Nicht-chronologische Erzählzeit als narratives Mittel

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Nicht-chronologische Erzählzeit als narratives Mittel
Nicht-chronologische Erzählzeit
als narratives Mittel
Johannes Michael Eichberger
DIPLOMARBEIT
eingereicht am
Fachhochschul-Masterstudiengang
Digitale Medien
in Hagenberg
im Jänner 2011
© Copyright 2011 Johannes Michael Eichberger
Alle Rechte vorbehalten
ii
Erklärung
Hiermit erkläre ich an Eides statt, dass ich die vorliegende Arbeit selbstständig und ohne fremde Hilfe verfasst, andere als die angegebenen Quellen
und Hilfsmittel nicht benutzt und die aus anderen Quellen entnommenen
Stellen als solche gekennzeichnet habe.
Hagenberg, am 26. Jänner 2011
Johannes Michael Eichberger
iii
Inhaltsverzeichnis
Erklärung
iii
Vorwort
vii
Kurzfassung
viii
Abstract
ix
1 Einleitung
1.1 Motivation und Zielsetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1.2 Aufbau . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1
1
1
2 Narration und Erzähltheorie
2.1 Einflussreiche Autoren . . . . . . . . . . . .
2.2 Narration . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2.2.1 Erzählung als kommunikativer Akt .
2.2.2 Narration im Bild . . . . . . . . . .
2.2.3 Narration im Film . . . . . . . . . .
2.2.4 Diegetische und spektatorielle Ebene
2.3 Dramaturgie . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2.4 Mehrschichtigkeit, Binnenerzählung . . . . .
2.5 Erzählzeit und erzählte Zeit . . . . . . . . .
2.6 Ordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2.6.1 Rückblende (Analepse) . . . . . . . .
2.6.2 Vorblende (Prolepse) . . . . . . . . .
2.6.3 Deutliche Anachronie . . . . . . . .
2.6.4 Umkehrung der Erzählrichtung . . .
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11
11
12
3 Montage und Schnitt
3.1 Schnitt vs. Montage
3.2 Struktureinteilung .
3.2.1 Einstellung .
3.2.2 Szene . . . .
3.2.3 Sequenz . . .
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Inhaltsverzeichnis
3.3
3.4
3.2.4 Plot Points . . . . . . . . . . . .
3.2.5 Einteilung nach Akten . . . . . .
Montagestile und besondere Formen . .
3.3.1 Unsichtbarer Schnitt . . . . . . .
3.3.2 Deutlich wahrnehmbarer Schnitt
3.3.3 Frequenz und Rhythmus . . . . .
3.3.4 Plansequenz . . . . . . . . . . . .
3.3.5 Parallelmontage . . . . . . . . . .
3.3.6 Split Screen . . . . . . . . . . . .
Möglichkeiten durch Time Remapping .
3.4.1 Zeitlupe und Zeitraffer . . . . . .
3.4.2 Pausierung . . . . . . . . . . . .
3.4.3 Rewind . . . . . . . . . . . . . .
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4 Analyse
4.1 Verschachtelung diegetischer Ebenen . . . .
4.1.1 Hero . . . . . . . . . . . . . . . . . .
4.1.2 Inception . . . . . . . . . . . . . . .
4.2 Entscheidungen und Möglichkeiten . . . . .
4.2.1 Lola rennt . . . . . . . . . . . . . . .
4.2.2 Donnie Darko . . . . . . . . . . . . .
4.2.3 Cinnamon Chasers: Luv Deluxe . . .
4.3 Weitreichende Anachronien . . . . . . . . .
4.3.1 Kill Bill . . . . . . . . . . . . . . . .
4.3.2 Pulp Fiction . . . . . . . . . . . . .
4.3.3 9 Short . . . . . . . . . . . . . . . .
4.3.4 The Rules of Attraction . . . . . . .
4.4 Zusammenhanglose und zusammenhängende
4.4.1 Das jüngste Gewitter . . . . . . . . .
4.4.2 Magnolia . . . . . . . . . . . . . . .
4.5 Umkehrung der Erzählrichtung . . . . . . .
4.5.1 Memento . . . . . . . . . . . . . . .
4.5.2 Irréversible . . . . . . . . . . . . . .
4.6 Plansequenzen und Split Screen . . . . . . .
4.6.1 Nowa Książka . . . . . . . . . . . . .
4.6.2 Cibo Matto: Sugar Water . . . . . .
4.7 Narrative Möbius-Schleife . . . . . . . . . .
4.7.1 Lost Highway . . . . . . . . . . . . .
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Episoden
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53
55
55
5 Diplomprojekt
59
5.1 Inhaltsangabe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59
5.2 Ursprüngliche Idee . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60
5.3 Analyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60
Inhaltsverzeichnis
vi
6 Zusammenfassung
62
6.1 Theorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62
6.2 Analyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63
A Inhaltsangaben zu den analysierten
A.1 9 Short . . . . . . . . . . . . . . . .
A.2 Cibo Matto: Sugar Water . . . . .
A.3 Cinnamon Chasers: Luv Deluxe . .
A.4 Das jüngste Gewitter . . . . . . . .
A.5 Donnie Darko . . . . . . . . . . . .
A.6 Hero . . . . . . . . . . . . . . . . .
A.7 Inception . . . . . . . . . . . . . .
A.8 Irréversible . . . . . . . . . . . . .
A.9 Kill Bill Vol. 1 . . . . . . . . . . .
A.10 Kill Bill Vol. 2 . . . . . . . . . . .
A.11 Lola rennt . . . . . . . . . . . . . .
A.12 Lost Highway . . . . . . . . . . . .
A.13 Magnolia . . . . . . . . . . . . . .
A.14 Memento . . . . . . . . . . . . . .
A.15 Nowa Książka . . . . . . . . . . . .
A.16 Pulp Fiction . . . . . . . . . . . . .
A.17 The Rules of Attraction . . . . . .
Filmen
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78
79
B Inhalt der DVD
81
Filmverzeichnis
82
Literaturverzeichnis
84
Vorwort
Diese Arbeit entstand aus dem Umstand heraus, dass ich den Umgang mit
filmischer Zeit und das Spiel mit narrativen Strukturen in Animationen und
Spielfilmen interessant fand und mich näher mit der erzähltheoretischen Materie befasste.
Im Entstehungsprozess haben sich sowohl das Thema der schriftlichen
Arbeit als auch des im Vorfeld entworfenen Animationsprojektes nach und
nach entwickelt. In der Recherche stieß ich auf verschiedene Erzählstrukturen, die aus der literarischen Erzählung stammen und sich größtenteils auch
auf die filmische Narration anwenden lassen. Mit dem Entdecken diegetischer
Welten nach den Definitionen von Etienne Souriau und Gérard Genette habe ich den Schwerpunkt im Einsatz narrativer und diegetischer Strukturen
gefunden und auch die Geschichte für das Animationsprojekt Flip it! darauf
basierend entworfen.
Mein Dank gilt im Bezug auf diese Arbeit meiner Familie, die mir durch
ihre Unterstützung das Studium überhaupt ermöglicht hat, meinem Betreuer Mag. Roland Keil, durch den ich auf zahlreiche interessante Spiel- und
Musikfilme gestoßen bin, sowie den Bibliotheken der österreichischen Hochschulen, durch die ich kostengünstig an einen großen Umfang einschlägiger
Literatur gelangen konnte.
vii
Kurzfassung
Nicht-chronologische Erzählungen folgen nicht den üblichen Mustern und
Erzählstrukturen. Dennoch haben auch Erzählungen unterschiedlicher Autoren, die sich in ihrer Erzählstruktur von klassischen Schemata abheben,
viele Gemeinsamkeiten, was unter anderem den dramaturgischen Aufbau
betreffen kann.
Jede Erzählung eröffnet eine neue diegetische Welt. Verschachtelt man
Erzählungen, tritt also ein Erzähler in einer Erzählung auf, so ergibt sich
daraus eine Struktur an diegetischen Ebenen.
Diese Arbeit befasst sich näher mit außergewöhnlichen Erzählstrukturen und diegetischen Verschachtelungen in filmischen Erzählungen. Erzählund Montagetheorie werden umfassend behandelt und in Form von Analysen eines breiten Spektrums an Beispielfilmen ausgeführt. Diese Analysen
bilden den Kern der Arbeit, da Vergleiche aufgestellt und Gemeinsamkeiten untersucht werden. Ebenso werden Elemente aus Konzepten, die auf
den Mainstreamfilm mit klassischen Erzählstrukturen ausgelegt sind, in den
nicht-klassischen Erzählungen aufgegriffen.
Der Arbeit ist auch das Diplomprojekt Flip it! vorangegangen. Die in
dieser Kurzanimation erzählte Geschichte basiert auf einer Erzählstruktur
in diegetischen Ebenen und wird auch anhand der angeführten Theorie analysiert.
viii
Abstract
There is a variety of common patterns and rules in narration used by mainstream movies to build up a plot. Stories that stand out from the crowd (like
non-chronological stories) don’t follow those rules, but they do have structural elements in common, even when they are written by different authors
following different approaches.
Each narration establishes its own new world, a diegesis. When a narrator
recurs in the space of a narration and starts to tell another narration, a new
layer is established. Those layers can be nested to higher diegetic levels.
This thesis addresses movies that contain extraordinary narrative structures and nested diegetic levels. It concentrates on narratology and montage
techniques and their usage for analysing movies. The analysis of examplemovies that offer a broad range of narrative possibilities is the core of this
thesis. The structures of those examples are compared to each other as well
as to structures described in concepts of classical mainstream movies.
Flipt it! is the name of the short animation project preceding this thesis.
The story developed for Flip it! is based on diegetic levels. It is also analysed
using the elaborated theories.
ix
Kapitel 1
Einleitung
1.1
Motivation und Zielsetzung
Die grundlegende Motivation zu dieser Arbeit führt aus dem Interesse für
das Spiel mit der Zeit und daraus abgeleitete Erzählstrukturen. Im Bereich
der Spielfilme faszinierten mich Christopher Nolan, Gaspar Noé, Quentin
Tarantino und weitere mit ihren ungewöhnlichen Erzählstilen. Musikvideos
betreffend schätze ich vor allem Michel Gondry für die Einbringung extraordinärer Ideen und vor allem dafür, dass er sich weniger mit dem textlichen
Inhalt der Musik beschäftigt, sondern mehr die Musik an sich in Bewegtbilder
umsetzt.
Im Vorfeld zu dieser Arbeit wurde auch die Geschichte für die Animation Flip it! entwickelt, die von einem Charakter erzählt, der die Zeit seiner
Umgebung beeinflussen kann. Die Motivation zu diesem Projekt lag vor allem
darin, selbst eine Erzählung mit variabler Zeitachse zu schaffen und diese Zeit
zum zentralen Thema zu machen.
Die Recherche ergab vor allem, dass sich Erzählstrukturen und Definitionen aus der Literatur größtenteils auch auf filmische Erzählungen anwenden
lassen. Vor allem gewann die Geschichte des Diplomprojektes Flip it! dadurch eine neue Bedeutung. Im Kapitel 5 wird auf die urpsrüngliche Idee
der Geschichte sowie auf neue Erkenntnisse durch die Analyse eingegangen.
Diese Arbeit befasst sich allgemein mit der Erzähltheorie aus Literatur
und Film sowie deren Anwendung zur Analyse narrativer Strukturen in nichtklassischen Erzählungen.
1.2
Aufbau
Die Arbeit ist gegliedert in einen theoretischen und einen praktischen Teil.
Der theoretische Teil besteht aus den Kapiteln 2 und 3, wobei sich Kapitel
2 der Erzähltheorie widmet und vor allem das nötige Vokabular zur Analyse
der Erzählstrukturen umfassend beschreibt. Im Kapitel 3 wird die filmische
1
1. Einleitung
2
Montage erörtert, die die technische Hilfe zum Zusammenfügen einzelner
Segmente zu narrativen Strukturen und zu einem Film bietet. Im Kapitel
4 wird ein breites Spektrum an Beispielfilmen analysiert, außergewöhnliche
Erzählstrukturen werden erörtert. Das Kapitel 5 widmet sich schließlich dem
Diplomprojekt Flip it!. Erläutert wird die erzählte Geschichte und der Einsatz der narrativen Strukturen. Eine abschließende Zusammenfassung in Kapitel 6 soll noch einen Rückblick über die ausgearbeiteten Punkte bieten.
Kapitel 2
Narration und Erzähltheorie
Dieses Kapitel ist als Terminologie zur filmischen Narration anzusehen. Auf
das hier festgelegte Vokabular wird in der späteren Analyse zurückgegriffen.
Eine genaue Definition ist daher unverzichtbar, um Klarheit zu schaffen und
Missverständnissen vorzubeugen.
Die Literatur zur Erzähltheorie ist umfangreich, dementsprechend verhält es sich auch mit Fachbegriffen. Zieht man Werke verschiedener Autoren
heran, so kommt es nicht selten vor, dass die Autoren das selbe oder annähernd das selbe meinen, aber unterschiedliche Bezeichnungen dafür verwenden. Ebenso wird man in separaten Arbeiten die selben Ausdrücke finden,
die jedoch von einem Autor klar von ähnlichen Begriffen abgegrenzt und von
einem anderen Autor wieder weitläufiger verwendet werden, was zu Widersprüchlichkeiten führen kann. Auch äquivoke Ausdrücke, die mit komplett
konträren Bedeutungen verwendet werden, sind aufzufinden.
