Agrar- und allgemeinwirtschaftliches Profil der Republik Südafrika
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Agrar- und allgemeinwirtschaftliches Profil der Republik Südafrika
16 September 2016 - Zahlen, Daten, Fakten Agrar- und allgemeinwirtschaftliches Profil der Republik Südafrika 1. Allgemeine Kennwerte Ländername: Republik Südafrika (Republic of South Africa) Hauptstadt: Pretoria, ca. 742.000 Einwohner (Metropolregion ca. 2,9 Mio. Einwohner) Größe des Landes: 1.219.090 km² Bevölkerung: ca. 54 Mio. Einwohner, Bevölkerungsdichte: ca. 44,30 Einwohner pro km², jährliches Bevölkerungswachstum: ca. 1,58% Währung: Südafrikanischer Rand (ZAR) (1ZAR = 0,0751€) Landessprachen: Alle 11 Landessprachen sind offizielle Sprachen: Afrikaans, Englisch, isiXhosa, isiZulu, Nord-Sotho, Sesotho, Setswana, siSwati , Süd-Ndebele, Tshivenda, Xitsonga Religion: 79,8% Christen, 1,5% Muslime, 1,2% Hindus, 0,3% traditionelle afrikanische Religionen, 0,2% Juden, 0,6% andere Religionen, 15,1% unbestimmt Nationalfeiertag: 27. April („Freedom Day“; Tag der ersten freien Wahlen 1994) Regierungsform: Parlamentarische Demokratie mit einem starken Exekutivpräsidenten und föderativen Elementen Staatsoberhaupt und Regierungschef: Präsident Jacob Gedleyihlekisa Zuma (Amtsantritt am 9. Mai 2009) Minister für Landwirtschaft, Senzeni Zokwana (seit Mai 2014) Forstwirtschaft und Fischerei: Minister für ländliche Entwicklung und Landreform: Gugile Nkwinti (seit Mai 2009) 1 Geographie: Die Republik Südafrika ist der südlichste Staat Afrikas. Das Land grenzt im Nordwesten an Namibia, im Norden an Botswana und Simbabwe sowie im Nordosten an Mosambik und Swasiland. Außerdem umschließt es vollständig das Königreich Lesotho. An seiner Westküste grenzt Südafrika an den Atlantischen und an seiner Ostküste an den Indischen Ozean. Das Land lässt sich in drei große Landschaftsräume gliedern. Die Küstenlinie dehnt sich über eine Länge von 2.978 km aus. Generell ist der Küstenstreifen eher schmal, wird stellenweise aber bis zu 300 km breit. Hinter dem Küstenabschnitt folgt ein Landgürtel mit einer Breite zwischen 20 und 250 km, die Große Randstufe. Sie steigt zum Landesinneren hin an und schließt die Drakensberge, das höchste Gebirge im südlichen Afrika, ein. Es erstreckt sich über rund 1.000 km in Nord-Süd-Richtung annähernd parallel zum Indischen Ozean. Den größten Teil der Landmasse nimmt das auf einer Höhe von 900 bis 2.000 m gelegene zentrale Binnenhochland ein. Das Hochland läuft im Norden in das KalahariSandbecken aus während es im Osten, Süden und Westen durch die Große Randstufe begrenzt wird. Der Mafadi ist mit einer Höhe von 3.450 m der höchste Berg Südafrikas. Er liegt in den Drakensbergen an der Grenze zu Lesotho. Nur 2 km südöstlich des Mafadi, ebenfalls in den Drakensbergen, liegt der mit 3.408 m zweithöchste Berg, der Njesuthi. Die meisten Flüsse fließen aus den Drakensbergen nach Osten in Richtung Indischer Ozean. Der Oranje ist mit einer Länge von 1.860 km der längste Fluss und entspringt ebenfalls in den Drakensbergen. Er fließt jedoch nach Westen und mündet in den Atlantischen Ozean. Weitere wichtige Flüsse sind der 1.600 km lange Limpopo, der Grenzfluss zu Botswana, Simbabwe und Mosambik sowie der Vaal mit 1.250 km der längste Binnenfluss des Landes. Klima: Aufgrund der Lage am südlichen Wendekreis ist das Klima in Südafrika überwiegend sonnig und trocken. Bedingt durch die Größe des Landes und durch Meeresströme und Höhenlage, variiert das Klima zwischen den verschiedenen Teilen des Landes jedoch deutlich. Generell lässt sich sagen: Die Niederschläge nehmen von Südosten nach Nordwesten ab, die Temperaturen zu. 2 An der Westküste sorgt der Benguelastrom aus der Antarktis für ein relativ kühles und trockenes Klima. Das Klima an der Ostküste hingegen ist durch den Agulhastrom aus dem Indischen Ozean wärmer und feuchter. Im