen. Da ist zunächst die rühr: ge Stadt Gammertingen, die seit Jahren damit beschäftigt ist, acht dem Bildhauer J. G. Weckenmann zugeschriebene Plastiken im Garten beim Schloß wegen allzu starker Beschädigung kopieren zu lassen. Eben jetzt ist wieder eine der Figurengruppen fertig gestellt worden. Es bleibt nur mehr eine Plastik zu erneuern. Ein städtebai ches Vorhaben von großer Bedeutung läuft seit einiger Zeit in Gammertingen. Bekanntlich kann die Altstadt den Straßenverkehr der heutigen Tage kaum mehr meis ern, da die Straßenzüge te 'weise zu eng sind. Im Zuge der Altstadtsanierung wurde daher der Vorschlag gemacht, den Straßenzug, der sich am Hotel zur Post vorbei b' zur katho sehen Pfarrkirche erstreckt, nach der Bergseite hin auszuweiten. Demgemäß sollen die gesamten Häuser dieser Straßenfront abgerissen und etwa i o m weiter nach Osten zu in neuer Weise wiederaufgebaut werden. Da keines der erwähnten Gebäude unter Denkmalschutz steht, ist gegen diesen Plan nichts einzuwenden. Etwas schwieriger wird sich der geplante Neubau der Hohenzollerischen Landesbank ausführen lassen. Statt eines vorhandenen Bankgebäudes hinter dem Neuen Schloß (Rathaus) wird daran gedacht, einen etwas umfangt icheren Neubau direkt neben das Neue Schloß so zu stellen, daß der Neubau sich um einige Meter vom Schloß absetzt. Damit wird der bisher zugebaute Teil des Schlosses freigelegt und der Alt-Bau kommt in seiner G e s a m t h e : besser zur Geltung. Das nicht unter Denkmalschutz stehende Nachbargebäude - es enthält jetzt die Feuerlöscngeräte und Schulräume - soll abgerissen werden und den 3aupiatz f ü r die neue Landesbank ergeben. Es ist an verschiedene Verbesserungen beim Neubau der Landesbank gedacht, weshalb man nicht grundsätzlich gegen eine solche Planung sein kann. Indessen ist der Würfel noch n ht gefaiien; der Wettbewerb zur Erlangung architekonischer Entwürfe ist noch im Gange. Aber eines kann sicher erwartet werden: eine bessere Gesamtwirkung des freigelegten Neuen Schlosses, eine Ausweitung des Marktplatzes und die Schaffung eines Durchganges zwischen Marktplatz und dem hinter dem Bankgebäude entstehenden Baugebiet. Im benachbarten Ort Bronnen, das kirchenrechthch zu Gammerl' igen gehört, plant man den Neubau einer Sakristei an der Kiiche. Im nahegelegenen Feldhausen ist auf Wunsch des P f a r r amts die Erweiterung der 1737-39 errichteten P f a r r kirche im Gange. Die Ursache f ü r diesen Umbau lag in der statisch unbefriedigenden Abstutzung des westlichen Dachreiters. Es wird ein lehrreiches Exempel ergeben, wenn man die entstehenden Baukosten mit der Quadratmeterzahl des gewonnenen Raumes vergleicht. Vielleicht hätte °ich der Umbau durch rechtzeitige Einführung der Vorabendmesse vermeiden oder verringern lassen. 85 Das Äußere der kleinen Marienkirche in Hettingen (1582 bis 1583 erbaut und um 1730 umgebaut) ist instandgesetzt und neu gefärbelt worden. Reste der alten Anstrichfarben gaben Anhaltspunkte f ü r die Färbelung. In Veringenstadt wurde das Dach und das Türmchen des Rathauses wiederhergestellt. Da das Bauwerk bereits um 1500 errichtet worden ist, wurden beim Umbau die alten Formen wiederholt. Veringendorf ist um ein schönes Fachwerkhaus reicher geworden. Bei der Instandsetzung des alten Pfarrhauses (1746) mit seinem markanten Mansarddach wurde an drei Seiten gut erhaltenes Fachwerk gefunden, das früher offen gestanden hatte. Es ist jetzt freigelegt worden und bildet seitdem eine wahre Bereicherung des Ortsbildes. In der Pfarrkirche zu Veringendorf wurden die letzten Reste der bisher verputzt gewesenen Wandmalereien freigelegt und restauriert. Dabei ergaben sich an einigen Stellen andere, wohl richtigere Deutungen der Malereien, die wohl aus dem 14. Jahrhundert stammen dürften. In Hochberg soll die 1913 erbaute Kirche durch einen Umbau den heutigen Forderungen der Liturgie angepaßt werden. Benzingen bemühte sich um die Wiederherstellung des Äußeren des von Franz Anton Bagnato 1758 erbauten Pfarrhauses. Die Instandsetzung des Äußeren der Pfarrkirche in Sigmaringendorf ist beendet worden. Inzigkofen hat jetzt sein instandgesetztes Kircheninneres wieder im Gebrauch. Mit seinen stark farbigen Altären zeigt der Raum jetzt ein Bild heiterer Rokokokunst. Die Hohenzolleri r che Landesbank beriet mit der Denkmalpflege einige Entwürfe f ü r einen geplanten Anbau. Zusammen mit der Stadtverwaltung wurde der Rundturm, eines der letzten Zeugen der mittelalterlichen Stadtbefestigung, f ü r Zwecke eines Heimatmuseums umgebaut. In der Nähe des Hauptbahnhofs S gmaringen, wo vor einigen Jahren bereits ein ¿Mo-Hochhaus erstanden ist, sollen etzt zwr' bis d r ' i weitere Hochhäuser gebaut werden. Die Verhandlungen sind noch im Gange. Eines der ersten Baudenkmale von Sigmarmgen, das Fidelishaus, soll dem Vernehmen nach verkauft werden. Nodi iit nicht geklärt, welche Folgen sich aus dem Verkauf des Anwesens ergeben werden. Im Schloß zu Sigmaringen sind e^ne Reihe kleinerer Bauarbeiten durchgefünrt worden. Das Fürstliche Museum klagte über Wandfeuchtigkeit. Dem soll nachgegangen werden. Hausen am Andelsbach hat eine Kirche, die 1853 von I. Laur instandgesetzt und umgebaut wurde. Nach einem weiteren. Umbau 1945/46 wird der Innenraum jetzt den neuen Anforderungen der Liturgie angepaßt. In Wald wollen die baulichen Veränderungen kein Ende nehmen. Sie erfolgen in verschiedenen Wohntrakten und jetzt im Küchenflügel. Das ehemalige Gasthaus zur Post, 1797 erbaut, erfuhr eine grundliche Instandsetzung. Die Friedhofkirche in Vilsingen, die aus dem 15. Jahrhundert stammt, wird zur Zeit wiederhergestellt und 86 in eine Leichenhalle umgestaltet. Im Inneren werden Wandmalereien (16. und 17. Jahrhundert) instandgesetzt. Im Schloß Hohenfels (bei Kalkofen) wurde vor kurzer Zeit der aus dem J a h r 1751 stammende Altar in der Kapelle wiederhergestellt. N u n sind Planungen zur Instandsetzung des Schloßhofes besprochen worden. Diese Arbeiten sollen 1971 ausgeführt werden. In Ostrach ging es um die Erhaltung des zum Teil in Fachwerk ausgeführten Mesnerhauses (Mitte 18. Jahrhundert). Städtebauliche Forderungen machen einen Abbruch nach Meinung des Bürgermeisteramtes erforderlich. Man wird prüfen müssen, wieviel das Gebäude bei mehrfachen Veränderungen schon an Gewicht verloren hat. Die Kirche in Einhart (aus dem Anfang des 16. Jahrhunderts), deren Inneres vor wenigen Jahren instandgesetzt worden ist, erhielt einen neuen Außenputz. Im Kloster Habsthal wurde die Instandsetzung der Außenfronten beendet. Im Kircheninneren ist das Dachgebälk über der westlichen Empore in Ordnung gebracht worden und nun steht die Instandsetzung des durch Wassereinbruch beschädigten Deckenbildes von G. B. Göz (pinxit 1748) bevor. Es ist zu erwarten, daß der östliche Teil der Kirche bald danach an die Reihe kommt. In Ablach, Levertsweiler und Thalheim bestehen Pläne zur Instandsetzung des Inneren der Kirchen. Ähnliches gilt f ü r das alte Pfarrhaus in Thalheim (um 1740 als ehemaliges Jagdschlößchen des Fürsten Josef Friedrich von Hohenzollern erbaut). In Magenbuch wurden Pläne f ü r die Instandsetzung des Kircheninneren besprochen. Die Restaurierung der Kapelle in Lausheim steht immer noch aus. Verkehrstechnische Gründe wurden hauptsächlich herangezogen f ü r den Abbruch der Kapelle St. Johannes in Steinhilben (um 1725). Diese Sache ist noch nicht geklärt. Diese denkmalpflege'ischen Arbeiten wären nicht möglich gewesen ohne tatkräftige Unterstützung durch das Staatliche Amt f ü r Denkmalpflege in T ü t igen, den Hohenzollerischen Landeskommunalverband in Sigmaringen sowie die Landkreise .n Hechingen und Sigmaringen. Ihnen, den Architekten, Restauratoren und H a n d w e r k e r n sei f ü r ihre Hilfe herzlichst gedankt. Der Berichterstatter hatte Gelegenheit, an einigen Tagungen teilzunehmen und dort mit Kollegen und Kunsthandwerkern ins Gespräch zu kommen. Insbesondere traf dies zu bei der Jahrestagung der Denkmalpfleger in Lud-Wigsburg, in Südtirol, in Mainz, bei ler Stadtsanierungstagung in Kempten und bei den S tzungen des Vereins f ü r HohenzoIler ic che Geschichte. O. Heck Diesem Bericht des Landeskonservators werden vermutlich nur noch zwei folgen, f ü r 1971 und 1972, da dann im Zug der Kreisreform auch d' eigene hohenzollerische Denkmalspflege aufgehört haben wird, zu bestehen. Ob der Wandel in C":sem Bereich, i dem es m w . am deutlichsten erscheint, was wir späteren Generationen 1 lterlassen, zum Guten oder zum Bösen geht, bleibt abzuwarten. Es ist aber doch wohl zweirelhaft, ob ein Amt f ü r Denkmalspflege f ü r einen größeren Bereich, das hunderte von Gemeinden zu betreuen hat, mit derselben Sachkenntnis und Liebe einen kleinen Bezirk v ie Hohenzollern behandeln wird, die , h m unter den Herren Friedrich Wilhelm Laur, Walther Genzmer und Oscar Heck bisher in diesem Jahrhundert zuteil wurde. HERBERT BURKARTH Alte Volkstrachten auf der Alb Votivtafeln zeigen die Kleidung im Wandel der Zeit Im 18. Jahrhundert wurden zwei Wallfahrtskapellen im Laucherttal zu Mittelpunkten der Volksfrömmigkeit. Die bäuerliche Bevölkerung des Zwiefalter Klostergebietes und der katholischen Reichritterschaften (TrochtelfingenGammertingen-Veringen) pilgerten mit ihren Nöten und Sorgen zu den Gnadenbildern. War ein Gebet sichtlich erhört worden, so ließ man eine Votivtafel malen, um in aller Öffentlichkeit seine Dankbarkeit zu zeigen. Die Stifter legten o f t Wert darauf, daß sie mit ihrer ganzen Familie auf der „Tafel" abgebildet wurden. Es ist keine große Kunst, die hier gezeigt wird. Die meisten Bilder sind von Laien gemalt. Eine Ausnahme bilden die Bilder aus dem Gammertinger Raum, welche teilweise auf die Malerfamilie Reiser zurückgehen. Diese Votivbilder sind die einzige Quelle, aus der etwas über die alten Volkstrachten in unserem Raum zu erfahren ist. Die Abbildungen umfassen den Zeitraum von ca. 1750 bis 1850. Ältere Bilder sind nicht erhalten und um 1850 hörte diese Art der Votivbilder auf. Die Kleidung der Männer hat sich in dem erwähnten Zeitraum kaum verändert. Sie trugen einen langen Rock mit Silberknöpfen, gestickten Knopflöchern und Bortenbesatz an den Ärmelaufschlägen und laschen. Die Farbe war anfangs braun und grün, später fast einheitlich blau. Unter dem Rock trug man farbige Westen, meistens rot oder grün. Die Hemden hatten oft Spitzenmanschetten; um den Hals hatte man eine Binde aus schwarzem Samt. Die Kopfbedeckung war ein Dreispitz aus schwarzem Filz. Die Hosen bestanden aus kräftigem schwarzem Tuch und reichten bis unters Knie, wo sie mit einer Schleife gebunden wurden. Dazu trug man weiße Strümpfe und schwarze Halbschuhe. Der Dreispitz wurde um 1840 durch einen breiten H u t mit hochgeschlagener Krempe ersetzt. Nach dieser Zeit hörten die Männertrachten langsam auf. Dieser A u f w a n d an Kleidung bei einer sehr armen Volksschicht, mag zunächst Erstaunen hervorrufen. Man muß aber bedenken, daß es sich dabei nur um den Sonntagsstaat (Sonntigshäs) handelt, den man nur einmal im Leben anschaffte, wenn man ihn nicht überhaupt geerbt hatte. Dadurch ist auch die Kontinuität gegeben, welche aus der Kleidung eine „Tracht" werden läßt. Die Frauen trugen im 18. Jahrhundert schwere, gefaltete Überröcke, 'die vorne offen waren. Der Unterrock, der an der Vorderseite sichtbar war, war bei verheirateten Frauen einfarbig, meistens weiß. Junge Mädchen trugen einen farbig gemusterten Unterrock. Uber dem Rock hatten die Frauen eine kurze Jacke, die vorn geschnürt wurde. Um den Hals wurde ein breites Halstuch (dunkel oder farbig) getragen. Im Sommer gab es auch ärmellose Jadken, unter welche man weiße Blusen mit langen Ärmeln anzog. Die Farben der Kleider waren fast durchweg dunkel, blau oder grün, nur die Mädchen trugen hellere Farben, gelegentlich auch rosa, Kopfbedeckung der Frauen war eine enganliegende, runde Haube, die nur das Gesicht 87 frei ließ. Die Haube wurde mit breiten Bändern unter dem Kinn oder im Nacken zusammengebunden. Arbeitskleidern entwickelt, wie sie in dieser Form schon im 18. Jahrhundert getragen wurden. Nach 1820 veränderte sich die Frauentracht. Die Kleider hatten große Ähnlichkeit mit den heutigen Dirndelkleidern. Über dem Kleia wurde eine weiße Schürze getragen. Die Hauben, „Schappeln" genannt, wurden höher und waren reich verziert. Jetzt durfte man auch das H a a r sehen. Um 1830 wurden Radhauben üblich, die manchmal mit Goldstickerei verziert waren. Die neue Kleiderform war übrigens nicht ganz neu. Sie hatte sich aus den Während die alte Tracht in ihrer Strenge an Nonnen erinnert, bildet die neuere Tracht auch f ü r den heutigen Geschmack einen sehr erfreulichen Anblick. Die Frauen, vor allem die alten Frauen, dürften in unserem Gebiet noch etwa bis 1870 eine Kleidung getragen haben, die man als Tracht bezeichnen kann. Dann begannen auch sie, sich nach der jeweiligen Mode zu kleiden. Neue Grabungen bei Inzigkofen Auf dem Grabungsfeld der „Krummäcker" nahe der Laizer Markungsgrenze soll in diesem Jahr wieder gegraben werden. Dr. H a r t m a n n Reim, der auf der letzten Hauptversammlung des Hohenzollerischen Geschichtsver"ns in Sigmaringen im Herbst vergangenen Jahres i >er die bisherigen Grabungen referierte, sagte Anfang Februar bei einem Vortrag, den der Albverein Inzigkofen veranstaltete, er habe das gesuchte Kastell nicht gefunden. Indessen sei ein ganz unbeschädigter Gutshof aus der Mitte des zweiten Jahrhunderts n. Chr. herausgekommen, und dies allein sei schon bedeutungsvoll. rund 800 solcher viallae rusticae in Baden-Württemberg, die man bisher kennt, seien alle angeschnitten oder sonstwie (durch Siedlungen, Straßen usw.) verstümmelt. Außerdem aber ind zwei Gewandfi. ein gefunden worden, die aus der Zeit des vermuteten Kastells stammen, das etwa nach 50 88 n. Chr. im Zug des damaligen Donau-Limes gebaut worden ist, und diese Fibeln deuteten darauf hin, daß das Kastell ganz in der N ä h e sein müsse. Zudem tauchten innerhalb des Gutshofs die Pfostenreste eines winzigen römischen Holzhauses auf, das bisher in seiner Bedeutung nicht sicher erkannt ist. Es ist jedoch älter als der Gutshof und müßte auch aus der Zeit des Limes stammen. Das Kastell wird seit Jahrzehnten immer wieder gesucht und man glaubte, es gefunden zu haben, als die berühmt gewordene „mansio" auf dem Gewann Dreißig Jauchert bei Sigmaringen gefunden wurde. Der Übergang von Laiz-Sigmaringen zu dem es gehört - und gewiß auch ein Kastell - gilt der Römerforschung i i Baden-Württemberg heute als der wichtigste im Land. Kastelle zu diesem Donau-Limes sind bisher in Hüfingen und Emerkingen gefunden worden. WALTHER FRICK Wer war Hans Kayser? Leben und Werk eines Mannes aus Sigmaringen Die Leser erinnern sich vielleicht daran, daß im April vergangenen Jahres an der Sigmaringer Hofapotheke eine Bildnisbüste enthüllt wurde mit dem Kopf von Dr. Hans Kayser, der aus diesem H a u s stammt und 1894 als Sohn des damaligen Hofapothekers geboren wurde. Ganz korrekt muß man sagen: Kayser ist nicht in der H o f apotheke geboren, aber seine Eltern zogen aus Buchau zu, als er noch in den Windeln lag. In Sigmaringen ist er aufgewachsen - und natürlich liegt der Vergleich mit der H e r k u n f t eines etwa Gleichaltrigen sehr nahe: Albert Einstein stammt auch aus Buchau, und auch er ist in einer anderen Stadt, nämlich in Ulm aufgewachsen, sogar geboren. nachdem seine Eltern kurz zuvor dorthin gezogen waren. Diesen Vergleich ziehe ich aus einem anderen Grund und wage mich dabei auf den schwankenden Boden der Prophetie vor: Einstein gelangte zu Weltruhm; Kayser ist vermutlich posthum auf dem Weg dorthin. Diese Behauptung bedarf des Beweises, den diese Zeilen antreten sollen. Dazu ist zunächst zu sagen, daß Einsteins Erkenntnisse sozusagen mehr in der Luft lagen als die Kaysers. Einstein war Naturwissenschaftler, und als er geboren wurde, stand die naturwissenschaftliche Forschung auf ihrer Höhe; ich meine die theoretische, während die Wucht der praktischen Erfolge erst unser Jahrhundert richtig zu spüren bekommt. Kayser hingegen ist — wenn man der Bezeichnung Naturwissenschaft noch einen anderen Sinn unterlegen will, auch ein Naturwissenschaftler, aber eben in anderer Weise. Er ist Harmoniker, womit die gelehrte Welt von heute noch fast nichts anfangen kann. Erfahrung, des Greifbaren also, des Meß- und Nachprüfbaren, vor allem, was Philosophie, Religion, Poesie, Musik, Schönheit bedeutet - und dieser Doktor Kayser findet einen Verbindungspunkt. Das ist das Eine. Das Andere, was Kayser in mühevoller Arbeit durch Jahrzehnte herausfand, st dies: jene mathematischen Reihen der Töne gelten exakt f ü r zahllose andere Verhältnisse, f ü r Werke der N a t u r wie Blätter, Bäume, Kristalle, Schneckenhäuser - und f ü r Werke des Menschen, wie etwa griechische Tempel und gotische Dome. Es ist also so, daß ein vom Schöpfer gegebenes Grundschema wirklich die Schöpfung durchzieht. Selbst die Sterne machen Musik, und bei jener Denkmalsenthüllung hat es die Besucher des Festaktes in der Sigmaringer Bilharzschule doch seltsam berührt, als Professor Dr. Haase, von dem gleich zu sprechen sein wird, mit einem Tonbandgerät Töne erklingen ließ, die sich auf den Umlaufbahnen und -geschwindigkeiten der Planeten ergeben. Da fällt einem gleich die „Sphärenmusik" ein, von der Johannes Kepler so überzeugt war, und gleichsam als Vorgriff auf die Bedeutung der harmonikalen Forschung n a c h Kayser, der 1964 verstarb, sei angemerkt, daß in der Tat dieses gegenwärtige Kepler-Gedenkjahr auch Anlaß sein wird zu zwei Symposien, bei denen die Wissenschaft vertraut gemacht werden soll mit den Erkenntnissen Kaysers. Die Biographie Kaysers * n einem kleinen Einschub abzuhandeln; er hatte keine großen Daten. Nach dem ersten Weltkrieg studierte er Musik und Philosophie, arbeitete eine Zeitlang an der Buchreihe „Der Dom", stieß in den Hans Kayser hat die uralte, in Griechenland von Pythagoras entwickelte, vielleicht in Ansätzen schon vorgefundene, später o f t durch allerlei mystische Zusätze verdunkelte, aber nie ganz erstorbene Kenntnis der H a r monik wieder aufgeweckt. Was ist das? Wenn man eine Saite über ein Einsaiteninstrument spannt, ein sogenanntes Monochord, was dasselbe heißt, und dann anzupft, gibt es einen Ton. Der Klang, den wir hören, ist (von der Spannung abgesehen) abhängig von der S; kenlänge. Drücken wir mit dem Finger genau in die H ä l f t e der Saite, entsteht oben und unten der gleiche Ton, aber eme Oktave höher. Drückt man an anderen Stellen, entstehen Terzen, Quinten, Quarten usw. Das wird täglich vieltausendmal auf allen Saiteninstrumenten getan; jedermann weiß das, der sich mit Musik befaßt, aber: die Saitenteilungen stehen in genauen mathematischen Verhältnissen zueinander. Mathematik ist eine Naturwissenschaft, das Hören, ob Saitenintervalle (also Quinten usw.) „stimmen", ist eine Sache des Inneren, ein seelischer Vorgang. Also: Hier ist ein Punkt, an dem Seelisches mathematisch kontrolliert werden kann, und umgekehrt, an dem mathematische Verhältnisse (die Längen der Saiten) mit dem Gemüt nachgeprüft werden können. Man überlege einmal, was das in unseren Zeiten mathematisch-mechanischer Denkweisen bedeutet! Wir sind doch seit der Ren. ssance sozusagen von der Muttermilch an gewohnt, säuberlich zu trennen die Bereiche der haptischen Bildnisplakette an der Hofapotheke in Sigmaringen 89 zwanziger Jahren auf Versuche eines rheinischen Gelehrten und Zentrumspolitikers namens Albert von Thimus zur H a r m o n i k und war ihr verfallen. Großzügige Gönner in der Schweiz sorgten dafür, daß er als Privatgelehrter in der N ä h e von Bern arbeiten konnte, und dort blieb er auch bis zu seinem Tod. Gelegentlich hat er Sigmaringen besucht, wo er in dem ebenfalls verstorbenen Konzertmeister Theo Reiser einen getreuen Freund und Interpreten seiner Erkenntnisse fand. Und wiederum geschah es, daß ein Musikstudent nach dem Krieg, dem zweiten, b : seinen Arbeiten auf H a n s Kayser stieß, in seine Nachfolge trat und bei ihm längere Zeit arbeitete, Dr. Rudolf Haase, inzwischen außerordentlicher Professor an dem vor wenigen Jahren geschaffenen Hans-Kayser-Institut an der Wiener Hochschule für Musik und Bildende Künste, derselbe, der den Festvortrag in Sigmaringen, und im vergangenen Winter noch einmal einen Vortrag hielt. - Nach dem Sprichwort, daß die Welt ein Dorf sei, wo s :h die unmöglichsten Bekanntschaften vollziehen und man an unmöglichen Plätzen wiederum Bekannte trifft, si 1 hier eine kleine persönliche Marginalie eingeflochten. In einem der englischen Kriegsgefangenenlager am Suezkanal, in dem außer einigen wenigen anderen Hohenzollern auch der Hechinger Heimatschriftsteller Willy Baur und der Verfasser dieser Zeilen saßen, war auch Rudolf Haase Gefangener. Damals noch kein Musikstudent; und er, wie der Verfasser, wußten nichts von Kayser, wurden aber Freunde. Und ausgerech- net dieser ehemalige Fliegeroffizier mußte sich nachmals mit Kayser und damit mit Sigmaringen befassen! Der geneigte Leser muß vorlieb nehmen mit diesem kürzesten Anriß der H a r m o n i k ; das Material von Thimus, Kayser und inzwischen von Haase füllt natürlich Bände. Es sei mir aber erlaubt, einige neuere Aufsatz- und Büchertitel Haases zu nennen, afi denen schon abzulesen ist, was alles in den riesigen Rahmen der Forschung hineingezogen wird: „Der Goldene Schnitt als harmonikales Problem", „Gehörte Normen", „Keplers Weltharmonik und das harmonikale Denken" und die „Geschichte des harmonikalen Pythagoreismus". Es geht darin, etwas grob vereinfacht, um nichts anderes als um die Verbreitung der Tatsache, daß unsere Welt gar nicht in verschiedene Bereiche und Fächer zerfallen muß, ja, daß sie es nicht darf, sondern das es Normen gibt, die überall die gleichen sind, die die ganze sichtbare, hörbare und geistige Welt durchziehen, die aber durch Jahrtausende meist nur wenigen Gelehrten, Baumeistern, Musikern bekannt waren (obwohl man in der Übersicht über die Literatur auch in Deutschland in den letzten Jahrhunderten staunen muß, wieviel Harmonikales geschrieben wurde), und deren Kenntnis es jetzt gilt, wieder bewußt zu machen. Das bedeutet ohne Zweifel eine geistige Revolution allerersten Ranges, und vielleicht erscheint so die Behauptung, daß Hans Kayser als Wiedererwecker von dem allem wahrscheinlich einmal Weltgeltung erringen wird, nicht mehr so abwägig. MANFRED HERMANN Bildhauer Egid Hochstein (1720-69), ein vergessener Barockmeister aus Veringenstadt Trotz der eingehenden Bearbe ung der Kunstdenkmäler H o h e n / o l l e r n s 1 ist die Kenntnis dei barocken Bildschnitz e r n hierzulande noch recht unbefriedigend. Zwar sind uns Leben und Werk der bedeutendsten Meister wie Joh. Joseph Christian (1706-77) 2 aus Riedlingen, Franz Magnus Hobs (f 1756) 3 aus Sigmaringen und Joh. Georg Weckenmann von Haigerloch (1727-95) 4 durchaus geläufig; andererseits vermögen wir eine große Zahl unserer Barockf ,ruren keinem Kunstler zuzuordnen. Hier gilt es durch Stadium der Standes'uucher unser Wissen zu erweitern, vor allem jene Werkstätten kennenzulernen, welche f ü r die Kunstwerke unserer Kirchen in Frage kommen können. Während meiner ViKarszeit in Burladingen bin ich beim Durchblättern der H( "igenrechnung Gauselfingen 5 für das Jahr 1758 dem Namen „Egidi hochstein, Maller und Bildhauer von Vehringerstatt" begegnet. Da von diesem Künstler der Gauselfinger Kirche eine Figur erhalten blieb, hat es m.ch gereizt, dem Leoen des bisher unbekannten Mannes nachzugehen. Leider lassen die noch vorhandenen Quellen 6 nur ein unzureichendes Bild des Sch' itzers gewinnen. Egid Hochstein ist nach Auskunft des Veringenstädter Taufbuches am 22. Juni 1720 als fünftes K n d des Johann Adam Höchsten: und der Maria Stemmerin getauft worden. Leider machen d_. Standesbücher nirgendwo Angaben 90 zum Beruf des Vaters, den der Junge bereits mit 12 Jahren verloren hat („am 21. August 1732 beschloß Adam Hochstein in der Stadt Ravensburg seinen letzten Tag, dort ist er auch begraben 7 "). Wir kennen nicht m"hr den Grund, welcher die Mutter bewogen hat, Egid bei einem Bildhauer und Faßmaler in die Lehre zu geben. Das mag in den Jahren 1735-39 gewesen sein Längere Zeit verlieren wir den jungen Künstler aus den Augen, erst 1755 i.nden wir zum 25. Juni einen Taufeintrag für die Tochter Anna Maria, wobei die Mutter als von Hausen im Tann stammend bezeichnet wird. Diese Spur führte mich in den kleinen, hinter Schömberg bei Balingen liegenden O r t Hausen am Tann, wo tatsächlich im Ehebuch der dortigen Pfarrgemeinde unterm 25. N o v . 1843 die Heirat des 25jährigen jungen Mannes „Aegidius hohstein" mit einer Martha Neherin aus Hausen vermerkt wird mit dem Zusatz: Sponsus ex Ver, - gana parochia = der Bräutigam stammt aus der Veringer Pfarrei. Wie mag der I ' dhauer dortl ri gekommen sein? Jedenfalls ist des Rätsels Lösung in einer Schnitzerwerkstätte im nahen Schömberg zu suchen, dem kathe lischen H a u p t o r t im Baiinger Raum, wo Hochstein als Geselle bei Valentin Karrer oder bei Urban Faulhaber (1711-80) 8 gearbeitet haben dürfte. Vom letztgenannten wissen wir, daß er bei der Anfer gung des Hochaltars f ü r die Pfarrkirche Harthausen auf der Scher 1745/46 neben einem Lehrlingen auch einen Gesellen als Mitarbeiter beschäftigt hatte 1 . Es ist nicht aus- geschlossen, d a ß Hochstein auch nach seiner H e i r a t bei seinem Lehrmeister in Schömberg tätig w a r . In der Folgezeit werden dem Künstler in H a u s e n am T a n n vier K i n d e r geboren (1748 eine Sibilia, 1750 eine Helena und a m 23. April 1753 die Zwillinge Georg und Johannes). I m F r ü h j a h r 1754 machte sich die Familie Hochstein offensichtlich auf den Weg in die H e i m a t des Vaters, nach Veringenstadt, um sich dort f ü r immer niederzulassen. Das mag f ü r Egid Hochstein der A n l a ß f ü r die G r ü n d u n g einer eigenen Werkstatt gewesen sein, die zu f ü h r e n ihm im kleinen Hausen am T a n n neben den Schömberger Bildhauern k a u m möglich w a r . Leider m u ß t e Egid die herbe Enttäuschung erleben, d a ß ihn seine H e i m a t nicht a u f n e h m e n wollte. Das Ordinari-VerhörsProthocollum der Herrschaft Sigmaringen 1 0 vermeldet nämlich zum 7. Mai 1754 unter Vöhringenstatt: „Aegidi Hochsteins wegschaffung von Vöhringen. - Aeg;di Hochstein einem Mahler von Vöhringenstatt gebührtig ist dato aus ein- so anderen Ursachen, besonders aber, da er vor jähren das Burger Recht alldaselbst verheürathet, aufgetragen worden, seinen noch zu Vöhringen habenden hausanthaill z u v e r k a u f f e n , v n n d so dann sein glickh weiters zu suchen." Sollte der fürstliche H o f b i l d h a u e r F r a n z Magnus H o b s in Sigmaringen, der ja über die nötigen Beziehungen verfügte, einen K o n k u r r e n t e n gefürchtet u n d sich bei den Behörden gegen Hochsteins Zulassung ausgesprochen haben? Immerhin klingt diese E r k l ä r u n g plausibel. D e r H nweis, Hochstein habe durch eine auswärtige H e i r a t sem Bürgerrecht zu Veringenstadt verwirkt, erscheint hier fast als ein reiner V o r w a n d . Immerhin w a r das Stadtregiment u n d die Herrschaft in diesem P u n k t empfindlich. Obgleich man sich des Egid Hochstein entledigen wollte, ist er trotz aller Schwierigkeiten, die m a n ihm bereitet haben mag, in seiner Vaterstadt geblieben. Das Veringenstädter Taufbuch vermeldet in der Folgezeit drei weitere T a u f e n f ü r das Bildhauerehepaar (1755 eine A n n a Maria, die nach der Geburt wohl gestorben ist, 1756 ein K a r l u n d 1762 ein Mathias). Wenn es damals Sitte u n a Brauch w a r , Freunde u n d gutbekannte Nachbarn als T a u f p a t e n auszuwählen, dann : st dieses A m t so etwas wie ein G r a d messer f ü r Beliebtheit u n d Ansehen einer Person. D a r u m ist es a u f f a lig, wenn weder der Bildhauer noch seine Frau je zu diesem E h r e n a m t gebeten wurden, lieber das Lebensende Hochsteins haben wir trotz des Fehlens des Veringenstädter Totenbuches f ü r jene J a h r e glücklicherweise eine Nachricht aus dem Ehebuch. U n t e r dem 29. J u n i 1769 wurden die Sponsalien zwischen den ersamen W i t w e r Egidius Hochstein und der Franziska Eggsteinin mit folgender A n m e r k u n g des Pfarrers eingetragen: „Zwischen diesen w u r d e n am 29. J u r am Fest Peter u n d Paul, die Sponsalien abgeschlossen und die Hochzeit auf den 3. Juli bestimmt. D a fiel der Bräutigam, dessen E h e f r a u M a r t h a Neherin von einem bösartigen und heftigen Fieber dahing e r a f f t w u r d e u n d am 1. Mai dieses Jahres 1769 verstarb, am 1. Juli in dieselbe K r a n k h e i t u n d verschied sogleich am 13. Juli v o r der Hochzeit." Somit n a h m der T o d unserem Bildhauer mit 49 Jahren schon das Schnitzmesser aus der H a n d u n d raubte den unversorgten K i n d e r n beide Elternteile. Leider scheinen alle Quellen verloren, welche etwas über d Erbteilung nach dem T o d der ersten Frau und auch die Eheabsprache mit der zukünftigen zweiten G a t t i n aussagen könnten, ferner darüber, wer als Waisenvogt über tfi 2 K i n d e r gesetzt w u r d e 6. U m so gesprächiger zeigen sich die Unterlagen über die Franziska Eggsteinin, die mehrere J a h r e die Behörden beschäftigte u n d sich keines guten Rufes erfreut haben d ü r f t e . Zweifellos w a r sie in ihren jungen J a h r e n ein echtes Skandalmädchen. H i e r z u das Verhörs-Prothocollum der Herrschaft Sigmaringen v o m 26. April 1760 u : „Vöhringenstatt - D e r Schulth: z e i g t . . . an, das J o seph H a u g und Francisca Eggsteinin pcto 6ti sich miteinander verfehlet und diese würcklichen seiter aller Seelen schwanger seyn, und welche zeit