Zellen – Teil 1

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Zellen – Teil 1
Stromversorgung
Methoden der
Ladezustands­bestimmung und ihre Eignung für
LiFePO4/Li4Ti5O12-Zellen – Teil 1
(Bilder: Deutronic Elektronik GmbH)
Standard-Lithium-Ionen-Akkus zeigen hinsichtlich Sicherheit, Zuverlässigkeit, Langlebigkeit und Schnellladefähigkeit Schwächen.
­Lithium-Eisenphosphat- (LiFePO4, LFP)/Lithium-Titanat- (Li4Ti5O12, LTO)
-Zellen haben in dieser Hinsicht erheblich bessere Eigenschaften.
Mit der neuen Li-Ionen-Akkuart stellt sich aber auch die Frage, ob deren Ladezustand mit den gängigen Verfahren diagnostiziert werden
kann. Lassen sich Verfahren, die sich vor allem bei Blei- und den Standard-Li-Ionen-Zellen etabliert haben, auf LFP/LTO-Akkus übertragen?
In diesem ersten Teil werden Ah-Bilanzierung und Ruhespannungsmethode analysiert.
genschaften moderner Li-Ionen-Zellen
wie z.B. LFP/LTO (Lithium-Eisen-Phosphat-Kathode/Lithium-Titanat-Anode)
weichen jedoch erheblich von den Eigenschaften gängiger Li-Ionen-Zellen
mit Graphit-Anode ab. Damit stellt sich
die Frage, welche Verfahren der Ladezustandsbestimmung (SOC, State of
Charge) sich auf den Einsatz mit modernen Li-Ionen-Zellen wie LFP/LTO übertragen lassen.
Von Prof. Dr. Jonny Dambrowski
Das am häufigsten eingesetzte Verfahren zur Ladezustandsbestimmung ist
die Amperestundenbilanzierung, auch
Ah-Zähler genannt. Hierbei handelt es
sich um eine vorzeichentreue Messung
der auf die Nennkapazität CN eingelagerten und entnommenen Ladungsmenge. Genauer: Ist in t = 0 der Ladezustand SOC0 bekannt, so gilt:
D
ie meistens verwendeten Methoden zur Ladezustandsbestimmung an Blei- und LithiumIonen-Akkus basieren auf:
➜➜1. Ah-Bilanzierung,
➜➜2. Schätzung der Ruhespannung
U 0,
➜➜3. Impedanzmessung, z.B. anhand
der Elektrochemischen Impedanz30
Elektronik 7/2013
spektroskopie (EIS) oder der Innenwiderstandsbestimmung an Stromstufen,
➜➜4. Soft Computing, z.B. künstliche
Neuro-Fuzzy-Inferenz-Systeme.
Jede Methode hat ihre Vor-, aber auch
ihre Nachteile. Durch Kombination
mehrerer Verfahren wird versucht, einige der Nachteile zu beheben. Die Ei-
1. Ah-Bilanzierung
(1)
Stromversorgung
4,2
4,0
6
3,8
Ruhespannung U0 [V]
relative Ladung q [%]
5
4
3
2
1
0
3,6
3,4
3,2
3,0
2,8
0,01
0,02
0,03
0,04 0,05 0,06 0,07 0,08
Abschaltstromstärke IO [n × C]
0,09
Bild 1. Je kleiner I0, desto größer die Ladung q relativ zu der mit I0 =
0,1 C, aber der Effekt ist bei LFP/LTO-Zellen (blaue Kurve) erheblich kleiner als bei Li-Ionen-Zellen mit Graphit-Anode – was eine höhere Genauigkeit bei der Ermittlung des Vollladepunktes voraussetzt. Während die
Ladeverluste im Falle der LFP/LTO- und Li-Mn-Spinell-Zellen (LMO, rote
Kurve) vernachlässigbar sind, können sie bei NMC-Zellen (Nickel-Mangan-Cobalt, güne Kurve), je nach I0, größer als 1 % werden.