Winter, zwischen Juni und August, kann es in den Drakensbergen, auf dem Highveld und in Johannesburg und Umgebung sehr kalt werden und zu Schneefällen führen. Tagsüber steigen die Temperaturen im Winter auf etwa 23° C, im Sommer auf 30° C. In der Region um Kapstadt herrscht im Winter kühles Wetter mit Nieselregen. Von November bis März ist es dort warm bis heiß und trocken. In den Küstengebieten KwaZulu-Natals ist die Luftfeuchtigkeit hoch, es weht jedoch meist ein kühlender Wind vom Meer. Die Temperaturen liegen hier ganzjährig etwa zwischen 25° und 35° C. Das Plateau im Osten des Landes ist durch warme Temperaturen gekennzeichnet, in der Karoo-Halbwüste und der Kalahari kommt es zu extrem hohen Temperaturen. Die Niederschläge variieren stark je nach Region. Während die durchschnittliche Niederschlagsmenge an der Südwestküste bei ca. 560 mm / Jahr liegt, regnet es in trockeneren Gebieten im Nordwesten teilweise nur rund 50 mm / Jahr. Im Lowveld sowie in den östlichen Küstenregionen fallen die Niederschläge mit 890 mm / Jahr am stärksten aus. Umwelt: In Südafrika sind zahlreiche Gesetze und Verordnungen zum Umweltschutz in Kraft. Das Department of Environmental Affairs formuliert die nationalen Strategien zur Umweltpolitik, wie beispielsweise den National Framework for Sustainable Development und den National Biodiversity Strategy and Action Plan. Trotz aller Bemühungen kämpft das Land am Kap mit zahlreichen ernsten Umweltproblemen. Schon während der Apartheid führten die Zwangsumsiedlungen von mindestens 3,5 Millionen Menschen in so genannte "Homelands" (getrennte, viel zu klein bemessene Gebiete für die schwarze Bevölkerungsmehrheit) in den betroffenen Regionen zu irreversiblen Umweltschäden und ökologischen Strukturproblemen. Beispielsweise hatten die hohe Bevölkerungsdichte und die Übernutzung der knappen landwirtschaftlichen Flächen starke Bodenerosionen zur Folge. Heute leidet Südafrika zudem vermehrt an Luft- und Wasserverschmutzung, zu großen 3 Teilen verursacht durch die chemische Industrie und Energieunternehmen. Die Luftverschmutzung führt insbesondere bei Kindern zu Gesundheitsschäden und trifft hauptsächlich die armen Bevölkerungsteile in Ballungsgebieten. Zusätzlich verursacht der intensive Bergbau große Umweltschäden. In stillgelegten Minen am Witwatersrand bedroht giftiges, durch Schwermetalle verunreinigtes Wasser Boden und Grundwasser. Auch zahlreiche Gifte der Petro-Industrie und der Chemieunternehmen, die diese seit Jahrzehnten ungefiltert in die Umwelt absondern, verursachen massive Schäden. Südafrika ist der größte Kohlendioxid-Emittent Afrikas und trägt damit in nicht unbedeutendem Maße zum Klimawandel bei. Der jährliche Pro-Kopf-Ausstoß an Kohlendioxid betrug laut Weltbank 2010 9,0 t (vgl. Deutschland: 9,1 t). Der Klimawandel verschärft Südafrikas größtes Umweltproblem, die Wasserknappheit. Weniger als 10% des Regens sind als Oberflächenwasser nutzbar, eine der niedrigsten Raten weltweit. Insofern sind die Folgen des Klimawandels in Südafrika besonders gravierend. Mit mangelnder Wasserversorgung und Wasserqualität sowie der Abwasserentsorgung bzw. aufbereitung in Kläranlagen auch auf Grund wiederholter Stromausfälle haben vor allem die Metropolen zu kämpfen. Die Bewältigung von Dürrekrisen erfordert angesichts der grenzübergreifenden Auswirkungen regionale politische Lösungen. Ein weiteres Problem ist die Wilderei, insbesondere von Nashörnern. Während 2007 lediglich sieben Nashörner getötet wurden, fielen im vergangenen Jahr 1.215 Nashörner Wilderern zum Opfer. Verschiedene Initiativen sollen die Wilderei nun massiv bekämpfen. Insbesondere die Nationalparks, in denen die Nashörner leben, spielen eine große Rolle beim Schutz der Tiere. Insgesamt gibt es in Südafrika 22 Nationalparks, 6,6% der Landesfläche sind als Schutzgebiet deklariert. Wirtschaft: Südafrika zählt mit einem