Handreichung Kooperationsklasse (pdf | 1,3 MB)
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Bayerisches Staatsministerium für Unterricht und Kultus Die Kooperationsklasse A Kooperation zwischen allgemeiner Schule und Förderschule B Einrichtung bzw. Genehmigung von Außenklassen und Kooperationsklassen C Schulordnung für die Volksschulen in Bayern - Bewertung der Leistungen/Zeugnisse/Vorrücken D Kooperation braucht Koordination E Diagnostik und Förderung - ein Kontinuum F Erziehung, Unterricht und Förderung bei Schülern mit dem Förderschwerpunkt Sprache in der allgemeinen Schule München 2006, 2. erweiterte Auflage A Dr. Helmut Wittmann, Erich Weigl: Kooperation zwischen allgemeiner Schule und Förderschule A1 Integration durch Kooperation Kooperation zwischen allgemeiner Schule und Förderschule Schulische Kooperation spiegelt als Konzept sonderpädagogische Wirklichkeiten des gemeinsamen Lernens und Lebens von Schülern mit und ohne sonderpädagogischen Förderbedarf wider. Die Formen von Kooperation sind Antworten, in nächstmöglichen Schritten gemeinsames Lernen zu entwickeln, weil fachliches Wissen und Können zuwachsen, gesellschaftliche Anforderungen gestellt und bildungspolitische Schwerpunktsetzungen umzusetzen sind. Die Aufgabenvielfalt und Formenpluralität von schulischer Kooperation von Kindern mit und ohne sonderpädagogischen Förderbedarf sind weit gefasst. Sie dienen als Kraftfeld von Phantasie, Inspiration, Einfallsreichtum, Kreativität, Erprobungscourage, kurz als Entwicklung der Schulen in den Bereichen - Diagnostik, - Beratung, - Förderung, - Unterricht, - Koordinierung der Maßnahmen und - Fortbildung. Kooperation umfasst viele organisatorische Möglichkeiten von Erziehung und Unterricht zwischen Volksschulen und Förderschulen: - Förderschule und Nachbarvolksschule - Förderschule und Nachbarförderschule - Jahrgangsstufe der Förderschule und andere Jahrgangsstufe der Volksschule - partiell gemeinsamer Unterricht, um Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf in eine Klasse der allgemeinen Schule zurückzuführen - Kooperations- und Außenklassen A2 Kooperation schließt viele didaktisch-methodische Möglichkeiten von gemeinsamem Lernen von Schülern mit und ohne sonderpädagogischen Förderbedarf ein: - bei bestimmten Lernzielen - in bestimmten Unterrichtsfächern - bei bestimmten Projekten - in epochalen Formen - in Arbeitsgemeinschaften - im Klassenunterricht Kooperation der Förderschule bzw. Sonderpädagogisches Förderzentrum mit dem Partner allgemeine Schule Kooperativ ausgerichtetes gemeinsames Lernen von Schülern mit und ohne sonderpädagogischen Förderbedarf ist inzwischen in Bayern mit über 340 Kooperations- und Außenklassen (190 Kooperationsklassen, 150 Außenklassen) die häufigste Art und Weise für soziales Lernen und die weiteste Ausprägung von schulischer Integration. Kooperation ist die Chance, schulverträglich fortwährend neue Formen gemeinsamen Lernens zu finden, sich für gemeinsames Lernen aufzuschließen. Kooperation führt über die Enge des Lernens untereinander hinaus und macht alle Kinder und Jugendlichen im sozialen und unterrichtlichen Lernen reicher. Hier wurzelt die Integration, die es schülerverträglich, lehrerverträglich und schulverträglich anzustreben gilt. In den Schulen zur Sprachförderung, den Schulen zur Lernförderung und im Sonderpädagogischen Förderzentrum ist Kooperation fast schon so etwas wie ein Statussymbol. Förderschulen, die kooperativ sind, erreichen inzwischen in ihrer Umgebung ein bestimmtes Prestige. Sie nehmen eine höhere fachliche Position ein als Schulen für Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf ohne diesen kooperativen Bildungsbereich. Dies gibt der Kooperation eine breite Bestimmtheit. In den allgemeinen Schulen, in denen Kinder mit einem Förderbedarf im Förderschwerpunkt Lernen, Sprache oder emotionale und soziale Entwicklung unterrichtet werden, sind die Kinder und Jugendlichen aus dem Geaamtkontext der Schule nicht mehr wegzudenken. Kooperation gehört zu ihrem Selbstverständnis mit dem Ziel des gemeinsamen Lernens. Kooperation ist der bedeutende schulische Anteil, Selbstverwirklichung auch in sozialer Eingliederung zu erreichen. A3 Diese Schulen sind in ihrer Leitfunktion zu bestärken, indem sie Orientierung bieten für die weitere konzeptionelle Weiterentwicklung der Schule zur Lernförderung bzw. der Schule zur Sprachförderung und des Sonderpädagogischen Förderzentrums. Nachfragen zur Kooperation richten sich auf die Ausweitung von Kooperation über die Schulen zur Lernförderung und Schulen zur Sprachförderung bzw. die Sonderpädagogischen Förderzentren und den Partner der allgemeinen Schule hinaus. Schulaufsicht und Projektschulen für Kooperation haben hier ein wichtiges Betätigungsfeld. Die Durchlässigkeit der Schulen für die Förderschwerpunkte Sprache, emotionale und soziale Entwicklung sowie Lernen wird durch Kooperation begünstigt. Verstärkt soll hier die Möglichkeit des gemeinsamen Unterrichts zum Wechsel von Schülern aus den Förderschulen in allgemeine Schulen führen. Der gemeinsame Unterricht von Gruppen dieser Förderschulen in Klassen der allgemeinen Schulen schafft geeignete Rahmenbedingungen für die angestrebte Kooperation und die Überweisung von Schülern und Schülerinnen in die andere Schulart. Gemeinsamer Unterricht Gemeinsames Lernen und Fördern von Schülern mit und ohne sonderpädagogischen Förderbedarf ist komplex und schwierig. Unsicherheit und Ratlosigkeit für gemeinsames Lernen sind durch die vielseitigen Kooperationserfahrungen und -erprobungen weniger geworden. Wichtig ist: Schulische Kooperation fragt nach dem Sinn des gemeinsamen Lernens: Was können, sollen, müssen diese Schüler in der allgemeinen Schule miteinander lernen? Die Sinnfrage ist zentral geworden. Schulische Kooperation wird zu einer guten Antwort auf den Sinn gemeinsamen Lernens. Sie bringt Kindern mit und ohne sonderpädagogischen Förderbedarf und auch ihren Lehrkräften Annerkennung untereinander und Wohlwollen zueinander. Einige, ob Politiker, Wissenschaftler, Medienvertreter, Verbandsvertreter oder Eltern, sind in ihrem sonderpädagogischen Denken auf der Schiene der „absoluten Wahrheiten“. Es geht ihnen darum, ausschließlich die totale Integration in allen Förderschwerpunkten zu manifestieren. Die favorisierten Integrationsklassen mit fünf Schülern mit sonderpädagogischem Förderbedarf (mit unterschiedlichen Förderschwerpunkten) und 15 Schülern ohne sonderpädagogischen Förderbedarf bei zwei Lehrkräften und Unterricht innerhalb mehrerer Lehrpläne sind weitgehend eine integrative Scheinlösung, weil sie weder bezahlbar noch didaktisch-methodisch realisierbar sind. In solchen Grenzsituationen zu unterrichten, bringt hohe, meist nicht leistbare Anforderungen mit sich: fachliche, personelle und finanzielle. A4 Schulische Kooperation lässt verträgliches, gemeinsames Lernen zu. Sie holt jede Schule auf der gleichen Stufe, also in ihrer konkreten Situation ab und ermöglicht dann Weiterentwicklungen. Jeder Förderschwerpunkt bedingt andere kooperative Lösungen. Die stets zu initiierende Konzeptarbeit soll die bestmögliche gemeinsame Förderung unter fachlichen Gesichtspunkten darstellen. Dies ist eine wichtige Aufgabe für die integrative Förderqualität und Zufriedenheit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an Förderschulen und allgemeinen Schulen. Schulische Kooperation ist Faktum und Prozess des integrativen Verstehens. Darin kann man die realistische, flächendeckende Chance und Welle hin zum gemeinsamen Lernen sehen. Kooperative Formen hemmen keineswegs Integration. Die schulische Kooperation ist die Erkenntnis, dass gemeinsames Lernen und Fördern bei Kindern mit und ohne sonderpädagogischen Förderbedarf in humaner Form ohne Selbstaufgabe gelingen kann. Nie zuvor hatte man für schulische Integration soviel Freiheit. Volksschulen und Förderschulen können die Kooperation nicht mehr ausklammern. Kooperation ist keine Einbahnstraße. Kooperation muss vor allem in den Händen der drei Schularten Grundschule, Hauptschule und Förderschule liegen (siehe Landtagsbeschluss vom Juli 1998 Bay EUG vom 1. August 2003, Lehrplan für die bayerische Grundschule 2000, Lehrplan für die bayerische Hauptschule 2004). Alle an dem Prozess der Kooperation Beteiligten vor Ort sind dazu aufgerufen,sich positiv einzubringen und mitzugestalten. Dies kommt in Art. 30 Abs. 1 Satz 1 BayEUG zum Ausdruck: „Die Schulen aller Schularten haben zusammenzuarbeiten.“ Niemand in der Schulaufsicht, in den Schulleitungen, in den Lehrerkollegien kann ignorieren, dass es Kinder der anderen Schulart gibt. Der dialogische, gemeinsame Unterricht ist auch an Mitmenschlichkeit gebunden. Schule heute unterrichtet und fördert Schüler mit und ohne sonderpädagogischen Förderbedarf. Die vorgelegten Handreichungen im Hinblick auf eine Konzeption der Kooperationsklasse will die pädagogischen Pupillen noch stärker weiten. Dank deshalb den Schulen, die ihre kooperativen Formen einbrachten, für ihre innovativen Beiträge, ebenso der Schulaufsicht für ihre Ver- A5 waltungs- und Beratungsphantasie und Unterstützung der Kooperation als gemeinsames Lernen von Schülern mit und ohne sonderpädagogischen Förderbedarf. München im Dezember 2004 Dr. Helmut Wittmann, Erich Weigl Bayerisches Staatsministerium für Unterricht und Kultus B KMS vom 26.02.2003 Nr. IV.9-5 O 8200-4.482: Einrichtung bzw. Genehmigung von Außenklassen und Kooperationsklassen B1 Bayerisches Staatsministerium für Unterricht und Kultus Bayerisches Staatsministerium für Unterricht und Kultus 80327 München An die Regierungen Ihr Zeichen Ihre Nachricht vom Bitte bei Antwort angeben Unser Zeichen Telefon (089) 2186 München, IV.9 - 5 O 8200 - 4.482 * 2532 26.02.2003 *in der Fassung durch KMS vom 10.04.2003 Nr. IV.9-5 S 8401.6-4.26 493 Einrichtung bzw. Genehmigung von Außenklassen und Kooperationsklassen Nach Art. 30 Abs. 1 BayEUG sind die Schulen aller Schularten verpflichtet zusammenzuarbeiten. Die Zusammenarbeit zwischen Förderschulen und Volksschulen soll dabei besonders gefördert werden. Konkrete Formen dieser Zusammenarbeit sind u. a. die Außenklassen und die Kooperationsklassen. Im Zuge der geplanten Änderung des BayEUG soll auch Art. 30 modifiziert werden; vorgesehen ist zum einen, die Außen- und Kooperationsklassen ausdrücklich im Gesetz zu erwähnen und den Begriff der Lernziele dort zu streichen, zum anderen festzuschreiben, dass Außen- und Kooperationsklassen nur im Einvernehmen mit den beteiligten Schulaufwandsträgern eingerichtet werden dürfen. 1. Begriffsbestimmungen a) Außenklassen Eine Außenklasse ist entweder eine Klasse einer Förderschule, die räumlich in einem Gebäude einer Volksschule untergebracht ist oder umgekehrt eine Klasse einer Volksschule, die räumlich in einer Förderschule besteht. Die räumliche Zusammenführung von B2 Klassen der Volksschule und der Förderschule „unter einem Dach“ ermöglicht besonders intensive Formen gemeinsamen Unterrichts und gemeinsamen Schullebens. Diese Formen sind in enger Kooperation von Förderschule und Volksschule unter Berücksichtigung standortbezogener und regionaler Aspekte zu entwickeln und zu pflegen. Durch die räumliche Verlagerung der Klassen in eine andere Schule bleibt jedoch die schulorganisatorische Zuordnung unberührt, d.h., die Außenklasse einer Förderschule in einer Volksschule bleibt in schulrechtlicher Hinsicht eine Klasse der Förderschule und umgekehrt ändert sich auch am Status einer Volksschulklasse nichts, wenn sie als Außenklasse in einer Förderschule untergebracht ist. Außenklassen haben in der Regel konkrete Partnerklassen in der Gastschule. Die meisten Außenklassen bestehen derzeit beim Förderschwerpunkt „geistige Entwicklung“, Außenklassen sind jedoch auch bei anderen Förderschwerpunkten denkbar. b) Kooperationsklassen Eine Kooperationsklasse ist eine Klasse einer Volksschule, die eine Gruppe von Schülern mit sonderpädagogischem Förderbedarf aufnimmt. Dabei darf der Förderbedarf der einzelnen Schüler weder qualitativ noch quantitativ so hoch sein, dass ausschließlich eine Beschulung in einer Förderschule in Betracht kommt, d.h., die Schüler müssen die Anforderungen der Art. 21 Abs. 1 und 41 Abs. 1 BayEUG für die Unterrichtung und Förderung an der Volksschule im Wesentlichen erfüllen. Kooperationsklassen können insbesondere eingerichtet werden, wenn eine Gruppe von Schülern einer Förderschule in die Volksschule zurückgeführt werden soll und ein noch bestehender sonderpädagogischer Förderbedarf mit Unterstützung durch die Mobilen Sonderpädagogischen Dienste kompensiert werden kann. Eine Kooperationsklasse ist eine Klasse für besondere pädagogische Aufgaben im Sinne von Art. 43 Abs. 2 Nr. 1 BayEUG. Damit können in einer solchen Klasse auch Schüler aufgenommen werden, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt außerhalb des Sprengels der Volksschule haben. B3 Durch die Zusammenfassung von Schülern mit (noch vorhandenem) sonderpädagogischem Förderbedarf in einer Volksschulklasse sollen zum einen die sozialen Bindungen der Schüler aus der Förderschule erhalten bleiben und zum anderen ein effektiverer Einsatz der Mobilen Sonderpädagogischen Dienste ermöglicht werden. Durch die enge Kooperation der Volksschule mit der Förderschule, insbesondere über die Mobilen Sonderpädagogischen Dienste, ist eine gezielte sonderpädagogische Förderung der entsprechenden Schüler möglich. Der Unterricht in der Kooperationsklasse findet auf der Grundlage der Lehrpläne für die Grund- und Hauptschulen statt. Auch die Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf nehmen am gemeinsamen stundenplanmäßigen Unterricht teil, sie erhalten jedoch zusätzliche - im Einzelfall ersatzweise zum regulären Unterrichtsangebot - Fördermaßnahmen in der Gruppe. 2. Errichtung bzw. Genehmigung von Außenklassen und Kooperationsklassen a) Außenklassen Bei der Errichtung von Außenklassen öffentlicher Förderschulen kann auf eine schulaufsichtliche Genehmigung verzichtet werden. Ausreichend ist statt dessen, dass der Schulaufwandsträger der Förderschule bzw. die Förderschule der Regierung die beabsichtigte Errichtung einer Außenklasse anzeigt. Die Regierung kann auf Grund der Anzeige feststellen, ob die Voraussetzungen des Art. 4 Abs. 1 BaySchFG und § 2 Abs. 1 AVBaySchFG hinsichtlich der Unterbringung der Außenklasse gegeben sind. Unberührt bleibt die Notwendigkeit der Beteiligung der Schulaufwandsträger (s. Art. 30 Abs. 1 Satz 4 BayEUG neu). Damit wird den Vorschlägen einiger Regierungen Rechnung getragen. Der Sprengel der Förderschule bleibt grundsätzlich unberührt; der Standort der Volksschule muss jedoch im Sprengel der Förderschule liegen. Für die Aufnahme der Außenklassen in das Volksschulgebäude ist in der Regel eine Nutzungs- oder Mietvereinbarung zwischen den Schulaufwandsträgern abzuschließen. B4 Bei der Errichtung von Außenklassen privater Förderschulen kann auf eine schulaufsichtliche Genehmigung nach Art. 4 Abs. 2 Satz 1 BayEUG hingegen nicht verzichtet werden. Die Notwendigkeit einer Genehmigung ergibt sich hier schon aus Art. 99 Abs. 1 Satz 1 BayEUG, da die Verlegung einzelner Klassen an einen anderen Schulstandort als wesentliche Änderung im Sinne dieser Bestimmung anzusehen ist. Im Rahmen dieses Genehmigungsverfahrens ist auch die Organisation der Schülerbeförderung hinsichtlich der Außenklasse zu prüfen; Antragsteller ist der private Schulträger. Fallen für die Außenklasse zusätzliche Aufwendungen beim Schulaufwand der privaten Förderschule an (z.B. Mietkosten; zu den Aufwendungen für die Schülerbeförderung siehe unten), ist daneben für den Kostenersatz die Frage der Notwendigkeit zu prüfen (Art. 34 Satz 1 BaySchFG). Die Notwendigkeit kann insbesondere dann bejaht werden, wenn die Förderschule allgemein einen entsprechenden Raumbedarf nachweisen kann. Entsprechendes gilt für Außenklassen von Volksschulen an Förderschulen; auch bei Außenklassen öffentlicher Volksschulen an Förderschulen wird regelmäßig keine Sprengeländerung erforderlich. b) Kooperationsklassen Kooperationsklassen an Volksschulen werden vom Staatlichen Schulamt genehmigt, soweit dort Gastschüler zugewiesen werden sollen (Art. 43 Abs. 1 Nr. 1 BayEUG). Die Einrichtung der Klasse ist mit der Förderschule, die die Schüler abgibt, abzustimmen; ferner sind der Schulaufwandsträger der Volksschule und die Gemeinden, in denen die Gastschüler ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, zu beteiligen. Die Gruppe der Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf soll in der Regel die Größenordnung von 3 bis 6 haben. Die Rahmenbedingungen für die Klassenbildung sind von Schulamt und Schulleitung unter Berücksichtigung der Klassensituation der Schule und der Kooperationsklasse individuell zu prüfen. Es sollte B5 keine Vorauswahl bei den Schülern ohne sonderpädagogischen Förderbedarf erfolgen. 3. Schülerbeförderung, Gastschulbeiträge a) Außenklassen Da die Außenklassen Klassen ihrer Stammschulen ist, bleibt für die Schülerbeförderung der Schul-(aufwands-)träger der Stammschule zuständig. Soweit beide beteiligten Schulen eng beieinander liegen, ergeben sich daraus keine besonderen Probleme. Ist die Entfernung zwischen der Förderschule, die eine Außenklasse bildet, und der Volksschule (Gastschule) jedoch so groß, dass eine eigene Beförderung zwischen der Förderschule und der Volksschule erforderlich wird, ist darauf zu achten, dass die zusätzlichen Aufwendungen bei der Schülerbeförderung so gering wie möglich bleiben. Bei öffentlichen Förderschulen muss zwingend deren Schulaufwandsträger beteiligt werden, der auch über die Gestaltung der zusätzlichen Schülerbeförderung entscheidet. Bei privaten Förderschulen können vom Staat regelmäßig nur die zusätzlichen Aufwendungen übernommen werden, die aus je einer Sammelfahrt am Morgen zur Gastschule und am Mittag zurück zur Stammschule entstehen; die staatliche Förderung eines eigenen Beförderungssystems vom Sitz der Gastschule aus kommt nur dann in Betracht, wenn sich dabei keine wesentlichen Mehrkosten gegenüber den Sammelfahrten ergeben. b) Kooperationsklassen Soweit die Schüler in Kooperationsklassen Gastschüler nach Art. 43 Abs. 2 Nr. 1 BayEUG sind, kann der Aufwandsträger der Volksschule Gastschulbeiträge nach Art. 10 Abs. 1 und Abs. 3 BaySchFG verlangen; Beitragsschuldner ist die Gemeinde, in der der betreffende Schüler seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat (Art. 10 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 BaySchFG, § 7 AV BaySchFG). Ferner kann der Schulaufwandsträger der Volksschule für die Gastschüler nach Art. 43 Abs. 2 BayEUG den Ersatz des notwendigen Beförderungsaufwands von B6 dem Schulaufwandsträger verlangen, in dessen Sprengel der Schüler seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat (§ 4 Abs. 2 AV BaySchFG). 4. Status des Schüler, Leistungsnachweise, Zeugnisse, Prüfungen a) Außenklassen Da die Schüler in Außenklassen Schüler der Stammschule bleiben, behalten sie ihren schulrechtlichen Status bei. Hinsichtlich der Leistungsnachweise, Zeugnisse und Prüfungen gelten die Bestimmungen der Stammschule. b) Kooperationsklassen Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf in Kooperationsklassen werden entweder von der Förderschule an die Volksschule nach Art. 41 Abs. 7 BayEUG überwiesen oder im Rahmen von Art. 21 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. Art. 41 Abs. 1 BayEUG an der Volksschule aufgenommen. Mit der Aufnahme an die Volksschule unterliegen sie grundsätzlich den Leistungsanforderungen dieser Schulart, bekommen reguläre Zeugnisse der Volksschule und haben die Möglichkeit, sich den Prüfungen an der Volksschule zu unterziehen. 5. Lehrpersonal, Pflegepersonal a) Außenklassen Die Schüler in Außenklassen werden vom Lehrpersonal der Stammschule unterrichtet und gefördert; bei gemeinsamen Unterrichtsveranstaltungen können die Lehrkräfte der Außenklasse und der Partnerklasse zusammen wirken, oder eine Lehrkraft unterrichtet bzw. fördert eine besondere Gruppe von Schülern. Soweit die Förderschule pflegebedürftige Schüler unterrichtet, sollten - sofern beide Schulen nicht räumlich eng miteinander verbunden sind - regelmäßig zwei B7 Klassen der Förderschule als Außenklassen an einer Volksschule eingerichtet werden, damit der Einsatz des schulischen Pflegepersonals im bisherigen Umfang erhalten bleiben kann. Kooperationsklassen Die Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf in der Kooperationsklasse werden durch die Mobilen Sonderpädagogischen Dienste der (abgebenden) Förderschule gefördert. Nach Möglichkeit soll sich der Förderumfang sukzessive verringern. Neben dem Einsatz der Mobilen Sonderpädagogischen Dienste sollen auch Fördermaßnahmen der Volksschule (insbesondere Förderunterricht) zum Einsatz kommen. 