Warum Musikstudenten trotz des Risikos spielbedingter

Transcription

Warum Musikstudenten trotz des Risikos spielbedingter
6
A. Park et al. - Warum Musikstudenten trotz Risiko von PRI weitermusizieren
Warum Musikstudenten trotz des Risikos spielbedingter
Verletzungen weitermusizieren
Anna Park, MSc (OT), Christine Guptill, MS (OT), and Thelma Sumsion, PhD, OT
Reg (Ont), London, Canada
Abstrakt
Musik ist eine Beschäftigung, die kultur- und
gesellschaftsübergreifend seit Jahrtausenden
existiert. Was Musik bedeutet und wie sie gebraucht wird unterscheidet sich, basierend auf
dem jeweiligen Sinnzusammenhang des Lebens eines Individuums. Hauptfachstudenten
der Musik verfolgen Musik oft als zukünftiges
Karriereziel trotz der Tatsache, dass spielbedingte Verletzungen ein bedeutsames Risiko
für diese Beschäftigungsgruppe darstellen und
ihre Karrieren beenden könnten. Der Zweck
dieser Studie war herauszufinden warum Musikhauptfachstudenten trotz des Risikos spielbedingter Verletzungen Musik studieren. Diese
qualitative Studie verfolgte einen naturalistischen Ansatz und Fokusgruppen um Datenmaterial zusammenzutragen. Neun Studenten
nahmen an zwei Fokusgruppensitzungen teil.
Die Daten wurden Wort für Wort transkribiert
und auf Leitmotive hin analysiert. Die Ergebnisse der Studie weisen darauf hin, dass sowohl persönliche wie auch umfeldbedingte
Faktoren die Entscheidung der Teilnehmer
weiter zu musizieren beeinflussen. Einige Studenten waren sogar bereit unter Schmerzen zu
spielen, was sich konträr zur Maslowschen
Theorie der menschlichen Bedürfnisse verhält,
und viele Studenten hatten Schwierigkeiten
damit
auf
eine
wünschenswerte
Gesundheitsversorgung zuzugreifen. Obwohl eine
Verletzung das Musiziervermögen eines Studenten beenden könnte, transzendierte die
Beschäftigung mit der Musik selbst diese Gefährdung. Für etliche Musiker stellte Aufgeben
keine wünschenswerte Option dar. Diese Forschungsergebnisse beinhalten klinische Implikationen für Arbeitskräfte in der medizinischen
Versorgung im Hinblick auf eine Modifizierung
der Behandlung, die es ermöglicht auf die spezialisierten Bedürfnisse von Musikern einzugehen.
Mit freundlicher Nachdruckgenehmigung des Verlags Science & Medicine, Inc.: A. Park et al.: Why
Music Majors Persue Music Despite the Risk of
Playing-related Injuries. Med Probl Perform Art
2007; 22:89-96.
Übersetzung: Rebecca Schmid
Berufspsychologen arbeiten mit einem holistischen und patientenzentrierten Ansatz in der
Behandlung und bieten Interventionen wie
Kompensationsmethoden,
unterstützende
Hilfsmittel und Methoden zur Energiekonservierung an, welche es den Klienten ermöglichen können mit dieser hochgeschätzten Tätigkeit fortzufahren.
Einleitung
Musik ist eine universelle und zeitlose Form
von Kunst; der Genuss, der von Musik herrührt, existiert seit Jahrtausenden und überwindet alle Alter, Rassen, Kulturen und Gesellschaften. Musik wird häufig als Freizeitaktivität
betrachtet, aber für bestimmte Menschen stellt
Musik die Existenzgrundlage oder auch ein
Mittel zum Überleben dar. Mit anderen Worten,
Musik kann als Arbeit aufgefasst werden und
kann die vorrangige Aktivität sein, aus welcher
der Tag besteht.
Während das Spielen eines Instruments eine
Quelle der Leidenschaft darstellen kann, können die Aufführungsanforderungen physische
Belastungen für den menschlichen Körper
bedeuten. Untypische Körperhaltungen, Fingergriffe, Techniken oder Ansätze, Spieldauern und die Schwierigkeiten eines fortgeschrittenen Repertoires sind nur ein paar Beispiele
dafür, wie das Spielen eines Musikinstrumentes selbst die Leistungsfähigkeit geübter
Künstler herausfordern kann. Damit einher
geht das Risiko des Erwerbs einer spielbedingten Verletzung (playing-related injury: i.F. PRI),
die sich durch jedwedes muskuloskelettales
Schmerzsyndrom definiert, welches in Bezug
i
zu Überbeanspruchung steht. Musiker, die
sich im Studium befinden, könnten – zusätzlich
zu den physischen Anforderungen, welche das
Spielen ihres Instruments an sie stellt - Gefahr
laufen eine PRI zu entwickeln.
Die frühere und aktuelle Forschung über die
Musikstudentenschaft konzentriert sich hauptsächlich auf die epidemiologischen und physischen Aspekte der spielbedingten Verlet1-11
zungen.
Musikphysiologie und Musikermedizin 2008, 15. Jg., Nr. 1
Es tritt mehr und mehr zutage, dass eine große
Mehrzahl an Universitätsmusikern spielbedingte Verletzungen zu Zeiten in ihrer Karriere
bereits erfahren haben oder erfahren wer1,6,7,9
Ein systematischer Überblick bei
den.
Zaza untersucht das Auftreten und die Prävalenz von spielbedingten muskuloskelettalen
Funktionsstörungen erwachsener Musiker und
stellt fest, dass in den sieben zugelassenen
und untersuchten Studien die Prävalenz solcher Funktionsstörungen von 39% bis 87%
reicht.
Eine
Studie
über
College6
Musikstudenten von Guptill und Kollegen stellt
fest, dass 87,7% ihrer Teilnehmer bereits die
Erfahrung einer PRI gemacht hatten. Miller und
9
Kollegen verglichen Musikstudenten mit einer
Nicht-Musiker Kontrollgruppe und fanden heraus, dass von den beiden Gruppen die Musikstudenten eher von Schmerzproblemen in
den oberen Extremitäten berichteten. Aus diesem Grund lässt die Forschung erkennen,
dass PRIs eine reale und starke Gefahr für
diese Bevölkerungsgruppe darstellt. Interessanterweise ist das Feld der Medizin welches
auf PRI Prävention spezialisiert ist relativ neu,
trotz der Umstände, dass das Vorkommen
dieser Verletzungstypen bereits seit über ei7
nem Jahrhundert bekannt ist.
Eine PRI zu erleiden zieht viele Konsequenzen
nach sich, und besitzt das Potential die zukünftigen Ziele eines sich entwickelnden Musikers
zu zerstören. Eine interessante Frage die deshalb gestellt werden muss ist: Warum verfolgen Musikstudenten diesen Beruf? Als Arbeitspsychologen sind die Autoren der Meinung, dass Gesundheit die Teilnahme an Berufen beinhaltet, welche als jedwede bedeutungsvolle Tätigkeit, die jemandes Zeit in An12
spruch nimmt, definiert werden können. Arbeitspsychologen befassen sich mit dem „Tun“
und „Sein“ der Menschen, welche beides, ein
Mittel zu, und einem Indikator von, Gesund13
heit, sind.
Arbeitspsychologen benutzen manchmal die
theoretischen Bezugssysteme anderer Disziplinen um die Untersuchung menschlicher Arbeit
zu kontextualisieren. In dieser Studie wurde
Alexander Maslows humanistische Hierarchie
der Bedürfnisse benutzt um eine Erforschung
der Motivation von Musikstudenten trotz des
Risikos einer PRI weiterzumusizieren auszuarbeiten. Die fünf Stufen der Hierarchie sind in
aufsteigender Reihenfolge:
1. Physiologische Bedürfnisse
2. Sicherheit/ Sicherheitsbedürfnisse
3. Zugehörigkeit und das Bedürfnis
zu lieben/geliebt zu werden
7
4. Wertschätzung (des Selbst und
anderer)
14
5. Selbstverwirklichung.
Das letzte Bedürfnis ist die höchste Stufe unserer essentiellen menschlichen Natur; es ist
das Streben nach Gesundheit, Identität oder
voller Individualität, Wahrheit, schöpferischer
14
Kraft und Exzellenz. Nach Maslow müssen
niedrigere Bedürfnisstufen erfüllt sein, um das
Individuum angemessen zu befriedigen, damit
sie oder er sich den Bedürfnissen der nächsten Stufe zuwenden kann. Falls dies nicht der
Fall ist, wird das Bedürfnis an welchem es dem
Individuum ermangelt das Leben des Individuums als Hauptbeeinflussung dominieren, bis
15
dieses Bedürfnis gestillt wird.