Bruttoinlandsprodukt pro Kopf von etwa 5.694,6 US$ (2015) gemäß Weltbank-Klassifizierung zur Gruppe der "Länder mit höherem mittleren Einkommen". Dennoch lebt fast die Hälfte der Bevölkerung unterhalb der nationalen Armutsgrenze, die Einkommensungleichheit ist eine der höchsten der Welt. Die Arbeitslosenrate liegt seit Ende der Apartheid 1994 fast durchgängig bei deutlich über 20%, im ersten Quartal 2015 betrug sie 26,4%. Das prognostizierte Wirtschaftswachstum wird im Jahr 2016 mit 0,6 % deutlich unter dem Vorjahreswert von 1,3% liegen. Der Sektor Bergbau/Industrie ist mit Abstand der bedeutendste Wirtschaftssektor des Landes. 2014 hatte er einen Anteil von 25,4% am Bruttoinlandsprodukt. Weitere wichtige Sektoren sind Transport, Logistik und Kommunikation sowie Handel/Tourismus mit einem Anteil am BIP von 10,0% bzw. 14,8%. Die am stärksten wachsenden Wirtschaftssektoren 4 sind Landwirtschaft (inkl. Forst- und Fischereiwirtschaft) mit 5,6% sowie der Bausektor mit 2,9%. Die Sektoren Bergbau/Industrie und Elektrizität verzeichneten im Gegensatz dazu einen Rückgang von 1,6% bzw. 0,9%. Südafrika stellt mit rund 54 Millionen Einwohnern und einer vergleichsweise hohen Kaufkraft einen großen Absatzmarkt dar. Darüber hinaus können von Südafrika weitere Länder des südlichen Afrikas erschlossen werden, welche zusammen einen Absatzmarkt von mehr als 250 Millionen Menschen bilden. Potentiellen Investoren kommt dabei die vergleichsweise gut ausgebaute und erhaltene Infrastruktur (Straßen, Luftverkehr, Telekommunikation) zugute. Zudem erleichtern die breite industrielle Basis sowie politisch stabile Verhältnisse den Markteinstieg in Südafrika. Auf der anderen Seite erschwert die relativ starke staatliche Regulierung Markteintritte ausländischer Unternehmen. Wirtschaftliche Aktivitäten werden auch durch die seit 2014 auftretende Energieknappheit und die damit verbundenen regelmäßigen Abschaltungen ganzer Stadtteile vom Stromnetz („load shedding“) eingeschränkt. Weitere Probleme sind der Fachkräftemangel und die anhaltend hohe Kriminalität. Allgemeine ökonomische Kennwerte 2015* 2016* 2017* BIP (nominal, Mrd. US$) 313,0 266,2 273,7 1,3 0,6 1,2 Inflationsrate (Verbraucherpreisindex, %) 4,6 6,5 6,3 BIP-Wachstum (jährlich, %) Quelle: gtai.de, Wirtschaftsdaten Kompakt Südafrika (2016) *Schätzungen 2. Agrarwirtschaftliche Daten 2.1) Überblick Mit 96,34 Mio. ha sind ca. 79% der Gesamtfläche Südafrikas landwirtschaftlich nutzbar. Auf knapp einem Achtel dieser Fläche, also 12 Mio. ha wird Ackerbau betrieben. 83,93 Mio. ha der landwirtschaftlich nutzbaren Fläche hingegen stehen als Weideland für die zum Teil extensive Viehwirtschaft zur Verfügung. Der Beitrag der Landwirtschaft zum BIP blieb in den letzten Jahren relativ konstant bei etwa 2,5%; der Beitrag zum Wirtschaftswachstum hingegen lag 2014 mit einer deutlichen Steigerung zum Vorjahr bei 5,6% (2013: 2,2%). 4,8% der arbeitenden Bevölkerung, etwa 5 742.000 Südafrikaner, sind in der Landwirtschaft tätig. Zu der Zahl der in der Landwirtschaft formell Beschäftigten kommen schätzungsweise 1,3 Mio. Kleinbauern und eine unbekannte Zahl von informell in der Landwirtschaft Tätigen hinzu. In seiner Rede zur Nation im Februar 2015 bekräftigte der südafrikanische Präsident bis zum Jahr 2030 weitere 1 Millionen Arbeitsplätze im Landwirtschaftsbereich schaffen zu wollen. Der Landwirtschaftssektor ist eng mit den industriellen Wirtschaftssektoren verknüpft. Während die Industrie wichtige für die landwirtschaftliche Produktion erforderliche Güter wie Saatgut, Dünge- und Pflanzenschutzmittel sowie Maschinen bereitstellt, werden bis zu 70% der landwirtschaftlichen Erzeugnisse industriell weiterverarbeitet. Zucker, Weizen, Soja und Mais gelten in Südafrika als wichtige Zwischenprodukte. Auf der landwirtschaftlich nutzbaren Fläche werden in Südafrika hauptsächlich