6. Beteiligung der Eltern bzw. Erziehungsberechtigten Vor der Bildung von Außen- und Kooperationsklassen sind die betroffenen Erziehungsberechtigten beider Schulen in geeigneter Weise zu beteiligen. Das Ministerium bittet, diese Grundsätze bei der Bildung von Kooperations- und Außenklassen zu beachten. Sofern sich aus der geplanten Änderung des BayEUG Auswirkungen auf die vorstehenden Grundsätze ergeben, wird das Staatsministerium hierüber erneut informieren. Mit freundlichen Grüßen gez. Dr. Wittmann Ministerialdirigent C KMS vom 09.11.2004 Nr. IV.3-IV.8-5 S 7610-4.55 865: Schulordnung für die Volksschulen in Bayern Bewertung der Leistungen / Zeugnisse / Vorrücken C1 Bayerisches Staatsministerium für Unterricht und Kultus Bayerisches Staatsministerium für Unterricht und Kultus 80327 München An die Regierungen Staatlichen Schulämter Grund- und Hauptschulen Förderschulen Ihr Zeichen Ihre Nachricht vom Bitte bei Antwort angeben Unser Zeichen Telefon (089) 2186 München, IV.3-IV.8-5 S 7610-4.55 865 2608 09.11.2004 Schulordnung für die Volksschulen in Bayern Sehr geehrte Damen und Herren, nach der Änderung des BayEUG am 24. März 2003 ist die sonderpädagogische Förderung von Schülern im Rahmen ihrer Möglichkeiten Aufgaben aller Schulen (Art. 2 Abs. 1 Satz 2 BayEUG), die dabei durch die Mobilen Sonderpädagogischen Dienste unterstützt werden. Nur Schulpflichtige mit sonderpädagogischem Förderbedarf, die am gemeinsamen Unterricht in der allgemeinen Schule nicht aktiv teilnehmen können oder deren sonderpädagogischer Förderbedarf an der allgemeinen Schule auch mit Unterstützung durch Mobile Sonderpädagogische Dienste nicht oder nicht hinreichend erfüllt werden kann, haben eine für sie geeignete Förderschule zu besuchen (Art. 41 Abs. 1 Satz 1 BayEUG). Die Kriterien für eine „aktive Teilnahme“ am gemeinsamen Unterricht der allgemeinen Schule sind in Art. 41 Abs. 1 Satz 2 enthalten. Für den Fall einer „aktiven Teilnahme“ und der Erfüllung des sonderpädagogischen Förderbedarfs an der allgemeinen Schule - ggf. mit Unterstützung durch Mobile Sonderpädagogische Dienste - haben die Erziehungsberechtigten demnach ein Wahlrecht zwischen Förderschule und allgemeiner Schule. Für den Fall, dass Schüler „aktiv“ und mit Erfolg am Unterricht der allgemeinen Schule teilnehmen können und der sonderpädagogische Förderbedarf an der allgemeinen Schule hinreichend erfüllt werden kann, besteht kein Wahlrecht zugunsten der Förderschule. C2 Aufgrund der inzwischen geschaffenen Regelungen wird es deshalb immer häufiger dazu kommen, dass einzelne Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf auch an Grund- und Hauptschulen unterrichtet werden. Damit sind im Einzelfall auch Regelungen zur Leistungsbewertung dieser Schüler erforderlich. Art. 52 Abs. 2 Satz 2 BayEUG sieht daher bereits vor, dass auch bei Schülern mit sonderpädagogischem Förderbedarf in Volksschulen und Berufsschulen die Schulordnungen vorsehen können, dass die Noten durch eine allgemeine Bewertung ersetzt werden. Voraussetzung dafür, dass für einzelne Schüler Sonderregelungen angewendet werden, ist, dass zu Beginn eines Schuljahres für das gesamte laufende Schuljahr für einen Schüler festgestellt wird, dass statt des Besuchs der Förderschule die Unterrichtung und Förderung in der Grundund Hauptschule möglich ist, weil zwar sonderpädagogischer Förderbedarf besteht, jedoch eine aktive Teilnahme am Unterricht der allgemeinen Schule möglich ist (vgl. Art. 41 BayEUG). Dies trifft daher nicht zu für Schüler mit allgemeinen oder besonderen Leistungsschwächen (z.B. ADHS, Dyskalkulie, Lese- und Rechtschreibschwäche, Legasthenie), die auch bisher schon in der Grund- und Hauptschule unterrichtet werden konnten. Das Staatsministerium beabsichtigt daher, in die nächste Änderung der Schulordnung für die Volksschulen in Bayern (VSO) folgende Änderungen aufzunehmen: 1. In § 18 (Bewertung der Leistungen) soll folgender Passus aufgenommen werden: Bei Schülern, bei denen zu Beginn der Schulpflicht oder zu Beginn eines Schuljahres ein sonderpädagogischer Förderbedarf festgestellt wurde und die im Sinne von Art. 41 Abs. 1 BayEUG aktiv am Unterricht der Volksschule teilnehmen können, kann die Klassenleitung mit Zustimmung der Erziehungsberechtigten die Noten der Probearbeiten durch eine allgemeine Bewertung ersetzen. 2Diese geht insbesondere auf die individuellen Leistungen und die aktuelle Lernentwicklung des Schülers ein. 3Soweit in Fächern Leistungen erbracht werden, die den Maßstäben in § 18 Abs. 1 entsprechen, können Noten erteilt werden. 4Die Erziehungsberechtigten sind rechtzeitig und eingehend zu beraten. 2. In § 26 (Zeugnisse) soll folgende Formulierung aufgenommen werden: 1 Bei Schülern, bei denen zu Beginn der Schulpflicht oder zu Beginn eines Schuljahres ein son- derpädagogischer Förderbedarf festgestellt wurde und die im Sinne von Art. 41 Abs. 1 BayEUG aktiv am Unterricht der Volksschule teilnehmen können, sind - soweit nach § 18 VSO C3 von einer Benotung der Probearbeiten abgesehen wurde - im Zwischenzeugnis und im Jahreszeugnis die Noten durch eine allgemeine Bewertung zu ersetzen. 2Gleiches gilt für die Bewertung mit Buchstaben zum Sozialverhalten sowie zum Lern- und Arbeitsverhalten. 3Soweit in Fächern Leistungen erbracht werden, die den Maßstäben in § 18 Abs. 1 entsprechen, können Noten erteilt werden. 4Der Verzicht auf die Notengebung nach Satz 1 ist in den Zeugnissen mit dem Hinweis auf den festgestellten sonderpädagogischen Förderbedarf zu begründen. 5Die Erziehungsberechtigten sind rechtzeitig und eingehend zu informieren; dies gilt insbesondere im Hinblick auf die Zeugnisse im letzten Jahr des Schulbesuchs. 3. In § 27 (Vorrücken und Wiederholen) soll Abs. 7 durch folgende Formulierung ergänzt werden: 3 Bei Schülern mit festgestelltem sonderpädagogischen Förderbedarf, die im Sinne von Art. 41 Abs. 1 aktiv am Unterricht der Volksschule teilnehmen können, ist abweichend von den Voraussetzungen der Absätze 1 und 2 das Vorrücken zu ermöglichen, wenn zu erwarten ist, dass die Voraussetzungen für eine aktive Teilnahme voraussichtlich auch in der nächsthöheren Jahrgangsstufe gegeben sind. Mit diesen geplanten Änderungen werden die entsprechenden Passagen auf die spezielle Situation von Schülern mit sonderpädagogischem Förderbedarf angepasst. Wesentliche Merkmale dieser Änderungen sind - die Wirksamkeit nur bei festgestelltem sonderpädagogischem Förderbedarf, - die Einordnung in den Kontext der aktiven Teilnahme im Sinne von Art. 41 BayEUG, - die Erweiterung der Ermessensspielräume für die Grund- und Hauptschulen, - die Individualisierung der Leistungsbewertungen, - die frühzeitige und umfassende Einbeziehung der Erziehungsberechtigten, insbesondere im Hinblick auf Schullaufbahn, Zeugnisse und Abschlüsse. C4 Es besteht Einverständnis, wenn die Grund- und Hauptschulen bereits im Vorgriff auf die geplante Änderung der VSO nach diesen Grundsätzen verfahren und diese Regelungen anwenden. Mit freundlichen Grüßen gez. Dr. Wittmann Ministerialdirigent D Dietlinde Brüggemann, Elisabeth Schatz: Kooperation braucht Koordination D1 Kooperation braucht Koordination Grundsätzliche Überlegungen zur Abstimmung von allgemeiner Schule, Förderschule und außerschulischen Unterstützungssystemen im Aufgaben-feld „Kooperationsklasse“ 1. Einleitung Die Einrichtung und der Ausbau von Kooperationsklassen an allgemeinen Schulen erfordern sowohl eine effektive Bündelung schulorganisatorischer Konzepte, als auch die umfangreiche Vernetzung vielfältiger interner und externer Unterstützungssysteme. Die Qualität pädagogischer Arbeit im Rahmen einer Kooperationsklasse wird davon abhängen, in wie weit die Koordination der von Regelschule und Förderschule vorgegebenen Rahmenbedingungen effektiv gestaltet werden kann. Planungsprinzip ist die behutsame Abstimmung organisatorischer Gegebenheiten, unter Berücksichtigung des Selbstverständnisses und der individuellen Bedürfnisse aller beteiligter Personen. Bei der Koordinierung zweier schulischer Systeme ist der Aspekt der Flexibilität während der Organisationsentwicklung von besonderer Bedeutung, um unmittelbar, bedarfsgerecht und individuell agieren zu können. Die gemeinsame Aufgabe der Lehrkräfte aus der allgemeinen Schule und den Mobilen Sonderpädagogischen Diensten (MSD) der Förderschule ist die Erziehung, Unterrichtung und Förderung aller Schüler, die eine Kooperationsklasse besuchen. Hinsichtlich der Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf erweitert sich dieses Arbeitsfeld um die Bereiche Diagnostik, diagnosegeleitete Förderung und Beratung. Da die Unterstützung durch den MSD zeitlich begrenzt sein und degressiv stattfinden soll, besteht die Notwendigkeit, andere zur Verfügung stehende, außerschulische Kompetenzen zu nutzen, um ein größtmögliches Förder- und Beratungsangebot für Schüler/innen, Eltern und Pädagogen zu schaffen. Die in der Klasse stattfindenden erzieherischen, unterrichtlichen, therapeutischen und beratenden Prozesse werden dann erfolgreich verlaufen, wenn es gelingt, neben der Zusammenarbeit aller mit der Erziehung befassten Personen auch die Ressourcen schulischer und außerschulischer Fachdienste einzubinden. Dabei müssen Fachkompetenzen, die sonst nebeneinander existieren, disziplinär-ökonomisch vernetzt und gebündelt werden, um sie unterrichtsintegriert, additiv oder beratend einsetzen D2 zu können. So tragen die kooperierenden Lehrer nicht die alleinige Verantwortung für den integrativen Weg. Das Wissen um die Vielfalt und die effiziente Nutzung schulischer und außerschulischer Fachdienste ist die Basis für Kompetenzvernetzung und Kompetenzerweiterung. „Erst im dreifachen Schritt des Voneinanderwissens, des Aufeinanderzugehens und des Miteinanderhandelns kann wirkungsvolle Förderung gelingen.“ (Schor, B. Donauwörth 1998) 2. Koordinierung als organisatorische Aufgabe Um in Kooperationsklassen effiziente, professionelle pädagogische Arbeit zu gewährleisten, ist es notwendig, zwei komplexe schulische Systeme in Teilbereichen zur Konvergenz zu bringen (Abb. 1). D3 Regierung Schulaufsicht Staatliches Schulamt Schulleitung Förderschule Entscheidung für Koop.-Klasse Schulleitung Allgem. Schule Organisatorischer Koordinierungsbedarf innerhalb beider Kollegien Auswahl/Motivation der Mitarbeiter Auswahl/Motivation der Mitarbeiter Auswahl geeigneter Schüler Elterninformation Auswahl der geeigneten Klasse Elterninformation Koordinierung der organisatorischen Grundlagen Koordinierung des Stundenplans der Kooperationslehrer Abb. 1 Feinabstimmungen unterrichtlicher Zusammenarbeit D4 Die Entscheidung, eine Kooperationsklasse zu etablieren, setzt die Zustimmung und Unterstützung seitens der staatlichen Schulaufsichtsbehörde im Verbund mit dem Sachaufwandsträger voraus (vgl. KMS vom 26.02.2003 Nr. IV.9-5 O 8200-4.482). Die Realisation des Vorhabens fällt den Schulleitungen von Volks- und Förderschule dann leicht, wenn in den Jahren davor schon verschiedene Formen der Zusammenarbeit gepflegt wurden. Trotzdem wird es nötig sein, in den Kollegien Überzeugungsarbeit zu leisten, denn von beiden Schulen fordert dieses Projekt einerseits interne Veränderungen, andererseits eine Öffnung nach außen. Je breiter die Basis der Unterstützung für die kooperierenden Lehrkräfte ist, umso erfolgreicher wird die integrative Arbeit in der Kooperationsklasse verlaufen. In der Phase der Konkretisierung wird an der allgemeinen Schule eine Klasse ausgewählt, in welche die Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf integriert werden können. Dabei sollte darauf geachtet werden, dass die Klassenstärke möglichst niedrig gehalten wird und die Schüler genügend soziale Kompetenz besitzen, um die ehemaligen Förderschüler in ihre Gemeinschaft aufzunehmen. Auch der Elternbeirat und die betroffenen Eltern werden zu diesem Zeitpunkt über das geplante Vorhaben informiert. Parallel dazu finden an der Förderschule Schullaufbahnberatungen statt. In Abstimmung mit den Eltern werden Schüler für den Besuch der Kooperationsklasse vorgeschlagen. Nun müssen beide Schulen ihre Aktivitäten koordinieren, um tragfähige organisatorische Standards für die Kooperationsklasse zu schaffen. Dazu gehören: Eine auf diese Klasse zugeschnittene Stundenplangestaltung, die Planung des Einsatzes von MSD und Förderlehrern, eine angemessene räumliche Unterbringung, die Klärung der Kostenübernahme durch die Heimatgemeinden sowie Möglichkeiten des Transports. Zu Beginn des neuen Schuljahres müssen in einem letzten Schritt die Einsatzpläne der kooperierenden Lehrer so in Übereinstimmung gebracht werden, dass ein optimaler Ressourceneinsatz möglich wird. Im Laufe der Organisationsentwicklung für die Kooperationsklasse entsteht nur durch einen ständigen Austausch von Informationen seitens der Schulleitungen, Konzeptgruppen und kooperierender Lehrkräfte eine Feinabstimmung, die in ihrer Balance den Bedürfnissen aller involvierten Personen gerecht wird. 3. Koordinierung fachlich-pädagogischer Kompetenzen Die für die Kooperationsklasse notwendige Koordinierung der fachlich-pädagogischen Kompetenzen vollzieht sich auf drei Ebenen, die wie konzentrische Kreise zueinander in Beziehung stehen. (Abb.2) D5 Logopädie, Ergotherapie etc. Außenraum Gesundheitsamt/Medizin Nahraum VS-Lehrer Erziehungsberatung Schüler Behörden: Sozialamt etc. Eltern Innenraum Schulpsychologe Fö-Lehrer Beratungslehrer Fachlehrer So-Lehrer MSD anderer Schulen Kinder- u. Jugendhilfe Kinder- u. Jugendpsychiatrie verschiedene Fachdienste Abb. 2 Im Innenraum findet die Abstimmung aller Personen statt, die direkt am pädagogischen Prozess beteiligt sind. Diese Ebene der Koordinierung findet überwiegend im Rahmen der allgemeinen Schule statt und umfasst deren pädagogisches Personal, den MSD und die entsprechenden Schüler mit ihren Eltern. Je nach Themenschwerpunkt treffen sich verschiedene Gesprächspartner an einem runden Tisch, dessen kleinste Einheit die Klassenlehrkraft und die Sonderschullehrkraft im MSD ist. In den Mittelpunkt der Gespräche können dabei Unterrichtsplanung, Diagnostik, Förderung und die Beratung der Erziehungsberechtigten rücken. Neben der Abstimmung der erzieherischen, didaktischen und methodischen Konzepte kommt es dabei zu einem wechselseitigen Wissenstransfer. Die Lehrkräfte der allgemeinen Schule gewinnen Einblicke in sonderpädagogische Komponenten von Erziehung und Unterricht, der MSD kann seine Förderung unterrichtsorientierter gestalten, damit sie nicht nur additiv, sondern fachbezogen verläuft. D6 Sinnvoller Weise wird die organisatorische Abstimmung des Innenraums vom Klassenlehrer durchgeführt, da er der direkte Ansprechpartner für Kollegen und Eltern ist und die meiste Präsenszeit an der Schule einbringt. Im Nahraum (Abb. 2) findet man Unterstützungssysteme, die im schulischen Umfeld angesiedelt sind. Bei der Zusammenarbeit zwischen Innen- und Nahraum werden die Schwerpunkte der Arbeit auf den Bereichen Diagnostik, Therapie und Beratung liegen. Da hier eher sonderpädagogische Aufgabenfelder angesprochen sind, sollte die Lehrkraft im MSD als Koordinator aktiv werden. So erschließt sie Ressourcen der eigenen Förderschule für die Kooperationsklasse und stellt den Kontakt zum MSD anderer Förderschulen her. Der Beratungslehrer und der Schulpsychologische Dienst können bei Fragen der Differenzialdiagnostik und der Beratung eingebunden werden. Die Vernetzung dieser beiden Ebenen wird einzelfallbezogen und zeitbegrenzt stattfinden. Im Außenraum findet man alle außerschulischen Dienste, die in der Lage sind, differenzierte Fachberatung oder Hilfestellung anzubieten. Entsprechend der aktuellen Fragestellung werden Fachleute an den runden Tisch eingeladen, um mit den Beteiligten aus Nah- und/oder Innenraum Förder- und Hilfskonzepte zu entwickeln. Im Zentrum der Arbeit dieses Gremiums steht die Beratung mit daraus resultierenden Therapien. Die intensive Verzahnung der drei oben genannten „Räume“ bereichert das Konzept der Kooperationsklasse um viele positive Aspekte: - Die kooperierenden Lehrkräfte empfinden sich nicht als „Einzelkämpfer“, sondern sind in ein Expertenteam eingebunden. - Aus Fachaustausch, Reflexion und Diskussion resultiert eine Wissens- und Kompetenzerweiterung als Hilfe zur Selbsthilfe. - Allen Schülern der Klasse steht phasenweise oder dauerhaft eine umfassende individuelle Förderung zur Verfügung. - Die Erziehungsberechtigten können mit geringem Zeitaufwand ein breit gefächertes Beratungsangebot nutzen. 4. Fazit Unterricht, Erziehung, Förderung und Beratung in Kooperationsklassen erfordern die Koordinierung organisatorischer Bedingungen und inhaltlicher Aspekte mit dem Ziel, für die Schüler Bildungschancen zu eröffnen, Integration in allen Lebensbereichen zu realisieren und ein Maximum an persönlicher Entwicklung zu ermöglichen. D7 Verwendete Literatur: Grohnfeld, M., Homburg, G., Teumer, J.: Überlegungen zur sprachheilpädagogischen Arbeit in einem flexiblen System von Grund- und Sonderschule. Die Sprachheilarbeit 38 (1993)/4. Trossbach-Neuner, E.: Kooperationsklassen. SchulVerwaltung BY 6/2003. Trossbach-Neuner, E., Miksch, A.: Das Sprachheilpädagogische Arbeits- und Beratungszentrum. SchulVerwaltung BY 4/2001. Schuck, K.D.: Professionalisierung sprachheilpädagogischer Arbeit im Zuge der Errichtung von Förderzentren. Die Sprachheilarbeit 45 (2000)/3. Kremin, R., Laue, E., Schüttpelz, S., Storck-Jenniches, A.-E.: SPATZ – ein kollegiales Unterstützungssystem. Die Sprachheilarbeit 45 (2000)/3. E Dr. Ellen Kunstmann, Bärbel Lembach, Gabriele Oswald-Kammerer: Diagnostik und Förderung - ein Kontinuum E1 Diagnostik und Förderung: ein Kontinuum 1. Förderdiagnostik: Begriff und Praxis Förderdiagnostik orientiert sich am Kind und gibt Informationen über den Entwicklungsstand und die Lernausgangslage mit dem Ziel der effektiven Planung von Lernprozessen (vgl. Bundschuh 2002, Wörterbuch Heilpädagogik, Klinkhardt Verlag). Die Notwendigkeit sonderpädagogischer Förderung wird durch diagnostische Verfahren festgestellt. Ausgehend von den individuellen Stärken des Kindes werden Möglichkeiten der Förderung vorgeschlagen und in einem Förderplan dokumentiert. Ergebnis des Verfahrens soll die Optimierung der Lernsituation des Kindes mit sonderpädagogischem Förderbedarf sein. Nach dem BayEUG ist die sonderpädagogische Förderung Aufgabe aller Schularten im Rahmen ihrer Möglichkeiten. Schüler in Kooperationsklassen werden von Lehrkräften im MSD betreut, nach der Feststellung des sonderpädagogischen Förderbedarfs erhält das Kind in Kooperation mit den Lehrkräften der allgemeinen Schule entsprechende Unterstützungsangebote. In Zeiten von Ressourcenknappheit bekommt die Förderdiagnostik besondere Bedeutung: Diagnostik und Förderung durch den MSD und Förderung im Unterricht der allgemeinen Schule müssen eng verknüpft sein, damit der Schüler effektive und zielführende Hilfen bekommt. Die Förderdiagnostik gibt Hinweise, wie Lernprozesse von Schülern gestaltet sein müssen, damit die unterrichtliche und soziale Einbindung des Kindes gelingt. In das diagnostische Vorgehen ist vor allem die Lernprozessanalyse einzubeziehen, dazu gehören folgende Überlegungen: 1. die Gestaltung der Lehrer-Schüler-Beziehung 2. die Schüler-Stoff-Interaktion 3. die Rahmenbedingungen in der Klasse und der Schule Die vorgestellten Verfahren zur Diagnostik wollen schwerpunktmäßig Voraussetzungen und Vorkenntnisse beim Schüler klären, die er in den Lernprozess einbringt, damit die Auseinandersetzung mit dem Lernstoff unter den Bedingungen der Kooperationsklasse gelingen kann. E2 2. Methoden der Förderdiagnostik 2.1. Beobachtung Zentral ist die Beobachtung des Schülers in der Unterrichtshospitation. Die Verhaltensweisen im Kontakt zu Lehrkraft und Mitschülern sowie das Lernverhalten werden in der Unterrichtshospitation unter vorher festgelegten Beobachtungskriterien erfasst. Die Dokumentation des beobachteten Verhaltens ist die Grundlage für den Austausch mit der Lehrkraft der allgemeinen Schule. Empfehlenswert ist auch ein Rollentausch zwischen den beiden Lehrkräften: Wenn die Sonderschullehrkraft die Klasse unterrichtet, hat die Grund- bzw. Hauptschullehrkraft die Gelegenheit, den Schüler und die Gesamtklasse aus einer veränderten Perspektive wahrzunehmen. 2.2 Gespräch Im Gespräch mit dem Schüler bekommt der Lehrer Einblick in das Selbstkonzept und die Eigenwahrnehmung des Kindes oder Jugendlichen. Der Schüler hat eigene Konzepte von der Entstehung und auch der Veränderung der Problemlage. Hier entstehen vielleicht erste Ansätze zum Aufbau von Kooperationsbereitschaft zwischen Schüler und Lehrkraft. Im Gespräch mit den Eltern zeigen sich die Ressourcen, die die Familie zur Problemlösung bereitstellen kann. Gespräche mit der Grund- bzw. Hauptschullehrkraft und die gemeinsame Auswertung der Unterrichtshospitation erfassen und bestimmen die Rahmenbedingungen, in denen der Schüler Hilfen bekommt. 