Schmerzfreiheit wird als Sicherheitsbedürfnis,
und eine Musikkarriere zu verfolgen, laut Maslow, als eine höhere Bedürfnisstufe kategorisiert. Falls Maslows Theorie auf Musiker anwendbar ist, würde man erwarten, dass verletzte Studenten ihr Engagement in der Musik
unterbrechen um zukünftige Schmerzen zu
vermeiden. Ebenso könnte man bei solch einer
hohen Verbreitung an Verletzungen erwarten,
dass Studenten regelmäßige Konsumenten
von Gesundheitsdienstleistungen seien. Jedoch weisen Anzeichen bis jetzt auf eine geringe Frequenz an Gesundheitsvorsorgekon6
sultationen bei Studenten hin. Die Erfahrung
mit Musikstudenten einer der Forscherinnen
(C.G.) deutet darauf hin, dass sie trotz dieses
Risikos weiter auf dem Musikstudium beharren.
Diese Studie bemüht sich, die Einsicht in die
Gründe für die Arbeit mit der Musik trotz des
Verletzungsrisikos der Musikstudenten zu fördern. Die Studie wurde entworfen um den Wert
und die Bedeutung der Beschäftigung mit der
Musik für die Musikstudenten zu erforschen,
und um herauszufinden warum diese besondere Beschäftigung den fundamentalen Instinkt
der Schmervermeidung zu transzendieren
scheint. Die Resultate könnten Medizinern
dabei behilflich sein die komplexen Konsequenzen, die mit den PRIs und ihrem Einfluss
auf das Leben der Musiker zusammenhängen,
zu verstehen.
Methoden
Es wurde eine qualitative Studie, die mit einem
naturalistischen Ansatz operiert, durchgeführt.
Das Ziel dieser Studie war, die gelebte Erfahrung von Musikern im Studium, nicht aus Meinungen und Einstellungen, sondern aus der
Nutzung reichhaltiger lebensweltlicher Be16
schreibungen heraus, zu verstehen.
8
A. Park et al. - Warum Musikstudenten trotz Risiko von PRI weitermusizieren
Die Benutzung qualitativer Daten ist in ihrem
Ansatz naturalistisch, da der Forscher nicht
den Versuch unternimmt die natürlich auftretenden Phänomene der Studie zu verändern,
während er versucht sie zu verstehen.
Ein naturalistisches Paradigma behauptet,
dass multiple Realitäten existieren, diese Realitäten studiert werden um ein gewisses Maß
des Verstehens zu produzieren, und dass die
Interaktion zwischen dem Forscher und dem
17
Probanten dynamisch und untrennbar ist.
Es wurden Fokusgruppen als Mittel zur Sammlung von Datenmaterial ausgewählt, um die
einzigartigen Erfahrungen und Perspektiven
der einzelnen Studenten zu erforschen. Lito19
selliti stellt fest, dass Fokusgruppen nützlich
für „den Erwerb von Informationen über Ansichten, Einstellungen, Glauben, Reaktionen,
Motivationen und Perspektiven der Teilnehmer
zu einem Thema; dem „Warum“ die Menschen
denken oder fühlen wie sie es tun“ (S.18) sind.
Vorteile der Fokusgruppenbenutzung sind,
dass sie zeiteffizienter als Einzelpersoneninterviews sind, und ein dynamisches
Wechselspiel zwischen Teilnehmern, die sich
gegenseitig befragen und rechtfertigen, ermög20
lichen.
Diese Studie wurde vom Ethikausschuss der
Gesundheitswissenschaftsforschung (Health
Sciences Research Ethics Board) der University of Western Ontario genehmigt.
Teilnehmer
Musikstudenten einer kanadischen Universität
wurden für die Teilnahme an einem von drei
2stündigen Fokusgruppensitzungen angeworben. Die Hauptforscherin warb die Teilnehmer
für die Studie mündlich vor Ensembleproben.
Die Teilnehmer hatten mindestens 18 Jahre alt
und Instrumentalmusikstudenten im Hauptfach
zu sein. Eine Zielsetzung von drei Gruppen mit
zirka sechs Teilnehmern für jede Sitzung beruhte auf Empfehlungen von Morgan und
21
Scannell. Diese Zielsetzung ermöglicht den
Teilnehmern eine theoretisch ausreichende
und gleichberechtigte Gelegenheit zu Sprechen, und sorgt für ein Gleichgewicht zwischen
einer Unterrepräsentation an Ideen und einer
theoretischen Datensaturierung (wo keine
neuen Ideen durch die Durchführung weiterer
Fokusgruppen generiert werden).
Außerdem können die Teilnehmer als Experten der Thematik betrachtet werden, und das
Ziel der Studie war es detaillierte Geschichten
und persönliche Berichte in Erfahrung zu bringen.
Die Hauptforscherin warb eine höhere Anzahl
an Teilnehmern, in der Hoffnung eine genügend große Anzahl an Teilnehmern zu erhalten. Allerdings nahmen einige Studenten, die
ihre Teilnahme zugesagt hatten, nicht an der
Schlusssitzung teil, sodass nur zwei Fokusgruppen durchgeführt wurden. Neun Teilnehmer waren an der Studie mit den folgenden
Demographien beteiligt: Die Gruppe bestand
aus vier Männern und fünf Frauen. Die Altersspanne reichte von 18 bis 21 Jahren und die
Anzahl der Jahre, die das Hauptinstrument
gespielt wurde, betrug 2,5 bis 15 Jahre. Die
Hauptinstrumente waren Streich- und Holzblasinstrumente.
Datenerhebung
Die beiden Fokusgruppen wurden in einem
zugänglichen Klassenzimmer in der Musikfakultät auf dem Universitätscampus im Anschluss an Probedurchgänge abgehalten, die
Ende Januar 2006 stattgefunden hatten. Die
Sitzungen begannen damit, dass die Hauptforscherin den Zweck der Studie erläuterte. Die
Teilnehmer unterzeichneten eine Einverständniserklärung und füllten einen kurzen Fragebogen aus, der dazu diente, Hintergrundsinformationen bezüglich der musikalischen Vorgeschichte der Teilnehmer zu sammeln. Die
Hauptforscherin hatte 12 Fragen und Untersuchungen entworfen.
Datenanalyse
Die gesamte Datenmenge wurde Wort für Wort
transkribiert. Diese Transkriptionen wurden
von der Hauptforscherin (A.P.) durchgelesen
um einen allgemeinen Überblick über die Informationen zu erhalten und sie als ein Gesamterlebnis nachzuvollziehen. Als nächstes
wurden die Informationen in drei Hauptthematiken mit zugehörigen Unterthemen organisiert.
Konsensus zwischen zwei Forscherinnen (A.P.
und C.G.) und Aufzeichnung während des
gesamten Forschungsprozesses (durch A.P.)
wurden als Dreiecksverfahren eingesetzt um
die Zuverlässigkeit der Datenanalyse zu gewährleisten.
Ergebnisse
Drei übergreifende Themen ergaben sich aus
dem Datenmaterial: Sichtweisen auf die Beschäftigung mit Musik, Sichtweisen auf die
PRIs, und Faktoren welche die Studenten und
Musiker dahingehend beeinflussten, die Musik
trotz des Risikos von PRIs weiterzuverfolgen.