Mais, Soja, Weizen, Zuckerrohr, Kartoffeln, Erdnüsse, Baumwolle, Gemüse, Früchte und Tabak angebaut. Darüber hinaus ist Südafrika der drittgrößte Exporteur von Zitrusfrüchten weltweit und der größte Produzent von Milchprodukten und Wein in Afrika. Daneben existiert auch eine bedeutende Fleisch- und Fischproduktion, wobei sich die Fleischbranche vor allem auf Rind- und Geflügelfleisch konzentriert. Die Weidewirtschaft erstreckt sich über große Gebiete der Provinzen Northern Cape, Free State und North West. Die Fleischproduktion ist an die klimatischen Bedingungen angepasst. In den großen Trockengebieten ist die extensive Weidewirtschaft, auch als Naturweide bezeichnet, vorherrschend. Im Nordwesten werden überwiegend Ziegen und Schafe gehalten, in den niederschlagsreicheren Gebieten züchtet man Rinder. Milchwirtschaft wird vor allem in den Küstengebieten und in den Ballungsräumen betrieben. Zu den größten Lebensmittelherstellern Südafrikas gehören Clover, Ideal Processed Meats, Tiger Brands, Tongaat Hulett und SAB Miller. 6 2.2) Agrarproduktion Landwirtschaftliche Flächen Gesamtfläche Südafrika 121,91 Mio. ha Landwirtschaftliche Nutzfläche 96,34 Mio. ha (79,0% der Gesamtfläche) Ackerfläche 12,00 Mio. ha Dauerkulturen 0,413 Mio. ha Viehwirtschaft 83,93 Mio. ha Waldfläche 9,24 Mio. ha Ackerbau/Dauerkulturen: Landwirtschaftliche Produktion (in Tonnen) 2012 2013 2014 Prognose 2015 Zuckerrohr 17.278.000 18.000.000 17.755.537 17.700.000 Mais 11.830.000 12.365.000 14.250.000 9.840.050 Kartoffeln 2.250.673 2.252.000 2.100.000 k.A. Weizen 1.915.000 1.760.000 1.790.000 1.900.000 Weintrauben 285.810 299.164 318.143 340.100 Birnen 360.854 391.952 413.614 390.000 Äpfel 795.758 882.413 792.549 900.000 Sojabohnen 650.000 785.000 948.000 942.850 Zwiebeln 624.567 596.126 k.A. k.A. Sonnenblumenkerne 630.000 557.000 832.000 612.400 7 Viehwirtschaft: Viehbestand (in 1000 Stück) 2011 2012 2013 2014 Hühner 200.000 200.000 200.000 k.A. Schafe 24.303 24.391 25.000 24.048 Rinder 13.688 13.888 14.000 13.896 Ziegen 6.152 6.142 6.200 6.022 Schweine 1.584 1.579 1.600 1.570 Truthähne 520 525 530 k.A. Enten 385 390 395 k.A. Pferde 305 308 310 k.A. 2.3) Eigentumsstruktur und Landreform 35.000 bis 40.000 kommerziell ausgerichtete Farmer bewirtschaften den größten Teil der landwirtschaftlich nutzbaren Fläche. Ihnen stehen schätzungsweise 1,3 Mio. Kleinbauern gegenüber. Mit Hilfe einer Landreform strebt die südafrikanische Regierung an, Wiedergutmachung für Vertreibungen durch das Apartheid-Regime zu leisten und bis 2015 Agrarland im Umfang von 24,5 Mio. ha (ca. 25% der landwirtschaftlichen Nutzfläche) an schwarze Neufarmer („Emerging Farmers“) zu übertragen. Nach offiziellen Mitteilungen wurden von 1994 bis heute jedoch lediglich etwas mehr als 4.800 Farmen staatlicherseits erworben und an schwarze Neufarmer übertragen. Das entspricht etwa einem Viertel der Fläche, die die Regierung als Ziel der Landreform hat. Durch die Umsetzung des Property Valuation Act in 2013 wurde ein „Valuer General“ geschaffen, der den Wert der zum Verkauf anstehenden Flächen festlegt. Zusätzlich wurde die neue Expropriation Bill vorgestellt, die vorsieht, im Falle von Uneinigkeiten über den Wert einer zum Verkauf vorgesehenen Fläche, den Verkauf zum durch den „Valuer General“ festgelegten Preis gerichtlich zu erzwingen. Seit Beginn des Jahres 2015 verschärft sich der Ton in der Landreformdebatte. Der linke Parteiflügel des ANC (Regierungspartei) fordert entschlossenere Ansätze zur Beschleunigung der Landreform. Zusätzlich wird der ANC durch radikale und populistische Umverteilungsforderungen der linken Oppositionspartei EFF unter Druck gesetzt. 