Ziel dieses Kapitels ist es, die für diese Arbeit nötigen Ausdrücke zu definieren und dafür geläufige Begriffe von einflussreichen Autoren gegenüber
zu stellen. Bei der Auswahl wurde vor allem Wert auf die Eindeutigkeit,
Verständlichkeit und Relevanz der Begriffe gelegt. Gewählt wurden sowohl
Ausdrücke aus der Erzähltheorie, die sich mit der schriftlichen Literatur (vor
allem mit der Romantheorie) beschäftigt, da sich nur wenig davon nicht auch
auf filmische Erzählungen anwenden lässt, als auch im Speziellen Fachbegriffe aus der Filmologie. Die Ähnlichkeiten zwischen Film und Roman werden
beispielsweise von James Monaco beschrieben: „Was immer gedruckt im Roman erzählt werden kann, kann im Film annähernd verbildlicht oder erzählt
werden“ [Mon05, S. 45].
2.1
Einflussreiche Autoren
In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts wurde die Erzähltheorie der Literatur vorwiegend durch Gérard Genette geprägt. Von ihm stammen auch
ausführliche Definitionen zur Diegese (diégèse), ein Begriff, der von Etienne
3
2. Narration und Erzähltheorie
4
Souriau eingeführt wurde und sich inzwischen auch deutsch- und englischsprachiger Übersetzungen erfreut. Souriau widmete sich auch der Filmanalyse, seine Definition der Diegese entstammt einem Modell, das das filmische
Universum in sieben Ebenen einteilt. Ein Großteil des restlichen Vokabulars
ging den umgekehrten Weg und wurde von der literarischen in die filmische
Erzähltheorie übernommen.
Speziell über filmische Erzählweise wurde der Literaturbestand im englischsprachigen Bereich durch David Bordwell beeinflusst. Im deutschsprachigen Raum existieren neben zahlreichen Übersetzungen aus dem Französischen (darunter Christian Metz, der sich der filmischen Semiologie widmete)
Werke von Knut Hickethier, Lothar Mikos und Thomas Kuchenbuch, die
auch auf Metz, Bordwell und weiteren aufbauen.
2.2
Narration
Filme können „als Erzählungen begriffen werden, da sie als eine Verkettung
von Situationen zu verstehen sind, in der Ereignisse stattfinden“ [Bie06,
S. 88]. Was diese Erzählung oder Narration genau ausmacht, soll im Folgenden ausführlich erläutert werden.
2.2.1
Erzählung als kommunikativer Akt
Nach Gérard Genette, der sich in seinen Werken Diskurs der Erzählung und
Neuer Diskurs der Erzählung 1 ausführlich mit dem Begriff der Erzählung
auseinandersetzt, kann damit eine von drei Bedeutungen gemeint sein:
1. Zum einen definiert er die Erzählung als „die narrative Aussage, den
mündlichen oder schriftlichen Diskurs [...], der von einem Ereignis oder
einer Reihe von Ereignissen berichtet“ [GK98, S. 15]. Gemeint ist also
das erzählende Medium, wie z.B. ein Buch, eine von einem Redner
erzählte Geschichte oder, im Bezug auf diese Arbeit, ein Film.
2. In ihrer zweiten Bedeutung beschreibt Genette die Erzählung als „die
Abfolge der realen oder fiktiven Ereignisse, die den Gegenstand dieser
Rede ausmachen, und ihre unterschiedlichen Beziehungen zueinander“ 2
[GK98, S. 15]. Nach dieser Definition ist nicht mehr das Medium, sondern der Inhalt gemeint.
1
Neuer Diskurs der Erzählung ist als Postskriptum zu Diskurs der Erzählung zu verstehen. Beide Werke sind in Die Erzählung [GK98] zu finden.
2
Anm.: Mit Rede ist hier der zuvor definierte mündliche oder schriftliche Diskurs
gemeint.
2. Narration und Erzähltheorie
5
3. Im dritten Sinn bezieht sich Genette auf „den Akt der Narration selber“, ohne den es „keine narrative Aussage und mitunter nicht einmal
einen narrativen Inhalt“ gebe [GK98, S. 15f]. Er meint damit also den
Vorgang des Erzählens und bezeichnet diesen Akt als Narration.
Diese Arbeit bezieht sich auf alle drei Definitionen, ständig unter dem Bewusstsein, dass Narration auch im Film ein kommunikativer Akt ist, der
zwischen dem Erzähler und dem Rezipienten stattfindet. Dabei verpackt der
Erzähler in mehreren Ebenen von der Entwicklung der Geschichte bis zur
Montage und der musikalischen Untermalung Zusammenhänge und Aussagen in den Film, die der Rezipient durch sein Wissen und seine subjektiven
Erfahrungen wahrnimmt und deutet.
2.2.2
Narration im Bild
Statische Kunstformen wie Bild, Fotografie und Skulptur zeigen, dass zum
Zweck der Narration nicht zwingend ein zeitlich voranschreitendes Medium
wie Text oder Film nötig ist.
Luca Giuliani teilt z.B. Bilder anhand der antiken griechischen Kunst
in deskriptive und narrative Bilder ein. Dabei verlangen deskriptive Bilder
zwar ein allgemeines Vorwissen über die abgebildete Realität, können aber
dennoch ohne Erklärungsbedarf für sich alleine stehen. Narrative Bilder hingegen brechen diese Autarkie und werfen durch ungewöhnliche Darstellungen
Fragen auf. Zur Erklärung bedarf es einer Geschichte, die das Bild allerdings
nicht selbst beinhaltet: „die zum Bild passende Geschichte hat der Betrachter
zu erzählen“ [Giu03, S. 79].
Durch die Darstellung einer Situation im Einzelbild lässt sich auch ein in
medias res erreichen, das heißt, dem Betrachter werden die Fragen suggeriert,
wie diese Situation zustande gekommen ist, was nun passiert und wie es
weiter geht (vgl. [Mah07, S. 23]). In medias res als Bezeichnung für den
direkten Einstieg in ein narratives Geschehen wird in 2.3 näher erläutert.
2.2.3
Narration im Film
Im Unterschied zu narrativen Texten und Bildern setzt sich die filmische
Erzählung aus mehreren Ebenen zusammen. Während Bilder mit ihrem zugehörigen Ton gezeigt werden, kann ein Sprecher im Offtext eine Geschichte
erzählen (einen narrativen Text) und Musik kann die Dramaturgie unterstreichen, und auch durch die Montage entstehen Sinnzusammenhänge. Alle
Ebenen können im Rezipienten Assoziationen auslösen. Sie bilden im Hinblick auf die filmische Narration durch die eingesetzten Verknüpfungen eine
Einheit auf audiovisueller Basis [Hic01, S. 25]:
„Erzählen ist in den audiovisuellen Medien zumeist verbunden
mit dem Darstellen. Darin liegt die Besonderheit des Audiovi-
2. Narration und Erzähltheorie
6
suellen, dass es durch die inzwischen schon scheinbar selbstverständliche technische Verbindung von Bild und Ton die Bilder
erzählbar macht und damit zugleich das Erzählen visualisiert.“
Sehr prägnant, aber treffend formuliert Lothar Mikos die Narration für die
Filmanalyse wie folgt [Mik08, S. 47]:
„Die Narration oder Erzählung besteht in der kausalen Verknüpfung von Situationen, Akteuren und Handlungen zu einer Geschichte;“
Diese Definition deckt auch die drei Bedeutungen Genettes ab, wenngleich
auch Narration und Erzählung von Mikos als synonyme Begriffe betrachtet
werden. Diese Arbeit baut daher auf dieser Definition auf und meint mit
Narration den erzählten Inhalt eines Filmes seitens des objektiv erkennbaren
Inhaltes, der kausalen Verknüpfungen durch die Aussage des Autors sowie
der Auffassung des Rezipienten.
Vor allem in Kunst- und Experimentalfilmen, die ohne erkennbare Handlung auskommen oder bewusst ohne Ton oder Bewegtbild produziert werden,
sind nicht alle Ebenen gedeckt. Eine Ebene ist jedoch stets vorhanden, nämlich der kommunikative Akt. Auch bei fehlender Handlung oder schwarzem
Bild werden – durch deskriptives Zeigen des Vorhandenen – Assoziationen
im Rezipienten ausgelöst (vgl. [Del05, 6.1]), der Akt der Erzählung findet
statt. Jedem Film kann somit eine Narration zugewiesen werden, die sich in
ihren vorhandenen Ebenen analysieren lässt.
2.2.4
Diegetische und spektatorielle Ebene
Zuvor wurde nun bereits mehrmals erwähnt, dass kausale Verknüpfungen
in der filmischen Narration einerseits vom Autor bewusst oder unbewusst
eingesetzt und andererseits vom Rezipienten aufgefasst und gedeutet werden.
Für diese beiden Ebenen fehlte bisher eine eindeutige Namensgebung.
Etienne Souriau definiert den Terminus diegetisch als „alles, was sich laut
der vom Film präsentierten Fiktion ereignet und was sie implizierte, wenn
man sie als wahr ansähe“ [Sou97, S. 156]. Die diegetische Welt ist demnach
die gesamte geschaffene Wirklichkeit innerhalb des Films. Dabei unterscheidet er die diegetische streng von der spektatoriellen Welt, die erst durch
die Wahrnehmung des Rezipienten in dessen Kopf entsteht3 . Diese Abgrenzung sei notwendig, um bei Fehlinterpretationen die dargestellte Handlung
(die diegetische) von der vom Zuseher falsch aufgefassten (spektatoriellen)
unterscheiden zu können.
3
Souriau beschreibt ein Modell aus sieben Ebenen, in denen ein Film analysiert werden
kann. Für diese Arbeit reichen jedoch die beiden genannten aus.
2. Narration und Erzähltheorie
7
Nach Mikos’ Definition wird demnach der Begriff Narration sowohl der
diegetischen als auch der spektatoriellen Ebene zugeordnet, da kausale Verknüpfungen in beiden Ebenen entstehen. Sie werden von den Autoren im
gesamten Entstehungsprozess eingebaut, vom Drehbuch bis zur Montage entstehen Zusammenhänge, die diegetische Narration. Diese wird vom Rezipienten wahrgenommen und interpretiert, und genau diese spektatorielle Ebene
ist der Zugang zur Interpretation, der sich die Analyse widmet.
Verwandte Begriffe zur Diegese stellen die Story und der Plot dar. Aufgrund deren widersprüchlicher Definitionen werden sie in dieser Arbeit jedoch
gemieden, es wird auf die oben genannte Definition der Narration von Mikos
zurückgegriffen (diese reicht zur Beschreibung der Analyse aus) und, falls nötig, weiter ausgeführt, ob nun die Narration seitens des Autors (in der diegetischen Ebene) oder die Interpretation des Rezipienten (in der spektatoriellen
Ebene) gemeint ist. Zur Begründung seien hier zwei inkonsistente Definitionen der Story angeführt. Werner Faulstich meint mit Story „die Geschichte,
die erzählt wird [...]“ und „die chronologische Abfolge des Geschehens [...]“
[Fau80, S. 139], spricht also von der diegetischen Geschichte. Mikos hingegen bezieht in die Story bereits die spektatorielle Ebene ein und definiert
die Story als das, „was die Zuschauer mit ihrem Wissen, ihren Emotionen
und Affekten sowie ihrem praktischen Sinn aus dem Gezeigten machen [...]“
[Mik08, 1.1, S. 112–115].
In dieser Arbeit wird auf den genannten Terminus der Narration sowie auf
Souriaus diegetische und spektatorielle Ebene zurückgegriffen. Die Analyse
geht vor allem aus der Sicht des Rezipienten auf die Narration und somit die
spektatorielle Interpretation ein.
2.3
Dramaturgie
Wie nun geklärt wurde, ist Narration ein kommunikativer Akt, der zwischen
dem Erzähler und dem Rezipienten stattfindet. Um letzteren für die Geschichte zu begeistern, wird er in eine Anspannung versetzt, der Geschichte
wird ein Spannungsbogen zugrunde gelegt, der durch die Dramaturgie beschrieben wird. Spannung entsteht also beim Zuschauer in der spektatoriellen Ebene. Sie erzeugt Neugierde und versetzt ihn in eine Erwartungshaltung
(vgl. [Mik08, S. 142–146]). Der Literaturbestand zu diesem Thema ist umfangreich, hier wird daher nur eine kurze Übersicht über gängige Konzepte
des Populärfilms geboten und es werden Elemente aufgelistet, die vor allem
für die Narrationsanalyse von Bedeutung sind.
Die Wortwahl lässt bereits vermuten, dass die Dramaturgie auf den antiken griechischen Begriff Drama zurückgeht. Hickethier beschreibt die traditionelle, geschlossene Form, die der antiken Dramentheorie entspringt, als
jene in frühen Hollywood-Filmen (um 1930 bis 1950) angewendete Form, die
mit symmetrischen Anlagen den Weg zurück zum Ausgang des Geschehens
2. Narration und Erzähltheorie
8
sucht und dabei auf emotionale Wirkung beim Rezipienten abzielt [Hic01,
S. 122]. Dieser stellt er die offene Form gegenüber, deren Ursprung er im epischen Theater sieht und deren Hauptmerkmal in ihrer Unabgeschlossenheit
und progressiven Struktur liegt [Hic01, S. 122f].
In medias res
Nach solch einer offenen Struktur besteht die Möglichkeit eines direkten Einstiegs ins bereits stattfindende Geschehen, was als in medias res bezeichnet
wird. Die Exposition, die Einleitung, kann danach parallel zur Handlung
stattfinden. Im Gegensatz zur Alternative, bei der die Exposition einer solchen Haupthandlung vorausgeht, wird so das Interesse des Zusehers schneller
geweckt. In jedem Fall werden durch die Exposition „die Dimensionen des
dramatischen Geschehens angelegt“ [Hic01, S. 124].