Es wurden verschiedene Subthemen in diesen
unfangreichen Themen ermittelt (Abb.1):
Musikphysiologie und Musikermedizin 2008, 15. Jg., Nr. 1
Sichtweisen auf die Beschäftigung mit Musik
Erfahrungen mit Musik als Teil des akademischen
Lebens
Sozialer Aspekt von Musik
Musik als ein zukünftiges Karriereziel
Die Bedeutung von Musik ist für jeden verschieden
Musik als Teil der eigenen Identität
Sichtweisen auf PRIs
Eigene Erfahrungen und die Gleichrangiger mit
Tendinitis und Schmerz
PRIs sind alltäglich unter Musikern
PRIs erfordern eine Auszeit vom Musizieren
PRIs haben „musikspezifische“ Konsequenzen
PRIs besitzen einen kontrollierbaren Aspekt
Schwierigkeiten auf eine wünschenswerte
Gesundheitsversorgung zugreifen zu können
Fehlende Vertrautheit der Beschäftigten des
Gesundheitswesens mit Musikern
Sozialer Aspekt einer PRI
Faktoren welche die Musikstudenten beeinflussen die Musik trotz des PRI Risikos weiterzuverfolgen
PRIs haben einen unkontrollierbaren Aspekt
Bewältigungsmechanismen während einer
Spielpause
Musik ist meine Leidenschaft oder Liebe
Kampfansage an die Maslowsche Theorie
Abb. 1: Hauptthemen, die aus den Fokusgruppendiskussionen mit den Musikstudenten hervorgingen
Sichtweisen auf die Beschäftigung mit
Musik
Den Teilnehmern wurden offene Fragen zur
Rolle, welche die Musik in ihrem Leben spielt,
gestellt. Die reichhaltigen, auf Erfahrung beruhenden Erzählungen lieferten einen Kontext
dazu, wie die Teilnehmer zur Musik gekommen
waren, den Gewinn, den sie aus der Beschäftigung mit der Musik zogen, und was Musik
persönlich für sie bedeutete.
Erfahrungen mit Musik als Teil des akademischen Lebens
Musik war ein Teil des vergangenen akademischen Curriculums der Teilnehmer, und gab
ihnen die Möglichkeit Begabungen zu entdecken und die Musik zu einem Teil ihres Tagesablaufs werden zu lassen. Dies wird von
den folgenden Beispielen geschildert:
9
Mein größter Einfluss war einfach die
High School. Ich schnappte mir den
Kontrabass als ich auf der High School
war, hoffte, dass ich einmal bis zur
Bassgitarre kommen würde, und als
ich Fortschritte machte, fing mir das
ganze an mehr und mehr Spass zu
machen. Als ich in die 12. und
13.Klasse ging war das so ziemlich
das Einzige was ich überhaupt machte
in der High School, also schien es ein
ganz natürlicher Ablauf, dass ich meine Ausbildung nach der Oberstufe
fortsetzte. (Teilnehmer 1)
Nun ja, um ganz ehrlich zu sein dachte
ich nie als ich in meinen Musikunterricht in der High School ging, dass ich
das bis zur Universität weiter betreiben
würde… Ich denke mal es lief halt einfach so. In der 12. Klasse konnte ich
mir nicht mehr vorstellen in meinem
Leben nicht mehr jeden Tag Musik zu
haben, weil es so seit ungefähr 7 Jahren gewesen war.
(Teilnehmer 3)
Sozialer Aspekt von Musik
Musiker wurden positiv beschrieben; sie seien
Cliquen, Familie, und sogar Kult-ähnlich, da
Gefühle wie Kompatibilität, Unterstützung,
Zugehörigkeit und Akzeptanz geteilt würden.
Mitmusiker wurden, zusätzlich dazu, dass sie
Kollegen sind, manchmal als gesellschaftlicher
Rückhalt auf Lebenszeit betrachtet. Zwei Teilnehmer berichten:
In der 6. Klasse, wenn man Musikstunden hat, scheint es beinahe so,
äh, als ob ein Gemeinschaftssinn entstehen würde und man verbringt mit
den Leuten Stunden, also jeden einzelnen Tag. Und man…will dasselbe
Ziel erreichen und falls, falls eine
Gruppe eine Erscheinung hat, dann
hat das ganze….Ensemble eine Erscheinung, so was wie „Wow, das
klingt so, wir können das auf jeden Fall
erreichen - machen das es so klingt.“
(Teilnehmer 2)
Die Leute die ich hier kennengelernt
habe, die Leute, mit denen ich hier jeden Tag abhänge, sind beinahe, nicht
exklusiv, aber sehr, sehr stark mit Musik beschäftigt, und das sind die Sorte
Mensch zu denen ich einen Bezug habe und weiter, weißt du, für den Rest
meines Lebens abhängen kann. (Teilnehmer 1)
10
A. Park et al. - Warum Musikstudenten trotz Risiko von PRI weitermusizieren
Musik als ein zukünftiges Karriereziel
Alle Teilnehmer bezeichneten die Musik als
etwas, was an ihren zukünftigen Karrierezielen
beteiligt sei. Dies beinhaltete Unterrichten,
Auftreten und weitere akademische Ambitionen:
Ich plane Richtung Erziehung zu gehen…Ich würde sehr gerne High
School Lehrer werden… Ich müsste
was mit Musik machen, weil, ich nicht
wüsste was es sonst noch so gibt…
das wird einfach so ein Ding sein was
ich solange machen werde, bis ich, na
ja, bis ich sterbe.
(Teilnehmer 9)
Ich bin Kompositionsstudent, also wäre
ein Hauptstudium in Komposition eine
Option. Aber ich bin außerdem ein
sehr begeisterter Jazzfan, und eine
andere Option wäre eine Jazz Performance Karriere, was vielleicht
wahrscheinlich bedeuten würde ein
weiteres Grundstudium, und dann ein
Hauptstudium danach zu machen.
(Teilnehmer 1)
Die Bedeutung von Musik ist für jeden verschieden
Wie Musik definiert wurde, und was sie für
jeden Einzelnen bedeutet, unterschied sich
von Teilnehmer zu Teilnehmer. Musik konnte
ebenfalls unterschiedliche Bedeutungen für
einen Einzelnen haben, wie es von den nächsten Teilnehmern ausgedrückt wird:
Das ändert sich bei mir, also, weißt du,
sobald ich morgens aufwache, ist Musik der Song, der mich weckt, und
dann, weißt du, auf meinem Weg zur
Uni, ist Musik das, was in meinem CDSpieler ist, und wenn ich dann hier ankomme, dann ist der Kontrabass meine Musik beim Üben, und dann ist die
Musik das Orchester – Orchestermusik
wenn ich ins Orchester gehe… Es ändert sich jede Minute, je nachdem in
was für einer Situation ich bin. (Teilnehmer 1)
Ich denke, dass Musik die Seele nährt,
den Geist unterstützt und entspannt
und dich ganz einfach intelligenter
macht. Ich denke mal, dass sie irgendwie…. ähm, einfach wirklich hilfreich ist wenn du gestresst bist, und
wenn du traurig oder fröhlich bist ist sie
einfach, einfach für dich da, sie ist etwas Gutes. (Teilnehmer 4)
Musik als Teil der eigenen Identität
Die Studenten gaben an, dass die Musik sie
mit einer Art Selbstwertschätzung und Identität
ausstatte. Aussagen wie „Sie [Musik] ist ein
Teil von dem, der du bist“, „Sie ist das, was ich
mache“, und „Das bin ich, sie definiert mich“
wurden mit eifriger Zustimmung unter den
Teilnehmern beider Fokusgruppen bestätigt.
Sichtweisen auf spielbedingte Verletzungen
Während der Fokusgruppensitzungen wurden
Fragen gestellt um den Studenten Perspektiven über PRIs zu entlocken. Wieder
wurden persönliche Erfahrungen und die
Gleichrangiger ausgetauscht. Diese offenbarten wie PRIs auf das Leben von Musikern und
ihre Zeitnutzung einwirken, zeigten präventive
Techniken auf um den Erwerb von PRIs zu
vermeiden, und brachten den Zufriedenheitsgrad der Studenten mit der Gesundheitsfürsorge zum Vorschein.