mit dem Hauptreaktionsstrom iHR :=
iBat −iNR, also der Differenz aus Batteriestrom iBat und Strom in die Nebenreaktionen iNR. Der Wertebereich der SOCFunktion liegt in der Regel zwischen 0
und 1, d.h. SOC(t) ∈ [0, 1] ⊂ R, kann aber
auch sowohl >1 als auch <0 sein. Alternativ lässt sich der Ladezustand auch
relativ in % angeben. Soll die im Laufe
des Betriebs des Speichers unvermeidbare Alterung nicht in die SOC-Berechnung eingehen, so wird auf die aktuelle Kapazität Ca normiert, also die Ladungsmenge, die ein vollgeladener
Speicher unter Nennbedingungen zu
2,6
0
0,10
20
60
40
praktischer Ladezustand SOCp [%]
80
100
Bild 2. Ruhespannungskurven U0 verschiedener, kommerziell erhältlicher
Li-Ionen-Zellen in Entladerichtung, in Abhängigkeit vom praktischen Ladezustand SOCp. Die Messwerte wurden bei 25 °C ±1 °C aufgenommen,
mit Lade-/Entladestufen ∆q = 3 % Ca und je 6 h bis 12 h Pause. Die Ruhephase ist so dimensioniert, dass sich für 3 % ≤ SOCp ≤ 97 % die Klemmspannung der Zelle nach min. 6 h nur noch um höchstens 2,5 mV/h verändert, was der Auflösung des Messsystems entspricht. Blau: LFP/C, Rot: LiMn-Spinell/C, Grün: Li-NMC(Gemisch)/C, Orange: Li-NMC(Schicht)/C.
einem Zeitpunkt nach Erstinbetriebnahme hat. Der auf Ca normierte Ladezustand heißt relativer Ladezustand
und wird mit SOCr bezeichnet.
Vorteil der Ah-Bilanzierung ist, dass
sie prinzipiell für jede Art von Speicher
anwendbar ist. Der benötigte Algorithmus für die Berechnung lässt sich sehr
leicht implementieren und kann daher
ohne großen Aufwand in eine Ladeschaltung oder ein Akkumanagementsystem integriert werden.
Die Ah-Bilanzierung hat aber auch
Nachteile: Aufgrund der unvermeidlichen Fehler bei der Stromintegration
und der Verluste beim Laden muss in
bestimmten Zuständen des Akkus eine
Rekalibrierung des Ah-Zählers erfolgen.
Der Strom in die Nebenreaktionen iNR :=
iBat −iHR ist nicht direkt messbar und bedingt im Besonderen bei Blei- und
NiMH-Akkus nach wenigen Zyklen eine
Abweichung zwischen berechnetem
und tatsächlichem Ladezustand [1]. Daher wird zur Berechnung des Ladezustandes z.B. der Ladefaktor oder ein
komplexeres Verlustmodell herangezogen. Ein guter Referenzpunkt zur Rekalibrierung des Ah-Zählers zeichnet sich
durch folgende Eigenschaften aus:
_0A8TH_TRACO_EK_07.pdf;S: 1;Format:(210.00 x 102.00 mm);04. Mar 2013 13:36:08
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Stromversorgung
Elektrodenmaterialien für Li-Ionen-Akkus
Für den Bau von Li-Ionen-Zellen werden
mehrere Materialien und Materialkombinationen für die Anode und Kathode in der industriellen Produktion eingesetzt. Damit
verbunden sind stark unterschiedliche Eigenschaften der jeweiligen Zelle – gleichwohl alle zur Gattung der Li-Ionen-Akkus
gehören. – Bei Li-Ionen-Akkus ist Graphit das
Abkürzung
Chem. Bezeichnung
Mittlere Zellspannung bezogen auf C-Anode [V]
Standard-Anodenmaterial. Es bietet als Vorteil eine hohe spezifische Kapazität und eine
höhere Spannungslage gegenüber den Kathodenmaterialien. Aber der Einsatz von
Graphit bringt auch limitierende Faktoren
mit sich:
➜➜1. Ausbildung der SEI-Schicht (Solid Elec­
trolyte Interphase) mit dem 1. Zyklus zwi-
schen der Graphit­elektrode und dem Elektrolyt. Im Laufe des Betriebs wächst die
SEI-Schicht und trägt maßgeblich zur Alterung bei – dadurch geht Aktivmaterial (Lithium) verloren ⇒ Kapazitätsverlust der
Zelle und der Innenwiderstand (Ri) der Zelle steigt ⇒ verringerte Hochstromfähigkeit.