Kausalität
Nun gilt es, die aufgebaute Spannung im Verlauf des Erzählens zu halten und
die Narration zu entwickeln. Bordwell erwähnt in diesem Zusammenhang
Entwicklungsmuster („patterns of development“), die sich durch Ursachen
und ihre Wirkung ergeben [BT04, S. 80f]:
Eine Veränderung im Wissen („change in knowledge“) kann einem Charakter helfen, sich einer Situation zu stellen; beim zielorientierten Plot („goaloriented plot“) verfolgt ein Charakter ein klar definiertes Ziel; eine Rahmensituation kann durch eine Serie an Rückblenden („series of flashbacks“) aufgeklärt werden; für eine Aufgabe kann ein zeitliches Limit, eine Deadline
(„deadline“) gesetzt sein; sich wiederholende Handlungsmuster („patterns of
repeated action“) können auftreten; durch Kombinationen dieser Muster können Erwartungen geweckt werden, die Möglichkeiten des Ausgangs werden
eingeschränkt oder überraschend in eine andere Richtung gelenkt.
Höhepunkt
Im Populärfilm ist dadurch die Spannung über den Film hinweg gegeben und
spitzt sich zu dessen Ende hin zu, bis sie ihren Höhepunkt (nach Bordwell
„climax“ [BT04, S. 82]) erreicht. Einzelne Dramaturgiekonzepte haben von
diesem unterschiedliche Auffassungen, so kann sich der Höhepunkt kausal,
inhaltlich, kognitiv, emotioal oder sinnlich in der Wahrnehmung des Zusehers
ereignen (vgl. [Hic01, S. 125]). Nach Bordwell bestehen nur mehr sehr wenige
Möglichkeiten, wie ein Konflikt ausgehen kann [BT04, S. 82].
Entscheidend ist schließlich, mit welcher Meinung der Zuseher vom Film
entlassen wird, ob seine Fragen beantwortet wurden, ob seine Erwartungen
über den Ausgang des Geschehens erfüllt wurden oder ob ihm das Ende nur
angedeutet wurde und in seiner Vorstellung entsteht.
2. Narration und Erzähltheorie
9
Die Reise des Helden
Ein modernes Dramaturgiekonzept, das sich seinen Behauptungen zufolge
auf jeden Mainstreamfilm anwenden lässt, stammt von Christoher Vogeler
und teilt die Dramaturgie als „Reise des Helden“ in zwölf Stationen ein,
in denen der Held (der Protagonist) seine gewohnte Welt verlässt, einem
Mentor begegnet, Verbündete trifft sowie auch Feinde, welche er überwinden
muss, sich mit einer Belohnung auf den Heimweg macht und in einer neuen
Persönlichkeit zurückkehrt [Hic01, S. 126f]. Trotz seiner Bekanntheit wird in
dieser Arbeit nicht näher auf dieses Konzept eingegangen, da sich die Analyse
in Kap. 4 vor allem mit narrativen Strukturen beschäftigt, die von diesem
Konzept abweichen oder sich die analysierten Filme nur schwer nach diesem
Schema einteilen lassen (oft lässt sich dem Geschehen in der Narration auch
nur ein Teil der zwölf Stationen zuordnen).
2.4
Mehrschichtigkeit, Binnenerzählung
Mehrschichtige Erzählungen erfuhren in der deutschen Literatur im Laufe des 19. Jahrhunderts in Form der Rahmenerzählung größeren Anklang,
wenn auch die Werke von den Autoren selbst damals nicht so bezeichnet
wurden, da sich der Begriff Rahmenerzählung erst zur Jahrhundertwende
um 1900 als übliche Bezeichnung für diese Form der Literatur durchgesetzt
hat (vgl. [Jäg94, S. 11–16]).
Andreas Jäggi definiert die Rahmenerzählung als „eine Sonderform des
mehrschichtigen Erzählens“, in der in zwei Schichten – Rahmen und Binnenerzählung – erzählt wird, wobei der Rahmen die Binnenerzählung umgibt [Jäg94, S. 62], also im Rahmen ein Erzähler auftritt. Ebenso definiert
er die Schachtelrahmenerzählung als Verschachtelung mit drei oder mehr
Ebenen. Er grenzt diese beiden Bezeichnungen aber sehr deutlich von anderen, ähnlich mehrschichtig erzählten Literaturformen ab und bezieht sich
auch ausschließlich auf literarische Werke, wodurch es nahe liegt, den Begriff
Rahmenerzählung vor allem zur Filmanalyse zu meiden.
Gérard Genette beschreibt ebenfalls mehrschichtige Erzählformen, definiert aber allgemein verwendbare Begriffe. Er beschreibt narrative Ebenen
als diegetische Ebenen (vgl. [GK98, Narrative Ebenen, S. 162–165]), er greift
dabei Souriaus Terminus diegetisch auf und bezeichnet die Erzählung zweiter Ebene (die bei Jäggi Binnenerzählung heißt) als metadiegetische Erzählung [GK98, S. 165–167]. Allerdings führt Genette insgesamt den Begriff der
Diegese weiter aus, als er von Souriau definiert wurde, was zum Teil Widersprüchlichkeiten mit sich bringt (vgl. [Kes07, II.]).
Erzählungen, die innerhalb anderer Erzählungen stattfinden, werden in
dieser Arbeit einheitlich als Binnenerzählungen bezeichnet, die sie umgebende Handlung als Basishandlung. Handelt es sich um eine Verschachtelung und
2. Narration und Erzähltheorie
10
eine narrative Subebene, die nicht durch eine Erzählung eingeführt wird, so
wird diese als diegetische Ebene bezichnet.
2.5
Erzählzeit und erzählte Zeit
Die beiden Begriffe Erzählzeit und erzählte Zeit wurden aus der Literaturtheorie in die Filmtheorie übernommen. So versteht man unter Erzählzeit
die benötigte Zeit oder die Anzahl an gedruckten Seiten, um eine Erzählung
darzustellen, während die erzählte Zeit die gesamte Zeitspanne innerhalb
der erzählten Geschichte bezeichnet (vgl. [GK98, S. 21f], [Mül68, S. 257f],
[Mik08, S. 131]). Wendet man darauf Souriaus Ebenenmodell an [Sou97], so
bezeichnet die erzählte Zeit die gesamte Zeitspanne der Diegese, während
die Erzählzeit mit der filmophanischen (leinwandlichen) Zeit gleichzusetzen
wäre, im Falle eines 90-minütigen Films also diese 90 Minuten.
Durch elliptisches Erzählen lässt sich beliebig lange erzählte Zeit komprimieren, es kommt zur Zeitraffung, da nur erzählt wird, was relevant ist
(vgl. [Bau97, 165f], [Hic01, S. 134f], [GK98, S. 76f]), während die Zeitdehnung einen Moment oder eine Zeitspanne der Diegese ausführlich beschreibt
und sich länger mit ihm beschäftigt, als er tatsächlich dauern würde.
2.6
Ordnung
Diese Arbeit widmet sich der nicht-chronologischen Erzählzeit – genauer gesagt, dem nicht-linearen Verhältnis zwischen Erzählzeit und erzählter Zeit.
Damit ist natürlich nicht nur die eben genannte Ellipse (Auslassung) und damit das Verhältnis der diegetischen Dauer zur Erzähldauer gemeint, sondern
vor allem auch die erzählte Reihenfolge der Ereignisse, wenn diese nicht der
Chronologie in der Diegese entspricht. Genette beschreibt diese Reihenfolge
unter dem Begriff Ordnung [GK98, S. 21f].
2.6.1
Rückblende (Analepse)
Als Analepse, Rückblende, Rückwendung, Rückschritt oder englisch Flashback wird ein vorübergehender narrativer Zeitsprung in die Vergangenheit
bezeichnet. Dabei kann die Vorzeithandlung als Binnenerzählung stattfinden,
kann aber auch als eigenständiger Erzählstrang durch die Montage eingebunden werden.
Eberhard Lämmert spricht von Rückwendungen und unterteilt diese nach
ihrem dramaturgischen Einsatz in aufbauende und auflösende Rückwendungen [Läm55, S. 104–111], wobei die aufbauende Rückwendung die Entstehung
einer eben erzählten Situation beschreibt und die auflösende Rückwendung
eine länger erzählte Handlung durch ein vergangenes, bislang unbekanntes
Ereignis aufklärt. Auch beschreibt er in der Literatur die Formen Rück-
2. Narration und Erzähltheorie
11
schritt, Rückgriff und Rückblick [Läm55, S. 112–138] als besondere Form
der Rückwende näher. Andreas Jäggi schreibt ebenfalls von Rückwendungen
[Jäg94, S. 68f] und deren möglicher Ausführung in Form einer Binnenerzählung. Gérard Genette spricht allgemein von Anachronien, wenn Ereignisse
nicht in ihrer chronologischen Reihenfolge erzählt werden [GK98, S. 22–31]
und bezeichnet in Richtung Vergangenheit reichende Anachronien als Analepsen [GK98, S. 32–45].
Bezogen auf das Medium Film führt Etienne Souriau an [Sou97, S. 157]:
„Eine Rückblende in der Filmhandlung erzeugt eine zur diegetischen Zeitfolge
gegenläufige filmophanische Reihenfolge.“ Filmophanisch bezeichnet dabei
die Reihenfolge, in der die Handlung durch den Film präsentiert wird. Der
Begriff wird in 3.2 ausführlicher behandelt.
In dieser Arbeit werden aufgrund ihrer Geläufigkeit die Bezeichnungen
Rückblende und Analepse verwendet, wobei entscheidend ist, dass es sich um
einen vorübergehenden Zeitsprung handelt und die Rahmenhandlung später
in der Erzählung fortgesetzt wird.
2.6.2
Vorblende (Prolepse)
Analog zur Analepse beschreibt Genette die Prolepse [GK98, S. 45–54] als
Antizipation (Vorwegnahme). Er erwähnt, dass diese in abendländischer Literatur deutlich seltener auftritt, was sich analog auch von Filmen behaupten
lässt. Er unterscheidet auch je nach Reichweite der Prolepse zwischen internen und externen Prolepsen. Eine interne Prolepse findet im Erzählstrang
der Basishandlung statt und wird vorgezogen. Wird ihre Handlung später
nochmals erzählt, bezeichnet sie Genette als repetitive Prolepse. Eine externe Prolepse erzählt ein Ereignis, das erst lang nach der Basishandlung
stattfindet.
Synonym zur Prolepse sind in einschlägiger Literatur auch die Bezeichnungen Vorausschnitt [Bie06, S. 100], Vorausdeutung [Läm55, Kap. B. Vorausdeutungen], Anitizipation, Vorgriff oder einfach Zeitsprung in die Zukunft
zu finden. In dieser Arbeit werden die Begriffe Vorblende und Prolepse verwendet. Es werden Filmbeispiele behandelt, in denen Anachronien in beide
Richtungen vorliegen.
2.6.3
Deutliche Anachronie
Rückblende und Vorblende sind zwei Formen der Anachronie, die bereits
durch jeweils zwei Zeitsprünge definiert sind: erst erfolgt der Sprung aus
der Rahmenhandlung heraus in die Vergangenheit bzw. Zukunft, um dort
ein Ereignis zu erzählen, danach erfolgt der zweite Sprung zurück in die
Rahmenhandlung und die unterbrochene Erzählung wird fortgesetzt.
Ist diese Rahmenhandlung nun auch nicht mehr konsistent vorhanden,
erfolgt also beispielsweise ein permanenter Zeitsprung oder die Ordnung ist
2. Narration und Erzähltheorie
12
auf andere Weise aufgebrochen, so lässt sich dies als deutliche Anachronie
bezeichnen.
Deutliche Anachronien können verwendet werden, um mehrere Erzählstränge (z.B. aus der Sicht unterschiedlicher Figuren) darzustellen oder die
Reihenfolge der Ereignisse wird verändert, um die Spannung zu halten und
aufklärende Ereignisse als letzte zu erzählen. In der Regel gilt dabei, dass –
um zu verhindern, dass der Eindruck einzelner, voneinander unabhängiger
Geschichten entsteht – die Handlungsstränge miteinander verknüpft werden
müssen. Im Beispiel Pulp Fiction (siehe 4.3.2) geschieht dies durch markante
Veränderungen (Kleidung, Koffer) der Charaktere und durch das Erwähnen
von geplanten Ereignissen, man kann danach die diegetische Ordnung des
Geschehens rekonstruieren. Dass diese Rekonstruktion beim Fehlen solcher
Verknüpfungen nicht mehr möglich ist, zeigen die teils unverknüpften Episoden in Das jüngste Gewitter (siehe 4.4.1), die zwar das gezeigte Elend
des städtischen Alltags gemeinsam haben und somit nicht ganz unverknüpft
bleiben, aber dennoch in ihrer Reihenfolge nicht rekonstruierbar sind.
2.6.4
Umkehrung der Erzählrichtung
Als eine weitere Besonderheit in der Ordnung gilt die Umkehrung der Erzählrichtung oder die Rückwärts-Erzählung. Schreitet eine Erzählung chronologisch voran, so gilt das Ursache-Wirkung-Prinzip, das bereits durch Bordwells Entwicklungsmuster (siehe 2.3) aufgegriffen wurde: Erst erfolgen Handlungen, danach sind ihre Auswirkungen zu sehen, die die Handlung dadurch
in eine neue Richtung lenken. Bereits durch die ursächlichen Handlungen
entstehen im Kopf des Rezipienten Vorahnungen, da jede Ursache ein paar
Möglichkeiten für den weiteren Verlauf der Dinge bietet. Durch die ständige Präsenz von Möglichkeiten wird die Spannung der Erzählung gesteigert. Wird allerdings rückwärts erzählt, so wird auch das Ursache-WirkungPrinzip gewendet, was auch in Rückblenden häufig der Fall ist: Zuerst ist
die Auswirkung zu sehen und der Rezipient sieht in seinen Vorahnungen
mögliche Ursachen, wie es zu der Situation gekommen sein könnte.
Zwar schreibt Hickethier in einer Auflage von 2001: „Ein rückwärtsschreitendes Erzählen ist (bislang) nocht nicht realisierbar“ [Hic01, S. 136]. Jedoch
erschien Memento mit zum Teil rückwärts gerichteten Erzählstrukturen (siehe 4.5.1) bereits 2000. Auch Irréversible, ein komplett rückwärts erzählter
Film, wird in der Analyse behandelt (siehe 4.5.2).