Erfahrungen Einzelner und Gleichrangiger
mit Tendinitis und Schmerz
Bei Befragung der Studenten, an was sie bei
den Worten spielbezogene Verletzung dachten, waren die unmittelbaren Resonanzen
persönliche Erfahrungen und die Gleichrangiger mit Tendinitis und Schmerz. Interessanterweise nannten viele Teilnehmer dieselben
wenigen Studenten, welche die Erfahrung
einer PRI gemacht hatten; dies würde die oben
genannte Geschlossenheit von Musikerkreisen
stützen. Zwei Teilnehmer gaben die folgenden
Beispiele ihrer Erfahrungen mit Tendinitis und
Schmerz:
Das ist einfach etwas, mit dem du nicht
gerechnet hast…und es passierte einfach so eines Tages, als ich aufwachte
und meine Arme sich komisch anfühlten und ich wieder einen vollen Tag mit
Proben hatte. 4 Stunden, 5 Stunden
Üben, und am Ende des Abends taten
meine Arme einfach weh. Später in der
Woche bin ich dann zum Arzt und ich
hatte Tendinitis. Also es, es schleicht
sich einfach an, es zieht dich Stück für
Stück runter. Ähm, du kannst nicht
spielen, deine Technik geht in die Binsen… und jetzt schiebst du deine Prüfungen hinaus, du kannst nicht in Proben spielen. (Teilnehmer 6)
Ähm, manchmal, ähm, wenn man morgens aufwacht, konnte ich nicht, äh,
meine Socken anziehen. Ich konnte
einfach nicht, also, mich bücken und
oder irgendwie so was….Es tut weh,
Musikphysiologie und Musikermedizin 2008, 15. Jg., Nr. 1
wenn man geht…im Grunde genommen, wenn man irgendetwas mit dem
Rücken macht, wie etwas Heben, tut
es weh. (Teilnehmer 2)
PRIs sind alltäglich unter Musikern
Interessanterweise glaubten manche Teilnehmer es sei allgemein bekannt, dass die meisten Musiker irgendwann einmal eine PRI in
ihrer Karriere bekommen würden. Teilnehmer
1 gab einfach an, „Jeder weiß, dass man sich
verletzen wird, oder dass das Risiko einer
Verletzung wirklich hoch ist.“ Diese offenbar
geteilte Meinung schien das Verletzungsrisiko
zu normalisieren.
Über kurz oder lang findet man sich
damit ab, weil man einfach weiß, dass
man sich verletzt hat, das passiert beinahe jedem. Beinahe jeder, den ich
kenne, der in einem höheren Semester
an der Universität ist, die meisten der
Musikstudenten in den Konzertklassen, oder viele der, die meisten der
ausführenden Künstler, wohl eher,
machen so eine spielbedingte Verletzung durch, ähm, ob es nun während
des Grundstudiums oder im Hauptstudium ist. (Teilnehmer 6)
PRIs erfordern eine Auszeit vom Spielen
Ein häufig auftretendes Motiv, welches bei der
Beschreibung von eigenen Erfahrungen und
der Erfahrungen Gleichrangiger aufkam, war
der Gedanke einer „Erholungspause“ vom
Spielen. Beispiele hierfür sind die folgenden:
Ich musste mir… beinahe komplett 2
Monate Freinehmen von meinem Instrument. Ich spielte vielleicht 6 Stunden im Monat, vielleicht? Das ist, das
ist runter von ungefähr 6 Stunden am
Tag, 5 Tage die Woche…4 oder 5 Tage die Woche…. Also das war ein richtiger drastischer Wandel. (Teilnehmer
6)
Ja genau, als ich meinen Weisheitszahn vor ein paar Jahren gezogen bekam konnte ich ungefähr einen Monat
danach nicht spielen, weil [sie] meinen
Kiefer brechen mussten um an sie
dranzukommen, und diesen ganzen
Monat konnte ich nicht einmal Fagottkonzerte anhören… Ich wüsste nicht,
was ich tun würde, wenn ich eine Verletzung hätte, hm, sodass ich nicht
mehr weitermachen könnte damit, weil
da einfach…es gibt nichts was mir
mehr bedeutet. (Teilnehmer 7)
11
PRIs haben „musikspezifische“ Konsequenzen
Muskuloskelettaler Schmerz kann, aber muss
für einen Nicht-Musiker nicht, beträchtliche
akademische oder lebensbeeinträchtigende
Auswirkungen haben. Da jedoch Auftritte eine
verpflichtende Komponente des Curriculums
eines Musikstudenten sind, stellt eine PRI eine
ernsthafte Gefahr, in Hinsicht auf eine Verzögerung oder Beendigung des akademischen
Fortkommens, dar.
Oh mein Gott, ich darf mich nicht verletzen! Falls ich mich verletze, werde
ich meine Prüfung einfach nicht bestehen und so weiter und so fort… Für jeden anderen [Nicht-Musiker], falls die
sich verletzen… die müssen eben einen Gips tragen oder irgendwas, und
alles ist OK, man kann zum Unterricht
und lernen. Aber für uns ist es so,
wenn ich eine Verletzung oder so habe, dann kann ich nicht spielen…. und
falls es was spielbezogenes ist, dann dann du so „Wenn ich jetzt wieder anfange zu spielen, macht es das nur
noch schlimmer!“ (Teilnehmer 7)
Er konnte letztes Jahr nicht spielen,
äh, er war, ich weiß nicht ob er in Behandlung war, aber er war richtig enttäuscht davon. Man muss ja seine
praktische Prüfung ablegen, man muss
seinen Konzertvortrag halten, und er
konnte das alles nicht machen letztes
Jahr. (Teilnehmer 2)
PRIs besitzen einen kontrollierbaren Aspekt
Einige Studenten berichteten außerdem, dass
sie das Gefühl hatten einen aktiven Part in der
Prävention von PRIs übernehmen zu können.
Sie kontrollierten ihre eigenen Handlungen um
PRIs zu vermeiden. Trotzdem hatte beinahe
keiner der Teilnehmer an einem der Präventionsseminare, die von der Universität angeboten werden, teilgenommen.
Präventionstechniken beinhalten das Einlegen
von Pausen, das Vermeiden einer Überbeanspruchung der Hände im Alltag, das Benutzen von Hilfsmitteln (d.h. einen Gurt um das
Gewicht von Halsriemen zu vermindern), und
Aufwärmübungen. Teilnehmer 4 berichtete
dass das Befolgen der Ratschläge seines Lehrers half, einer PRI vorzubeugen. „Wenn man
die richtigen Vorkehrungen trifft, kann man
einige dieser Verletzungen vermeiden… Ich
befolge einfach, was mein Lehrer sagt, und bis
jetzt hab ich nichts gehabt.“
Präventionsmethoden umfassten nicht nur die
Überprüfung von aufführungsbedingten Stressoren, sondern auch alltägliche Aktivitäten
oder das Benutzen von Hilfsmitteln:
12
A. Park et al. - Warum Musikstudenten trotz Risiko von PRI weitermusizieren
Ich mache das jetzt so, dass ich in der
Arbeit sage, dass ich Gegenstände
nicht länger als eine bestimmte Zeit
lang heben darf. Und dann passe ich
auf, dass meine Übungszeit zeitlich
verteilt ist, so dass ich zwischendurch
andere Dinge tue, bei denen ich meine
Hände nicht benutzen muss …solche
Dinge und so, damit es nicht zurück
kommt oder schlimmer wird oder so…
Man muss sich schon stark konzentrieren um seine Arme und so nicht zu
überbeanspruchen. (Teilnehmer 5)
Heilmassagentherapeutin, nur weil ich
- wenn ich die nächsten beiden Sitzungen in Anspruch genommen habe keine mehr bis März bekomme. Also
werde ich einfach warten bis es so
richtig aufflammt und ich es nicht mehr
aushalten kann, dann mach ich einen
Termin aus… Ich sehe jetzt keinen
Grund ins Krankenhaus zu gehen,
wissen sie, das stiehlt mir nur Zeit von
meinem Tag und bereitet irgendwie
Umstände. (Teilnehmer 2)
Nun ja, ich sag mal, ich hatte schon
Rückenprobleme bevor ich überhaupt
mit dem Spielen angefangen hatte,
bevor ich zum Fagott gewechselt habe…Aber seitdem ich das Instrument
spiele, hab ich bemerkt, dass es
schlimmer geworden ist…Ich habe mit
meinem Lehrer gesprochen und er
sagte: „Gut, du könntest dir mal Gedanken machen, dass es vielleicht am
Instrument liegt.“…Also bin ich hingegangen und hab mir einen Tragegurt
gekauft, der das Gewicht von dieser
Schulter nimmt, und seitdem ich das
gemacht habe ist es sehr viel besser.