2.3 Test Standardisierte Testverfahren sind ein wesentlicher Bestandteil der Beratung von Eltern und Lehrerkollegen. Im Beratungsgespräch wird das Verfahren erklärt, die Interpretation der Ergebnisse soll Eltern und Lehrkräften Grundlagen geben für das Verständnis des weiteren Vorgehens. E3 3. Zusammenhang zwischen Diagnostik und Unterricht Diagnostische Verfahren, die sinnvoll im Bereich der Kooperationsklassen eingesetzt werden können, erfassen vor allem die Bereiche Intelligenz, Schulleistung, Sprache sowie Mathematik-, Lese- und Rechtschreibleistungen. Individuell fördernder Unterricht passt in Methoden und Inhalten die Lernprozesse an die Lernausgangslage des Schülers an. Nur ein diagnosegeleiteter Unterricht kann Förderwirksamkeit im Bereich Sprache und Lernen bewirken. Die Erstellung eines individuellen Förderplans ist erst möglich auf der Grundlage umfassender Diagnostik des Lernentwicklungsstands. Die Vernetzung sprachfördernder und das Lernen unterstützender Maßnahmen im Klassenunterricht und im Förderunterricht ist ein wichtiger Baustein zur Effizienz von passgenauer Förderung. Die Verbesserung der Lernsituation des Schülers im Unterricht der Kooperationsklasse kann gelingen mit Hilfe des Einsatzes entsprechender förderdiagnostischer Verfahren. Die abgebende Schule stellt ausgehend von Unterrichtsbeobachtungen und Leistungserhebungen fest, welche Schüler eine Kooperationsklasse besuchen sollen. Zur Erhebung des sonderpädagogischen Förderbedarfs sind prozessdiagnostische Verfahren notwendig. Sie dienen der Entscheidungshilfe für die Wahl des geeigneten Förderortes. Des weiteren bilden sie die Grundlage für die Erstellung eines Förderplans, der Hilfen für die Unterrichtsarbeit und gezielte Förderung nennt. E4 Testzusammenstellung Kooperationsklassen Intelligenztests: x CFT 1 x CFT 20 x HAWIK III x PSB-R 4-6 x K-ABC Schulleistungstests: x Edi x SLD III Sprachtests: x PET x HSET x AVAK/SVA x ESGRAF Lese- und Rechtschreibtests: x WLLP x SLRT x ELFE 1-6 x ZLVT 4 – 6 x HAMLET 3 – 4 x SLS 1-4 x SLS 5-8 x HSP Englischtests: x DLE 5 – 6 Mathematiktests: x x x x x x RZD 2-6 DEMAT 1+ DEMAT 2+ DEMAT 3+ DEMAT 4 HRT 1-4 x Auswertung: Computerauswertung möglich Ein Testheft pro Kind Pseudoparallelformen A und B ca. 42 Euro x x Kosten: Kinder von 5,3 bis 9,5 Jahren Gruppentest möglich Kindergarten, Vorschule, Grundschule, Förderschule 5 Subtests: Substitutionen, Labyrinthe, Klassifikationen, Ähnlichkeiten, Matrizen Bestimmung der Grundintelligenz durch Lösung nonverbaler Problemstellungen 45 bis 60 Minuten bei Gruppenuntersuchungen Testmaterial: Durchführungszeit: x Aufbau: x x x x Einsatzbereich: CFT 1 Von Cattell, Weiß und Osterland Erscheinungsjahr: 5. Aufl. 1997 Erfassung der Grundintelligenz Sprachfreie Testaufgaben geeignet für Personen mit schlechten Kenntnissen der deutschen Sprache Zwei gleichartig aufgebaute Testteile mit je vier Untertests: Reihenfortsetzen, Klassifikationen, Matrizen, topologische Schlussfolgerungen Erweiterung möglich durch zwei schulnahe Ergänzungstests: Wortschatz und Zahlenfolgenaufgaben Kinder und Jugendliche von 8,7 bis 18 Jahren Gruppentest Verwendung in der Schullaufbahnberatung Auswertung mit Schablonen Computerauswertung möglich Testhefte und Antwortbogen in Form A und B Auswerteschablonen ca. 122 Euro x x x x 55 Minuten bei Gruppenuntersuchungen x x x x x x x CFT 20 Von Weiß, R.H. Erscheinungsjahr: 4. Aufl. 1997 E5 Testkoffer Computerauswertung möglich ca. 820 Euro Testmaterial: Auswertung: Kosten: Untersuchung der kognitiven Entwicklung Bestimmung eines Gesamt-IQ, eines Handlungs- und Verbal-IQ Verbalteil: Wortschatztest, Allgemeines Wissen, Gemeinsamkeitenfinden, Allgemeines Verständnis, Zahlennachsprechen Handlungsteil: Bilderergänzen, ZahlenSymbol-Test, Bilderordnen, Mosaiktest, Figurenlegen Erfassung von vier Teilleistungsbereichen: Sprachliches Verständnis, Wahrnehmungsorganisation, Unablenkbarkeit, Arbeitsgeschwindigkeit Individualverfahren Kinder und Jugendliche von 6,0 bis 16,11 Jahren Hohe Anforderungen an den Testleiter 60 bis 90 Minuten x x x x x x x x Durchführungszeit: Aufbau: Einsatzbereich: HAWIK III Von Tewes u.a. Erscheinungsjahr: 2000. Aktualisierung des HAWIK-R Intelligenz-Diagnostikum mit 10 Subtests: Erfassung von Allgemeinwissen Zahlenreihen, Buchstabenreihen, Figurale Reihen Gliederungsfähigkeit und Raumvorstellung Zahlenaddition und Zahlenvergleich Erfassen schulbezogener Wissensbereiche Zwei echte Paralllversionen 4. bis 6. Schulklasse Gruppentest Antwortbogen Schulstufen- und schulartspezifische Standardwerte ca. 46 Euro Auswertung mit Schablonen x x 45 Minuten x x x x x x x x x PSB-R 4-6 Von Horn, Neubearbeitung von Lukesch Erscheinungsjahr 2002 E6 Testkoffer Computerauswertung möglich ca. 920 Euro Testmaterial: Auswertung: Kosten : Überprüfung der Intelligenz als Problemlösefähigkeit Individualtest Kinder zwischen 2,6 und 12,5 Jahren Erfassung des kognitiven Verarbeitungsstils Messung intellektueller Fähigkeiten und Messung erworbener Fertigkeiten werden getrennt Erfassung von vier Skalen: Skala einzelheitlichen Denkens, Skala ganzheitlichen Denkens zusammengefasst in der Skala intellektueller Fähigkeiten, Fertigkeitenskala, Sprachfreie Skala Erfassung individueller Stärken und Schwächen Skalenvergleich als Hinweis auf Verarbeitungsstil 45 bis 90 Minuten x x x x x x x x Durchführungszeit: Aufbau: Einsatzbereich: K-ABC Von Kaufman A.S. und Kaufman N.L. 6. Auflage 2001 E7 Einzel- und Gruppentest Einsetzbar ab 7. Schulwoche Einsetzbar bei Schülern mit Lernproblemen bis einschließlich 3. Klasse Einsetzbar bei sehr lernschwachen Schülern bis 12 Jahre 50-60 Minuten Testheft Auswertungsbogen ca. 298 Euro Testmaterial: Auswertung: Kosten: x Messung schulleistungsrelevanter Wahrnehmungs- und Denkfähigkeiten x Beschreibung individueller Leistungsstärken und –schwächen x Erfassung von Dispositionen für LeseRechtschreibschwäche, Rechenprobleme, Gedächtnis- und Konzentrationsschwächen x Erfassung des rezeptiven Sprachverständnisses bei Schülern mit Migrationshintergrund x x x x Durchführungszeit: Aufbau: Einsatzbereich: Von Mlynek, H. und Forster, B., 2006 Entwicklungsstanddiagnose: Verfahren zur Feststellung der Lernausgangslage für das schulische Lernen Edi Erfassen der Fähigkeiten in den Bereichen Lesen und Sprache(1.4.Klasse), Rechtschreiben(1.5.Klasse), Rechnen(1.-7.Klasse) Interpretationshilfen Kasuistische Beispiele Checklisten Erfassung des Leistungsstands von Schülern der 1.-7.Klasse Differenziert Leistungen im unteren und mittleren Leistungsbereich ca. 29 Euro CD-ROM: Arbeits-, Beobachtungs- und Protokollierungsblätter x x x x x x 3. Aufl. 2004 Von Storath, R. u.a. Informelle Schulleistungsdiagnostik III/SLD III E8 x Testmappe mit Handanweisung x Koffer mit Spielfiguren, Bildband x Protokollbogen Vorläufige Altersnormen in Form von Prozenträngen und T-Werten ca. 232 Euro Protokollheft pro Kind Auswertung mit Schablonen ca. 248 Euro Testmaterial: Auswertung: Kosten: Entwicklungstest Verstehensfähigkeiten Produktionsfähigkeiten Kommunikative Fähigkeiten Je nach Altersgruppe 40 bis maximal 80 Minuten x x x x HSET Von Grimm, Schöler Verbesserte Auflage 1991 x Vorschulbereich x Grundschulalter x Diagnose von Sprachentwicklungsstörungen, Dysgrammatismus x Individualtest Durchführungszeit: Aufbau: Einsatzbereich: PET Psycholinguistischer Entwicklungstest M. J. W. Angermaier 1977 x Vorschulbereich x 1.-4. Schuljahr x Individualtest x Ermittlung von spezif. Fertigkeiten und Störungen x Differenzialdiagnose – Legasthenie x Untertests: Wortverständnis; Bilder deuten; Sätze ergänzen; Gegenstände beschreiben; Gegenstände handhaben; Grammatiktest; Wörter ergänzen; Laute verbinden; Objekte finden; Zahlenfolgen-Gedächtnis; Symbolfolgegedächtnis E9 Kosten: Ca. 19 Euro Testmanual Material für Spielsituationen ( nicht enthalten) x x x Bildprüfmaterial x SVA Screening-Vefahren x Bilderbuch zur Überprüfung Ca. 45 Euro Testmaterial: Informationen über den grammatikalischen Entwicklungsstand des Kindes Therapie und Förderziele können aus dem Ergebnis abgeleitet werden Spieldiagnostisches Verfahren Vorschulbereich Schulalter Störungen im Grammatikerwerb exakt beschreiben Individualtest Durchführung ca. eine Stunde x x x x x x x ESGRAF Evozierte Sprachdiagnose grammatischer Fähigkeiten Verbesserte Auflage 2000 Durchführungszeit: x Bildbenennung mit Hilfe von Bildprüfmaterial x Grundlegende Systematik der Aussprachestörungen eines Kindes Aufbau: Vorschulbereich Grundschulalter Individualtest Aussprachestörungen systematisch erkennen und analysieren x x x x Einsatzbereich: Von D. Hacker und H. Wilgermein 2002 AVAK/SVA Analyseverfahren zu Aussprachestörungen bei Kindern E 10 ca. 48 Euro Kosten: Ein Testheft pro Kind Pseudoparallelformen A und B Auswertung mit Schablonen x x 15 Minuten Multiple-Choice-Test Speedtest In 5 Minuten Bearbeitungszeit werden maximal 140 Aufgaben angeboten Aufgabentyp: Einem geschriebenem Wort werden jeweils 4 Bildalternativen gegenübergestellt. Das korrespondierende Bild ist anzustreichen. Überprüfung der Lesegeschwindigkeit Gruppentest 1.-4. Schuljahr/jeweils die letzten zwei Monate des Schuljahres Auswertung: Testmaterial: Durchführungszeit: x x x Aufbau: x x x x Einsatzbereich: WLLP Von P. Küspert und W. Schneider Erscheinungsjahr: 1998 x Lesemappe x Protokollbögen Lesen und Rechtschreibformen x Parallelversionen A und B Lesetest: Lesefehler und Lesezeit werden protokolliert Rechtschreibtest: differenzierte Fehleranalyse ca. 72 Euro Lestest: maximal 15 Minuten Rechtschreibtest: maximal 30 Minuten Diagnose von Schwächen beim Schriftspracherwerb x Erfassung der Syntheseleistung x Erfassung der automatischen Worterkennung x Einzel- oder Gruppentest x 1. – 4. Schuljahr Lesetest: x Lesen von Pseudowörtern x Erfassen der Lesegenauigkeit und Lesegeschwindigkeit durch das Erlesen häufiger (1./2. Klasse) bzw. zusammengesetzter Wörter(3./.4. Klasse) Rechtschreibtest: x Diktat von Testwörtern eingebettet in Satzrahmen x SLRT Von K. Landerl u.a. Erscheinungsjahr 1997 E 11 Gruppentest: 20 bis 30 Minuten Protokollheft PC-Auswertung möglich Ca. 78 Euro Papierversion Ca. 198 Euro PC-Version Ca. 256 Euro Diagnostik- und Trainingsprogramm Durchführungszeit: Testmaterial: Auswertung: Kosten: Überprüfung folgender Teilbereiche: x Wortverständnis x Lesegeschwindigkeit: nur in der Computerversion x Satzverständnis x Textverständnis x Trainingsprogramm ELFE-T steht zur Verfügung Aufbau: 1.-6. Schuljahr Individualtest als Computerprogramm Gruppentest als Papierversion Ermittlung von Defiziten im Leseverständnis Erfassung basaler Lesestrategien Erfassung der Fähigkeit zum Verstehen von Sätzen und Texten x x x x x x Einsatzbereich: Ein Leseverständnistest für Erst- bis Sechstklässler Von W. Lenhard und W. Schneider 2006 ELFE 1-6 E 12 x Aufbau: 50 Minuten Aufgabenheft Antwort- und Auswertungsblätter ca. 21 Euro Testmaterial: Auswertung: Kosten: Zusatzverfahren zum „Zürcher Lesetest“ von Linder und Grissemann Erfassen des Lesesinnverständnisses in der Kombination von lautem und stillem Lesen Prüfung des Sinnverständnisses mit BilderAuswahl-Aufgaben Angebot von verbalen Multiple-ChoiceAufgaben Schüler vom 4. bis 6. Schuljahr Einzeltest Durchführungszeit: x x x x x Einsatzbereich: ZLVT 4-6 Von Grissemann und Baumberger Erscheinungsjahr: 2. Aufl. 2000 Prüfung des Leseverständnisses Worttest: 40 Wortzuordnungen zu je 4 Bildern Leseverständnistest: 10 Texte mit jeweils 4 Fragen im Multiple-Choice-Verfahren Erfassung grundlegender Informationen über Lesefertigkeit und Lesegeschwindigkeit Erfassung der Fähigkeiten im sinnverstehenden, stillen Lesen ca. 30 Euro Auswertungsschablone Testhefte 90 Minuten x x x x x HAMLET 3-4/Hamburger Lesetest für 3. und 4. Klassen Von Lehmann u.a. Erscheinungsjahr 1997 Ende der 3. und Ende der 4. Klasse E 13 Auswertung mit Schablonen ca. 63 Euro Auswertung: Kosten: 15 Minuten Liste richtiger und falscher Sätze Prüfung der Zahl korrekt bearbeiteter Sätze in 3 Minuten 2 Parallelformen Bildung eines individuellen Lesequotienten Bildung des Lesequotienten für die Gesamtklasse Testergebnis kann auch als Lesealter ausgedrückt werden. 1.-4. Schuljahr Geeignet auch für ältere Schüler mit Verdacht auf Leseschwäche Klassenlesetest Ökonomische Erstbeurteilung der basalen Lesefertigkeit Testheft pro Schüler x x x x x x x x x x Testmaterial: Durchführungszeit: Aufbau: Einsatzbereich: SLS 1-4 Salzburger Lese-Screening für die Klassenstufen 1-4 Mayringer, H., Wimmer, H., 2003 Testheft pro Schüler 15 Minuten Leseanforderung: Lesen inhaltlich einfacher Sätze Beurteilen des Wahrheitsgehalts jedes Satzes Satzversionen in Form A und B 5.-8. Schuljahr Beurteilung der basalen Lesefertigkeit Ökonomisches Verfahren zur Testung der basalen Lesefertigkeit Prüfung der Lesegeschwindigkeit ca. 63 Euro Auswertung mit Schablonen x x x x x x x SLS 5-8 Salzburger Lese-Screening für die Klassenstufen 5-8 Auer, M. u.a., 2005 E 14 Testergebnisse liefern sichere Grundlage für differenzierte Maßnahmen ca. 87 Euro Kosten: Testmaterial: Auswertung: zu schreibende Testwörter bzw. –sätze werden vorgelesen und anhand von Illustrationen veranschaulicht neben der Zahl der richtigen Wörter werden auch die richtig geschriebenen Grapheme ermittelt richtig und falsch angewandte Rechtschreibstrategien der Kinder können bestimmt werden Erfassung der Rechtschreibleistung Mitte der 1. bis Ende der 9. Klasse Gruppen- und Einzeltest Bearbeitung des Testheftes unter 30 Minuten ein Testheft pro Kind x x x x x x Durchführungszeit: Aufbau: Einsatzbereich: HSP Hamburger Schreib-Probe Von P. May 6. erweiterte Auflage 2002 E 15 - Antwortbogen (LVZ, LVA) - Vergleich mit normierten Sätzen (SU, BS) - Auswertungstabelle (HV) bzw. - Auswertungsliste (AF, F, SBS) Ca. 34 Euro Kosten: - lehrbuchunabhängiger Text, der sich an den Zielen und Inhalten des 5. Schuljahres orientiert - einsetzbar am Ende der 5. Klasse als Abschlusstest bzw. zur Ermittlung des Leistungsstandes im Lauf der 6. Klasse - Gruppentest bzw. Individualtest für die Testteile AF, F und SBS - acht Untertests (4 schriftliche, 4 mündliche) Leseverständnis durch Zuordnung (LVZ) Leseverständnis durch Wortauswahl (LVA) Sätze umformen (SU) Brief Schreiben (BS) Hörverständnis (HV) Antworten auf Fragen (AF) Fragen stellen (F) Sprechen zu einer Bildserie (SBS) Schriftliche Testteile 65 Minuten Mündliche Testteile 45 Minuten - je ein Testheft 1 und 2 pro Schüler - ein Bilderheft - Tonband für die Teile HV, AF, F und SBS Auswertung: Testmaterial: Durchführungszeit: Aufbau: Einsatzbereich: Erscheinungsjahr: 1977 DLE 5 - 6 Von Doyé P. und Lüttge D. E 16 Protokoll- und Profilbögen Profilbogen Ca. 298 Euro Testmaterial: Auswertung: Kosten:: Schüler Ende der 2. bis Mitte der 6. Klasse Individualdiagnostischer Rechentest Hohe Differenzierungsfähigkeit im unteren Leistungsbereich Hinweise auf Teilleistungsstörungen Hinweise auf umschriebene Rechenstörung Einzeltestverfahren Subtests in den Bereichen basale Zahlenverarbeitung, Zählfertigkeit, Zahlenwissen, visuell-räumliche Mengenaspekte, Kopfrechnen, schriftliches Rechnen, Textaufgaben, Anwenden von Rechenregeln Beurteilung der Bearbeitungsgüte und der Arbeitsgeschwindigkeit 30 bis 45 Minuten x x x x x x x x Durchführungszeit: Aufbau: Einsatzbereich: RZD 2-6 Rechenfertigkeiten- und ZahlenverarbeitungsDiagnostikum für die 2. bis 6. Klasse Von Jacobs, C. u. Petermann, F. Erscheinungsjahr 2005 Subtests in den Bereichen Erfassung des Zahlenraums, Addition, Subtraktion, Zahlenzerlegung, Zahlenergänzung, Kettenaufgaben, Ungleichungen, Sachaufgaben Differenziert gut im unteren Leistungsspektrum Förderdiagnostisch einsetzbar Ende 1. Klasse und Anfang 2. Klasse Ökonomische Überprüfung der mathematischen Kompetenz auf Lehrplangrundlage Gruppentest möglich Frühzeitige Diagnose von Rechenschwächen Ca. 49 Euro Auswertung mit Schablonen Testhefte in Form A und B Einzeltest: 20-35 Minuten Gruppentest: 40 Minuten x x x x x x x Von Krajewski, K. u.a. Erscheinungsjahr: 2002 DEMAT 1+ Deutscher Mathematiktest für erste Klassen E 17 Auswertung mit Schablonen ca. 49 Euro Kosten: Testmaterial: Auswertung: Ende 2. Klasse und Anfang 3. Klasse Überprüfung der mathematischen Kompetenz auf der Grundlage der Mathematiklehrpläne Frühe Diagnose der Rechenschwäche Gruppentest in zwei Parallelformen Ökonomische Erfassung der Rechenleistung Subtests: Zahleneigenschaften, Längenvergleich, Addition, Subtraktion, Verdoppeln, Halbieren, Division, Rechnen mit Geld, Sachaufgaben, Geometrie Einzeltest: 20-40 Minuten Gruppentest: 45 Minuten Testhefte Form A und B x x x x x x Ende 3. Klasse und Anfang 4. Klasse Überprüfung der mathematischen Kompetenz auf der Grundlage der Mathematiklehrpläne Frühe Diagnose der Rechenschwäche Gruppentest in zwei Parallelformen Ökonomische Erfassung der Rechenleistung Subtests im Bereich Arithmetik: Zahlenstrahlen, Addition, Subtraktion, Multiplikation Bereich Sachrechnen: Sachrechnungen, Längen umrechnen Bereich Geometrie: Spiegelzeichnungen, Formen legen, Längen schätzen ca. 59 Euro Auswertung mit Schablonen Testhefte Form A und B Gruppentest: 45 Minuten x x x x x x x x Von Roick, T. u.a. Erscheinungsjahr 2004 Von Krajewski, K. u.a. Erscheinungsjahr: 2004 Durchführungszeit: Aufbau: Einsatzbereich: DEMAT 3+ Deutscher Mathematiktest für dritte Klassen DEMAT 2+ Deutscher Mathematiktest für zweite Klassen E 18 Testhefte Form A und B Auswertung mit Schablonen ca. 69 Euro Testmaterial: Auswertung: Kosten : Subtests im Bereich Arithmetik: Zahlenstrahlen, Addition, Subtraktion, Multiplikation, Division Bereich Sachrechnen: Sachrechnungen, Größenvergleiche Bereich Geometrie: Spiegelzeichnungen, Lagebeziehungen Jahresmitte der 4. Klasse Überprüfung der mathematischen Kompetenz auf der Grundlage der Mathematiklehrpläne Frühe Diagnose der Rechenschwäche Gruppentest in zwei Parallelformen Ökonomische Erfassung der Rechenleistung Gruppentest: 45 Minuten x x x x x x x x Durchführungszeit: Aufbau: Einsatzbereich: DEMAT 4 Deutscher Mathematiktest für vierte Klassen Von Gölitz, D. u.a. Erscheinungsjahr 2006 Ca. 79 Euro Schablonensatz Einzeltest: 45 Minuten Gruppentest: 50-60 Minuten Testhefte und Profilbögen HRT 1-4 Heidelberger Rechentest Erfassung mathematischer Basiskompetenzen im Grundschulalter Von Haffner, J. u.a. Erscheinungsjahr 2005 x Erfassung mathematischer Grundlagenkenntnisse x Einzel- und Gruppentest x Ende der 1.Klasse bis Anfang 5. Klasse x Erstellen von Testprofilen x Hinweise auf Förderbedarf und Interventionsmaßnahmen x Diagnostik von Rechenschwäche x Verlaufsmessungen zur Dokumentation von Förderverläufen x Untertests im Bereich Rechenoperationen x Untertests in den Bereichen numerisch-logische Fähigkeiten, räumlich-visuelle Fähigkeiten x Skalenwerte für Rechenoperationen, räumlichvisuelle Leistung, Gesamtleistung x Klassenübergreifende Leistungsvergleiche möglich E 19 F Sabine John, Dr. Wilma Schönauer-Schneider, Magdalena Schubert, Dr. Eva Troßbach-Neuner: Erziehung, Unterricht und Förderung bei Schülern mit dem Förderschwerpunkt Sprache in der allgemeinen Schule F1 Erziehung, Unterricht und Förderung bei Schülern mit dem Förderschwerpunkt Sprache in der allgemeinen Schule Erziehung und Unterricht von Kindern mit dem Förderschwerpunkt Sprache in der allgemeinen Schule greift konsequent auf Methoden, Maßnahmen und Medien zurück, die aus dem sprachtherapeutischen Unterricht an der Förderschule abzuleiten sind (Abb. 1). Auch an der allgemeinen Schule ist abzuklären, ob sprachtherapeutische Unterrichtsangebote durch schulische oder außerschulische individuelle Sprachförderung ergänzt werden müssen. ist diagnosegeleitet wird ergänzt durch schulische oder außerschulische individuelle Sprachförderung gibt aufmerksam und flexibel sprachliches Feedback basiert auf einem Förderplan Sprachtherapeutischer Unterricht fordert zu sprachlicher Auseinandersetzung, Durchdringung und Gestaltung auf gewichtet Inhalte, Methoden, Medien nach ihrer Förderwirksamkeit adaptiert Lehr- und Lernprozesse an die Sprachund Lernbiographie der Kinder Abb. 1 Merkmale sprachtherapeutischen Unterrichts In enger und kollegialer Zusammenarbeit zwischen einer Lehrkraft der Volksschule und einer Sonderschullehrkraft aus den Mobilen Sonderpädagogischen Diensten (MSD) wird aus bereits vorliegenden und aktuell gewonnenen diagnostischen Daten ein Förderplan erstellt, der Handlungs- und Förderziele präzisiert sowie das weitere Vorgehen beschreibt. In einer Kooperationsklasse ist eine sehr intensive Form der Zusammenarbeit verbunden mit gegenseitigem Kompetenztransfer durch Erziehung, Unterricht und Förderung von Kindern mit dem Förderschwerpunkt Sprache möglich. Dabei ist es ein zentrales Anliegen sprachliches Ler- F2 nen in den verschiedenen Unterrichtsfächern und Lernbereichen vielfältig anzuregen, herauszufordern und zu unterstützen (Abb. 2). Rahmenbedingungen Organisationsformen Ausstattung Lehrpläne Qualitätsstandards Kinder mit individueller Sprach- und Lernbiographie Arbeit am Förderschwerpunkt Sprache in der allgemeinen Schule Unterstützung und Kompetenztransfer durch Diagnostik Beratung Förderung Fortbildung Kooperation im Unterricht Koordination und Vernetzung von Maßnahmen Abb. 2 Bedingungsfaktoren für die Arbeit im Förderschwerpunkt Sprache in der allgemeinen Schule Bei Schülern mit drm Förderschwerpunkt Sprache in der Hauptschule können sprachliche Beeinträchtigungen „unauffälliger“ erscheinen oder nicht mehr in Erscheinung treten. Dennoch: Der Spracherwerb wird nicht in der Kindheit abgeschlossen. Er geht auch im Jugendalter und darüber hinaus weiter. Im Jugendalter wird das sprachliche Repertoire durch Lernprozesse erweitert, die sich über längere Zeiträume erstrecken. Und es gilt weiterhin, dass Kinder und Jugendliche hochkomplexe, integrative und stetig sich verändernde sprachliche Leistungen erbringen müssen, wenn sie im Verlauf der Schulzeit die steigenden inhaltlichen und sozialen Anforderungen, die Unterricht und Schulleben stellen, erfolgreich bewältigen wollen. Die Hauptschule bildet einen neuen Lebensraum, in dem weiterführendes Wissen und Können erworben werden. Aus der neuen Lernumgebung erwachsen Entwicklungsaufgaben, die es auch mittels der zur Verfügung stehenden sprachlichen Fähigkeiten als soziale und kognitive Anforderungen in konkreten alltäglichen Situationen zu bewältigen gilt. Des- F3 halb ist es für erfolgreiches Lernen notwendig, Lernvoraussetzungen zu sichern und gleichzeitig für eine Passung von Lernaufgaben an die individuellen Fähigkeiten der Schülerinnen und Schüler zu sorgen. Unangemessene Lern- und Arbeitsweisen begünstigen ineffektive und ineffiziente Lernprozesse. Sie führen letztlich dazu, dass aus Sprachstörungen erhebliche Lernstörungen erwachsen. 