Kapitel 3
Montage und Schnitt
Ähnlich wie in Kapitel 2, welches Ausdrücke der filmischen Narration und
Erzähltheorie auflistet, sind in diesem Kapitel die in der Arbeit verwendeten
Definitionen zu Begriffen aus der Montage zu finden. Hier wurde ebenfalls
Wert darauf gelegt, jene Ausdrücke zu verwenden, die gebräuchlich und in
der Fachliteratur auffindbar sind.
3.1
Schnitt vs. Montage
Bevor näher auf die Einzelheiten der Montage eingegangen wird, sollte zunächst der Begriff klar definiert werden. Das ist schnell gemacht, über die Begriffe Schnitt und Montage herrscht weitgehend Einigkeit (vgl. [Gas93, S. 40],
[Hic01, S. 144], [Mik08, S. 215]). Nur umgangssprachlich wird im deutschen
Sprachraum gerne vom Schnitt als gesamte Anordnung einzelner Segmente
gesprochen (z.B. „etwas wurde im Schnitt gut umgesetzt“), wenn aber nicht
nur vom technischen Vorgang der Begrenzung und Aneinanderreihung zweier Einstellungen, sondern von dadurch entstehenden narrativen Strukturen
und Zusammenhängen die Rede ist, so sollte hierfür der Begriff Montage
verwendet werden.
Als Montage bezeichnet man den produktiven Vorgang, bei dem einzelne
Segmente des Filmmaterials auf audiovisueller Basis zu einem Ganzen zusammengefügt werden. Ebenfalls wird das fertige Produkt im Hinblick auf
die Anordnung der Segmente, ihre Zusammenhänge und narrativen Strukturen als Montage bezeichnet.
Ein Schnitt wird im Zuge der Montage gesetzt und ist jene Begrenzung,
an der von einem Segment (Einstellung) zum nächsten gewechselt wird. Der
Vorgang des Setzens dieser Begrenzungen kann ebenfalls als Schnitt bezeichnet werden.
13
3. Montage und Schnitt
3.2
14
Struktureinteilung
Beim Versuch, die Struktur eines Filmes zu erörtern, stellt sich gleich eingangs die Frage, auf welcher Ebene die Einteilung in die Struktur erfolgen
soll. Nach Etienne Souriau lässt sich die Struktur des filmischen Universums
in sieben Ebenen1 einteilen (vgl. [Sou97]). Von Interesse für die Strukturierung narrativer Inhalte sind dabei jene vier Ebenen, über die sich der in 2.2
definierte Begriff der Narration erstreckt: die filmophanische (leinwandliche)
Wirklichkeit, also all das, was vom Film während seiner Vorführung sichtbar
und hörbar ist; die diegetische Wirklichkeit, jene Welt, die der Film (objektiv) inszeniert; die spektatorielle Ebene, also jene Welt, die der Zuschauer
(subjektiv) wahrnimmt und interpretiert; sowie die kreatorielle Ebene, die
Aussage des Films, die psychologischen und sozialen Intentionen des Autors.
Würde man einen Film beispielsweise nach der Laufzeit der DVD einteilen, so erhielte man eine filmophanische Strukturierung. Jedes Ereignis im
Film ließe sich eindeutig referenzieren, indem man den Timecode angibt, z.B.
ein Ereignis in Minute 17. Diese Einteilung wäre objektiv, da der Timecode
(der analog zur filmophanischen Zeit bzw. Erzählzeit läuft, siehe 2.5) exakt
messbar ist. Doch ist es für die Analyse wenig sinnvoll, einen Film nur nach
Minuten und Sekunden einzuteilen.
Beim Betrachten filmischer Inhalte denken wir nicht in objektiver Zeit,
wir können diese auch gar nicht als solche empfinden. Wir nehmen die dargestellten Bildinhalte wahr, rekonstruieren Handlungen und Verbindungen der
diegetischen Filmwelt nach subjektiven Erfahrungen und bauen so unsere
eigene, spektatorielle Narration daraus zusammen. Was wir vom narrativen
Filminhalt auffassen, sind Ereignisse und deren kausale Verbindungen im mikrostrukturellen sowie der Zusammenhang der Ereignisse über den gesamten
Film im makrostrukturellen Bereich. Danach lässt sich eine Struktur definieren, die gewiss subjektiver Natur ist.
Diese Subjektivität erschwert das Auffinden passender Termini. Umgangssprachlich sprechen wir von Szenen, deren exakte Definition wir zwar
vielleicht nicht kennen und deren Länge und Abgrenzung dementsprechend
variieren, aber durch die ohnehin meist einhergehende nähere Beschreibung
bedarf es auch keines eindeutigen Terminus. Spricht beispielsweise jemand
von Donnie Darko [don01] und erwähnt die Gesprächsszene im Auto, so ist
damit bereits klar, dass der Zeitabschnitt gemeint ist, in dem Donnie Darko
und sein Vater im Auto sitzen und ein Gespräch führen. Die Handlung, der
Ort und die Zeit sind zu einer Einheit zusammengefasst.
In der Montage besteht die Narration im Gesamten aus mikro- und makrostrukturellen Elementen. Kleinere Segmente werden zu größeren Einhei1
Hier werden nur die relevanten Ebenen genannt. Da das französische Original dieses
Artikels bereits 1951 abgedruckt wurde, ist das Ebenenmodell heute nicht mehr in allen
Punkten aktuell, aber dennoch relevant, da der Fachjargon von Etienne Souriau geprägt
wurde.
3. Montage und Schnitt
15
ten zusammengefasst, die ihrerseits wieder Sinneinheiten bilden und Verknüpfungen zu anderen herstellen. Makrostrukturelle Sinneinheiten lassen
sich aufgrund ihres Umfangs nach ihrem dramaturgischen Aufbau einteilen,
was sich im Mainstreamfilm noch einfach gestalten mag, da in ihm vor allem
genretypische Schemata für den Aufbau angewendet werden. Je weiter man
sich aber vom Mainstream und Genrefilm entfernt, umso schwieriger wird
es, der Dramaturgie ein Konzept zuzuordnen (in 2.3 wurde beispielsweise
die Reise des Helden erwähnt) und somit lassen sich auch nur schwer makrostrukturelle Elemente definieren, die sich allgemein zur Analyse anwenden
lassen.
Die folgenden Punkte beschreiben Ausdrücke, die zur Einteilung filmischen Geschehens in mikro- und makrostrukturelle Segmente dienen. Vor
allem letztere sind nicht immer eindeutig, es wurde daher in Kapitel 4 Wert
darauf gelegt, eine Struktureinheit nicht nur mit einem Begriff, sondern möglichst mit Beiwörtern näher zu beschreiben.
3.2.1
Einstellung
Anders als die nachfolgenden Ausdrücke ist die Einstellung objektiv anhand
des Bildinhaltes messbar und somit eindeutig. Sie stellt die Einheit kleinster
Größenordnung in dieser Struktur dar [Mik08, S. 91]:
„Eine Einstellung kann mehrere Einzelbilder umfassen. Sie ist
definiert durch den Bildausschnitt und die Nähe bzw. Entfernung
der Kamera zu den abgebildeten Objekten und Personen [...]. Mit
dem Schnitt endet eine Einstellung und eine neue beginnt, d.h.,
Beginn und Ende einer Einstellung werden durch die Schnitte
gesetzt [...].“
Die Einstellung bezeichnet also einerseits die kleinstmögliche Einheit an zusammenhängenden Bewegtbild-Inhalten und definiert andererseits die Größe
des sichtbaren Bildausschnittes, die Einstellungsgröße. Bei Schwenks, Zooms
und Kamerafahrten kann sich die Einstellungsgröße ändern.
3.2.2
Szene
Das Dilemma um den Mangel an klar definierten Fachbegriffen beginnt, sobald man mehrere Einstellungen zu einer nächstgrößeren Einheit zusammenfassen will. Zuvor wurde bereits auf den umgangssprachlichen Terminus
der Szene eingegangen, die durch Beiwörter und Beschreibungen näher definiert wird und dadurch meist zu einer Einheit aus Handlung, Zeit und Ort
wird. Das deckt sich mit einer Definition von Thomas Kuchenbuch, wenngleich er den Begriff szenisch auch in anderen Zusammenhängen verwendet
[Kuc05, S. 64f]:
3. Montage und Schnitt
16
„In der „Szene“ herrscht durchgehende raumzeitliche Einheit bzw.
Kontinuität, die einzelnen Einstellungen machen nur geringfügige
Sprünge (kleine, kaum merkliche Zeitsprünge von Einstellung zu
Einstellung und Wechsel von Kamerastandort und Einstellungsgröße in deutlich einheitlichem Raum).“
Hickethier beschreibt die Szene nach der Typologie von Christian Metz (vgl.
[Met72]), was sich ebenfalls mit dem bisher Genannten vereinbaren lässt.
So schreibt er, dass „die Szene durch keine Auslassung gekennzeichnet ist,
also eine zeitliche Einheit des Geschehens wiedergibt“ [Hic01, S. 147]. Kuchenbuch und Hickethier beschreiben im szenischen Zusammenhang auch die
unsichtbare Montage bzw. den unsichtbaren Schnitt, worauf in 3.3.1 näher
eingegangen wird.
3.2.3
Sequenz
Nun ist es auch sinnvoll, Einstellungen und Szenen zu größeren Einheiten
zusammenzufassen. Kuchenbuch beschreibt in diesem Zusammenhang einige
Montagetypen, definiert aber keinen einheitlichen Terminus für eine größere
Einheit, sondern erwähnt Sinneinheiten, Sequenzen, Großsequenzen und höhere Einheiten. Zur narrativen Montage zählt seiner Definition nach nicht nur
die Szene, sondern auch die „Erzählung im eigentlichen Sinn“ (vgl. [Kuc05,
4.1.2.1, S. 65]). Damit meint er Szenen und nach anderen Kriterien zusammengefasste Einstellungen, die nacheinander geschnitten Zeit- und Ortssprünge ergeben und somit die Erzählung vorantreiben. Hickethier beschreibt
in diesem Zusammenhang die Sequenz „als Einheit im Geschehen [..], die sich
deutlich von anderen abhebt (Strukturpausen) und sich durch einen erkennbaren Handlungszusammenhang bestimmen lässt“ [Hic01, S. 146]. Nach Jens
Eder verschwimmen die hier genannten Definitionen der Sequenz und Szene
[Ede07, S. 79–82]. Er richtet sich nach David Bordwell, der die gewöhnliche
Sequenz von Metz als „straightforward scene“ [BST88, S. 63] bezeichnet.
Für diese Arbeit sei die Sequenz als Sinneinheit (der Begriff wird von Kuchenbuch übernommen) definiert, die sich nach zusammenhängender Handlung richtet. Sie kann somit aus einer oder mehreren Szenen bestehen. Wenn
der Sinnzusammenhang es ergibt, können auch mehreren Sequenzen eine Szene bilden. Entscheidend für die Abgrenzung der Sequenz sind Strukturpausen
(nach Hickethier).
3.2.4
Plot Points
Plot Points sind Wendepunkte, die den Verlauf der Narration durch ein Ereignis in eine andere Richtung lenken und dadurch Charaktere in ihrer Entwicklung beeinflussen und für Spannung in der Dramaturgie sorgen [Eic06, S.
61ff]. Syd Field beschreibt Plot Points in seinem Drei-Akt-Modell als jene
Ereignisse, die von der Exposition (Einleitung) zu einer Konfrontation (auf
3. Montage und Schnitt
17
der die grundlegende Handlung des Films basiert) und von der Konfrontation
schließlich zur Auflösung des Geschehens führen [Fie07, S. 225–250]. In 2.3
wurden Bordwells Entwicklungsmuster erwähnt, die Plot Points als „change
in a character’s sitiuation“ umschreiben2 [BT04, S. 80].
In dieser Arbeit werden alle Änderungen im Handlungsgeschehen als Plot
Points bezeichnet, die die Situation eines Charakters, ein klar definiertes
Ziel oder ein anderes wesentliches Handlungselement der Narration in eine
neue Richtung lenken und damit die Spannung aufrecht erhalten. Sie dienen
dadurch zur Abgrenzung makrostruktureller Filminhalte.
3.2.5
Einteilung nach Akten
Das bereits erwähnte Schema von Syd Field teilt jegliche Narration von populären Spielfilmen in drei Akte ein (Exposition, Konfrontation und Auflösung), die durch Plot Points begrenzt werden [Fie07]. Die von ihm erwähnte
Struktur ähnelt dabei jener der in 2.3 bereits erwähnten Reise des Helden,
die in zwölf Stationen ausgeführt wird. Syd Field beschreibt sehr ähnliche
Handlungselemente, die er in seine drei Akte einordnet.
Fields Schema richtet sich aber vorwiegend an Drehbuchautoren von Populärfilmen und kann daher vor allem zur Analyse von Filmen mit vom Mainstream abweichenden Erzählstrukturen nicht zur Gänze angewendet werden.
Die grundlegende Aussage seiner Struktur jedoch, ein Geschehen durch zwei
Plot Points zu dritteln (was natürlich sehr allgemein scheint), lässt sich als
grundlegende Struktur der Dramaturgie in vielen Bereichen einsetzen. So
geht die spätere Analyse beispielsweise auch auf in Episoden erzählte Filme ein, bei denen eine ähnliche Drei-Akt-Struktur in einzelnen Episoden
erkennbar ist.
3.3
Montagestile und besondere Formen
Zwar setzt sich der Film aus gestalterischen und narrativen Elementen von
Malerei, Fotografie, Architektur, Theater und Roman zusammen, unterscheidet sich aber von all diesen durch die Montage (vgl. [Bai07, S. 159]), die
kausale Verknüpfungen zwischen einzelnen Segmenten entstehen lässt und
dadurch dem Rezipienten erst die spektatorielle Auffassung der diegetischen
Handlung ermöglicht. Im Folgenden seien einige übliche Montageformen angeführt, die auch in vom Mainstream abweichenden Filmen anzutreffen sind.