Ich kann das Instrument länger ganz
ohne Schmerzen spielen. (Teilnehmer
9)
Die fehlende Vertrautheit mit Musikern der
Beschäftigten des Gesundheitswesens
Die Teilnehmer befanden, dass die Beschäftigten des Gesundheitswesens mit den Bedürfnissen von Musikern nicht vertraut waren.
Die Studenten gaben an wenn ihnen Mediziner
zur Verfügung stünden, welche über die Bedürfnisse von Musikern Bescheid wüssten,
würde das ihrer Behandlung zuträglich sein.
Schwierigkeiten auf eine wünschenswerte
Gesundheitsversorgung zugreifen zu können
Die Teilnehmer gaben an, dass sie es aufgrund eines insuffizienten Zugriffs auf Beschäftigte des Gesundheitswesens, eines Zeit- und
Finanzmangels, und der Unannehmlichkeit Gesundheitsvorsorgetermine
wahrzunehmen,
schwierig fanden Dienstleistungen der Gesundheitsversorgung zu erlangen.
Meine Hausärztin ist im Krankenhaus… und sie ist, äh, praktiziert dort,
schätze ich mal. Also [sind da] ganz
viele von den [Universitäts-] Medizinstudenten, äh, Ich denke mal im Zuge
ihres Praktikums oder wie das genannt
wird, also bekomme ich sie ganz oft
gar nicht, sondern jemanden anderes.
Und es ist immer schwieriger mit jemandem einfach über dein Leben zu
sprechen, wenn du ihn gerade erst
kennengelernt hast. (Teilnehmer 3)
Meine
Familienkrankenversicherung
übernimmt 80% aber nur soundsoviele
Stunden. Also war ich… vielleicht seit
einem Monat nicht mehr bei meiner
Also, ich habe meinem Arzt gerade
gesagt, dass ich Musiker bin. Musik an
der Universität studiere… es gibt einfach eine Menge repetitiver Bewegungen, und er sagt so: „Alles klar.“ Er, er
schien nicht wirklich, äh, allzu viel darüber zu wissen… Er sagte: „OK, tuts
weh? Ich so: „Ja!“ Er so: „Na gut,
musst du unbedingt weiterspielen?“ Ich
so: “Jep.“ Und er so: “OK, was soll ich
jetzt deiner Meinung nach machen?“
Ich so: “Oh, ich hätte nichts gegen
Massagen oder so was einzuwenden.“
Und er einfach so: „OK“, und unterschrieb einfach den Zettel! (Teilnehmer
2)
Nun ja, ich denke auf jeden Fall, dass
es sehr helfen würde, wenn man jemanden hat, der tatsächlich Bescheid
weiß, was man tut und warum man es
tut… So wie, wissen sie, wenn jemand
sagen würde, „Also gut, hör auf mit
Spielen!“ und…ich könnte das nicht,
weil das ist nun mal was ich tue. Also
könnten sie [Beschäftigte im Gesundheitswesen, die sich mit PRIs auskennen] mir zumindest helfen. Sie wissen
darüber Bescheid und sie, sie würden
sagen „Gut, versuche es doch mal mit
dieser Technik, so dass du es zumindest länger aushältst“ anstatt, statt überhaupt nichts zu machen. (Teilnehmer 9)
Musikphysiologie und Musikermedizin 2008, 15. Jg., Nr. 1
Der soziale Aspekt einer PRI
Ein Instrument zu spielen ist nicht immer ein
solistisches Ereignis, und Musiker sind oft in
Gruppen und Ensembles involviert. Diese Ensemblemitglieder, Dirigenten und Lehrer werden unter Umständen Erwartungen an den
Musiker in Form von Zeitaufwand, Hingabe
und Mitwirkung haben, was in Konflikt mit dessen Gesundheitsfürsorgebedürfnissen stehen
könnte. Obwohl wir gleichrangige Musiker als
soziale Unterstützung bereits besprochen haben, vermeiden es manche Studenten dennoch Schmerz oder Unwohlsein mit ihresgleichen zu besprechen. Dies wird von den folgenden Beispielen illustriert:
Ich muss das mit meinen anderen
Spielverpflichtungen ausbalancieren,
weil ich immer noch 8 Stunden pro
Woche… 10 Stunden pro Woche Proben habe, die ich Leuten schuldig bin.
Ich meine, in der einen oder anderen…
also muss ich mich mit den anderen
Musikern auseinandersetzen weil ich
in einem Kammermusikensemble bin,
in einem Orchester, in einem Alte Musik Ensemble… Ich meine, das geht
die Leute auch was an, also zu versuchen mit all diesen verschiedenen Situationen fertig zu werden und… wie
viel man dem einen gibt, eine Gruppe
mit der anderen verglichen? Also, sagen wir mal ich kann eineinhalb Stunden am Tag üben, ich meine, ich sollte
zumindest eineinhalb Stunden für mich
alleine üben; aber ich hab drei Stunden Probe…man kann einfach nicht
nicht-spielen! (Teilnehmer 6)
Auf die Frage, ob PRIs ein Bestandteil der
Konversationen unter Studenten seien, etwas,
über das sie sich austauschten, reagierte ein
Teilnehmer:
Weiß ich nicht, das ist irgendwie unterschiedlich, ich rede nicht gerne darüber…. es ist einfach so, vielleicht,
wenn ich mit niemandem darüber rede,
vielleicht gehts dann weg… Also ich
mach das nicht, aber ich weiß, dass
[ein andrer Musikstudent], also, jeder
fragt ihn immer so was wie „Gehts dir
schon besser? Kannst du wieder spielen?“ Und ich denke, dass mich das
nerven würde. (Teilnehmer 8)
13
Faktoren, welche Musikstudenten beeinflussen mit der Musik weiterzumachen trotz des PRI Risikos
Nachdem wir die Bedeutung von Musik und
die Bedeutung und Wirkungen von PRIs diskutiert hatten, wurden die Teilnehmer gebeten,
diese zwei Perspektiven zu kombinieren und
sich eingehend mit den Gründen zu befassen,
warum sie weiter am Musikstudium teilnahmen.
PRIs besitzen einen unkontrollierbaren
Aspekt
Obwohl die Teilnehmer zugaben, dass sie eine
Rolle in der Vorbeugung von Verletzungen
spielten, argumentierten sie ebenso, dass
PRIs einen unkontrollierbaren Aspekt besäßen. Manche Faktoren seien „außer ihrer Kontrolle“, wie zum Beispiel ein anspruchsvolles
oder fortgeschrittenes Repertoire, anatomische
Ursachen die zu einer erhöhten PRI Anfälligkeit führten, und sogar abstrakte Faktoren,
wie Schicksal. Dieser Glaube wird von folgenden Aussagen belegt:
Ich denke nicht, dass man es wirklich
kontrollieren kann, ich meine, besonders wenn man nichts falsch macht,
also passiert es einfach… man kann
alles richtig machen, Übungspausen
einlegen, alle Aufwärmübungen machen, und trotzdem kann man etwas
bekommen… das, das ist wirklich ätzend weil…es höhere Gewalt war… Es
gibt einfach nichts was man dagegen
tun kann, manchmal verletzt man sich
einfach, so ist das, so ist das Leben!