1. Kooperative Unterrichtsarbeit 1.1 Formen kooperativer Unterrichtsarbeit Erziehung, Unterricht und Förderung in Kooperationsklassen kann in verschiedenen Formen stattfinden: Kooperative Unterrichtsarbeit Gemeinsame Vor- und Nachbereitung, Leistungsbewertung Förderung im gemeinsamen Unterricht („Team-Teaching“) Förderung innerhalb des Klassenunterrichts Förderung durch äußere Differenzierung in der Kleingruppe (parallel zum Klassenunterricht) individuelle Einzelförderung (zusätzlich, ergänzend zum Klassenunterricht) Koordination individueller Förderung durch Fachdienste Abb. 3 Formen kooperativer Unterrichtsarbeit Eine wesentliche Aufgabe kooperativer Unterrichtsarbeit ist die gemeinsame Vor- und Nachbereitung der Lerninhalte. Die pädagogische Verantwortung verbleibt immer bei der Klassenleitung. Die Sonderschullehrkraft untersucht die Lerninhalte auf mögliche Lernhemmnisse und erarbeitet gemeinsam mit der Klassenleitung Hilfestellungen für die Schüler. Beispielsweise werden Sachtexte, Sachaufgaben oder andere Aufgabenstellungen umformuliert und F4 dem Sprachverständnis der Schüler angepasst. Dabei ist es sinnvoll, für leistungsstarke Schüler die sprachlich komplexeren Texte zur Differenzierung zu verwenden. Die Sonderschullehrkraft unterstützt auch bei der Korrektur von Schülerarbeiten, bei der Erstellung von Lernzielkontrollen und bei der Leistungsbewertung. Gegebenenfalls werden Aufgabenstellungen in den Lernzielkontrollen verändert, z.B. werden Lückentexte und Alternativantworten zum Ankreuzen angeboten anstelle von offenen Fragen, um Formulierungsund Schriftsprachprobleme zu vermeiden. Bei der Leistungsbewertung können individuelle Fähigkeiten der Schüler berücksichtigt werden, z.B. wenn Schüler mit feinmotorischen Schwächen geometrische Figuren etwas ungenauer zeichnen. Bewertung individueller Fähigkeiten x im Aufsatz: bei Kindern mit geringem Wortschatz werden auch wenige alternative Wörter positiv gewertet, während bei leistungsstärkeren Kindern mehrere alternative Wörter zu häufigen Begriffen (gehen, sagen…) erwartet werden x bei der Beantwortung von Fragen: bei sprachauffälligen Kindern reichen auch Stichpunkte; sie werden gleichrangig zur Beantwortung in ganzen Sätzen gewertet x beim Vorlesen: gut betontes Vorlesen wird bei schlechten (Vor-) Lesern weniger gewertet als die inhaltliche Erfassung eines Textes x Englisch: bei lese-rechtschreibschwachen Schülern können auch lautgetreue Verschriftungen von Vokabeln als korrekt gewertet werden (z.B. skulbag für schoolbag) Hinweise zu Bemerkungen: x Verwendung positiver Bemerkungen z.B. „Du hast schon 20 Wörter richtig geschrieben“ anstelle von „Du hast 30 Fehler“ x Gezielte Hinweise auf Verbesserungsmöglichkeiten (z.B. Schreibe Nomen groß. Nomen erkennst du am Begleiter…) Eine Unterrichtsform, die der ganzen Kooperationsklasse dient und die die sozial-emotionale Integration fördert, ist der gemeinsame Unterricht („Team-Teaching“). Auf der Basis der gemeinsamen Vor- und Nachbereitung wird der Unterricht nach sprachtherapeutischen Grundsätzen gemeinsam gehalten. Beispielsweise erklärt eine Lehrkraft einen Sachverhalt, während die Partnerlehrkraft die wichtigsten Begriffe an der Tafel schriftlich oder mit Bildkarten fixiert. Diese Unterrichtsform setzt gegenseitiges Vertrauen, Respekt und Kritikfähigkeit der Kooperationspartner voraus. F5 Besonders leicht umsetzen lässt sich der gemeinsame Unterricht in offenen Unterrichtsformen, z.B. bei Stationenarbeit. Die beiden Kooperationslehrer können die Stationen arbeitsteilig vorbereiten und im Unterricht einzelne Schüler individuell unterstützen. Die Schüler können auch innerhalb des Klassenunterrichts gemeinsam gefördert werden. Im Stützlehrersystem übernimmt eine Lehrkraft die Unterrichtsführung, während die Partnerlehrkraft Schüler gezielt beobachtet und ihnen gegebenenfalls hilft, indem sie z.B. nicht verstandene Texte oder Aufgabenstellungen erklärt. Es ist sinnvoll, die Rollen zu tauschen, um fachspezifische Prinzipien und Arbeitsweise der Kooperationspartnerin kennen zu lernen. Auf Basis der gemeinsamen Vorbereitung bzw. Absprache über den zu behandelnden Lerninhalt kann der kooperative Unterricht in Form von äußerer Differenzierung in einer Kleingruppe stattfinden. Für diese Unterrichtsform wird ein Gruppenraum bzw. ein eigener Kooperationsraum benötigt, wobei für den Raumwechsel meist Zeit einzuplanen ist. Die Förderung in der Kleingruppe hat den Vorteil, dass die Schüler einen kommunikativen Schonraum erhalten, in dem sie ihre sprachlichen Fähigkeiten erproben und festigen können. Für den einzelnen Schüler bieten sich durch die kleine Schülergruppe zudem mehr Kommunikationsmöglichkeiten als im Klassenunterricht. In der Kleingruppe wird im Idealfall am selben Lerninhalt wie in der restlichen Klasse gearbeitet. Die Sonderschullehrkraft arbeitet den Lerninhalt nach sprachtherapeutischen und weiteren sonderpädagogischen Gesichtspunkten spezifisch auf. Somit ist die Kontinuität in der Unterrichtsarbeit gewährleistet und die Kooperationsschüler können in den anschließenden Stunden dem Klassenunterricht ohne Probleme folgen. Wichtig ist hier eine genaue Kenntnis von Regeln, festen Ritualen, Arbeitsanweisungen und Sozialformen aus dem Klassenunterricht, um diese in der Kleingruppe weiterzuführen. Eine weitere Unterstützung der Kooperationsschüler ist die individuelle Förderung gemäß aktuellem Förderbedarf, epochal als Einzel- oder Kleingruppenförderung, etwa als Strategietraining oder Abschreibtraining. Zusätzlich zur unterrichtlichen Förderung ist in Einzelfällen eine individuelle Förderung durch Fachdienste notwendig, u.a. durch Logopäden, Psychologen und Ergotherapeuten. Selbstverständlich muss auch diese Arbeit koordiniert und im Förderplan berücksichtigt werden. F6 1.2 Gemeinsame Aufgabenfelder im kooperativen Unterricht Durch die Arbeit von zwei Lehrerkräften mit unterschiedlichen Qualifikationen in einer Klasse ist die klare Verteilung von Aufgaben eine wesentliche Grundlage für die reibungslose Zusammenarbeit. Absprachen sind notwendig, damit nicht verschiedene und unausgesprochene Erwartungen das Arbeitsverhältnis belasten. Bei der Planung von Unterricht ist es Aufgabe der Sonderschullehrerin, den Lernentwicklungsstand und den Förderbedarf festzustellen. Sie stellt für die Förderung im Unterricht notwendigen Maßnahmen vor und ist für deren Umsetzung zuständig (vgl. Abb. 4). Bei der Durchführung von Unterricht sind verschiedene Modelle gemeinsamen Handelns möglich (wie in Punkt 1.1 vorgestellt). Abb. 4 Verteilung der Aufgaben im gemeinsamen Unterricht von Volks- und Sonderschullehrkraft F7 Aus: LÜTJE-KLOSE, B., WILLENBRING, M. (1999): Kooperation von Regelschullehrerin und Sprachbehindertenpädagogin – eine wesentliche Bedingung für die integrative Sprach- und Kommunikationsförderung. In: Die Sprachheilarbeit 44 (1999), 63-76 2. Prinzipien von Erziehung, Unterricht und Förderung Grundprinzip und Voraussetzung für den Erfolg von Fördermaßnahmen ist es, die Sprechfreude und Sprechmotivation der Kinder anzuregen, auszubauen und zu erhalten. Positive Erfahrungen mit dem eigenen Sprechen, z.B. durch Beiträge zum Unterricht, durch Vorschläge, die aufgegriffen und ernst genommen werden oder die Bewältigung von Problemen geben dem Kind Vertrauen und Sicherheit. Das Prinzip der entwicklungsorientierten Förderung besagt, dass auf einzelne Kinder bezogene Maßnahmen durch die Schaffung entwicklungsorientierter Lernsituationen zu verwirklichen sind. Unter dem Prinzip der zielgerichteten Förderung ist zu verstehen, dass auf der Grundlage des momentanen Sprachentwicklungsstandes diejenigen Bereiche, z.B. bestimmte Wortkategorien oder syntaktische Strukturen, vorrangig angeboten werden, die für die sprachliche und soziale Handlungsfähigkeit effektive Lernfortschritte erwarten lassen. Das Prinzip der planvoll strukturierten Förderung knüpft an das Prinzip der Zielorientierung an und besagt, dass sich der Aufbau und Ausbau sprachlicher Fähigkeiten an Profilen ungestörter Sprachentwicklung und deren Erwerbsverlauf orientieren sollte, um wiederum dem Prinzip der Entwicklungsorientierung gerecht zu werden. Das Prinzip der Prägnanz fordert, dass sprachliche Formen in sinnvollen und bedeutsamen Zusammenhängen gut wahrnehmbar, eindeutig und häufig präsentiert werden müssen. Die Vielfalt methodischer Ansätze verlangt, sprachtherapeutisches Handeln immer auch nach dem Prinzip der methodenkritischen Förderung zu reflektieren, d.h. entsprechend des individuellen Entwicklungsverlaufs die Angemessenheit des methodischen Vorgehens flexibel zu verändern. Das Prinzip des konsequenten Feedback durch den Einsatz von Modellierungstechniken lenkt die Aufmerksamkeit der Kinder auf spezifische sprachliche Formen. F8 Sprachförderung im Rahmen von Unterricht folgt dem Prinzip der konsequenten Individualisierung, um der jeweiligen Sprach- und Lernbiographie der Kinder so weit wie möglich zu entsprechen. Offene Unterrichtsformen geben den Lehrkräften Raum und Zeit für Kinder, die mehr Unterstützung, Ermutigung und direkte Zuwendung brauchen. Der Einsatz prozessdiagnostischer Verfahren ermöglicht ökonomisches Vorgehen und ist die Grundlage für gezielte Förderung. Die differenzierte Beobachtung führt zum Erkennen von Stärken und Schwächen als Grundlage für gezielte Förderung. Zusammen mit den Eltern wird pädagogisches Handeln abgesprochen. Die Förderung geht aus von den Fähigkeiten der Schülerinnen und Schüler. Sie hat die Verbesserung ihrer Lern- und Lebenssituation zum Ziel. Die Lehrkräfte der allgemeinen Schule werden so in die sonderpädagogische Förderung eingebunden, dass sie diese aufgreifen und fortführen können. Durch die Vermittlung von Lern- und Verhaltensstrategien werden Selbstvertrauen und Selbstverantwortung unterstützt. Abb. 5 Grundsätze der Förderung in Kooperationsklassen 3. Schwerpunkte kooperativer Unterrichtsarbeit in verschiedenen Fachbereichen Der Lehrplan für die bayerische Grundschulstufe enthält den Lehrplan für den Förderschwerpunkt Sprache, in dem wichtige Grundsätze zu Erziehung, Unterricht und Förderung sprachbeeinträchtigter Kinder beschrieben sind und Hinweise zur konkreten Unterrichtsarbeit gegeben werden. Quelle: Lehrplan für die bayerische Grundschulstufe (2001): Förderschwerpunkt Sprache. CD-ROM. München: Maiß-Verlag F9 Ebenso liegt der Lehrplan für die bayerische Hauptschulstufe der Schule zur Sprachförderung vor, der wichtige Grundsätze zu Erziehung, Unterricht und Förderung sprachbeeinträchtigter Kinder und Jugendlicher beschreibt. Quelle: Lehrplan für die bayerische Hauptschulstufe der Schule zur Sprachförderung (1998). München: Maiß-Verlag 3.1 Deutsch 3.1.1 Deutsch: Sprechen und Gespräche führen Schwerpunkte sprachtherapeutischen Unterrichts - Förderung der Aufmerksamkeit für Höreindrücke - Zuhören lernen - Förderung des Sprachverständnisses - Förderung der Ausdrucksfähigkeit Der Lehrplan für die Grundschulstufe von 2001 benennt als ein Lernziel im Bereich „Sprechen und Gespräche führen“: - Zuhören lernen - Aktiv zuhören Kinder mit dem Förderschwerpunkt Sprache haben unter anderem Probleme, zuzuhören und den Inhalt von Gesprächsbeiträgen zu erfassen. Ursachen dafür können in der Höraufmerksamkeit und in der Gedächtnisleistung liegen. Einzubeziehen sind auch das Hintergrundwissen der Kinder, ihr Wortschatz und die Verfügbarkeit von Satzstrukturen. Dementsprechend zielt die kooperative Arbeit im Klassenunterricht wie in der Individual- oder Kleingruppenförderung auf den Aufbau grundlegender Fähigkeiten ab, z.B. mit Hör- und Lauschspielen und Gedächtnistraining. Themenbezogene Wortschatzarbeit, Erweiterung der strukturellen Fähigkeiten, auf den Kenntnisstand des Schülers bezogene Erläuterung der Sachzusammenhänge fördern nicht nur das Sprachverständnis, sondern auch die Ausdrucksfähigkeit. F 10 Sprachgehemmte und Kinder mit geringen sprachlichen Ausdrucksmöglichkeiten kommen im Klassenunterricht oft nicht zu Wort, da sprachgewandte Kinder schneller sind. Sie empfinden oft gar keinen Anspruch sich zu äußern, weder von sich, noch von der Gruppe aus. Ein Schwerpunkt kooperativer Arbeit liegt dann darin, diese Kinder in Kleingruppen zum Sprechen anzuregen. Sie brauchen Erfolgserlebnisse, die sie ermutigen, auch in der Klasse sprachliche Beiträge zu leisten. Regelmäßig wiederkehrende Sprechanlässe ermöglichen den Kindern Satzmuster immer wieder zu hören, sich diese anzueignen und mit der Zeit aktiv zu gebrauchen. ¾ Sprachspiele (Katz und Maus), Mein rechter rechter Platz ist leer. ¾ Begrüßung, Datumsansage, Wetterbericht im Fernsehen ¾ Nachfragen: Was heißt ....; Was meinst du mit .... ? ¾ Ich gehe einkaufen: Was muss ich sagen? Was will ich wissen? ¾ Ich schlichte einen Streit: Seid ihr freiwillig da? – Ich bin unparteiisch – Jeder erzählt aus seiner Sicht – Lass den anderen ausreden ..... Ein weiteres Lehrplanziel ist die Anbahnung des verständlichen und ausdrucksvollen Sprechens. Die artikulatorischen und stimmlichen Fähigkeiten können innerhalb der Kooperationsklasse u.a. in folgenden Sprachspielen erprobt werden: ¾ Wir sprechen einen Vers oder Liedtext wie bestimmte Tiere (Schnecke – langsam, Biene – schnell, Löwe – laut, Maus – leise...) ¾ Wir sprechen wie bestimmte Märchenfiguren (alter Mann: tiefe Stimme, kleiner Junge: hohe Stimme, Zauberer: übertrieben betont, Akrobatensprache: übertriebene Artikulationsbewegungen) ¾ Wir erfinden Geheimsprachen (Dro Chonosen mot dom Kontroboss, Robotersprache: abgehackt) ¾ Wir trainieren Zungenbrecher (evtl. zunächst langsam mit Handbewegung für schwierige Laute) ¾ Wir erfinden lustige Sprachen: jedes Wort beginnt mit bestimmten Laut (individuelle Übungsmöglichkeit für Schüler mit Artikulationsproblemen) F 11 Arbeit mit Bildergeschichten Als Vorbereitung für das Schreiben von Geschichten ist die mündliche Vorarbeit für sprachauffällige Kinder unerlässlich. Zudem bieten Bildergeschichten und Bilderbücher zahlreiche Möglichkeiten einer integrativen Sprach- und Wahrnehmungsförderung und können in Kooperationsklassen in der äußeren Differenzierung oder in Teilen im gemeinsamen Unterricht durchgeführt werden. Bildergeschichten müssen jedoch in besonderer Weise aufbereitet werden, damit die Kinder die darin enthaltenen Anforderungen bewältigen können und gleichzeitig spezifisch gefördert werden. Der Vorteil einer Bildergeschichte liegt in der bereits vorgegebenen zeitlichen und logischen Gliederung. Für sprachauffällige Kinder werden Strukturhilfen und wichtige Begriffe schriftlich und/oder bildlich fixiert. Die Versprachlichung ist somit wiederholbar und die Schüler können daraus eigene Formulierungen entwickeln. Für einzelne können hier gezielt Strukturen angeboten werden, die in der Zone der nächsten Entwicklung liegen, z.B. Nebensatzstrukturen: Du weißt, warum Herr Jakob wütend ist o Herr Jakob ist wütend, weil ___. Da der sprachlichen Entwicklungsstand der Schüler als Grundlage für Satzstrukturen und Formulierungshilfen dient, ist die Auswahl vorrangig Aufgabe der Sonderschullehrkraft. Daneben spielt die Beratung der Volksschullehrkraft eine wichtige Rolle (vgl. Abb. 4). Wenn derartige Strukturhilfen im gemeinsamen Unterricht angeboten werden, stellt sich die Frage, ob sie leistungsstarke Schüler in ihren Äußerungen nicht einschränken oder gar hemmen. Die Erfahrung zeigt, dass leistungsstarke Schüler sich von diesen Hilfen nicht einengen lassen und ihre eigenen Formulierungen wählen, die den sprachauffälligen Schülern Modell sind. Zur Förderung der Wahrnehmung können verschiedene Techniken eingesetzt werden (vgl. auch Punkt 3.1.5): Visuelle Wahrnehmung und Aufmerksamkeitsfokussierung: ¾ Abdecken von Bildteilen und schrittweises Aufdecken o Äußern von Vermutungen ¾ Vergrößern wichtiger Details, z.B. durch eine Lupe ¾ Hervorheben wichtiger Bildausschnitte durch leuchtende Farben Auditive Wahrnehmung: ¾ Einsatz von Hörbildern mit anschließender Versprachlichung ¾ Erkennen von Geräuschen F 12 ¾ Begründen von Schlussfolgerungen Taktil-kinästhetische Wahrnehmung ¾ Tastübungen ¾ Riech- und Schmeckübungen ¾ Begründen von Schlussfolgerungen Durch vielfältige Wahrnehmungsübungen lernen die Kinder, verschiedene Wahrnehmungsbereiche zu kombinieren und daraus problemlösend zu denken. Es ist jedoch sinnvoll, sich in einer Bildergeschichte auf wenige Übungen zu konzentrieren, um den Faden der Geschichte nicht zu verlieren. Bildergeschichten bieten ebenfalls die Möglichkeit, Emotionen zu versprachlichen und mimisch-gestisch nachzuspielen. Durch eine Lupe kann der Gesichtsausdruck bestimmter Personen hervorgehoben werden und anschließend imitiert werden. Um die sprachliche Beschreibung des Gefühls zu erleichtern, können den Kindern alternative Begriffe angeboten werden, wobei es sinnvoll ist, auch falsche Begriffe anzubieten, um eine metasprachliche Reflexion anzuregen. Gerade diese Wortschatzarbeit ist auch im Hauptschulbereich eine wichtige Vorarbeit für die Verschriftlichung von Geschichten. Enthält eine Bildergeschichte Dialoge, so können diese von einzelnen Schülern evtl. mit Requisiten und Verkleidung (z.B. Hut für Herr Jakob) nachgespielt werden. Die Schüler können mehrere Alternativantworten zur Auswahl erhalten und dadurch vor der Klasse ein Erfolgserlebnis erzielen. Bei sozial-emotional auffälligen Schülern eignen sich für szenische Darstellungen - vor allem zu Beginn - Stabfiguren, da diese mehr Struktur und Halt geben. F 13 3.1.2 Deutsch: Die Schriftsprache erwerben Schwerpunkte sprachtherapeutischen Unterrichts - Förderung der Sprachwahrnehmung - Förderung der phonologischen Bewusstheit - Kombination von systematischem Leselehrgang und Arbeit mit der Anlauttabelle Der Schriftspracherwerb ist - bei sprachlichen Problemen störanfällig - für die sprachliche Entwicklung in hohem Maße förderwirksam Eine genaue Diagnostik bildet die Grundlage für die individuelle Förderung und die Gestaltung des Unterrichts. Grundschullehrkraft und Sonderschullehrkraft beraten sich, welcher Förderbedarf für bestimmte Kinder auf welche Weise im Klassenunterricht realisiert werden kann. Das wird schwerpunktmäßig im Deutschunterricht sein. Aber auch der Musikunterricht bietet vielfältige Fördermöglichkeiten zum Erfassen der rhythmischen Struktur der Sprache. Im Sportunterricht können ebenfalls Bewegung und Sprache verbunden werden. Einen wesentlichen Faktor für einen erfolgreichen Schriftspracherwerb bildet die Motivation des Kindes, die über einen langen Zeitraum wachgehalten werden muss. Wenn das Kind bereits vor Schuleintritt in seiner Umwelt Lesen und Schreiben als bedeutsam erlebt hat, wird es von sich aus auf Lesen und Schreiben lernen neugierig sein. Neben der Einsicht in den Sinn und die Funktion von Schriftsprache braucht das Kind die Erfahrung, dass es aus dem Lesen und Schreiben können persönlichen Nutzen zieht. Die Förderung der Motivation ist daher im Anfangsunterricht von großer Wichtigkeit. Kinder möchten ¾ Bücher lesen ¾ sich etwas notieren, um es nicht zu vergessen ¾ spannende Informationen schriftlich weitergeben ¾ einen Brief schreiben ¾ einen Wunschzettel schreiben F 14 Die Kinder werden auf Lesen und Schreiben lernen neugierig durch ¾ Vorlesen ¾ den Auftrag, von Anfang an die Hausaufgabe zu „notieren“ ¾ die Aufgabe, Glückwunschkarten zu gestalten ¾ durch die Arbeit mit der Ideenkiste Schriftsprache (vgl. BRÜGELMANN) ¾ durch gemeinsame Lesespaziergänge in der Umgebung der Schule Vorwissen Die Kinder kommen mit ganz unterschiedlichem Vorwissen über die Schriftsprache in die Schule. Manche kennen schon viele Buchstaben, manche wenige. Einige können Wörter lesen, andere ihren Namen kaum oder nicht schreiben. Die Buchstabenschrift hat ein hohes Abstraktionsniveau, sodass Kinder aus schriftfernen Elternhäusern oft nur schwer Zugang zu Struktur und Funktion von geschriebener Sprache bekommen. Die Einsicht in Wesen und Funktion, in Aufbau und Struktur der Schrift ist eine wesentliche Grundlage für deren störungsfreien Erwerb. Besondere Aufmerksamkeit brauchen die Kinder aus anderen Kulturkreisen, in denen ein anderes Schriftsystem gebraucht wird. Der Zusammenhang von deutscher Lautsprache und deren Umsetzung in geschriebene Sprache kann schwierig sein. Zum Wesen der Schrift: ¾ Durch den Umgang mit Zeichen verschiedenster Art lernen die Kinder, dass Zeichen Informationen übermitteln und der Kontaktaufnahme dienen: Gesten: Pssst, Winken, Verkehrszeichen, Bilder, Werbung ¾ Buchstaben sind Zeichen, die unsere Sprache abbilden. Zum Aufbau der Schrift: ¾ Die