8 Präsident Zuma verkündete in seiner “ State of the Nation Address“ am 12. Februar 2015 offiziell im Parlament, dass die Regierung die Landreform durch verschiedene Maßnahmen beschleunigen wird. So wird sich die Regierung vom bisherigen „Willing Buyer – Willing Seller“ Prinzip verabschieden und Land zur Umverteilung in Zukunft nach dem „Just and Equitable Compensation“ Prinzip erwerben. Dies bedeutet, dass der Staat zum Aufkauf von Land nicht mehr das Einverständnis des Besitzers benötigt, solange er diesen „angemessen“ entschädigt. Des Weiteren sollen Ausländer in Zukunft keine landwirtschaftlichen Flächen besitzen dürfen, stattdessen können sie Pachtverträge mit einer Dauer von 30 bis 50 Jahren abschließen. Zudem soll der Landbesitz von Südafrikanern auf maximal 12.000 ha begrenzt werden. Die Agrarverbände reagierten mit Unverständnis und Besorgnis. Besonders die Beschränkung auf 12.000 ha sorgt für Unmut, da in weiten Teilen des Landes eine kommerzielle erfolgreiche Landwirtschaft auf einer solchen Fläche nicht möglich ist. Durch die neusten Ankündigungen ist die Verunsicherung unter kommerziellen Farmern gewachsen und die zur Modernisierung notwendigen Investitionen dürften somit aufgeschoben werden. 2.4) Versorgungssicherheit Südafrika ist das Land mit der höchsten Ernährungssicherheit auf dem afrikanischen Kontinent. Mit 61,1 Punkten beim "Global Food Security Index" wird Südafrikas Ernährungssicherheit ähnlich gut wie in den restlichen BRICS-Staaten und deutlich besser als in den meisten afrikanischen Ländern (30 – 40 Punkte) bewertet. Laut Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) gelten weniger als 5% der Gesamtbevölkerung als unterernährt (Afrika-Durchschnitt 20,5%). 2.5) Fischereiwirtschaft Binnenfischerei spielt in Südafrika kaum eine Rolle, Fischerei wird fast ausschließlich in freien Gewässern betrieben. Dabei lässt sich unterscheiden zwischen Freizeitfischerei, Subsistenzfischerei und kommerzieller Fischerei. Die kommerzielle Fischerei lässt sich nochmals unterteilen. Während an der Westküste hochindustrialisierte und kapitalintensive Unternehmen in küstenfernen und tiefen Gebieten tätig sind, fischen die traditioneller geprägten Fischer an der Ostküste vor allem in Küstennähe. Deren Fang ist zwar diversifizierter, allerdings ist die Produktivität deutlich geringer als bei den industrialisierten Konkurrenten. Aquakultur wird bis jetzt nur in geringem Umfang betrieben. Südafrika kennt eine Vielzahl von Fischarten. Der wichtigste Wirtschaftszweig ist die 9 Fischerei von Seehechten mit etwa 50% der Leistung dieses Sektors. Mengenmäßig am meisten gefischt werden Sardinen, Sardellen und Rundheringe. Die jährliche Fischereiproduktion beläuft sich auf rund 600.000 t. Davon werden 400.000 t für den Konsum und 200.000 als Tierfutter oder für andere Zwecke produziert. Südafrika exportiert jährlich 275.000 t und importiert 165.000 t Fischprodukte. Fischereiproduktion: Fischereiwirtschaftliche Produktion Fang (in t) Jahr Seehechte 590.000 2012 Sardellen 119.873 2011 Sardinen 112.885 2011 Rundheringe 64.640 2011 Makrelen 562.850 2009 Abalone 3.364 2012 Tun-, Schwert- und Haifische 6.200 Durchschn. Tintenfische 7.966 2011 Langusten 2.495 2011 Quelle: Food and Agriculture Organization of the United Nations, 2010 Die kommerzielle Fischerei trägt ca. 0,6% zum BIP bei und beschäftigt rund 43.500 Menschen direkt (inklusive Saisonarbeiter). Weitere 100.000 Südafrikaner sind indirekt in der Fischerei beschäftigt, beispielsweise im Fischhandel oder in der Fischverarbeitung. Dazu kommen gut 29.000 Subsistenzfischer, deren Existenz von der Fischerei abhängig ist. Die gesamtwirtschaftliche Bedeutung der Fischerei ist zwar relativ gering, allerdings ist der Sektor in einigen ländlichen Küstengebieten, vor allem an der Transkei-Küste und der nördlichen Küste KwaZulu-Natals eine wichtige Einkommens- und Nahrungsquelle. Die politische Verantwortung für Fischereiwirtschaft liegt beim Department of Agriculture, Forestry and Fisheries. Es setzt sich für die Entwicklung des Fischereisektors und die Maximierung seines wirtschaftlichen Potenzials ein. Zudem soll es eine nachhaltige Nutzung der Meeres- und Küstenressourcen sicherstellen und damit die Ökosysteme an den Küsten Südafrikas schützen. 