LCO
LMO
NMC(Schicht)
NCA
LFP
LiCoO2
LiMn2O4
Li[Ni1/3Mn1/3Co1/3]O2
Li[Ni0,8Co0,15Al0,05]O2
LiFePO4
3,6
3,8
3,7
3,7
3,3
Spannungsbereich bezogen auf Li/Li+ [V]
3,0 – 4,4
2,7 – 4,2
2,8 – 4,4
3,0 – 4,3
2,2 – 3,8
Anzahl Li+-Ionen pro Metalloxid (xLi+)
0,7 – 0,9
0,5 – 0,7
0,8 – 0,85
0,5 – 0,7
0,6 – 0,7
theoretische spezifische Kapazität [mAh/g]
280
148
278
279
178
erreichbare spezifische Kapazität [mAh/g]
140 – 190
120 – 130
150 – 185
160 – 195
120 – 160
praktische spezifische Energie/Zelle [Wh/kg]
177
94
135
132
113
praktische spezfische Leistung/Zelle [W/kg]
1000
960
6500
2340
5600
rel. Volumenänderung (Laden-Entladen) [%]
2–3
6,5 – 14
<2
ca. 1 – 2
6,8
Zyklenzahl (bis 80 % CN)
>500
<500
>1000
>1000
>2000
Strukturtyp
Schicht, 2D-Li+-Ionen-­
Leitung im Kristall
Spinell, 3D-Li+-Ionen-­
Leitung im Kristall
Schicht, 2D-Li+-Ionen-­
Leitung im Kristall
Schicht, 2D-Li+-Ionen-­
Leitung im Kristall
Olivin, 1D-Li+-Ionen-­
Leitung im Kristall
Tabelle 1. Die fünf gängigen Kathodenmaterialien dienen häufig auch zur einfachen sprachlichen Unterscheidung der Li-Ionen-Zellen in „Cobalt-“, „Mangan-“, oder „Eisen-Phosphat-Zellen“, denn bisher wurde für alle Zellen in der Regel Graphit als Anodenmaterial eingesetzt [4 – 10].
Abkürzung
C
LTO
Graphit
Li4Ti5O12
Potentialbereich bezogen auf Li/Li+ [V]
0,05 – 0,3
1,2 – 2,5
mittlere Spannung bezogen auf LFP [V]
3,3
1,85
Spannungsbereich bezogen auf LFP [V]
2,0 – 3,6
1,1 – 2,4
Chem. Bezeichnung
Anzahl Li+-Ionen pro Metalloxid (xLi+)
0,9
2,6 – 2,9
theoretische spezifische Kapazität [mAh/g]
372
175 (293)
erreichbare spezifische Kapazität [mAh/g]
320 – 365
150 – 170
praktische spezifische Energie/Zelle (LFP) [Wh/kg]
113
50
praktische spezfische Leistung/Zelle (LFP) [W/kg]
5600
500
relative Volumenänderung (Laden-Entladen) [%]
10
<0,1
Strukturtyp
Schicht, 2D-Li+-Ionen-Leitung
im Kristall
Spinell, 3D-Li+-Ionen-Leitung
im Kristall
Tabelle 2. Der große Vorteil von Lithium-Titanat als Anodenmaterial ist dessen vernachlässigbar kleine Volumenänderung zwischen Laden und Entladen. Die Bezeichnung als „Li-Titanat-Zelle“ ist, gegenüber der bisher
vom Kathodenmaterial abgeleiteten Namensgebung, verwirrend. Eine Nennung von Kathoden- und Anodenmaterial erscheint zukünftig sinnvoller – z.B. „LCO/C“ für eine Li-Cobalt-Zelle mit Graphit-Anode bzw. LFP/LTO
für Lithium-Eisen-Phosphat-Zelle mit Li-Titanat-Anode [7, 10 – 14].