Buchstaben bilden die Begriffe nicht direkt ab, sondern verschiedene Laute. ¾ Lautfolgen zusammengenommen bilden erst Symbole für unsere Sprache. Die Schreibrichtung: ¾ Die Schriftzeichen werden von links nach rechts angeordnet. Der Zeilensprung: F 15 ¾ Nach einer vollendeten Zeile muss wieder unten links mit einer neuen Zeile begonnen werden. Der Vergleich mit Schriftsystemen anderer Völker unterstützt die Einsicht in das der deutschen Sprache. Diese Arbeit kann das Selbstbewusstsein und die Motivation von Kindern anderer Kulturkreise stärken. Weiter ist beim Schriftspracherwerb daran zu denken, dass Kinder mit nichtdeutscher Muttersprache beim Erlesen manche Wörter nicht erkennen und verstehen, weil sie nicht in gleicher Weise über das Wortklangbild verfügen wie deutsche Kinder. Mit ihrer Muttersprache haben z.B. türkische, persische und asiatische Kinder auch ein bestimmtes Lautrepertoire und Intonationsmuster erlernt, die sich vom Deutschen unterscheiden. Entsprechend haben sie bestimmte Hörgewohnheiten gebildet. ¾ Zur Schulung des Gefühls für die Intonation des Deutschen und für Wortklangbilder sind Übungen - wie im Teil „Sprechen und Gespräche führen“ aufgeführt - hilfreich, z.B. Hörund Lauschspiele, Sprechverse, Sprachspiele, Lieder, Reime ¾ Artikulationsübungen Für den „eigentlichen“ Schriftspracherwerb sind für alle Kinder folgende Wahrnehmungsleistungen wesentlich: - die Fähigkeit, Laute zu unterscheiden - die Fähigkeit, Satzmelodien zu unterscheiden - die Fähigkeit, Wörter und Sätze rhythmisch zu gliedern - die Fähigkeit, Laute richtig zu artikulieren Die Fähigkeit Laute zu identifizieren und zu unterscheiden (phonematisch-akustische Differenzierung) wird gefördert, indem beschrieben und bildlich dargestellt wird, was die Kinder beim Sprechen fühlen und sehen. F 16 Beispiel: Laut /sch/: ¾ Die Lippen sind vorgestülpt wie eine Schnute. ¾ Die Zunge ist etwas zurückgezogen und liegt breit im Mundraum wie ein Schüsselchen. ¾ Die Luft kommt aus dem Mund. Abb. 6 Handzeichen für /sch/. Aus: DREHER, J., PFAFFENDORF, R. (Hrsg.) (2001): Momel, Handzeichensystem. Hilfe zum Sprechen – Lesenlernen – Rechtschreiben. Donauwörth: Auer Handzeichen, Bewegungsabläufe und Lautgeschichte unterstützen das Erkennen und Wiedererkennen von Lauten. Durch die Verbindung mit anderen Sinnesmodalitäten wie Hören, Sehen, Motorik und Kinästhetik wird den Kindern die Speicherung erleichtert. Abb. 7 Beispiel für die Arbeit mit Mundbildern F 17 ¾ Laute am Mundbild erkennen ¾ Mundbildwörter lesen (Abb. 7) ¾ Laute mit Handzeichen koppeln und zu Wörtern zusammensetzen ¾ Handzeichen-Wörter raten ¾ Lautveränderungsspiele Die Fähigkeit, Satzmelodien zu unterscheiden (melodische Differenzierung) Tonfall, Tonhöhe, Tonstärke und Tondauer sind wichtig für die Erfassung des sprachlichen Inhalts. Schüler, die Texte monoton lesen, haben häufig Schwierigkeiten den Sinn zu erfassen. ¾ Rhythmische Begleitung von Sprechstücken und Liedern ¾ Übungen zur Tonunterscheidung auf Orff-Instrumenten Die Fähigkeit, Wörter und Sätze rhythmisch zu gliedern (rhythmische Differenzierung) Ist einem Kind die rhythmische Struktur eines Wortes nicht klar, kommt es beim Schreiben zu Umstellungen von Lauten und Silben. Buchstaben werden ausgelassen, Wörter werden zusammengeschrieben, die Silbentrennung gelingt nicht. ¾ Rhythmen mit Körperinstrumenten begleiten, z. B. vorgegebene Rhythmen imitieren ¾ rhythmische Folgen nachklatschen: laut-laut-leise, leise-laut-leise ¾ Namen und Begriffe klatschen oder gehen z.B. Han-ne-lo-re Die Fähigkeit, Laute richtig zu artikulieren (kinästhetisch-artikulatorische Differenzierung) Beim Erwerb der Schriftsprache hat die richtige Artikulation eines Lauts große Bedeutung für die Sinnerfassung beim Lesen und die richtige Schreibung. Das intensive Befassen mit der Bildung der einzelnen Laute, der Förderung des kinästhetischen Empfindens sowie Übungen zur Lautunterscheidung führen häufig zu einer Verbesserung und exakten Aussprache der Laute (vgl. FRANKE, U.). Durch Mitsprechen beim Schreiben kann die Lautabfolge eines Wortes besser analysiert werden. Daher sollte das schreibbegleitende Mitsprechen im Anfangsunterricht erlaubt werden. F 18 Phonologische Bewusstheit Phonologische Bewusstheit ist die Fähigkeit, die lautliche Struktur der Sprache zu erkennen, sie in lautliche Einheiten gliedern und wieder zusammenfügen zu können. Phonologische Bewusstheit im weiteren Sinn beinhaltet - Wörter aus dem Sprachfluss erkennen - Reimpaare erkennen - Wörter in Silben gliedern - Silben zu Wörtern zusammensetzen Phonologische Bewusstheit im engeren Sinn beinhaltet - Bewusste Wahrnehmung der Lautstruktur der Sprache - Einsicht in das alphabetische System - Phonem-Graphem-Zuordnung - Wörter in Laute zergliedern - Lautabfolgen erkennen, speichern und wiedergeben - Lautsynthese Kinder mit umfassenden Störungen in der Sprachwahrnehmung und der phonologischen Bewusstheit brauchen ergänzend individuelle Einzelförderung. Eine Abklärung der Hör- und Sehleistung ist unabdingbar. Probleme bei der Speicherung von Phonem-Graphem-Verbindungen Kann sich ein Kind den Lautwert bestimmter Buchstaben nicht merken oder hat bei bestimmten Lauten Schwierigkeiten, auf die Buchstabenform zuzugreifen, so wird genau an dieser Graphem-Phonem-Verbindung gearbeitet. - Arbeit mit der Lauttabelle anhand des Beispiels „O“: Wie heißt dieser Buchstabe? –O– Was für ein Bild siehst du bei diesem Buchstaben? –Ofen– Welcher Laut rutscht bei dem Wort „Ofen“ zuerst aus dem Mund heraus? - Wir sprechen den Einzellaut und das Wort Ofen und verdeutlichen das O mit Hilfe des Handzeichens - Wir zeigen nur Handzeichen und lassen Laute zuordnen. Das O ist dabei. - Wie schaut das kleine o aus? - Wir schreiben oder formen das O/o groß und ordnen andere Gegenstände mit O/o . - Wir setzen den Schreibbewegungsablauf unterstützend ein. F 19 Die Übungen werden in jeder Stunde wieder aufgegriffen und variiert. Die Identifikation von Lauten und die Bestimmung der Lautabfolge Kinder haben oft Probleme, einzelne Laute im Wort zu hören und die Lautabfolge zu bestimmen. Mit zunehmender Wortlänge und Konsonantenhäufungen steigen die Schwierigkeiten. Es empfiehlt sich eine intensive Arbeit zur Lautidentifikation und Lautabfolge. Die Übung kann beispielsweise mit Hilfe von Fantasiewörtern erfolgen. Zwei Fantasiewörter werden einander gegenübergestellt. Sie sind entweder gleich (murimomurimo) oder sie unterscheiden sich in einem Laut (Korane - Kolane). Die zu differenzierenden Laute sind pro Übungseinheit gleich, z.B. r-l. Übungsverlauf: Dem Kind wird das Wortpaar vorgesprochen. Das Kind spricht das Wortpaar nach. Das Kind entscheidet, ob die Wörter gleich oder nicht gleich klingen. Anschließend wird die Lautabfolge deutlich langsam artikuliert, durch Handzeichen visualisiert und aufgeschrieben. Diese Übung hat den Vorteil, dass sich Kinder ausschließlich auf die lautliche Struktur konzentrieren können und nicht nach dem semantischem Gehalt suchen oder Rechtschreibregeln beachten müssen: Hören - kinästhetische Kontrolle - mit Lautzeichen verdeutlichen Schriftzeichen zuordnen. Das Material kann gezielt auf die Probleme des Kindes abgestellt werden, z.B. die Buchstaben bzw. Laute und Lautverbindungen einbauen, bei denen das Kind Schwierigkeiten hat. Diese Übung sollte jeden Tag auch zu Hause durchgeführt werden. Die Lehrkraft macht für die häuslichen Übungen einen Übungsplan. Er schreibt genau auf, welches Wortmaterial geübt werden muss. Die Vorgehensweise wird vor der Übungsreihe besprochen. Die Eltern bestätigen auf dem Übungsplan, dass das vorgesehene Pensum geübt wurde. Der Übungsplan wird zur nächsten Förderstunde mitgebracht und das Kind erhält einen neuen. Übungen zur Lautidentifikation und Lautabfolge können auch anhand von Silben und lauttreuen Wörtern durchgeführt werden. Die Anzahl der Silben eines Wortes wird festgestellt und sichtbar gemacht, z.B. wird pro Silbe ein Fenster eines Silbenhauses geöffnet oder an F 20 einen Silbenzug ein Waggon angehängt. Nun wird nicht gleich das ganze Wort lautlich analysiert, sondern die einzelne Silbe. Dadurch wird die zu analysierende Einheit verkürzt. Die Silbe wird genau artikuliert und jeder Laut mit einem Lautzeichen verdeutlicht. Für jeden Laut wird ein Muggelstein in das Silbenfenster oder den Waggon gelegt. Die Muggelsteine für die Selbstlaute haben eine andere Farbe als die für die Konsonanten. Dem Kind wird vermittelt, dass jede Silbe einen hellen klingenden Laut, einen Selbstlaut, enthalten muss. Selbstlaute werden anfangs von den Kindern oft nicht als selbständige Laute erkannt. „K“ wird als Ka wahrgenommen, gleiches gilt für „P“ als Pe und „T“ als Te). Die Praxis, Buchstaben mit der Bezeichnung im Alphabet (El, Pe, Ka) zu bezeichnen, erschwert die Identifikation der Selbstlaute. Hilfen beim Erlernen der Synthese Wörter und Lesetexte werden in Silben gegliedert. So wird die zu erlesende Einheit überschaubarer. Eine Vergrößerung der Schrift hilft beim Erkennen eines Buchstabens. Der Einsatz von Handzeichen hilft, Laut für Laut zu sprechen und das Wort nicht zu erraten. Das Erfassen der Synthese wird erst an zwei Buchstaben mit der Struktur Konsonant-Vokal geübt. Die Synthese gelingt besser, wenn länger klingende Konsonanten verwendet werden: l (la), m (mo), n (ne), r (ro), f (fu), s (si) Die Synthese mit “kurz tönenden” Konsonanten, den Plosiven (b, p, d, t, g, k) erfordert besondere Übung. Wird die Synthese zweier Laute beherrscht, werden drei Buchstaben angeboten. Das simultane Erkennen mehrerer Buchstaben verbessert gleichzeitig die Leseflüssigkeit. Zum Weiterlesen BREUER, H., WEUFFEN, M. (1999): Lernschwierigkeiten am Schulanfang. Schuleingangsdiagnostik zur Früherkennung und Frühförderung. Weinheim und Basel: Beltz BRINKMANN, E., BRÜGELMANN, H. (1995): Ideen-Kiste. Schrift-Sprache. Hamburg: verlag für pädaogische medien DREHER, J., PFAFFENDORF, R. (Hrsg.) (2001): Momel. Handzeichensystem. Hilfe zum Sprechen – Lesenlernen – Rechtschreiben. Donauwörth: Auer F 21 FORSTER, M. & MARTSCHINKE, S.(2001): Diagnose und Förderung im Schriftspracherwerb. Band 2. Leichter lesen und schreiben lernen mit der Hexe Susi. Donauwörth: Auer KÜSPERT, P. & SCHNEIDER, W. (1999): Hören, lauschen, lernen. Sprachspiele für Kinder im Vorschulalter. Würzburger Trainingsprogramm zur Vorbereitung auf den Erwerb der Schriftsprache. Arbeitsbuch. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht KÜSPERT, P. & SCHNEIDER, W. (1999): Hören, lauschen, lernen. Sprachspiele für Kinder im Vorschulalter. Würzburger Trainingsprogramm zur Vorbereitung auf den Erwerb der Schriftsprache. Arbeitsmaterial. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht PETERMANN, G. (1994): Vorschulkinder lernen Sprachlaute differenzieren. Neuwied: Luchterhand NICKISCH, A., HEBER,D. & BURGER-GARTNER J. (2002): Auditive Verarbeitungs- und Wahrnehmungsstörungen bei Schulkindern. Dortmund: modernes Lernen STAATSINSTITUT FÜR SCHULPÄDAGOGIK UND BILDUNGSFORSCHUNG MÜNCHEN (2003): Schwierigkeiten beim Erlernen des Lesens und Rechtschreibens. Handreichung zur Prävention, Diagnose und Förderung. Donauwörth: Auer 3.1.3 Deutsch: Lesen und mit Literatur umgehen Schwerpunkte sprachtherapeutischen Unterrichts - Aufbau von Lesestrategien - Förderung der Sinnerfassung - Förderung der Lesefreude Ziel ist es, die Leseleistung leseschwacher Schüler zu fördern und ihre Freude am Lesen zu wecken. Die Förderung kann sowohl im Klassenverband durch entsprechende Aufbereitung des Lesestoffs, in Freiarbeitsphasen als auch in Kleingruppen oder einzeln erfolgen. Um die Lesetechnik zu verbessern, empfiehlt es sich, den Lesestoff aufzubereiten. F 22 ¾ Vergrößerung des Schriftbildes ¾ Flattersatz ohne Silbentrennung (gleiche Buchstabenabstände) ¾ Untergliederung von Wörtern durch Silbenbögen ¾ Kennzeichnen von Wortgruppen Es kann notwendig sein, Phasen des Schriftspracherwerbs nachzuholen (vgl. Punkt 3.1.2). Um die Sinnerfassung zu unterstützen, bieten sich folgende Hilfsmöglichkeiten an: ¾ Kürzung von Lesetexten ¾ Sprachliche Vereinfachung ¾ Anpassung des Wortschatzes und der Sprachstrukturen an das Niveau der Kinder ¾ Deutliche Gliederung in Sinneinheiten ¾ Unterstützung durch Bilder ¾ Zeilenangaben Durch Verbindung mit den Inhalten aus dem Fachbereich „Sprache untersuchen“ kann das Erkennen und Verstehen von Wortinhalten und Sprachstrukturen verbessert werden. Förderung von Lesestrategien Die Lesefertigkeit und das Leseverständnis sind abhängig von der Fähigkeit, die Buchstaben bzw. Buchstabengruppen rasch in Lautsprache „übersetzen“ zu können, um dieser eine Bedeutung zuordnen zu können. Die Kinder sollen lernen – das kann auch noch bei Schülerinnen und Schülern in der Hauptschule notwendig sein – dass sich eine Wort- oder Satzstruktur auf verschiedene Weise auflösen lässt, um Sinn entnehmen zu können. Wie vielfältig diese Möglichkeiten sind und dass diese auch von kompetenten Leserinnen und Lesern genützt werden, kann man selbst beim Erlesen eines schwierigen oder fremdsprachliche Textes erleben. Abbildung 8 zeigt die Informationsvielfalt, die in Wörtern und Texten steckt, die so genannte wortinterne und textbedingte Redundanz. Folgende Strategien werden beim Wort- und Textlesen eingesetzt: F 23 - die Gliederung von Wörtern - das ganzheitliche Erfassen bereits bekannter Wörter - das Zuordnen von Wortbild und Wortklang - die Sinnerwartung an den Text, z.B. durch eine Hinführung zum Text, Bilder ... - die Spracherfahrung, z.B. Gibt es dieses Wort oder nicht? Macht dieses Wort Sinn im Text? Wenn nein, muss nochmals gelesen werden. - die Kenntnis über die grammatikalische Struktur der Sprache, z. B. „die Bäume“ erfordert eine bestimmte Verbflexion: blühen nicht blüht Abb. 8 Redundanzebenen des Lesen (vgl. GRISSEMANN, H. 1990) Information auf der Graphemebene Buchstaben-Laut-Beziehungen müssen sicher gespeichert sein, besonders mehrgliedrige Buchstaben wie /ei/, /ie/, /au/, /ng/, /pf/ ... bevor auf sie gesichert zurückgegriffen werden kann. F 24 Information auf der Konsonantengruppenebene Buchstabengruppen wie /bl/, /kn/, /schw/ ... können als visuelle und sprechmotorische Einheiten aufgefasst und verarbeitet werden. Dadurch wird der Arbeitsspeicher entlastet und das Erkennen des Wortklangbildes erleichtert. Information auf der Silbenebene Silben sind die Einheiten, auf die beim unbestörten Spracherwerb automatisch als Sprecheinheit zurückgegriffen werden kann, z.B. bei Reimen und Liedern. Sillben lassen sich beim Lesen hervorheben, z.B. durch kleine Lücken im Wortbild oder durch Silbenbögen. (Die Lesbarkeit darf jedoch durch Lesehilfen nicht beeinträchtigt werden!) Information auf der Morphemebene Hier sind vor allem die Endmorpheme wichtig wie -er (Vater, Mutter, einer ...), -en (laufen, einen, Garten), -el (Esel, Pinsel) und Vorsilben wie ver-, vor-, ge-, ent- ... Information durch die Wahrscheinlichkeit der Lautfolge Hier wird das (unbewusste) Wissen um mögliche und unmögliche Lautabfolgen der Sprache eingesetzt. Beispielsweise gibt es im Deutschen keine Konsonantenfolge von /km/ oder /mb/. Information durch die Textstruktur Der Flattersatz fasst in einer Zeile Sinneinheiten zusammen, Bilder, Abschnitte und Hervorhebungen gliedern den Text. Auch Wortwiederholungen erleichtern das Lesen. Information durch morpho-syntaktische Strukturen Kinder mit dem Förderschwerpunkt Sprache haben hier nur instabile Kenntnisse, was etwa durch Lesefehler deutlich wird, die ihrem Störungsbild entsprechen und deshalb nicht von selbst korrigiert werden können. Information durch semantische Zusammenhänge Durch die Hinführung zum Text, die Aktivierung des Vorwissens, die Klärung von Wortinhalten wird der Zugang zum Textverständnis angemessen vorbereitet und erleichtert. Hilfen für das Erlesen durch die Gestaltung von Textvorlagen ¾ Keine handschriftlichen Vorlagen ¾ Vergrößerung der Schrift erleichtert die Lesbarkeit F 25 ¾ Zeilennummerierungen erleichtern die Orientierung im Text ¾ Silbenbögen als Hilfe zur sicheren lesetechnischen Erfassung eines Textes ¾ Markierungen entsprechend der sprachlichen Problematik einzelner Kinder, z.B. durch Hinweise zur Lautbildung, zu Endungen ... Das folgende Beispiel zeigt Möglichkeiten, wie Texte im Hinblick auf spezielle Förderbedürfnisse von Kindern aufbereitet werden können (Abb. 9) Zeilen 3-4 Hinweis auf die lautgetreue Bildung von /k/ Zeilen 5-8 Silbenbögen unter mehrsilbigen Wörtern als Strukturierungshilfe Zeilen 9-12 /sch/ muss ergänzt werden; Aufmerksamkeit für die lautgetreue Bildung gefordert Zeilen 13-17 Mundbild als Hilfe zur lautgetreuen Bildung von /s/ Zeilen 18-25 Hinweis auf Wortendungen F 26 Abb. 9 Möglichkeiten, einen Text individuell aufzubereiten Zum Weiterlesen GRISSEMANN, H. (1990): Förderdiagnostik von Lernstörungen. Bern: Hueber ROOSEN, H., GRISSEMANN, H. (1995): Lesen – Denken – Schreiben. Rangendingen: Lipura F 27 3.1.4 Deutsch: Richtig schreiben Schwerpunkte sprachtherapeutischen Unterrichts - Förderung der auditiven und visuellen Wahrnehmung - Aufbau von Rechtschreibstrategien - Förderung schreibmotorischer Fähigkeiten Auch bei Kindern mit dem Förderschwerpunkt Sprache entwickeln sich die Fähigkeiten des Rechtschreibens gemäß des Stufenmodells des Schriftspracherwerbs (vgl. VALTIN, SASSENROTH). Das lauttreue Schreiben erfordert bei Kindern mit dem Förderschwerpunkt Sprache besondere Beachtung. Wer nicht lautgetreu schreiben kann, wird Rechtschreiben nicht lernen. Lernprozessbegleitende Diagnostik und Beobachtung sind als Grundlage für die individuelle Förderung unabdingbar. Die Hamburger Schreibprobe (HSP; MAY, 1997) ist ein geeignetes diagnostisches Instrument, aus dem sich unmittelbar Fördermaßnahmen ableiten lassen. Konsequenzen für den Unterricht und die kooperative Förderung: ¾ Schulung der auditiven, visuellen und seriellen Wahrnehmung (vgl. Schriftspracherwerb) ¾ Nutzen vielfältiger Zugangswege: Hören, Sehen, Sprechen, kinästhetische Wahrnehmung, Schreiben ¾ Förderung der phonologischen Bewusstheit (vgl. Schriftspracherwerb) ¾ Rechtschreibstrategien aufbauen, erweitern und sichern (Mitsprechwörter, Nachdenkwörter, Merkwörter – vgl. Anhang Lehrplan für die bayerische Grundschule in Bayern Fach Deutsch; Material: Zauberlehrling) ¾ Kommentieren von „Aufpassstellen“: z.B. Bei geht ist das h für mich schwierig. Ich kann es nicht hören. ¾ Kommentieren von Nachdenkwörtern: z.B. Bälle: Bälle kommt von Ball. Deshalb schreibe ich ä. F 28 Die Förderung greift die individuellen Schwierigkeiten eines Kindes auf und richtet sich nach seinem Kenntnisstand unabhängig vom momentanen Inhalt des Klassenunterrichts. Für rechtschreibschwache Kinder ab der 5. Jahrgangsstufe bietet das Material von C. REUTER-LIEHR vielfältige Übungsmöglichkeiten für jeden Förderbedarf. Es gibt Kinder, die schreibmotorische Probleme haben und sich deswegen nicht auf das richtige Schreiben konzentrieren können. Für diese Kinder sind kontinuierliche Übungen zur Handkräftigung und Fingergeschicklichkeit sowie zur Graphomotorik nötig. Die Analyse des Schreibbewegungsablaufes und der Stifthaltung gibt wichtige Hinweise auf den Förderbedarf. Eventuell ist eine Abklärung und Förderung durch eine Ergotherapeutin geboten. Zum Weiterlesen - MANN, C. (1997): Selbstbestimmtes Rechtschreibenlernen. Rechtschreibunterricht als Strategievermittlung. Neue Rechtschreibung. Weinheim und Basel: Beltz - MAY, P. (1997): Die Hamburger Schreibprobe. Hamburg: verlag für pädagogische medien - NAEGELE, I., VALTIN, R. (Hrsg.) (1997): LRS in den Klassen 1-10. Handbuch der LeseRechtschreib-Schwierigkeiten. Band 1: Grundlagen und Grundsätze der Lese- Rechtschreib-Förderung. Mit Hinweisen auf die Neuregelung der Rechtschreibung. Weinheim und Basel.: Beltz - NAEGELE, I., VALTIN, R. (Hrsg.) (1997): LRS in den Klassen 1-10. Handbuch der LeseRechtschreib-Schwierigkeiten. Band 2: Schulische Förderung und außerschulische Therapien. Weinheim und Basel.: Beltz - ROOSEN, H. & GRISSEMANN, H. (1994). Lesen, Denken, Schreiben, Bd.1 und 2, Rangendingen: Lipura-Verlagsgesellschaft - REUTER-LIEHR, C. (2000): Lautgetreue Rechtschreibförderung, Bochum - STEINLEITNER, U. (2000): Der Zauberlehrling. München: Diesterweg F 29 - STAATSINSTITUT FÜR SCHULPÄDAGOGIK UND BILDUNGSFORSCHUNG MÜNCHEN (2003): Schwierigkeiten beim Erlernen des Lesens und Rechtschreibens. Handreichung zur Prävention, Diagnose und Förderung. Donauwörth: Auer - SASSENROTH, M. (1991): Schriftspracherwerb. Entwicklungsverlauf, Diagnostik und Förderung. Bern, Stuttgart: Haupt 3.1.5 Deutsch: Für sich und andere schreiben Schwerpunkte sprachtherapeutischen Unterrichts - Förderwirksame Auswahl der Schreibanlässe - Inhaltliche, begriffliche und grammatikalische Vorbereitung - Angeleitetes Schreiben mit Strukturierungshilfen Schülern mit dem Förderschwerpunkt Sprache fehlen sowohl die sprachlichen Strukturen als auch der Umfang und die Abrufbarkeit eines differenzierten Wortschatzes. Dennoch können diese Schüler an ein kreatives und gestalterisches Umgehen mit Sprache herangeführt werden, wenn ihnen individuelle Hilfestellungen angeboten werden und sie die Erfahrung machen, dass das Schreiben für sie sinnvoll und bereichernd ist. Der Lehrplan für die bayerische Grundschulstufe enthält den Lehrplan zum Förderschwerpunkt Sprache, in dem der Bereich „Für sich und andere schreiben“ für Schüler mit dem Förderschwerpunkt Sprache u.a. um folgende Inhalte ergänzt wurde: „Es müssen Bezüge zu weiteren Fachbereichen des Deutschunterrichts sowie zu anderen Fächern genützt werden, damit die Schüler bereits erarbeitete Inhalte und sprachliche Strukturen anwenden können. Aufeinander bezogene mündliche Äußerungen bereiten das Verfassen von Texten vor. Das Angebot situationsangemessener und förderwirksamer sprachlicher Mittel sowie eine für die Schüler eindeutig geklärte Aufgabenstellung verhelfen dazu, Schreibaufgaben zu erfassen und zu bewältigen.