(Teilnehmer 2)
Wie Sportler. Die wärmen sich auf und
alles, und versuchen vorzubeugen,
und trotzdem wird mitunter jemand auf
dem Basketballfeld umgestoßen und
prellt sein Knie an und kann nicht mehr
spielen, für wie lange auch immer.
(Teilnehmer 5)
Bewältigungsmechanismen bei Spielpausen
Zwei Teilnehmer merkten an, dass es Wege
gebe, wie Musiker, ohne zu spielen, sich in die
Musik mit einbringen könnten:
Bei mir wars so, dass ich wieder zu
singen anfing, weil das alles war, was
ich tun konnte in manchen Proben…
Äh, und dann, jetzt, gehts darum meine Technik wieder zusammenzubekommen… Ähm, also sitz ich jetzt da,
14
A. Park et al. - Warum Musikstudenten trotz Risiko von PRI weitermusizieren
und übe meine C-Dur Tonleitern, und
das ist alles, was ich zurzeit zur Übung
tun kann. (Teilnehmer 6)
Man kann immer noch üben - ohne es
tatsächlich physisch zu tun - wie man
auch Rhythmen einübt. Man kann sie
mitklopfen, seinen Part singen, Aufnahmen des Stückes anhören, man
kann, also, sich die Klavierparts einprägen und was die anderen machen
müssen, man kann so was wie Theorie machen, und alles zerlegen…. Es
gibt viele unterschiedliche Dinge die
man tun kann, anstelle praktisch beteiligt zu sein und das Stück zu spielen,
die einem dabei helfen, als Musiker,
das Stück besser zu verstehen. (Teilnehmer 2)
Musik ist meine Leidenschaft oder meine
Liebe
Dieses Unterthema tauchte während beider
Fokusgruppensitzungen immer wieder auf,
was zeigt, dass diese Liebe und Leidenschaft
die Studenten antreibt weiterzumusizieren,
ungeachtet der Verletzungen und/oder des
Risikos sich eine anzueignen. Die Teilnehmer
konstatierten, dass diese Leidenschaft lebenslänglich sei, und den größten Einfluss auf ihre
Entscheidung weiter zu musizieren darstelle.
Wissen sie, ich würde es sogar reduzieren…Ich würde sogar überlegen
meine Laufbahn zu ändern…aber ich
werde nicht aufhören zu spielen…
Falls eine Verletzung meine Karriere
beendet, dann ist das unglücklich, aber
nichts wird meine Liebe zur Musik beenden können. (Teilnehmer 1)
Ich bin glücklich mit dem was ich tue
und bereue nichts in diesem Sinne…
Tu was du machen musst, sei glücklich
mit dem was du machst, und solange
du sagen kannst, ja, ich liebe was ich
mache, ich bin leidenschaftlich dabei,
dies ist was ich tun möchte, sollte es
nicht um Geld gehen, sollte es nicht
um Verletzungen gehen. (Teilnehmer
7)
Eine Kampfansage an die Maslowsche
Theorie
Die Teilnehmer besprachen, dass es Zeiten
gebe, in denen sie Schmerz tolerierten oder im
Hinblick auf befristete Ziele, wie das Vervollständigen einer Übungseinheit, „durch ihn
hindurch“ spielten. Sie spielten ebenso „durch“
den Schmerz, um ihrer Leidenschaft für die
Musik gerecht zu werden.
Ich weiß, dass es das Richtige wäre
[mit dem Spielen aufzuhören], aber
ganz oft, wenn ich übe, sogar wenn
meine Hand weh tut, bin ich so: „Ich
kann das in Gang bringen!“, sowie ich
einfach…. mich nicht stoppen lasse,
und… ich frustriert bin, und da hinkommen möchte wo ich sein will…
Manchmal…verdränge ich es einfach.
(Teilnehmer 3)
Ich…hatte beinahe Tendinitis…Ich
meine, ich hab da immer noch
Schmerzen, wenn ich spiele, wann
immer ich etwas mache, aber ich ignoriere es einfach irgendwie… Es tut
nicht so extrem weh, na ja, es tut weh,
okay, ja es tut weh, aber ich will es einfach, wissen Sie, es abschütteln, weil
da immer Pros und Contras zu allem
was man macht sind und das hier, na
ja,…die Pros überwiegen die Contras
einfach bei weitem. (Teilnehmer 2)
Derselbe Teilnehmer gab ebenfalls an:
Ich habe demnächst eine Probe, und
es ist so, dass ich sehr, sehr fleißig
üben werde, alles andere hat dann
keine Bedeutung…Danach kann man
sich Zeit zum Ausruhen nehmen, aber
man übt einfach weiter, und weiß, dass
der Schmerz weggehen wird nach der
Probe, man übt einfach durch den
Schmerz hindurch. (Teilnehmer 2)
Darüber hinaus wurde Maslows Theorie von
den Studenten herausgefordert, indem diese
die potentielle finanzielle Beschränkung einer
Karriere im Musikgeschäft ansprachen:
Wenn man sich dafür entscheidest es
mit Musik zu versuchen, muss man
seine Leidenschaft und sein Glück über diese Dinge [berufliche Vorzüge
wie Geld und Sicherheit] stellen…. An
dem Tag, an dem ich auf der Straße
stehe um für Kleingeld zu spielen, na
ja, dann werde ich vielleicht meine
Karriere noch einmal überdenken aber,
hm, wenn ich mir ein Haus leisten und
mich davon ernähren kann oder so,
dann wird die Freude, die mir das
Spielen bereitet, genug sein um Dinge
aufzuwiegen, die ich mir nicht leisten
werden kann, wie ein größeres Haus,
oder, na ja, einen Breitwandfernseher
oder so was. (Teilnehmer 1)
Musikphysiologie und Musikermedizin 2008, 15. Jg., Nr. 1
15
Diskussion
PRIs wurden als signifikantes Risiko für die
potentiellen Karrieren der Studenten, die an
dieser Studie teilnahmen, eingeräumt. Dieses
Risiko hielt die Teilnehmer jedoch nicht davon
ab das was sie liebten zu verfolgen, und einige
gaben an, dass sie erwarteten ihr ganzes Leben lang in Musik involviert zu sein. Diese
Ergebnisse bestätigen die Resultate einer
22
Studie von Chen und Howard , die herausfanden, dass Freude der Hauptfaktor war, warum jemand ein Instrument weiterspielte, und
dass beinahe alle ihrer Teilnehmer hofften,
ihre Instrumente ein ganzes Leben lang spielen zu können.
Einige Studenten bezogen sich auf den sozialen Aspekt von Musik als einen Hauptgrund
ihrer Entscheidung weiterzumachen. Tätigkeiten und soziale Umgebung besitzen ein dynamisches Verhältnis in der Hinsicht, dass Tätigkeiten einen Kontext bereitstellen können, in
23
welchem soziale Interaktion stattfinden kann ,
und soziale Beziehungen im Gegenzug dazu
einen Einfluss darauf haben können, wie sich
Individuen selbst wahrnehmen, Bedeutungen
mit Leben erfüllen, und Individuen mit ihrer
23
Umwelt verknüpfen . In dieser Studie wurde
aufgezeigt, dass die soziale Umgebung auf
den Teilnehmer und seine Entscheidung weiterzumusizieren beiderlei Einfluss haben kann
– einen negativen und einen positiven. Negativer Einfluss beinhaltet Schuldbewusstsein
gegenüber Ensemblemitgliedern und Dirigenten. Unterstützung Gleichrangiger und Ratschläge zur Verletzungsrehabilitation stellten positive Einflüsse auf die Entscheidung der Teilnehmer weiterzumusizieren dar.