32
Elektronik 7/2013
➜➜2. Hohe Ladeströme begünstigen ebenso
wie tiefe Temperaturen die Abscheidung
von metallischem Lithium oder führen zum
Aufbrechen der Graphitstruktur ⇒ begrenzte Ladeakzeptanz und Hochstromfähigkeit.
➜➜3. Mechanischer Stress des Anodenmaterials durch Volumenzunahme im geladenen/
entladenen Zustand.
Alle genannten Alterungsmechanismen der
Graphit-Anode sind bei Lithium-Titanat-Anoden nicht präsent. Li-Ionen-Zellen mit LTOAnoden haben folgende Vorteile:
➜➜Hohe chemische wie thermische Stabilität
⇒ keine Li-Abscheidung, kein thermisches
Durchgehen ⇒ sicheres Material.
➜➜Kein Aufbau einer Grenzschicht (SEI) zwischen Elektrode und Elektrolyt.
➜➜Keine Struktur- und Volumenänderung zwischen ge- und entladenem Zustand ⇒ exzellente Zyklenstabilität (30.000 Vollzyklen
[11]).
➜➜Sehr flache Spannungskennlinie ⇒ hohe
Leistungskonstanz über gesamten SOC-Bereich.
➜➜Sehr gute Li+-Ionenleitfähigkeit ⇒ sehr gute Schnellladefähigkeit ⇒ hohe spezif. Leistung (W/kg).
Stromversorgung
➜➜exzellente Ladeakzeptanz über gesamten
SOC-Bereich, insbesondere bis zur Vollladung (SOC -> 100 %).
➜➜Weiter Betriebstemperaturbereich von
–40 °C bis 70 °C.
➜➜Umweltfreundlich, enthält keine giftigen
Schwermetalle wie Co, Ni.
Nachteilig an Lithium-Titanat ist jedoch:
➜➜die niedrige Zellspannung ⇒ ca. 60 % geringere spezif. Energie (Wh/kg) als bei GraphitAnode und
➜➜der relativ hohe Preis von 12.000 Euro/t für
den Rohstoff. Lithium-Titanat ist allerdings
günstiger als Cobalt (23.000 Euro/t) und Nickel (13.000 Euro/t).
Lithium-Eisen-Phosphat (LFP) als Kathodenmaterial
➜➜ist im Vergleich zu Nickel oder Cobalt kostengünstiger,
➜➜bietet eine hohe chemische wie thermische
Stabilität ⇒ kein thermisches Durchgehen
⇒ sicheres Material,
➜➜erreicht eine hohe Zyklenlebensdauer,
➜➜enthält keine giftigen Schwermetalle wie Co,
Ni,
➜➜ermöglicht den Bau von Zellen mit einer hohen spezifischen Leistung [W/kg],
➜➜bietet eine hohe Ladeakzeptanz über den
gesamten SOC-Bereich, auch nahe SOC =
100 %,
➜➜hat eine flache Spannungskennlinie ⇒ gute
Leistungskonstanz über einen weiten SOCBereich und
➜➜gute elektrische Eigenschaften auch bei tiefen Temperaturen bis –30 °C.
Li-Ionen-Zellen mit Lithium-Eisen-PhosphatKathoden (LFP) haben allerdings eine geringere Zellenspannung ⇒ geringe spezifische Energie [Wh/kg] und eine intrinsisch schlechte
elektrische und Ionen-Leitfähigkeit. Durch Nano-Partikel und Kohlenstoff-Beschichtung sind
die Zellen dennoch für Leistungsanwendungen geeignet. Sie werden in Elektro- und Hybridfahrzeugen, Akku-Werkzeugen und im Medizinbereich eingesetzt.
LFP/LTO-Zellen mit LFP-Kathode und LTO-Anode eignen sich besonders für Akkus, von denen
eine hohe Lebensdauer und Zyklenzahl, aber
auch eine hohe Ladeakzeptanz gefordert wird,
z.B. in stationären Speichern für Erneuerbare
Energien, in der Medizintechnik, in Elektro- und
Hybridfahrzeugen. Die in den Zellen ablaufenden Reaktionen sind:
Anode: Li7Ti5O12→ 3 Li+ + 3 e− + Li4Ti5O12
Kathode: FePO4 + Li+ + e− → LiFePO4
➜➜1. Der Referenzpunkt repräsentiert
genau den spezifischen Ladezustand
SOC0.