“ F 30 Bei Schülern mit dem Förderschwerpunkt Sprache muss eine differenzierte mündliche Vorbereitung dem Schreiben vorausgehen. Daneben benötigen die Schüler eindeutige, kurz und prägnant formulierte Aufgabenstellungen sowie die Bereitstellung sprachlicher Mittel. Der Bereich „Für sich und andere schreiben“ untergliedert sich folgendermaßen: Texte vorbereiten Texte schreiben Texte überarbeiten Texte vorbereiten Texte müssen für Schüler mit dem Förderschwerpunkt Sprache sowohl inhaltlich als auch sprachlich (Wortschatz, Erzählstrukturen) vorbereitet werden. Inhaltliche Vorbereitung Schreibanlässe können zu den verschiedensten Themen gefunden werden. Es wird häufig befürwortet, dass die Schüler ein Schreibthema selbst wählen. Sprachauffälligen Schülern fällt diese Auswahl schwer, weil ihnen für viele Themen der Erfahrungshintergrund, die Ideen und Worte fehlen. Ein angeleitetes Schreiben mit Strukturierungshilfen erleichtert ihnen die Versprachlichung und ermöglicht Erfolgserlebnisse, die wiederum die Schreibfreude fördern. Inhaltliche Strukturierungshilfen können zu Beginn der Grundschulzeit beispielsweise anhand von Bildern angeboten werden. Die gezielte mündliche Vorarbeit z.B. einer Bildergeschichte ermöglicht eine Vertiefung der Bildinhalte (vgl. Sprechen und Gespräche führen). Manche Schüler mit dem Förderschwerpunkt Sprache haben Schwierigkeiten, die Handlung einer Geschichte zu erkennen. Sie beschreiben eher Gegenstände, die sie auf den Bildern sehen (Ich sehe einen Mann. Ich sehe einen Stuhl...). Durch allmähliches Abdecken einzelner Bildteile bzw. Hervorheben durch eine Lupe kann deshalb die Wahrnehmung auf Feinheiten bzw. Handlungen und Gefühle von Personen (z.B. durch Mimik) fokussiert werden. Die szenische Umsetzung einer Geschichte ermöglicht anschließend, die Reihenfolge sowie den Handlungscharakter der Geschichte zu betonten. F 31 Ich vermute, dass _ rennt, läuft, saust, schleicht, ____ Abb. 10 Hilfen zur inhaltlichen Vorbereitung einer Bildgeschichte In der inhaltlichen Vorbereitung ist die Erarbeitung eines treffenden Wortschatzes für sprachauffällige Kinder besonders wichtig, da gerade der aktive Wortschatz meist wenig differenziert ist. Es können alternative Bezeichnungen für bestimmte Handlungen oder Gegenstände gesammelt werden, um häufige Wiederholungen zu vermeiden und Geschichten spannender zu gestalten. Dazu eigenen sich Wortfeldkisten, z.B. zum Wortfeld „gehen“: gehen laufen (lief), rennen (rannte), bummeln, spazieren, sausen, klettern, steigen (stieg), trödeln, jagen, schreiten (schritt), huschen, trotten, schleichen (schlich), flüchten, stolpern, marschieren, stampfen, .... Eine genaue Auseinandersetzung mit den einzelnen Begriffen ist hier besonders wichtig. Die Bedeutungsunterschiede zwischen den einzelnen Wörtern können pantomimisch gespielt, sprachlich umschrieben, in Satzzusammenhängen geübt oder Bildkarten zugeordnet werden. Dabei sollten die Begriffe nach der Erarbeitung für die Schüler schriftlich und gegebenenfalls bildlich fixiert zur Verfügung stehen, da häufig die Merkspanne, gerade für sprachliche Inhalte, eingeschränkt ist. F 32 Abb. 11 Hilfen zur inhaltlichen Vorbereitung einer Bildgeschichte Im Hauptschulbereich ist daneben die Erarbeitung unregelmäßiger Imperfekt-Formen (lief, rannte) wichtig, da diese Formen umgangssprachlich vor allem in Bayern nicht verwendet werden und den Schülern nicht ausreichend bekannt sind. Häufig finden Übergeneralisierungen statt (z.B. laufte). Systematische Förderung von Erzählstrukturen Um die Erzählstruktur sprachauffälliger Kinder zu fördern, kann man einen Erzählball oder -würfel verwenden. Der Ball enthält verschiedene Segmente, die verschiedene Abschnitte der Geschichte symbolisieren. Den Kindern wird hier gezeigt, dass durch das Fehlen eines Teiles der Ball bzw. die Geschichte nicht mehr zu gebrauchen ist. Die Teile sind in die so genannten W-Fragen eingeteilt: - Wo spielt die Geschichte? - Wer spielt mit? - Wann spielt die Geschichte? - Was passiert in der Geschichte? - Wie fühlen sich die Personen? - Was wird daraus? Wie endet die Geschichte? Im Hauptschulbereich werden diese Teile der Geschichte ausdifferenziert und können z.B. anhand einer Aufsatzküche visuell fixiert werden. In Absprache mit der Kooperationslehrerin kann ein Plakat mit Tipps oder Lernhilfen zur Aufsatzgestaltung im Klassenzimmer bzw. in der äußeren Differenzierung im Kooperationszimmer aufgehängt werden. Es ist wichtig, die einzelnen Tipps schrittweise zu erarbeiten und immer wieder zu vertiefen. Besonders im Bereich des Wortschatzes ist es eine Hilfestellung für Schüler, einzelne Begriffe aufzugreifen und schriftlich zu fixieren. F 33 Die Tipps dienen auch als Leitfaden für die Überarbeitung von Geschichten und als Grundlage für die Bewertung. Den Schülern wird im Vorfeld aufgezeigt, welche Tipps in die Bewertung einfließen und deshalb besonders beachtet werden sollen. Tipp 1: Einleitung: Wer, Wo, Wann, Was? Namen für die Personen Unsere Aufsatzküche Tipp 2: Hauptteil: spannende Wörter (kreidebleich...) Gefühle der Personen Tipp 3: Schluss: kurz und unerwartet Tipp 4: Treffende Wörter: Wortfeldkisten: gehen, sagen, machen Tipp 5: Wörtliche Rede: Peter meinte: „ ........ !“ Tipp 6: Verwende Adjektive (dunkel, kalt, schrecklich...) Abb. 12 Tipps oder Lernhilfen für die Gestaltung von Texten Daneben benötigen einige Schüler gezielte Satzanfänge als Formulierungshilfen. Es können einzelne Wörter in Form alternativer Satzanfänge ausreichen oder aber es kann ein Erzählgerüst angeboten werden. Zum flexiblen Gebrauch der Satzanfänge können diese im Klassenzimmer an einem bestimmten Platz fixiert sein und in vielfältigen Zusammenhängen geübt werden. Beispielsweise können bei der Versprachlichung des Tagesplanes im Sinne von „lustigen“ Sätzen verschiedene Satzanfänge verwendet werden. Plötzlich _____ Auf einmal______ Nun_____ Schließlich ______ Jetzt _______ Später ______ Zuerst ________ Abb. 13 Satzanfänge als Schreib- und Sprechhilfe F 34 Erzählgerüst für eine Erlebniserzählung Bauplan für eine Vorgangsbeschreibung (GS) (HS) An einem schönen Tag __ Für die Herstellung von ___ braucht man __ Ich suchte ____ Zuerst ___ Doch plötzlich ____ Danach ___ Glücklicherweise ___ Nun ____ Da war ich aber froh, dass ____ Anschließend ____ Jetzt ____ Zum Schluss ____ (z.T. aus: MAYER 2003, 19) Diese Schreibhilfen sind ein Angebot an die Schüler und können von diesen aufgegriffen werden. Auch durch die Umstellung von Satzgliedern gelingt es, Sätze abwechslungsreich zu gestalten (z.B. Der Mann läuft aufgeregt ins Haus – Aufgeregt läuft der Mann ins Haus; vgl. Sprache untersuchen). Texte verfassen Neben dem strukturierten Verfassen von Texten spielt zunehmend kreatives Schreiben eine Rolle. Um Schüler mit sprachlichen Auffälligkeiten in solche offenen Schreibanlässe einzuführen, eignen sich besonders Schreibanlässe mit vorgegebener Struktur, z.B. Namensspiel oder Elfchen. M arion A lter 10 R undes Gesicht I mmer fröhlich O hren normal grau der Elefant er ist groß hat einen langen Rüssel törötörö (1 Wort = 1 Farbe) (2 Wörter = etwas mit dieser Farbe) (3 Wörter = wie es aussieht, was es tut) (4 Wörter = was es macht, wo es ist) (1 Wort = wie es klingt) N ett (Aus: WITSCHAS & STIEFENHOFER 1999,12, 35) Im weiteren Verlauf können die Schüler freie Texte zu Bildern (z.B. aus Bilderbüchern), zu Musik und anderen Sinneseindrücken schreiben. Für Schüler mit geringen Erzählfähigkeiten sind dabei wiederum Hilfen, wie Satzanfänge und alternatives Wortmaterial nötig. Beim F 35 Schreiben nach Bildern kann differenziert werden, indem leistungsstarken Schüler lediglich ein Bild zur Verfügung gestellt wird, schwächeren Schülern mehrere Bilder, die als Grundlage für ihre Geschichte dienen können. Die Kooperationslehrkräfte können sich im gemeinsamen Unterricht gegenseitig unterstützen, indem die Volksschullehrkraft die Vorbereitung des Schreibens im Unterricht den Schülern vermittelt, während die Sonderschullehrkraft gezielte Hilfestellungen, d.h. Wortmaterial, Alternativen für wörtliche Reden oder Bildmaterial für Schüler mit sprachlichen Auffälligkeiten anbietet. Im Hauptschulbereich wird zunehmend mit dem Entwurf von Clustern gearbeitet. Zu einem Ausgangsbegriff werden Assoziationen gebildet und miteinander in Beziehung gesetzt. Cluster dienen zusätzlich dem Brainstorming und dadurch als Stichpunktsammlung für Geschichte bzw. angehende Erörterungen. Schüler mit Sprachauffälligkeiten haben häufig große Schwierigkeiten, solche Cluster selbstständig zu entwerfen. Es fehlt ihnen der nötige Wortschatz bzw. sie können die notwendigen Begriffe nur eingeschränkt abrufen. Zur Unterstützung ist es sinnvoll, vorgefertigte Cluster mit Lücken und gegebenenfalls Wortlisten mit Wortmaterial zur Auswahl anzubieten. Urlaub schwimmen Ferien Abb. 14 Cluster als Stichwortsammlung für Texte Texte überarbeiten Zur Überarbeitung können eigene Texte vorgelesen werden, wobei es für sprachauffällige Kinder auf Grund ihrer kurzen auditiven Merkspanne von Vorteil ist, wenn sie den Text mitlesen können. Wenn beide Kooperationslehrkräfte in der Klasse sind, können zwei Gruppen gebildet werden, um die Kommunikationsmöglichkeiten für alle Schüler zu erhöhen. Falls sprachlich schwache Schüler Hemmungen haben, ihre Texte vor der ganzen Klasse vorzulesen und zur Diskussion zu stellen, sollte die Überarbeitung in der äußeren Differenzierung in der Kleingruppe stattfinden, um den Schülern mit dem Förderschwerpunkt Sprache einen F 36 Schonraum zu gewähren. Ab und zu soll die Lehrkraft die Texte der Schüler vorlesen. Die Schüler erleben, wie ihre Geschichten auf Zuhörer wirken. Zu den Texten Stellung zu nehmen, fällt den Schülern meist schwer. Alternative Begründungen (z. B. „Mir gefällt die Geschichte gut, weil ___ viele Eigenschaftswörter verwendet hat“) bzw. Satzanfänge („Ich finde gut, dass ___“ ; „Man könnte den Text verbessern, wenn __“) können als Formulierungshilfen in einer Schreibkonferenz dienen. Eine weitere Hilfe zur Diskussion und Überarbeitung können auch die Tipps der Aufsatzküche (vgl. Abb. 11) sein. Bei Schülern, die sehr viele Rechtschreibfehler machen, ist es sinnvoll, die Texte rechtschriftlich verbessert abzuschreiben und erst anschließend zu überarbeiten. Die Verbesserung und Überarbeitung der Texte können die Kooperationslehrkräfte gemeinsam und in Arbeitsteilung übernehmen. Im Grundschulbereich findet die rechtschriftliche Überarbeitung nur anhand individuell ausgewählter Rechtschreibprobleme statt. Die Endfassung muss im Falle einer Veröffentlichung frei von Rechtschreibfehlern sein. Zum Weiterlesen - MAYER, A. (2003): Möglichkeiten der Sprach- und Kommunikationsförderung im Unterricht mit sprachentwicklungsgestörten Kindern. In: Die Sprachheilarbeit, 48, 1, 11-20. - WITSCHAS, D. & STIEFENHOFER, B. (1999): Kreatives Schreiben. Puchheim. pb verlag - SCHMITZ, A.D. (1998): Kreatives Schreiben in der Hauptschule. Donauwörth: Auer F 37 3.1.6 Deutsch: Sprache untersuchen Schwerpunkte sprachtherapeutischen Unterrichts - Förderwirksame Auswahl der Sprachanlässe - Förderung situationsangemessenen Sprachgebrauchs Sprachentwicklungsstörungen wirken sich häufig auf die Fähigkeit zur Bildung und zum Erkennen regelgeleiteter Satzstrukturen sowie auf die Fähigkeit des metasprachlichen Reflektierens aus (Nachdenken und Sprechen über Sprache). Der Bereich „Sprache untersuchen“ birgt somit einige Hürden für Schüler mit dem Förderschwerpunkt Sprache. Er ermöglicht jedoch auch eine gezielte sprachliche Förderung. Der Lehrplan für die bayerische Grundschulstufe enthält den Lehrplan zum Förderschwerpunkt Sprache, in dem der Bereich „Sprache untersuchen“ für Schüler mit dem Förderschwerpunkt Sprache u.a. um folgende Inhalte ergänzt wurde: „Dem Lernbereich „Sprache untersuchen“ fällt die Aufgabe zu, Sprachentwicklungsprozesse umfassend zu unterstützen. Gezielt inszenierte Situationen und Aufgaben ermöglichen es, Baugesetzte der Sprache erfahrbar zu machen. (...) Grammatische Kompetenz entwickelt sich nur in geringem Maß von selbst. Sie muss durch vielfältige Reflexion und individuelle Rückmeldung, durch Modellvorgaben und Anwendung erworben werden. Ziel der Unterrichtsarbeit ist kein formales Wissen, sondern die Untersuchung von Leistung und Funktion der Wörter in Texten.“ (vgl. auch Lehrplan für die Hauptschulstufe) In den Bereich Sprache untersuchen fallen die situationsbezogene Wortfeldarbeit und die Erprobung treffender sprachlicher Mittel, z.B. zum Wortfeld gehen, sagen (vgl. für sich und andere schreiben). Bei der Erarbeitung neuer Fachbegriffe (z.B. Steigerung) ist die Handlungsorientierung eine wichtige Möglichkeit, die Begriffe gleichsam zu be-greifen. F 38 Ein Beispiel zum Thema „Eigenschaftswörter helfen vergleichen“: Als thematischer Rahmen dient der „Flohmarkt“, den die Kinder im Rahmen des Schulfestes veranstalten wollen. In einer ersten Phase können die Kinder ihre „Verkaufstaktiken“ vorstellen. Nachfolgend erkennen die Schüler anhand eines Hörbilds oder eines Comics, dass zwei Konkurrenten geschickt Kunden anzulocken versuchen. Auch bei ähnlichen Angeboten hat der eine doch die „spannenderen“ Bücher oder „billigsten“ Hefte. In einem Rollenspiel können die Schüler ihre Wirkung auf die Mitschüler erleben und erkennen, dass neben Stimmvolumen und Gestik auch bestimmte Begriffe ein Angebot attraktiver erscheinen lassen. Als nächster Schritt wird ein Warenangebot mit treffenden Adjektiven belegt. Unregelmäßige Formen werden heraus gearbeitet. Als Abschluss bietet sich an, dass einzelne Gruppen versuchen, ihre Artikel wirkungsvoll anzubieten und die anderen sich begründet für den einen oder anderen Kauf entscheiden (vgl. TROßBACH-NEUNER 1997) Dieses Beispiel bietet in Kooperationsklassen zusätzlich die Möglichkeit, in Gruppen- oder Partnerarbeiten Mitschüler als sprachliche Vorbilder einzusetzen. Sie können bei der Verwendung unregelmäßiger Komparativformen oder der Verwendung differenzierter Adjektive als Modell dienen. Im Hauptschulbereich werden derzeit die lateinischen Begriffe für Fachbegriffe (Nomen, Verb, Adjektiv, Präsens, Präteritum...) verlangt. Nur durch vielfältige Sicherung können die Schüler sie richtig gebrauchen. Generell ist bei der Speicherung neuer Begriffe eine vielfältige Vernetzung wichtig. Dazu dienen u.a. folgende Möglichkeiten: Sicherung von Wörtern durch phonemisches Vorgehen: ¾ Anfangs- / Endlaute bestimmen ¾ Silbenklatschen, Silbenzählen ¾ Länge eines Wortes bestimmen ¾ Reimwörter finden Sicherung von Wörtern durch semantische (inhaltliche) Arbeit: ¾ nach der Funktion fragen (... brauche ich für ...) ¾ Kontext beschreiben (.... wohnt im Wald) F 39 ¾ Ähnlichkeiten (sieht aus wie ...) und Assoziationen (erinnert mich an ...) beschreiben ¾ Eselsbrücken, Satzreihen (Nahrung: Tiere brauchen Nahrung, Menschen brauchen Nahrung...) bilden ¾ Gegenteile finden (spannend – langweilig, schleichen – rennen) ¾ metasprachlich reflektieren Zur Erleichterung bei der Erarbeitung von Satzgliedern dient eine eindeutig zugeordnete farbliche Markierung der Erkennung, z.B. rot = Prädikat, gelb = Subjekt. Dabei ist es besonders wichtig, dass beide Kooperationslehrkräfte dieselben Farben verwenden. Als Hilfestellung können Satzbaurollen, Klappbücher, Satzwürfel oder Satzsterne verwendet werden, die die Satzglieder wiederum in derselben Farbe wiedergeben. Der Bub Der Lehrer schenkt gibt dem Hund der Nachbarin ein Eis. einen Ball. Subjekt Art und Weise Ortsangabe Prädikat Der Bär wirft einen Ball. Der Löwe kauft einen Kuchen. Der Igel bäckt ein Eis. Der Hund will ein Cola. Objekt 4. Fall Objekt 3. Fall Zeitangabe Abb. 15 Modelle zur Veranschaulichung von Satzteilen Zum Weiterlesen - TROßBACH-NEUNER, E. (1997): Schwerpunkte der Unterrichtsarbeit bei Kindern mit Förderbedarf im Bereich der Sprache. In: Zeitschrift für Heilpädagogik, 5, 184-189. F 40 3.2 Fremdsprachen Schwerpunkte sprachtherapeutischen Unterrichts - Förderung der Aufmerksamkeit für Höreindrücke - Förderung der auditiven Differenzierung - Förderung der Aussprache - Förderung des Sprachverständnisses Sprachliche Lernprozesse stellen hohe Anforderungen an Schüler, ebenso an ihre Lehrkräfte, da sprachliches Lernen ohnehin belastet und erschwert ist. Dennoch bietet die Begegnung mit einer Fremdsprache viele Anregungen und Entwicklungschancen dadurch, dass die Kinder hier methodische Zugänge und Übungsformen akzeptieren, die eher jüngere Kinder ansprechen, wie etwa die Arbeit mit Handpuppen, Spielliedern und Reimen. Die aufmerksame Folge von Phasen der Be- und Entlastung, von aktiver Beteiligung am Unterricht und eher ruhiger Verarbeitung und Vertiefung sind notwendig, um die Konzentration und Motivation zu erhalten. Wenn der Unterricht von der Klassenlehrkraft erteilt wird, sind kurze Lerneinheiten leichter zu planen und durchzuführen. Für die Unterrichtsarbeit ist die Kenntnis des aktuellen Sprachentwicklungsstandes und die kontinuierliche Beobachtung von Lernverhalten und Lernfortschritten unerlässlich. Unterrichtsrituale, Routinen und Wiederholungen lassen Wiedererkennen zu, geben ein Gefühl des Könnens und der Sicherheit. Beispiele dafür sind Begrüßungsspiele (vgl. Abb. 16), ein gemeinsamer Schatz an Liedern und Rätseln, das Tafelbild aus der letzen Stunde und Vieles mehr. Der Einsatz von Körpersprache, sprech- und handlungsbegleitende Gestik und Mimik, Bilder und Gegenstände, aber auch andere Kinder tragen zum Verstehen der Sprachlernsituationen bei und unterstützen die Merkfähigkeit. Durch das Tauschen von Rollen ergeben sich weitere Gelegenheiten zum Wiederholen und Vertiefen. Hello! My name is Nessie. Ah, your name is Nessie. F 41 Nessie Willi What is your name? My name is Willi. How are you? I am fine, thank you. How are you? I am fine, too. Have a nice day! Abb. 16 Beispiel für ein Begrüßungsritual zwischen zwei Handpuppen Zum durchgängigen Gebrauch der Fremdsprache als Unterrichtssprache gibt es kontroverse Einstellungen. Hier wird die Meinung vertreten, dass Einsprachigkeit eine authentische Atmosphäre schafft. Dagegen wird geäußert, dass ein durchgängig einsprachiges Vorgehen die Motivation belaste und Widerstände hervorrufe. Erfahrungen zeigen, dass auch bei Kindern mit Förderschwerpunkt Sprache Einsprachigkeit weitgehend zu realisieren ist. Erleben die Schüler, dass am Ende doch wieder Übersetzungen folgen, wird Nicht-Hinhören unterstützt. Übersetzungen sollten so zwischengeschaltet werden, dass jeder Übersetzung durch die Lehrkraft eine Wiederholung in der fremden Sprache folgt (so genannte „SandwichTechnik“). Schüler sprechen immer unmittelbar nach der fremdsprachlichen Vorgabe. Die Erfahrung ist wesentlich, dass auf jeden Fall alles geklärt und verständlich wird. Die anfängliche Irritation durch die überwiegende Einsprachigkeit wird später von gestärktem Selbstbewusstsein abgelöst. Sprechscheue oder gehemmte Schüler gewinnen Vertrauen und werden mutiger beim gemeinsamen Sprechen von Reimen, Singen von Liedern und bei kleinen szenischen Spielen. Das Chorsprechen mit Variationen verliert in diesem Zusammenhang seinen negativen Beigeschmack. Echospiele erfüllen einen ähnlichen Zweck und machen durchaus immer wieder Spaß. F 42 Der Einsatz von Handzeichen und Schriftbildern lässt Regelhaftigkeiten in der Aussprache erkennen oder gibt den Impuls, sich daran zu erinnern. Es gilt zu bedenken, dass fremdsprachliche Wortbilder nicht dem Wortklang entsprechen und darüber hinaus die Verbindung von Wortbedeutung und Wortklang nicht gefestigt ist. Gerade in der Hauptschule muss die Koppelung von Wortklang, Wortbild und Wortbedeutung jeweils neu erarbeitet werden, um die Vokabel sicher verfügbar zu haben. Lautgebärden-Poster erinnern immer wieder an Besonderheiten der Aussprache. Abb. 17 Lautgebärdenposter Aus: ZANDER, G. (2002): LRS-Förderung im Englischunterricht. Mühlheim a. d. Ruhr: Verlag a. d. Ruhr, 26 f. Gleichklingende Lautgruppen können den Kindern beispielsweise wie im Erstlesen angeboten werden. F 43 Abb. 18 Wizard of words Aus: ZANDER, G. (2002): a.a.O., 29 Der Umgang mit Kinderliedern und Reimen fördert das Sprachgefühl, die Sprechfreude und das Bewusstsein für Sprache durch die rhythmische Struktur und die Sprechmelodie. Gerade auch in der Hauptschule ist das ständige Rhythmisieren oder Gliedern von mehrsilbigen fremden Wörtern eine notwendige Merkhilfe für Sprechen und Schreiben. Die Gliederung von Wörtern ist optisch mit Silbenbögen zu veranschaulichen. F 44 Die Sprache der Lehrkraft ist hier als förderwirksames Mittel von ebenso großer Bedeutung wie in anderen Fächern und sprachlichen Lernbereichen (vgl. Lehrersprache). Die Arbeit mit englischsprachigen Bilderbüchern ist ein Mittel, um die spontane sprachliche Auseinandersetzung anzuregen. Die Lehrkraft kann den Text so anbieten, dass gewisse (einfache) Strukturen besonders deutlich herausgestellt werden. Einige Kinder beginnen sicher, diese aufzugreifen, mitzusprechen oder nachzuahmen. Beispiel: MARTIN, B. JR., CARLE, E. (1992): Brown Bear, Brown Bear, What Do You See? New York: Henry Holt and Company 1. Einführung der notwendigen Begriffe L. This is a brown bear. Say it with me. L. hängt begleitend Bildkarte an die Tafel. L. erarbeitet mit den Kindern weitere Begriffe aus dem Bilderbuch. Übung Echospiel (L. oder S.): This is a brown bear, brown bear, brown bear. S. sprechen nach. L. verändert die Intonation, z. B. wütend, leise, fröhlich. L. oder S. entfernt eine Bildkarte: Close your eyes – open your eyes! What‘s missing? L. Provokation mit Handpuppe: This is a yellow duck (zeigt auf braunen Bär). L. klappt Tafel zu, S. versuchen Begriffe (in richtiger Reihenfolge) zu wiederholen. 