10 2.6) Forstwirtschaft Mit 9,24 Mio. ha werden nur 7,5% der Fläche Südafrikas als Wald klassifiziert. Große Wälder kommen am östlichen Küstenstreifen, in den Randgebirgen der Drakensberge, im Tiefland Kwazulu-Natals, in der Ostkap-Provinz sowie im Bereich der "Garden-Route" im Westkap vor. Diese relativ kleine Waldfläche beherbergt jedoch über 1.700 verschiedene Baum- und Straucharten. Die verbreitetsten Arten sind diverse Pinus-Arten, der Eucalyptus grandis und weitere Eucalypten sowie die Acacia melanoxylon. Im Forstsektor sind rund 165.900 Waldarbeiter beschäftigt, dazu kommen weitere 62.700 direkte Arbeitsplätze und 30.000 indirekte Arbeitsplätze. Der Beitrag des Sektors zum BIP beträgt ungefähr 1%. 2012 machten Forstprodukte ca. 1,9% der Exporte und ca. 1,4% der Importe aus. Während die gesamtwirtschaftliche Bedeutung der Waldressourcen überschaubar bleibt, spielen sie eine wichtige Rolle für viele ländliche Regionen. Rund 652.000 Menschen in ländlichen Regionen sind auf Wälder als Quelle für Feuerholz, Nahrungsmittel und Medizin angewiesen. Hauptsächlich wird das Holz jedoch für Baumaterial, Grubenstempel und Möbel verwendet. Forstwirtschaftliche Produktion: Forstproduktion (in m³) 2011 2012 2013 Faser- und Spaltholz 10.337.799 12.112.517 12.112.517 Energieholz 12.000.000 12.000.000 12.000.000 Säge- und Furnierholz 4.179.100 4.485.599 4.485.599 Holzspäne 2.100.000 2.600.000 2.600.000 Quelle: Food and Agriculture Organization of the United Nations, 2015 Das Department of Agriculture, Forestry and Fisheries verwaltet die nationalen Forstressourcen. Zudem bemüht es sich durch Aufforstung, Unterstützung von Gewerkschaften der Branche und zahlreiche Trainingsprogramme um die Schaffung neuer Arbeitsplätze im Forstsektor, um damit zur Bekämpfung ländlicher Armut beizutragen. 3. Importe und Exporte 11 Unter den Ländern des südlichen Afrikas nimmt Südafrika eine besondere Stellung ein. Nach dem Ende des Apartheid-Regimes konnte sich die Kap-Republik als wirtschaftliche Regionalmacht und international bestens integrierter Staat (unter anderem wurde Südafrika seit 1994 zweimal in den Sicherheitsrat der Vereinten Nationen gewählt und ist seit 2011 Mitglied der BRICS sowie Mitglied der G20) sowie als wichtigstes Mitglied der Southern African Development Community (SADC) und des Common Market for Eastern and Southern Africa (COMESA) etablieren. Darüber hinaus ist der südafrikanische Rand die wichtigste regionale Währung: die Währungen Namibias, Lesothos und Swasilands sind 1:1 an den Rand gekoppelt. Südafrika gehört zu den außenwirtschaftlich stark verflochtenen Ländern. Die Exportquote lag 2014 bei 31,0%, die Importquote bei 33,2%. Nachdem das Leistungsbilanzdefizit 2013 auf rund 20,5 Mrd. US$ gestiegen war, sank es nach aktuellen Schätzungen des IMF 2014 auf 19,1 US$. Exportiert werden primär Rohstoffe (18,1%), Nichteisenmetalle (11,5%), Kfz und Kfz-Teile (8,6%), Nahrungsmittel (7,8%) und chemische Erzeugnisse (7,1%). Hauptabnehmer ist die VR China mit 13%, gefolgt von den USA, Japan, Botswana, und Deutschland. Wichtige Importgüter sind Erdöl (20,8%), Maschinen (12,8%), chemische Erzeugnisse (10,4%), Elektronik (8,7%), sowie Kfz und Kfz-Teile (8,5%). Die wichtigsten Lieferländer sind die VR China mit 15,5% und Deutschland mit 10,3%, gefolgt von Saudi-Arabien, den USA und Indien. Nach Schätzungen des südafrikanischen Landwirtschaftsministeriums setzte Südafrika 2013 mit dem Im- und Export landwirtschaftlicher Güter ungefähr 13,5 Mrd. US$ um, wobei die Importe im Vergleich zum Vorjahr um 8% und die Exporte um 31,4% zunahmen. Gesamtwert der Importe und Exporte 2012 2013 2014 Importe (in Mrd. US$) 68,8 80,1 87,2 Exporte (in Mrd. US$) 57,8 65,0 68,8 12 Importe (2014) Exporte (2014) Produkt