derselbe z w a r mit ihro zu thun gehabt habe, doch aber nit V a t t e r seye, indem sie mit einem Studenten Antoni Bazer u n d einem M a u r e r gesellen Friderich Hochstein (des Egid Bruder), der ein loch in die w a n d gemacht, durch welches er eben auch zu ihr hinein geschloffen, nicht minder mit Michael Häberle, und vielleicht mit dessen Vatter auch, den Er bey I h r o gesehen, und endlich auch mit des Engel-würths Knecht N : schänzle, der ihr letzterer Faßnacht die w a n d wieder eingeschlagen, u n d t zu ihr gegangen, verdächtige bekanntschaft gehabt, wie dann der Student u n d der Maurer bey ihro ganze Nächt gewesen, auch habe Er den Michel H ä berle einsmahls bey der Nacht in dem stall angetroffen, u n d nachgehends bay dem Kopf genommen, nicht minder habe Er einsmahlen den Mathäus Häberle bey ihro Nachts-zeit im haus angetroffen." Egid Hochstein m u ß sich nach dem T o d seiner ersten Frau zweifellos in N o t befunden haben, wenn der Künstler f ü r seine unmündigen K i n d e r keine andere M u t t e r als die obengeschilderte F r a n z L i a Eggsteinin gefunden hat. Vielleicht ist ihm durch den T o d selbst manches an Eheschwierigkeiten erspart geblieben. An dieser Stelle muß noch einiges zum Künstler Egid Hochstein gesagt werden. Die Doppelbegabung von M a lerei u n d Bildhauerei finden wir bei Barockmeistern sehr häu r .g, wobei der Malerberuf weniger als Flachmaler-, vielmehr als Faßmalertätigkeit a u f g e f a ß t werden muß. Dies zeigt sich später am Beispiel Gauselfingen. Leider sind wir über die künstlerische H e r k u n f t Hochsteins deswegen schlecht informiert, weil wir das W e r k Valentin Karrers und U r b a n Faulhaubers aus Schömberg noch zu wenig kennen. Für K a r r e r ist bisher die hübsche Barockkanzel von Margrethausen aus dem J a h r 1740 belegt 1 2 , möglicherweise hat er auch eine A n z a h l von Figuren f ü r die Pfarrkirche v o n N e u f r a geliefert. U r b a n Faulhaber ist der Schöpfer der H a r t h a u s e r (Scher) Kanzel u n d des dortigen Hochaltares, ferner d ü r f t e n 1 e gesamten S t r a ß berger B. dhauerarbeiten um 1740/42 in der dortigen Pfarrkirche von der H a n d Faulhabers stammen 13. Von diesen M ä n n e r n her d ü r f t e Hochstein entscheidend geprägt w o r d e n sein. W i r müssen dann dar iit rechnen, d a ß die drei Figuren, d a r u n t e r ein prächtiger Johannes der T ä u f e r , welche in der Pfarrkirche von H a u s e n am T a n n aus der Zeit um 1750 erhalten geblieben s id, von Egid H ö c h s t e n herrühren. Weiter dürfen wir annehmen, d a ß unser Kunstler schon v o r 1754 A r b ten in den Veringer R a u m geliefert h a t ; erst recht müssen sich Schnitzereien nach diesem Termin im genannten Gebiet finden lassen. So könnte manches W e r k in der Deutstettener E irche bei Veringenstadt von Hochstein stammen. A u ß e r d e m könnte er auch f ü r die Barockfiguren der 1751 erbauten HochbergKapelle bei N e u t r a in Frage kommen. Eine genaue U n t e r suchung soll einer späteren Arbei. vorbehalten bleiben. N u n aber zu den urkundlich verbürgten Tätigkeit Hochsteins: In der Heiligenpflege-Rechnung Gauselfingen 5 f ü r die Zeit v o n Martini 1756 bis Martini 1757 wird fol. 26 unter „Außgaab Geldt u m b E r k a u f t e n H a u ß u n d V o r r a t h " folgende P o r t i o n e n a u f g e f ü h r t : 91 „Dem Bildhawer und Mahler vor zwey bilder zu schneyden und zu fassen bezahlt 24 fl. Obgemeltem Mahler vor 6 Ne".e Bilder zu schneyden und fassen wie auch den Altar zu renovieren und zu vergulden accordirter maßßen bezahlt 53 fl. Vor einen neüen Heil. Wendelin zu schneyden und zu fassen lauth quittung bezahlt 22 fl. Dem Schreiner von Stetten (u. Höllstein, Baltas Mayer) vor 5 neue Postament bezahlt 4 fl. 28xr." In den Beilagen finden wir d: 3 O ginal-Quittung - mit der Jahreszahl 1758 - welche von „Egidi hochstein, Maller und Bildhauer von Vehringerstatt" unterschrieben ist. Glücklicherweise ist aus der alten Gauselfinger Kirche ein heiliger Wendelin, zweifellos das von Hochstein gelieferte und in der Rechnung aufgeführte Bildwerk, erhalten geblieben. Die letzte Unsicherheit wird durch die Signatur E H , welche in die Standplatte eingeritzt ist, vollends beseitigt. Die Figur ist heute in der Bibliothek des Untergeschosses der neuen Gauselfinger Filialkirche untergebracht. Der hl. Wendelin ist in der üblichen Weise in der Hirtentracht, den Stab in der linken H a n d , ein Rind zu seinen Füßen, begleitet von einem hübschen, rundlichen Engelputto (H. o,48 m Br. 0,32 m), dargestellt. Die 0,96 m hohe und 0,62 m breite aus Lindenholz geschnittene, hinten ausgehöhlte Plastik mit Standplatte besitzt durch ihre Bewegtheit und ihr der Rokokozeit eigenes Pathos nicht geringen Reiz. Der Oberkörper ist stark nach hinten genommen, der Blick geht nach oben, der Anschauung Gottes entgegen, die rechte H a n d ist vor die Brust gelegt und weist auf das Liebesverlangen des Heiligen. Auch durch das Gewand der Figur geht Bewegung, die sich in der Beinhaltung fortsetzt. Die Gastaltung der ganzen Figur verrät die Handschrift eines guten, versierten Künstlers, der sich mit seinen Werken sehen lassen konnte und zweifellos f ü r einen Mann wie Franz Magnus Hobs in Sigmaringen ein ernstzunehmender Konkurrent war. Leider lassen sich die übrigen in Gauselfingen erhaltenen Barockfiguren des 18. Jahrhunderts nicht in die Werkliste Hochsteins einordnen, da sie allesamt eine andere Stilart aufweisen. Auch wenn wir bis heute Egid Hochstein nur diese eine Skulptur zuweisen können, so reicht diese aus, in ihrem Schöpfer einen interessanten und guten Vertreter der B dschnitzerei ilf der Rokokozeit Hohenzollerns kennenzulernen. Anmerkungen: 1 H g b n . v o n W . G e n z m e r a) Bd. I Kreis Hechingen, Hechingen 1939: b) Bd. I I Kreis Sigmaringen, S t u t t g a r t 1948. 2 G . Woeckel, J o h . J Christian von Riedlingen — Ein oberschwabi- Heinrich von Killer, genannt Affenschmalz, über den im H o h z . J H e f t 1954, 109 f. gehandelt wurde, nannte sich 1406 bei Stittung seines Affenschmalzer Jahrtages nach Ringingen stolz: „Ich Heinrich v. K. gen. Affenschmalz, des hingingen ist". Er betont also, Eigentümer des Dorfes Ringingen zu sein. Ja, schon am 25. juli 1383 siegelte Heinrich eine Verkaufsurkunde Burkarts von Holnstein f ü r Anselm von Genkingen (Staatsarch. Stuttg. A 514, N r . 92: Kl. Pfullingen) und betonte ebenfalls darin: „Heinrich v. K., des da K'ngingen ist, den man och nempt Affenschmalz". Hierbei ist festzuhalten, daß Heinrich, der sich 1392 „von R lgingen" nennt, nur das Dorf, nicht aber die Burg Ringingen (auf dem Nehberg) besaß, denn hier wohnten 1390 noch Jerg Truchsess von Ringingen und 1402 H a n s Schwelher. Heinrich hat offenbar großen Wert auf die (sonst selten festzustellende) Betonung gelegt: er sei Herr von Ringingen! Im J. 1409 wurde er dann vom 92 ST. W E N D E L I N , von Egid Hochstein scher Bildhauer (Thorbecke-Kunstbücherei Bd. 6), L i n d a u ' K o n stanz 1958. Adolf H u b e r , Joseph Christian, der Bildhauer des schwäbischen R o k o k o , Tübingen 1960. 3 M a r t a Schimmelpfennig v o n der O y e , S k u l p t u r u n d S t u k k a t u r des R o k o k o s in H o h e n z o l l e r n , I. Teil. F r a n z Magnus Hobs, Berlin 1936. 4 s. A n m . 3. I I . Teil. J o h a n n Georg Weckenmann. Dieselbe, Weckenmann, J o h a n n Georg, in: T_. ;me-Beckers K ü n s t lerlexikon Bd. 35 (1942) S. 236 f. 5 P f A r c h i v Burladingen. 6 Ratsprotokolle 1750-70, Zunftakten, Kontrakten-Protokolle, N a c h l a ß a k t e n u. a. Quellen im Stadtarchiv Veringenstadt erbrachten nicht einen einzigen H i n w e i s . 7 Totenbuch im P f A r c h i v Veringenstadt. 8 D e r L a n d k r e i s Balingen — amtliche Kreisbeschreibung, hgbn v o m Statist. Landesamt B a d e n - W ü r t t - , Bo. I 1960, S. 380 f f . 9 Staatsarchiv Sigmaringen, A b t . Sigmaringen-Grafschaft Veringen. C . H a r t h a u s e n Hciligcnrechmingen 1745/46 „Ausgaab Kirchenornat". 10 Staatsarchiv Sigmaringen, Bd. 69/1754, S. 137 f. 11 Staatsarchiv Sigmaringen, B d . 75/1760, S. 120 f. 12 s. A n m . 8. " vgl. A n m . l b , S. 343 f f . Zollergrafen mit (dem Burgstall) Ringelstein (an der Grenze gegen Burladingen gelegen) belehnt und nannte sich hinfort „von Ringelstein". Im J. 1375 war er päpstlicher Reiterführer in Italien gewesen und hat offensichtlich die dort verdienten Gelder im Kauf des Dorfes Ringingen von den Truchsessen v R. angelegt. Die Burg zu erwerben gelang ihm jedoch nicht. Sein Verhältnis zum Dorf Ringingen und den Burgherren Schwelher scheint nicht ungetrübt gewesen zu sein, wenigstens wurde Heinrich nach seinem am 14. Januar 1413 erfolgten Tode in der Martinskirche zu Ebingen beigesetzt, wo sein Grabstein noch (in einem 'Nebengelaß) erhalten ist. Eine am 18. Mai 1413 ausgestellte Urkunde der Hechinger Heiligkreuzpfründe beginnt (nach Kernler): „Ich Wilhelm von Killer, Heinrichs von Killer seligen, den man nennt Affenschmalz, ehelicher Sohn, bekenne . . .". Krs. HERBERT BURKARTH Die mittelalterlichen Fischweiher in der ehemaligen Herrschaft Gammertingen-Hettingen Dem Wanderer durch das einsame Fehlatal fallen am Unterlauf des Baches auf Markung Hettingen zwei große Dämme auf, die sich quer durch das Tal ziehen. Auch im Laucherttal zwischen Gammertingen und Hettingen sieht man einen mächtigen Damm, den aber der eilige Autofahrer auf der B 32 kaum erkennen wird. Die Flurnamen Weiher, Weiherwiesen usw. deuten darauf hin, daß es sich es sich bei diesem Weiher ursprünglich um Privateigentum der Herren von Lichtenstein gehandelt haben. Die späteren Inhaber ließen ihn eingehen, weil sie, wie wir noch sehen werden, die Weiherwirtschaft ganz auf Hettingen konzentrierten. Der Flurname Weiherwiesen ist f ü r die Wiesen unter Lichtenstein heute noch üblich. Durch Mariaberger Urkunden läßt sich ein Weiher bei um Stauuämme handelt. In Hettingen wird erzählt, daß man früher im Fehlatal das Wild in einen See getrieben habe, um es leichter erlegen zu können. Es ist möglich, ja wahrscheinlich, daß die Weiher für diesen Zweck benützt wurden, denn diese Art von Jagd war vor E führung der Feuerwaffen allgemein üblich. Aber das kann nicht der Hauptzweck der, doch recht aufwendigen Bauten, gewesen sein. Einen Hinweis gibt ein Verkaufsbrief von 1468. Hier heißt es von einem Weiher im Fehlatal, daß er nicht besetzt sei. Wenn er aber besetzt sei, so bringe er guten Nutzen. B diesem Nutzen kann es sich nur um Fische handeln. Gammertingen nachweisen. Er befand sich in der Gegend des Schwimmbades bei der Stadtmühle. Obwohl dieser Weiher offensichtlich schon f r ü h wieder aufgegeben wurde, verdient er besondere Aufmerksamkeit, weil er ein H i n weis auf die Entstehungszeit dieser Anlagen gibt. In einem Vergleich vom 12. Juli 1299 verzichtete Graf Heinrich von Neu-Veringen auf gewisse Abgaben zu Gunsten des Klosters Mariaberg. Das Kloster verzichtete dafür auf seine Rechte an den Wiesen und Äckern, die „begriffen sind mit dem Weiher des Grafen zu Gammertingen". Graf Heinrich hatte demnach vor 1299 einen Weiher angelegt und Grundstücke des Klosters mit einbezogen. Der Weiher existierte 1450 nicht mehr. Wahrscheinlich war er von Anfang an eine Fehlplanung. Durch seine Lage oberhalb der Stadtanlage von Gammertingen, konnte er bei Hochwasser jederzeit eine Katastrophe auslösen. Spuren dieses Weihers sind nicht mehr erhalten. Auch der Flurname Weiher geriet schon im 15. Jahrhundert in Vergessenheit. In der Herrschaft Gammertingen-Hettingen lassen sich urkundlich fünf Weiher nachweisen: Drei im Fehlatal und zwei im Laucherttal. Der erste Weiher im Fehlatal lag unterhalb der Burgen Lichtenstein bei N e u f r a (siehe Bild Hohenz. Heimat 4/1970 S. 59). 1473 wird bei der Verleihung des Lichtensteiner Lehens an Hans von Bubenhofen ein „Seelein unter Lichtenstein" genannt. 1550 heißt es dann in einer Güterbeschreibung: „an der Vehlen, wo vor Jahren ein Weiher gewesen". Der Lage nach, muß Wie schon erwähnt, sind die Staudämme auf Markung Hettingen noch gut erhalten. Urkundlich läßt sich über ihr 93 Alter nichts nachweisen. Als die Herren von Bubenhofen 1468 d>e Herrschaft Gammertingen von Württemberg kauften, wurde im Kaufbrief nur ein Weiher im Fehlatal erwähnt. Den Bubenhofern mit ihrem Sinn f ü r wirtschaftliche D: ge, wäre der Ausbau der Hettinger Weiherwirtschaft durchaus zuzutrauen. Genauere Auskunft gibt nur das Spethsche Lagerbuch von 1530. Hier ist die Rede von dem großen und dem kleinen Weiher im Fehlatal und dem H a u s dabei. Auch der Weiher im Laucherttal wird genannt, mit einem Weiherhaus darin. In dem Wi I-l herhaus bei Hettingen wurde sogar gelegentlich auf einem Tragaltar die Messe gelesen, vielleicht dann, wenn er neu besetzt war, um f ü r ein gutes Gedeihen der Fische zu beten. Weiherwärter voll ausgelastet waren. Die T erkörper mußten herb gefahren, zerlegt und gemahlen werden. Urkundlich ist über diese Dinge bisher nichts bekannt. Auch über die Art der Fische wissen wir nichts. Immerhin darf man annehmen, daß Hettingen damals schon ein Mittelpunkt der Forellenzucht war. Auch m Oberschwäbischen Raum gab es um diese Zeit Fischteiche. Von dort kamen wohl Fischarten, denen das Moorwasser mehr zusagte. Eine weitere Frage ist, was mit den produzierten F chen geschah. Für die ansässige Herrschaft war der natürliche Fischbestand von Lauchert und Fehla mehr als ausreichend. Es muß sich demnach um ein echtes Wirtschafts- Der kleine (obere) Staudamm im Fehlatal Eigenartig ist, daß sich die Weiher im Fehlatal und im Laucherttal deutlich im Profil unterscheiden. Die Dämme im Fehlatal sind einfache, ziemlich steile Wälle, während der Damm im Laucherttal offensichtlich von einem Fachmann gebaut wurde. Die Wasserseif.: ist ste.l, während die Talseite flach ausläuft. So wurde dem Wasserdruck ein großer Widerstand geboten. Am Durchlaß des Flußbettes war vermutlich eine Konstruktion aus Holzbalken angebracht, welche ein Fischgatter enthielt und die dazu eingerichtet war, den Wasserstand zu regeln. Die Existenz von Weiherhausern spricht dafür, daß d i : Weiher von hauptberuflichen Wärtern betreut wurden. Zur Besetzung der WeiHPr war naturlich eine große Menge von Jungl ;chen notwenoig. Es ist daner anzunenmen, daß die Weiherwärter auch c S Anzucht von Fischbrut betrieben. Kritisch 'st die Frage der Fütterung, denn der Betrieb konnte nur rentabel sein, wenn genügend pre' swertes Futter zur Verfügung stand. Vermutlich wurden Kadaver von Pferden und anderen Tieren, die f ü r den menschlichen Genuß nicht brauchbar waren, zu Fischfutter verarbeitet. Auch das war eine Tätigkeit, mit der die 94 unternehmen gehandelt haben, Hauptabnehmer dürften die Klöster gewesen se.n. Bis um die Mitte des 16. Jahrhunderts durften in den Klöstern nur Kranke und Schwache Fleisch essen. Der Bedarf an Fischen war daher das ganze Jahr über sehr groß. Die großen Klöster wie Zwiefalten hatten ihre eigenen Fischzuchten. Es gab aber noch eine große Anzahl kleinerer Klöster, vor allem in den Städten, die Fische kaufen mußten. Den Transport müssen wir uns so vorstellen, wie im 19. Jahrhundert Hettinger Forellen nach Baden-Baden transportiert wurden. Auf den Fiscnwagen standen große Bottiche, die mi den Fischen und einer entsprechenden Menge Wasser gefüllt waren. An jedem Bottich stand ein Fischerknecht, der mit einem Ruder s t ä n c ; rünrte, damit die Fische genügend Sauerstoff bekamen. Mußte unterwegs übernachtet werden, dann wurde die ganze Ladung in einen Dorfbrunnen gefüllt. So konnten auch weiter entfernte Kunden mit frischem Fisch beliefert werden. Diese blühende Teichwirtschaft hörte um die Mitte des 16. Jahrhunderts auf. Zeifi'ch fällt dies so mit der Auf- hebung des Fleischverbotes in den Klöstern zusammen, daß man ohne weiteres einen Zusammenhang annehmen darf. Obwohl die alten Fischweiher in Vergessenheit gerieten, lebte die uralte Fischereitradition in Hettingen fort. Heute gibt es um Hettingen wieder drei neuzeitliche Fischzuchtanstalten. Eine von ihnen wurde erst vor zwei Jahren in Anlehnung an den mittelalterlichen Weiher im Laucherttal gebaut. Wer weiß heute noch davon, daß vor mehr als 700 Jahren die Grafen von Veringen die ersten Forellenzüchter im Laucherttal waren? Großer Staudamm im Fehlatal. Nach Xu ks reichte er bis in den Wald. 95 Pfeffer hieß nicht nur das bekannte Gewürz „piper" aus Übersee (Indien) oder der Spanische Pfeffer (capsicum oder Paprika), sondern auch die Pfefferwurf (pimpinella, Bibernelle), das Pfefferkraut (lepidium latifolium), ehemals häufig der scharf schmeckenden Blätter wegen in den Gärten gezogen und Ormeleute-Pfeffer genannt. Auch das Bohnenkraut (satureja hortensis) und der Scharfe Mauerpfeffer (secum acre) sind hier zu nennen. Davon ist jedoch in alten Berichten oder Urkunden kaum zu trennen das mit solchen starken Gewürzen eingemachte Wildpret von Gans, Hase, Reh, Hirsch, das einfach als „Pfeffer" erscheint. Bei der Kapitelsmahlzeit des Dekanats Hechingen vom Jahre 1294 ist bestimmt: Der Wüstenmüller zu Hechingen muß u. a. herrichten: „einen wohlgemachten kernengroßen Fisch in einem Pfeffer, das ist Sulzfisch". Beim zweiten Mahl um Pelagiustag (28. August) dann „Brühe mit gepfeffertem Fleisch" usw. (Mitt. H o h z . 20, 125 f). Im Kloster Heiligkreuztal hatte man 1540 eine verzinnte Pfefferpfanne, d. h. einen Seiher f ü r Pfefferbrühe. Die Zimmerische Chronik von 1566 schreibt an einer Stelle (4, 224): „Der Pfeffer war versalzen", also das Wildpret. Das Kl. Salem gab 1310 dem Kloster Buchau aus 8 J. Acker in Altheim V2 P f u n d Pfeffer. Konrad von Membertshofen zu Andelfingen versprach 1405 dem Kl. HeiligKreuztal neben der üblichen Lehengilt f ü r ein Gut auch Grangärten gibt es in Heiligenzimmern und Gruol. An ersterem O r t sind es Hausgärten von 2 - 5 Ar, die früher als Krautgärten gehackt, nicht gepflügt wurden, heute aber Grünfutter liefern. Sie liegen etwa 600 m vom alten Dorfkern entfernt. In Gruol findet man schon im J. 1580 und 1600 in der Gemeindeordnung Gran-, Grann-, Krangärten, die zu den Häusern gehörten und sich mit ihnen vererbten, aber bei Aufgabe eines Hauses an die Gemeinde zurückfielen, die sie dann neu verlieh. Um 1600 heißt es, die Gemeinde könne die alten Granngärten um 1 V ? Gulden zurückfordern und dann f ü r 2 Gulden an Einwohner verleihen. Somit scheinen die Grangärten eine Art Almende darzustellen. Aber woher kommt der merkwür- HOHENZOLLERISCHE HEIMAT herausgegeben vom Hohenzollerisdien Geschichtsverein in Verbindung mit den Staatlichen Schulämtern Hechingen und Sigmaringen. Verlag: Hohenzollerischer Geschichtsverein 748 Sigmaringen, Karlstraße 3. Drude: M. Liehners Hofbuchdruckerei KG, 748 Sigmaringen, Karlstraße 10. Die Zeitschrift , H o h e r zollerische Heimat" ist eine heimatkundliche Zeitschrift. Sie will besonders die Bevölkerung in Hohenzollern mit der Geschichte ihrer Heimat vertraut machen. Sie bringt neben fachhistorischen auch populär gehaltene Beiträge aus der Geschichte unseres Landes. Sie veröffentlicht Devorzugt Beiträge, die im Schulunterricht verwendet werden können. Bezugspreis: 2,00 U M halbjährlich 96 noch der Äbtissin f ü r Schutz und Schirm jährlich auf Michaelis ein P f u n d guten Pfeffers (Wildpret?). Die Taferne oder Schildwirtschaf!: zu Ertingen giltete 1366 jährlich 4 Pfd. Heller und ein P f u n d Pfeffer (Hasenbraten?) an den Herrn. Laut Bickelspergs zollerischem Lagerbuch von 1435 bezog die Herrschaft Zollern aus einem Weingarten zu Eßlingen 1 P f u n d Pfeffer (Hasenragout?), zu Fellbach 2OV2 Imi Weingilt und aus 3A Morgen Weinberg ein Vierdung eines Pfundes Pfeffer (also V4 Pfund). Vielleicht handelte es sich ebenfalls um Ragout, denn gerade in Weinbergen halten sich Hasen mit Vorliebe auf! Zu Starzein gab damals der Schlecht ebensoviel Pfeffer aus einem Acker, falls er nicht brach liegt, und zu Killer gab der Cuontzer 12 Schilling, ein P f u n d Pfeffer und 2 Hühner. (In beiden Orten bestand, wenigstens östlich der Starzel, Freibirschgebiet, also die Möglichkeit Hasenbraten zu bekommen.) Hans Eschinger von Frommern lieferte damals an Zollern jährlich 1 P f u n d Pfeffer. Aus Ludwig Pfefferlins Holz (Wald) an der Hechinger Grenze gegen den Tanbach (Freibirschgebiet gegen Mössingen!) ging ebenfalls ein P f u n d Pfeffer (Hasenbraten? Oder war Ludwig etwa Kaufmann, der nach seiner Ware den N a m e n Pfefferli bekommen hatte?) W a r dem Inhaber eines Äckerles oder eines Waldstücks zuzumuten, den sehr teuren ausländischen Pfeffer (piper) aus Ubersee zu besorgen und abzuliefern? Man denkt doch eher an Erträgnisse dieser Grundstücke! Krs. dige Name? Fischers Schwäbisches Wörterbuch bringt nichts dazu. Michel Buck erwähnt das alte Wort grange, das Scheuer oder Wirtschaftshof bedeutete. Ob die Grangärten darauf zurückgingen? Das mittelhochdeutsche Wort grand = groß scheint wegen der Kleinheit der Gärten auszuscheiden. Man redet von einem „Gran-Simpel". Das alte Wort Krage = Hacke will wegen des nasalierten a in Gran n—nt passen. In Würzburg gibt es laut Mitteilung des Stadtarchivs einen Granbühl oder Grombühl, der früher Kranbühl hieß und als „Krähenbühl l t erklärt wird. B' ihm stand ehemals der Galgen. Auch Buck erwähnt K r a n in der Bedeutung Krähen, Saatkrähen, d ; wir heute Krappen nennen. Kraus Konten der „Hohenzollerisdien Heimat": 802 507 Hohenz. Landesbank Sigmaringen 123 63 Postscheckamt Stuttgart Die Mitarbeiter dieser Nummer: Oscar Heck, Hauptkonservator i. R. Landeskonservator der Hohenz. Lande, Hechingen Manfred Hermann, Neufra, Pfarrhaus Redaktiunsausschuß: Hubert Deck, Konrektor 745 Hechingen, Tübinger Straße 28 Telefon 07471/2937 Walther Frick, Journalist 748 Sigmaringen, Hohe Tannen Telefon 07571/8341 Pfarrverweser Johann Adam Kraus Pfarrer und Erzbisch. Archivar i. 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Jahrgang 1971 u n ö Sigmaringen Nr. 3 Hohenzollerifchen Gefchichteoerein in Verbinöung mit Den Staatlichen Schulämtern Hechingen SIEGFRIED K R E Z D O R N Das Eigentum des Hauses Hohenzollern am Schloß Hohenentringen Wer schon von Tübingen durchs liebliche Ammertal nach Herrenberg gefahren ist, der hat sicherlich hoch über der reizvollen Ortschaft Entringen auf einem bewaldeten Ausläufer des Schönbuchs die ehemalige Ganerbenburg H o henentringen erschaut. Dieses gut erhaltene Schloß, in welchem eine Schankwirtschaft betrieben wird, ist ein beliebtes Ausflugsziel. Zur geschieht1 chen Orientierung ist kürzlich eine Broschüre erschienen, die über die Baugeschichte und über das Leben seiner einstigen Bewohner Auskunft gibt. Dabei wurde aus Kostengründen ein Kapitel ausgespart, das jedoch für die Geschichte Hohenzollerns nicht uninteressant ist. Die Zollergrafen waren nämlich - wohl durch Frauenversippung mit den ehemaligen Ortsherren von Entringen - schon um 1100 Miteigentümer des Ortes Entringen geworden. Als Miteigentümer der Feste Hohenentringen belehnten sie ihre Vasallen mit Teilen der Burg, so u. a. die R ter von Stadion zu Stadion (Kr. Ehingen a. D.). Hohenentringen, bis um die Mitte des 15. Jahrhunderts als Feste bezeichnet, war eine sogenannte Ganerbenburg, d. h. sie gehörte lehensweise einer Gemeinschaft von erbberechtigten Familienangehörigen, zuerst den Rittern von Hailfingen. Mit der Zeit erwarben durch Kauf oder im Erbgang über Ehefrauen auch andere Geschlechter Teile derselben. Als Eigentümer der Burg belehnten Grafen zu Eberstein, Markgrafen von Baden, Pfalzgrafen von Tubingen, Grafen und Herzöge zu Württemberg sowie Grafen und Fürsten zu Zollern ihre Vasallen mit Teilen derselben und verpflichteten sie somit zu Lehenstreue und vasallischen Diensten. 97 Die Ritter von Stadion als zollerische Vasallen Die Ritter von Stadion wohnten im Gegensatz zu den anderen Anteilseignern der Ganerbenburg nie auf Hohenentringen, obwohl sie 2 Anteile der ursprünglichen Feste besaßen. Markgraf Jakob von Baden hatte seinen H o f meister H a n s von Stadion im Jahre 1444 mit einem Anteil der Burg belehnt und ebenso 1455 Markgraf Karl von Baden 4 Jahre später aber den Wilhelm von S t a d i o n 1 wozu der Bruder Burkard von Stadion sein Einverständnis erklärte. Kurz vor 1472 war jedoch dieser Burgteil in zollerisches Eigentum gekommen. Mit einem anderen Teil der Burg hatte Zollern im Jahre 1444 vorgenannten Hans von Sta _"on 2 und 1459 dessen Vetter Wilhelm von Stadion belehnt. Am 10. Januar 1472 bat Ritter Wilhelm von Stadion den Grafen Jos Niklas zu Zoilern, ihn rr vorgenannten Burganteiien zu belehnen 3. Als dessen Erbe reservierte sich am 20. Juli 1507 der Sohn Hans von Stadion bei Graf Eitelfriedrich zu Zollern Außer dem vorgenannten Anteil am Schloß besaßen die Ri ter von Stadion auch die sogenannten Stadionischen Gefälle zu Entringen als zollerisches Mannlehen. Zu diesen Gefällen gehörten die Einkommen aus der Kelter a u f m Berg", die um 1700 unter Verwendung älterer Bauteile ihr heutiges Aussehen bekam, und aus 2 Erbiehenhöfen. Ferner bezogen die Ritter von Stadion verschiedene Gülten von einzelnen Grundstücken und sie besaßen auch ein Drittel der Ortsherrschaft von Entringen, die ein Vogt in ihrem Namen ausübte. Nach Ableben des Hans von Sta< Ion empfingen am 22. Februar 1513 die Vormünder der Witwe Magdalena geb. Marschallin von Pappenheim und der Kinder H a n s Simon und H a n s Walter als Lebensträger (nämiich Konrad von Stadion, Jörg von Rechberg, Uluch von Graffenegk, Lienhart Marschall von Honenrichen) von Graf Franz zu Zollern einen T;il am Schloß und Dorf Entringen als Mannlehen 3 . Am 5. Mai 1527 schwor H a n s Simon von Stadion als der Ältere für sich und seinen Bruder den Vormündern des Grafen Christoph Friedrich zu Hohenzollern (nämlich Georg Trucnseß von Waldburg und Markgraf Phiiipp von Baden) den Lehenseid für den F,mpfang eines Teiles am Schloß und Dorf Entringen 8 . Aber die bf'den Brüder hatten kein Interesse am Mitbesitz der Ganerbenburg. Deshalb verkauften sie am 29. Oktober 1528 mit Genehmigung des Markgrafen Phiupp von Baden und des Georg Truchseß von Waidburg (genannt der Bauernjörg, der damals das Herzogtum Württemberg regierte, weil Herzog Ulrich von Württemberg vertrieben war) als Vormünder des Grafen Christoph Friedrich zu Zollern dem Sebast'an von Gült) ngen dem Älteren zu Pfäffingen für 200 fl ihren Teil am Burgstall und Schloß zu Entringen mit allen Rechten, Freiheiten und Gerechtigkeiten, Trieb und Tratt, Wunn und Wa. 1 und mit den Rechten im Schönbuch, auch 43/4 Mannsmahd W, sen, einen Baumgarten unter des Wagners Scheuer, 12 Morgen Holz in der „Buchhalden" und 20 leibeigene Leute in verschr denen Orten als zoiieri. :hes Manniehen 7. Sodann bat H a n s Simon von Stadion am 24. Ma> 1539 den Grafen Joatf m zu Zollern, ihn mit etlichen Gefällen und Einkommen zu Entringen, die ihm schon dessen Vater Christoph Friedrich Graf zu Zollern auch als Lehensträger für seinen verstorbenen Bruder Hans Walter von Stadion lehensweise überlassen habe, wieder als Mannlehen zu belehnen. Dabei handelte es sich off er chtlich um d"~ vorerwähnten sogenannten Stadi mischen Gefälle. Am 8 Januar 1541 reversierte sich aber H a n s Simon von Stadion bei Graf Jos Niklas zu Zollern für den Empfang eines Teiles am Schloß und Dorf Entringen, was nicht zu verstehen ist, denn der Stadionische Ante.I am Schloß 98 war am 29. Oktober 1528 an Sebastian von Gültlingen verkauft worden. Dagegen stellte Graf Jos Niklas zu Zollern am 26. Juli 1557 f ü r Christoph von Honburg zu Honburg nach Ableben des H a n s Simon von Stadion als Lehensträger der hinterlassenen Söhne Konrad, H a n s Christoph und Wolf Dietrich von Stadion einen Lehensbrief nur über das zollerische Lehen am Dorf Entringen aus 8 . Am 3. Juni 1576 wünschte Eitel Friedr""'(i Graf zu Zollern den Wolf Dietrich von Stad'on, auch als Lehensträger für die Brüder Konrad und Chr toph von Stadion, damit zu belehnen. Aoer Wolf Dief ch von Stad' )n reversierte sich am 26. Januar 1579 beim Zollergrafen für den Empfang des zollerischen Lehens am Schloß und Dorf Entringen 9 . Am 6. Februar schrieb Wolf Dietrich von Stadion dem Zollergrafen, daß im neuen Lehensbrief verschiedene Lehensstücke nicht inseriert seien, so auch der Teil am Schloß Entringen, den er zusammen mit dem von Gültlingen lehensweise besitze. Danach versprach Graf Eitelfriedrich zu Zollern, n Protokoll nachsehen zu lassen und wenn dort die Lehensstücke spei f lziert seien, es t eim Text des Lehensbriefes zu belassen. Am 7. Februar 1584 erging seitens Zollern an Hans Simon von und zu Staaion und ebenso an Peter von Gült. : ngen zu Berneck die Aufforderung, sich nach Hechingen zu „verfügen", um dort ihre „Aufwartung" zu machen. Nach sehr heftigen Auseinandersetzungen mußte der von Stadion dabei auf die Belehnung mit einem Teil des Schlosses Entringen verzichten. Am 1. Juli 1605 erbat Wolf Dietrich von Stadion vom Grafen Johann Georg zu Hohenzollern auf Ableben des Grafen Eiteifriedrich zu Hohenzollern einen Lehensbrief für .e von Zollern herrührenden und von ihm und seinem Bruder Konrad von Stadion ererbten Lehensgüter zu Entringen als Mannlehen. Einer Einladung zum Lehensempfang am 28. Dezember 1608 nach Hechingen wollte Wolf L' etr'Ch von Stadion aber wegen hohen Alters und „Unvermüglichkeit" seines „Leibs" nicht nachkommen und bat deshalb den Zollerngrafen devot um Entschuldigung. Aber der Zollerngraf verlangte - sicher mit Grund - sein persönliches Erscheinen und benannte den Sonntag Exaud. 