3.3.1
Unsichtbarer Schnitt
In 3.2.2 wurde bereits die Szene als jene Sinneinheit von Einstellungen, die
eine Einheit von Zeit und Ort bilden, definiert. In einer Szene wechselt die
2
Bordwell verwendet im vorliegenden Werk keine eigene Bezeichnung dafür.
3. Montage und Schnitt
18
Kamera unauffällig den Standort, wodurch die Kontinuität erhalten bleibt.
Als eine Art Regelwerk für diese Art der Kontinuität ist der unsichtbare
Schnitt oder die unsichtbare Montage zu verstehen.
Dialogszenen werden im Schuss-Gegenschuss-Verfahren gezeigt, bei dem
die Kamera von einer Seite an die Gesprächspartner herantritt, beide abwechselnd zeigt und die Handlungsachse nicht überspringt (vgl. [Hic01, S.
151]). Folgt doch ein Achsensprung, so wird dadurch eine neue Seite des
Raumes sichtbar und der Zuseher muss sich neu orientieren. Auch die Erwartung des Zuschauers, im Dialog nach einem Schuss den Gegenschuss zu
sehen, kann gezielt enttäuscht werden [Low92, S. 115]. Solche Unterbrechungen und Achsensprünge werden vom Rezipienten bewusst wahrgenommen
und zählen daher nicht zum unsichtbaren Schnitt. Generell lässt sich alles
unter dem unsichtbaren Schnitt zusammenfassen, was eine kontinuierliche
Szene darstellt.
3.3.2
Deutlich wahrnehmbarer Schnitt
Als Gegenstück zum unsichtbaren Schnitt gestaltet sich der deutlich wahrnehmbare Schnitt. Er grenzt Szenen mit unterschiedlichen Orten voneinander
ab oder bringt ein neues Ereignis, eine neue Handlung oder eine Erweiterung
des Raumes in die Szene ein.
Wie bereits erwähnt, kann durch ein typisches, sich wiederholendes
Schnittmuster eine Erwartungshaltung aufgebaut und durch einen harten
Schnitt gebrochen werden. Ein Beispiel für den Einsatz eines solchen Schnittes zur Betonung der Narration wäre der Achsensprung innerhalb eines Dialogs, bei dem die Kamera auf die gegenüberliegende Seite der Protagonisten
wandert. Solche Achsensprünge werden z.B. in Shining [the80] eingesetzt,
während der Barmann auf der Toilette Jack Torrance von einem Fleck befreit: der Schnitt bricht „bewusst die Sehgewohnheit des Zuschauers und
verweist auf formaler Ebene auf eine gestörte Kommunikation zwischen Jack
Torrance und seinem Gegenüber“ [Bie06, S. 130].
Ein weiteres Beispiel für einen narrativ wirkungsvollen, auffallenden
Schnitt wäre der Jump Cut, bei dem eine Diskontinuität etwa durch eine
Änderung der Kameraposition, -perspektive oder der Bewegungsrichtung
herbeigeführt wird [Mik08, S. 219]. Der Match Cut hingegen schafft eine
fortwährende Kontinuität über einen Szenenwechsel, indem die Bewegung
eines Objekts, Charakters oder einer Kamera nach dem Schnitt in einer neuen Umgebung fortgeführt wird. Er kann auch eingesetzt werden, um über
einen Zeitsprung hinweg eine kognitive Verbindung herzustellen, wie dies in
Kubricks 2001: A Space Odyssey geschieht [Hic01, S. 134]: ein Menschenaffe
wirft seine Waffe, einen Knochen, in die Luft – nach dem Schnitt befindet
sich anstelle des Knochens ein Satellit, der die Bewegung fortführt.
3. Montage und Schnitt
3.3.3
19
Frequenz und Rhythmus
Frequenz und Rhythmus von Schnitten lösen auf der Bildebene eine Formalspannung aus. Diese meint im Gegensatz zur psychologischen Spannung
„die Veränderung der Schnittfrequenz und damit die neben den Einstellungsinhalten wohl wichtigste Strategie der Wahrnehmungssteuerung“[Fau02,
S. 128].
Durch die Relationen der Längen einzelner Einstellungen entsteht ein
rhythmisches Geflecht, das in regelmäßigen Mustern angewendet eine gewisse
Dynamik bietet: so kann eine Verfolgungsjagd, während der die Schnittfrequenz deutlich steigt und die Einstellungen näher werden, sich kurz wieder
durch eine länger gezeigte Einstellung, in der der Verfolgte ein Versteck aufsucht und dort verweilt, entspannen, um danach wieder schneller zu werden.
Wird bei steigender Schnittfrequenz auf weite Einstellungen und somit den
Überblick über die Szene verzichtet, also nur Detailaufnahmen aufeinander
geschnitten, so spricht diese konstruktive Montage vor allem die kognitiven
Aktivitäten der Zuschauer an (vgl. [Mik08, S. 223ff]), da sie die Szene aus
den gezeigten Details und deren Zusammenhängen rekonstruieren müssen.
3.3.4
Plansequenz
Hickethier definiert den Montagestil der inneren Montage. Damit sei „zum
einen der Einsatz der Schärfentiefe gemeint, [...] Zum anderen wird mit diesem Begriff die Kombination von Fahrt, Schwenk, Zoom innerhalb einer
Einstellung bezeichnet.“ [Hic01, S. 164]. Für lange Einstellungen, in denen
nicht (oder nicht erkennbar) geschnitten wird und Einstellungsänderungen
durch Fahrt, Schwenk und Zoom in kontinuierlicher Weise erfolgen, hat sich
im deutschsprachigen Raum der Begriff Plansequenz (vgl. [KR98, S. 86ff]
und [Mik08, S. 91]) eingebürgert, dessen englisches Pendant long-take lautet
(vgl. [Ree99, S. 69]).
Als bekannte frühe Plansequenz gilt die erste Szene in Orson Welles’
Touch of Evil [tou58], in der in einer dreiminütigen Kamerafahrt der Weg
einer Bombe bis zu ihrer Detonation verfolgt wird und parallel die Hauptcharaktere vorgestellt werden.
Der Rhythmus innerhalb einer Plansequenz ergibt sich durch Änderungen
des Bildinhalts, Geschwindigkeiten von Kamerafahrten und deren Richtungsänderungen, Objekten und Charakteren, die ins Bild treten oder es verlassen
– Muster von Dynamik und Bewegung treten nicht im Schnitt auf, sondern
direkt in der Plansequenz.
3.3.5
Parallelmontage
Als Parallelmontage wird das wechselweise Schneiden zweier Handlungsstränge und eine dadurch entstehende Verbindung zwischen diesen bezeichnet. Meist enden beide Stränge in einem gemeinsamen Punkt, auf den sie zu-
3. Montage und Schnitt
20
laufen (vgl. [Hic01, S. 139f]). Diese Verbindung kann eine suggerierte Gleichzeitigkeit sein oder einfach eine Gemeinsamkeit beider Handlungen, die nacheinander gezeigt nicht als solche wahrgenommen werden würde. Auch kann
dem Zuseher durch einen Parallelstrang zusätzliches Wissen vermittelt werden, sie „wissen mehr oder weniger als bestimmte Figuren und sehen mehrere
Situationen sich gleichzeitig entwickeln“ [Bai07, S. 161].
3.3.6
Split Screen
Beim Split Screen, wörtlich „geteilter Bildschirm“, sind zwei oder mehr Einstellungen gleichzeitig zu sehen. Im Gegensatz zur Parallelmontage gestaltet
sich dadurch also eine Möglichkeit, mehrere Handlungen tatsächlich gleichzeitig zu zeigen.
Von der Doppelbühne des 19. Jahrhunderts kommend [Kuc05, S. 71],
hat sich der Einsatz des Split Screen für Telefongespräche bereits in frühen
Filmen etabliert und später vor allem im Musikvideo Einzug gefunden.
Wie für die Parallelmontage gilt auch hier, dass es sich nicht um eine
suggerierte Gleichzeitigkeit mehrerer Ereignisse handeln muss (auch wenn
dies meist der Fall ist) – es wird eine Verbindung zwischen den gezeigten
Handlungen hergestellt. Ein Unterschied zur Parallelmontage ist, dass der
Zuseher nicht beide parallel gezeigten Bilder im Zentrum seines Blicks fokussieren kann. Er hat immer zu wählen, welchem Bild er seine Aufmerksamkeit
widmet, daher gilt es in der Montage, die Blicke des Rezipienten zu lenken.
3.4
Möglichkeiten durch Time Remapping
Time Remapping ist ein Punkt, der den Film von der Literatur deutlich
abhebt. Während man in der Literatur zwar eine Kompression der erzählten Zeit durch Ellipsen (Auslassungen) erreicht und umgekehrt durch eine
umfangreiche Beschreibung sehr detailliert auf einen sehr kurzen Moment
eingehen kann, so ist es dennoch kein direktes Spiel mit der Zeitachse, wie
es der Film erlaubt.
Durch die Änderung der Geschwindigkeit von ihrer (profilmischen) Aufzeichnung bis zu ihrer (filmophanischen) Darstellung werden deutliche Effekte kreiert, deren realitätsfremde Wirkung weiter geht als bloß eine elliptische
Erzählweise.
3.4.1
Zeitlupe und Zeitraffer
Spielt man aufgezeichnetes Filmmaterial verlangsamt ab, erhält man den
Effekt einer Dehnung oder Zeitlupe, spielt man ihn schneller ab, erhält man
einen Zeitraffer.
Im Dokumentarfilm haben sich diese beiden Möglichkeiten etabliert, um
zeigen zu können, was für das Auge sonst unsichtbar wäre, wie beispielswei-
3. Montage und Schnitt
21
se das Öffnen einer Blüte oder das Vorbeiziehen von Wolken – Bewegungen,
die in ihrer natürlichen Geschwindigkeit nur schwer nachvollziehbar wären.
Ebenso wird es nur schwer gelingen, die Zunge eines Frosches beim Fliegenfang genau zu beobachten, was die Zeitlupe möglich macht. Das sonst nicht
Sichtbare kann nachvollziehbar dargestellt werden.
Im kommerziellen Spielfilm werden Zeitlupen vor allem zur Betonung eingesetzt, wie z.B. in Kampfszenen, in denen Schläge verlangsamt dargestellt
werden, um die Dramaturgie zu steigern.
3.4.2
Pausierung
Ein sehr stark wirkender Effekt ist die Pausierung des Filmmaterials, die vor
allem durch dementsprechende Untermalung im Ton lebt. Dabei kann es sich
z.B. um Unterbrechungen handeln, um eine Beschreibung auf der Tonebene
einzuwerfen oder Zwischentitel einzublenden.
Die Stärke dieses Effekts ist bereits im frühen Schwarzweißfilm Les visiteurs du soir [les42] erkennbar. Marcel Carné verlieh in dieser Fabel Charakteren die Möglichkeit, der Zeit zu entfliehen und stellte sie damit über die
Diegese. Das Anhalten des Films während eines Tanzes, wobei auch der Ton
angehalten wurde, führte zu Fehlinterpretationen des Publikums und man
dachte, es handle sich um einen technischen Defekt, bis das Geschehen im
Laufe des Films aufgeklärt wurde.
3.4.3
Rewind
Ein ebenso übernatürlicher Effekt wird durch das Rückwärtsabspielen von
Filmmaterial erzielt. Seit dem kommerziellen Einzug von Videokassetten ist
auch allgemein bekannt, wie ein schnell zurücklaufender Film aussieht, was
sich auch als narratives Stilmittel zur Verdeutlichung eines Zeitsprungs in
die Vergangenheit etabliert hat.
Zum Ende von Donnie Darko [don01] laufen Ausschnitte des Films rückwärts ab, was den Rückschritt in der Zeit bis zum Absturz der Flugzeugturbine – dem Zeitpunkt, ab dem das Geschehen erneut erzählt wird – verdeutlicht.
Kapitel 4
Analyse
Die Analyse einschlägiger Filme bildet den Kern dieser Arbeit. Eingegangen
wird dabei auf Spielfilme unterschiedlicher Herkunft, zwei Musikvideos und
einen Kurzfilm. Dabei wurden die Filme so gewählt, dass ein möglichst breites Spektrum an narrativen Mitteln, die die Zeit in der Erzählung betreffen,
abgedeckt ist.
Für jeden analysierten Film ist im Anhang A eine gekürzte Inhaltsangabe
angeführt, die der Übersicht dient, nicht jedoch dem Verständnis des Filmes.
Es ist daher ratsam, sich den Film anzusehen, bevor die Analyse darüber
gelesen wird. Im Übrigen wird auch keine Rücksicht darauf genommen, dass
spannende Elemente oder der Ausgang eines Filmes verraten werden.
Gliederung
Die Gliederung dieses Kapitels richtet sich nach der Erzählstruktur der Filme. Sie wurden im Vorfeld auf ähnliche narrative Elemente untersucht. Die
Gemeinsamkeiten werden jeweils zu Beginn kurz angeführt und in der Analyse näher erläutert. Auch das Kapitel 6 gibt im Punkt 6.2 nochmals einen
Überblick über die entdeckten Gemeinsamkeiten und die Ergebnisse der Analyse.
4.1
Verschachtelung diegetischer Ebenen
Verschachtelungen diagetischer Ebenen werden durch Erzählungen in einer
Erzählung gebildet. Geht diese Verschachtelung nun so weit, dass sich ein
Erzähler selbst in die Geschichte einbettet oder eine Figur aus der Diegese entspringt und die sie umgebende Welt betritt, so ist jenes Phänomen
erreicht, das Gérard Genette als Metalepse bezeichnet.