➜➜2. Im regulären Betrieb des Speichers
gibt es eine ausreichende Anzahl
von Ereignissen, um den Referenzpunkt zu erreichen, ohne dabei die
eigentliche Funktion der Anwendung zu beeinträchtigen.
➜➜3. Der Referenzpunkt lässt sich einfach erreichen, ohne den Speicher zu
belasten (altern).
➜➜4. Unabhängig von der Betriebsweise – z.B. Höhe der Lade-/Entladestromstärke, Abbruchkriterien – wird
der Referenzpunkt möglichst exakt
eingenommen.
Der Voll- oder der Leerzustand (SOC0 =
1 bzw. SOC0 = 0) sind naheliegende Rekalibrierungspunkte des Ah-Zählers.
Wir konzentrieren uns im weiteren Verlauf auf den in der Praxis relevanteren
Vollladezustand, da SOC = 0 in der Regel den vier Bedingungen noch
schlechter genügt. Im Gegensatz zu
Bleiakkus lässt sich SOC = 1 bei LithiumIonen-Akkus erheblich leichter und
insbesondere schneller herstellen. Aufgrund der vernachlässigbaren Ladeverluste werden bei Li-Ionen-Zellen auch
weniger Vollladeereignisse zur Rekalibrierung benötigt. Die Anforderungen
nach Punkt 3 und 4 sind deutlich weniger problematisch als bei Bleiakkus.
Den Vollladepunkt an Bleiakkus zu erreichen ist in der Regel sehr zeitaufwendig, stets verbunden mit nicht unerheblichen Ladeverlusten und einer
signifikanten Belastung und Alterung
der Zellen. Andererseits ist eine Vollladung aufgrund gewisser egalisierender
Alterungsphänomene lebensnotwendig für Bleiakkus. Daher ist für Bleiakkus
eine durchdachte Betriebsstrategie
notwendig. In Leistungs-Anwendungen
mit hohen Entladestromstärken ist für
die Ah-Bilanzierung nicht nur eine genaue, sondern auch eine sehr schnelle
Strommessung erforderlich.
Die Ah-Bilanzierung ist prinzipiell
und nach den bisherigen Analysen besonders gut zur SOC-Bestimmung an
LFP/LTO-Akkus geeignet. Wird der Vollladezustand als Referenzpunkt zur Rekalibrierung des Ah-Zählers verwendet,
müssen noch die letzten drei der vier
Eigenschaften eines guten Referenzpunktes im Betrieb der Anwendung
nachgewiesen werden. Die Ladeverluste sind, wie bei vielen Standard-Li-­
Ionen-Zellen, unter Nennbedingungen
Elektronik 7/2013
33
The Official Daily zur
SPS IPC Drives 2013
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Kontakt:
Mediaberatung der Official Daily
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www.computer-automation.de
4,2
4,1
4,0
3,9
3,8
3,7
3,6
3,5
3,4
3,3
3,2
0
Ruhespannung U0 [V]
Ruhespannung U0 [V]
Stromversorgung
20
40
60
praktischer Ladezustand SOCp [%]
80
100
Bild 3. Die Ruhespannungshysterese, gemessen an einer Lithium-NickelMangan-Cobalt-Zelle mit Graphit-Anode (NMC(Schicht)/C), liegt im Bereich
U0(100 %) − U0(10 %) bei ca. 600 mV. Die Messung erfolgte beim Laden
(rot) und Entladen (blau) unter den in Bild 2 angegebenen Bedingungen.