1609 als neuen Termin. Wolf Dietrich von Stadion weigerte sich aber wiederum aus vorgenannten Gründen, in die Zollernresidenz zu reisen, um das Lehen „underthenig" in Empfang zu nehmen. Damit jedoch dem „gned..gen Herrn dessen ungeacht alle schul.iige Gehorsame gelaist werde", erteilte er seinem Sohn H a n s Jakob von Stadion d' „Gewalt und Macht", der „gebührenden Lehenpflicht" nachzukommen. Am 2. Juni 1609 unterschrieb Hans Jakob von Stadion einen Lehensrevers, in welchem er wieder den Empfang von zollerischen Lehen am Schloß und Dorf Entringen bestätigte 1 0 . Der Stadionische Vogt Johann Christoph Buocher bat hierauf in einem Schreiben vom 11. August 1609 die zollerischen Amtleute, für Johann Jakob von Stadion einen neuen Lehensbrief auszustellen. Darin möge das Schloß Entringen „nit mehr" angeführt werden, weil die Voreltern des Leheninhabers „gemeits Schloß vil Jahr hero nit" mehr besitzen, „sonder solches die von Gültlingen". Am 25. J a nuar 1612 teilte H a n s Jakob von Stadion dem Grafen Georg zu Hohenzollern mit, daß sein Vater am 21. Juli 1611 gestorben sei und er bei der brüdenichen Erbtcilung das hohenzollerische Lehen zu Entringen bekommen habe. Ei bitte deshalb um einen Termin zum Lehensempfang. Aber erst am 15. September 1618 stellte er dem Grafen Johann Georg zu Hohenzollern ;men Lehensrevers für sich und als Lehensträger f ü r seinen Bruder H a n s Simon aus und zwar wieder für den Empfang des hohenzollerischen Teiles am Schioß und Dorf Entringen . interessant ist in diesem Zusammenhang ein Schreiben des Eitel Ludwig von Stadion vom 27. Mai 1639 an d'-; zol- krischen Amtleute in Hechingen. Weil sein Vetter Wolf Wilhelm von Stadion „dermalen der Ältere von Stadion und Lehensträger" die teils von Zollern und teils von Haus Württemberg „an dem Schloß und Dorf Entringen herrierende Mannßlehen und Zuegehörden vermög Lehensbrüefs in Anno 1637 gepierendermaßen requirirt" und aber „darauf volgend negstabgeloffnen 1638 Jahrs den 3. December auch auß disem zergengglichen Leben abgeschaiden", seien ihm und seinem noch minderjährigen ten Soldaten alle Dokumente. Nach dem Kriege sei er vor einem jämmerlichen Ruin gestanden. Alle seine Beamten hätten sich „verlaufen" und es seien Jahre nötig gewesen, um alles wieder in Ordnung zu bringen. Die Requisition des Lehens Entringen habe er wahrlich „nit aus bösem Vorsatz unterlassen" und deshalb „lebe er der tröstlichen Zueversicht", daß er wieder damit belehnt werde. In einem Schreiben vom 6. Mai 1662 bat er den Fürsten Philipp Christoph Friedrich zu Hohenzollern nochmals Herrschaftsstuhl in der Kirche von Entringen Vetter Hans Wolf von Stadion „angeregte Lehen, Stuck und Güoter" zu Entringen „erblichen erwachsen" und er bitte deshalb „bis zur könftiger würklicher Belehnung diser" seiner „beschehenen Requisition gläublichen Schein erthaylen und volgen zu laßen". Damals mußte die Bevölkerung unserer schwäbischen Heimat die Schrecken des Dreißigjährigen Krieges erdulden. Württembergische und schwedische Soldateska hatten die Herrschaft Zollern besetzt, was zwangsläufig zur Lähmung der dortigen Verwaltung führte. Am 27. Oktober 1659 teilte Ludwig von Stadion dem Fürsten zu Hohenzollern mit, daß er als Erbe seines Vaters Hans Jakob von Stadion einen Teil am Schloß und Dorf Entringen lehensweise besitze. Weil am zollerischen „Lehenhof allerhand Veränderungen" eingetreten seien, habe er bis heute ein Ersuchen um Belehnung „verabsäumt". Schon vor einem Jahr habe er sich nach der „Lehensbeschaffenheit" erkundigt und dabei feststellen müssen, „daß bei dem vorgewesenen leidigen Krieg die Kelter übel zergangen" und Soldaten alles Geschirr zertrümmerten. Zollern erklärte aber nun das Lehen zu Entringen als verwirkt. Darob war Eitel Ludwig von Stadion bestürzt. Von seinem Vater sei das Lehensrecht zu Entringen stets angemeldet worden, aber leider könne er die entsprechenden Dokumente nicht mehr finden. Im „vorgewesenen Krieg" habe nämlich der Feind seinen Vater im Schloß Stadion „unversehens überfallen und gefangen gehalten" und erst gegen eine Ranzion wieder freigelassen. Sein Vater habe sodann an einem andern O r t Sicherheit gesucht und auch er habe sich „außer H a u s " aufgehalten und in aller Armut geiebt. In jener Zeit raub- um Belehnung mit einem Teil des Schlosses und Dorfes Entringen als Mannlehen und am 20. Mai 1662 besiegelte er den entsprechenden Lehensrevers 12 . Am 9. Mai 1671 kondolierte Eitel Ludwig von Stadion zum Tode des Fürsten und requirierte gleichzeitig das Entringer Lehen. Die Ladung zum üblichen Lehensempfang nach Hechingen ließ nicht lange auf sich warten. Aber Eitel Ludwig von Stadion wollte mit Rücksicht auf seine Gesundheit die beschwerliche Reise nach Hechingen nicht ausführen und bat deshalb den Fürsten, es „nit zu Ungnad aufzuenehmen", wenn er seinen Sohn Hans Jakob dazu delegiere. Alsdann fertigte die zollerische Kanzlei einen Lehensbrief in solenner Form aus und bekräftigte darin wiederum die Belehnung mit einem Teil am Schloß und Dorf Entringen. Am 6. Oktober 1688 richtete Hans Jakob von Stadion an die Fürstin Maria Sidonia zu Hohenzollern ein schriftliches Gesuch um Erneuerung des vorerwähnten Lehens. Aber erst am 24. April 1691 entsprach Friedrich Wilhelm Fürst zu H o henzollern dieser Bitte und überließ bei einem feierlichen Investiturakt im Schloß zu Hechingen dem Josef Konrad von Stadion, Sohn des inzwischen verstorbenen H a n s Jakob von Stadion einen Teil am Schloß und Dorf Entringen wie immer als Mannlehen. Als Josef Konrad von Stadion bald danach starb, fiel das Leben an Hohenzollern heim 13. Am 11. Juli 1695 verkaufte aber Fürst Friedrich Wilhelm zu Hohenzollern den sogenannten Stadionischen Teil am Schloß und Dorf Entringen für 1450 fl an Georg Achatius Mohr, Forstmeister und Oberwasservogt zu Freudenstadt. Somit war der Käufer wunschgemäß Vasall des Hauses 99 Hohenzollern geworden. Als aber Mohr den käuflich erworbenen Anteil des Schlosses in Besitz nehmen wollte, erhob der Eigentümer desselben - Johann Steeb, Gastgeber „zum goldenen Lamm" in Tübingen - Widerspruch und beschwerte sich schriftlich bei Herzog Eberhard zu Württemberg. Die Entscheidung des Herzogs ließ indessen auf sich warten. Deshalb erklärte Steeb sich schließlich bereit, sofern Dokumente erweisen, welcher Teil des Schlosses zum Stadionischen Lehen gehöre, Möhrs Anspruch anzuerkennen. Danach ließen die zollerischen Beamten die stadionischen Akten im Archiv ausheben und übersandten dieselben zur Begutachtung und Urteilsfindung dem Obervogt in Tübingen 14. Um die Angelegenheit aber endgültig zu bereinigen, „restituierte" Zollern bald danach den von Mohr bezahlten Kaufpreis für den Anteil am Schloß. Gleichzeitig bewilligte Zollern die Aliödifikation des sogenannten Stadionischen Gefälle in Entringen, worauf Mohr dieselben dem württembergischen H a u p t m a n n Philipp Christian von Pistorius von Reichenweiher in Poltingen veräußerte 15. Neuneckwappen in Ellwangen Wer die neu hergerichtete Bisilika zu Ellwangen besucht, wird in der Vorhalle zweimal das Wappen der Herren von Neuneck finden. Da sieht man den Grabstein einer im Jahre 1473 verstorbenen Margaretha von Schwabsberg, geborener von Neueck. Der Stein zeigt die kniende Frau, oben von zwei Engeln begleitet, unten rechts das Wappen der Neuneck (Stern über Querbalken), links das der Schwabsberger (rechts im Schild aufrechter Löwe, links aufrechte Hirschstange, ähnlich wie die Stadt Gammertingen!). Schwabsberg ist ein Dorf in der Nähe von Ellwangen am alten Römerlimes. Die dortigen Herren waren Ministerialen des Klosters Ellwangen, das schon 764 gegründet wurde und 1470 zum weltlichen Chorherrenstift wurde. Laut Lodiers Neuneck-Regesten (Mit. Hohz. 13, 77 zum Jahr 1445) war obige Margaretha die Tochter des Albrecht von Neuncck und seiner Frau Truchsessin Adelheid von Höfingen. Ferner findet sich das Wappen Neuneck am Grabstein eines Albrecht von Schwabsberg daselbst, offenbar eines Sohnes der Margaretha. Die Grabsteine scheint Locher nicht gekannt zu haben. J. Ad. Kraus Pfyffers Gütlein zu Vilsingen 1436 Im fürstlich hohenzollerischen Archiv zu Sigmaringen liegt eine Beschreibung des Pfyffers Guts zu Vilsingen (wie der Ort damals hieß) vom 26. Juni 1436. Das Gut gehörte an den St. Nikolausaltar zu Laiz. Wir entnehmen daraus einige auffallende Stellen: Ein Garten unter St. Urbans Haus stoßt an der von Salmansweyl (Salem!) Güter. Eine Wiese am ßrüel heißt das Tafelwysli. Das Schindelholz gen Menningen. 1 juchart unten an Butzach. Unser Frowen B o i t i n am Weg gen Dietfurt. 1 J uf den Marstecken am Wasser, anwandend uf den von Salmanswyler Acker. Zwai Hürstli liegen unter dem Bildlin. 1 J vorm Regelsöw (-See!); Feld ob aem Ried, 1 Acker am Welzbach, stoßt an Weg gen Dietfurt. V2 J unter Wylun (heute „Weiler"!). P / 2 ' J stoßen an Benzenberg unter Wylun, anwandent uf Salmanswyler Acker. 1 J unter Wylun liegt an St. Gallen Acker, gat an den Weg zum Wyger (Weiher). IV2 und 2 J uf Wylun (heute Weiler!). IV2 J stoßen an die Aichgassen an St. Gallen Acker. V2 J, ist ein Anwander uf Sunderhart an St. Gallen Acker und anwandet daruf. J. A. Kraus 100 Anmerkungen: 1 FAS D H 102, 5. 2 F A S H H 102, 24. 3 F A S H H 102, 26. 4 F A S H H 102, 30. 5 F A S H H 102, 31. 6 FAS H H 102, 32. 7 FAS H H 102, 33. 8 FAS H H 102, 34. 9 FAS D H 45, 34. 10 F A S D H 45, 36; die vidimierte Abschrift eines Lehensbriefes bestätigt, d a ß a m 2. J u n i 1609 H a n s J a k o b von Stadion als G e w a l t haber seines Vaters Wolf Dietrich von Stadion von Graf J o h a n n Georg zu H o h e n z o l l e r n mit einem Teil am Schloß und Dorf Entringen belehnt w u r d e F A S D H 45, 35. 11 FAS D H 45, 37. 12 FAS D H 45, 38 u n d 45, 345. 13 F A S D H 45, 32. 14 FAS D H 102, 13. 15 FAS D H 102, 12; Siegfried K r e z d o r n ; H o h e n e n t r i n g e n im Schönbuch und seine Vergangenheit. Biberach 1971. Aus der Heimatliteratur Albführer von Julius Wais, 2. Band, 13. Auflage 1971; 836 Seiten in Taschenformat, bearbeitet von (der Tochter) Dr. rer. nat. Ruth Wais. Mit Ubersichtkarte und 15 f ü n f farbigen Kartenausschnitten 1:50 000 (Verlag des Schwäbischen Albvereins, Stuttgart, Hospitalstraße 21 B; 19.80 DM). Der mit ungemeinem Fleiß und bewundernswerter Belesenheit geschaffene Band behandelt den mittleren Teil der Schwäbischen Alb von der Achalm bis zum Bussen nach Geologie, Landschaft, Kunst und Geschichte in Form von Wandervorschlägen. Er enthält einfach alles, was interessiert von Urach an bis Münsingen, Munderkingen, Obermarchtal, Sigmaringen, Reutlingen bis Gammertingen. Allerdings wird der größere Te" Hohenzollerns erst im kommenden dritten Band enthalten sein. Hier aber finden wir die Gegend vom Schatzberg, Bingen (379), H o r n stein (382), Bittelschießer Täle (387), Sigmaringen (vorerst nur kurz), ule Herren von Lichtenstein (669 f), Bärenhöhle (701), die Hintere Burg an der Haid (713), H a i d kapelle (714), Holnstein mit Stetten (733), Hörschwag (735), Gammertingen (746 nur kurz; so ist di in Hohenz. Heimat 1960, 51 behandelte Burgstelle Husteneck nicht berücksichtigt), die Haid (748;, Steinhilben (755) der Augstberg mit seiner Aussicht besonders ebevoll (759 bis 769), Feldhausen (770), Trochtelfingen mit Geschichte der Stadt und Herrschaft (772-804), Pfarrkirche daselbst (805), Burg- und Erhartskapelle (810 f). Die erwähnte Hintere Burg ist die einz • nachwei bare Burgstelle an der Haid. N u r sie kommt als die alte „ Haideck" (713, 753) in Frage (Hohenz. Heimat 1967, 20). Die Doppelburg Lichtenstein bei N e u f r a zeigt bestimmt, wenn man den Waldbestand wegdenkt, ebenso einen „lichten Stein", wie der Felsen ob Hönau (669). Ein Irrtum dürfte sich S. 731 bei dem Namen Laudiert eingeschlichen haben. Er wird m. W. von den Eingesessenen nicht gesprochen wie das Wort „rauh", sondern wie blau, Rauch, Lauch und Frau, worauf auch die alte Form Loucha (n Jit Lucha!) hinführt. Man darf ruhig sagen: d; Landschaft und deren Entstehung, die Kunstwerke, Bauten und geschichtlichen Abläufe sind meisterhaft dargetan und mit vielen Quellenangaben unterbaut. Ein herrliches Werk, dem hoffentlich bald der dr' te Band folgen kann! J. A. Kraus ALBERT S C H Ä F E R Unser Heimatflüßchen Stunzach Das Wort Stunzach gehört deutlich zu den prähistorischen Namen. Es wird abgeleitet aus Stunt gleich Sumpf, Moder, was sehr wahrscheinlich aus dem indogermanischen Tunt (Kot) entstanden ist. Das Wort Stunzach besagt weiter, daß es sich um einen Wasserlauf, einen Bach handelt, der ständig Wasser führt. Die Stunzach wurde früher im Volksmund die Stünz oder auch der Stünzbach genannt. Ihre Entstehung verdankt sie mehreren Quellästen. Die beiden Hauptquelläste sind etwa 2,5 km südwestlich von Rosenfeld, und etwa 3 km nördlich von Leidringen auf Leidringer Gemarkung. Alle anderen Quelläste befinden sich im Raum RosenfeldLeidringen-Isingen. Der genannte Raum gehört zum Landkreis Balingen und liegt rund 650 m hoch über dem Meeresspiegel. In östlicher Richtung verläßt die Stunzach ihre sprudelnden Quellen bis zur ehemaligen Bubenhofer Burg, 2,5 km nordöstlich von Rosenfeld. Ab dieser Burg durchfließt sie in faßt nördlicher Richtung das Bubenhofer Tal, das Zimmener Tal bis zur Einmündung des Nebenbächleins Gossenbach. Von da an nimmt s e ihren Lauf in östlicher Richtung bis zur Einmündung des Talbachs, dann weiter in nordöstlicher Richtung bis zu ihrer Einmündung in die Eyach. Mehrere Sumpfgebiete und Morderbereiche im Raum Heiligenziinnern und Gruol mußten durchströmt werden. Langsam und schwierig zugleich mag sich in grauei Vorzeit das Durchstoßen durch Keuper und bunten Mergel vollzogen haben. Teile solcher Gesteinsarten sind stellenweise an den bewaldeten Höhen des Stunzachtales zu sehen. Durch felsiges Massiv mußte sich die Stunzach n ihrem Unterlauf inren Weg bahnen. Die zu beiden Seiten einmündenden Nebenbächle'n haben dazu beigetragen, daß die Stunzach zum größten Nebenfluß der Eyach wurde. Die wasserreichsten Zuflüsse, sowie die Einmündungsstelle, an der sie sich mit der Stunzach vereinigen, sind hier genannt' Sulzbach bei der Schmelzlesmühle, Sießenbach bei der ehemaligen Bubenhofer Burg, Weihertalbach zwischen Fischermühle und Pelzmühle, Grünbach beim Gasthaus zur Stunzach (Trick), Kirnbach süd'ich, und Rohrbach nördi.ch vom Fabrikle, Weiherbach bei Heiligenzimmern (er ist seit dem Jahr 1970 in seinem Unterlauf emgedohlt), Gossenbach, der aus dem Raum des ehemaligen Klosters Bernstein kommt und im Tal an der Gemarkungsgrenze Hei' genzimmern-Gruol einmündet, Mistelwiesengrabenbach, welcher aus dem Gelände des ehemaligen Dominikanerinnen-Klosters Kirchberg zufließt und westlich des I r edhofski/chleins bei Gruol einmündet. Als letzter sei der Talbach genannt, er ist das nördlichste Nebenbächlein und vereinigt sich mit der Stunzach bei der unteren Mühle von Gruol. Die gesamte Länge der Stunzach von ihren Quellen Ks zur Einmündung i die Eyach bei Stetten-Haigerloch, beläuft sich auf rund 16 km. Der Höhenunterschied beträgt rund 200 m. Durch kluge ^usnützung der Wasserkraft sind verhältnismäßig viele Getreide- und Sägmühlen durch oie Stunzach betrieben worden. Die bekanntesten sind: Rieamühle, Walkmühle, Schmelzlesmühle, Heiiigenmühle, Fischermühle, Pelzmühle, Binsdorfermühle auch Schneckenmühle genannt (1904 wurde der Mahlbetrieb eingestellt und ein Pumpwerk zur besseren Wasserversorgung für die Stadt B' .sdorf eingerichtet), Vogel- oder Heldenmühie (wurde 1962 stillgelegt), Klostermühle Heiligenzimmern, obere und untere Mühle in Gruol. Doch nur einige der erwähnten Mühlen sind heute noch im Betrieb. Sie sind auf neuzeitliches Mahlen umgestellt. Einzelnen Mühlen sind moderne Sägewerke angegliedert worden. Fischermühle und Sägewerk Rosenfeld, Klostermühle und Sägewerk Heiligenzimmern, obere und untere Mühle in Gruol sind die bedeutendsten entlang der Stunzach. Hier darf ich bemerken, daß die Klostermühle Heiligenzimmern urkundlich erstmals im Jahr 1340 erwähnt wurde. Sehr vieles hat sich allerdings im Lauf der Zeit an der Mühle verändert. Eine heute noch sehr gut erhaltene, prächtig getäfelte Stube mit gebogener Holzdecke zeugt von der Würde der Klostermühle Heiligenzimmern. Als einzige Mühle im Stunzachtal steht s . seit 1939 unter Denkmalschutz. Doch nicht mehr die Wasserkraft allein, sondern der elektrische Strom ist heute Triebkraft der Mühlen und Sägewerke. Nicht unerwähnt sei, daß die Stunzach zur Energieversorgung der früheren Saline, dem jetzigen Salzwerk Stetten bei Haigerloch beiträgt. Nördlich vom Hospacher H o f , etwa 1400 m vor ihrer Einmündung in die Eyach, wird das Wasser durch ein Wehr abgeleitet. In einem 950 m langen, durch Muschelkalk gebrochenen Stollen von 1,40 m Breite und 2,20 m H ö h e fließt das Stunzachwasser zur Saline. Das Gefälle beträgt 13,5 m. Der Stunzachstollen wurde in mühevoller Arbeit in den Jahren 1861 bis 1864 gebaut. In einem unterirdischen Kanal wird das Wasser der Stunzach wieder zugeleitet. Zwischen der Eisenbahnbrücke der Hohenzollerischen Landesbahn, welche über die Stunzach führt, und der Straßenbrücke Haigerioch-GruolStetten, ergießt sich das Wasser w eder in die Stunzach. So war neben den geologischen Verhältnissen auch die Stunzach mit entscheidend, für den Bau der Saline auf der Gemarkung Stetten bei Haigerloch in den Jahren 1852 bis 1856. Auch heute noch "ließt das Stunzachwasser durch den Stunzachstollen, um zur Energieversorgung des Salzwerks beizutragen. Land- und Forstwirtschaft sowie größere und kleinere Handwerksbeti ;be waren schon ..nmer Haupterwerbszweige im Stunzachtal. Auch Industriebetriebe haben sich anges delt. Dem fröhlichen Wanderer ist das anmutige, ruhige Stunzachtal m ft seinen bewaldeten Höhen, auf denen einstmals Burgeu und Klausen standen, schon immer ein gern besuchtes Wanderziel gewesen. In warmen Jahreszeiten wird an bestimmteil Stellen der Stunzach gern ein kühlendes Bad genommen. Nicht nur Markungsgrenze zwischen dem Städtchen Biesdorf und Rosenfeld war die Stunzach, sondern sie bildete auch Jahrhunderte lang Territoi ialesgrenze zwischen Württemberg und Österreich. Diese Grenze wurde durch den Preßburger Frieden von 1805 aufgehoben. Im allgemeinen läuft das Stunzachwasser rub'g und gemächlich in dem von ihr gebildeten Flußbett. Doch bei längerer Regendauer, wolkenbruchartigen Regengüssen, oder bei plötzlicher Schneeschmelze wird die Stunzach, unterstützt von den vielen Nebenbächlein. zu einem hochwasserführenden, reißenden Fluß. Schnell tritt sie dann über ihre zum Teil niedrigen Ufer und verwandelt große 101 Gebiete in Seen. Im Wald, an Äckern und Wiesen und teilweise auch an Gebäuden entstehen dann große Schäden. Ein eingemeißeltes Zeichen über die Höhe des Hochwassers ist am Spitzbogen-Tor zum Mahlgang der Klostermühle Heiligenzimmern heute noch zu sehen. An der Sankt Wendelinskapelle zeichneten sich die Spuren des Hochwassers deutlich an den durchnäßten Wänden ab. Durch eine Markierungstafel am Holzschuppen der ehemaligen Schreinerei Daniel Kotz, war die Höhe des Hochwassers nebst Datum ersieht :h. Somit ist es verständlich, daß von allen Bewohnern des Stunzachtales ein ebenso dringender als auch alter Wunsch besteht, die Hochwasserschäden durch eine Flußkorrektur zu beseitigen. Leider ist die Erfüllung dieses Wunsches immer wieder verzögert worden. Die ersehnte Erfüllung brachten erst die Jahre 1965/66. Nach lang-w erigen Verhandlungen ist es gelungen, : dazu erforderlichen Mittel von den zustäncigen Bundesund Landesbehörden für die Stunzach-Flußkorrektur bewilligt zu bekommen. Umgehend wurde dann im Jahr 1966 auf Gemarkung Groul und seit Herbst 1968 auf Gemarkung Heiligenzimmern begonnen, der Stunzach ein neues, tieferes, den Verhältnissen angepaßtes Flußbett zu geben. Nach Durchführung der gesamten Stunzach-Flußkorrektur einschließlich ihrer Nebenbächle werden die Überschwemmungen im Stunzachtal der Vergangenheit angehören. Munter, klar und friedlich plätschernd wird dann das Wasser der Stunzach in ihrem neuen Flußbett dahinfließen können. JOSEF M Ü H L E B A C H Ettisweiler - Eine Schau auf die Geschichte des Dorfes Einer wenn auch nur kurzen Darstellung der Geschichte des Dorfes Ettisweiler im Kreis Sigmaringen stellt sich zunächst die Frage, in welchen Z träum siedlungsgeschichtlich die Entstehung des Weilers zu datieren ist. Die Antwort auf diese Frage gibt die Siedlungsforschung mit der Feststellung, daß die Weiler-Orte im süddeutschen Räume im Zuge einer fränkischen Siedlungswelle in der Karolingerzeit etwa um < s Mitte des 8. Jahrhunderts entstanden sind. Das romanische Wort wilare, das sich später zu weiler entwickelte, bedeutet Platz um ein Landhaus, Platz zum Bau eines Landhauses, Gebäulichkeit in der Umgebung einer V ila und schließlich die Hofanlage selbst. Der Wortteil Ettis geht auf den Personennamen Otilin zurück Es sei erinnert an die früheren Schreibweisen Othelinesuuilare, Othe..neswilair, Or nsweiler, Oetinsweiler, Otenschweiler, Oitisw' air und Entenschweiler. Im frühen M .telalter, als sich in der Karolingerzeit die. Baare, H u n t a r e und Gaugrafschaften bildeten, hat Ettiswe er zu der in unserem Raum südlich der Donau gelegenen Goldineshuntare gehört Später hieß die Grafschaft Ratoldesbuch. Der siedlungsgeschichtlichen Entwicklung voraus geht für Ettisweiler eint in die romische Ze.t verweisende Straßenanlage. Die Straße von Hausen an Ettisweiler vorb i zur Bittelschießer Mühie soll nach Zingier auf römischen Ursprung zurückgehen. Die Breill dieser Römerstraße betrug 3,50 Meter. Die römische Straße führte jedoch auf der Westseite des Andelsbachtales vor Ettisweiler nicht wie der heutige Weg den H a n g hinauf, sondern 1 ' blt s .1 unterhalb desselben, um dann hinter Ettisweiler in den Weg zur Bittelschießer Mühle sinzumünden. Damit bestand von der Römerstraße Pfullendorf-Sigmaringen eine Verbindung zur römischen Straße Wald-3ittelschießAblach-Laiz. Die erste geschichtliche Erwähnung von Ettisweiler fällt - nach Heinrich Löffler in seiner Arbeit „Die Weiler-Orte in Oberschwaben", 1968 - ins Jahr 1094. H . Löffler bezieht seine Aufzeichnung zur Gründungsgeschichte des Klosters St. Georgen im Schwarzwald, nach der die Freien Albert und sein Bruder Eberhard von Nend. .igen am 17. Juni 1094 ihren ganzen Besitz in Othelinsuuilare dem hl Georg übergeben, auf das Dorf E nsweiler bei Sig102 maringen. Eine Urkunde aus dem Jahre 1231, nach der Graf Gottfried von Sigmaringen die Übergabe eines Gutes zu Boos mit der Pfarrkirche durch den Edlen Albert von Bittelschieß und seine zwei Söhne an die Schwestern zu Mengen beurkundet, nennt u. a. H . de Oitiswilair als Zeuge 1243 wird in Salemer Akten ein Waltherus de Oetenschweiler genannt. Nach einer Urkunde des Klosters Salem vom 14. Mai 1263 genehmigt Graf Ulrich von Helfenstein die Schenkung eines Gutes zu Hausen a. A. durch die Hailwig von Ettisweiler, seine H ö ' ge, an das Kloster Salem. Am 1. Juli 1264 schenkt der Edle H u g o von Bittelschieß die H ilwig, Tochter des Walter von Ettisweiler, dem Kloster Salem 2 . Am 29. November 1297 verkaufte Haertnid dictus Fuhse de Oetinsweiler die ihm eigentümliche Wiese bei Hausen, der akker genannt, um 7 Pfund Konstanzer Pfen- ige an das Kloster Salem 3. Graf Hugo von Montfort, Herr zu Tettnang, eignet am 24. September 1306 finen Hof zu Oitisweiler und am 10. Februar 1314 einen Mayerhof zu Oitisweiler dem Heiliggeistspital zu Pfullendorf Seiu dieser Zeit bestehen vielfältige Beziehungen von Ettisweiler zum Spital und zur Reichsstadt Pfullendorf bis zum Anfang des 19. Jahrhunderts. Hierüber geben die von Dr. theol. Johannes Schupp in den Hohenz. Jahresheften, 9. Band, Jahrgang 1941 bis 1949, veröffentlichten Regesten aus Pfullendorfer Archiven Aufschluß. Nach dem Habsburger Urbar von 1290 besaß die- Herrschaft ;>igmaringen die Gerichtsbarkeit über die Freien Leute ennet des Ablach zu Hausen und 11 anderen Orten, darunter auch in Ettisweiler. Bis 1460 waren die Ettisweiler durchweg Pfullendorfer Untertanen und als solche ins Gericht nach Zell a. A. gegangen Durch Vertrag vom 23. Juni 1460 zwischen der Grafschaft Sigmaringen und der Re"hsstadt Pfullendorf wurde das Niedergericnt in Ettisweiler zugunsten von Sigmaringen geregelt m ' t der Bestimmung, daß e Pfullendorfer Untertanen in Ettisweiler nicht mehr belastet werden sollen als bisher 5 . Die Herrschaft-(Grafen-)Rechte über Ettisw*" ler wechselten mit den Inhabern der Herrschaft, seit 1460, dem Jahr der Grafschaftserhebung, der Grafschaft Sigmaringen: um die Mitte des 12. Jahrhunderts bis etwa 1240 treten die Grafen von Helfenstein in Erscheinung: 1241 erscheint ein Graf Gebhard von Sigmaringen aus dem bayrischen Grafengeschlecht von Hirschberg. 1258 fiel die Herrschaft Sigmaringen an die Helfensteinen zurück: 1272 bis 1290 wurden die Grafen von Montfort Herren von Sigmaringen. Ihnen folgten 1290 das Haus Österreich, 1325 Württemberg und 1399 Werdenberg. Im Jahre 1535 gingen die Grafschaftsrechte als österreichisches Lehen an die Grafen von Zollern-Sigmaringen über. Grundherr von Ettisweiler war jedoch die Stadt Pfullendorf, zu deren Amt Zell das Dorf gehörte. Am 16. April 1445 bestätigt Herzog Albrecht II von Österreich dem Konvent zu Hedingen den Kirchensatz zu Krauchenwies mit dem Zehnten daselbst und zu Ettisweiler, nachdem dem Kloster Hedingen durch eme Feuersbrunst wich ge Dokumente, darunter ein Dokument des Herzogs Friedrich von Österreich über die Gerechtsame des Klosters Hedingen zu Ettisweiler verloren hatte 6. Auch das Kloster Wald hatte Berechtigungen in Ettiswi ler. Vom 15. Juli 1432 datiert ein Lehensbrief der Frau Margaretha von R-';chach, Äbtissin des Gotteshauses Wald, f ü r Konrad (Kunz) Siglin von Otterswang über ein Gütlein zu Ettisweiler 7. voller Mann gewesen zu sein, wird er doch im Jahre 1658 vom Spital wegen „ausgegossenen feurigen Reden" mit 3 fl gestraft 1 0 . Schon am 18. Juni 1652 wurde in Ettisweiler die Zehntscheuer aufgerichtet. Allerdings muß schon vorher eine Spitalscheuer vorhanden gewesen se da in dieser nach der Spitalrechnung um 1624 2250 Garben gedroschen wurden lc . Im Jahr 1628 hat im Raum um Pfullendorf die Pest zahlreiche Opfer gefordert. Das Pfullendorfer Totenbuch verzeichnet am 3. November 1628 als 302. Opfer der Pest Theüß Bruckher von Oetenschweyler, vulgo genannt die Schmuzbürstin lc . In den großen Auswanderungszug nach Südosteuropa im 17. und 18. Jahrhundert war auch das kleine Dorf Ettisweiler einbezogen. Für Ettisweiler sind folgende Auswanderer nach Südosteuropa verzeichnet 1 1 : Chr.stian Seeger aus Ettisweiler/Hausen a. A am 7. Dezember 1689, Philipp Zipfel aus Ettisweiler/Mottscl 'sß am 7. Dezember 1689, Melchior Schneegans 1689/90 nach Ungarn, Christina Rösch aus Ettisweiler/Hausen a. A, am 14. Juni 1690, Peter Stadler am 24. März 1744, Ida Wetz am 1. März 1768, Wendelin Wez, „wegen Teuerung und N o t " , am 23. Februar 1771. Am 20. Februar 1694 verkauften die Pröpstin Maria Dorothea und der Konvent des Klosters Inzigkofen unter Vorbehalt des Patronatsrechts und gegen eine jährliche E :-t wirtschaftliche Entwicklung hat den Bauern in EttisGilt den Zehnten in der Pfarrei Zell, in Et 'sweiler, Mottw^.ler im 19. Jahrhundert wie andernorts die Ablösung : schieß und Schwäl shausen an die Reichsstadt Pfullendes Zehnten, die Umwandlung der Lehen in Eigentümer dorf als Oberpfleger des Gotteshauses und des Heiliggeistund die Aufhebung der Sigmaringer Leibeigenschaft, spitals zu P f u l l e n d o r f 8 . letztere f ü r 10 Leibeigene, gebracht. Ettisweiler kann für Diese Aufzeichnungen lassen erkennen, daß die Herrsich in Anspruch nehmen, daß es eine gesunde wirtschaftschaftsberechtigungen und auch <i>e Zehntverhältnisse der liche Struktur aufweisen kann, eine Struktur, die auch der Grund- und Leibherren in Eti i weiler teilweise undurchgemeindlichen Verwaltung zugute kommt. sichtig sind. Für den Zehntbezug allein ergibt sich die Kirchlich hat Ettiswi ^er bis 1822 zur Pfarrei Zell a. A. Feststellung, daß der Zehnte - wenigstens vorübergehört. Die Zugehörigkeit zu Zell geht wohl schon auf gehend - unter mehreren Zehntherren geteilt war, daß die Zeit der ersten Besiedlung zurück, erfahren wir doch also die eine Art des Zehnten dahin, die andere dorthin aus der Siediungsforschung, daß Weiler-Orte gelegentlich geliefert werden mußte. Auf eine Untersuchung und Erin der Nähe von Zell-Orten entstanden sind. Durch Dekret arbeitung ( 5ser und der sonstigen Gerechtsame f ü r aas Dorf Ettisweiler und seinen Einwohnern muß hier ver- des Bischöflichen Generalvicariats Konstanz vom 11. April 1822 ist Ettisweiler als Filialort der Pfarrei Hausen a. A. zolltet werden; diese knappe Darstellung muß rieh auf zugeteilt worden. Gleichzeitig ist der auf 38 bis 40 fl die Herausstellung nur einiger wichtigen geschichtlichen berechnete Kleinzehnte in Etlsweller auf d e Pfarrei Angaben beschränken. Hausen übergegangen. Das Dorf hatte damals 9 Familien. Besonders bedeutsam f ü r die Geschichte des Dorfes EttisB;i den Verhandlungen über die Zuteilung von Ettisweiweiler war der Dreißigjäf. ge Krieg. In den Drangsalen ler nach Hausen hat Pfarrer Dannegger in Hausen gelund Schrecknissen des großen Krieges hatte Ettisw.nler tend gemacht, „daß die E n z w e i l e r und Weihwanger ohneseine Einwohner verloren. Nach 1631 wurden die vier dies beständig in die Kirche von Hausen gegangen dem Heiliggeistspital Pfullendorf gehörenden Lehenhöfe seien" 12. - Das Bruderschaftsbuch der Wallfahrtskirche nach dessen Akten von Max Braunwarth, Christoph BernMaria Schray bei Pfullendorf nennt als Mitglieder der hart, Hans Irmler und Jörg Groß bebaut. Kurz darauf Bruderschaft aus Ettisweiler die Familien Brucker, Knoll begann auch hier die N o t des Krieges. Die alten Namen 13 verschwanden. Die Spitalrechnungen weisen f ü r mehrere und Wetz, zusammen 6 Personen (um 1748-1794) . Im Jahre 1879 ist in Etuswsiler zum größten Teil aus Jahre keine Leistungen mehr auf. Erst nach dem Dreißigjährigen Krieg kamen - aus der Schweiz - wieder neue Stiftungsgeldern der Brüder Didakus, Johann Georg (Hans-Jörg) und Josef Wetz mit 6000, 1000 und 1000 Ansiedler. Einer der ersten war der Stammvater der Familie Wetz. Bevor er < i -h niederließ, hatten ihm die Klo- Mark - zusammen 8000 Mark, zum kleinen Teil aus Fronleistungen der Ettisweiler Bürger - eine Kapelle ersterfrauen von Wald ihren Hof zu Steckein angeboten. Er zeigte aber keine Lust, sich durch Frauenhand regieren richtet worden, i^e wurde zu Ehren der Schmerzhaften zu lassen, und begab siJi unter die Herrschaft des Heuig- Muttergottes und des hl. Georg geweiht. Auf dem Altar geistspitals Pfullendorf, das ihm und seinen drei Söhnen stehen neben der Statue der Schmerzhaften Muttergottes drei H ö f e zu Ettisweiler gegen drei Laibe Brot über- rechts und links Figuren des hl Georg und des hl. Josef. ließ. Man kann hier, wenn die Überlegung vielleicht auch etwas gewagt ist, an eine sinnvolle Beziehung der SchenSo erzählten alte Dorfbewohner das Geschehen in jenen schweren Zeiten, und es wird berichtet, daß Etf'sweiler kung von Gütern in EiL.sweiier an den hl. Georg (das früher in der Nachbarschaft ,.