Dabei ist in der filmischen Metalepse vor allem die Tatsache von Bedeutung, dass durch das Eindringen eines Erzählers in seine eigene erzählte
22
4. Analyse
23
Wirklichkeit dem Zuschauer oft nicht bewusst ist, in welcher Ebene die Darstellung nun spielt [Tus07, S. 111]:
„Die filmische Metalepse ist ein Spiel mit der Eindringlichkeit des
Wirklichkeitseindrucks. Grundsätzlich wird die Illusion nicht nur
auf hohem künstlerischen oder technischen Niveau umgesetzt,
sondern es wird zugleich gezeigt, dass der hohe Impakt einer Darstellung künstlich erzeugt ist.“
Mit diesem robusten Einstieg sollen im Folgenden zwei Spielfilme untersucht
werden, die diegetische Verschachtelungen und zum Teil auch Metalepsen
enthalten.
4.1.1
Hero
Der chinesische Kampffilm Hero [her02] erschien 2002 unter der Regie von
Zhang Yimou. Er handelt von einem namenlosen Ritter, der dem König
von Qin eine Geschichte erzählt. Markant ist dabei, dass er sich durch seine
Erzählung dem König nähern kann, worauf dieser die Geschichte nochmal aus
seiner Sicht der Dinge erzählt. Schließlich holt der Protagonist ein drittes mal
zur Erzählung aus, wobei die Geschichte an Ort und Stelle zu einem Ende
gebracht wird.
Hero: Analyse
Die Erzählstruktur von Hero ist dermaßen gestaltet, dass in der ersten Erzählebene der namenlose Ritter an den König herantritt und ihm in einer
zweiten diegetischen Ebene von seinem Weg zu ihm und seinem Sieg über
die drei Attentäter Weiter Himmel, Zerbrochenes Schwert und Fliegender
Schnee erzählt. Die Rahmenhandlung findet also im Palast des Königs statt
(Abb. 4.1), während die Erzählung des Protagonisten als Binnenerzählung
gilt.
Der König beginnt darauf hin als Erzähler der zweiten Binnenerzählung.
Es handelt sich wieder um die gleiche Geschichte, die der König verändert
hat, da er seine Sicht der Dinge ausführt. Wieder endet die Binnenerzählung
mit dem Protagonisten, der an den König herantritt.
Ein drittes Mal findet eine Binnenerzählung statt, der Protagonist erzählt
die wahren Gründe seines Weges zum König. Es stecken also drei Binnenerzählungen in dieser Rahmenhandlung, wobei jede mit anderen Ursachen den
Beginn der Rahmenhandlung erklärt und die dritte Erzählung sogar erst in
der Rahmenhandlung endet.
Der Protagonist und der König haben die Binnenerzählungen beeinflusst,
da es sich im Prinzip drei mal um die gleiche Geschichte handelt. Demnach
kann von einer Metalepse gesprochen werden. Da sich der Wahrheitsgehalt
aller drei Geschichten nicht überprüfen lässt, ist sogar eher von Metalepsen
4. Analyse
24
Abbildung 4.1: Die Halle im Palast des Königs von Qin bietet in Hero [her02] das Umfeld für die Rahmenhandlung. Der Protagonist und der
König erzählen in drei Versionen, wie sich die bisherige Geschichte ereignet
hat.
Abbildung 4.2: Erzählstruktur in Hero. Die drei Binnenerzählungen eröffnen jeweils eine eigene diegetische Ebene, wobei die dritte in der Rahmenhandlung endet.
als von Rückblenden auszugehen. Jede der drei Erzählungen eröffnet eine
neue diegetische Ebene (siehe Abb. 4.2), deren Handlung jeweils die aktuelle Situation erklärt. Schließlich wird die Handlung in der Rahmenhandlung
fortgesetzt, wobei der namenlose Ritter die Erkenntnis erlangt, dass der Attentäter Zerbrochenes Schwert recht hatte mit seinem Vorhaben, den Tod des
Königs zu verhindern. Es wird also deutlicher Bezug auf die dritte Erzählung
genommen, womit man davon ausgehen kann, dass die dritte Erzählung in
der Rahmenhandlung beendet wird.
4.1.2
Inception
Christopher Nolan veröffentlichte 2010 den Science-Fiction-Spielfilm Inception [inc10], der von Dominic Cobb (Leonardo DiCaprio) und seinem Team
handelt, die mit Hilfe einer Traumsharing-Maschine in die Träume und somit
4. Analyse
25
das Unterbewusstsein anderer Menschen eindringen können. Sie betreiben
das im Bereich der Wirtschaftsspionage, um Ideen aus dem Unterbewusstsein
anderer zu stehlen („Extraction“) und um Ideen einzupflanzen („Inception“).
Inception: Analyse
Im Gegensatz zu Hero basiert Inception nicht auf dem Prinzip der Erzählungen und kommt auch ohne große Rückblenden aus, sofern man von der
ersten Sequenz absieht, in der Dominic Cobb am Strand aufkreuzt. Chronologisch liegt diese Sequenz fast am Ende der Geschichte und wird auch
zum Ende des Films nochmal gezeigt und aufgeklärt. Da aber die Narration
des Filmes nicht von diesem Geschehen weg startet, soll nicht diese erste
Sequenz als Rahmenhandlung und die gesamte Geschichte als Rückblende
gelten, sondern die gesamte Geschichte als Rahmen und die erste Sequenz
als repetitive Prolepse (vgl. Abschnitt 2.6.2).
Cobb erzählt Ariadne später von Mals Tod, weil er Projektionen von
Mal in sämtlichen Träumen sieht. Diese Erzählung ist als Rückblende ausgeführt, allerdings nur als eine aufklärende und keine die Haupthandlung
beinhaltende wie bei Hero. Es existiert also ein fester Erzählfaden, der sich
vom filmophanischen Anfang bis zum Ende durchzieht und auch die diegetische Geschichte im Großen und Ganzen so erzählt.
Die diegetischen Ebenen gestalten sich bei Inception anders – sie sind
nicht durch Erzählungen aufgebaut, sondern in Form von Träumen, die einer
Phantasiewelt im Unterbewusstsein entsprechen. Ein Traum ist also ebenfalls
als diegetische Ebene zu betrachten.
Dabei bestehen auch immer direkte Zusammenhänge zwischen der diegetischen Welt innerhalb des Traumes und der umgebenden Welt, in der
der Träumende schläft. In Inception ist dieser Zusammenhang auch dadurch
ausgeführt, dass starke Umweltänderungen auch in den Traum vordringen
können, was die Protagonisten auch gezielt für ihre „Kicks“ nützen, die sie
benötigen, um jemanden aus einem Traum zu wecken.
Die Basiserklärung, warum Inception funktioniert, besteht darin, dass im
Traum die Zeit anders vergeht, da das Gehirn schneller arbeitet. Diesen Umstand nutzen Cobb und sein Team aus, um sich durch die Verschachtelung
auch genügend Zeit zu verschaffen, die Idee während des Fluges einzupflanzen.
Obwohl deutliche Unterschiede zu der Erzählstruktur in Hero bestehen,
lässt sich auch hier von Metalepsen sprechen. Es sind zwar keine Erzähler,
die selbst in ihre Erzählung hinein treten, sondern Träumer, aber das Prinzip
bleibt das Gleiche, nämlich das Überschreiten der Grenzen zwischen diegetischen Ebenen. Die einzelnen Wirklichkeiten beeinflussen sich gegenseitig.
Eingangs wurde auch erwähnt, dass Metalepsen für den Zuschauer oft
nicht zur Gänze nachvollziehbar sind. Auch darauf geht Inception ein. Der
4. Analyse
26
Film startet mit einer Prolepse und springt von dieser in einen Traum. Der
Zuseher weiß zu diesem Zeitpunkt noch nicht, dass es sich um einen Traum
handelt. Nachdem das Extrahieren des gesuchten unterbewussten Wissens
innerhalb dieses Traumes nicht gelingt und mit Waffengewalt nach dem Aufwachen aus dem Traum versucht wird, befindet sich der Zuseher immer noch
nicht in der obersten Ebene, denn Saito erkennt anhand der Beschaffenheit
seines Teppichs, dass es sich nicht um seinen Teppich handelt und dass er
immer noch träumt.
Als Cobb Ariadne über das Jobangebot aufklärt, befinden sie sich auch
in einem Traum, was nicht sofort klar ist. Ariadne stellt fest, dass sie nicht
weiß, wie die beiden an diesen Ort gekommen sind. Es stellt sich heraus, dass
sie bereits träumt. Das wurde nicht nur Ariadne, sondern auch dem Zuseher
verheimlicht.
Am Ende des Filmes wird das nochmal in Frage gestellt: Cobb dreht
seinen Kreisel, um sicher zu gehen, dass er sich in der Realität und in keinem Traum befindet. Die Kamera schwenkt zum sich drehenden Kreisel, es
ist aber nicht eindeutig erkennbar, ob er umfällt oder sich weiter dreht, da
geschnitten wird. Der Zuseher wird mit dieser Frage vom Film entlassen.
Inception: Zusammenfassung
Inception basiert ebenso wie Hero auf einem Konstrukt aus mehreren diegetischen Ebenen. Bei Hero geht die Verschachtelung nicht tiefer als bis zur
zweiten Ebene, Inception hingegen spielt theoretisch in beliebig vielen, da in
jedem Traum ein weiterer geträumt werden kann. Beide Filme thematisieren
die eingangs erwähnten Metalepsen auf unterschiedliche Weise.
4.2
Entscheidungen und Möglichkeiten
Der Schmetterlingseffekt besagt nach der Theorie von Edward Lorenz, dass
bereits die kleinste Veränderung (wie der Flügelschlag eines Schmetterlings)
verheerende Folgen (wie einen Tornado) auslösen kann [Wro97, S. 181ff].
Das lässt sich aufzeigen, wenn man einen Zeitpunkt bestimmt und von
diesem weg mehrere Zeitpfeile verfolgt, zwischen denen marginale Änderungen vorgenommen wurden (Abb. 4.3). Mit dieser Darstellung des UrsacheWirkung-Prinzips, das verschiedene Möglichkeiten für einen Ausgang des
Geschehens aufzeigt, beschäftigen sich die in diesem Punkt angeführten Beispielfilme.
Dabei wird in keinem dieser Filme einem solchen Möglichkeits-Erzählstrang eine eigene diegetische Ebene zugeordnet. Die Erzählung an sich beinhaltet das gesamte Geschehen mit mehreren Möglichkeiten. Sie findet nicht
linear statt: von einem bestimmten Zeitpunkt weg werden mehrere mögliche
4. Analyse
27
Abbildung 4.3: Zeitpfeile.
Wege gegangen, die nacheinander erzählt werden, indem wieder zu diesem
Punkt zurückgeführt und der nächste Weg gegangen wird. Alle Wege sind in
einer einzigen diegetischen Ebene untergebracht.
4.2.1
Lola rennt
Die deutsche Filmproduktion Lola rennt [lol98] wurde 1998 unter der Regie
von Tom Tykwer präsentiert.
Gezeigt wird die Handlung drei mal mit unterschiedlichen Ausgängen.
Die Basis dieser Handlung besteht darin, dass Lolas Freund Manni eine große
Summe Geld benötigt und Lola versuchen soll, das Geld in zwanzig Minuten
aufzutreiben. Von diesem Standpunkt aus werden drei Wege zum Geld erzählt. Dabei lösen kleine Änderungen kausale Verknüpfungen aus und führen
zu einem gänzlich anderen Ende.
Lola rennt: Analyse
Lola rennt thematisiert deutlich das Phänomen dieses Schmetterlingseffektes. Kleine Änderungen während ihres Laufes führen zu kleinen Unterschieden in der Zeit, die sie benötigt, wodurch wiederum größere Änderungen
hervorgerufen werden, die sich in einer kausalen Kettenreaktion fatal auswirken.
Das Spiel mit dem Ursache-Wirkung-Prinzip erzählt drei unterschiedliche
Geschichten und deren Folgen, die nicht nur innerhalb der gezeigten Handlungen stattfinden, sondern auch durch Prolepsen angedeutet werden. Lola
läuft des öfteren Menschen über den Weg, die in jeder der drei Geschichten
anders auf sie reagieren. Danach werden Fotografien aus der Zukunft dieses
Menschen gezeigt, die jedes mal, hervorgerufen durch die banale Änderung
in der Begegnung mit Lola, einen gänzlich anderen Lauf nehmen.
In allen drei Geschichten verfolgt Lola das selbe Ziel, ihr ist die selbe
Deadline gesetzt. Das fördert die Dramaturgie. Spannung wird auch dadurch
erzeugt, dass in den ersten beiden Möglichkeiten einer der beiden Protagonisten stirbt. Erst in der dritten Möglichkeit wird das Happy End gezeigt.
4. Analyse
28
Es wird aber nicht klargestellt, welche von den drei Möglichkeiten sich tatsächlich ereignet hat, diese Frage bleibt nach dem Ende des Films offen.
4.2.2
Donnie Darko
Donnie Darko [don01] vom Regisseur Richard Kelly erschien 2001 und handelt von einem psychisch kranken Teenager, der nachts schlafwandelt und
seinen Halluzinationen folgt.
Durch das Schlafwandeln entkommt Donnie einer abstürzenden Flugzeugturbine, die sein Zimmer zerstört. In seinen Halluzinationen begegnet
ihm dann Frank, der Donnie über den Countdown bis zum Ende der Welt
unterrichtet. Der Countdown läuft ab, die Zeit wird zurückgedreht und Donnie findet sich vor dem Absturz der Turbine in seinem Zimmer wieder. Dieses
mal trifft ihn die Turbine und er kommt ums Leben.