Langzeit-Aufführungspausen sind keine geeigneten Behandlungsoptionen für diese Population, wie ihre Bereitschaft unter Schmerzen zu
spielen deutlich zeigt, obwohl Erholungspausen eine Komponente des Behandlungsplanes
sein können. Diese Resultate bestätigen dieje7
nigen von Hagglund und Jacobs , welche ermittelten, dass 79% ihrer Versuchsteilnehmer
es annehmbar fanden unter Schmerzen zu
Spielen, um technische Schwierigkeiten zu
meistern. Dies ficht Maslows Lehrmeinung an,
dass niedrigere Bedürfnisse gestillt sein müssen ehe höhere erlangt werden können – für
diese Studenten wiegt die Liebe zur Musik und
ihr Ziel eine Musikkarriere zu verfolgen mehr
als die Kapitulation vor einer möglichen Be24
drohung. Eine Studie von Britsch fand heraus, dass 35% seiner Versuchspersonen, Mitgliedern von Jugendmusikorchestern (zwischen 9 und 15 Jahren) glaubten, dass es
akzeptabel sei mit Schmerzen zu spielen, was
andeutet, dass diese Vorstellung schon viel
früher tief verwurzelt ist als erst auf Universitätsniveau.
Schlussendlich zeigen die Resultate, dass
beide - kontrollierbare und unkontrollierbare
Aspekte der PRIs Musiker beeinflussen. Obwohl mehrere Studenten anmerkten, dass
Aufklärungsprogramme oder Verletzungspräventionen angeboten würden und potentiell
hilfreich seien, hatte beinahe keiner von ihnen
diese Kurse besucht. Die Studenten äußerten
sich ebenfalls dahingehend, dass sie glaubten
PRIs seien weitverbreitet unter Musikern. Effektives PRI Management und eine verbesserte Angebotsteilnahme würden die Einführung
verpflichtender Teilnahme an diesen Kursen
oder ihre Einbettung ins Curriculum voraussetzen. Diese sollten Studenten, welche eine PRI
durchleben oder bereits überstanden haben,
genauso wie Mediziner einbeziehen und Fachkurse über Verletzungsprävention für Musiklehrer anbieten.
Einige Teilnehmer berichteten, dass sie die
Gesundheitsversorgung schwer zugänglich
fänden, und dass nur beschränkte Kenntnis
über ihre Bedürfnisse bei dem Fachpersonal
des Gesundheitswesens bestünde. Diese Faktoren könnten einen Studenten davon abhalten
professionelle Hilfe zu suchen und ihn dazu
bringen sich stattdessen an Kommilitonen und
Musiklehrer für Ratschläge zur Gesundheit zu
wenden. Sie könnten ebenfalls sofortige Hilfesuchung verzögern, was zu chronischen Leiden führen kann, die oftmals schwerer zu behandeln sind. Deshalb zeigen die Ergebnisse
dieser Studie, dass Musik eine wertvolle und
bedeutsame Tätigkeit für diese Teilnehmer
darstellt, und dass mehrere persönliche und
umfeldbedingte Faktoren ihre fortführende
Beteiligung unterstützen. Eine Stärke dieser
Studie ist, dass die offene Art der Datenerfassung es der Forscherin erlaubten reichhaltige
Informationen über persönliche Erfahrungen
und Ansichten zu erhalten. Außerdem sind
beide Erst- (A.P.) und Zweitforscherin (C.G.)
der Studie Musikerinnen, was einen tieferen
Einblick in die Bedürfnisse und Probleme der
Teilnehmer ermöglichte. C.G. besaß darüberhinaus bereits Erfahrungen mit dieser Art
von Studie und Analyse.
Eine Beschränkung dieser Studie ist, dass der
naturalistische Ermittlungsansatz, geringe
Versuchspersonenanzahl, und schmale Bandbreite an Hauptinstrumenten eine Generalisierung auf andere Gruppen von Musikern
(bspw. Studenten anderer Hochschulen oder
anderer geographischer Bereiche, Pianisten
und Sänger, oder Profimusikern) ausschließt.
16
A. Park et al. - Warum Musikstudenten trotz Risiko von PRI weitermusizieren
Ebenso waren weder emotionaler Schmerz
(z.B. Verlusterfahrung in Zusammenhang mit
einer Unfähigkeit zu Musizieren) noch psychologischer Schmerz (z.B. als Resultat von Aufführungsangst) im Fokus dieser Studie, genauso wenig wurden diese von den Teilnehmern der Studie erwähnt. Weitere Forschung,
die sich spezifisch mit diesen Aspekten der
Gesundheit von Musikern auseinandersetzte,
würde zu einem tiefergehenden Verständnis
der Erfahrungen versehrter Musiker beitragen.
„Theoretische Sättigung“ wird dann erreicht
sein, wenn die Gruppenaussagen sich zu wiederholen beginnen und keine neuen Informationen dadurch gesammelt werden, dass mehr
Sitzungen abgehalten werden. Während einige identische Subthemen in den beiden Fokusgruppen aufkamen, wäre ein breiteres
Spektrum an Perspektiven durch eine mögliche dritte Fokusgruppe denkbar gewesen.
Folgerungen für das Gesundheitswesen
Die Ergebnisse dieser Studie deuten darauf
hin, dass die Passion und Liebe der Teilnehmer zur Musik sie dazu treiben kann mit
Schmerzen zu spielen. Praktische Ärzte im
Gesundheitswesen sollten darauf vorbereitet
sein Musiker über die Risiken, die daraus entstehen aufzuklären, und mit ihnen bei der Erstellung von Behandlungsplänen, die den
Drang zu Musizieren berücksichtigen, zusammenzuarbeiten.
Die Art, in der die Teilnehmer über ihre Beziehung zur Musik sprachen, korrespondiert mit
den Schlüsselmerkmalen der Definition von
12
Beschäftigung der Canadian Association of
Occupational Therapists (CAOT): Beschäftigung ist all das, was Menschen tun um sich zu
beschäftigen, inklusive Selbstfürsorge, Freizeit
und Produktivität. Teilnehmer dieser Studie
schilderten beispielsweise, dass die Beschäftigung mit Musik Zeitorganisation voraussetzt,
ein Einkommen hervorbringt, einen Sinnzweck
bereitstellt, als ein therapeutisches Medium
genutzt wird, eine Bedeutungsquelle darstellt
und ein Weg der Selbstdefinition ist.
Die Ergebnisse dieser Studie zeigen ebenso,
dass die (Aus-)wirkungen von PRIs nicht linear
verlaufen und nicht nur die Teilnahme an der
Musik betreffen – eine PRI kann sich auf alle
Komponenten des Lebens eines Musikers
auswirken. Ein Teilnehmer gab an, dass Rückenprobleme, die aus einer PRI resultierten,
seine Fähigkeit Selbstfürsorgetätigkeiten zu
betreiben beeinträchtigten. Eine PRI kann alle
Arten und Weisen in denen ein Student die
Musik gebraucht oder von ihr abhängt zerstören. Deswegen kann eine PRI die Notwendikeit einer Umstrukturierung täglicher Handlungen erzeugen, zu einem Verlust des Einkommens und des Sinnzwecks führen, verändern,
was Musik einem Menschen bedeutet und
ändern wie der Musiker sich definiert.
Wie bereits in den Resultaten angemerkt können PRIs in den Verlust von funktionalen Fähigkeiten, wie das Anziehen von Socken,
münden. Eines der Hauptziele der Arbeitspsychologie ist es, die funktionalen Fähigkeiten
eines Menschen zu verbessern. Arbeitspsychologen sind in der Lage Empfehlungen hinsichtlich Kompensationsmethoden, Hilfsmittel
und Methoden der Energiekonservierung auszusprechen, die es ermöglichen können länger
musizieren zu können. Sie besitzen darüber
hinaus die Einsicht in die Arten und Weisen, in
der eine PRI die nicht-musikbezogenen Alltagsaktivitäten affizieren können, die den Musiker belasten können.