<.:e kleine Schweiz" genannt Kloster St. Georgen im Schwarzwald) im 11. Jahrhundert wurde und die Ettisweiler r .it dem Obernamen „Schwei- denken. zer" geheißen wurden. Dieser Übername ist dem Dorf Schulisch gehört Ettisweiler zur Nachbargemeinde Bittelgeblieben 9. schieß, mit der es auch die Wasserversorgung gemeinsam Hans Wetz, der erste Inhaber eines Lehens des Heilighat. Pfarrer Dr. Johannes Schupp seht sltrtj in seinem Werk geistspitals Pfullendorf, scheint ein sehr temperament„Denkwürdigkeiten der Stadt Pfullendorf" (1967), daß 103 vor Beginn des badischen Schulzwanges nach Rechnungen des Heiliggeistspitals Pfullendorf f ü r eine Schule in Ettisweiler um 1723/25 vom Spital Leistungen in Naturalien oder Geld erbracht wurden. Ettisweiler liegt - in 620 Meter Höhe - links des Andelsbaches in seinem unteren Lauf unweit der Einmündung des in Rothenlachen entspringenden Kehlbaches in den Andelsbach. Das Dorf mit 70 Einwohnern und einer Gemarkungsfläche von 191 ha ist die zweitkleinste Gemeinde des Landkreises Sigmaringen. (Die kleinste Gemeinde des Kreises war bisher Rothenlachen. Sie wurde zum 1. Juli 1971 nach Wald eingemeindet). Das Dorf, dessen wirtschaftliche und gemeindliche Verhältnisse, wie oben bemerkt wurde, geordnet und gesichert sind, wird im Zeichen der derzeitigen Verwaltungsreform - zum 1. Januar 1972 der Gemeinde Krauchenwies eingemeindet werden, nachdem sich die Bürgerschaft in einer Abstimmung am 11. Juli 1971 mit starker Mehrheit für den Zusammenschluß der Gemeinde Ettisweiler mit Krauchenwies ausgesprochen hat. Anmerkungen: 1 Württembergisches Urkundenbuch Bd. 4 S. 410. 2 Sal. Urkundenbuch Bd. 1, N r . 383 u. 394. 3 Sal. Urkundenbuch Bd. 2, N r . 978. 4 D r . Johannes Schupp, Hohenzollerische Regesten aus den P f u l l e n d o r f e r Archiven, Hohenzollerisdies J a h r e s h e f t 9 Bd., Seite 39, N r . 107 und 108. F. Fürstenb. Urkundenbuch 6. Bd., N r . 266. 5 6 7 F. H o h e n z . H a u s - u n d Domänenarchiv Sigmaringen. G r a f s c h a f t Sigmaringen Bd. I I I , R u b r i k 78, N r . 400. Desgl. Bd. I , R u b r i k 45, N r . 46 und 47. 8 Desgl. Bd. I I , R u b r i k 149, N r . 20. 9 „Hohenzollerische H e i m a t " 1961, N r . 3, S. 33. 10 D r . Johannes Schupp. N r . 141, 142 und 136. 11 W e r n e r Hacker. A u s w a n d e r u n g aus dem R a u m der späteren H o h e n z . Lande nach Südosteuropa im 17. u n d 18. J a h r h u n d e r t . Zeitschrift f ü r Hohenzollerische Geschichte. 1969. Hohenzollerische Regesten (wie N r . 4), 12 Staatsarchiv Sigmaringen. A k t e n I I 6909, I I 6910 u. I I 6926. 13 D r . Johannes Schupp. Kulturchronik der Wallfahrtskirche M a r i a Schray. 1952, S. 135. KARL WALDENSPUL Steinkohle in unserer Heimat ? Vorbemerkung: In der „Zeitschrift für hohenzollerische Geschichte", Jahrgang 1968, 4. Band, heißt es Seite 157: „Eine in der zweiten H ä l f t e des vorigen Jahrhunderts nahe Dettingen am Neckar (Kr. Hechingen) niedergebrachte Tiefbohrung erschloß zwar Steinkohle, jcdoch nicht in bauwürdiger Menge. Die Bohrarbeiten wurden deshalb nach längeren Unterbrechungen Ende 1889 in einer „Teufe" von 704 m eingestellt." In diesen Sätzen ist eine Reihe nicht zutreffender Angaben und Feststellungen enthalten. * Am 26. August 1844 wurde in Stuttgart der „Verein für vaterländische N a t u r k u n d e in Württemberg" gegründet. Er wandet sich vor allem an „solche Mäaner, welche durch Beruf, Neigung und Liebhaberei" oder durch ihren Aufenthalt an besonders interessanten Orten „vorzugsweise zur Mitwirkung berufen" waren. Hauptzweck war neben der Veröffentlichung neuer wissenschaftlicher Erkenntn.- >e die „Erforschung der natürlichen Verhältnisse des Vaterlands" Cd. h. Württembergs). Von der naturwissenschafr chen Erforschung erhoffte man zugleich Flinweise für die wirtschaftlichen Förderungsmöglichkeiten des Landes. Schon bei der ersten Jahresversammlung des Vereins 1845 in Stuttgart reier irte der Tübinger Professor F. A. Quenstedt über „die H o f f n u n g auf Kohien in Württemberg". Natürlich konnte der damals erst sechsundreißigjährige Gelehrte, der noch nicht einmal ein ganzes Jahrzehnt in Württemberg wirkte, keine absolute Voraussage machen. Dennoch wagte er die Behauptung, man könne 10 gegen 1 darauf setzen, in der Tiefe des Neckarbeckens Steinkohle zu finden. Schon in einer Tiefe von etwa 250 m sei em erster Aufschluß über die Kohlenvorkommen zu erhalten. Bedenken wegen der Tiefe des Bohr104 lochs zerstreute er mit dem Hinweis, daß in England viele Schächte über 450 m hinunterreichten und ein Schacht bei St. Andreas im H a r z bereits rund 750 m tief sei. Die Argumentation Quenstedts gründete sich auf die Erkenntnis, daß Kohle nur dort entstehen konnte-, wo gewaltige Pflanzenmassen in sinkenden Becken abgelagert und dann rasch von Wasser bedeckt werden; bei weitgehendem Sauerstoflabschluß vertorft und verkohlt das angesammelte Pflanzenmaterial. Diese Bedingungen seien in dem großen Becken zwischen Schwä ischer und Fränkischer Alb einerseits und Schwarzwald, Odenwald und Spessart andererseits gegeben. Da am westlichen und nördlichen Rande dieses Sektors überall Anzeichen von Kohlevorkommen seien, so „wäre es wider alle Analogien, wenn die Steinkohlenformation weiter einwärts im Becken des Neckars fehlen sollte. Sie wird nicht nur vorhanden ,sondern wahrsche il'ch stärker sein." Fast leidenschaftlich forderte er dann Bohrungen; nicht zuletzt auch aus wissenschaftlichen Gründen: „Wir kennen n unserem Stufenlande die Formation nicht eher, als bis durch eine Reihe zusammenhängender, irr.;, wissenschaftlicher Umsicht in der Tiefe des Bodens angestellter Versuche tatsächlich dargetan ist, was wir haben und was uns f e h l t . . . Es ist dies der Fundamentalversuch, von dem alles weitere Suchen abhängt, und jedes Zögern ist ein Versäumnis, das sich straft!" Die Versammlung nahm aiese Ausführungen mit außerordentl hem Interesse auf; der energische Widerspruch von Professor Dr. Kurr drang nicht durch. Nach der Einführung der Dapfmaschinen und dem Bau verschiedener Eisenbahnlinien war Kohle unerläßlich geworden, wenn Handel und Industrie im Lande weiter gefördert werden sollten. Dazu herrschte allenthalben Besorgnis, durch den steigenden Verbrauch an Brennmaterialien die Wälder vorze' r ig abholzen zu müssen. Quenstedts Vorschlag: Bohrungen hei Dettingen Für die Bestimmung der Bohrpunkte nannte Quenstedt zwei Gesichtspunkte: Einmal sollte der Bohrpunkt genügend vom Schwarzwald entfernt sein, da mit zunehmender Beckentiefe auch mächtigere Kohlenschichten vermutet wurden. Zum andern sollte aus wirtschaftlichen und technischen Gründen dort angesetzt werden, wo tiefergelegene geologische Schichten zum Vorschein kamen. Besonders geeignet dafür hielt er den Taleinschnitt bei Dettingen, wo „der Neckar auf einer einzigen kleinen Stelle mitten in der mächtigen Muschelkalkformatin den roten Sandstein bespült". Tatsächlich liegt etwa an der Stelle, an der der Neckar sich nach Ostnordost wendet und von Westen her der Dießener Bach einmündet, der geologisch tiefste Punkt des ganzen württembergischen Neckartales. Hier konnte der Bohrer unmittelbar im Buntsandstein angesetzt werden, ohne zusätzlich den Muschelkalk durchbrechen zu müssen. Leider aber lag die von Quenstedt als besonders aussichtsreich bezeichnete Stelle außerhalb des württembergischen Territoriums und schied deshalb für Württemberg aus. Es wurde daher eine Sachverständigenkommission berufen, die drei andere Vorschläge unterbreitete. Die Voraussagen Quenstedts waren jedoch trot zder politischen Zerstückelung Deutschlands bis zu den maßgeblichen Persönlichkeiten in Berlin vorgedrungen. Während sich die Vorbereitungen der württembergischen Nachbarn immer weiter verzögerten, veranlaßte die preußische Regierung nach der Übernahme der hohenzollerischen Fürstentümer im Wissen um die politische und volkswirtschaftliche Bedeutung etwaiger Kohlenvorkommen eine nochmalige Überprüfung durch das zuständige Oberbergamt in Bonn. Wie sehr dem preußischen Staat an der Erschließung der Bodenschätze in diesem südlichsten Landesteil gelegen war, geht auch daraus hervor, daß fast gleichzeitig mit den Steinsalzbohrungen in Stetten bti Haigerloch begonnen worden war (7. 10. 1952), die sich ein halbes Jahr später als fündig erwiesen. Die Berichte des damaligen Oberbergamts Achenbach, der 1857 die erste eingehende „Geognostische Beschreibung der Hohenzollerischen Lande" veröffentlichte, f'tlen positiv aus. In einem ergänzenden Gutachten sprach .ich der Berggeschworene Raiffeisen, < n Bruder des Begründers der Raiffeisen-Genossenschaften und damals Leiter der Saline in Stetten, ebenfalls für den vorgesehenen Bohrpunkt aus. Allerdings gab er im Gegensatz zu Quenstedt die vermutliche Obergrenze des Steinkohlengebirges mit etwa 470 m an. Aufgrund dieser Gutachten erging am 22. 11. 1853 eine königliche Kabnetsorder zum Beginn der Bohrungen in Dettingen. Die hohenzollerischen Stände weigerten sich ) doch hartnäckig, Gelder zur Verfügung zu stellen Auch der preußische Finanzmirister wünschte eine Verschiebung auf 1855. Ein Dringlichkeitsantrag des Oberbergamts half jedoch weiter: 1854 wurde Raiffeisen beauftragt, die Vorbereitungen für dir Bohrversuche zu treffen und dann die Bohrung selbst zu überwachen. 1854: Beginn der Bohrarbeiten Jetzt wurde das Vorhaben energisch vorangetrieben. Die erforderlichen Grundstucke wurden angekauft; um die Bevölkerung über die Planungen im unklaren zu lassen, geschah dies durch einen Mittelsmann. In aller ELe wurde das Bohrturmgebäude errichtet, und schon am 15. Oktober 1854, dem Geburtstag Friedrich Wilhelms IV., er- folgte, begleitet von den üblichen Feierlichkeiten und unter regster Anteilnahme der Bevölkerung der ganzen Gegend, der erste Spatenstich für den Bohrschacht. Am 20. November konnte mit den Bohrungen selbst begonnen werden. Trotzdem nur mit Menschenkraft gebohrt wurde, hatte der Meißel bis zum Jahresende eine Tiefe von 110 m erreicht. Das anstehende Gestein scheint in diesem ersten Jahr noch keine Schwierigkeiten bereitet zu haben. Angesetzt wurde das Bohrloch im Plattensandstein des oberen Buntsandsteins. Die hell- bis weinroten Plattensandsteine wurden früher häufig als Werksteine abgebaut (Steinbruch in Dießen) und teilweise zu feinen Bildhauerarbeiten (Karlsbrücke in Stuttgart), dann aber vor allem für Bodenbeläge (Kirchentreppe in Dettlingen), Fenster- und Türrahmen, Garteneinfassungen, Marksteine und auch f ü r Dachplatten verwendet. Die Plattensandsteine bilden Bodengrund und Talwände des Dießener Baches und reichen ein kurzes Stück neckarauf- und -abwärts über seine Mündung hinaus. In der 8 m hohen Steilwand des Neckars unweit der Mündung der Dießener Straße ist diese Formation noch zu sehen; sonst ist sie meist durch Gehängeschutt, Anschwemmungen und Tuffbildungen verdeckt. Auch anfängliche technische Unzulänglichkeiten konnten bald behoben werden. Noch fehlte es den Bohrschmieden an ausreichender Erfahrung in der H ä r t u n g der Bohrmeißel, Erst, als die Maschinenfabrik Reinau (DufnerGfrörer) < e Herstellung dieses wicht gen Teiles übernahm, ging die Arbeit zügiger voran. Ende März 1855 stand mit halbjäf "ger Verspätung endlich Wasserkraft zum Bohren zur Verfügung. Zwar war die Wasserkraft des Dießener Baches schon vor Beginn der Arbeiten aufgekauft worden; doch erst jetzt wurde der 5,7 km lange besonders angelegte Flutgraben zwischen der unteren Dießener Sägemühle und der „Radstube", die das Wasserrad und die Transmissionsvorrichtungen auf Bohrschwengel und Seilrolle enthielt, fertig. Als das Jahr 1854 zu Ende ging, stand der Bohrer etwa in der Mitte Hauptbuntstandsteins. Der Plattensandstein (Mächtigkeit 29 m) und das Hauptkonglomerat (50 m) waren durchstoßen. Man war dazu 31 m weit in den Bausandstein vorgedrungen. Es würde den Kähmen dieses Berichtes sprengen, nun im einzelnen die geologischen Verhältnisse dazustellen und den Fortgang der Bohrungen chronologisch zu schildern. Die beigefügte tabellenartige Ubersicht mag diese Lücke ausgle'Jien (Seite ???). Zunehmende Schwierigkeiten Vei efen die Bohrungen anfangs im ganzen noch reibungslos, so stellen sich doch baid die ersten „Unfälle" ein. Am harmlosesten noch war das gelegentliche Ausbleiben der Wasserkraft. So fror in den kalten Dezembernächten des Jahres 1855 das Aufschlagwasser ein. In der Trockenheit des Sommers 1857 zapften die Dießener Bauern nachts wiederholt den Wasserlauf zur Wiesenwässerung an, so daß die K r a f t nicht mehr ausrechte. Ernster zu nehmen waren jedoch die mit zunehmender Tiefe des Bohrlochs sich rasch steigernden Schwierigkeiten: Im Sommer 1855 traten m Eckschen Konglomerat die ersten starken Nachfälle ein, die zu zeitraubendem Nachbohren und Auslöffeln zwangen. Im tieferen Rotliegenden 1 "uften sich die Nachstürze und waren nur noch mit 105 Mühe zu beseitigen. So hatte sich am 4. 4. 1856 beim Aufholen der Bohrer festgeklemmt. Es dauerte über einen Monat, bis er wieder frei war. Im Herbst desselben Jahres blieben durch einen Bruch über 300 m Seile im Bohrloch; erst vier Wochen später konnten sie herausgeholt werden. Die technischen Vorrichtungen entsprachen nicht der für die damaligen Verhältnisse beträchtlichen Tiefe. Wiederholt traten Gestängebrüche auf, zuletzt am 24. Oktober 1857 548 m unter der Erdoberfläche. Die Beseitigung des Schadens dauerte nahezu zehn Monate. Aber kaum hatte man wieder mit den Bohrungen begonnen, so ordnete das Oberbergamt deren vorläu' je Einstellung an. Das Risiko war zu groß geworden. Bei weiteren Gestängebrüchen oder bei erneutem Festklemmen des Bohrers bestand die Gefahr, daß der Schaden n.cht mehr behoben werden konnte. Dies aber hätte die Aufgabe des Bohrloches bedeutet. Inzwischen betrug die Tiefe 549,5 m. In dieser prekären Situation halfen nur gründliche Ausbesserungen und Erneuerungen. Schon früher hatte Raiffeisen eine Verrohrung oder Auszementierung des Bohrlochs gefordert. Diese war damals im Prinzip bereits genehmigt, und nach einem Bericht des Hohenzollernschen Wochen-Blattes sollen in Wasseralfingen die Rohre zur Ausbüchsung des Schachtes schon hergestellt worden sein. Wegen der Abnützung und der Brüchigkeit des Holzgestänges beantragte Raiffeisen zusätzlich Ersatz durch eiserne Bohrstangen. In Anbetracht der neu entstehenden Kosten wollte das Oberbergamt vor einer Entscheidung h ^rüber erneut überprüfen, welche Erfolgsaussichten bei einer Fortsetzung der Bohrung bestanden. 1859 an - wahrscheinlich auch unter dem Eindruck der Einwendungen von Fraas-, von weiteren Bohrungen und der Verrohrung des Schachtes vorläufig abzusehen, Bohrloch, Baulichkeiten und Maschinen aber so instandzuhalten, daß die Arbeiten nach einer vorzunehmenden eingehenden geognostischen Untersuchung durch den Berghauptmann von Dechen jederzeit wieder aufgenommen werden könnten. Dabei blieb es. Von Dechen fand in den folgenden Jahren keine Zeit. Inzwischen hatte Württemberg bei Dunningen zu bohren begonnen. In 273 m Tiefe wurde dort das Grundgebirge erreicht. In Berlin erwog man, die Dettinger Bohrung auf etwa 950 m voranzutreiben. Der Kostenvoranschlag belief sich hierfür auf 25 000 Taler. Als auch eine Bohrung bei Oberndorf (1865-1875) wegen nicht zu überwindender technischer Schwierigkeiten in 488 m Tiefe aufgegeben werden mußte, wurden Gelände und Wasserk r a f t 1881 an die Gebrüder Otto und Hermann Steinhart in Dettingen verkauft. Diese errichteten auf den neu erworbenen Grundstücken eine Schiefertafelfabrik, um der einheimischen Bevölkerung eine weitere Verdienstmöglichkeit zu verschaffen. Die Stelle des Bohrlochs wird vom heutigen Besitzer noch gerne gezeigt. 1888-1890 wurde noch einmal in Sulz zu Bohrungen angesetzt. In 901 m Tiefe stieß man auf das Grundgebirge. Damit war erwiesen, daß Steinkohle in Württemberg nicht vorhanden ist. Bilanz Meinungsverschiedenheiten Zuerst sollte sich Raiffeisen zu den Chancen weiterer Bohrungen äußern. Er hatte einst in seinem Voranschlag die H o f f n u n g ausgesprochen, in 470 m Tiefe auf Kohle zu stoßen. Obwohl die Bohrung nahezu 80 m tiefer stand, zeigte der Aushub noch keinerlei Veränderungen. Die süddeutschen Geologen Quenstedt und namentlich Fraas bezweifelten die E rhtigkeu seines Berichtes, er habe bei 155 m das Rotliegende erreicht. Nirgendwo inSüddeutschland hatte man bisher eine solche Mächtigkeit des Rotliegenden festgestellt. Auch die Schramberger Bohrungen (1834-1849) schienen seinen Ergebnissen zu widersprechen. Das Oberbergamt in Bonn wurde an den Berichten Raiffeisens irre. Erst durch Beilage von Bohrproben aus dem unteren Buntsandstein konnte er die Richtigkeit seiner Feststellungen beweisen. Spätere Bohrungen bei Sulz (1888-1890) bestätigten die Richtigkeit seiner Darlegungen; dort war das Rotliegende beinahe 600 m mächtig. Damit war der Bewe s erbracht, daß hier tatsächlich ein gewaltiges, nach Norden tiefer werdendes Becken bestanden hatte, das noch im Erdaltertum mit dem Verwitterungsschutt des Variskischen Geb : "jes aufgefüllt worden war. Theoretisch war damit die Möglichkeit der Steinkohienvorkommen bestätigt. Rai'feisen empfahl die Fortsetzung der Bohrungen. bei der 1845 angeregten und 1854 begonnenen Tiefbohrung in Dettingen wurde eine Tiefe von 549,5 m erreicht. Sie wurde im Rotliegenden ohne Resultat abgebrochen, weil von schwäbischen Geologen die Richtigkeit der Deutungen der Bonrproben angezweifelt wurde. Erst die Ergebnisse benachbarter Bohrungen führten zu dem Schluß, daß Steinkohlenlager nicht zu erwarten waren. Insgesamt dauerten die Bohrarbeiten in Dettingen rund 47 Monate, die häufigen Unterbrechungen wegen technischer Störungen und Abfangen des Nachfalls m t eingerechnet. Die tägliche Bohrleistung (Tiefe: tatsächliche Bohrtage) betrug durchschnittlich 0,55 m. Die Gesamtkosten des Bohrversuchs einschließlich der nachfolgenden Unterhaltung beliefen sich auf 97 758 Mark; dies dürfte, gemessen an den damaligen Preisen, einem jetzigen Betrag von 300 000-400 000 D M entsprechen. Quellen: J a h r e s h e f t e des Vereins f ü r vaterländische N a t u r k u n d e in W ü r t t e m berg 1845, 1846, 1860, 1887. W ü r t t . Jahrbuch f ü r Statistik und L a n d e s k u n d e 1912. Erläuterungen zur Geologischen Spezialkarte des Königreichs W ü r t temberg, Blatt D o r n s t e t t e n / D e t t i n g e n 1912. Zeitschrift für honenz. Geschichte 1968. Das Oberbergamt machte sich diesen Vorschlag zu eigen. Der Minister in Berlin ordnete jedoch unter dem 18. 11. 106 Hohenzollernsches Wochenblatt 1858, 1859 H o h e n z . H e i m a t . J a n . 1952, S. 1 - 2 . LAMBERT H E C K Rangendingen und der Bahnbau Als es um den Ausbau weiterer Kleinbahnstrecken ging, ist nach einem Pressebericht im „Zoller" vom Jahre 1903, von einem Eisenbahnfieber, das besonders die Bevölkerung der Gemeinden erfaßte, die in den Genuß einer Bahnverbindung auf der Strecke Stetten bei HaigerlochHeclJngen kommen wollten und sich dafür leidenschaftlich einsetzten, die Rede. Die Veröffentlichung eines Rechenschaftsberichtes vom Jahre 1901 über den Umfang und die Rentabilität des Bahnverkehrs auf den bereits eröffneten Teilstrecken, sollte das Eisenbahnfieber etwas abkühlen. Darin heißt es: „Die Jahresfrequenz für Personenbeförderung betrug 247 000 Personen. An Verfrachtung wurden 31 875 Tonnen und zwar: Kohle 3 932 t, Steine 952 t, Holz 4 737 t, Holzstoff 2 759 t, Getreide 60 t, Alteisen 4 812 t, Walzeisen 1 520 t, Salz 1 130 t und 8 717 t sonstige Massengüter befördert. Aus dem Personenverkehr wurden 41 609 M (auf eine Person kamen 0,248 Pf) vereinnahmt. Im Güterverkehr gingen 47 072 M und für Viehbeförderung 7 277 M ein, Gesamteinnahme: 90 761 M, Ausgaben 86 573 M, was einen Reingewinn von 4 097 M ergibt." D a ß man bei so geringen Einnahmen die Betriebs- und Bahnunterhaltungskosten einschränken mußte, ist verständlich. Auch der Verkehr von 1902 blieb weit hinter den Erwartungen zurück. Den Einnahmen von 104 332 M standen 84 336 M Ausgaben gegenüber und so brachte dieses Jahr einen Überschuß von 19 996 M, welcher eine Dividendenausschüttung nicht zuließ. Die in Aussicht gestellte Planung des Streckenbaus Stetten bei Haigerloch-Hechingen, rief nun einzelne Gemeinden auf den Plan, die mit allen M u tein versuchten, ihren Dörfern einen Anschluß zu erkämpfen. lungen getroffen: Grosselfingen ist ein vom Verkehr abgelegenes Dorf. Ein großer Teil seiner Arbeiter sucht den Verdienst auswärts. Wenn es beim Bahnbau keine Berücksichtigung findet, ist es f ü r alle Z u k u n f t ausgeschlossen, dem Verkehr näher angegliedert zu werden. Es gilt daher jetzt eine Agitation ins Leben zu rufen, die mit allen Mitteln arbeitet, um unsere große Gemeinde wirtschaftlich zu heben, die Industrie selbst ins Dorf zu bekommen, was durch eine Bahnlinie am ehesten gefördert werden kann. Ein Weiterbau der Bahn über Engstlatt hält die Versammlung für aussichtslos, weil die Hohenzollerische Kleinbahngesellschaft die Bahn durch Hohenzollern führen will. Wird die Bahn über Rangendingen gebaut, wird Owingen nicht berührt werden. Ein Weiterbau über den Ort Rangendingen wäre mit denselben Kosten verbunden, da diese Gemeinde teure Felder zur Verfügung stellen müßte. Über Grosselfingen geleitet, würde die Bahn größtenteils auf Gemeindeeigentum, das zu dem noch ziemlich wertlos ist, erstellt werden können. Für Industrieansiedlungen könnte Grosselfingen kostenloses Bauland zur Verfügung stellen. Außerdem besäße das Dorf in Bausteinen und Sandbrüchen einen bedeutenden Reichtum, in ölhaltigem Schiefer und Kalksteinen Material zur Fabrikation von Baumaterial, wenn eine Bahn die Möglichkeit zur Weiterbeförderung gäbe. Der rege Verkehr mit H o l z aus den umliegenden Gemeinde-, Privat- und fürstlichen Waldungen sichere die Rentabilität der Bahn mindestens im selben Maße wie Rangendingen. Die Möglichkeit der Gründung von Getreide-Verkaufsgenossenschaften fuße ebenfalls auf der Möglichkeit einer Bahnbeförderung. Außer Grosselfingen sei auch die Gemeinde Weilheim, der Hauser H o f , die Gemeinde Stein und der Ort Friedrichstraße an dem erwähnten Eisenbahnprojekt interessiert. Rangendingen mit seiner stets sauberen und ebenen Landstraße würde mit dem Bahnhof Stein leicht in Verkehr kommen können E' e Bahn über Stetten, Owingen, Grosselfingen (durch das Tälchen bei der Ostdorfer Mühle), Weilheim, Stein, Friedrichstraße würde sich bestimmt besser rentieren als über Rangendingen. Es wurde ein Komitee zur Agitation f ü r dieses Projekt gebildet. Von Grosselfingen wurden zunächst von Einzelbürgern folgende Planungsvorschläge m der Presse veröffenti cht: Linienführung Stetten bei Haigerloch, Owingen, durch das Gießbachtal nach Grosselfingen um den alten Berg herum über Weilheim nach Hechingen. Darauf folgte ein neuer Vorschlag: „Das Bähnlein soll über Owingen weitergeführt werden bis zur Grosseltinger-Ostdorfergrenze, soll ein Stück durch das Tal des Krebsbaches an der Zuglei vorbei über die Oberen Weiherwiesen, Längswiesen ins Weilheimer-Sigenthäle hinein verlaufen. Auf der Südseite gegen Weilheim soll der Bahnhof erstellt werden und dann soll die Linienführung dem Säuweiherle der Friedrichstraße nach Hechingen zu verlaufen. Diese Streckenführung sei um 3 km kürzer als die erstere. In einer weiteren Versammlung in Grosselfingen, die cl.e Weiterführung der Kleinbahn über Stetten bei Haigerloch-Hechingen zum Thema hatte, nahmen auch die Abgeordneten des Kommunallandtages Kraus, Bechtoldsweiler, und Maier, Wessingen, teil. Diese beiden gaben Aufschluß über die Möglichkeit einer Linienführung wie sie von Grosselfingen in Vorschlag gebracht wurde. Wenn Owingen, Grosselfingen und Weilheim freies Gelände stellen können und ein Bahnhof für Rangendingen in der Nähe des Stauffenburger Hofes erstellt würde, wären alle Gemeinden der Umgebung an das Bahnnetz angeschlossen und Rangendingen käme auf diese Weise am besten weg. Der Bau über Rangendingen nähme der Gemeinde mehr Grund und Boden weg als jeder anderen. Im August 1903 wurde in der Krone in Grosselfingen eine Bürgerversammlung, an der auch Interessenten aus der Umgebung teilnahmen, abgehalten, in der über d'e Möglichkeit und Rentabilität einer Bahn über Grosselfingen Stellung genommen wurde. Diese Zusammenkunft stand unter Leitung des dama'igen Lehrers Senner in Frankfurt a. M. In Vortragen wurden folgende Feststel- Der Verkehr von H a r t und Höfendorf gehe Haigerloch zu. Höfendorf hätte nicht einmal eine eigene fahrbare Straße nach Rangendingen und was Hirrlingen ang ige, wenn es überhaupt berücksichtigt werden sollte, hätte am Bahnhof Rangendingen Anschluß. Es wurde eine Petition an den Kommunallandtag eingereicht, in der die Gemeinde Grosselfingen sich f ü r einen Bau über ihren Ort Die heimatgeschichtlich wertvolle und interessante „Kleine Chronik der Hohenzoller^chen Landesbahn" von KR. Hubert Deck, Grosselfingen (H. H . 1970 N r . 