3,5
3,4
3,3
3,2
3,1
3,0
2,9
2,8
2,7
2,6
0
20
Elektronik 7/2013
80
100
Bild 4. Die an einer Lithium-Eisen-Phosphat-Zelle mit Graphit-Anode
(LFP/C) gemessene Ruhespannungshysterese U0 mit U0 (90 %) − U0 (10 %)
ca. 150 mV – in Abhängigkeit von SOCp – zeigt ihre eingeschränkte Genauigkeit zur SOC-Bestimmung (Rot: Laden, Blau: Entladen).
vernachlässigbar (<0,1 %). Im Falle der
LFP/LTO-Zellen sogar verbessernd dazu
LFP/LTO-Zellen hängen die Ladeverlusbei. In weiteren Untersuchungen ist
te auch nicht von der Höhe des Ladenoch die Abhängigkeit des Referenzstroms ab. Messungen mit Ladestrompunktes von der Zelltemperatur und
stärken im Bereich von 0,1 C bis 10 C
Alterung zu eruieren.
ergaben keine nennenswerten Abhängigkeiten, die Ladeverluste blieben
2. Ruhespannungsmethode
<0,1 %. Wie aus Bild 1 hervorgeht, ist
der Vollladepunkt bei LFP/LTO-Zellen
Bei der Ruhespannungsmethode wird
weniger sensibel gegenüber der Abdie Tatsache genutzt, dass für Bleiakkus
schaltstromstärke I0 – dem Ladeparaund die meisten Li-Ionen-Akkus die Zumeter, der das Ende des Ladevorganges
ordnung f : U0 → SOC(U0) in guter Nädefiniert und vom Hersteller der Zellen
herung injektiv ist – also streng monoin einer IU-Ladekennlinie spezifiziert
ton (Bild 2). Für die Aufnahme der Ruwird. Die Zeit für eine Vollladung aus
hespannungskennlinie wird ausgehend
SOC = 0 von LFP/LTO-Zellen fällt bei
von einem Referenzpunkt, z.B. der vollgleicher Ladekennlinie, gleichen Ladegeladene Zustand SOC = 1, der Akku
parametern und vergleichbaren Zelldaschrittweise um eine vorgegebene Laten zwischen 30 % und 60 % kürzer aus
dungsmenge ∆q entladen. Dabei ist
als bei anderen Li-Ionen-Zellen. Damit
nach jedem Entladeschritt ∆q eine geerhöht sich auch die Wahrscheinlicheignete Wartezeit im Leerlauf einzuhalkeit, den Vollladepunkt im normalen
ten, damit sich die Ruhespannung U0
Betrieb der Anwendung hinreichend
am Akku einstellen kann. Nach Erreioft zu erreichen. Insbesondere trägt die
chen von U0 befindet sich das elektroallen anderen Li-Ionen-Akkus weit
chemische System im sogenannten
überlegene
Schnellladefähigkeit
der
dynamischen
_08P1B_Gaia_N_EK_ECO.ps;S: 1;Format:(90.00 x 62.00 mm);11.
Jul 2012 14:07:31Gleichgewicht, auch relaxierter Zustand
genannt. In diesem insbesondere stromlosen
Zustand haben
sich alle durch
eine vorangegangene (Ent-) Ladung herrührenden Überspannungen abgebaut. Die schrittweise Entladung
mit den entsprechenden Relaxationszeiten wird
solange ausge34
60
40
praktischer Ladezustand SOCp [%]
führt, bis der Speicher vollständig entladen ist (SOC = 0). Sodann beginnt das
gleiche Spiel in die entgegengesetzte
Richtung – wiederum so lange, bis der
Speicher vollständig aufgeladen ist
(SOC = 1). Das Resultat einer solchen
Messung ist die in den Bildern 3, 4 und
5 dargestellte sogenannte Ruhespannungshysterese.
Ein Vorteil der Ruhespannungsmethode ist, dass die Ruhespannungskennlinie U0(SOC) im Labor relativ einfach gemessen werden kann und als
Tabelle (Look-up Table) in einem Batteriemanagementsystem sehr leicht zu
implementieren ist. Bei Bleiakkus kann
die Temperaturabhängigkeit dU0/dt mit
ca. 2 × 10 −4 V/K vernachlässigt werden.