Donnie Darko: Analyse
Donnie Darko erhält (ebenfalls wie Lola rennt) eine Deadline: in seinen
Halluzinationen erzählt ihm Frank vom Untergang der Welt und zählt den
Countdown. Die Gemeinsamkeit zu Lola rennt besteht zwar nicht in der
Kausalkette, aber dennoch werden von einem Zeitpunkt an zwei Möglichkeiten erzählt, wobei die Handlung der Narration in der ersten Erzählung
stattfindet und die zweite lediglich den Schluss darstellt.
Durch seine Halluzinationen erlebt Donnie seine eigene diegetische Welt.
Die Psychiaterin erklärt seinen Eltern, dass er Schwierigkeiten hat, seine
Fantasiewelt von der realen Welt um ihn herum zu unterscheiden. Dem Zuschauer wird diese Unterscheidung ebenfalls schwer gemacht. Frank tritt die
meiste Zeit des Filmes in Donnies Halluzinationen auf, während er alleine ist.
Am Ende steigt er aber als realer Mensch aus dem Auto aus und erhält durch
Donnies Schuss auch die Verletzung am Auge, die Donnie zuvor gesehen hat.
Dadurch wird Donnies Fantasiewelt zur Metalepse. Genau genommen steht
nicht fest, in welcher Welt Frank nun tatsächlich existiert – in der Diegese
des Films oder in Donnies Fantasie.
Letztendlich bleibt das auch eine offene Frage. Aus der Sicht der Menschen um Donnie herum würde die erste Möglichkeit, also die gesamte Geschichte, gar nicht stattfinden. Sie würden nur sehen, dass Donnie durch die
abgestürzte Turbine ums Leben gekommen ist. Die ganze Erzählung bis zum
Zurückdrehen der Zeit könnte sich nur in Donnies Fantasie ereignet haben.
Aus Donnies Sicht könnte es aber auch sein, dass zum Ende des Films seine
Halluzinationen schon so ausführlich geworden sind, dass er sie tatsächlich
für die reale Welt hält. Frank könnte demnach tatsächlich nur in seiner Fantasie existieren und gar nicht aus dem Auto aussteigen. Auch das Ende des
Films könnte sich nur in Donnies Fantasie so ereignet haben, wie es gezeigt
4. Analyse
29
wird – das Zurückdrehen der Zeit und sein Tod durch die ihn treffende Turbine könnten eine Halluzination gewesen sein, während er durch einen anderen
Umstand gestorben ist.
4.2.3
Cinnamon Chasers: Luv Deluxe
Das Musikvideo zum Titel Luv Deluxe [Cin09] vom Elektronik-Produzenten
Cinnamon Chasers zeigt in subjektiver Kamera durchgehend die Sicht des
Protagonisten.
Luv Deluxe: Analyse
Luv Deluxe beginnt mit dem Ende und die Entwicklung der Situation wird
durch eine Rückblende mit drei Möglichkeiten erzählt. Dabei wird weniger
der Schmetterlingseffekt thematisiert, wie es in Lola rennt der Fall ist, da
nicht die kleinen Änderungen, die große Wirkung zeigen, Gegenstand der
kausalen Ketten sind. Was die Unterschiede ausmacht, sind die Änderungen
in der Persönlichkeit des Protagonisten und seiner Freundin.
Erzählt werden drei Möglichkeiten, wobei in der ersten sie diejenige ist,
die die Rechnung im Restaurant zerreißt und flieht. Sie beginnt zu stehlen
und zieht ihn letztlich mit.
In der zweiten Möglichkeit findet eine Wende statt, denn er ist nun derjenige, der stiehlt. Er behandelt sie vulgär, was er in der ersten Erzählung nicht
getan hat, er stiehlt alles, was ihm in die Hände gelangt und deutet den Bestohlenen frech den Mittelfinger, er versumpft im Alkohol, bis sie schließlich
aus Wut über sein Verhalten auf ihn einsticht.
In der dritten Erzählung ist er das genaue Gegenteil und versucht, sie
vom Stehlen abzuhalten. Sie stiehlt jemandem eine Geldtasche und er bringt
sie zurück. Er behandelt sie auch nicht mehr so vulgär wie in der zweiten
Erzählung, sondern einfühlender. Er deutet keinen Mittelfinger, sondern zeigt
ihr mit den Fingern ein Herz. Schließlich läuft es dann doch darauf hinaus,
dass sie sich nicht von ihm bezwingen lässt, jemanden überfällt und auf den
Protagonisten schießt, als dieser die Polizei rufen will. Die Geschichte endet
so, wie es von Anfang an feststand.
Zusammenfassung
Die Gemeinsamkeit der drei Erzählungen besteht darin, dass mehrere Möglichkeiten erzählt werden, indem zu einem festen Punkt in der Zeit zurückgekehrt wird. Die Beispiele zeigen auch, wie es möglich ist, deutlich auf dieses
Zurückdrehen der Zeit hinzuweisen.
In Lola rennt wird das durch einen Match Cut gelöst. Am Anfang des
Filmes ist in einer Zeitlupe zu sehen, wie der Telefonhörer, den Lola geworfen hat, zurück aufs Telefon fällt. Beim ersten Ende wirft Manni den Sack
mit dem gestohlenen Geld in die Luft. Er ist nach der Zwischensequenz,
4. Analyse
30
in der Lola ihm philosophische Fragen stellt, in Zeitlupe zu sehen, wie er
in Richtung Boden fällt. Mittels eines Match Cuts wird zum Telefonhörer
zurückgeschnitten und die Geschichte beginnt von vorne, erst mit nur kleinen Änderungen. Auch der Sprung vom zweiten Ende zurück zum Anfang
wird durch einen solchen Match Cut gelöst – dieses mal hat Lola einen Sack
voll mit gestohlenem Geld und lässt ihn fallen, vom Sack wird zum Hörer
geschnitten.
In Donnie Darko und Luv Deluxe wird auf das Zurückdrehen der Zeit
hingewiesen, indem bereits erzählte Sequenzen nochmal rückwärts abgespielt
werden. Am Ende findet sich nach jedem Zeitsprung eine markante Situation
vor, die bereits einmal stattgefunden hat, von der ausgehend die Erzählung
erneut startet und einen anderen Verlauf nimmt. Diese Wiederholung einer Situation ist prägend und ein deutlich wahrnehmbarer Hinweis für den
Betrachter.
4.3
Weitreichende Anachronien
Als Anachronie gilt nach Genette jede Erzählung, deren erzählte Zeit nicht
linear zur Erzählzeit läuft. Demnach zählen bereits Ellipsen, einfache Auslassungen zur Kompression der Erzählung, als Anachronien. Daher wurde
in 2.6.3 zur Abgrenzung der Begriff der deutlichen Anachronien definiert,
die sich dadurch auszeichnen, dass ein deutlicher Zeitsprung (also keine gewöhnliche Ellipse) zu einem anderen Punkt in der Diegese stattfindet, ohne
danach wieder zurückzukehren, wie es bei Rück- und Vorblenden der Fall
wäre.
Die in diesem Punkt aufgelisteten Filme Kill Bill und Pulp Fiction sind
einflussreiche Beispiele. Als Exkurs wird auch auf die ausgedehnte Erzählung
einer Rückblende im Kurzfilm 9 eingegangen und auf die Romanverfilmung
The Rules of Attraction, bei dem Roger Avary, der schon an Pulp Fiction
beteiligt war, Regie führte.
4.3.1
Kill Bill
Kill Bill [kil03, kil04] ist ein 2003 bzw. 2004 erschienener, zweiteiliger Actionfilm, der unter der Regie von Quentin Tarantino produziert wurde und
von Rache unter Killern handelt. Tarantino bedient sich einer episodischen
Erzählweise in Form von weitgreifenden Anachronien. Die gesamte Narration
ist in zehn „Kapitel“ eingeteilt, von denen jeweils fünf in einem Teil gezeigt
werden.
Kill Bill: Analyse
Die Einteilung in zehn Kapitel ist kein subtiles Stilmittel, sie werden als
Zwischentitel eingeblendet. Dass die Kapitel nicht in ihrer der Diegese ent-
4. Analyse
31
sprechenden chronologischen Reihenfolge gezeigt werden, ist nur ein Teil der
Erzählweise, die Tarantino anwendet – es genügt nicht (wie dies bei Memento
der Fall ist), die Kapitel in ihrer Reihenfolge zu ändern, um die chronologische Abfolge der Ereignisse zu rekonstruieren. Tarantino dringt eine Ebene
tiefer in das Netz der Narration ein und bringt innerhalb der Kapitel ebenfalls eine Struktur mit Zeitsprüngen und Erzählperspektiven aus der Sicht
unterschiedlicher Charaktere unter.
Als Beispiel sei hier Kap. 3 (Die Herkunft von O-Ren) angeführt: als Rahmenhandlung gilt die Erzählposition, die am Ende von Kap. 2 eingenommen
wurde – Kiddo sitzt nach dem Erwachen im Krankenhaus im Auto des Arztes
(Buck), den sie ermordet hat. In Kap. 2 hat bereits die Rückblende begonnen,
in der Kiddo das Attentatskommando „Tödliche Viper“ beschreibt und dabei
auf O-Ren eingeht. In Kap. 3 wird eine weitere diegetische Ebene (dargestellt
im Anime-Stil) eröffnet, Kiddo erzählt von O-Rens Herkunft, von dem Mord
ihrer Eltern, von ihrem Rachemord am Yakuza-Boss, der ihre Eltern getötet
hat bis zu ihrem Einsatz in Bills Kommando beim Hochzeitsmassaker und
findet sich am Ende auf der Rückbank von Bucks Auto wieder, wo sie mit
den Zehen wackelt. Die gesamte Binnenerzählung hat innerhalb dieser Rahmenhandlung stattgefunden, wobei die erste Ebene der Rückblende auf die
„Tödliche Viper“, die zweite auf O-Rens Geschichte eingegangen ist.
Das Kap. 4 (Der Mann aus Okinawa) ist wesentlich simpler konstruiert:
am Ende von Kap. 3 ist Kiddo bereits am Weg nach Okinawa, in Kap.
4 findet sie sich bei Hattori Hanzo ein. Sie gibt ein Schwert in Auftrag,
Hanzo willigt ein, weil Kiddo Bill erwähnt. Die verstreichende Zeit, während
Hanzo schmiedet, wird als Zwischentitel eingeblendet, und in einer Zeremonie
überreicht er ihr das fertige Schwert.
Kap. 5 weist die komplexeste Struktur im ersten Teil auf (siehe Abb. 4.4).
Es wird bereits mit der Binnenerzählung, die O-Rens Weg zur Macht und
ihr Gefolge erklärt und selbst mit einer Rückblende zu Gogos Wahnsinn
bestückt ist, begonnen. Im weiteren Verlauf der Rahmenhandlung folgen
weitere Rückblenden – Kiddo erinnert sich beim Anblick von Sofie Fatale
und O-Ren Ishii an den Tag des Massakers. Nach dem stilistischen Kampf
bildet ein reges Geflecht an Zeitsprüngen den Abschluss des ersten Teils.
Einerseits ist Bill in einer Prolepse zu sehen, dem die verstümmelte Sofie im
Krankenhaus erzählt, was Kiddo ihr aufgetragen hat – erzählt in Form einer
Parallelmontage zu jener Szene, in der Kiddo in den Kofferraum blickt, sie
unter Befragung weiter verstümmelt und ihr den Auftrag erteilt, Bill Bericht
zu erstatten. Ebenso erfolgt eine Rückblende zu Kiddo, die im Flugzeug
ihre Todesliste anfertigt, wobei beim Niederschreiben von Budd, Elle und
Bill Prolepsen einen Einblick in Szenen aus dem zweiten Teil, in dem Kiddos
Rache an ihnen gezeigt wird, bieten. Auch ein Ausschnitt aus Hattori Hanzos
zeremonieller Schwertübergabe ist zu sehen. Den Abschluss bildet nochmal
die Prolepse, in der Bill die verstümmelte Sofie fragt, ob Kiddo denn wisse,
dass ihre Tochter noch lebt.
4. Analyse
32
Abbildung 4.4: Visualisierung der komplexen Erzählstruktur in den letzten
Filmminuten von Kill Bill, Vol. 1.
Die Erzählung ist von links nach rechts zu lesen. Weiter oben liegende Elemente liegen in der Zukunft, weiter unten liegende in der Vergangenheit.
Dies ist der offene Schluss des ersten Teils, der – gemeinsam mit den drei
noch nicht gestrichenen Personen auf der Liste – die Neugierde der Zuschauer
erweckt und diese auf den zweiten Teil vorbereitet.
Der Spannungsbogen, der sich über den gesamten ersten Teil zieht, weist
einen Einstieg und begrenzt einen Aufbau auf wie in einem üblichen modernen Mainstream-Actionfilm. Der direkte Einstieg versetzt den Rezipienten gleich zu Beginn in Spannung, die längste Kampfszene findet kurz
vor Filmende statt. Der dramaturgische Aufbau weicht aber vom üblichen
Actionfilm-Schema ab.
Die Einstiegsszene, in der Bill auf Kiddo schießt, lässt anfangs noch die
Möglichkeit offen, dass Kiddo dabei getötet worden sein könnte, wird aber
kurze Zeit später durch Kiddos Erinnerung in Form einer Rückblende bei
4. Analyse
33
Vernita Greens Anblick angedeutet (es ist nicht zwingend erkennbar, dass
der Kampf in ihrer Rückblende zur selben Zeit wie die Einstiegsszene stattgefunden hat) und im Kap. 2 aufgeklärt. Ebenso steht nach dem Mord an
Vernita bis zum Ende des ersten Teils fest, dass Kiddo bei keinem Kampf
ums Leben kommt, da die Suche nach O-Ren chronologisch vor Vernitas
Tod stattgefunden hat – das wird durch die Liste, in der Kiddo Vernita
ausstreicht, bereits angekündigt.