3) ist, insbesondere was den Streit der beiden Gemeinden Grosselfingen und Rangendingen um die Linienführung der Verbindungsstrecke Stetten bei Haigerloch-Hechingen anbetrifft, einer Ergänzung wert. 107 darlegt, zu dem die beiden Abgeordneten ihre Unterstützung zusagten. Darauf meldete sich Rangendingen zum Ausbau der Kleinbahn zu Wort. Der Bau über Rangendingen se. auch f ü r den großen Marktflecken Hirrlingen und für H a r t und Höfendorf von Bedeutung. Das gewerbereiche und strebsame Dorf Hirrlingen verfüge über eine Dampfsägerei und über drei größere Getreidemühlen, ferner seien dort Ziegelwarenfabriken und zwei Bierbrauereien in Betrieb und 50-60 Arbeiter(innen) fänder in der hiesigen Fabrik Beschäftigung. Auch zahlreiche andere Geweibebetriebe und Kaufläden habe Hirrlingen aufzuweisen, von dem dlg Bahn gute Einkünfte zu erwarten habe. Rangendingen selbst verfüge über eine Getreidemühle, zwei Sägemühlen, zwei Gipsmühlen verbunden mit Obstmostereien und Ölmühlen. Ziegelwaren und Kalk werden in zwei Betrieben hergestellt und nach überall abgeführt. Sandgruben, Steinund Gipsbrüche seien in Rangendingen ebenfalls vorhanden Mehr als 200 Arbeiter sowie Schüler wandern täglich nach Hechingen und würden sicherlich mit der Eisenbahn fahren, wenn sie dazu Gelegenheit hätten. Die H o henzollerischen Kleinbahnen aber sollen die einzelnen Teile unseres langgestreckten Ländchens einander näher bringen, wobei auf Rentabilität in erster Linie Rücksicht zu nehmen sei. Die Fortsetzung der Linie Eyach-Stetten über Rangendingen nach Hechingen wäre zweifellos viel rentabler als über Grosselfingen, auch in der Anlage kürzer und billiger. Ob die Bahn über Grosselhngen oder über Rangendingen gebaut wird, mögen die Fachleute mit Rücksicht auf die Terrainverhältnisse entscheiden. Der kürzere Weg über Rangendingen scheint aber trotzdem der vorteilhaftere zu sein. Wenn nun doch die zu erwartende Frequenz der Bahn durch die Anwohner den Ausschlag geben soll, so reicht Grosselfingen nicht an Rangendingen mit s nem Gewerbefleiß und mit seinen verfügbaren Arbeitskräften heran. Der Eifer der Grosse.1 nger an die Bahn angeschlossen zu werden, schien den Rangendingern zwar begreiflich, würden es aber bedauern, wenn sich eine Gemeinde gegen die andere in der Bahnfrage aus zuspielen versuchte. Auch Rangendingen bekundet seine Bereitschaft für die Bahn die Opfer zu bringen, dies es kann, wenn sie zu dem zu erwarteten Nutzen im rechten Verhältnis steht und mehr tut Grosselfingen auch nicht. „Wenn man aber Rangendingen mit einem Bahnhof beim Stauffenberger Hof beglücken will, so danken wir bestens. Wir begrüßen nicht alles was zur Entscheidung führen kann, sondern nur, was e '.e glückliche, vernünftige und darum allseitig befr' digende Losung bringt." Auch von neutraler Seite wurde zu dem Projekt Grosseliingen Stellung genommen. Nach ihrer Meinung hat Grosselfingen unter Anpreisung so vieler geeigneter Gegenstände, die nur t i ier Bahn harren, um den Geldstrom über Grosselfingen zu ieiten, aufs wärmste empfohlen, daß man sich erstaunt fragen muß, weshalb denn nicht die nahegelegene Station Bisingen schon jetzt benutzt wird. Der Gedanke, die Bahnlinie noch über Weilheim laufen zu lassen, hieße doch mit der Kirche ums Dorf zu gehen. Soll die Bahn möglichst Hohenzollern zugute kommen und ein rascher Anschluß an die Killertalbahn genommen werden, so wäre die Richtung über Rangendingen auf jeden Fall vorzuziehen, Die Befürchtung, daß daselbst der Erwerb der nötigen Grundstücke zu teaer würde, .st grundlos, da die Linie bis Stein am Waldrand entlang geführt werden könnte. Im November 1903 wurde hier ein Komitee für die Einleitung der zum Bau einer Kleinbahn Stetten-Rangendingen-Hechingen nötigen Schritte, bestehend aus Bürgermeister Georg Strobel, den Bürgern Johann Elickle, Müller, 108 Barth, Strobel, Kaufmann, Georg Wild, Maurer, Felix Heck, Bauunternehmer, und Martin Strobel, Landwirt, gebildet. Dieses Komitee veranstaltete im Gasthof zum „Kaiser" eine Eisenbahnversammlung. Die große Zahl der Teilnehmer war ein Beweis für das beachtenswerte Interesse, das Rangendingen an einer Bahn hatte. Auch Bürger von H a r t , Höfendorf und Bietenhausen, ferner die Bürgermeister von Stein, Grosselfi- gen, Bechtoldsweiler und der Schultheiß von Hirrlingen mit einigen Begleitern waren erschienen. Der Kommunallandtagsabgeordnete Bürgermeister Kraus, Bechtoldsweiler, referierte über die Geschichte der hohenzollerischen Kleinbahnen und zeigte die Hindernisse auf, die zu überwinden wären, um zu einer vernünftigen Lösung der Eisenbahnfrage Stetten-Hechingen unter Zurückstellung unerfüllbarer Sonderwünsche zu kommen. Pfarrer Witz erläuterte, die vom Komitee festgelegten und zu verfolgenden Ziele und wies auf die N o t wendigkeit hin, für den schönen Gedanken der Herstellung einer einheitlichen hohenzollerischen Kleinbahn die nötigen Oofer nicht zu scheuen, auch wenn Sonderinteressen einzelner Gemeinden nicht berücksichtigt werden könnten. Nachdem in Hohenzollern die Strecken Eyach-Stetten und die Killertalbahn Hecbingen-Burladmgen fertiggestellt waren, stellte sich c : Aufgabe, c ':sen Bahnen einen Anschluß zu verschaffen. Dieses Bauvorhaben stieß aber auf allerlei Hindernisse, wie das Gelände oder der Widerstand oder das Nichtentgegenkommen der Bewohner einzelner Ortschaften, weil sie fürchteten einen Streifen Land zu verlieren, ja am Ende gar noch einen Zuschuß zahlen zu müssen. Die verschiedensten Meinungen und Interessen spielten bei der Planung und Verwirklichung der Bahnstrecke Stetten bei Haigerloch-Hechingen eine Rolle. Viele sahen im Personenverkehr, n Anschluß des Dorfes an die Stadt, die Hauptbedeutung einer Bahnverbindung und meinten, wer in die Stadt will, kann ja wie bisher zu Fuß gehen, wobei übersehen wurde, daß durch die Erleichterung eines billigen Personenverkehrs die Beweglichkeit der arbeitenden Bevölkerung erhöht und daß die Trennung der Wohnsitze von den Arbeitsstätten durch den Bahnverkehr ermöglicht Vird. D a ß aber oie Eisenbahn im Güter- und Warenverkehr eine verkehrssteigerr.de und preisregelnde Wirkung ausübt, die Entwicklung der Industrie fördert, neue Wirtschaftsräume, Absatzmärkte und Rohstoffquellen erschließt und deshalb von hoher volkswirtschaftlicher, politischer und sozialer Bedeutung ist, kam im Streit kleinlicher Sonderinteressen einzelner Gemeinden und Bevölkerungsgruppen im Raum HaigerlochHechingen kaum zum Ausdruck. Wenn Grosselfingen für den billigsten Bau und kürzesten Weg plädierte, aber mit ihrem Plan von Stetten bei Haigerloch-Owingen-Alte Mühie bei Ostdorf durch das Gießbachtal nach Grosseliingen, hinter dem alten Berg nach Weilheim-Friedrichstraße-Hechingcn leidenschaftlich kämpfte, dann ging es an den Realitäten vorbei, und gab seiner Absicht, um jeden Preis an die Bahn zu kommen, kund. Für die maßgebenden Stellen, die mit der Planung, Finanzierung und Ausführung der Anscnlußstrecken beauftragt v/aren, galt das Ziel, die Hohenzollerische Landesbahn unter Berücksichtigung der Terrai.iverhältnisse und der R e n t a b ' J t ä t fertigzustellen. Bei der Planung der Anschlußstrecke Stetten-Hec ingen konnte Rangendingen als wirtschaftlich bedeutsamer Ort, in dem die Industrie bereits Fuß gefaßt hatte, über überschüssige Arbeitskräfte verfügte und sich gewerblich gut entwickelt hatte, als Bahnstation nicht übergangen werden und zudem konnte die Bahn über Rangendingen auf der genannten Strecke auf dem kürzesten Weg, ohne nennens- werte Geländeschwierigkeiten überwinden zu müssen, gebaut werden und f ü r Hirrlingen blieb in seinem Nachbarort zu jeder Zeit die Möglichkeit offen, Bahnanschluß zu bekommen. Die von H a r t , Höfendorf und Bietenhausen erstrebte Heranführung der Bahniinie an ihre Orte, die von Regierungspräsident Dr. Beizer gegen den Geheimen Baurat Leibbrand hartnäckig vertreten wurde, konnte der Mehrkosten wegen nicht erfüllt werden und hätten den Bahnbau verzögert. Für Rangendingen als Bahnstation waren z w c Projekte ausgearb tet worden, nach dem einen sollte die Bahnlinie südlich um den O r t geführt werden, nach dem anderen sollte diese in nördlicher Richtung um den O r t verlaufen. Im Jahre 1911 machte si '1 unter den hiesigen Landwirten und den Anwohnern der Starzel gegen das Nordprojekt eine große Unzufriedenheit bemerkbar. Ihren Protest begründeten sie rr. t folgenden Feststellungen: „Eine nach ciiesem Projekt ausgeführte Bahnlinie wird im Falle einer Überschwemmung die Gefahr f ü r das Dorf erhöhen, da sie (u.'e Bahn) den freien Abzug des Wassers verhindert. Sie würde der Landwirtschaft gerade die schönsten Grundstücke entz ehen und außerdem in Arbeitszeiten den landwirtschaftlichen Betrieb bedeutend stören, da sie über sämtliche drei Hauptwege, wcche die Verbindung zu den Feldern herstellen, führt. Wer schon die langen Reihen von Wagen gesehen hat, der kann siui vorstellen, welche Ungelegenheiten und Störungen c : ese Bahnlinie verursachen wird! Die Stimmung, welche hier herrscht, kam in den letzten Tagen m zwei Eingaben mit vielen Bittschriften zum Ausdruck, worin uie Königliche Regierung ersucht wird, die zuerst projektierte südliche Richtung zur Ausfuhrung zu bringen, wobei alle die genannten Nachteile wegfallen. Ein Laie kann sIcK schwer vorstellen, welches Interesse ^leßahnbaugesellschaft daran hat, die B a h r - n i e mitten durch ein Überschwemmungsgebiet zu führen, wobei noch zwei wr ; :ere Brücken notwendig werden." Da das Landesbauamt die Wünsche der Rangendinger Bevölkerung, die Bahn in südlicher R'chtung zu bauen, unberücks . gt ließ, wandten sie S'ch mit der Bitte an den Minister ; ßer'in, die Bahnbaufrage noch einmal zu überprüfen. Vierfünftei der Bürgerschaft des Dorfes wehrten sich mir allen nur verfügbaren Mitteln gegen die nördliche Linienführung mit folgender Begründung: Der Bahndamm erhöht die Hochwassergefahr zum Schaden des Dorfes, weil er den freien Abzug der Wasserfluten in das Wiesengelände der Au hemmt, ferner beeinträchtigt er den landwirtschaftlichen Verkehr und durchschneidet die besten Äcker und W esen. Die folgenschwere Hochwasserkatastrophe im Mai 1924 hat gezeigt, daß die Rangendinger mit ihrem Einspruch in punkto Hochwassergefahr die Situation durchaus richtig erkannt hatten. Das Südprojekt war durch m i.iderertragreiches Gelände geplant, welche zum Teil Gemeindeeigentum war. welches im Ankauf viel billiger war und die Landwirtschaft nicht spürbar beeinträchtigte, weshalb unsere Bürgerschaft sich f ü r die südliche Linienführung einsetzte. Geheimer Baurat Leibbrand wurde der Vorwurf gemacht, er habe die örtlichen Verhältnisse zu wenig beiücksichtigt und versucht, der Gemeindevertretung die Bewilligung des Areals für die Norubahn in diplomatischer Weise abzuringen. Hierauf entgegnete die Hohenzollerische Landesbahn AG, daß von einem diplomatischen Abringen der Bewilligung des Areals f ü r die nördliche Linienführung der Bahn keine Rede sei. Es sei zu beachten, daß f ü r die Nordlinie ebenso wie f ü r die Südlinie genaue Erhebungen über den Wert der Grundstücke gemacht wurden und dabei sei festgestellt worden, daß die Grunderwerbskosten auf beiden Linien deshalb gleich seien, weil f ü r das Südprojekt unverhältnismäßig größere Flächen erforderlich wären als f ü r das Nordprojekt. Letzteres führe auf ganz niederen Dämmen mit wenig . efen Einsch „tten durch das teuere Geiände, was zur Folge habe, daß nur e- e geringe Breite f ü r die Bahn erfordert h sei, dte' Südlinie aber müsse fast durchweg auf 1 5 zu 9 Meter hohen Dämmen und bis zu 9 Meter tiefe Einschnitte geführt werden, so daß die vier- bis fünffache Breite des Areals auf lange Strecken erforderlich sei. Außerdem müßte bei der Südlinie die Ziegelhutte erworben oder eine erhebliciie Minderentschädigung an den Be-itzer bezahlt werden. Diese Verhältnisse seien den Bürgerkollegien an H a n d der Pläne und Berechnungen unter Angabe der zu bezahlenden Grunderwerbspreise eingehend erörtert worden. Für die Nordlinie seien die Bau und Grunderwerbskosten niederer und zudem bliebe bei der Nord 1 nie ein Anschluß nach Rottenburg möglich. Außerdem sei der Bahnhof bei der Nordi;nie viel besser zugängig. Der Anschluß von Fabriken auf der Südlinie wäre ausgeschlossen, weil diESS über hohe Dämme und iefe Einschnitte geführt werden müßte. Ebenso würden die Zugänge zu den landwirtschaf .liehen Grundstücken jenseits der Südii".e wesentlich erschwert. Der Ankauf der Grundstücke für die Südlinie sei zwar rund 2000 Mark b'lliger. dagegen aber wären 6000 t 8000 M Entschädigungen an Gebäudebesitzer zu zahlen, so daß sich die Mehrkosten f ü r den Grunderwerb auf 4000 bis 6000 M beliefen. Trotzdem vertraten di-: kangenc Inger leidenschaftlich und mit allem Nachdruck I iren Standpunkt, die Süd)¡nie zu bevorzugen. Hierbei führten sie ins Feld, daß der Präsident der Kleinbahn AG. in Frankfurt ganz außer sich war, als Leibbrand f ü r die Nordlinie plädierte und ausgerufen haben soll: „Die Nordl-iie st undurchführbar, sonst müßte infolge des Bahndammes das Dorf bei Hochwasser ersaufen." Große Enttäuschung löste d.e Nachricht aus, daß der Minister als letzte Instanz, die südliche Führung der Eisenbahn abwies. Dagegen entsprach derselbe dem Wunsche der Bevölkerung, anstelle von zwei Rohrdurcnlässen, die die Gemeinde nicht f ü r genügend erachtete, um das zwischen Bahndamm und Starzel gelegene Gelände schnell zu entwässern, zwei Flutbrücken mit 6 Meter Lichtwe : in den Eisenbahndamm einzubauen. Nach langwierigen und zähen Verhandlungen zwischen den amtlichen Stellen und den Bürgern der einzelnen Gemeinden waren nun endlich aile Hindernisse aus dem Weg geräumt und so konnte im Jahre 1911 mit dem Ausbau der Strecke Stetten bei Haigerloch-Hechii.gen n der Jetzigen L inienführung begonnen werden. Trotz aller Einwände gegen die nördliche Route bestand in Rangendingen, insbesondere in den Familien, die auf auswärtige Verdienstmöglichkeiten angewiesen waren, großes Interesse. Ein damaliger Gemeinderat befürwortete den Bahnoau mit den Worten: ,,D' Eisebah muaß hear ond wenn se dur(ch) mei Stub' dur(ch) fährt." M t dem Bahnbau kam Leben ins Dorf. Zahlreiche italienische Gastarbeiter, d'e in Privatquartieren untergebracht waren, lenkten besonders die Aufmerksamken der Kinder auf sich. Wie sehr wir auch zunächst die Fremdlander bestaunten, mußten wir doch bald erkennen, daß sie Menschen waren wie wir. Wenn sie an Feierabenden oder sonntags gruppenweise durch das Dorf zogen und in ihrer Sprache Lieder ihrer Heimat sangen, freuten wir uns an den temperamentvollen Weisen, welche teilweise Jugendliche unseres Dorfes übernommen hatten und solche noch lange nach dem Bahnbau in geselliger Unterhaltung in hiesigen Wirtschaften zu Gehör brachten. Während des 109 Bahnbaus herrschte in einer Kantine im Haigerlocher Weg, die von der früheren Zoller- und späteren Bahnhofwirtin betreut wurde, aber auch in allen Gaststätten des Dorfes, reges Leben. Auf den Baustellen gab es für die Dorfkinder viel Neues zu sehen und zu erleben. Am Sonntag, wenn der Bahnbaubetrieb ruhte, lockte uns das Baugelände auf den Plan. Es machte den Dorfbuben großes Vergnügen, sich an den abgestellten Loren zu schaffen zu machen und auf diesen verbotener Weise auf den ausgelegten Geleisen zu fahren, wobei es nicht zu vermeiden war, daß die eine oder andere aus den Schienen sprang, aber an abschüssigen Stellen auf der Au verstanden wir es schon ganz gut mit dem Bremsprügel die Rollwagen zum Stehen zu bringen oder sie mit „Hauruck" wieder in die Geleise zu wuchten. Glücklicherweise kam keiner von uns waghalsigen Jungen bei unseren Fahrten zu Schaden. tingent der täglichen Fahrgäste stellte, war der tägliche Fahrbetrieb, obwohl zur Gewohnheit geworden, doch nicht ohne besondere Reize. Da wir uns von zu Hause weg freier und unbeschwerter fühlten und zu mancher Ausgelassenheit neigten, konnten wir uns doch dem strengen Auge des Schaffners nicht entziehen und wenn es im Schülerabteil manchmal zu laut herging, brachte uns derselbe durch seine saure Amtsmine mit einem nicht gerade schmeichelnden Ohrzupfen oder mit seinem harten Billetkasten, besonders aber mit der Drohung, die Sünder dem Stationsvorsteher in Hechingen zur Rüge vorzuführen oder gar Anzeige bei der betreffenden Lehranstalt zu erstatten, zu einem geordneten Verhalten. Mit dem Mann mit der roten Mütze und dem steifen Kinnbart, der ihn noch strenger zeichnete, wollten wir es als Repräsentationsperson am Hechinger Bahnhof keineswegs ver- A n k u n f t des ersten Zuges in Haigerloch Außer einem Unglücksfall, der sich beim Bau der Bruckbachbrücke, als eine Lore in den Pfeilerschacht abstürzte, wobei ein hiesiger Bürger verletzt wurde, verlief der Bau ohne folgenschwere Unglücksfälle. Mit der Inbetriebnahme der Bahn schlug dem täglich von Haigerloch nach Hechingen und zurückverkehrenden Postwagen sein letztes Stündlein. Die Postillonsromantik, die so treffend in Lenaus Gedicht „Der Postillon" zum Ausdruck kommt, wirkt tief und nachhaltig als Erinnerung in uns weiter. Der Klang des Posthorns und der H u f schlag der Pferde verrieten schon vom Langen Zug her die A n k u n f t des Postgefährts. In das friedliche und einfache Leben unseres Dorfes hatte sich nun das Ki ;inbähnle eingeschlichen, gleichsam als wollte es seine Bewohner zu einem neuen Lebensrhythmus, zum Beginn eines neuen Zeitalters erwecken. Der Bahnbau 1911/12 war für unser Dorf von unschätzbarer verkehrstechnischer und wirtschaftlicher Bedeutung. Außer Hechingen wurden durch sie weitere auswärtige Industrieorte für immer mehr Auspendler erschlossen. Die regelmäßig verkehrenden Arbeiterzüge brachten Jahrzehnte den Großteil der Arbeiterschaft unseres Dorfes einschließlich Lehrlingen und Schülern zu und von ihren Arbeitsplätzen und Ausbildungsstätten. Für uns Schüler von hier und auswärts, die ein nicht unbedeutendes Kon110 derben, denn während der Wartezeiten waren wir froh, wenn wir .<n Wartesaal Unterschlupf finden konnten. Auch im Güter- und Warenverkehr erfüllte unser Bähnle bis heute seine Aufgabe. Zur Zeit überwiegt der Transport der langen Güterzüge mit Salzwagen von Stetten bei Haigerloch und der vielen Spezialwagen mit Roheisen ins Hüttenwerk Laucherthal den übrigen Bahnverkehr. Der Eröffnungstag, der 24. Dezember 1912, ist den älteren Dorfbewohnern, die damals noch die Schulbank drückten und mit der Lehrerschaft das erste Zügle auf der Strecke Hechingen-Stetten bei Haigerloch mit Vertretern der Staats-, Kommunal- und Eisenbahnverwaltung auf dem hiesigen Bahnhof begrüßen durften und nachher von der Gemeinde mit Wurst und Brot beschenkt wurden, noch lebhaft in Erinnerung. Durch die weitgehende Zurückverlagerung des Verkehrs von der Schiene auf die Straße muß unsere Landesbahn unterschiedlich starke Einbußen im Gesamtverkehr hinnehmen, wird sich aber, so hoffen wir zuversichtlich, trotzdem als wichtiges Verkehrsunternehmen weiter behaupten können. Unser Bähnle ist aus unserem Lebens- und Wirtschaftsbereich nicht mehr wegzudenken. Was mühsam erkämpft und geschaffen wurde, möge sich auch in der Z u k u n f t erhalten. LEOPOLD BAUSINGER Von alten Haigerlocher Meistern Die nachfolgenden Zeilen schrieb der Verfasser - als er Bürgermeister von Haigerloch war - im Jahre 1931 Alljährlich am Kirchweihmontag findet in der schönen, wildromantischen Eyachstadt Haigerloch in Hohenzollern alter Sitte gemäß der sogenannte „Handwerkerjahrtag" statt. Die Entstehung dieses Tages geht in die Zeit zurück, in der das Zunftwesen in Deutschland aufgehoben und die Gewerbefreiheit eingeführt wurde. Wenn wir nachher sehen werden, wie sehr die Haigerlocher H a n d werker von echtem, strengem Zunftgeist beseelt waren, wie jede Zunft ihre genau beobachteten, geschriebenen und ungeschriebenen Gesetze hatte, wie die einzelnen Zünfte das Jahr hindurch ihre Zusammenkünfte hatten, die mehr oder weniger in einem ehrbaren Trünke endeten, so können wir verstehen, daß es die damaligen Meister schwer ankam, alte und festeingewurzelte Überlieferungen und Gewohnheiten sang- und klanglos preiszugeben. Und als damals das Zunftwesen endgültig begraben werden sollte, ja mußte, da vereinigten sich die Ha.gerlocher H a n d werker, und sie beschlossen, einmal im Jahre alter Sitte und bisherigem Brauche gemäß zusammen zu kommen, um die Erinnerung an das begrabene Zunftwesen in etwa wachzuhalten. So entstand der „Handwerkerjahrtag" in Haigerloch, der f ü r jeden rechten Meister und Gesellen als ein Lokalfeiertag gilt. Wie schon die alten Zünfte stark religiös eingestellt waren, und wie auch die alten Meister :hr Tagwerk „in Gott's N a m e n " begannen, so geben die Haigerlocher am H a n d werkerjahrtag zunächst Gott die Ehre durch gemeinsamen Besuch des Gottesdienstes, der den verstorbenen Meistern geopfert ist. Anschließend hieran erfolgt unter Mus1 k und unter Vorantritt der noch vorhandenen alten Zunftfahne geschlossener Abmarsch in einen Gasthof. Dort werden die im Laufe des Jahres angefallenen geschäftlichen Angelegenheiten erledigt, es wird in ernstem Gedenken der verstorbenen Meister gedacht, in frohem und fröhlichem Beisammensein wird beraten und getagt, gesungen und gescherzt, so wie es alter Handwerkerbrauch ist. Und wie schon Hans Sachs so treffend gesungen hat: „Ehrt Eure deutschen Meister, dann bannt Ihr gute Ge rer", so werden auch am Handwerkerjahrtag " sveils die alten und verdienten Meister durch Geschenk und Ansprache besonders geehrt. Stolz und leuchtenden Auges sitzen sie da, die alten und weißbärtigen Männer von 70, 80 und mehr Jahren, und man sieht es ihnen an, wie wohl es hnen tut, nochmals in ihren alten Tagen im Kreise Gleichgesinnter zu se'n und dort zu erzählen von einstigen Zei en, von einstigem Schaffen und Wirken, von Leid und Freud im Berufe. Und es ist gut, daß solche Bräuche auch in der „modernen" Zeit beibehalten werden, denn sie bilden den Boden der Freundschaft und des F r o h r ins, und es darf mit Sicherheit angenommen werden, daß auf diesem Boden nur gute Saat aufgeht, .de in dieser oder jener Form Frucht b* igen wird. Haigerloch als ehemalige Res ienz- und Oberamtsstadt bildete von ,eher den wirtschaftlichen Mittelpunkt des ganzen Bezirkes. Und wie in anderen Fürstenstädten so hatten H a n d w e r k und Gewerbe auch in Haigerloch von jeher >hren Hauptsitz. Wir finden daher schon frühzeitig einen guten und in den einzelnen Zünften zusammen- geschlossenen Handwerkerstand in Haigerloch. Nicht ganz einfach und nicht jedem H a n d w e r k e r war es gestattet, in Haigerloch ein H a n d w e r k zu betreiben. Hierzu war vor allem erforderlich, daß er „Bürger" war. Der fremde oder gar ausländische Handwerker - und das war bei den damaligen süddeutschen Staatenverhältnissen keine Seltenheit - wurde n der Regel zur Ausübung se'nes Berufes nicht zugelassen. Das war streng befolgtes Zunftrecht, von dem nur selten Ausnahmen zugelassen wurden. N u r die „Liebe" konnte manchmal die Herren Stadtväter sanfter und nachgiebiger stimmen, wobei allerdings der Hintergedanke eine recht beachtliche Rolle spielte, eine Haigerlocher Bürgerstochter an den Mann zu bringen. Hieraus folgt aber, daß die Meister in hohem Ansehen gestanden sein mußten, was auch daraus hervorgeht, daß im Jahre 1721 die Tochter des Stadtschultheißen einen Barbiergesellen heiratete, der, trotzdem er „Ausländer" war, aus besonderer Reflektion gegen den Herrn Stadtschultheißen und seine Tochter in Haigerloch aufgenommen wurde. Und ein Tiroler Flor- und Seidenwarenhändler heiratete gar die Tochter des Ratsschreibers und Oberamtmanns. So hatte also damals, wie schon so o f t im Leben, die „Liebe" gesiegt, sicherlich nicht zum Nachteil der Haigerlocher Schönen. Wenn man heute die Haigerlocher Heiratsregister durchblättert, so möchte man wünschen, daß auch heute wieder manche „Ausländer" oder „Fremde" nach Haigerloch kommen möchten, um sich dort eine Lebensgefährtin auszuwählen. Sie dürften überzeugt sein, daß auch die heutigen Stadtväter ebenso nachsichtig sein und jeden rechtschaffenen Fremden gerne als „Haigerlocher Bürger" aufnehmen werden. Kein Zweifel, daß das H a n d w e r k in Haigerloch durch den gewesenen Grafen- und Fürstenhof manche Anregung und Belebung erfuhr; das beweist schon ein Rundgang durch die Stadt mit ihren vielen, aiten Bau- und Kunstdenkmälern. Und mir will scheinen, daß die Regierungszeit des kunstsinnigen und frommen Fürsten Josef zugleich auch die Blütezeit Haigerlochs gewesen sei. Damals, um die Mitte des 18. Jahrhunderts, war das Dre gestirn: Großbayer, der Baumeister, Weckenmann, der \ l d h a u e r , und Meinrad von Ow, der Maler, schaffend und sinnend am Werke, wovon noch heute die herrliche, kühn auf einen Felsen hingebaute Schloßkirche, die prächtige und liebliche St. Annakirche, der Nepomuksbrunnen auf dem Marktplatz, der Gasthof zum „Schwanen" mit seinem mächtigen reliefgeschmückten Giebel und dem schönen Barockeingang, das Großbayernaus, der Aufsatz auf dem Römerturm u. a. zeugen. Es war damals eine Glanzperiode künstlerischen and handwerklichen Schaffens und Wiikens, und zweifellos hat das hei rnsche H a n d w e r k aus jener „Meisterzeit" manche Anregung erhalten, die lange befruchtend wirkte. Kehren wir nochmals kurz zum Zunftwesen zurück. Wie in den me ; ten Städten bildete auch Ii Haigerloch die Metzgerzunft eine der vornehmsten und reichsten. Die Metzger in Haigerloch gehörten meist ein und derselben Familie Lenz an, von der P. Ansgar PÖilmann schreibt: „Wer mit aufmerksamen Augen die Stammbäume übersieht, der wird gestehen müssen, daß es sich hier um ein 111 klassisches Beispiel von Zuchtwahl handelt. Diese zweihundertjährige Metzgerdynastie Lenz weist ein Rassegefühl auf, wie kaum ein ältestes Adelsgeschlecht. Sie beginnt in den Tagen des fürstlichen Glanzes einer ihrer ganzen Anlage nach auf Inzucht gestellten Kleinstadt und verschafft sich durch einen prachtvollen, zielbewußten Familienklüngei eine allumfassende Hausmacht. Diese Metzger und Metzgersöhne sind im Laufe von ein paar Jahrzehnten im Besitze fast aller "VC rtshäuser Haigerlochs oder beherrschen doch deren geschäftliches Leben durch ihre Gevatterschaft. Und ^ i e diese Lenz wußten, daß si: mit der Hausmacht auch ein Schicksal, ein Fatum aufstellen, das hinauf, aber auch eines Tages wieder hinab führen mußte! Heute noch läuft das Sprichwort: „D'Zeit zwingt d'Leut, sagt der Metzgerjergle." Der Metzger.rgle war der Großvater des P. Desiderius Lenz und stand an der Glückswende seiner Familie: zu seiner Zeit starb Andreas III. im Armenhaus und andere folgten, aber keiner hatte das Bewußtsein verloren, einer einst mächtigen Familie angehört zu haben. Der „Metzgerstolz" ist sprichwörtlich. Eines blieb den Mitglie lern der Familie Lenz bis ins letzte Glied treu, sicher als Lohn für die Beobachtung des 4. Gebotes: eine unverwüstliche Lebenskraft, die das 80. und 90. Lebensjahr als eine gewöhn che Erscheinung r it sich bringt. Aus dieser Metzgerdynastie ging, wie schon vorher angedeutet, der große Malermönch und Begründer der weltbekannten Beuroner Kunstschule, Pater Desiderius Lenz, der im Alter von 96 Jahren vor drei Jahren als Ehrenbürger der Stadt Haigerloch verstorben ist, hervor. Seltsam aber: dieser Große steht am Ende seines Geschlechts, gleichsam als weithin leuchtender Stern und alle seine Ahnen himmelhoch überragend. Und mit ihm, dem greisen Malermönch, gingen die Lenz „leuchtend nieder". Die ganze Geschichte der Metzgerdynastie erweist sich, wie P. Pöllmann schreibt, nur als eine Vorbereitung auf diesen Einzigen, die Basis der Grundpfeiler der HOHENZOLLERISCHE HEIMAT herausgegeben vom Hohenzollerischen Geschichtsverein in V e r b i n d u n g mit den S t a a t lichen Sdiulämtern Hechingen und Sigmaringen. V e r l a g : Hohenzollerischer Geschichtsvercin 748 Sigmaringen, K a r l s t r a ß e 3. Drude: M. Liehners Hofbuchdruckerei K G , 748 Sigmaringen, K a r l s t r a ß e 10. Die Zeltschrift „Hohenzollerische Heimat" ist eine heimatkundliche Zeitschrift. Sie will besonders die Bevölkerung in H o h e n z o l l e r r n i t der Geschichte ihrer H e i m a t v e r t r a u t machen. Sie bringt neben fachhistorischen auch populär gehaltene Beitrage aus der Geschichte unseres Landes Sie veröffentlicht bevorzugt Beiträge, die im Schulunterricht verwendet werden können. Bezugspreis: 2,00 D M halbjährlich Konten der „Hohenzollerischen H e i m a t " : 802 507 H o h e n z . Landesbank Sigmaringen 123 63 Postscheckamt S t u t t g a r t 112 Die Mitarbeiter dieser Desiderianischen Kunst aber ist vor mehr als 250 Jahren am Anfang der Geschichte der Metzgerdynastie deutlich erkennbar. Altes und Ehrwürdiges aber, das wollen wir uns eingestehen, auch manch Unerfreuliches ist längst verschwunden. Eine neue Ze.. ist auch für den Handwerkerstand herangebrochen, die Maschine verdrängte nicht nur den Menschen, sondern vielfach auch den Geist, und für jene von uns an den alten Meistern so bewunderte Handarbeit mit ihrer starken Prägung des Persönlichen bietet sich heute kaum noch Raum, wo alles und jedes bald abgestellt ist auf einen „Typ", auf „moderne Sachlichkeit", wo es darauf ankommt, möglichst in drei Schichten des Tages in je 8 mal 60 Minuten am fließenden Band rasch und (viel zu erzeugen. Kein Wunder, daß viele und manche von den Alten, die sich nicht umzustellen vermögen, sicherlich nicht die schlechtesten - zurückbleiben und untergehen, daß ganze Berufe verschwinden. So sind auch in Haigerloch ehemalige in hoher Blüte gestandene H a n d werkerberufe ausgestorben, und heute gibt es weder Tuchweber, noch Seifensieder, noch Goldschmiede, noch „Pitschierstecher" (Stempel- bzw. Siegelverfertiger), noch Färber, Walker, Nagelschmiede, Siebmacher u. a. Für sie alle hat die heutige Zeit keinen Raum mehr, die Maschine verfertigt deren Erzeugnisse viel rascher und billiger. Gleichwohl aber ist in Haigerloch auch heute noch em gesunder und leistungsfähiger Handwerkerstand vorhanden, der in neuer Z ;it mit neuem Werkzeug und mit neuen Formen, jedoch im guten, alten Geiste wirkt und schafft, und zwar in einer schönen, romantischen Stadt, aus deren Mauern noch die gute, alte Zeit auf Schritt und Tritt den Beschauer grüßt. Und wer im Schloßhofe oder im idyllischen Kirchgarten zu St. Anna zu lauschen versteht, der wird die Sprache einer großen und kunstreichen Vergangenheit, an der das H a n d w e r k nicht geringen Anteil hat, ebenso wahrnehmen, wie in den engen Straßen und Gassen und verträumten Winkeln der Stadt. Nummer: Dr. Siegfried Krezdorn, Gewerbeschulrat Abt-Rohrer-Straße Albert Schäfer, Reutlingen Josef Mühlebach L a n d e s v e r w a i t u n g s r a t .. R. Sigmaringen, L e o p o l d s t r a ß e Lambert Heck, O b e r l e h r e r i. R. Rangendingen, Zollerstraße 2 Leopold Bausinger, L a n d r a t a. D . Johannisberg im R h e i n g a u Johann Adam Kraus P f a r r e r und Erzbisch. Archivar i. R. 78 Freiburg-Littenweiler, Bachstraße 2 Karl Waldenspul, Rektor Rangendingen Kedaktionsausscbuß: H u b e r t Deck, K o n r e k t o r 745 Hechingen. Tübinger Straße 28 Telefon 07471/2937 W a l t h e r Frick, Journalist 748 Sigmaringen, H o h e T a n n e n Telefon 07571/8341 Die mit N a m e n versehenen Artikel geben die persönlidie Meinung der Verfasser wieder; diese zeichnen f ü r den I n h a l t der Beitrage verantwortlich. Mitteilungen der Schriftlcitung sind als solche gekennzeichnet. Schriftleiter: M a n u s k r ; p t e und Besprechungsexemplare werden an die Adresse des Schriftlciters oder Re daktionsausschusses erbeten. D r . med. H e r b e r t B u r k a r t h 7487 G a m m e r t i n g c n , Eichertstraße Telefon 07574/329 Wir bitten unsere Leser, die „Hohenzollerische H e i m a t " weiter zu empfehlen. H Ö H ENZOLLERISCHE HEIMAT 21. Jahrgang 1971 Nr. 4 W 3828 F Herausgegeben o o m Hohenzollerifchen Gelchichtooerein in Verbinöung mit öen Staatlichen Schulänitern Hechingen u n ö Signiaringcn E I N G U O T SELIG I O R , wie dieser Einblattdruck aus der Frühe der Druckerkunst im 15. Jahrhundert, wünscht die Hohenzollerische Heimat allen ihren Lesern. Das Chr.istuskind aus der mystischen Rose, ein damals oft gebrauchtes Motiv, soll unsere guten Wünsche zu Weihnachten und zum guten neuen Jahr zusammenfassen. Wir meinen, daß wir der Aufmunterung, Besinnung und guten Wünsche um diese Jahreszeit so sehr bedürfen wie die Generationen zuvor ihrer bedurft haben. | JOSEF MÜHLEB A C H Vom winterlichen Brauchtum auf dem Lande Das ehemalige Brauchtum ist zum großen Teil ein Opfer des heutigen Industr .