2. Anbieten des Schriftbilds L. Who can read this? (Wortkarte) L. Let us all read it together. Übungen (siehe oben!) 3. Zuordnung von Bildern und Wortkarten L. I’m sure you can match the words with the pictures S. This is a yellow duck (hängt richtige Wortkarte zum Bild) 4. Bilderbuch vorlesen F 45 Abb. 19 CARLE, E. : Brown bear, brown bear, what do you see? 5. Spielerische Umsetzung Einige S. bekommen ein Tierbild umgehängt. L. Brown bear, come here, please. S. stellen sich wie vom L. gerufen (oder: entsprechend der Reihenfolge im Bilderbuch) au.f Bilderbuch wird im Dialog gesprochen: F 46 Brown bear, brown bear, what do you see? S. (brown bear) dreht sich um: I see a yellow duck ... 6. Gestaltung eines Bilderbuchs mit eigenen Tieren 7. Musikalische Gestaltung: auf die Melodie von „10 kleine Negerlein“ Wie beim Erstspracherwerb geht dem Fremdsprachenlernen eine Phase rezeptiver Spracherfahrung voraus. Es wird Kinder geben, die bald spontan dabei sind, die reden wollen. Es wird andere geben, die viel Zeit brauchen, bis sie den Mut finden, sich zu beteiligen. In dieser Phase können kleine Geschichten vorgelesen werden, die von den Kindern begleitend szenisch umgesetzt werden. Sie zeigen auf diese Weise ihr Sprachverständnis und bekommen für ihre Leistung Anerkennung. Kinder üben ihr Hörverstehen, wenn sie bei bestimmten Schlüsselwörtern klatschen, ein Bild zeigen oder einen Muggelstein legen. Kinder zeigen ihr Sprachverständnis auch bei folgenden Übungen und wiederholen dabei den Wortschatz: ¾ Ja / Nein-Fragen ¾ Alternativfragen lassen das Aufgreifen eines Musters zu. ¾ beim Erzählen Lücken lassen, die ergänzt werden müssen ¾ Fehler beim Erzählen einbauen, die zu Protest und Richtigstellung führen ¾ Teile einer Geschichte einem Bild zuordnen ¾ Bilder zeigen, evtl. Wortschatz oder kurze Satzpattern zuordnen Bei der Begegnung mit der Fremdsprache brauchen die Kinder ein hochfrequentes sprachliches Angebot, um daraus neue Strukturen aufzunehmen und diese in das eigene sprachliche System integrieren zu können. Methoden aus der individuellen Sprachtherapie und der Einsatz bewährter Sprechmittel regen die Sprechbereitschaft an. Eine Handpuppe hilft, die natürliche Befangenheit beim Reden zu überwinden. Eine Handpuppe, die ebenfalls Englisch lernt, braucht Hilfe und Wiederholung, weil ein Begriff fehlt, weil sie etwas verwechselt hat oder etwas nicht mehr genau weiß. Begriffe und kurze Phrasen werden gerne geübt, wenn die Handpuppe von Kind zu Kind wandert. Manchmal ist es auch leichter, der Handpuppe zu antworten als der Lehrkraft. Die notwendige Übung stellt sich von selbst ein, ohne dass die Motivation verloren geht. Die F 47 Arbeit mit einer englischsprachigen Handpuppe fördert das Hörverstehen, sie gibt die richtige Aussprache, die notwendigen Begriffe und sprachliche Strukturen vor. Mutige Kinder schlüpfen selber in die Rolle und geben sich viel Mühe mit der Aussprache. Selbstverständlich können es auch Gegenstände sein, die im Kreis wandern und die jedes Kind halten möchte. Wörter sollten im Kontext einer kleinen Phrase angeboten werden: „a/the brown bear“ und nicht „bear“ (Nomen mit Artikel / Nomen mit Artikel und Adjektiv / Verb mit Objekt). Wörter entfalten erst im Zusammenhang eines Satzes oder Textes ihre volle Bedeutung. Die Bedeutungserfassung wird unterstützt durch die Sprache der Lehrkraft, die mit ihrer Stimme den Sinn lebendig macht oder mittels Mimik und Gestik spüren lässt, was gemeint ist. Hilfreich ist es, wenn der aktive und passive Gebrauch der fremden Sprache auch in andere Lernbereiche einfließt und von weiteren Lehrkräften aufgegriffen wird. Das ist zum Beispiel durch Classroom Phrases oder Classroom English durchaus sinnvoll. Beispiele für Classroom English Listen carefully. Hört gut zu. Look at me / Eyes on me. Schaut mich an. Say it with me. Sprecht mit mir. Say the word after me. Sprecht das Wort nach. Repeat the word. Wiederholt das Wort. Whisper the sentence. Flüstert den Satz. Say the word very loudly. Sagt das Wort sehr laut. Read the word after me. Lest das Wort. Look at me. Schaut mich an. Look at the picture. Schaut das Bild an. Do it after me. Macht es mir nach. Tell me the words for the pictures. Sagt mir die Wörter zu diesen Bildern. Can you find the ... Kannst du ... finden? Point to the ... Zeigt auf ... Can you remember this word? Habt ihr euch dieses Wort gemerkt? Show me ... Zeigt mir ... Work in pairs. Arbeitet zu zweit. Let´s play a game. Spielen wir ein Spiel. Guess / feel what´s in the bag. Ratet / Spürt, was in dem Sack ist. Let´s make a circle. Machen wir einen Kreis. F 48 It doesn´t matter. Macht nichts. Close your books. Macht die Bücher zu. Close your eyes. Macht die Augen zu. Open your eyes. Öffnet die Augen. Tell me what´s wrong. Sagt mir, was falsch ist. What´s missing? Was fehlt? Match the words with the pictures. Ordnet die Wörter den Bildern zu. Stick the word under the picture. Klebt das Wort unter das Bild. Copy the words from the board. Schreibt die Wörter von der Tafel ab. Fill in the missing words. Tragt die fehlenden Wörter ein. Look at your worksheets. Schaut die Arbeitsblätter an. Put your worksheets in your folder. Packt die Arbeitsblätter in eure Mappen. Cut out the words. Schneidet die Wörter aus. Take out ... Nehmt ... heraus. Put the things on your desks. Legt die Sachen auf euren Tisch. Here we go. Es geht los. Hurry up. Beeilt euch! Quiet everyone. Seid alle still. Pay attention, please. Passt bitte auf. Stop it! Hört auf! Don´t do that! Tut das nicht! Stop talking! Hört auf zu reden. Calm down. Beruhigt euch. Go back to your seats. Geht zurück auf eure Plätze. Please sit down and be quiet. Setzt euch bitte hin und seid leise. Stand up. Steht auf. Sit down. Setzt euch hin. Clap your hands. Klatscht Touch your … Berührt eure … Sit on the floor. Setzt euch auf den Boden. Go to the … Geht zum … Throw the dice. Würfelt It´s your turn. Du bist an der Reihe. Well done. Gut gemacht. Excellent! Großartig! Very good! Sehr gut! F 49 Brilliant! Brilliant! Wow! Toll! Wonderful! Wunderbar! Fantastic! Fantastisch! Great! Großartig! Superb! Ausgezeichnet! Very nice. Sehr schön. Lovely. Sehr schön. Okay. Gut. Right. Gut. Good. Gut. Das Wecken von Interesse und Freude am Sprachenlernen ist unverrückbare Zielsetzung im Unterricht. Jede Verbesserung der sprachlichen Leistung bezieht sich auf den Inhalt der Aussage, auch wenn die Form nicht korrekt ist. Es muss auf jeden Fall gewiss sein, dass alle Klassenmitglieder gemäß ihren Fähigkeiten auf ihre Weise am Lerngeschehen teilhaben dürfen. Weitere Anregungen für die Unterrichtsarbeit ¾ Ein (Soft-)Ball wird von Kind zu Kind geworfen: What’s your name? What’s your favourite colour? Es ist hilfreich, die Wörter begleitend rhythmisch zu klatschen, patschen ... ¾ The seat on my right is free. I call yellow! I call number one! I call the yellow duck! ¾ Ich packe meinen Koffer: I put down a shirt ... Ich versteh‘ dich nicht. Ein Gegenstand wandert weiter: This is a pig. Pardon? or Sorry? This is a pig. Der Gegenstand wandert weiter. Es können mehrere Gegenstände weitergegeben werden. F 50 ¾ Spielformen mit Gegenständen, Bild-Wortkarten oder Wortkarten: Show me ... point to ... grab the card with ... hold up the picture/word for ... Memory, Kim-Spiele Für Schüler mit Lese- und Rechtschreibschwierigkeiten ist die Orientierung an bekannten Methoden der Förderung von Lesen und Rechtschreiben hilfreich. Entsprechendes Fördermaterial ist vereinzelt bereits vorhanden (vgl. Zum Weiterlesen). Der Lernprozess von Schülern in der Hauptschule muss bei folgenden Aufgabenstellen besonders aufmerksam begleitet und unterstützt werden: - Herausarbeiten der Laut-Buchstabenbeziehungen bzw. von Beziehungen zwischen Lautgruppen- und Buchstabengruppen - Vokabel lernen lernen - Erwerb von Pronomen - Gebrauch von Präpositionen - Gebrauch von Verben Abb. 20 Fünf-Minuten-Vokabeltraining Nach: ZANDER, G. (2002): a.a.O., 20 F 51 Zum Weiterlesen Authentische Bilderbücher Eric Carle: - Brown bear, brown bear, what do you see? - Polar bear, polar bear, what do you hear? - The very hungry caterpillar - The mixed-up chameleon Eric Hill: - Where is Spot? - Spots birthday party - Spot goes to the farm - Spot goes to school Lucy Cousins: - Maisy goes swimming - Maisy goes to bed Korky Paul & Valerie Thomas: Winnie the witch Penny Dale: Ten in the bed David Mc Kee: Elmer Michael Rosen & Helen Oxenbury: We´re going on a bear hunt Merger Mayer: I was so mad Dr. Seuss: The foot book Fachliteratur BLEYHL, W. (2000): Fremdsprachen in der Grundschule – Grundlagen und Praxisbeispiele. Hannover: Schroedel BUNDESVERBAND LEGASTHENIE e. V. (1990): Legasthenieprobleme im Fremdsprachenunterricht. Hannover F 52 FISCHER, A., SANTELLANI, M. VOGT, C. (2001): Englisch kompakt. 3./4. Jahrgangsstufe. Puchheim: pb ZANDER, G. (2002): LRS-Förderung im Englischunterricht. Mülheim a. d. Ruhr: Verlag an der Ruhr Zander, G. (2002): Besser Englisch lernen trotz Lese-Rechtschreib-Schwäche. Mülheim a. d. Ruhr: Verlag an der Ruhr 3.3 Mathematik Schwerpunkte sprachtherapeutischen Unterrichts - Förderwirksame Auswahl von Lerninhalten - Versprachlichen von mathematischen Situationen und Rechenoperationen - Förderung der Begriffsbildung und spezifischer sprachlicher Strukturen Schüler mit dem Förderschwerpunkt Sprache können häufig in der Auseinandersetzung mit ihrer Umwelt Zusammenhänge und Ordnungen nicht ausreichend entwickeln. Es treten Schwierigkeiten auf, Handlungsschritte in ihrer Abfolge zu erkennen und in mathematische Operationen zu übersetzen. Die Herstellung eines konkreten Handlungsbezugs ist deshalb in allen drei Bereichen des Mathematikunterrichts (Arithmetik, sachbezogene Mathematik, Geometrie) von großer Bedeutung. Mit Hilfe der Sprache werden Verhältnisse in Zeit und Raum benannt und geordnet. Ein Schwerpunkt des Unterrichts liegt in der mathematischen Begriffsbildung (vgl. Lehrplan zum Förderschwerpunkt Sprache). 3.3.1 Sprachliche Fördermöglichkeiten im Bereich Arithmetik Das Angebot von Zahlengedichten, -sprechversen und -liedern macht Schülern im ersten Schuljahr große Freude und erleichtert das Einprägen von Zahlnamen und Zahlenfolgen. Beispiele dazu finden sich in Büchern mit Fingerversen und Abzählreimen. F 53 Zauberspruch für alle Fälle Was die Zahlen machen Ohne Zittern, ohne Zagen Die ... fährt nach Mainz. dreimal "Hokuspokus" sagen, Die ... isst ein Ei. dreimal mit dem Kopfe nicken, Die ... kocht Brei. dreimal um die Ecke blicken, Die ... malt einen Stier. dreimal trocken runterschlucken, Die ... hat bunte Strümpf. dreimal mit der Nase zucken, Die ... ist eine Hex. dreimal mit dem Fuße wippen, Die ... ist da geblieben. dreimal mit den Fingern schnippen, Die ... hat gelacht. dreimal fest die Daumen drücken - Die ... geht Blumen streu´n. diesmal soll mir alles glücken! Die ... muss gehen. Hilfen zur Mengenerfassung bis 20 in Verbindung mit Sprechversen und handlungsorientiertem Lernen bietet auch der "Kieler Zahlenaufbau" (ROSENKRANZ 2001). Lautes Zählen (vorwärts, rückwärts, in Zahlensprüngen) in jedem Zahlenraum sichert die Abfolge der Zahlnamen. Auch das häufige laute Vorlesen von Zahlen (HZE) und Rechenaufgaben unterstützen das Einüben und Stabilisieren der mathematischen Sprechweisen: Statt "2 und 2 gibt 4" heißt es "2 plus 2 ist gleich 4". Abgesehen von der richtigen Sprechweise ist es wesentlich, dass es Kindern gelingt, zu einer Rechenoperation eine Rechengeschichte zu finden und umgekehrt. Sehr hilfreich für das Einprägen der Bedeutung von Rechenzeichen ist die Einführung über Metaphern wie z. B. Minus-Elster/-Räuber und Plus-Kuckuck/-Prinzessin. Die Kinder sollen immer wieder die Rechenzeichen mit eigenen Worten erklären: "plus" heißt, es kommt etwas dazu (Geste: mit beiden Händen das Pluszeichen bilden), „minus“ heißt, es wird etwas weggenommen (Geste des Wegnehmens). Nicht nur im Anfangsunterricht ist die Systematisierung der eingebrachten Vorkenntnisse der Kinder mit dem Ziel wichtig, die formale Sprache der Mathematik zu erarbeiten. Es werden z.B. erlebte "Minus-Situationen" gesammelt und in Rechenaufgaben umgewandelt: Von 12 Kuchenstücken hat Basti vier gegessen (12 – 4 = 8), Anne hat eines von ihren acht Büchern F 54 verschenkt (8 – 1 = 7) und Alex hat nur noch zehn von früher einmal fünfzehn Stiften im Federmäppchen. (15 – x = 10). Besonders wichtig ist die Anbahnung des handlungsbegleitenden Sprechens, etwa bei Aufgaben mit Zehnerübergang, das vom lauten zum inneren Sprechen und damit zum Denken führt (vgl. Ausschnitte zur "Verbalen Selbstinstruktion" sowie die Vorgehensbeschreibungen "Plusaufgaben über die Zehn" und "Minusaufgaben unter die Zehn"). Beispiel für verbale Selbstinstruktion Handlungsbegleitendes Sprechen unterstützt die Planung und Steuerung mathematischer Handlungen und führt über das innere Sprechen zum Denken. In der Regel erwirbt das Kind diese Fähigkeit über die Methode der Selbstinstruktion. Wesentliche Trainingselemente sind: - Der Trainer führt als Modell eine Aufgabe selbst durch, während er laut zu sich selbst spricht (Modellverhalten). - Das Kind führt die gleiche Aufgabe durch, während der Trainer es laut instruiert. - Das Kind führt die Aufgabe durch, während es sich selbst laut instruiert – zunächst mit Hilfestellung des Trainers. - Das Kind führt die Aufgabe durch, sich selbst dabei flüsternd instruierend. - Das Kind führt die Aufgabe durch und denkt nur noch die Instruktion. Inhalte der verbalen Selbstinstruktion - Aufgabenanalyse: Was soll ich tun? Was ist meine Aufgabe? - Materialanalyse: Was weiß ich schon? Ich kann mir einen Plan machen. - Zielanalyse: Was will ich erreichen? Bin ich auf dem richtigen Weg? - Aufforderung zum Zeit lassen: Ich kann mir jetzt ruhig Zeit lassen. Ganz genau hinsehen. Hauptsache, es wird richtig. - Formulierung von Teilzielen: Bis hierher ist es schon richtig. Was ist der nächste Schritt? - Konfliktanalyse: Warum habe ich jetzt Schwierigkeiten? Was stört mich im Moment? - Bewältigung von Frustration und Misserfolg: Halt, jetzt habe ich einen Fehler gemacht, am besten beginne ich noch einmal von vorne. Fehler kann man verbessern. Das ist nicht so schlimm. Ich kann das schon, wenn ich ganz genau hinsehe. Auch wenn mir am F 55 Anfang ein Fehler unterlaufen ist, habe ich die Aufgabe doch noch richtig zu Ende geführt. - Bewertung von Ergebnissen/Selbstbekräftigung: Bis hierher habe ich es geschafft. Das habe ich gut gemacht. Ich freue mich, dass ich mir so viel Mühe geben kann. - Einplanen von Pausen: Ich habe keine Lust mehr. Gleich werde ich erst einmal eine Pause machen. vgl. KROWATSCHEK 1994 Abb. 21 Selbstinstruktion für Plus- und Minus-Aufgaben mit Zehnerübergang Auch im Bereich der Arithmetik kann und soll die Kommunikation der Kinder in Lerngruppen zugelassen und gefördert werden: Wie kann eine vom Rechenweg her zunächst unbekannte Rechenaufgabe gelöst werden? Ein Beispiel aus der 2. Klasse: Die Kinder können bereits Aufgaben des Typs ZE + ZE ohne Zehnerübergang lösen und kennen den Zehnerübergang vom Rechnen über den ersten Zehner. Nun sollen sie im Austausch mit der Lerngruppe herausfinden, wie eine Aufgabe des Typs ZE + ZE mit Zehnerübergang gelöst werden könnte. F 56 3.3.2 Sprachliche Fördermöglichkeiten im Bereich Sachbezogene Mathematik Gerade dieser mathematische Lernbereich bietet vielfältige Möglichkeiten, intensiv an und mit Sprache zu arbeiten. Am Ausgangspunkt jeder Unterrichtsplanung und -gestaltung steht die konkrete Handlungssituation und damit die Schaffung von Erfahrungshintergründen, die den Schülern oft nicht in ausreichendem Maß zur Verfügung stehen. Sachbezogene Mathematik beinhaltet deshalb weit mehr als das Bearbeiten von Textaufgaben. Nicht nur in den ersten Jahrgangsstufen muss darauf geachtet werden, dass keine "künstlichen" und für das Kind abstrakten Aufgabenstellungen berechnet werden sollen, wie so genannte "eingekleidete" Aufgaben (Zähle zu einer gedachten Zahl 4 dazu und teile danach durch 2. Das Ergebnis ist 4. Wie lautet die gedachte Zahl?) oder auch die bekannten - und unbeliebten - Aufgaben von zwei Zügen, die sich mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten von zwei Orten aus entgegenfahren und sich an einer zu berechnenden Stelle treffen. Dagegen haben die beiden folgenden Fragestellungen für die Schüler echte Relevanz und lohnen die Berechnung: Eine Schülerin will wissen, ob ihr Taschengeld für die Anschaffung eines neuen DiddlBlocks ausreicht. Die Frage auf der Fahrt in den Urlaub "Wann sind wir endlich da?" kann mit Hilfe der Abfahrtszeit und der wahrscheinlichen Fahrtdauer vom ungeduldigen Schüler selbst berechnet werden. Im Mittelpunkt des Unterrichts stehen deshalb die Erfassung und Mathematisierung von "echten" Situationen und das Aktivieren und Nutzen von Vorwissen. Erlebte Alltagssituationen können in Form von Rollenspielen reaktiviert und dadurch in den Unterricht getragen werden. Hier zeigen sich auch vielfältige Ansatzpunkte, um die sprachlichen Fähigkeiten für die Bewältigung solcher Alltagssituationen zu festigen und auszubauen. An kindgemäßen, wirklichkeitsnahen Situationen kann zunehmend Verständnis für sprachliche Inhalte entwickelt werden. Zusätzlich sind sprachliche und visuelle Strukturierungshilfen von Bedeutung: F 57 In Textaufgaben können die Wörter, die das Rechenzeichen enthalten (z.B. "verliert"), blau markiert, und Zahlenangaben, die für die Berechnung wichtig sind, grün markiert werden. Die Vorgabe eines zur Aufgabe passenden, aber unausgefüllten Rechenbaumes hilft, die Aufgabe vorzustrukturieren. Gleiches gilt für die Anleitung zur Anfertigung einfacher Lösungsskizzen. An das Berechnen von konkreten Handlungssituationen kann sich das Erzählen von Rechengeschichten zu einfachen Bildern anschließen, wie sie in vielen Mathematikbüchern für die erste Jahrgangsstufe zu sehen sind. Umgekehrt ist aber auch das Erfinden vielfältiger Geschichten zu einer vorgegebenen Rechenaufgabe für das Verständnis von Rechenoperationen wichtig: 3+2=5 ¾ Drei Kinder spielen Fußball. Zwei weitere wollen auch mitspielen. Jetzt sind es fünf Kinder. ¾ Drei Vögel sitzen am Baum. Zwei kommen noch dazu. Jetzt sind es fünf Vögel. ¾ Drei Knödel liegen schon auf Opas Teller. Oma legt noch zwei dazu. Jetzt liegen da fünf Knödel. ¾ Michi hat schon drei Bonbons. Er bekommt noch zwei geschenkt. Jetzt hat er fünf Bonbons. Wenn die Schüler mit dem Erzählen solcher Rechengeschichten vertraut sind, können sie sich auch gegenseitig auffordern: Benni, erzähl mir eine Fußballgeschichte/eine Vogelgeschichte/eine Knödelgeschichte zu der Aufgabe. Wird dann schließlich mit der Bearbeitung von Textaufgaben begonnen, sind zunächst die dazu nötigen Voraussetzungen abzuklären und zu sichern: Lesefähigkeit, Wortschatz, Verständnis von grammatikalischen Strukturen und Sprachverständnis. F 58 Nach der Abklärung des unbekannten und oft nur scheinbar bekannten Wortschatzes (Möglichkeiten dazu im Abschnitt "Sprachliche Fördermöglichkeiten im HSU") zeigt sich der Grad des Sinnverständnisses schnell, wenn die Aufgabe von mehreren Schülern mit eigenen Worten wiedergegeben wird. Wer hat die zugrunde liegende Situation umfassend beschrieben und dadurch gezeigt, dass er verstanden hat, worum es geht? Welche Bestandteile haben vielleicht gefehlt und auf welche Schwierigkeit weist das hin? Dies ist nicht im Sinne von Fehlerorientierung gemeint, sondern als förderdiagnostischer Fingerzeig. Auch müssen für die Berechnung von Textaufgaben wesentliche von unwesentlichen Informationen etwa durch Streichen und/oder Unterstreichen getrennt werden können. Der dunkelhaarige, sehr beliebte Fußballspieler N.N. ist 17 Jahre alt. Er spielt schon seit acht Jahren bei seinem Verein. In den acht Spielen dieser Saison war er jeweils ca. 30 Minuten im Einsatz. Bei seinem 16jährigen Freund prahlt er: "Ich habe in dieser Saison insgesamt schon mehr als sieben Stunden gespielt." Stimmt das? Eine große Hilfestellung ist das Sammeln und Zuordnen von passenden Verben zu den Rechenzeichen: plus - schenken, finden, gewinnen, kaufen; minus - verlieren, ausgeben, weggehen etc. Auch das sprachliche Vereinfachen von Texten kann geboten sein, indem beispielsweise lange Satzkonstruktionen mit Nebensätzen in mehrere kürzere Sätze umformuliert werden. 