In einigen Anwendungen, z.B. Hybridfahrzeugen (Hybrid Electric Vehicle,
HEV), ist eine lineare Approximation der
Ruhespannungskennlinie aufgrund des
eingeschränkten SOC-Bereiches von ca.
30 % bis 70 % ausreichend [2].
Allerdings erfordert die präzise Aufnahme einer Ruhespannungskennlinie
Zeit und ein in der Praxis oftmals unterschätztes experimentelles Geschick.
Denn das elektrochemische System
braucht eine gewisse Zeit, um in den
relaxierten Zustand zu gelangen, und
diese Zeitspanne ist auch noch vom
Ladezustand und der Temperatur abhängig. Die Ruhespannung U0 stellt
sich, je nach Art der Li-Ionen-Zelle, nach
2 h bis 24 h ein. Bei Bleiakkus kann es
sogar mehrere Tage dauern. Die Aufnahme einer vollständigen Ruhespannungshysterese mit Lade- und Entladeast der U0(SOC)-Kurve kann bis zu sechs,
acht Wochen in Anspruch nehmen.
Nachteilig ist auch, dass die Ruhespannungsmethode nur in den seltensten
Stromversorgung
[3] Dambrowski, J.: Aging-invariance of the open-circuit2,02
voltage of NMC-lithium2,00
ion-cells. Fachtagung
1,98
Kraftwerk Batterie 2012,
1,96
Münster, 6.–7.3.2012.
1,94
[4] Lu, W.; Belharouak, I.;
1,92
Vissers, D.; Amine, K.: In Situ
1,90
Thermal Study of
1,88
Li1+x[Ni1/3Co1/3Mn1/3]1-xO2
1,86
Using Isothermal
1,84
Micro-clorimetric
20
60
80
100
0
40
praktischer Ladezustand SOCp [%]
Techniques. Journal of The
Electrochemical Society,
Bild 5. An einer LFP/LTO-Zelle beträgt die gemessene Ruhespannungs­
2006, H. 153, S. A2147–
A2151.
hysterese U0(95%) − U0(5%) nur ca. 5 mV – gemessen bei einer Zellen[5] Yabuuchi, N.; Ohzuku, T.:
temperatur von 25 °C ±1 °C, einer Lade-/Entladestromstärke von 0,5 C
Novel lithium insertion
in variablen ∆q-Schritten und je 12 h Pause. Damit ist die Ruhespanmaterial of
nungsmethode zur SOC-Bestimmung für diese Li-Ionen-Zellen nicht anLiCo1/3Ni1/3Mn1/3O2 for
wendbar. (Rot: ­Laden, Blau: Entladen.)
advanced lithium-ion
batteries. Journal of Power
Sources, 2003, H. 119–121, S. 171–174.
using atomic force microscopy and
[6] Prosini, P. P.: Iron Phosphate Materials
analytical transmission electron
as Cathodes for Lithium Batteries.
microscopy. Langmuir, 2012, H. 28,
Springer-Verlag, 2011, ISBN 978-0S. 12384–12392.
85729-745-7.
[14]Ge, H.; et al.: Study on the Theoretical
[7] Nazri, G.-A.; Pistoa, G.: Lithium
Capacity of Spinel Lithium Titanate
batteries: science and technology.
Induced by Low-Potential Intercalation.
Springer-Verlag, 2009, ISBN-10:
The Journal of Physical Chemistry,
0387926747.
2009, H. 113, S. 6324–6326.
[8] Whittingham, M.S.: Lithium Batteries
_0AAS5_EMTRON_EK_07.pdf;S: 1;Format:(54.00 x 148.00 mm);13. Mar 2013 15:32:52
and Cathode Materials. Chemical
Reviews, 2004, H. 104, S. 4271–4301.
[9] Aifantis, K. E.; Hackney, S. A.; Kumar, R.
V.: High Energy Density Lithium
Batteries: Materials, Engineering,
Applications. Wiley-VCH Verlag, 2010,
ISBN-10: 3527324070.
[10]Yoshio, M.; Brodd, R. J.; Kozawa, A.:
Lithium-Ion Batteries: Science and
Technologies, Springer-Verlag, 2009,
ISBN-10: 0387344446.