-Zeitalters geworden, das will sagen, daß in der sogenannten Wohlstandsgesellschaft von heute das einstige Brauchtum auf dem Lande keinen Platz mehr hat oder höchstens nur noch recht bescheiden gepflegt wird. Jahrhundertealte Gebräuche hatten in der einfachen, bescheidenen und geruhsamen Lebensweise der Altvordern ihren Grund. Mit der Technisierung und dem Wohlstand sind Wesen und Gehalt des Brauchtums vergessen worden und verloren gegangen. Es ist deshalb gewiß reizvoll, am Bf spiel des Dorfes Hausen am Andelsbach eine kleine Schau auf das einstige Brauchtum, wie es im W iter in Erscheinung trat, zu versuchen. Am Anfang des Winters stand früher f ü r die Jugend der Klosentag als der höchste Freudentag des Jahres. Es war für die Kinder das Hochfest des Jahres; im Rang und in der Bewertung überragte der Nikolaustag Weihnachten, zumal man früher das große Schenken zu Weihnachten nicht kannte. Der Klosentag hat die ganze Jugend in seinen Bann gezogen. Schon beim ersten Flockenfall Ende November oder Anfang Dezember sangen die Kinder begeistert: „Es schneit, es schneit, daß Fetze geit, dr Santiklos ist nimme weit." Dem Klosentag aber gingen die Kinder erregenden, geheimnisumwitterten Vorbereitungen f ü r das Schenken voraus. Da war - nach Beendigung der herbstlichen Feldarbeiten - der lockende Martin Markt im benachbarten Städtchen. Dort gab es - das wußten die Kinder - in Fülle und reicher Auswahl schon all die begehrten Dinge, die zum Klosentag gehörten. Der MartiniMarkt war eben schon ein verheißungsvoller Künder und Vorbote des Nikolaustages.Und wenn es dann so weit war, stellten die Kinder am Abend vor dem Klosentag, bevor sie ins Bett gingen, einen leeren Teller auf dem Eßplatz am Famii'°ntisch bereit. Am folgenden Morgen war der Teller vom Nikolaus gefüllt mit Lebzelta (Lebkuchen), die mit dem Nikolauslied verziert waren, mit Walnüssen, Äpfeln und nützlichen Beigaben. Dieses nächtliche Geschenk gab es in jedem Haus, während der Besuch des gestrengen und trotz seiner Nachsicht wegen der Ruten etwas gefürchteten St. Nikolaus nicht jede Familie mit Kindern erreichte. Zur Freude der Kinder erfuhr der Festtag noch eine Steigerung, als der Götte und die Gotta ihren Patenkindern Geschenke ins Haus brachten oder bringen ließen. Da gab es vielerlei nützliche Dinge, die jedes Kinderherz erfreuten: farbige Taschentücher, vielleicht eine Gnffellade, eine Schieferschreibtafel, Strümpfe, ein Taschenmesser oder eine Mundharmonika für die Buben, Schürzen und ein Halsband f ü r die Mädchen, wohl auch ein Spielzeug für gemeinsame Spiele an den langen Winterabenden, einfach alles, was Kinderglückseiigkeit ausmachte. Konnte man es den Kindern verdenken, daß sie den N i olaustag höher schätzten als Weihnachten? An Weihnachten stand früher und steht heute noch der Christbaum im Blickpunkt des Interesses jeder Familie, vor allem aber der Kinder. Er wurde geschmückt mit farbigen Glaskugeln, Engelsfiguren aus Wachs, „vergoldeten" oder „silbernen" Nüssen und Tannenzapfen, mit kleinen Lebkuchen, Marzipanstücken in spielerischen Figuren, gläsernen Eiszapfen und Springerle. All dies bunte Schmuckwerk ist in neuerer Zeit den Glaskugeln gewichen. Die Weinnachtskrippe unter dem Ch stbaum war einstens nur mit einigen Krippenfiguren angedeutet. Heute ist die vielfach selbst gebastelte Krippe in den Vordergrund der 114 wtihnachthchen Schau ;n der Bauernstube getreten. Als wohl die schönste und wichtigste Schau in der Weihnachtszeit bot aber in der Kirche die Krippe mit der heiligen Familie im Stall inmitten der gebirgigen bethlehemitischen Landschaft mit Ochs und Eselein, Hirten, Schafen, Gebirgspfaden und Grotten. Immer wieder zog es die Kinder vor d Krippe zu bewunderndem Anschauen, besonders wenn dann noch die heiligen Dreikönige das Weihnachtsbild vervollständigten. Als „Gutsjahr" erhielten an Neujahr die Paten der Kinder als Gegengabe für die Geschenke zum Klosentag von den Eltern der Patenkinder einen großen Brotring aus blühweißem Weizenmehl. Das würzige Birnenbrot, auch Hutzelbrot genannt, war in der Weihnachtszeit eine bei der ganzen Familie beliebte Beigabe zum Morgenkaffee und zum Abendessen. In der Silvesternacht, wenn ein dröhnender Böllerschuß den Beginn des neuen Jahres angezeigt hatte, zog eine Gruppe sangsfreudiger junger Männer durch das Dorf, um den Bewohnern, vorab dem Pfarrer, Bürgermeister und Lehrer das Neujahr anzusingen. Das in langer Tradition von Jahrzehnt zu Jahrzehnt gesungene Lied hatte folgenden Wortlaut: Ob das alte manche Sorgen, manchen Kummer euch gebar, grüßt euch froh der erste Morgen in das neue Lebensjahr. Schaffet Mut im Geiste milder, froher, schöner Zukunftsbilder. Eine bessere Zeit wird lachen unter des Allmächtigen Wachen. Wir wünschen euch fröhliche Zeit und einst das himmlische Reich. Wir wünschen guten Morgen das N e u j a h r euch an. Ein Jahr ist vorüber, kaum denkt man daran. So kommen die Jahre heran, bis der Tod klopft bei uns an. So kommen die Jahre und ziehen dahin. Und wie sie verwelken und wie sie verblühn, und wie alljährlich fallet das Laub, so zerfallen wir alle zu Staub. Dem Lied fügen die Sänger denNeujahrswunsch an: A guets neus J a h r ! Am Tag vor dem Dreikönigfest zog eine j igendliche Gruppe in morgenländischem H a t ' mit dem Dreikönigsstern auf der Spitze eines Stabes durch das Dorf von Haus zu Haus, um gegen eine bescheidene Gabe der besuchten Familien das Dreikönigfest mit folgenden Versen anzusagen: T'ie heiligen Dreikönig mit ihrem Stern, sie suchen das Kindlem und hätten es gern. Sie kamen vor Herodes' Haus, Herodes schaut zum Fenster heraus. Ach Gott, ach Gott, der H " tere ist schwarz. Ja, er ist schwarz, er ist wohlbekannt, es ist Kaspar, König aus dem Mohrenland. So gib mir doch die rechte H a n d . Die rechte H a n d , die geb' ich dir r : cht, du bist Herodes, wir trauen dir nicht, Dann kamen sie vors Hüttelein und fanden das Kind im Krippelein. Sie fanden es ganz nackt und bloß und legten es Maria auf den Schoß. U n d wenn ihr was gebt, so gebt es bald, wir müssen noch durch den finstern Wald, durch den finstern Wald, durch den tiefen Schnee, das tut den heiligen Dreikönig so weh. Am Dreikönigsfest selbst - 6. Januar - läßt nahezu jede Familie in der Kirche in einer Schale Salz mit Kreide weihen. Das geweihte Salz wird im Laufe des Jahres immer wieder in kleinen Dosen dem Gebrauchssalz im Haushalt zugesetzt. Mit der geweihten Kreide wird auf dem oberen Querbalken am Hauseingang oder an der Stubentür ein K + M + B gezeichnet. Dieses Zeichen (Kaspar, Melchior, Balthasar) soll den bösen Geistern den Zutritt zum Haus wehren. Der ursprüngliche Sinn des Zeichens C + M + B ist längst dem Volk verloren gegangen; gehen doch die drei Buchstaben auf den alten Segensspruch zurück: Christus monsionem benedicat Christus möge dieses Haus segnen. An Winternachmittagen trafen sich Frauen in kleinem Kreis zu erholsamen Plauderstunden in der Hostube, bei der die Bäuerin ihre Gäste mit goldgelbem Gugelhopf und köstlich duftendem Bohnenkaffee bewirtete. Sonst gab es im Bauernhaus ja nur Malzkaffee. In der Hostube war man aber nicht müßig; die Frauen nutzten die Stunden zu fleißigem und emsigen Stricken von Socken für den Mann oder von Strümpfen für die Kinder. Das Wort Hostube kommt von Hofstube, das ist die große Stube des Bauernhauses für die gemeinsamen Mahlzeiten der Familie. Die Bauern hielten ehemals treu zu ihrer Sippe. An einem Sonntag in der ruhigen Jahreszeit trafen sich die Familien einer Sippe einmal im Jahr wechselnd in den Dörfern, in dem zur Sippe gehörenden Bauernhof zu einem Familientag. Die auswärtigen Familien kamen mit dem gelbfarbenen „Bernerwägele" oder mit der schmuck hergerichteten „Chaise", im Winter, in dem mit Woll- und Pelzdecken ausgestatteten Chaise-Schlitten angefahren. Der winterlichen Fahrt gab das lustige Schellengeklingel vom Rücken der trabenden Pferde fröhlichen Rhythmus. Von Mitte bis Ende Januar ging die Wachsfrau mit dem mit einem flachen Wollbauschchen auf dem Kopf getragenen ovalen Korb von Haus zu Haus, um Kerzen und weiße oder goldbraune Wachsrodel zur Weihe am Lich:meßtag anzubieten. Wenn man von Lichtmeß etwas sagen will, so muß man sich der Zeit vor dem ersten Weltkrieg erinnern. I " :htmeß war damals der wichtige Tag des Dienstbotenwechsels. Teilweise war Dienstbotenwechsel freilich schon an Martini, weil mancher Bauer sich im Winter, in dem es kaum Feldarbeiten zu verrichten gibt, den oder wenigstens einen D' :nstboten ersparen wollte. Solche Wechsel der Dienstboten, auch Ehehalten, genannt, konnte ja nur geschehen, Stiftung des „Tenebrae" zu Hettingen Eine Urkunde im Pfarrarch'v Hettingen vom Freitag vor Quasimodo (8. Apr.) 1491 berichtet: Otilia von Bubenhofen, gb. von Bach, stiftet zum Gedächtnis Jesu unseres „Behälters" und seiner Mutter, der Himmelskönigin und Magd Maria f ü r die Seelen ihrer Vorfahren und Nachkommen, ihrer selbst und ihres verstorbenen Gatten Hans von Bubenhofen, des Landhofmeisters des Grafen Eberhard von Wirtemberg, in die Pfarrkirche Hettingen auf alle Freitage des Jahres folgendes: Nach dem Amt (!) soll der Mesner ein Z liehen mit der großen Glocke geben zum Gedächtnis des Sterbens Christi und erhält als Lohn je 1 Heller. Drauf soll der Kirchherr und die Kapläne das Responsorium singen „Tenebrae factae sunt" („Es sind Finsternisse entstanden") samt Vers und Gloria Patri und Versikel „Proprio filio suo" (seines eigenen Sohnes hat als es noch Dienstboten gab. Tatsächlich hatte damals, als man landwirtschaftliche Maschinen noch nicht kannte, jeder größere Bauernhof einen Knecht und eine Magd oder wenigstens einen Knecht oder eine Magd. Wenn wohl auch nicht jeder Knecht oder jede Magd die Stelle wechselten, so war der Lichtmeßtag doch ein wichtiges Ereignis, sowohl für den Bauernhof wie für die Dienstboten. Heute hat der Lichtmeßtag nur noch die Bedeutung, daß man in der Kirche Kerzen und Wachs f ü r den Gebrauch eines Jahres weihen läßt. Lichtmeß deutet schon auf das kommende Ende des Winters hin. Zwar noch zaghaft, aber doch zuversichtlich läßt Lichtmeß eine Ahnung des Lichtes des nahenden Frühlings verspüren Der Bauer sagt: „L'chtmeß - bei Tag eß". Das he: 3t, die Morgen- und Abendmahlzeiten sollen wieder bei Tageslicht eingenommen werden. Zum Ausklang des Winters gehört im Brauchtum unseres Dorfes noch die Fastnacht. Wir zeichnen hier, wie eingangs bemerkt, ja ein Bild des winterlichen Brauchtums des Dorfes Hausen am Andelsbach. Die Fasnet vollzieht sich in ähnlicher Weise wie im ganzen dörflichen Bereich des schwäbischen Raumes. Am „Auseligen Donschtig" ist nach Abholung der Schuljugend durch die Narrengesellschaft das Dorf belebt von den bunten Masken der Schuljugend und der Ledigen, die in einem Umzug den Beginn der Fastnacht kund tun. Dabei werden oder vielmehr wurden die auf einem Plakat in Form eines Transparentes als Moritat aufgezeichneten „Übeltaten" von Mitbürgern glossiert und gebührend apostrophiert. Am Nachmittag des Fastnachtssonntags wurde bei gutem Wetter auf einer im Hof eines Bauernhauses an der Dorfstraße aufgeschlagenen Bühne, bei schlechtem Wetter im „Adler" oder im „Hirsch" ein Fastnachtsspiel aufgeführt, das spektakuläre Schauertaten mit lustigem Untergrund und Ende zum Gegenstand haben mußte. Vor dem Spiel und während der Pausen bot der Hanswurst in bunter, farbenprächtiger Kostümierung seine witzigen, humorvollen I llagen. Nach dem Fastnachtsspiel, bei dem Frauenrollen immer von Männern gestielt wurden, erhielt die Spielgesellschaft vom Gastwirt die verdiente Bei rtung mit Freibier, Heringsalat, Käse und ßrot. Am Fastnachtssonntag war dann noch „Bürgerball" und am Fastnachtsmontag „Ledigenball" mit Maskentreib"n. Den Ausklang der Fasnet brachte der Aschermittwoch mit der „Geldbeutelwäsche" im Dorfbrunnen. „D'Fasnet wird vergrabe". Damit ist die Zeit des v, •iterlichen Brauchtumr .m allgemeinen zu Ende. Es geht jetzt machtvoll dem Frühling und der beginnenden Feldarbeit entgegen. Palmsonntag und Ostern sind schon in Sicht, und die gehören dem Frühjs hr. Josef Mühlebach Gott nicht geschont), samt der Collekt „Respice quesumus domine" (schau bitte her o Herr). Darum sollen die Heiligenpfleger der St. Martinspfarrkirche zu Hettingen als Präsenz dem Kirchherrn 4 Heller und den dreien Kaplänen je 3 Heller geben, sobald der Gesang zu Ehren des Leidens Christi vollbracht ist. Während des Ganzen sollen zwei Kerzen brennen. Otilie stiftet hierzu 50 rheinische Gulden. Das Siegel der Stadt hängt an: l'm Schild eine Hirschstange quer über aufgerichtetem Löwen. Ferner das Siegel des Kirchherrn Heinrich Bittel: Im Schild undeutlich drei Kreuze (?) auf Dreiberg. Die Umschrift scheint auf ,,-huser" zu enden. (Die Ürk. wurde frdl. durch H e r r n P f r . Gust. Scharm zum Lesen gegeben.) Wie aus dem Rodel der Fauler-Frühmeß von 1491/98 hervorgeht, hat Kirchherr Heinri h Harthuser ( = Bittel!) im Jahre 1496 einen Jahrtag zur Kapianei ges irtlt. J. A. Kraus 115 HARTMANN REIM Ein römischer Gutshof bei Inzigkofen Mit der Niederlage des augusteischen Legaten Publius Quinctilius V a r r o gegen den germanischen Feldherrn Arminius und der vollständigen Vernichtung seiner Legionen im Teutoburger W a l d im Herbst des Jahres 9 n. Chr. scheitert der Plan des Augustus, Germanien bis Abb. 1 R e k o n s t r u k t i o n des H a u p t g e b ä u d e s (Zeichnung J. Spindler, Tübingen). zur Elbe dem römischen Imperium einzugliedern, ein Kapitel römischer Offensivpolitik geht zu Ende. Die in Vindelicien gelegene Garnisonsstadt Augsburg-Oberhausen, die Ausgangsbasis f ü r den Angriff nach N o r d e n ins freie Germanien, wird aufgegeDen, eine der beiden dort stationierten Legionen an den Niederrhein verlegt, die andere in das neugegrünaete Legionskastell Vindoni^sa, das heutige Windisch bei Brugg a. d.Aare in der Schweiz. Die Anlage von BL:nenlandgarnisonen i n Süden Vindeliciens zum Schutze des Alpenvorlandes, Bregenz, K e m p ten, der Auerberg, der Lorenzberg bei Epfach und G a u ting in augusteisch-tiberischer Zeit gehört mit in den R a h men der neuen, mehr auf Sicherheit bedachten Politik '. Zu einem erneuten Vorrücken k o m m t es dann in der Regierungszeit des Claudius (41-54 n. Chr.), als eine K a stellreihe der D o n a u entlang, der sogenannte D o n a u limes, errichtet wird. Diese Kastellreihe reicht von Osten über Oberstimm, K r . Ingolstadt, Burghöfe, K r . D o n a u w ö r t h . £ Clingen, K r Dillingen, welches schon in spättibc ischer Zeit gegründet wurde, Unterkirchberg, K r . Ulm, R.'i rissen, K r . Ehingen, Mengen-Ennetach, Kr. Saulgau u n d Tuttlingen, bis nach Hüfingen, K r . Donaueschingen 2 . Ein weiteres Donaukastell w i r d im R a u m LaizInzigkoren, K r . Sigmaringen v e r m u t e t 3 . U n t e r Kaiser Domitian (82-86 n. Chr.) w i r d diese K a stellinie von der D o n a u auf die Schwä' ische Alb vorgeschoben. Es entsteht der sogenannte Alblimes mit den Kastellen Burladingen, K r . Hechingen, Gomadingen, K r . Münsingen, Donnstetten, K r . Münsingen, Urspring, K r . U l m u n d Heidenheim 4. Dies als kurze Skizzierung der Vorgänge, " : e ue historische Entwicklung a:n der oberen D o n a u im 1. nachchristlichen J a h r h u n d e r t bestimmten, östlich von Inzigkofen auf einem flachen Höhenrücken, der nach N o r d e n und Osten sanft abfällt und im Süden von der heutigen Straße Laiz-Inzigkofen begrenzt wird, w u r d e n schon 1848 in der Flur „Krummäcker" römische 116 Mauern angegraben 5. D a dieses Gelände in den nächsten J a h r e n bebaut werden soll, w a r eine vorherige archäologische Untersuchung unbedingt erforderlich. Die G r a b u n g w u r d e vom Staatlichen A m t f ü r Denkmalpflege Tübingen durchgeführt und dauerte von April bis Ende Oktober 1970°. Ziel der G r a b u n g w a r di Fr ..legung der Gebäude, die sich durch hochgepilügte Kalksteine -• in einem Moränengebiet fremdes Gestein - und sogenannte Leistenziegel bereits an der Bodenoberfläche abzeichneten; weiterhin wurde von der G r a b u n g ein Beitrag zur K l ä r u n g der Lage des im R a u m Laiz-Inzigkofen vermuteten D o naukastells erhofft. Die frühesten Funde des untersuchten Geländes stammen aus der mittleren Bronzezeit, etwa aus dem 15./14. vorchristlichen J a h r h u n d e r t , einer Zeit, die nach dem damals vorherrschenden Bestattungsbrauch der Beisetzung der Toten unter einem Grabhügel, Hügelgräberbronzezeit gen a n n t wird. Einige D u t z e n d dieser mittelbronzezeitlichen Gefäßscherben zeigen uns, d a ß sich im Bereich des G r a bungsarreals °ine Siedlung befunden hat. Hausgrundrisse oder andere Bebauungsspuren konnten nicht festgestellt werden. W itere Funde stammen aus der spätkeltischen Zeit und gehören ins 1. vorchristliche J a h r h u n d e r t . Die Steinbauten erwiesen sich als Teile eines römischen Gutshofes, einer sogenannten villa rustica 7 (Abbildung 1). Das H a u p t g e b ä u d e , 37 auf 27 m, zeigte an der nach Osten gerichteten Frontseite zwei seitlich aus der Fassade hervortretende T ü r m e Eckrisaiite genannt, sieben weitere W o h n r ä u m e gruppieren sich um den Innenhof herum. Die Frontseite zwischen den be".en Risaliten w a r Abb. 2 Keramik aus der Mitte des 2. nachchristlichen J a h r h u n d e r t s . Sogenannter rätischer Becher. auf ihrer ganzen Länge unterkellert. Der Keller war durch zwei seitliche Zugänge vom Innenhof her erreichbar. Im rückwärtigen Teil des Hofes fanden sich drei Pfeilerfundamente. Ein Nebengebäude, wahrscheinlich eine Stallung, war 20 Meter lang und 17 Meter breit. An keinem der beiden Gebäude waren Teile des aufgehenden Mauerwerks, sondern nur noch die Fundamente erhalten. Diese bestanden im untersten Bereich aus kleinteiligen Kalksteinbrocken, die teilweise in Mörtel gebunden waren. Im oberen Teil des Fundaments, einem Zwischenmauerwerk, waren die Außenseiten aus grob zugerichteten Kalksteinquadern aufgeführt, der Zwischenraum war mit in Mörtel gebundenen Kalksteinen ausgefüllt. Versuchen wir uns, vom Grundriß ausgehend, eine Vorstellung vom vermutlichen Aussehen des H a u p t gebäudes zu machen 8 . Die seitlichen Eckrisalite waren wohl zweigeschossig und mit einem flachen Pyramidendach überdeckt. Eine der wenigen überlieferten bildlichen Darstellungen zeigt diese Zweigeschossigkeit 9 . Über dem Keller befand sich eine offene Säulenhalle, der Eingang des Gebäudes, über eine Treppe erreichbar. Wir kennen römische Gutshöfe, wo die Säulen dieser Eingangshalle gefunden w u r d e n l ü . Diese eindrucksvolle Schauseite, die sogenannte Porticus könnte mit einem Satteldach überdeckt gewesen sein. Die seitlich gelegenen Wohn- und Schlafräume wird man sich eingeschossig vorstellen. Aus Wandverputzresten können wir schließen, daß diese Räume verputzt und teilweise mit einfachen geometrischen Motiven bemalt waren. Bruchstücke von Abb. 3 den, dem Hauptgebäude, der Wohnung des Gutsherrn oder Gutsverwalters, dann aus Nebengebäuden, oftmals einer kleinen Badeanlage, Stallungen und Scheunen sowie den Unterkünften des Dienstpersonals. Oft wird der Gutshof von einer Mauer u m f a ß t 1 2 . Im Innenhof des H a u p t gebäudes fand sich noch ein Holzbau, dessen heute vergangenen Pfosten als dunkle Verfärbungen im gelben Moränenlehm deutlich sichtbar waren. Er mißt 9 auf 6 m. An der Stirnseite befinden sich zwei Räume, 3 auf 3 m, in der Mitte des Hauptraumes war eine Feuerstelle. Dieser Bau hat eine andere Orientierung als der Steinbau und wird zudem noch von einer Kellermauer überschnitten, ist also älter als das Steingebäude. Die aus den Pfostengruben geborgenen Funde weiser, ihn jedoch ebenfalls als römisch aus. Ob wir diesen Holzbau als Vorgängerbau des im Stein errichteten Gutshofs ansehen können, muß zum jetztigen Zeitpunkt noch offen bleiben. Nach den Funden, der Feinkeramik, vor allem der mit einem roten Überzug versehenen sogenannten terra sigillata, kann der Gutshof in die Zeit zwischen der Mitte des 2. und der Mitte des 3. nachchristlichen Jahrhunderts datiert werden 13 (Abbildung 2). Sehr häufig sind Gefäßbruchstücke, die in römischen Töpferfabriken im pfälzischen Rheinzabern hergestellt worden sind 14. Oftmals sind diese Sigillaten vom Hersteller mit seinem Namenszug versehen worden. In Inzigkofen wurde das gestempelte Bodenbruchstück einer Schale gefunden, die vom Töpfer S E V E R I A N U S am Ende des 2. oder zu Beginn Südlicher Eckrisalit mit Resten eines Estrichbodens. Hohlziegel (tubuli) zeigen uns, daß einige Räume eine Wandheizung hatten, Reste eines Estrichbodens weisen auf eine Fußbodenheizung hin 11 (Abbildung 3). Den rückwärtigen Abschluß des Gebäudes bildet eine offene Säulenhalle. Bei diesen drei Gebäudeseiten glauben wir, daß die Dächer - den italienischen Atriumhäusern vergleichbar - ihre Schräge zum Innenhof hin hatten. Eine römische Hofanlage besteht zumeist aus mehreren Gebäu- Aufnahmen: Dr. Hartmann Reim des 3. nachchristlichen Jahrhunderts in Rheinzabern gefertigt wurde 15. Einige Sigillaten, die aufgrund der Tonbeschaffenheit und ihrer Verzierungsmotive in südgallischen Töpferwerkstätten hergestellt wurden und ins späte 1. nachchristliche Jahrhundert datiert werden müssen, können wahrscheinlich mit dem Holzbau in Verbindung gebracht werden 10. An weiteren Funden sind ein Löffel aus Bronze, eine 117 Bronzenadel, eiserne Hausschlüssel, Messer, Meisel und eine Lanzenspitze zu erwähnen. Zwei Münzen wurden gefunden, ein As des Kaisers Tiberius (14-37 n. Chr.), welches nach 22 n. Chr. in Rom geprägt wurde, weiter eine Bronzemünze des Marcus Aurelius (161-180), eventuell eine hybride barbarische Prägung Diese beiden Münzen können zur näheren Datierung wenig aussagen. Die Tiberiusmünze ist sehr stark abgegriffen und folglich lange im Umlauf gewesen und wurde zweifellos noch von den Gutsbewohnern als Zahlungsmittel benützt. Im Nebengebäude fand sich ein eisernes Hundehalsband. Es besteht aus sechs beweglichen rechteckigen Einzelteilen, die zusammengenietet und auf den Außenseiten und den Verbindungsstegen mit spitzen Stacheln versehen worden sind. Die nach außen gerichteten Stacheln sollten den H u n d vor den Bissen wilder Tiere schützen. Wir konnten bei unserer Untersuchung nachweisen, daß der Gutshof nach einer Brandkatastrophe verlassen und nicht wieder aufgebaut wurde. Sein Ende kann im Zusammenhang n r einem der ersten Vorstöße der Alamannen in das Gebiet der römischen Provinz Raetien gesehen werden, wohl dem, der um 233 n. Chr. erfolgte 1 8 . Um diese Zeit scheint auch die römische Straßenstation in Flur „Dreissig Jauchert" bei Sigmaringen verlassen worden zu sein. Einen chronologischen Anhaltspunkt haben wir dort durch einen Versteckfund von 44 Denaren, die in den Estrichboden eines Raumes eingegraben wurden. Fünf dieser Münzen gehören in die Zeit des Kaisers Severus Alexander (222-235 n. Chr.), d späteste wurde 228 n. Chr. in Rom geprägt 1 9 . Dieser Versteckfund ist für uns ein Zeugnis einer kriegerischen Unruhezeit, er spricht von der H o f f n u n g der Bewohner auf Rückkehr nach der Flucht vor den einfallenden alamannischen Scharen, einer Rückkehr, die es nicht mehr geben sollte. Vom vermuteten Auxiliarkastell wurden bislang keine baulichen Spuren gefunden. Auch ein 280 m langer, OstWest bi zum Friedhof verlaufender Suchschnitt, brachte keine Klärung. Mehrere Gewandspangen, sogenannte Fibeln, die aus der Mitte des 1. nachchristlichen Jahrhunderts stammen, zeitlich also nicht zum Gutshof gehören, können jedoch auf die unmittelbare Nähe eines solchen Kastells hinweisen, wenn man nicht annehmen will, daß diese Fibeln als Erbstücke von den Bewohnern des Gutshofs getragen wurden. Es wird versucht werden, die Lage dieses Kastells durch Luftaufnahmen zu erfassen, auch werden zur letztlichen Klärung noch einige Suchschnitte angelegt werden müssen. Die Aufdeckung eines solchen Kastells wäre für die provinzialrömische Forschung insofern von ganz besonderer Wichtigkeit, da es noch nicht durch Überbauung in Mitleidenschaft gezogen wäre und so eine archäologische Untersuchung über die Erforschung der Frühgeschichte des Inz, kofer Raumes hinaus bedeutsame Neuerkenntnisse zum Aufbau und zur inneren Gliederung eines römischen Kastells erbringen könnte. Anmerkungen: 1 2 3 G . Ulbert, D i e römischen D o n a u - K a s t e l l e Aislingen und Burghöfe. Limesforsdiungen Band 1 (1959), 78 ff. (mit ausführlichen Literat u r a n g a b e n ) . — P h . Filtzinger, Bemerkungen zur römischen O k k u pation Südwescdeutschiands, Bonner Jahrbücher 157, 1957, 181 It. — H . Schönberger, T h e r o m a n f r o n t i e r in G e r m a n y : an archaeological survey, J o u r n a l of R o m a n Studies 69, 1969, 144 ff. G. U l b e r t , a. a. O . 83 ff. — ders., Das römische D o n a u - K a s t e l l Rißtissen, Teii 1, Die F u n d e aus Metall, H o r n und Knochen. U r k u n d e n zur Vor- u n d Frühgeschichte aus S ü d w ü r t t e m b e r g - H o n e n zollern, H e f t 4 (1970). — P h . Filtzinger, Kastell E m e r k i n g e n , F u n d b e r . aus Schwaben N . F . 16, 1962, 85 ff. (besonders A n m e r k u n g 6—10). — Ders., Wehranlagen am Donaulimes in BadenW ü r t t e m b e r g im Luftbild, F u n d b e r . aus Schwaben N . F . 18 I, 106 ff. - H . Schönberger, a. a. O . 151 ff. F u n d b e r . aus Schwaben N . F . 16. 1962, 86 A n m . 10. (m:. vielen G r u n d r i ß a b b i i d u n g e n ) . H . H i n z , Zur Bauweise der Villa rustica, a. a. O . , 15 ff. — D e r G r u n d r i ß des H a u p t g e b ä u d e s von I n z i g k o f e n läßt die ÜDerdachung des I n n e n h o f e s aus k o n struktiven G r ü n d e n unwahrscheinlich erscheinen. Hinweise zu f r a g e n der B a u k o n s t r u k t i o n v e r d a n k e ich meinem V a t e r , D i p i . I n g . Architekt Eugen Reim, Esslingen. 8 Im Rheinischen Landesmuseum m Trier befindet sich eine Wancimalere : aus einem vorkonstantinischen P a l a s t in Trier, die einen römischen Gutshof zeigt. 10 D Römer in W ü r t t e m b e r g , Teil 3: O . P a r e t , Die Siedlungen des römischen W ü r t t e m b e r g (1932), 44 ff. (mit zahlreichen Abbildungen). 11 Zu Fußbodenheizung, sogenannter H y p o k a u s t c n h c i z u n g : Saaiburg - Jahrbuch 12, 1953, 7 ff 15, 1956, 38 ff, Eine gut rekonstruierte H y p o k a u s t e n a n l a g e befindet sich im Museum der Stadt Rottweil. 13 4 Die R ö m e r in W ü r t t e m b e r g . Teil 1: F. H e r t l e i n , Die Geschichte der Besetzung des römischen W ü r t t e m b e r g (1928), 38 ff. — H . S c h ö n berger, a. a. O . 156 ff. Die R ö m e r in W ü r t t e m b e r g , Teil 3: O P a r e t , Die Siedlungen des römischen W ü r t t e m b e r g (1932), 115 ff. (mit zahlreichen Abbildungen). 13 5 Die R ö m e r in Württemberg, Teil 3: O . P a r e t , Die des römischen W ü r t t e m b e r g , (1932), 325. Einen hervorragenden Oberblick bei: F. O s w a l d — T . D . Price, An introQuction t o the S t u d y of T e r r a Sigillata (1920). 14 Einen umfassenden Überblick über die Verzierungsmotive der Sigillaten von R h e i n z a b e r n : H . Ricken. Die Bilderschüsseln der römischen T ö p f e r von R h e i n z a b e r n . (1948). — H . Ricken — C h . l i scher, Die Biiderschüssein der römischen T ö p f e r von R h e i n z a b e r n . Materialien zur römisch-germanischen K e r a m i k , H e f t 7 (1963). O . Roller. Die römischen Terra-Sigiliata-Töpfereien von Rheinzabern Kieine Schriften zur K e n n t n i s der römischen Besetzungsgeschichte Südwestdeutschlands, H e f t I (1965). 15 F Oswald, I n d e x of p o t t e r s stamps on T e r r a Sigillata W a r e " (1931), 295. 10 Zu südgallischen T ö p f e r w e r k s t ä t t e n : R . K n o r r , T ö p f e r und Fabriken verzierter T e r r a - S i g i l l a t a des ersten J a h r h u n d e r t s (1919). 17 Die Bestimmung der M ü n z e n v e r d a n k e ich H e r r n D r . D . Mannsperger, Archäologisches I n s t i t u t der U n i v e r s i t ä t Tübingen. 18 R. Roeren, Zur Archäologie und Geschichte Südwestdeutschlands im 3. bis 5, J a h r h u n d e r t n. C h r . , Jahrbuch des Rom.-Germanischen Zentralmuseums M a i n z 7, 1960, 214 ff. 19 P h . Filtzinger Die römische Straßenstation bei Sigmaringen, Zeitschrift f ü r Hohenzollcrische Geschichte 90, 1967, 19 ff. Siedlungen 1 Die G r a b u n g w u r d e bis E n d e Mai von Fräulein cand. phil. Sabine Rieckhoff, Freiburg, die restliche Zeit vom Verfasser geleitet. D e r G e m e i n d e v e r w a l t u n g I n z i g k o f e n , an ihrer Spitze H e r r n Bürgermeister Sailer, w i r d f ü r die freundliche U n t e r s t ü t z u n g gedankt, weiterhin den Grundstückseigentümern u n d Pächtern des betreffenden Geländes f ü r die Grabungserlaubnis. H e r r n A . Bede d a n k e Ich f ü r vielfältige U n t e r s t ü t z u n g . G a n z besonderer D a n k gi'r den Grabungsarbeitern, den H e r r e n H a a s , Ortlieb, W a l t e r und den Bauarbeitern der F i r m a H e n s e l m a n n , I n z i g k o f e n , sowie den beteiligten S t u d e n t e n . 7 8 H H i n z , Zur Bauweise der Villa rustica. in: G y m n a s i u m (Beihefte) Heft 7 (197Ü) G e r m a n i a R o m a n a I I I : Römisches Leben auf germanischem Boden, 15. Rekonstruktionsvorschläge einer Villa rustica mit überdachtem I n n e n h o f : F. O e i m a n n , Die Villa rustica bei Stahl u n d Verwandtes, G e r m a n i a 5, 1921. 