Die Teilnehmer brachten ihr Bedürfnis nach
einem holistischen Ansatz der Betreuung zum
Ausdruck, welcher nicht nur ihrer Beschäftigung mit der Musik sondern auch der anderer
täglicher Tätigkeiten und ihrer Funktion als
Studenten gerecht werden würde. Die Teilnehmer äußerten ebenfalls das Bedürfnis einer
individualisierten Behandlung, welche die Eigenidentität der Studenten als Musiker, genauso wie die wichtige, individualisierte Rolle,
welche die Musik in ihrem Leben spielt, berücksichtige. Dies wiederholt die Bedeutsamkeit, dass die Beschäftigten des Gesundheitswesens über zwei Herangehensweisen der
Behandlung verfügen sollten: einen holistischen Fokus und einen klientenzentrierten
Betreuungsansatz.
Arbeitspsychologen benutzen beide Ansätze
zur Klientenbetreuung. Die CAOT definiert
holistische Praxis als eine Befassung mit allen
Teilen des Klienten in Verbindung mit seinen
oder ihren sozialen Beziehungen und der Um12
gebung.
Ein klientenzentriertes Verfahren
wird definiert als Erkennen und Respektieren
der Individualität des Klienten, dem Basieren
von Verfahren der Gesundheitsfürsorge auf
den Werten, Bedeutungen und der Wahl des
Klienten, und einer Ermunterung des Klienten
sich an der Planung der Therapie aktiv zu
12
beteiligen.
Obwohl Hagglund und Jacobs
suggerieren, dass die jeweils einzigartigen Bedürfnisse der individuellen Musiker es erschweren eine „ultimative“ Therapie zu verschreiben, kann man begründeterweise vor-
Musikphysiologie und Musikermedizin 2008, 15. Jg., Nr. 1
schlagen, dass mithilfe einer professionellen
Verpflichtung dieser zwei Prinzipien Arbeitspsychologen eine essentielle Komponente der
Gesundheitsfürsorge von Musikern ausmachen können.
Die Ergebnisse der Studie sprechen darüber
hinaus die Beschäftigten des Gesundheitswesens im Gesamten an. Die Bedürfnisse von
Musikern sind komplex und besitzen viele Facetten. Es wird erwartet, dass Arbeitspsychologen einen Teil eines interdisziplinären Gesundheitsfürsorge-Teams bilden würden, welches kollaborativ zusammenarbeitet um sicherzugehen dass alle Aspekte des Lebens des
Musikers berücksichtigt würden (funktional,
physisch, emotional, sozial und psychologisch).
17
Literatur
i
Zaza C: Playing-related musculoskeletal disorders in musicians: a systematic review of
incidence and prevalence. CMAJ 1998;
158(8):1019-1025.
2
Amadio PC, Russotti GM: Evaluation and
treatment of hand and wrist disorders in musicians. Hand Clin 1990; 6(3):405-415.
3
Brandfonbrener AG: The epidemiology and
prevention of hand and wrist injuries in performing artists. Hand Clin 1990; 6(3): 365-377.
4
Cayea D, Manchester RA: Instrumentspecific rates of upper-extremity injuries in
music student s. Med Probl Perform Art 1998;
13:19-25.
5
Resümée
Die Ergebnisse dieser Studie tragen zu der
wachsenden Literatur über die einzigartigen
Bedürfnisse von Musikstudenten bei; zusätzlich helfen sie Medizinern weitere Kenntnisse
über PRIs zu erlangen. Eine Rehabilitationsplanung erfordert eine enge Zusammenarbeit
zwischen Experte des Gesundheitswesens
und Klient. Die Resultate dieser Studie legen
nahe, dass frühpräventive Aufklärungskurse
PRIs in dieser Population effektiv reduzieren
könnten.
Die Teilnehmer dieser Studie signalisierten das
Verlangen nach einem holistischen und klientenbezogenen Ansatz der Gesundheitsfürsorge, welcher durch Mediziner, die mit der
Betreuung von Musikern beschäftigt sind, angesprochen
werden
könnte.
Arbeitspsychologen arbeiten mit diesen elementaren
Prinzipien bei der Planung und Durchführung
von Behandlungen und können deshalb eine
wichtige Rolle in der Behandlung von Musikern
spielen. Da sie Interventionen wie Kompensationstechniken, Hilfsmittel und Methoden der
Energiekonservierung bereithält, kann die Arbeitspsychologie Musikern ermöglichen ihrer
hochgeschätzten Tätigkeit, trotz des Erwerbs
einer PRI, weiter nachzugehen.
Guptill C, Zaza C, Paul S: Treatment preferences of injured college student musicians.
OTJR: Occupation, Participation and Health
2005; 25(1):4-8.
6
Guptill C, Zaza C, Paul S: An occupational
study of physical playing-related injuries in
college music students. Med Probl Perform Art
2000; 15:86-90.
7
Hagglund KL, Jacobs K: Physical and Mental
practices of music students as they relate to
the occurrence of music-related injuries. Work
1996; 6:11-24.
8
Lowe C: Treatment of tendinitis, tenosynovitis, and other cumulative trauma disorders of
musicians’ forearms, wrists, and hands: restoring function with hand therapy. J Hand Ther
1992; 5:84-90
9
Miller G, Peck F, Watson J: Pain disorders
and variations in upper limb morphology in
music students. Med Probl Perform Art 2002;
17:169-172.
10
Spahn C, Strukely S, Lehmann A: Health
conditions, attitudes toward study, and attitudes toward health at the beginning of university study: music students in comparison with
other student populations. Med Probl Perform
Art 2004; 19:26-33.
11
Zetterberg C, Backlund H, Karlsson J, et al:
Musculoskeletal problems among male and
female music students. Med Probl Perform Art
1998; 13:160-166.
12
Canadian Association of Occupational
Therapists: Enabling Occupation: An Occupational Therapy Perspective. Ottawa, ON,
CAOT Publications, 200.
18
A. Park et al. - Warum Musikstudenten trotz Risiko von PRI weitermusizieren
13
Wilcock, AA: Reflections on doing, being
and becoming. Can J Occup Ther 1998;
65:248-257.
14
Fuller AR: Psychology and Religion: Eight
rd
Points of View, 3 ed. Lanham, MD, Rowman
& Littlefield Publishers, Inc., 1994.
15
Calabro LE: “First things first“: Maslow’s
hierarchy as a framework for REBT in promoting disability adjustment during rehabilitation.
J Rational-Emotive Cognitive-Behav Ther
1997; 15(3):193-213.
16
Todres L: Clarifying the life-world: descriptive phenomenology. In Holloway I, ed. Qualitative Research in Health Care. New York,
Open University Press, 2005.
17
Patton MQ: Qualitative Evaluation and Rend
search Methods, 2 ed. Newbury Park, CA,
Sage Publications, Inc., 1990.
18
Lincoln YS, Guba EG: Naturalistic Inquiry.
Beverly Hills, CA, Sage Publications, Inc.,
1985.
19
Litoselliti L; Using Focus Groups in Research. London, Continuum, 2003.
20
Morgan DL: Focus groups. Annu Rev Sociol
1996; 22:129-54.
21
Morgan DL, Scannell AU: Planning Focus
Groups (Focus Group Kit, Vol. 2). Thousand
Oaks, CA, Sage Publications Inc., 1998.
22
Chen SM, Howard RW: Musical instrument
choice and playing history in post-secondary
level music students: some descriptive data,
some causes and some background factors.
Music Educ Res 2004; 6(2):217-230.
23
Christiansen C, Townsend E: An introduction
to occupation. In Christiansen CH, Townsend
EA, eds. Introduction to Occupation: The Art
and Science of Living. Upper Saddle Rive, NJ,
Pearson, Education Inc., 2004.
24
Britsch L: Investigating performance-related
problems of young musicians. Med Probl Perform Art 2005; 20:40-47.
Korrespondenzadresse
Ms. Anna Park
School of Occupational Therapy
Elborn College, The University of Ontario,
1201 Western Road, London, ON N6G 1H1,
Canada
email: apark27@uwo.ca