[11] Zaghib, K.; et al.: Safe and fast-charging
Li-ion battery with long shelf life for
power applications. Journal of Power
Sources, 2011, H. 196, S. 3349–3954.
[12]Ariyoshi, K.; Ohzuku, T.: Conceptual
design for 12 V “lead-free” accumulators for automobile and stationary
applications. Journal of Power Sources,
2007, H. 174, S. 1258–1262.
[13]Kitta, M.; Akita, T.; Maeda, Y.; Kohyama,
M.: Study of surface reaction of spinel
Li4Ti5O12 during the first lithium
insertion and extraction processes
Ruhespannung U0 [V]
Fällen direkt angewendet werden kann,
da sich die notwendigen Relexationszeiten im regulären Betrieb nicht herstellen lassen. Deshalb sind zur U0 Schätzung andere Verfahren, beispielsweise modellbasierte Methoden, heranzuziehen (siehe Abschnitt: „Impedanz-basierende Methoden“). Plateaus
in U0(SOC)-Graphen begrenzen die Genauigkeit der SOC-Bestimmung, wie
Bild 4 verdeutlicht. Insbesondere ist die
Ruhespannungsmethode nicht anwendbar bei Zellen mit:
➜➜flacher U0(SOC)-Kennlinie oder
➜➜ausgeprägter Hysterese, z.B. NiMH,
LFP/C (Bild 2).
In diesen Fällen muss auf gänzlich andere bzw. ergänzende Methoden zurückgegriffen werden. Eine häufig in
der Literatur anzutreffende implizite
Annahme ist, dass die Ruhespannungskennlinie nicht von der Alterung des
Speichers anhängt. Dies trifft jedoch
weder für Blei- noch für Li-Ionen-Akkus
zu, wie in [3] gezeigt wurde.
Bei LFP/LTO-Zellen ändert sich die
Ruhespannung bis auf Rand-SOCs nur
um wenige mV; die U0(SOCp)-Kennlinie
– in Abhängigkeit vom praktischen Ladezustand – verläuft flach (Bild 5). Je
nach Hersteller der LFP/LTO-Zellen variiert der Verlauf aber in Details. Bei dem
in Bild 5 dargestellten Graphen liegt die
Schwankung ∆U0 bei ca. 5 mV für 5 % ≤
SOCp ≤ 95 %. Bei LFP/LTO-Zellen eines
anderen Herstellers wurde eine Schwankung ∆U0 von ca. 20 mV ermittelt. Die
auf der Ruhespannung U0 basierende
Ladezustandsbestimmung ist somit für
LFP/LTO-Akkus nicht geeignet.
Im Teil 2 folgen Innenwiderstandsmessung und Impedanz-basierende
Methoden sowie die Soft-ComputingMethoden. Ergebnis der Untersuchungen sind zwei konkrete Ansätze zur
Ladezustandsbestimmung an LFP/LTOAkkus.
hs
Die dem Aufsatz zugrundeliegende Forschungsarbeit entstand mit freundlicher
Unterstützung der Deutronic Elektronik
GmbH.
Prof. Dr. Jonny Dambrowski
Literatur
[1] Okoshi, T.; Yamada, K.; Hirasawa T.;
Emori, A.: Battery condition monitoring
(BCM) technologies about lead–acid
batteries. Journal of Power Sources,
2006, H. 158, S. 874–878.
[2] Nelson, R. F.: Power requirements for
batteries in hybrid electric vehicles.
Journal of Power Sources, 2000, H. 91,
S. 2–26.
hat Mathematik und Physik an der Universität Regensburg
studiert. Seit März 2013 ist er Professor für Mathematik an
der Hochschule Regensburg. Zuvor forschte und lehrte er
drei Jahre an der TU München. Seine Schwerpunkte liegen
in den Bereichen der mathematischen Beschreibung von
Energiespeichern, modellbasierter Zustandsdiagnostik,
fortgeschrittener Ladeverfahren sowie Optimierung von
Betriebsstrategien für Blei- und Lithium-Ionen-Akkus.
jonny.dambrowski@hs-regensburg.de
Elektronik 7/2013
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