64 tf. — O . P a r e t Ein H e r r e n h a u s römischer Zeit bei Mundelsheim. F u n d b e r . aus Schwaben N . F 9, 1935 38, 105 ff. Abb. 59. - ders., Die R ö m e r in W ü r t t e m b e r g Teil 3: Die Siedlungen des römischen Württemberg (1932), 26 ft. 118 „Sam'an J O H A N N ADAM KRAUS Das Bisinger Herrengeschlecht 1188-1385 Heinrich Faßbender hat (ohne Namensangabe) in dem von Buhl und Knaus im Jahre 1953 herausgebrachten „Heimatbuch von Bisingen-Steinhofen" Seite 44 f. zwei Linien der Herren von Bisingen unterschieden, die seit 1229 nachweisbaren Walger und die Kerus, die man seit 1284 kennt. Letztere nannten sich seit etwa 1337 ebenfalls „von Bisingen". Faßbender vermutete, der N a m e Kerus könne aus Walkerus entstanden sein. Möglich wäre aber auch ein Übername „Kehr-aus". Seit Erscheinen des Heimatbuches haben sich noch mehr urkundliche Nachrichten gefunden, so daß die Familie neu untersucht werden kann. Als ersten Vertreter der Familie „von Bisingen" nennt (von F. unbeachtet) eine Urkunde ums Jahr 1188 einen Wernher. Damals gestattete der Graf Egino von Urach seinen Dienstleuten Schenkungen ans Kloster Bebenhausen zu machen. Unter den Ministerialen erscheinen dabei Berthold von Egesheim, Leutfried von Metzingen, Hugo von Geislingen, Gottfried von Nürtingen, Rudolf von Urach, Wernher von Bisingen, Heinrich von Empfingen und Eberhard von Metzingen Vermutlich um 1200 nennt der Rotulus Sanpetrinus einen K r a f t von Bissingen, der wohl in der Nähe der Teck beheimatet war, sowie einen zu uns gehörigen Ritter Rudolf von Bisingen, der dem Kloster St. Peter auf dem Schwarzwald sein Gut (predium) bei Aldingen (b. Spaichingen) schenkte 2. Am 2. April 1228 verkaufte ein Truchseß (nicht Schenk, wie Faßbender irrig meint) Baldabertus als Ministeriale des Grafen von Zollern mit dessen Zustimmung ein Gut im nahen Thanheim an die Brüder des Hospitals der Deutschen zu Jerusalem. Dabei wird BaldabertsBruder Burkart Flizzing (der Fleißige?) genannt 3 . Fin Truchseß von Zolr schenkte schon vor 1189 ein Gut zu Wernshausen (abgeg. bei Steinhilben) ans Kloster Marchtal 4 . Faßbender hält mit guten Gründen diesen Truchseß Baldabert f ü r identisch mit jenem Baldebertus, der 1229 mit seiner Gattin Willebirg laut Inschrift ii der Bisinger Kirche dem Gotteshaus einen Hof zu MÖssingen und einen zu Rangendingen schenkte 5 . Hier fehlt freilich der Titel Truchseß. Dagegen kommt Baldebert der Truchseß noch 1251 neben dem zollerischen Schenken Wernher vor was eine Gleichsetzung mit dem Bisinger Wohltäter wohl n : cht fraglich macht. Ein Baldebert ist 1262 als Bruder des H u g o von Stauffenberg nachzuweisen, der 1266 Truchseß des Zollergrafen heißt 7 . Der Name Baldebert ist somit sowohl bei den Bisingern als bei den Stauffenbergern jener Zeit gebräuchlich gewesen. Ein 1251 vorkommender „Sifrid genannt Bisinger" ist schwer '.inzureihen, gehört aber wohl doch hierher 8 . Am 16. Juli 1255 urkundete Ritter Walger von Bisingen in Rosenfeld, daß sein verstorbener Vater Baldebertus (offenbar der Wohltäter von 1229) und sein verstorbener Bmder und er selbst zu Rosswangen (b. Balingen) vor längerer Zeit eine Burg gebaut gehabt, wozu sie eine große Anzahl Äcker bei der Burg n it Gewalt an sich gerissen, die vor allem dem Kloster St. Blasien gehörten. Nach Zerstörung der Burg und dem Tod des Vaters habe er mit seinem Bruder die \ : derrechtlich erworbenen Grundstücke je halb geteilt. Auf Protest des Klosters gegen ihn und semes Bruders Sohn Baldebertus schlug ihm das Gewissen, worauf er seine H ä l f t e dem Kloster und den andern Eigenti'i-iern zurückgab. Unter den Zeugen finden wir den Dekan Wernher von Haigerloch und Walther Scholasticus von Hechingen 9. Nach dem St. Blasianer Mönch Neugart hieß der verstorbene Bruder Walgers ebenfalls Baldebertus. Man darf annehmen, daß dieser Ritter Walger (I.) um diese Zeit schon bejahrt war und nicht mehr lange lebte. Am 2. Januar 1263 beurkundete Graf Friedrich von Zollern, daß sein Dienstmann Walger von Bisingen (nicht Ritter, also Walger II.) dessen Mühle zu Ahausen (abgeg. an der Eyach oberhalb Owingens bei Ostdorf) dem Kloster Kirchberg übergeben habe. Unter den Zeugen sind zwei weitere Angehörige der Familie erwähnt: Herbrecht von Bisingen und Heinrich von Bisingen 10. Allein am 26. Dezember 1277 verkaufte Ritter Walger von Bisingen erneut seine Mühle apud villam Ahusen (beim Dorf A.), diesmal mit Einwilligung Baldebrechts von Zainingen, der Walgers Besitz angefochten hatte, ans Kl. Kirchberg. Der Verkauf geschah in Bisingen in der Behausung Walgers. Baldebrecht war wohl der Brudersohn des Verkäufers und der ebenfalls als Zeuge genannte Heinrich von Zainingen (b. Urach) sein nächster Verwandter, Sohn oder Bruder Am 8. November 1276 ist in einer Bebenhauser Urkunde die Rede von Grundstücken zu Ichenhausen, die dem Ritter H(einrich) von Zainingen gehören und unter den Zeugen finden sich A. der Vogt (preco) von Gruren und Brendlin von Zainingen n a . Statt Brendlin dürfte Bäldlin (Baldebert) zu lesen sein! Die Zaininger Linie der Herren von Bisingen hält Faßbender für identisch mit den Kerus, die jedoch zwei Widderhörner im Schild und als Zier führten, während Walger von Bisingen im Schild einen Topfhelm mit zwei langen Mützenzipfeln darauf führt, die später sich deutlicn als Mitra (Bischofsmütze) finden 12. Walger II. (ohne den Rittertitel) hat am 27. Januar 1269 seinen Hof mit Mühle bei H o l z h a m (abgeg. bei Schömberg) seinem Herrn, dem Grafen Albert von Hohenberg aufgelassen und n t dessen H a n d zu seinem und st ier Eltern Seelenheil dem Kloster Kirchberg übergeben 1 3 . Am 25. Oktober desselben Jahres übergaben dann di Grafen Albert, Burkart und Ulrich von Hohenberg den Degenhartshof mit Mühle ans genannte Kloster als Erblehen. Hof und Mühle lagen beim Schömberg und der edle Walger (II.) von Bisingen hatte sie von ihnen und ihren Voreltern als Lehen gehabt und ans Kloster verkauft. Als Zeuge fungierte der St< nhofer Leutpriester (Pfarrer), Wernher genannt Zimerii, aiso ein Angehöriger des Adels von Heiligenzimmern 14. Eine weitere Urkunde aus demselben Jahr meldet unter gleichen Umständen und Bestimmungen einen Hof bei Schömberg, vielleicht den gleichen. Auch erfahren wir aus einer Urkunde vom 12. Januar 1271, daß Waltger (!) von Bisingen (i cht Ritter) einen Hof zu Endingen b Balingen besaß Iä . Dagegen erscheint ein Ritter Walherus (Walgerus) von Bisingen zw chen 1273 und 1291 in einer Rottweiler Urkunde 16. Es wird der gleiche sein, den wir mit seinem Domizil (Wohnung) zu Bisingen oben schon zum Jahre 1277 erwähnten. D :ser W o n n i t z war zweifellos das noch 1435 genannte „Bürglin am H o f b r u n n e n " zu Bisingen in unmittelbarer Nähe des heutigen katholischen P f a r r hauses. Derselbe Ritter Walker (irrig „Walther") v. B. verkaufte am 15. Jur . 1282 an den Rottweiler Bürger Heinrich Scnapel mit Zustimmung seines Herrn, des Zollergrafen, seine Mühle zu Schömberg um 42 Pfund Rott119 weiler 17. Ritter Walger ist im gleichen Jahr (ohne Tagesangabe) Zeuge f ü r die Zollergrafen, welche Güter zu Heselwangen verkaufen l e . Am 14. Juni 1284 finden wir einen „Baldebert genannt Kerus" als Zeugen f ü r den Grafen Albert von Hohenberg 19. Der am 2. Januar 1292 . l einer Urkunde des Johanniterhauses zu Villingen genannte Wernher von Bisingen kann nicht von Biesingen bei Donaueschingen stammen, wie Faßbender meinte, denn dieser Ort hieß noch bis ums Jahr 1500 Boasinhain bzw. Büsenhain 20. Wernher gehörte vermutlich zu unserer Familie. Ein Konrad von Blumenberg auf Burg Tannegg an der Wutach (später auf Blumenegg) schloß am 28. Dezember 1293 einen Ehevertrag mit seiner Gattin Elisabethun von Bisingen. H e r r (also Ritter!) Walger von Bisingen unterschrieb als einer der Zeugen 11. Faßbender hält die Braut mit gewissen Gründen für eine Schwester Walgers III. Ihr Gemahl war bereits im Jahre 1315 tot, vermutlich ohne Kinder zu hinterlassen. Denn Johann von Blumenegg übereignete am 15. November dieses Jahres der Frau Elisabeth v. B., Witwe seines verstorbenen Vetters Konrad von Blumenegg, seine Güter 2 2 . Am 14. Februar und 10. Mai 1316 erhält sie nochmal Güter aus der Familie ihres Mannes 2 3 . Sie stiftete am 28. Februar 1316 als „Elisabeth von Blumenberg" mit vielen Gütern das Johanniterhaus zu Lenzkirch zum Heil ihrer Vorfahren. Demnach waren Vater und Mutter nicht mehr am Leben. Noch am 1. Februar 1331 übergab Elisabeth v. B. den Johannitern Güter und Leute 24. Dabei ist angegeben, ihr stark beschädigtes Siegel zeige im Schild einen Helm mit zwei Büffelhörnern als Kleinod. (Diese Büffelhörner bezweifelt Faßbender mit Recht). Am 29. Oktober 1334 wohnte sie in einem von ihr erbauten Hause zu Lenzkirch. Heinrich von Blumenegg nennt sie seine Muhme. Das Johanniterhaus Lenzkirch führte fortan ihr Wappen: In Rot eine goldene Bischofsmitra mit zwei hängenden Bändeln. Noch am 27. April 1336 stntete Frau Elisabeth von Bisingen an die Johanniter zu Villingen einige Einkünfte f ü r einen Tahrtag f ü r sich und ihren verstorbenen Mann •". Dann hört man nichts mehr von .hr. Doch kehren wir nun zu ihrem vermutlichen Bruder, dem Ritter Walger von Bisingen (III.) zurück. Er erscheint am 13. August 1298 als Zeuge des Grafen Friedrich von Zollern betr. Güter zu Entringen und Breitenholz, die ans Kloster Bebenhausen kommen 28. Ritter Walger v. B. findet sich als Bürge am 20. Januar 1300, als Konrad von Wartenberg Gülten aus dem Fronhof zu Nendingen (bei Tuttlingen) an Konrad von Balingen v e r k a u f t 2 7 Am 1. März 1303 schenkte Ritter Walker von Bisingen (wohl III.) mit Einwilligung sc nes Herrn, des Grafen von Zoilern, dem Kloster Kirchberg 1 P f u n d 4 Schili.ng jährlichen Zins aus 2 H o f e n zu Rosswangen als Jahrtag für seine verstorbene Gatt n Ha.lwig von Blumberg, ferner 30 Schilling aus des Seilers Hof und aus Walthers selig des Seilers Hof zu 'Weilheim als Jahrtag f ü r seine Mutter. Zeugen waren die Ritter Kunrad von Blumberg und Wernher Schenk von Nüwenzell, ferner die Ordensbrüder Jakob und Wilhelm vom Predigerhaus Rottweil, auch Wernher und Hug, Gebrüder vor. Babenhofen. Die Urkunde wurde zu Roere auf der Burg ausgestellt 28 , der heutigen Burgstelle ,,Raur" an der südwestlichen Markungsgrenze von Bisingen im sog. Schlößlewald. Am 9. Februar 1306 ist Ritter Walker von Bisingen (ob II.?) Zeuge, als die von Bottingen ihre Güter zu Buchheim ans Kloster Beuron verkauften 20. Nach einer verlorenen Urkunde des Klosters Rottenmünster (bei Rottweil) hat Ritter Waither (Walker) von Bisingen ans Klo120 ster zu seinem und seiner Vorfahren Seelenheil im Jahre 1308 einen Acker im Rottweiler Bann geschenkt 30 . Herr ¡Walgger v. B., Ritter, erscheint am 22. Juli 1309 als Schiedsrichter zwischen dem Kloster St. Gallen und dem Grafen Friedrich von Zollern betr. die Klosterhöfe zu Frommern und Truchtelfingen 31. Um 1311 sind im Reichskrieg gegen den G r a f e n Eberhard von Wirtemberg die Burgen Jungingen, Haideck ( H ntere Burg b Trochtel igen) und Greifenstein (bei Hönau) durch die Reutlinger Bürger zerstört worden und um Ror wurde hart gekämpft. Wenigstens berichtet ein lateinisches Gedicht: „Die tapferen Reutlinger führten ihre Scharen nach Ror. Dort kamen viele um 32 ", Dreißig Jahre später erscheint Burg Ror als Burgstall, das heißt unbewohnbare Ruine. Eine Urkunde ir» Staatsarchiv Sigmaringen, die aus dem zollerischen Gebiet stammt, blieb bisher fast unbeachtet. Sie besagt: Am Tag nach Mariä Verkündigung (26. März) 1312 stellte der Priester Johannes, Kirchherr zu Steinhofen, an den Bischof Gerhard von Konstanz eine Pergamenturkunde aus mit dem Inhalt: Der ehrenfeste Ritter und H e r r Walgerus von Bisingen und der H e r r Hermann, genannt von Stainhoven, als Priester haben an den Altar der heiligen Stephanus und N'kolaus in der Kapelle zu B.. "gen einige Guter ges ftet, damit von den Erträgnissen der genannte Priester Hermann, der im besten Rufe stehe, sein Leben lang ohne Nachteil der Pfarrkirche Steinhofen leben könne. Johannes bittet anmit um bischöfliche Bestätigung. Ritter Walger hat den Amanshof gestiftet, der jährlich 6 Malter Spelz oder Vesen, 4 Malter Haber (Burgmeß), 10 Schilling Heller, 1 Viertel Eier ( = 120 Stück), 2 Gänse, 2 Schultern (Schinken) und 4 Junghühner liefert. Ferner gab er eine Wiese, genannt die Hindaichs, die jähr!" h 1 P f u n d Heller abwirft. Herr Hermann schenkte den Z, lingerhof zu Bisingen mit allen Abgaben, ferner ehie Mühle, genannt die Ahusers Muhli. die jährlich 1 Pfund und 9 Schilling liefert. (Ein weiterer Posten ist unleserlich gemacht). Ferner stiftete er Äcker und Wiesen, genannt Mundenchsgut, ferner in Thanheim des ScbiMlins Gut und die Saillinhofstatt. Johannes siegelt (Bild des stehenden hl. Johannes mit Palme) und mit ihm der Dekan von öschingen (Siegel unkenntlich) 3 3 . Dabei ist interessant: H e r m a n n von Steinhofen w a r ein Vertreter des dortigen Ortsadels, der uie Bisinger Kapelle besorgte. Sein ZäinitigSF Hof geht sicher auf die Zaininger Linie der Bisinger Herren zurück, Angemerkt sei hier noch eine weitere Nachricht, die auch die Bisinger Kapelle betrifft: Am 30. September 1424 verkauften die Brüder Benz und Dietz die Widmer zu Weilen unter der Lochen an die N'Mlauskapeile Bisingen 7V2 Schilling und 1 Pfund hellerzinsen aus Haus und Gütern zu Wessingen um 27 P f u n d 5 Schilling Heller. Die Güter hat Heinrich Hans inne; sie stoßen an Aberii Engeischalks und der Oschwalda Gesäß 33. Im Jahre 1318 wird ein Zins erwähnt, der aus dem Hof des Bäidm Kerus zu Balingen zu geben w a r 3 4 . Die von Bisingen waren am 20. März 1325 neben den Grafen von Wirtemberg Lehensherren über Grundstücke zu Rottweil 3 S . Bäldeli Kerus urkundete am 25. Februar 1326, er habe das Lehen, das Albrecht von Stetten (bei Haigerloch) von ihm innehatte und das der Huser in Owingen bebaut, dem Kloster Kirchberg als freies Gut übergeben. Letzteres liefert jährlich 4 Mit Kernen (Haigerlocher Meß) und 5 Schilling abzüglich 4 Heller, 2 Gänse, 4 Herbsthühner, 1 Fastnachtshuhn, Va Viertel Eier ( = 60 Stück) und zwei Schulterstücke ab. Das Kloster habe ihm d a f ü r 2 P f u n d Heller bezahlt. Unter den Zeugen findet sich Benz (Bertold) der Stainhover 30 Dieser gehörte zu einem Haiger- locher Bürgergeschlecht, das auf den Steinhofer Adel zurückgeht 36a. im Jahre 1331 schenkte Walger von Bisingen (ohne Rittertitel) ans Kloster Rottenmünster sein Eigentum an 3 Jauchert Acker bei Lizelstetten auf dem Hochgesträß (bei Rottenmünster) 3 7 . Am 6. Oktober desselben Jahres gelobten die Brüder Wernher und Burkart die Schenken von Stauffenberg, den Klosterfrauen zu Kirchberg wegen des Seelgerats von 30 Schilling, die das Kloster aus ihrem Hof zu Weilheim (bei Hechingen) bezog, den man „des von Bisingen H o f " nannte, keine Schwierigkeiten zu machen 3 8 . Vermutlich war Walger v. Bisingen Vorbesitzer gewesen. Am 26. Mai 1337 (am Gutemtag, d. i. Montag!) verkaufte Ritter Walger von Bisingen seinen Anteil eines Hofes zu Grosselfingen an den Edelknecht Sifrid den Sachs um 38 Pfund Pfennige. Dabei nennt er den Grafen Friedrich von Zollern-Schalksburg seinen Herrn, den Ritter Heinrich von Tierberg seinen guten Freund. Walgers Wappensiegel zeigt die Mitra 3Sa. Als Konrad Megunssa von Balingen am 14. September 1337 ans Kloster Stetten bei Hechingen sein Gut zu Ostdorf, genannt Bollers Gut, veräußerte, wirkte als Bürge auch der Kirchherr Walger von Roßwangen m ^ , der Sohn des Bäldeli Kerus von Bissigen 39. Pitter Walker von Bisingen verkaufte am 16. Mai 1338 dem gleichen Kloster 10 Schilling jährl"-her Gilt aus seinem Mayerlin-Gut zu Onstmetten, wobe. Berthold Kerus Zeuge war 40. Am 18. März des folgenden Jahres 1339 verzichten die drei Brüder Berthold, Walger und ßeldeli Kerus nach Erhalt von neun Pfund und 3 Schilling Heller auf die Lehenschaft der Güter zu Owingen, welche die ehrbare Frau Mech' ld, Albrechts des Ganussers sei. Witwe von H a erloch und ihre Kinder, sowie ihre Vorfahren als Lehen der Gebrüder Kerus und ihrer Voreltern innehatten. Die Güter bauten damals Albrecht der Harscher, q ; Sängerin und die Broumerin. Sie gaben daraus jährlich 9 Mit Kernen, 9 Schilling weniger 4 Heller, 4 Herbsthühner, 3 Fastnachtshühner, 2 Gänse und 3 Schulterstücke. L s drei Aussteller siegelten nach frdl. Auskunft von H e r r n Staatsarc livdirektor Dr. Eberhard Gönner, Stuttgart, wie folgt: Siegel 1 und 3 zeigen in einer kreisförmigen PerlstabUmrandung (ohne Schild) einen Kübelhelm mir 2 gegeneinander gestellten Widderhörnern als Helmzier. Umschriften: „S(igiilum) BER(htolai) K E R V S " und „S(igilium) Bal(deli) KERVS". Das zweite Siegel ist soitzoval mit der Umschrift: „S(igillum) W A L G E R I P E C T O R I S ECC(lesie) I N ROSSWA(ng)" (d.h. Kirchrektor oder Pfarrer in R.; Eszeigt e- ien Kelch und darunter einen kleinen Wappenschild mit den zwei Widderhörnern darin 41. Walger gehörte somit dem geistlichen Stande an. Benz (Berchtold) Kerus von Bisingen verkaufte am 23. August 1340 mit Zustimmung seiner beiden Brüder, des Kirchherrn Walger zu Roßwangen und Bäldiis, dem Kloster Stetten 4 Schilling ew ;er Gilt aus einer Wiese zu Thanheim. Bürge war ihr Ohe'm Heinrich von Schalksburg der alte, und Zeuge ein AuDrecht von Truchtelfingen (ob Trochtelfingen? ) 4l a. Das Siegel des Ausstellers zeigt wiederum einen Kübelhelm mit zwei zueinander geneigten Widderhörnern (ohne Schild), wie es Alberti N r . 1401 abbildet 4 2 . Dorf Bisingen mit Zubehör zu Steinhofen und Grosselfingen (mit Ausnahme von Heselwangen), wie alles Ritter Waiger v. Bisingen selig, seiner Schwester Mann, besaß und er f ü r Betun (Elisabeth) seiner Schwester Tochter, vom Grafen Friedrich von Zollern-Schalksburg zu Lehen trug, der nun darauf verzichtet. Auch Betun von Bisingen stimmt zu und verzichtet auf die Güter 43. Wenn Faßbender weiterhin die Truchsessin Guta, die Gattin des Schenken Rudolf von Andeck, als Tochter des Ringinger Truchsessen Cuon ansah, so war dies ein Fehlschluß. Sie stammte vom Salmendinger Truchsess Cuon u . Das in ihrem Besitz befindliche Burgstall lag bei Semdach (abgeg. bei Stetten und Boll), hieß aber nicht so, sondern vielleicht ursprünglich Neuen oder Niederzell 4Ja. Benz und Bäldeli Kerus von Bisingen verkauften am 17. April 1343 den Lichtmeistern und Pflegern U. Lb. Frau und st. Nikolaus zu Balingen ihren 1 beigenen Heinz K chmaier zu Thanheim um 30 Schilling Heller 45. Auch am 31. Mai 1352 veräußerten d.e Brüder Berhtold und Walger Kerus die zu Engstlatt sitzende lemeigene Mächtild, Eberhards Tochter von Hechingen, an den Gr. Friedrich den älteren von Zollern. Zeugen waren Pfaff Konrad der Stainhofer, Pfaff Berhtold Snelle, Heinz Albrechts und Benz der Steinhofer (Nachkommen des Steinhofer Adeis). Das noch anhängende S^gel des Walger Kerus ist nach Wappen und Umschrift das von Bisingen'sche 40. Demnach muß es die M ~ra zeigen, die vordem e'e Walger v. B. "n Wappen führten! Walgger Kerus von Bisingen" war am 7. September 1365 Zeuge f ü r den Edelknecht Burkart von Schalksburg 47 . Am 29. Januar 1377 sind Walger Kerus v. B. und Heinrich von Werenwag Diener der Zollergrafen Friedrich von Schalksburg des älteren und des jüngeren, der Müll heißt 4 8 . Diese beiden, Vater und Sohn, gewährten am 20. Dezember 1378 den Bürgern von Balingen Erbfreiheit. Unter den Zeugen findet sich „der Kirchherr von Roßwangen, unser Rat", doch wohl der schon 1339 genannte Kirchherr Walger 49. Walger von Bisingen (doch wohl ein Kerus) siegelte am 24. Mai 1381 für Wernher von Rosenfeld, einen Nachkommen der I > : tter von Schalksburg 50 . Die Brüder Bäldelin und Walger von Bissingen (wohl legrimierte) Söhne des verstorbenen Firchherrn von Roßwangen, verkauften im Jahr 1385 am 25, Februar Leibeigene zu Engstlatt an aas Kloster Bebennausen 51. Dies ist a.e letzte Nachricht über c1'e Herren von Bisingen. Lediglich am 16. Februar 1390 veräußerte Wernher Schenk (wohl von Stauffenberg) und mit mm p • ie H a l b schwester Ursel dem Kloster Stetten bei Hechingen einige Güter. D a f ü r mußten uie Klosterfrauen einen Jahrtag halten lassen für die verstorbenen Bruder Walger und Bäldlin von Bisingen 52. Das Seelbuch des Klosters meldet denn auch um 1650 unterm J a n u a r : „Requiemsmesse mit Vig,:l f ü r die Brüder Balthasar (irrig statt Bäldeli) und Walger von Bisingen" 53. Kaum begründet scheint mir die Vermutung Faßbenders, die 1428 erwähnte Stettener Nonne Ursula K r t in habe etwas mit den Kerus zu tun. E i Verschrieb statt Kerussin ist unwahrscheinlich, da der N a m e zudem zum Schluß nur noch „von Bisingen" lautete. Anmerkungen: 1 Ritter Walger von Bisingen (wohl III.) war im Jahre 1342 tot und seine Burg Ror ein „Burgstall", d. h. zerstört. Am 24. Juli nämlich verkaufte Truchseß Cuon von Urach, zu Ringingen gesessen, f ü r 500 P f u n d Heller an die drei gräfl' hen Brüder Friedrich, Friedrich und Ostertag von Zollern als „Herren zu Zollern", das Burgstall Roer, das Fürstenb. UB ! . S. 71, Das W i r t e n b g . UB 3, 208 setzt diese U r k u n d e irrig mit M a r t i n G e r b e r t u m 1227 an. Freibg. D i ö z . Archiv, Jg. 15, 171 K r a f t ; R i t t e r Rudolf v. Bisingen S. 174. 3 WUB 226. 4 F D A 4, 164 und 170. » H o h z . H e i m a t 1952, 55. 6 M o n u m . Zoll. I, S. 67. 2 121 7 H o h z . J H e f t 1954, 142. Knoblodi, O b e r b a d . Geschl. Buch 1, 91. 9 W U B 11, S. 490. '» M o n . Zoil. I, S. 81; W U B 6, S. 92. 11 WUB 8, 71; Zeitsch. f. w ü r t t . LGesch. 1937, 338. ]1 - W U 3 7, 46S; Es ist eine nur als Kopie erhaltene U r k u n d e ! 12 v Alberti, W ü r t t . Adels- u. W a p p e n b u c h ; Bisingen u n d Kerus. 13 W U B 7, 8. 14 W U B 7, 52. 15 M o n . Zoll. I, Seite 89. 16 R o t t w e i l e r U B 1896, S. 9. 17 M o n . Zoll. I, S. 91; W U B 8, 353. 18 M o n . Zoll. I . S. 94. 19 W U B 8, 482. O b er tatsächlich aus der Zaininger Linie s t a m m t , wie F a ß b e n d e r a n n a h m , sdieint ziemi.ch unsicher! 20 Fürstbg- U B 5, S. 223. 21 Fürstbf: UB I. N r . 631; Zeitschr. Oberrhein 10. 248. 22 N e u g a r t , C o d . dipl. Alem. T. S. 388. 23 Fürstenbg. UB 5, S. 327 f. 24 Fürstbg. UB 5, S. 331. 25 N e u g a r t , C o d . dipl. Alem. I I , S. 432. 2r > Moi Zoll. I, S. 107; W U B 11, S. 156. 27 R o t t w . UB S. 23. 28 Regest im Findbuch t ü r Kl. Kirchberg i. S t a a t s a r m Stuttg,, nach dem im 2. Weltkrieg zerstörten Kirchberger K o p a l o u d i . 29 M o n . Zoll. I, S 121. 30 Stuttg. Staatsarch. ß 495, Seite 360. M o n . Zoll. T, S. 123 32 W ü r t t . V J a h r s h e f t e f. Landesgesch. 1883, S. 3. 33 Staatsarch. Sigmaringen: G r a f s d i . Zollern. 34 Kreisbeschr. Balingen I I , S. 31. 35 R o t t w . U B S. 660 A n m e r k u n g . 8 36 Staatsarch. Stuttg. B 462, U r k . N r . 549. a H o h z . H e i m a t 1958, 2 8 - 2 9 . Si^he N o t e 30; Seite 375. 38 Staatsarch. Stuttg. B 462, U r k . N r . 714. 38 a M o n . Zoll. I, S. 149. 4l 37 39 U r k u n d e n d. Kl. Stetten ( H o h z . J H e t t 1955 f.) N r . 108. H i e r heißt -in Kerus erstmal „von Bisingen". Er w o h n t e wohl hier. O b er Erbe der Waiger war? 40 U r k u n d e n Stetten N r . 111. D e r Ritter Walger v. ß . w i r d hier letztmals lebend genannt. 41 Staatsarch. Stuttg. B 462, U r k . N r . 551. 41 a H o h z . H e i m a t 1953, 2 8 - 2 9 . 42 U r k Stetten N r . 120 m n N a c h t r a g S. 349; Alberti, W ü r t t b g . Adels- u. Wappenbuch. M o n . Zoll. I. Seite 153. 44 H o h z . J H e f t 1952, 79. 44 a H o h z . H e i m a t 1969 N r . 4, A n h a n g S. 3: Boll. 45 W ü r t t b g . Regesten N r . 6730, Seite 252. 46 Mon. Zoll. I S. 1S6 nach dem Orig. im f. hohz. H a u s -Auch. Sigm a r i n g e r : R. 103, 4. Doch ist Kerus zu lesen, nicht K e r n . Im J 1350 siegelte J o h a n n von Estetten mit dem bisherigen K e r u s schild: Alberti I, S. 153. 47 U r k . Stetten N r . 255. 43 48 M o n . Zoll. I . S. 232; R o t t w . U B Seite 168. 49 M o n . Zoll. 8. S. 43. Falsbender hält diesen „ R a t " f ü r einen Sohn des 1339 genannten Kirchherrn. 5° Staatsarch. Stuttg. B 476, U r k . N r . 35. 51 v . Alberti, W ü r t t b . Adels- u. Wappenbuch I, S. 64; Staatsarch. Stuttg. A 474, U r k . N r . 2400, vom 25. Febr. 1385. 52 U r k . Stetten N r . 329. 53 U r k . Stetten Seite 326. immer seltener werden die Ausdrücke und "Wendungen in unserer heimischen Mundart. Am Rande erlauscht Rangendingen. In gegenwärtiger 2'¿Tt wird unsere hochdeutsche Sprache mit zahllsoen Fremdwörtern durchsetzt. Die Ausweitung des gesamten Lebens heraus aus dem ehemals so geschlossenen Rahmen von Dorf und Stadt in weltweite Rereiche bringt auch sprachliche Änderungen aller Art mit sich. Sogar die Muudart wird hiervon betroffen. Manches uralte, treffliche Wort wird von der Fülle des Neuen, aber nicht immer besseren - an den Rand, die Außenseite der so vertrauten heimischen Mundart gedrängt, um dann über kurz oder lang der Vergessenheit anheimzufallen. Nachstehend einige Wörter und Wendungen aus unserer Mundart, die heute teilweise nur noch ganz selten im Sprachgebrauch vorkommen Da hieß es früher allgemein Kehner statt Dachrinne und Kear für Keller. Eine Tüte gab es auch nicht, dafür aber den spitz zulaufenden Gucker aus meist braunem Papier, Die Kehriiiitschaufel hieß Ätfiimchaufel, und die Stube wurde nicht ausgekehrt, sondern ausgfurbet. Die Leistengegend nannte man 's-Gmäch. Ein einfältiger und ungeschickter Kerl war ein Lalle oder ein Dralaram. Im Kleiderschrank hing das Haß. Knechte und Mägde erhielten in früheren Zc-iten als Lohn '- Has und 's Essa. Wenn die Glocke einen Riß hat, dann sekätteret sie. Ein etwas loses Brett garret, und der hartgefrorene Schnee gauret unter den Füßen, E : n Wasser, hahn, der nicht mehr ganz c' :ht ist, drädeiet. Wenn man dem Kinde Angst machte, so hieß man dieses Tun naita. Beim Essen soll man n'cnt ti 'la, d. h. Speiseteile ständig aus dem Mund laufen lassen und damit die Kleider beschmutzen. Den Kleinen hat man deswegen einen Trialer oder einen Trialsdiurz umgebunden. An deren Stelle ist heute das Latzchen getreten. Wem das Essen wenig schmeckt und er dann nur mit geringer Eßlust daran herumstochert, der ist schleckig oder ein Schnaiker. Einer 122 aber, der ziemlich trinkfest ist und sich ständig wacker daran hält, der dudlet oder duderet aubacha. Wer mit Arbeit so überhäuft ist, daß er bald keine Minute mehr zur Ausspannung und Ruhe findet, ist überlenkt. H a t jemand Jnglück ,eder Art, so ergreift einen das Mitgefühl und der oder die Betreffende dauret einen. Ahnen Erwachsene irgend etwas Gutes oder Schiechtes im voraus und wii'd dies vielleicht -.'khchkeit, dann heißt es freudig oder bekümmert: „'s hot mr au aodderet." Wer nach getaner Arbeir ganz ausgepumpt oder erschöpft ist, der ist ganz grea (fertig). Ein Ei, das keinen Dotter hat, bezeichnet die Mundart als lauterig. Dieser Ausdruck wird auch im übertragenen Sinne vi lsagend verwendet. Kommt emand ans Haus, den man nicht kennt, so sagt man: „'S kommt Ebber". Und mit Äbbes bezeichnet die Mundart alles wie: Tiere, Pflanzen. Geschehnisse und Vorkommnisse, die man entweder r.cht genau kennt, sieht, hört, oder die man besonders bewundert. Was in der Zeit soeben vorbei ist, geschah bearig - und was schon ein Jahr zurückliegt, das war fend. Wenn ein Kind nicht einmal ein Weilchen still sitzen kann, dann ist es giefitzig. Eine Schraube, welche nicht mehr fest sitzt, ist lodderig und muß angezogen werden Wer durch Krankheit oder Alter sich arg geschwächt zeigt, der ist auch lodderig geworden und sitzt oft mauteng umeinander. Die Sprachscnöpfungen der Mundart entstammen dem Urgrund unseres eigentlichen Wesens. Fast jedes Wort hat eine lange Gescb'chte und schließt Verstand, Geist und Gemüt in einmaliger We e in sich. Wenn heutzutage mit Recht soviel von dem Wert und dem Sdiucz der Umwelt geschrieben und gesprochen wird, so darf auch die Erhaltung und Pflege der Mundart als eines der ältesten Kulturgüter in diesen Schutz miteinbezogen werden. Joh. Wannenmacher WALTHER FRICK Aus der Geschichte von Schloß Hohenfels Nach Achberg scheidet auch dieses Schloß aus dem Kreis Sigmaringen. In Heft 70/3 hat die „Hohenzollerische Heimat" „Abschied von Achberg" genommen, nachdem die Exklave mit dem alten Schloß in der ersten, kleineren Kreisreform Hohenzollern verlassen mußte. Im Sommer dieses Jahres nun ist endgültig durch den Stuttgarter Landtag beschlossen worden, daß auch das Hohenfelser Ländchen vom Kreis Sigmaringen abgetrennt wird. Es wird dem Konstanzer zukünftigen großen Landkreis eingegliedert, obwohl die Hohenfelser alles Erdenkliche taten, um in letzter Minute doch noch beim Kreis Sig- Hohenfels ist, wie Achberg, ein Bereich, dem ein Schloß, das heißt ein Herrschaftssitz, Namen und Geschichte gab. Und auch dies scheint gleich zu sein: beide sind vielen Bewohnern Hohenzollerns fast unbekannt und das, obwohl Hohenfels immerhin innerhalb Hohenzollerns liegt und nicht weitab im Südosten wie Achberg. Während aber das Schloß von Achberg heute eigentlich ein Mehrfamilienhaus ist, beherbergt Hohenfels eine Schule, eine Dépendance der berühmten Schloßschule von Salem. Wenn man dazu eine Parallele in Hohenzollern anziehen will, so vielleicht das einstige Kloster Inzigkofen, das Hohenfels, Aquarell um 1840 (mit freundlicher Genehmigung des Thorbecke Verlags, Sigmaringen) maringen bleiben zu können. Es ist also auch hier ein Abschiedslied zu singen, allerdings unter dem ausdrücklichen Vorbehalt, den Oberarchivdirektor Dr. Eugen Stemmler 1970 auf der Jahresversammlung des Geschichtsvereins machte: gerade weil Hohenzollern jetzt zerteilt wird, sind der Verein, die Hohenzollerischen Jahreshefte und die Hohenzollerische Heimat auch weiterhin die Träger der geschichtlichen Überlieferung. Es ist also nicht nur möglich und wahrscheinlich, sondern erwünscht, daß auch in Zukunft Heimatforscher sich mit dem Hohenfelser Land befassen. Denn, um noch einmal Dr. Stemmler zu zitieren, die Ortenau oder der Hegau sind auch keine politischen Einheiten mehr, dennoch gibt es dort Geschichtsvereine und Veröffentlichungen; und das sind nicht die einzigen Beispiele. auch eine Stätte des Lehrens und Lernens geworden ist, allerdings f ü r Erwachsene, die nur wenige Tage, höchstens Wochen bleiben. Hohenfels hat mehr als hundert Jahre, von 1806 an gerechnet, leergestanden. Im ersten Weltkrieg wurde hier eine Kindererholung eingerichtet, später ein Teil von Salem, da diese Schule aus ganz Europa ungemein starken Zuzug erhielt und noch immer erhält. Unweit davon liegt übrigens noch ein historisches Haus, das gleichfalls als Salemer Schule, das Kloster Hermannsberg, im Kreis Überlingen. Hohenfels muß eigentlich heißen Neu-Hohenfels und taucht unter diesem Namen 1292 oder 1295 in der Geschichte auf. Alt-Hohenfels ist heute eine Ruine, vielen Wanderern am Bodensee bekannt, oberhalb von Sipplingen gelegen, unfern den modernen Wasserbereitungs123 anlagen der Bodensee-Versorgung für Stuttgart. Der H a l denhof dicht neben Alt-Hohenfels bewahrt in einer Stube das Gedächtnis an Burkart von Hohenfels, den Minnesänger, der aus diesem Geschlecht stammte. Im 13. Jahrhundert gab es also zwei Burgen mit Namen Hohenfels, und beide lagen innerhalb eines Herrschaftsgebietes. Zu Neu-Hohenfels gehörten u. a. Deutwang und Oberndorf, Sigmaringer Kreisgemeinden also, und Seeinngen und Mahlspüren, zum Kreis Stockach gehörig. Zwischen den beiden Namengruppen verläuft der teilweise sehr steile Abbruch der schwäbisch-bayerischen Hochfläche zum Seebecken. Alt-Hohenfels hörte etwa um die Mitte des 14. Jahrhunderts zu bestehen auf, während Neu-Hohenfels ein für Hohenzollern recht interessantes Schicksal fand; die Tochter eines Konrad von Hohenfels, der keine Söhne hatte, heiratete 1354 den Ritter Wolf von Jungingen, und so kamen die Herren aus dem Killertal zu diesem Besitz. 