3.3.3 Sprachliche Fördermöglichkeiten im Bereich Geometrie Die immer in Verbindung mit konkretem Material und/oder Handlungen stehenden Inhalte des Lernbereiches Geometrie lassen sich besonders gut in offenen Unterrichtssituationen erfahren und erfassen. Dabei sind die Schüler hochmotiviert, die als Rätsel- und Knobelaufgaben empfundenen Aufgabenstellungen zu lösen und sich über Lösungsmöglichkeiten auszutauschen. Der Schwerpunkt sprachtherapeutischen Geometrieunterrichts ist die Begriffsbildung vor dem Hintergrund konkreten Umgangs mit Material. Die Basis für Raumvorstellungen bildet F 59 ein gesichertes Körperschema, da z.B. Raumbegriffe wie links/rechts oder vorne/hinten immer in Bezug auf den eigenen Körper zu sehen sind. Auch die Arbeitsrichtungen - von oben nach unten und von links nach rechts - sind keineswegs bei allen Schulanfängern gesichert. Weitere Begriffsarbeit ist notwenig bei der Benennung von Formen (Rechteck, Quadrat, Viereck, Dreieck, Kreis, Kugel, Quader, Würfel etc.), Formenteilen (Seite, Ecke, Kante, Winkel) und Eigenschaften (dreieckig, rund, spitz, gerade, gekrümmt etc.). Eine reizvolle und anspruchsvolle Aufgabe ist die Beschreibung einer verdeckt gelegten Tangram- oder Würfelfigur, so dass ein anderes Kind diese nachlegen kann. Ebenfalls sehr anspruchsvoll ist die Beschreibung von Faltvorgängen. Zur Einführung spricht die Lehrerin handlungsbegleitend, während sie den Faltvorgang demonstriert. Anschließend faltet ein Schüler und spricht selbst dazu. Später können die Abbildungen die Vorgangsbeschreibung unterstützen. Am Schwierigsten ist das Falten einer Figur allein aufgrund einer mündlichen oder schriftlichen Beschreibung ohne visuelle Unterstützung. Hier ist Sprachverständnis auf hohem Niveau gefordert und die Verfügbarkeit der notwendigen Begriffe wie Mittellinie, Ecken, Seiten etc. ist unabdingbare Voraussetzung. Faltanleitung für einen Hut ¾ Nimm einen Bogen Zeitungspapier und falte ihn auf halbe Größe. ¾ Drehe das Blatt so, dass der Knick oben liegt. ¾ Halbiere das Blatt noch einmal. ¾ Falte es dann aber wieder auf. ¾ Jetzt siehst du eine Mittellinie. ¾ Nun knickst du die beiden oberen Ecken gleichmäßig von rechts und links nach unten. ¾ Sie müssen an der Mittellinie zusammen treffen. ¾ Den unteren Rand biegst du auf der Vorder- und Rückseite nach oben. Fertig ist der Hut! F 60 Zum Weiterlesen - AKADEMIE FÜR LEHRERFORTBILDUNG UND PERSONALFÜHRUNG (1998): Rechenschwäche. Unterrichtspraktische Förderung. Dillingen - FALKNER, H. (1999): Wie viele Pinguine passen in einen Fahrstuhl? München: Oldenbourg - KROWATSCHEK, D. (1994): Marburger Konzentrationstraining. Dortmund: borgmann - RADATZ, H., SCHIPPER, W., DRÖGE, R., EBELING, A. (1996): Handbuch für den Mathematikunterricht. Hannover: Schroedel - ROSENKRANZ, C. (2001): Kieler Zahlenbilder – Zahlenraum 1 bis 20. Kiel: Veris-Verlag GmbH - STAATSINSTITUT FÜR SCHULPÄDAGOGIK UND BILDUNGSFORSCHUNG (1997): Handreichung zum Sachrechnen in den Jahrgangsstufen 3 und 4. Donauwörth: Auer 3.4 Sachfächer Schwerpunkte sprachtherapeutischen Unterrichts - Förderwirksame Aufbereitung von Lerninhalten - Versprachlichen von Erkenntnissen - Förderung der Begriffsbildung und spezifischer sprachlicher Strukturen Kinder mit dem Förderschwerpunkt Sprache erschließen sich die sie umgebende Sachwelt unter erschwerten Lernbedingungen. Deshalb sind für sie die grundlegende Erarbeitung von Sachthemen, der sachbezogene Umgang mit den Lerninhalten und die Sicherung von Begriffen von besonderer Bedeutung. Die Lernumgebung wird so gestaltet und der Lerngegenstand so strukturiert, dass die Kinder sukzessive in Sachverhalte und Probleme hineingeführt werden, um das Wesentliche zu erfassen. Die dabei gewonnenen Erkenntnisse können dann sprachlich sachgerecht darge- F 61 stellt werden. Dafür sind Satzstrukturen des Vermutens (Ich glaube, das ist ...), des Begründens (...weil...) und des Folgerns (Wenn ..., dann ...) aufzubauen und zu festigen. Damit werden sprachliche Modelle zur Verfügung gestellt, die auf ähnliche Situationen übertragbar sind. Ausgangspunkt für die sprachtherapeutische Unterrichtsplanung und -gestaltung in den Sachfächern sind nicht die Förderziele der Schüler sondern der Lerninhalt. Ausgehend von den Fördermöglichkeiten, die dieser bietet, werden unter Beachtung der sprachlichen Notwendigkeiten in den Bereichen Artikulation, Wortschatz, Grammatik und Sprachverwendung Förderziele abgeleitet, die in den Sachfächern erst die Versprachlichung, Speicherung und Abrufbarkeit von Gelerntem ermöglichen. Dabei muss unmittelbar an der Sprache gearbeitet werden, um in diesem Bereich Veränderungen zu bewirken. Auch eine noch so breit angelegte Förderung in nicht-sprachlichen Bereichen kann keine entscheidenden sprachlichen Lernprozesse auslösen. 3.4.1 Fördermöglichkeiten im Bereich Grammatik Systematisch eingeübt werden sollen die sprachlichen Strukturen zum Beschreiben von Handlungsabfolgen. Eine Hilfe für die Versprachlichung, etwa bei einer Wiederholung am Beginn der nächsten Unterrichtsstunde, können Satzstreifen und Stichworte sein, die in die richtige Reihenfolge gebracht werden müssen. Dem erschwerten Lernen von Schülern mit dem Förderschwerpunkt Sprache kommt dabei eine Abstufung vom kontextgebundenen, handlungsbegleitenden Sprechen hin zum Versprachlichen nicht-gegenwärtiger Sachverhalte entgegen. ¾ Zuerst erklärt ein Schüler die Funktionsweise des Stromkreises, indem er mit Batterie, Draht und Glühbirne hantiert, diese richtig zum Stromkreis verbindet und handlungsbegleitend dazu spricht. ¾ Dann kann ein Schüler ohne begleitendes Handeln, aber den funktionstüchtigen Stromkreis vor Augen, nochmals den Ablauf beschreiben. ¾ Eine weitere Beschreibung kann anhand von Verlaufsskizzen erfolgen. F 62 ¾ Die höchste Anforderung stellt die Aufgabe der Beschreibung ohne jede Veranschaulichung z.B. am nächsten Tag aus dem Gedächtnis. Dazu müssen als Voraussetzung für eine Beschreibung innere Bilder abgerufen werden, die nur durch den eigenen handelnden Umgang entstehen konnten. Auch die Strukturierung von Lernsituationen durch visuelle Hilfen (Pfeile, Abdecken, Lupe, farbige Markierungen) unterstützt das Lernen ebenso wie die Veranschaulichung durch Bilder, Skizzen oder Symbole. Abb. 22 Lernhilfen im Heimat- und Sachunterricht Der Aufbau von Denkstrukturen wird durch eine vielseitige, immer stärker abstrahierende Begriffsbildung unterstützt. Dadurch wird die Sprache in ihrer Darstellungsfunktion (Symbolfunktion) als ein Reden über Dinge ausgebaut. Reizvoll und kognitiv wie sprachlich anspruchsvoll sind Diskussionen über hypothetische Ereignisse und deren Folgen: Was wäre, wenn ... Was wäre, wenn ein "echter" Zauberer ... über Nacht die Elektrizität verschwinden wür- den Kindern die Möglichkeit geben würde, de? sich einmal am Tag eine halbe Stunde lang unsichtbar zu machen? Was wäre, wenn... Was wäre, wenn ein "echter" Zauberer ... den Jugendlichen über Nacht die Regierung die Sonne nicht mehr untergehen lassen übergeben würde? würde? F 63 Für jeden Unterrichtsinhalt sind Sprechanlässe für die Schüler zu schaffen, beispielswiese in (kleinen) Projekten. Zum Thema „Ägypten“ können fächerintegrativ verschiedene Schwerpunkte behandelt werden und Grundlage für Diskussionen und Vorträge bilden: ¾ Szenisches Spiel auf einem ägyptischen Marktplatz: Ein Interviewer befragt verschiedene altägyptische Berufsgruppen zu ihrem Leben, ihrem Beruf....; die jeweiligen Personen antworten ¾ Vorarbeit: Rollenkarten mit Berufsbeschreibung in leicht verständlicher Sprache, Text gegenseitig vorlesen und in die erste Person umformulieren; Erarbeitung möglicher Fragestellungen für den Interviewer ¾ Erarbeitung von Kurzvorträgen zu einzelnen Themenschwerpunkten: der Nil, ägyptische Götter, Berufe in Ägypten, ... ¾ Für die Schüler sind die gezielte Auswahl und Vereinfachung von Quellentexten, sowie im Anschluss eine Unterstützung bei der Ausarbeitung des Kurzvortrags bzw. ein Üben des Vortrags nötig. Die Vereinfachung von Sachtexten unterstützt Kinder und Jugendliche ebenfalls beim Lernen, indem z.B. Begriffe vereinfacht oder erklärt, grammatikalische Stolpersteine reduziert und Sätze insgesamt verkürzt werden. Auch eine ausreichend große und lesbare Schrift ist hilfreich beim Lesen und damit Verstehen von Texten. 3.4.2 Fördermöglichkeiten im Bereich Wortschatz und Begriffsbildung Die Verfügbarkeit eines sachangemessenen Wortschatzes ist in den Sachfächern von besonderer Bedeutung. Zu Beginn der Unterrichtsplanung ist deshalb die Frage zu stellen, welcher Wortschatz bei dem zu erarbeitenden Lerninhalt im Mittelpunkt steht. Dabei dürfen sich die Überlegungen nicht nur auf Substantive beschränken. F 64 Bäume des Waldes (3. Jgst.): Substantive: Nadelbaum, Laubbaum, Rinde, Ast, Zweig, Blatt, Nadeln, Zapfen, Bucheckern etc. Verben: wachsen, fällen, sägen, entrinden, hobeln etc. Adjektive: groß, klein, mächtig, zierlich, schlank, alt, jung etc. Ausgangspunkt ist zunächst das konkrete Handeln bzw. der Umgang mit der Wirklichkeit. Erst an zweiter Stelle stehen Modelle oder Bilder, die ebenfalls noch veranschaulichenden Charakter haben, und an letzter Stelle reine Texte. Dieser themenorientierte Wortschatz soll möglichst so konkret angeboten werden, dass der Kontext die Bedeutung klärt (z.B. bei den Bäumen im Pausenhof oder bei einem Unterrichtsgang in den Wald). Dabei wird der Wortschatz den Schülern inhaltlich und - soweit nötig sprechtechnisch vertraut. In einem den bekannten Wortfeldern ähnlichen so genannten "semantischen Feld" findet der neue themenbezogene Wortschatz situationsbezogene Anwendung und wird zunehmend verankert. Verschiedene Umschreibungen von Begriffen helfen, Verbindungen zum eigenen lexikalischen Wissen herzustellen. Mehrere Schüler beschreiben, was eine "Glühbirne" ist und tragen durch diese Sammlung lexikalischer Merkmale des Wortes zu einer zunehmend differenzierteren Begriffsbildung bei: - Die ist aus Glas und leuchtet. - Innen ist ein aufgedrehter Draht. - Eine Lampe braucht eine Glühbirne zum Leuchten. Alternativfragen der Lehrkraft beziehen Kinder aktiv in die Bedeutungsklärung ein: "Ist Salami eine Wurst- oder eine Käsesorte?" F 65 Auch kann ein Schüler durch Nachfragen (Ist das eine Blume?) oder durch Alternativfragen (Ist das eine Laubbaum oder ein Nadelbaum?) zur Äußerungskorrektur bewegt werden. Mittels zahlreicher Spielformen lassen sich Fragestrategien einüben. Ratespiel: "Ich sehe was, was du nicht siehst". Die Fragen der Schüler zeigen, ob sie in der Lage sind, nach Oberbegriffen (Ist es ein Mensch?) oder übergreifenden Eigenschaften (Kann man es essen?) zu fragen. Spiel "Rategarten" (Ravensburger Mitbringspiel) für jüngere Schüler Spiel: "Personenraten" mit vielfältigen Abwandlungen, z.B. auch als "Bäumeraten" Hat er ...? Ist er ...? Zusätzliche Sinnstützen erleichtern es, den Begriff in Beziehung zu anderen, bereits bekannten Merkmalen zu setzen: Salami kann ich im Supermarkt kaufen und beim Metzger. Ich kann die Salami aufschneiden und aufs Brot legen. Wichtig für die Erweiterung des Wortschatzes und der Begriffsbildung ist es, Begriffe durch andere ersetzen lassen. Dabei können direkte Synonyme oder Wörter mit ähnlichen Bedeutungen gesucht und die oft nur feinen Bedeutungsunterschiede herausgearbeitet werden. Wer weiß ein Wort, das das Gleiche oder etwas Ähnliches wie DOM bedeutet? KIRCHE und KAPELLE - und was unterscheidet diese voneinander? Und schließlich sollte nach Möglichkeiten gesucht werden, das erarbeitete Wortmaterial in anderen Situationen anzuwenden. Der erarbeitete Wortschatz aus dem semantischen Feld "Bäume des Waldes" kann z.B. in einem Gespräch oder Interview mit einem Förster angewandt werden. F 66 Zum Weiterlesen ANDRESEN, U. (1998): Das zweite Schuljahr – In der Schule leben, in der Schule lernen. Weinheim, Basel: Beltz und weitere Bücher von Ute Andresen! ARDLEY, N. (1998): 101 Spannende Experimente aus Wissenschaft und Technik. Bindlach: Loewe GRIMM, H. (o.J.): …. und weiter geht´s mit allen Sinnen. Bd. 1: miteinander leben, lernen, lachen. Bd. 2: Pflanzen, Tiere, Welt entdecken. Lichtenau: AOL Zeitschrift SACHE- WORT- ZAHL. Köln: Aulis F 67 4. Lehrersprache Schwerpunkte sprachtherapeutischen Unterrichts - Lehrersprache als Modell - Lehrersprache als Hilfe zum Sprachverständnis In Kooperationsklassen hat die Lehrersprache Modellfunktion und Vorbildcharakter. Die Lehrkraft setzt ihre Sprache im Hinblick auf die sprachliche Förderarbeit als Verständnishilfe und therapeutisches Mittel ein. Sie ermöglicht durch ihr sprachliches Vorbild das Lernen am Modell. Der gezielte Einsatz der Lehrersprache setzt folgende allgemeine Merkmale voraus: ¾ Klare, lautreine und nicht zu schnelle Artikulation ¾ Sprachniveau nur etwas über dem der Kinder ¾ Kurze, einfache Arbeitsanweisungen und Vermeiden von Aufforderungsketten Nicht so: Bevor du dein Buch herausholst, steckst du erst deine Stifte ins Federmäppchen und legst dann das blaue Heft auf den Tisch. ¾ Arbeitsanweisungen von mehreren Kindern wiederholen lassen ¾ Sprachlich und stimmlich so weit wie möglich zurücknehmen o Erhöhung des Sprachumsatzes der Schüler ¾ Sprechen in gemäßigter Lautstärke und nicht in Unruhe hinein ¾ Einsatz von Gestik, Mimik und Piktogrammen sowie akustischen und optischen Signale (Gestik: Hand heben für „Leise sein“; Piktogramm: Ohr für genau zuhören; akustisches Signal: Klangschale für „Zur Lehrkraft schauen und aufpassen“; optisches Signal: Lichtschalter mehrmals betätigen für „Leise sein und zur Lehrkraft schauen“) ¾ Akzentuieren von Sprachsituationen durch bewusste Sprechpausen, Veränderungen des Sprechtempos und der Stimme (laut, leise, flüsternd), durch bewusste Wiederholungen einzelner Wendungen oder Begriffe F 68 ¾ Antlitzgerichtetheit: Kompensation auditiver Schwächen v.a. durch das Mundbild (o Halbkreis bei Erklärungen, Erzählungen; bei individuellen Hilfen Schüler von vorne ansprechen) ¾ Nicht immer zur ganzen Klasse sprechen. Wenn Sie nur ein einzelnes Kind oder eine Gruppe ansprechen wollen, gehen Sie dorthin und sprechen Sie leise. ¾ Aufmerksames Zuhören o zugewandte Körperhaltung, Blickkontakt (wichtig, um auf eine Äußerung modellierend reagieren zu können) ¾ Reaktion auf den Inhalt der Schüleräußerung, Aspekte der sprachlichen Form nur beiläufig verbessern ¾ Keine explizite Verbesserung der sprachlichen Fehler der Kinder mit Zwang zum Nachsprechen Neben diesen allgemeinen förderlichen Merkmalen dient die Lehrersprache in Kooperationsklassen auch der sprachtherapeutischen Förderung. In dieser Form wird sie vorrangig von der Sonderschullehrkraft geplant und eingesetzt. 4.1 Einsatz von handlungsbegleitendem Sprechen (vgl. Mathematik) 4.2 Hörmodelle, die den kindlichen Äußerungen vorausgehen Hörmodelle sind unterrichtlich einzuplanen und haben intentionale Qualität. Die Lehrkraft überlegt sich Zielsätze, die sie in der Absicht spricht, dass das Kind den Zielsatz als Modell wahrnimmt und mit der Zeit gebraucht. F 69 Präsentation Lehrkraft präsentiert Zielstruktur z.B. in Bilderbüchern (Chamäleon Kunter- z.B: aus einem Handlungskontext her- bunt) aus, der eine Vermutung oder eine Fest- Wenn das Chamäleon auf den Tisch geht, stellung nach sich zieht dann wird es braun... (optische Sprachstütze o Formulierungshilfe, die an der Tafel fixiert ist) Parallel- Die Lehrkraft spricht parallel zu einer Der Eisbär möchte gerne ........ sein. Sprechen Handlung oder Situation, mit der der Er hat den Schwanz vom Fuchs bekomSchüler gerade beschäftigt ist. men. Alternativ- Zwei Modelle einer Struktur werden den ¾ Wortschatz: „Ist balancieren hüpfen fragen Schülern angeboten. oder ganz, ganz vorsichtig gehen?“ ¾ z.B. Präpositionalphrase im Akk./Dat.: „Ist Peter im Klassenzimmer oder in der Turnhalle?“ Im Unterricht gibt es viele Möglichkeiten, Kinder zum Gebrauch von Fragen zu veranlassen: Eine Überschrift wird nur durch Buchstabenstriche vorgegeben; Kinder fragen die Lehrkraft: „Ist da vielleicht ein ... dabei?“ Kimspiel zur Sicherung des Wortmaterials: Lehrkraft deckt ein Wort an der Tafel ab; Kinder fragen: Haben Sie ... zugedeckt? 4.3 Sprachmodelle, die den kindlichen Äußerungen nachfolgen Diese Modelle werden im Unterricht zur Korrektur eingesetzt. Die Lehrkraft reagiert auf eine fehlerhafte Schüleräußerung, indem sie Feedback gibt. Das Kind muss die richtige Struktur nicht nachsprechen. Teilweise imitieren die Kinder sie spontan. F 70 Expansion Unvollständige Schüleräußerungen wer- z.B. Auslassung von Verben: „Stift weg“ o den unter Verwendung der Zielstruktur „Ja, der Stift ist weg. vervollständigt. Der Stift ist auf dem Boden ...“ korrektives Kindliche Äußerungen werden mit berich- z.B. Verbzweitstellung mit Modalverben: Feedback tigter Zielstruktur wiedergegeben. „Die Mama nicht kommen muss.“ o „Nein, die Mama muss nicht kommen.“ Hierzu gehört, dass Stammelfehler der Brauch‘ ich den roten /Stift/? Schüler richtiggestellt werden, wobei die Ja, den roten /Schtift/ entsprechende Lautgebärde als Artikula- (o Das Aufgreifen des ganzen Satzes tionsstütze dienen kann. wäre hier nicht sinnvoll, da es um die Aussprache von /Stift/ geht.) modellierte Die Äußerung des Kindes wird von der Sch: Wir muss uns beeilen. Selbst- Lehrkraft aufgegriffen und bei ihr selbst L: Stimmt, wir muss ..... ach nein: Wir korrektur korrigiert. müssen uns beeilen. (Subjekt-Verb-Kongruenz) Diese Modellierungstechnik ist eher für Einzelsituationen geeignet. In der Klasse stört sie den Kommunikationsfluss. Extension Die Äußerung des Schülers wird durch z.B. Verb-Zweit-Stellung: die Lehrkraft semantisch weitergeführt. Der Hund da bellen. L: Der Hund bellt, aber er beißt nicht. F 71 5. Das Tafelbild als Hilfe zur Sprachförderung Das Tafelbild leistet als unterrichtliches Medium einen wichtigen Beitrag für die Förderung sprachlicher Strukturen. Allgemein ist die Tafel eine methodische und organisatorische Lernhilfe. Sie strukturiert sowohl den Lernweg (Zielangabe, Teilziele und Arbeitsplan, Festhalten von Teilergebnissen) als auch die Lernergebnisse (grafische Darstellung von Beziehungen, Akzentuierung durch Einrahmen, Unterstreichen, Schriftgröße). Eine durchdachte Auswahl und übersichtliche Anordnung der angeschriebenen Elemente ist dabei besonders wichtig: Durch die Überschrift wird das Thema der Unterrichtsstunde mitgeteilt. Die nachfolgenden Teilüberschriften, Sätze, Wörter oder Bilder lassen erkennen, welche stoffliche Auswahl getroffen wurde. Eine klare Strukturierung dient häufig auch als Grundlage der Versprachlichung. Beispiel: Die Lehrkraft gibt den Impuls: „Du weißt wie der Löwenzahn aussieht.“ Blüte Der Löwenzahn hat ____ Abb. 23 Das Tafelbild als Strukturierungshilfe Daneben können Impulse zum Denken gegeben werden (Stichwörter, Fragen, Überschriften, Bilder, Symbole...). Häufig wird das Symbol einer Glühbirne verwendet, um zu eigenen Ideen anzuregen. Die Tafel bietet auch eine schriftsprachliche Unterstützung bei der Wortschatzarbeit. Neue Begriffe oder Begriffe, die einige Kinder noch nicht kannten, können dort mit Silbenbögen und Farbe fixiert und immer wieder aufgegriffen werden. An der Tafel können auch Satzanfänge für gezielte Satzstrukturen schriftlich fixiert sein und den Schülern als Formulierungshilfe dienen: F 72 - „Es könnte _____ sein (, weil)“. o z.B. bei Dalli- Klick-Bildern, bei älteren Schülern mit Begründung - „Ich vermute, dass__“ o als Einstiegshilfe für Vermutungen - „Mir hat gut gefallen, dass__“ o zur Reflexion von Lerninhalten - „Wenn____, dann____“ o Formulierungshilfe bei Themen aus HSU (Wenn der Stromkreis geschlossen ist, dann leuchtet das Lämpchen) Auch an Seitentafeln können Hilfen zur Versprachlichung angebracht werden: Die Tafel als Strukturierungshilfe: Wetter An Seitentafeln können Symbole für verschiedenes Wetter angebracht werden. Am Morgen können die Schüler das Wetter beschreiben. Um Fragen zu üben, fragen die Schüler nach dem Wetter. Wie ist das Wetter heute? Heute ___ Die Tafel als Strukturierungshilfe: Tagesplan In vielen Klassenzimmern hängt ein Tagesplan bzw. Stundenplan. Er bietet Anlass zum Versprachlichen. Bei jüngeren Kindern kann die Subjekt-Verb-Kongruenz und Inversion von Sätzen geübt werden (In der ersten Stunde/zuerst rechnen wir, dann..). Bei älteren Schülern lässt sich am Tagesplan auch das Passiv üben: Zuerst wird gerechnet… F 73 Rechnen Zuerst rechnen wir. Dann lesen wir. Lesen Zuerst wird gerechnet, Dann wird gelesen. Schreiben Malen Daneben können auch Kinder aktiv in die Gestaltung und Nutzung des Tafelbildes miteinbezogen werden. ¾ Brain-Storming: Schüler dürfen zu einem Thema kurze Zeit im Wechsel Ideen an die Tafel schreiben ¾ Hypothesen festhalten und später überprüfen ¾ Auf den Tafelrückseiten arbeiten und vergleichen ¾ Selbstkontrolle durch Lösungen auf der Tafelrückseite, die bei Bedarf von einzelnen Kindern genützt werden kann ¾ Die Lehrkraft kann mit einzelnen Kindern als Differenzierungsmaßnahme an der Tafel arbeiten ¾ Zur Wiederholung und Neuorganisation von Wissen: Bild- und Wortkarten neu ordnen, zuordnen, ergänzen