Anteil am Gesamtimport Produkt Anteil am Gesamtexport Erdöl 22,3% Rohstoffe 16,6% Maschinen 11,5% NE-Metalle 10,0% Chemische Erzeugnisse 10,6% Nahrungsmittel 8,4% Quelle: gtai.de, Wirtschaftsdaten Kompakt, Südafrika (2016) Deutscher Außenhandel mit Südafrika: Verarbeitete Lebensmittel 2015 Deutsche Einfuhr (in tEuro) Deutsche Ausfuhr (in tEuro) Gesamt 426.663 Gesamt 254.461 Frischobst (ausgen. Südfrüchte) Wein 140.800 Weizen 81.380 89.925 Fleisch und Feischwaren 32.086 Südfrüchte 63.413 Kaffee 22.235 Quelle: Statistisches Bundesamt, Wiesbaden 4. Chancen und Risiken für Exporteure aus Deutschland Südafrika gehört mit Rang 118 von 187 beim Human Development Index zu den am höchsten entwickelten Ländern in Subsahara-Afrika (nur Botsuana und Gabun werden höher eingestuft). Mit Rang 43 von 189 im „Doing Business Report“ 2015 wird es hinsichtlich der Attraktivität für Investoren deutlich besser bewertet als alle anderen BRICS-Staaten und hängt sogar einige ost- und südeuropäischen Staaten ab. Das Land am Kap ist mit einem Handelsvolumen von ca. 13,2 Mrd. EUR (2014) der mit Abstand wichtigste Handelspartner Deutschlands auf dem afrikanischen Kontinent. Deutschland importierte 2014 Produkte aus Südafrika im Wert von ca. 4,9 Mrd. EUR und exportierte Produkte nach Südafrika in Höhe von ca. 8,3 Mrd. EUR. Die wichtigsten Importgüter aus Südafrika sind Rohstoffe (16,4%), Maschinen (16,3%), Kfz- und Kfz-Teile (13,7%) und Nichteisenmetalle (10,0%). Deutschland exportiert nach Südafrika vor allem Kfz- und Kfz-Teile (29,9%), Maschinen (23,0%) und chemische Erzeugnisse (13,5%). 13 Auch der Handel landwirtschaftlicher Produkte zwischen Deutschland und Südafrika ist stark ausgeprägt. So importierte Deutschland im Jahr 2015 landwirtschaftliche Produkte im Wert von 0,426 Mrd. EUR aus Südafrika, hauptsächlich Frischobst, Wein und Südfrüchte. Im Gegenzug exportierte Deutschland landwirtschaftliche Produkte, vor allem Weizen, Fleisch und Fleischwaren sowie Kaffee, im Wert von 0,254 Mrd. EUR nach Südafrika. Auf dem südafrikanischen Markt finden sich verarbeitete Lebensmittel deutscher wie anderer ausländischer Hersteller wieder. Der Einzelhandel bietet ein breitgefächertes, reichhaltiges Lebensmittelangebot – sowohl mit Produkten nationaler als auch internationaler Hersteller wie zum Beispiel Ferrero, Kraft, Nestlé und Unilever. Auch Erzeugnisse deutscher Hersteller sind erhältlich. Dazu gehören Süßwaren (Haribo, Milka, Ritter Sport, Sarotti, Storck), Kekse (Bahlsen), Backzutaten (Ruf) oder Fertigprodukte (Hengstenberg, Dr. Oetker), Kaffee (Eduscho, Jacobs, Tchibo) und Bier (Becks, Clausthaler, Erdinger). Besonders durch das sich verändernde Konsumverhalten der wachsenden schwarzen Mittelschicht erhöht sich die Nachfrage nach neuen Produkten. Spätestens durch den Eintritt des US-amerikanischen Handelsunternehmens Walmart in den Nahrungsmittelhandel Südafrikas sind die heimischen Nahrungsmittelhandelsketten bemüht, ihr Sortiment auszuweiten und attraktiver zu gestalten. Hier besteht für die deutschen Lebensmittelhersteller die Möglichkeit mit hochwertigen Produkten in den Markt einzusteigen. Ein wichtiger Vertriebsweg sind die in Südafrika ansässigen Einzelhandelsketten. Zu den größten Ketten zählen Shoprite-Checkers, Pick n Pay, Spar, Woolworths und Massmart. Vom Kap aus expandieren diese Ketten in andere Länder Afrikas (insbesondere nach Botswana, Mosambik, Namibia, Sambia, Simbabwe). Auf diese Weise können ausländische Produkte ihren Weg über Südafrika auch in andere afrikanische Staaten finden. 