1506 kaufte die Deutschordenskommende Altshausen die Herrschaft Hohenfels, die genau 300 Jahre in ihrem Besitz bleiben sollte, bis 1806 das Haus Hohenzollern den Besitz zugeteilt erhielt. - Was für eine Burg in früherer Zeit Neu-Hohenfels darstellte, wissen wir nicht. Das älteste, in Stein gehauene Datum befindet s h am Treppenturm des Südwestflügels und lautet auf 1553. Nach den „Kunstdenkmälern Hohenzollerns", denen wir hier folgen, soll die Kapelle möglicherweise älter sein. Sie wurde 1589 (neu?) geweiht. Was heute als Schloß dasteht, ist ein Bau aus den 173Öer Jahren, samt Zubauten und Renovierungen im weiteren Verlauf des 18. Jahrhunderts. Einen Teil dieser Arbeiten leitete der große Johann Caspar Bagnato, der Baumeister des Ordens. Ein Teil allerdings, so der Südostflügel, geht auf das 16. Jahrhundert zurück. Der Grundriß sieht merkwürdig verzogen aus. N u r der Östflügel bildet mit dem Südwestflügel einen rechten Winkel. Der nördliche Flügel sitzt in spitzem W! ikel daran, und der kleinere Nordostflügel hängt ganz schräg versetzt zwischen Ost- und West-Teil. Das hängt mit dem Standort zusammen, denn das Schloß sitzt auf einem Sporn des erwähnten Abbruchs zum Seebecken. - Große Ereignisse scheinen s;ch auf Hohenfels nicht abgespielt zu haben, jedenfalls ist uns nichts davon bekannt. Hier ging das Leben offenbar immer seinen ruhigen Gang, kein Schade, wenn man weiß, was „große" Zeiten so alles mit sich zu bringen pflegen. Ein altes Veringer Gedicht Glich denen andern Vögeln 10 allen, U n d ließt nit Dine Federn fallen, Im Jare so gar oft und dick 2. Das wär Diner Kirchen groß Gelick n , Und dazu haben allen Rat, Und was der Kirchen wol anstaht 1 2 . Das würd man alles by Dir sechen 13 Uf nochzytlich Tag 14 mag ich jechen 15. Darumb Du haiiger Erzengel: Schliegst ainmal drin mit aim Bengel, Oder ließest Du din Wage schnellen, Daß ainsmals dann dieselben Gsellen Fielent rus us Diner Wag, Und über sy kern aine Plag, Als 1 6 do geschach den Azottern 97 , Die da nammet die Arch Gotts des Herrn, Und stöllten sy zu Dagons Saalen 1S. Darum würdent sy zur Erde falen." Seine h o l p r ^ e n Reime finden sich in einer Renovation des Einkommens des hl. M'chael, des Kirchenpatrons zu Vermgendorf, vom 1. Dezember 1523 (Fürstl. Arch. Sigm.: VerLigen R 78, 34 Seite 4). Vermutlich ein Kleriker der Kirche, der ich mit den Zensiten des Heiligenfonds offenbar ungern öfter herumschlagen mußte, hat sie verfaßt. Er sähe lieber, die Abrechnung würde nur 1 mal jährlich unter der weltlichen Geriditslinde vorgenommen. Dann hätte der Heilige auch pirht so große Unkosten. „Sant Michel, der Erzengel gut, Der macht gar oft ain guten Mut Im Jar herum gar vil und dick 2, Und wie es sich auch dann nun schickt, Wenn man (oft) tut zusammen kummen Und mit der Kriden 3 macht die Summen Uf dem Tische hin und har, Das ain Dings und das ander bar. Das dritt schribt man ins Rechenbuch: Anno dni. 1000 vierhundert such 4 ! Da findest Du es alls geschrieben, Was vormals ist noch über blieben, Rubis und stubis, Batzen und Stil, Als es mich dan bedünken wil, So kosts Sant Micheln wol 10 P f u n d , bis ain jetlicher netz 5 den Mund: Durch 6 sant Michels N u t z und Ehr. Ach Du mein vil lieber Her 7 ! Welte man Dich nit seninden, So erriet mans dick 2 under der Linden 8 . Da würd es necher 9 gerichtet us, Und tätest des jars nur ain Muß, 124 D a ß vor über 400 Jahren auch im Laucherttal ein Verseschmied saß, war vielen bisher unbekannt! Anmerkungen: 1 gute Stimmung bei den Z a h l e n d e n 2 häufig, oft. 3 Kreide. 4 die J a h r z a h l 1400 l ä ß t v e r m u t e n , d a ß die Verse schon ins 15. J h . zurückreichen. 3 benetzen mit dem v o m Heiligen zu stellenden W e i n ! 6 zu 7 H e r r entstanden aus „hehr". 8 wohl Gerichtslinde, nicht im P f a r r h a u s . -im Wein. 9 näher. 1 0 Zinseinnehmer; gewagte Anspielung auf die Flügel des hl. Michael. 1 1 Glück. 1 2 ansteht, n ü t z t . 13 sehen. 1 4 Hochfeste. 1 5 sagen, v e r k ü n d e n . 1 6 so wie. 1 7 I m 1. Buch der Könige K a p . 5 w i r d e r z ä h l t : Die Bewohner v o n A z o t stellten die den Israeliten abgenommene Bundeslade in ihren T e m p e l v o r die Statue d :s Götzen D a g o n , die d a n n immer wieder herabstürzte. 18 T e m p e l r a u m (Vgl, M i t t l . H o h z . 1916 (Jg. 50) 101). Joh. Adam Kraus J O H A N N ADAM KRAUS Hechinger Bürgersöane im Kloster Allerheiligen, davon zwei bedeutende Äbte N u r mit Wehmut kann der Wanderer, der die Schönheiten des Schwarzwaldes bei Oppenau genießend die dortigen Wasserfälle hinaufgestiegen ist, die Ruinen des ehemaligen Prämonstratenserklosters Allerheiligen (Gemarkung Lierbach bei Oberkirch) betrachten, in dem 600 Jahre lang die regulierten Chorherren des hl. Norbert von Pr< montre das Lob Gottes verkündeten. Im Jahre 1803 wurde das auf eine Stiftung einer Gräfin von Schauenburg zurückgehende Kloster aufgehoben, und die Gebäude fielen kurz darauf einem Blitzschlag zum Opfer. Die Ruinen der 1260 erbauten und 1470 erneuerten Kirche sind Zeugen bedeutenden Kunstschaffens. Oft ist Allerti „iigen auch das Ziel von Ausflügiern aus Hohenzollern und Hechingen. D a ß auch t lige Bürgersöhne aus Hechingen im 17. und 18. Jahrhundert hier dem Orden beitraten und zwei von -inen zur Würde des Abtes erhoben wurden, scheint bei uns weiterhin unbekannt zu sein. Das Erzbischöf. ""he Archiv in Fre '<urg verwahrt einen schmalen Band (Signatur H a 561), in dem a e Chorherren des 18. Jahrhunderts die Namen von Insassen und Vorstehern des Stiftes mit ihrem Profeßjahr aufgeze hnet haben. Es finden sich: N r . 272 Rev. Pater Edmundus Kipp, Hechinganus, prof. 1696. N r . 273 R. P. Franciscus Moser, Hechinganus, prof. 1698. N r . 278 R. P. Joachimus Baehr, Hechinganus, prof. 1706, abbas 38. N r . 284 R. P. IfTridus Baehr, Hechinganus, prof. 1710. N r . 292 R. P. Carolus Pulser, Hechinganus, prof. 1718, abbas 40. N r . 298 R. P. Joannes Baehr, Flechinganus, prof. 1726. N r . 303 Frater Josephuc Baehr, Hechinganus, diaconus, prof. 1738. Auf Seite 8 steht nun näheres über den 38. Vorsteher des Klosters: „Er hat auf diesen Blättern di? Geschichte seiner Vorgänger beschrieben und seinen, der ewigen Seligkeit würdigen, Namen noch hinzugefügt: Joachimus Baehr, zum Abt gewählt am 20. Jun 1718. Er stammte aus Hechingen, war vor der Wahl Subprior, Novizenmeister und mehrere Jahre Professor der Philosophie und Theologie. Er regierte 28 Jahre, war ein Mann von ge- fälligem heiteren Wesen, bei den Seinen wie auch bei den Fremden (besonders den Fürsten) wegen seiner guten Sitten und frommem Leben sehr geliebt, ein Vorbild im Studium und Beten, sowie in den geistlichen Übungen f ü r unsere Gemeinschaft. Unter ihm stieg nicht nur die Zahl der Mitbrüder, sondern auch die klösterliche Zucht, die Studien und das familiäre Zusammenleben ungemein. Die zum Weinbau nötigen Gebäude und Ställe, die durch vorausgehende K ege zerstört waren, hat er teils repariert, teils neu errichtet. Er baute auch das Pfarrhaus in Appenweier und hier in Allerheiligen das Gästehaus neu wie auch andere Gebäude in und außer dem Kloster und renovierte dii Kirche. Er stattete auch die armselige Sakristei reichlich mit Paramenten aus, tat sich hervor durch Freigebigkeit und Hilfsbereitschaft gegen die Armen. Er leuchtete hervor durch Sittenreinheit und von jung an durch Reinheit und übte bewundernswerte Zuri khaltung und Vorsicht gegenüber den Frauen. Seine hervorragenden Werke der Oekonomie sind im Protokoll des hochw. Abtes Carl weiter unten beschrieben. Er starb hier im Kloster an einer kleinen Wunde am Fuß, die durch einen Nagelriß verursacht war, wozu nachher eine iL 'liehe Blutvergiftung (?) kam, am 18. Mai des Jahres 1776. Beerdigt wurde er im Heiligtum, wo sich die Cnorstühle befinden." Der 40. Vorsteher und 8. Abt: „Der hochwürdigste H e r r Carolus Pulser aus Hechingen wurde am 19. August 1756 (nach dem Tode des Abtes Laurenz Schlecht) gewählt und erst am 10. Juli 1757 geweiht vom hochw. Prälaten Benedikt (Rischer) von Gengenbach unter Assi :enz der Benediktineräbte Bernhard (Beck) von Schwarzach und Carolus (Vogel) von Schuttern, und zwar in der Pfarrkirche von Oberkirch Die Weihe hatte sich wegen Schw.'1rigkeiten mit dem zuständigen bischof von Straßburg verzögert. Abt Carolus Pulser le::ete das Stift in hervor ragender Weise zu höchstem Nutzen der \ "ssenschaft und Oekonomie. Er starb selig im H e r r n am 16. September 1766 im Alter von 66 Jahren, im 42. Jahre seines Priestertums. Sein L e i j ruht am Eingang des neuen H e gtums (sanetuarium) unter der Ampel. Es möge ihm leuchten das Ewige Licht. Amen." Wappenbuch der H A G AG, Bremen bildet das Werk nicht nur eine interessante Lektüre, sondern auch ein wichtiges Nachschlagewerk. B. In den letzten Jahren wurde von der H A G A G das bekannte, von Prof. O. H u p p verfaßte Sammelwerk „Deutsche Ortswappen" neu aufgelegt. Als Band 8 erschien 1971 das Bundesland Baden-Württemberg. Die Neubearbeitung besorgte Klemens Stadler. Nach einem kurzen Überblick über d ; e Geschichte der einzelnen Landesteile foigt eine sehr lesenswerte Ausführung über das gemeindliche Wappen- und Siegelwesen ' i Baden-Württemberg, Der spezielle Teil bringt auf 100 Seiten ca. 400 Ortswappen von Baden-Württemberg, ,eweils mit einer kurzen Beschreibung der Ortsgeschichte, des Wappens und seiner Herkunft. Von Hohenzollern finden wir c :e sieben Städte Gammertingen, Haigerioch, Hechingen, Hett.ingen, Sigmaringen, lYochtelfingen und Veringenstadt, außerdem die Orte Bingen und Burladingen. Für den Heimatfreund Die Flur Beltmur, über die Michael Walter (Hohz. JHeft 1955, S. 31) ausfuhrlich schrieb, lag nicht auf Gemarkung Veringenstadt, w er meinte, sondern 1444 in der Flur Stetten, die zu Veringendorf gehört (Freibg. Diöz. Arch. 1968, 436). Der Stettener Berg "egt mitten im Laucherttal und zeigt oben eine künstliche Zui.chtung, vielleicht von einer Befestigung oder Kirche. Wie neulich wieder bei der Archivartagung 1970 in Leutkirch betont wurde, bedeutet Betmur (anderwärts Betbur) soviel wie Kapelle, eigentlich „Gebets-Mauer" Aus dieser Bezeichnung möchte man schließen, die Betmur habe ursprünglich eine offene Gebetsnische oder n n halboffenes Hei_igtum bedeutet. Ob diese Stätten in aie älteste Zeit des Christentums zurückreichen, wie Walter vermutete, ist schwerlich glaubhaft, da jeder Beweis fehlt. Kraus 125 J O H A N N ADAM KRAUS Die Zimmerer und das Bruderhaus Bernstein Der von 1269 an nachweisbare Ortsadel von Heiligenzimmern ist von Max Schaitel in Zollerheimat 1936, 18-19 behandelt worden. Ihre Burg lebt zwar nicht einmal mehr in der Erinnerung der Einwohner, aber t ' n e ..Burghaide" über dem ehemaligen Herren- und späteren Kirchberger Hof ist im Jahre 1560 noch nachzuweisen. Herrenhof und Burg : nd deutliche Zeugnisse der ehemaligen niederadeligen Herren. Ursprünglich hießen sie Herren „von Zimmern", aber bald Zimmerer oder Zlmmerli, um nicht mit den ebenfalls am Ort begüterten hochadeligen Herren (späteren Grafen) von Zimmern (d. i. Herrenzimmern bei Rottweil) verwechselt zu werden. Nach dem Schwesternbuch des Frauenklosters Kirchberg unweit Heiligenzimmerns hätten c. e ade gen Damen Elisabeth von Büren (a'bgeg. i Beurener Tal nebenan: Gemeinde Vöhringen) und die beiden leiblichen Schwestern Willburgis und Kunigundis von Zimmern das Kloster kurz vor 1237 gegründet (Honz. J H e f t 1964, 341). Man darf bei diesen beiden an Heiligenz.mmern denken, das alt „Zimmern in Horgun", Horgenzi nmern, Holgenzimmern hieß. Als erster männlicher Sproß wird „Wernher genannt Zymerli" 1269 mit Walger von Bisingen erwähnt. Im Janre 1296 war ein gieichnan ger Ritter Wernher Zimmerer hohenberj eher Vogt zu Haigerloch und 1318 ersehe .'t Wernher der Zimmerer mit seinem Sohne Heinrich als Bürger zu H o r b (Urk. 138 des Kl. Kirchberg im Stuttg. Staatsarchiv). Schon 1308 hatte ein Priester Konrad der Zimmerer einen Hof zu Schietingen (Kop. Kirchb. II, 23). Konrad wird auch am 20. Juni 1317 mit diesem Hof und zwe 1 leiblichen Brüdern Albrecht und Wernher aufgeführt (Mon. Hohbg. 211). Am 1. Mai 1364 war Conrad Zimerb Bürge für Heinrich den Buwenburger zu Haigerloch (Urk. 367 Kirchbg.) und 1369 f ü r Renhard von Berstigen (ebenda U 732). Vielleicht der gle..he Konrad Zymerli hatte 1389 als hohenbergisches Lehen das Dorf Imnau Hno der Vogtei und einem Haus in der Unterstadt Haigerloch (Müller, Quellen Hohenbg. I, 134: Kodier Haigerloch 774). 1418 und 1419 nennt Alberti einen Georg und Anshaim Zimerer zu H a m m e t w t 1. Schaitel bringt noch weitere Daten, wozu noch zu ergänzen ist: Am Sonntag Vocem jueunditatis (26. April) des Jahres 1478 erhielt H e r - ch Zimmerer, dessen Familienzweig wohl seit Beginn des 15 Jahrhunderts in Hammetweil bei Neckartenzlingen wohnhaft war, als österreichisches Lehen das Schloß und die Güter zu Hammetweil mit 44 Jauchert Acker, 30 Mm Wiesen, 20 J Egerten, 400 Mg Wald, 6 Mg Weingärten. Dies alles hatte jedoch schon fünf Jahre später e n Hans von Kaltental inne. Um diese Ze> verschwinden die Zimmerer aus den Urkunden. Ihr Wappen zeigte ein oder drei Zimmerbeile im Schild (einmal einen Flügel mit 1 Beil; vgl. Albertis Wappenbuch). Schaitel nimmt mit Recht an, daß die Familie bereits um 1300 den Ort Heiligenzimmern verl.' 'ß, dortigen und benachbarten Besitz stieß sie jedoch erst später ab, was zu beachten bleibt: Am 19. Februar 1351 verkauften die Brüder Konrad, Hermann und Heinrich die Zimmerer ans Kloster Kirchberg alle Lire Äcker und Wiesen, die sie und hr Vater im Banne von (Heiligen-)Z.mmern hatten, um 10 Pfund Heller. Bürge ist Ritter Marquard von Ow. Dabei wird angemerkt, daß die 3 Brüder knapp zu ihren Tagen gekommen (großjährig) seien (Kirchb. U 814). Wichtig ist die Nachricht Hodlers (nach Theod. Schön): Am 2. Januar 1361 habe Hermann von Ow von denselben Zimmerern Kunz, Hermann und Heinz, genannt „von Höfarts- (d. i. Hamniet-)weiler", um 45 Pfund Heller den bei Heiligenzimmern gelegenen Wald Bernstein samt etwa 90 Jauchert Feld gekauft, habe es als bisheriges Lehen des Klosters Reichenau freigemacht und am 21. Juli 1361 den Waldbrüdern geschenkt, was wohl den Anfang des Bruaerhauses Bernstein (zwischen Heihgenzimmern und Kirchberg) bedeutete. Denn laut Glatter Chronik übergab Abt Eberhard von Reichenau am 12. November 1361 dein Bruder Ulrich (Ulin) die Hofstatt Bernstein mit der Bedingung, daß die Waldbrüder dafür jährlich auf Lichtmeß Va Pfund Wachs reichen müßten. Im Jahre 1370 weilte dann Bischof Heinrich von Konstanz die erste Kirche zu Bernstein (Hodier, 274 und Anmerkungen). Vertrag über die Heiligkreuzkapeile bei Hechingen 1406 Die gräflichen Brüder von Zollern Friedrich der Schwarzgraf und Ostertag einigen sich mit dem Hecninger Dekan Heinrich Boll und ihrem Vetter Fritz von Zollern (dem Oettinger) wegen der Kapelle des hl. Kreuzes auf dem Uchtat, die neulich erbaut und geweiht wurde, laut Urkunde vom 3. April 1406. Sie mv'nten, die Kapelle gehöre in die Pfarrkirche gen Hech' .gen und die Kastenvogtei daselbst. Der Vetter aber bringt vor, .e Kapelle stehe auf dem Seinen und des Klosters zu Stetten Eigentum und er hab die Kapelle gebaut und soll sie auch verleihen und besetzen. Es wurde dann vereinbart: Aus den Einkünften der Kapelle ist ,ährin h im Herbst an den Kirchherrn zu Hechingen 1 Pfund Heller zu geben. Graf Fritz (der Oettinger) soll der Kapelle und des Opferstockes zuständig sein, sie besetzen und entsetzen n t Pfleger, Priester und allen Sachen. Der oder die Priester 126 der Kapelle sind dem Kirchherrn zu Hechingen zu nichts verpflichtet, weder zu Dienst, noch Zehnt, noch Opfer, noch sonst etwas, außer es würde etwas zur Kapelle gestiftet, was vorher der Pfarrkirche Hechingen oder den genannten Brüdern von Zollern zehntbar war. Dieser Zehnt soll wie bisher ble' ien, außer Zinsen, Korngilt und Hellergilten. Die Brüder verzichten auf alle Ansprüche an die Kapelle. Pfaff Heinrich Boll, Dekan des Kapitels Hechingen und Kirchherr daselbst, stimmt dem förmlich zu. Alle drei Grafen und der Dekan siegeln und dazu noch Konrad Eminger, Dekan und Kirchherr zu Ebingen, Wernher Gnaister als Meister der freien Künste und Kirchherr zu Balingen, sowie Hans H ü r n i n g (Hüring) als KLchherr zu Weilheim. (Kopie im f. hohz. Hausarchiv R. 78 N . 66.) J. A. Kraus Der Begriff Burgstall Das Wort Burgstall bedeutet nicht einen Viehstall bei einer Burg, sondern wörtlich „die Stelle, an der eine Burg steht oder stand". Es wird meist gebraucht von einer vergangenen Burg oder Burgruine, an die das Recht des Wiederaufbaus geknüpft war. Interessanterweise ist der Begriff Burgstall wesentlich erweitert in einer lateinischen Urkunde des Bischofs Rudolf von Konstanz vom 15. N o vember 1278 mit Bezug auf Jungingen. Es heißt da: „Eberhard von Jungingen habe ans Johanniterhaus Jungental (bei Starzein i. Killertal) eine Schenkung gemacht, nämlich die Hälfte des Dorfes Jungingen und den ganzen Landbereich der Burg Jungingen (municipium castri J.), der gewöhnlich Burgstall genannt werde, und zwar mit allem seinem Zubehör, wie er auch heißen möge, nämlich Vogtei, Wiesen, Weiden, Wälder, Haine, Gewässer, Wasserläufe, Mühlen, Wege, Unwegsames, Bannrechte, Jurisdiittion genannt Zwing und Bann." Demnach bedeutete Burgstall nicht nur Stelle einer Burg oder Burgruine mit dem Recht des Wiederaufbaus, sondern umfaßte den ganzen rechtlichen Bereich, der zu einer Burg gehörte. Deshalb ist bei Veräußerung oder Besitzwechsel einer Burg manchmal unterschieden zwischen Burg und Burgstall, wie z. B. 1405, wo Ritter Jörg Truchseß von Ringingen und seine Frau Ursel von Hörningen die Feste Habsberg bei Langenenslingen samt dem Burgstall an Stephan von Gundelfingen verkauften. ( H J H e f t 1952, 18; Die Urkunde betr. Jungingen liegt im Staatsarchiv Stuttgart B 352, U 406. Vgl. auch Berner, Dorf und Stift Oehningen 1966, S. 227.) J. A. Kraus Neuer Strüb-Kalender Die Hohenzollerische Landesbank hat auf 1972 wiederum in Zusammenarbeit piit der Erzabtei Beuron einen Kalender herausgegeben. Er ist dem Maler Peter Strüb aus Veringenstadt (gest. 1540) gewidmet, hier identifiziert als „Mi ! ster von Meßkirch". Die Bank, die solche wertvollen Kalender mit Kunstwerken verklungener Epochen in Südwestdeutschland herausgibt, erwirbt sich damit ebenso ein kulturelles Verdienst wie d'e Kunstanstalt in Beuron mit der hervorragenden Ausstattung. Sie schreibt auch die Texte in drei Sprachen - französisch, englisch und deutsch - wodurch der Kalender einen interna analen Anstrich erhält. Es soll aber nicht verhehlt werden, daß die im Text geäußerte Meinung, Peter Strüb sei der „Meister von Meßkirch", nach wie vor heftig umstritten ist. Was den Verlag dazu veranlaßte, diese Identität als so selbstverständlich vorauszusetzen, wie es hier geschieht, wissen wir nicht. Neuere Erkenntnisse in der StrübForschung dürften es nicht sein, sonst wäre die Rede davon. In dieser Frage ist schon viel Tinte verspritzt worden, und wir wollen ihn nicht von neuem entfachen. Wir weisen ledigl :h auf das Problematische hin, den letzten der Strüb in Veringenstadt ohne weiteres mit dem namenlosen Meßkircher Meister gleichzusetzen. Frick Eremitenleben Bekanntlich lebten auch in Hohenzollern im 16. und 17. Jahrhundert bei einsam gelegenen Kapellen Eremiten oder Einsiedler als Wächter und Mesner, aie teils von milden Gaben, teils von ihrer H ä n d e Arbeit lebten. Was kirchlich von ihnen gefordert wurde, geht aus einem Schreiben im Erzbischöflichen Arch'v Freiburg hervor, daß sich in der aus Konstanz vom Bischofshof stammenden H a n d schrift N r . 330, Seite 2u8 findet: „Vor mir (dem Generalvikar des Bischofs von Konstanz) erschien der geliebte Frater Nikolaus aus der Stadt H o r b und brachte vor, er wolle ein Eremitenleben führen und zwar auf dem Berg der hl. Uttha bei dem Kloster Uttenweiler (b. Riedlingen) mit den Statuten, wie sie f ü r Einsiedler gelten und dem vorgeschriebenen H a b i t oder Ordendskleid. Erbrachte gute Empfehlungen von gesetzten und glaubwürdigen Personen betreffend seinen Lebenswandel. Somit gestatten wir ihm hiermit kraft bischöflicher Autorität, an dem besagten O r t Eremit zu werden und daselbst Gott treu zu dienen. Zu seinem Lebensunterhalt soll er (in der Armut des hl. Franziskus) milde Gaben frommer Leute erbitten. Damit jedoch f ü r seine Aufführung eine gewisse Sicherheit gegeben ist, muß er sich verpflichten: 1. Das Gelübde der freiwilligen Armut, steter Keuschheit und des Gehorsams gegen den Oberhirten abzulegen. 2. Täglich das kl^ tie Offizium (Stundengebet) zur allerseligsten Jungfrau Maria zu beten, und soweit er am O r t und seiner Gesundheit nach möglich ist, täglich die hl. Messe besuchen. 3. Auf jeden ersten Sonntag im Monat zu beichten und kommunizieren, falls nicht sein Beichtvater anderes bestimmt. 4. Jeden Freitag des Jahres und an andern von der Kirche bestimmten Tagen zu fasten, außer wenn er krank ist oder durch sonst einen vernünftigen Grund verhindert wird. 5. Muß er geloben, seinen H a b i t nicht abzulegen oder zu andern ohne Zustimmung der Obern. Zur treuen Erfüllung dieser Vorschriften hat er sich in einem feierlichen E. Ischwur vor uns und unserem N o t a r verpflichtet. Hierauf haben wir ihn in unseren bischöflichen Schutz und unter die „klerikale Kriegerschar" aufgenommen. Seinen Beichtvater, der gelehrt und fromm sei, darf er aus dem Klerus der Umgegend selbst auswählen, wie er jetzt den Dekan des Kapitels wählte. Damit er bis an sein Lebensende in seinem hl Beruf verharre, ermahnen wir alle, deren L lfe er angeht, ihm freigebig Gaben der cf stlichen Liebe zukommen zu lassen, damit alle von Gott dem Vergelter alles Guten daf ü r einen reichen Lohn erlangen. Zu Urkund dessen haben wir dieses Schriftstück ingehöndig unterzeichnet und mit dem gewöhnlichen Siegel unseres Vikariats bekräftigt. Konstanz im b^chöfl. hen Palais am 7. September 1615." In Hohenzollern fanden sich ehemals Eremiten auf der Trocntelfinger H a i d , im Bittelschießer Täle, auf dem Kornbühl, auf den Hennenstein, bei Deutstetten-Veringenstadt, bei der Allerheiligenkapeiie in Glatt und (nach J. Wetzel) auch bei Weilheim. (J. Wetzei, Gesch. i. k. Kirche i. Hohz. 1928, 313.) J. Adam Kraus 127 Urgeschichte im Schmeiental Constantin Feck er zum Gedächtnis Die sogenannte Zigeunerhöhle zwischen Unterschmeien und dem Viadukt bei Inzigkofen war im vergangenen Sommer das Ziel von Arbeiten des Tübinger Institutes f ü r Urgeschichte. Dr. Wolfgang Taute, der die Arbeiten leitete und nächstes Jahr fortsetzen will, bezeichnete die Periode um 12 000 bis 8 000 vor Christus als „weiße Flecken" auch im gut durchforschten Baden-Württemberg. Hier liege die Nahtstelle zwischen Alt- und Mittelsteinzeit, die noch wenig erkundet sei. die Arbeiten erbrachten mehrere Brandhorizonte tief unter dem jetz-gen Höhlenboden, auf dem in Sommernächten oft feuchtfröhliche Gelage stattfinden, was Dr. Taute veranlaßte, alles wieder bis zum nächsten Jahr zuzuschütten. In den verschiedenen Horizonten wurden winzige Steinwerkzeuge gefunden, außerdem viele Knochen, die Aufschluß geben über die Ernährung der Siedler. Die Forscher wissen jedoch noch nicht, ob die Horizonte nur wenige Jahre oder Jahrhunderte auseinanderliegen. Sie vermuten, daß die Höhle periodisch zugeschwemmt wurde sowohl von der (damals höher liegenden) Schmeie, als auch von einem jetzt verschwundenen Bach, der aus dem Kirchtal herunterschäumte. Den Platz selber nannte Dr. Taute ideal f ü r Fischer und Jäger, so nahe an der Schmeie, die damals noch nicht von der Ebinger Industrie abgetötet war! Mitgenommen wurden auch Holzkoh'lenreste, um aus ihnen die Holzarten zu analysieren, di/2 damals hier wuchsen. Die genannte Periode war zugleich die des letzten zurückweichenden Eises. fr. In seinem 76. Jahr ist Oberlehrer in Ruhe Constantin Fecker in seiner Heimat Steinhofen verstorben. Aus der Präparandie in Hechingen führte ihn sein Lebensweg durch den ersten Weltkrieg zum weiteren Studium in St. Wendel und zu mehren Stationen im Schuldienst in H o henzollern. Er war Schulleiter in Unterschmeien, später in Bisingen und endlich in seiner Heimat Steinhofen. Neben seiner beruflichen Tätigkeit widmete sich der Verstorbene, in bester hohenzollerischer Lehrertradit.on, der Heimatforschung und schrieb unzählige heimatgeschichtliche Arbi ;en, sowohl f ü r Zeitungen als auch für die H o henzollerische Heimat. Auch über berühmt gewordene Steinhofer be ichtete Constantin Fecker und trug so in fleißiger Arb t dazu bei, die Heimat und ihre Geschichte bewußt zu machen und ihre Kenntnis zu vertiefen. Sit ei terra levis. Fr. Adel von Imnau ist bisher n -it bekannt. Jedoch führt Hodler (OA Haigerloch S. 774) als Hohenbergische Lehensleute um 1380 auf: Ulrich von Ymmenowe und den Maiger von Ymmenowe, d. i. den Meier (villicus) eines hohenbergischen Hofes. Schon am 7. März 1330 nennt Albrecht von Stetten, benannt der Ganusser, als Bürger zu Haigerloch seine Mutter selig Sophy, seinen Großvater Albrecht von Ymnowe und dessen W)rtin sei Diemut (Urk. Kirch'berg N r . 296), was immerhin zu beacnten sein dürfte. Kraus HOHENZOLLERISCHE HEIMAT herausgegeben vom Hohenzollerischen Geschichtsverein in Verbindung mit den Staatlichen Schulämtern Hechingen und Sigmaringen. Verlag: Hohenzollerischer Gesehichtsverein 748 Sigmaringen. Karlstraße 3. Druck: M. Liehners Hofbuchdrudcerei KG, 748 Sigmaringen, Karlstraße 10. Die Zeitschrift „Hohenzollerische Heimat" ist eine heimatkundliche Zeitsehl : ' t . Sie besonders die Bevölkerung in Hohenzollen mit der Geschichte ihrer Heimat vertraut machen. Sie bringt neben fachhistorischen auch populär gehaltene Beiträge aus der Geschichte unseres Landes. Sie veröffentlicht bevorzugt Beiträge, die im Schulunterricht verwendet werden können. Bezugspreis: 2,00 D M halbjährlich Konten der „Hohenzollerische.i Heimat": 802 507 Hohenz. Landesbank Sigmaringen 123 63 Postscheckamt Stuttgart 128 Die Mitarbeiter dieser Maximilian Müller aus Hechingen, Jörg Zürn in Überlingen Bildhauergeselle bei In einer Urkunde vom 24. Mai 1625 bezeugt Maximilian Müller, Bildhauergeselle bei Jörg Zürn in Uberlingen, daß er in seiner Vaterstadt zu Hechingen die freie Kunst der Bildhauerei fünf Jahre lang gelernt habe. Am 20. Juli 1628 wurde Mixirn'Han Müller lt. Überlinger Ratsprotokoll wegen eines Raufhandels um 20 Pfd. und wegen „grewlichen Gottslästern" um 42 Pfd. gestraft. (Nach Claus Zoege von Manteuffel, Die Bildhauerfamilie Zürn). Müller hat vermutlich bei Taubenschild in Hechingen gelernt. Er dürfte ein wichtiger Mitarbeiter am Überlinger Hochaltar gewesen sein. B. Die Flurnamen Rauns (Runs, Runz) werden von manchen ohne Begründung als keltische Uberreste angesehen. So wurde z. B. auch auf der Archivartagung 1970 in Leutinreh geäußert. In Freiburg heißt die Wasserzuleitung zu den bekannten Stadtbächie „Runz". Das Wort Wasserrauns (Ringingen) läßt sich jedoch einfach auf das Zeitwort „rinnen" zurückführen und bezeichnet einfach einen (bzw. einen ehemaligen) Wasserlauf. Die Ringinger Flur dieses Namens hat nur nach starken Regenfallen noch etwas Wasser. J. A. Kraus Nummer: Redaktionsausschuß: Josef Mühlebach Landesverwaltungsrat i. R. Sigmaringen, Leopoldstraßc Hubert Deck, Konrektor 745 Hechingen, Tübinger Straße 28 Telefon 07471/2937 Dr. Hartmann Reim Landesamt für Denkmalpflege Tübingen Walther Frick, Journalist 748 Sigmaringen, Hohe Tannen Telefon 07571/8341 Johann Adam Kraus Pfarrer und Erzbischöflicher Archivar i. R . 78 Freiburg-Littenweiler, Bachstraße 2 Johann Wannenmacher Hauptlchrer i. R. Rangendingen Die mit Namen versehenen Artikel geben die persönliche Meinung der Verfasser wieder; diese zeichnen für den In'nait der Beiträge verantwortlich. Mitteilungen der Schriftleitung sind als solche gekennzeichnet. Schriftleiter: Manuskripte und Besprechungsexemplare werden an die Adresse des Schriftleiters oder Redaktionsausschusses erbeten. Dr. med. Herbert Burkarth 7487 Gammertingen, Eichertstraße Telefon 07574/329 Wir bitten unsere Leser, die „Hohenzollerische Heimat" weiter zu empfehlen.
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