5. Aktuelle Entwicklungen und Ausblick Der dynamische Lebensmittelhandel im südlichen Afrika bietet für die deutsche Ernährungsindustrie umfangreiche Chancen. Zwar werden nach Aussage des vom südafrikanischen Bureau of Food and Agricultural Policy (BFAP) veröffentlichten „Baseline Agricultural Outlook 2014 – 2023“ die Ausgaben für Lebensmittel in Südafrika infolge der erhöhten Verschuldung und dem geschwächten Konsumklima kurzfristig sinken. Allerdings führen das stetige Bevölkerungs- und Wirtschaftswachstum, die starken Trends zur Urbanisierung und das Wachsen der „schwarzen“ Mittelschicht mittel- und langfristig 14 zu einer steigenden Nachfrage nach Lebensmitteln. Voraussetzung dafür ist allerdings, dass unter anderem von der Landreformpolitik keine negativen Einflüsse auf die Produktivität des Sektors ausgehen. Der bereits stattfindende Wandel des Konsumverhaltens – weg von Mais hin zu proteinreicherer Nahrung (Fleisch, Milchprodukte) – dürfte sich fortsetzen, aufgrund des momentan schwachen Wirtschaftswachstums jedoch vorerst in geringerem Ausmaß als erwartet. Dennoch wird die heimische Produktion die steigende Nachfrage nach Fleisch, Brot, Nudeln, Kartoffeln und Reis voraussichtlich nicht decken können. Dies eröffnet Chancen für die deutsche Lebensmittelindustrie. Zwischen dem wichtigsten Sektor der südafrikanischen Wirtschaft, dem Bergbau, und der Landwirtschaft gibt es eine ständige Konkurrenz um die Nutzung von Landflächen. Eine noch stärkere Fokussierung auf den Bergbau könnte knapp 80.000 ha der bisher für Sojabohnen- und Maiserzeugung genutzten Fläche betreffen. Für die einheimische Versorgung mit Nahrungsmitteln würde dies negative Folgen haben und die bereits in den letzten Jahren gestiegenen Preise für Nahrungsmittel weiter in die Höhe treiben. Zur besseren Koordinierung der agrarwissenschaftlichen Aktivitäten im südlichen Afrika wurde seitens des BFAP das Regional Network of Agricultural Policy Research Institutes (ReNAPRI) gegründet. Beteiligt sind Forschungseinrichtungen aus Kenia, der Demokratischen Republik Kongo, Malawi, Mosambik, Sambia und Südafrika. Diese Kooperation soll künftig einen fundierten landwirtschaftlichen Ausblick für das südliche Afrika insgesamt möglich machen. In dem 2012 veröffentlichten „National Development Plan 2030“ und dem im selben Jahr herausgegebenen „Integrated Growth and Development Plan“ entwickelt die südafrikanische Regierung eine Strategie zur umfassenden Transformation des Landwirtschaftssektors. Unter anderem sollen dafür in den nächsten Jahren die landwirtschaftliche Produktion und Produktivität auf den vorhandenen Flächen erhöht werden, während gleichzeitig die Biodiversität des Landes erhalten bleiben soll. Die aus deutscher Sicht negativen Entwicklungen in der Wirtschaftspolitik, insbesondere die Landwirtschaft betreffend. (u.a. steigende Bürokratie, protektionistische Tendenzen, die vom Populismus beeinflusste Umsetzung der Landreform) dürfen nicht den Blick dafür verstellen, dass Südafrika in der Gruppe der Weltregionen bleibt, in denen in den nächsten Jahrzehnten großes Wachstum zu erwarten ist. Daher sollte die Reaktion auf die zum Teil irritierende südafrikanische Wirtschaftspolitik eine Intensivierung der deutschsüdafrikanischen Partnerschaft sein, um Einfluss und Chancen zu wahren. So können trotz der bestehenden Herausforderungen viele Wirtschaftsprojekte durchgeführt werden, von denen beide Seiten profitieren. 15 6. Ansprechpartner Botschaft der Bundesrepublik Deutschland Pretoria Herr Erik Schneider Referat Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (zuständig für: Angola, Botsuana, Lesotho, Mosambik, Namibia, Sambia, Simbabwe, Südafrika und Swasiland) 201 Florence Ribeiro Avenue, Groenkloof, Pretoria 0181, South Africa Telefonnummer: +27 12 427 8929 Faxnummer: +27 12 344 5610 E-Mail-Adresse: La-1@pret.diplo.de Internetrepräsentanz: www.pretoria.diplo.de Deutsche Industrie- und Handelskammer für das südliche Afrika Herr Matthias Boddenberg 47 Oxford Road, Forest Town 2193, Johannesburg P.O. Box 87078, Houghton 2041, South Africa Telefonnummer: +27 11 486 3346 E-Mail-Adresse: Mboddenberg@germanchamber.co.za Internetrepräsentanz: www.germanchamber.co.za 16