Auch andere Fragen, die sich stellen, werden relativ schnell geklärt – so
z.B. kurz vor Filmende die Frage, warum Kiddo Sofie am Leben lässt. Die
Spannung wird nicht mit der Frage nach dem was, sondern nach dem wie
aufgebaut. Dass Kiddo alle auf ihrer Liste angeführten Personen tötet, wird
kaum in Frage gestellt. Die vernetzte Erzählweise an sich ist es, die Fragen im
Rezipienten aufwirft. Dieser kognitive Prozess gestaltet sich als umgekehrtes
Ursache-Wirkung-Prinzip: man sieht erst, wie Bill auf Kiddo schießt, aber
nicht, warum. Es steht fest, dass Kiddo O-Ren getötet hat, aber nicht, wie.
Die einzige Frage, die sich früh stellt und erst am Ende des ersten Teils
geklärt wird, ist, was mit dem Baby im Bauch der schwangeren Kiddo geschehen ist. Die letzte Einstellung zeigt Sofie im Krankenhaus und Bills Frage,
ob Kiddo denn eigentlich wisse, dass ihre Tochter noch am Leben ist.
Dieses Ende gestaltet sich dennoch als offen, da noch Fragen unbeantwortet bleiben, die im zweiten Teil gelöst werden. So ist z.B. Kiddos Vorname
zensiert, Elle Driver erwähnt ihn erst in Kap. 9. Auch ist Bills Gesicht in
Kap. 6 zum ersten mal zu sehen und natürlich ist auch noch nicht geklärt,
ob Kiddo denn nun von ihrer Tochter erfahren wird.
Der dramaturgische Bogen ist also über beide Teile gespannt. Dabei fällt auf,
dass sich der zweite Teil im wesentlichen dadurch vom ersten unterscheidet,
dass nicht im Vorhinein gegeben ist, wie Konflikte ausgehen. In Kap. 7 (Das
einsame Grab von Paula Schultz) glaubt Kiddo z.B., Budd überraschen zu
können, doch er lauert ihr auf und schießt sie an. Actionfilme versetzen den
Rezipienten prinzipiell in eine Erwartungshaltung nach gängigen Mustern,
zu denen (wie generell im Populärfilm) auch gehört, dass der Protagonist, um
den herum sich die gesamte Handlung gestaltet, höchstens am Ende eines Filmes stirbt, nicht jedoch im ersten Drittel. Mit dieser Erwartungshaltung ist
es auch wenig verwunderlich, dass Budd Kiddo nur mit Steinsalz beschossen
und verletzt hat. Nun begräbt er sie aber lebendig, und die bisherige Struktur
der Anachronien des Filmes hat bereits den Umstand eingeführt, dass durch
ein (filmophanisch) frühes Ereignis das Ende der folgenden (in der Diegese
zurückliegenden) Ereignisse bereits feststehen kann und nur mehr chronologisch früher stattfindende Ereignisse erzählt werden. Dieser Umstand wirft
die Möglichkeit auf, dass Kiddo in ihrem Grab ums Leben kommt, und der
analeptische Zeitsprung von ihrem Grab zu ihrer Ausbildung bei Pai Mei
(die das früheste gezeigte Ereignis aus Kiddos diegetischer Welt darstellt)
hält diese Möglichkeit aufrecht.
4. Analyse
34
Schließlich wird eine Verbindung zwischen dem Grab und Pai Meis Lehre
hergestellt – Kiddo hat im Ausdauertraining mit der Faust auf eine wenige
Zentimeter vor ihr angebrachte Holzwand eingeschlagen und führt dies nun
nach dem Zeitsprung zurück in die Rahmenhandlung (im Grab) durch, sie
kann sich so befreien.
Kap. 7 lässt sich dadurch auch nach dem Drei-Akt-Modell von Syd Field
(vgl. Abschnitt 3.2.4 und 3.2.5) in Exposition, Konfrontation und Auflösung
einteilen, deren Abgrenzung durch zwei Plot Points gegeben ist: erst wird
Kiddo von Budd überrascht, was die Situation wendet und ihn in die dominante Position befördert. Durch Pai Mei hat sie eine Fähigkeit erworben
(nach Bordwell, wie in 2.3 beschrieben, ein „change in knowloedge“) und kann
sich befreien (Auflösung). Diese Drei-Akt-Einteilung lässt sich auf fast alle
Kapitel anwenden, sie werden durch dieses wiederkehrende Strukturelement
(nach Bordwell „patterns of repeated action“) interessant gehalten.
Im Endeffekt werden beide Teile des Films durch die Begegnung Kiddos mit
ihrer Tochter und den Endkampf gegen Bill aufgelöst. Die Frage nach dem
Schicksal der Tochter, mit der der Zuseher nach dem ersten Film entlassen
wurde, ist nun geklärt, Bills Gesicht wurde gezeigt, Beatrix Kiddos Vorname
erwähnt. Es bleibt nur noch wenig Raum für weitere Spekulationen – zum
Beispiel ist nicht ersichtlich, dass Elle Driver stirbt. Kiddo entledigt sie ihres
noch verbliebenen Auges und überlässt sie im Wohnwagen neben der Mamba
ihrem Schicksal. Kiddo hat bereits einen Kopfschuss überlebt und Sofie ihre
Verstümmelung, es ist also nicht gänzlich auszuschließen, dass Elle noch am
Leben ist.
Kill Bill: Zusammenfassung
Die Dramaturgie in Kill Bill erstreckt sich über beide Teile. Im ersten Teil
werden gezielt Fragen aufgeworfen, die der zweite beantwortet. In seiner Mikrostruktur führt der Film sich wiederholende Muster und verpackt dadurch
die Handlung in verständliche Elemente, deren Ordnung in der Makrostruktur nachvollziehbar bleibt.
4.3.2
Pulp Fiction
Ebenfalls unter der Regie von Quentin Tarantino ist Pulp Fiction [pul94]
erschienen, aber bereits ein Jahrzehnt zuvor, 1994. Am Drehbuch war auch
Roger Avary beteiligt, der in der Romanverfilmung The Rules of Attraction
(Analyse in 4.3.4) Regie führte.
Pulp Fiction erzählt zwar nicht in streng unterteilten Kapiteln wie Kill
Bill, aber dennoch in durch Zwischentitel angekündigten Episoden drei zusammenhängende Geschichten aus dem amerikanischen Gangsterleben.
4. Analyse
35
Abbildung 4.5: Erzählte Reihenfolge der Sequenzen in Pulp Fiction und
die Einteilung in drei Episoden, die durch Zwischentitel angekündigt werden.
Abbildung 4.6: Rekonstruierte diegetische Reihenfolge in Pulp Fiction.
Pulp Fiction: Analyse
Pulp Fiction ist merklich der Vorgänger von Kill Bill. Gezeigt wird ein Spiel
mit der erzählten Ordnung zur Darstellung von drei Geschichten, die miteinander verknüpft sind. Der Aufbau der erzählten Episoden und die Einteilung
sind in Abb. 4.5 visualisiert.
Der Film beginnt mit einem Prolog, in dem erst ein Lexikon-Eintrag des
Themas pulp (deutsch: Schund ) gezeigt wird. Danach sind Honey Bunny und
Pumpkin zu sehen, wie sie das Ausrauben des Restaurants planen. Die beiden
sind Nebencharaktere, sie spielen erst am Ende des Films wieder eine Rolle
und stellen auch nur eine Konfrontation im Leben von Jules und Vincent
dar.
Der Überfall beginnt, die Opening Credits werden gezeigt, dann werden
die beiden Protagonisten Vincent und Jules vorgestellt. Ihre unterhaltsamen
Gespräche über Europa und Mia Wallace sowie das Abholen des geheimnisvollen Koffers und das Erschießen der Bande hat in der Dramaturgie die
Funktion der Exposition. Der Zuschauer erhält einen Einblick in die Persönlichkeit und den Alltag der Protagonisten. Danach folgen die drei betitelten
Episoden.
Vincent Vega und Marsellus Walace’ Frau. Marsellus Wallace und
der Boxer Butch werden vorgestellt. Ihre Geschichte spielt in der zweiten
Episode, ihr Auftritt stellt hier die Verbindung her. Jules und Vincent bringen Marsellus den Koffer, den sie sich zuvor mit Hilfe ihrer Schusswaffen
geholt haben.
Den Kern der Geschichte bilden schließlich Vincent und Mia. Sie konsumieren Drogen, gehen aus, Mia verpasst sich eine Überdosis und Vincent
löst den Konflikt. Die Geschichte weist einen eigenständigen dramaturgischen
Bogen auf.
4. Analyse
36
Abbildung 4.7: Markante Veränderungen erleichtern in Pulp Fiction
[pul94] das Rekonstruieren der diegetischen Abfolge.
Die goldene Uhr. Bereits vor der Einblendung des Zwischentitels startet
diese Episode mit einer Rückblende, die dem Zuseher zusätzliches Hintergrundwissen über den persönlichen Wert der Uhr verschafft. Die Exposition
wurde schon zu Beginn der ersten Episode gezeigt. Auch diese Geschichte
weist einen Spannungsbogen mit Höhepunkten auf. Butch versucht erst, seine Uhr wieder zu bekommen, wobei er auf Vincent stößt und ihn tötet. Am
Weg zurück zu seiner Freundin Fabienne, mit der er fliehen will, begegnet er
Marsellus nochmal. Der Konflikt verschärft sich durch die Gefangennahme
und die Vergewaltigung von Marsellus. Auch hier kommt es zur Auflösung
des Geschehens – Butch rettet Marsellus, den er vorher betrogen hat, die
beiden sind somit quit.
Die Bonnie-Situation. Die Exposition der dritten Episode fand bereits
am Anfang des Filmes statt, in der Vincent und Jules beim Erschießen der
Bande gezeigt wurden. Nun wird ihre Geschichte fortgesetzt. Jules sieht den
Vorfall, bei dem die beiden angeschossen wurden und überlebt haben, als
übernatürliches Zeichen und will aus dem Gangstergeschäft aussteigen. Es
ergeben sich zwei Konflikte, die gelöst werden: erst erschießt Vincent versehentlich Marvin, das Malheur muss beseitigt werden. Danach stoßen sie beim
Frühstück auf Honey Bunny und Pumpkin, wo Jules Pumpkin belehrt. Da
4. Analyse
37
zuvor schon gezeigt wurde, wie Vincent ohne Jules bei einem Auftrag ums
Leben kommt, gewinnt Jules’ Deutung als übernatürliches Zeichen und der
darin begründete Ausstieg aus dem Gangsterleben besonderen Wert.
Pulp Fiction: Zusammenfassung
Pulp Fiction erzählt drei Geschichten, die jeweils ihren eigenen Spannungsaufbau haben. Dabei wird zwar jede Geschichte für sich chronologisch erzählt, insgesamt muss der Betrachter die Ordnung aber wiederherstellen.
Die Rekonstruktion der chronologischen Ordnung fällt nicht schwer. Jules
und Vincent führen zahlreiche Gespräche, die im Verlauf der Erzählung wieder aufgegriffen werden. Auch tragen sie nach der Beseitigung des Malheurs,
bei dem Marvin erschossen wurde, andere Kleidung (T-Shirts und Shorts,
siehe Abb. 4.7), da ihre Anzüge blutverschmiert sind.
4.3.3
9 Short
Der Animationsfilm 9 (deutscher Titel: #9 ) entstand aus dem Kurzfilm 9
von Shane Acker [9sh05]. Der Kurzfilm ist als Bonusmaterial auf der DVD des
von Tim Burton produzierten Filmes enthalten und wird zur Unterscheidung
in dieser Arbeit als 9 Short bezeichnet.
9 Short: Analyse
Der Kurzfilm beginnt mit einem in medias res-Einstieg: 9 wird beim Bau
von Fallen gezeigt. Draußen streift das Monster herum. Für diese Situationsbeschreibung wird ca. ein Viertel der Filmlänge genützt. Die gesamte
Exposition erfolgt durch eine aufklärende Rückblende. 9 sitzt im Freien und
erinnert sich, wie er von 5 den Talisman bekommen hat. Dabei wird auch aufgeklärt, was das Monster mit den Puppen anstellt. Diese Rückblende nimmt
ca. ein Drittel der Filmlänge ein.
Zurück in der Gegenwart, kommt es zur Konfrontation. Das Monster
verfolgt 9, er kann ihm durch eine Falle den Talisman entreißen und kann
es durch eine weitere Falle besiegen. Bis zum Climax, dem Sieg über das
Monster, wird wieder fast ein Drittel der Filmlänge aufgewendet. Am Ende
verbrennt 9 die Überreste der anderen Puppen und kann sie dabei auch noch
aus dem Talisman befreien.
Der Kurzfilm weist demnach keine deutliche Anachronie auf, wie sie in
2.6.3 beschrieben wird, sondern eine gewöhnliche Rückblende, die das Geschehen aufklärt. Durch ihre Länge, die ca. ein Drittel der Filmlänge einnimmt, erhält sie einen besonderen narrativen Stellenwert. Der Film wird
„von der Mitte heraus“ erzählt, indem erst eine Situation beschrieben wird,
dann, wie es dazu kam, und zum Schluss folgt die Auflösung.
4. Analyse
4.3.4
38
The Rules of Attraction
Roger Avary, der auch am Drehbuch von Pulp Fiction beteiligt war, führte
Regie im 2002 erschienenen Film The Rules of Attraction [the02]. Es handelt
sich dabei um eine Verfilmung des gleichnamigen Romans von Bret Easton
Ellis. Der Film handelt vom Partyleben dreier Studenten, die auf einer ihrer
Partys aufeinander treffen, nachdem sie in der Liebe gescheitert sind. Die filmische Erzählung beginnt dabei mit dem chronologischen Ende und zeichnet
sich durch mehrere Zeitsprünge in die Vergangenheit aus, die durch Rewinds
verdeutlicht werden.
The Rules of Attraction: Analyse
Die Narration von The Rules of Attraction startet auf der End-of-the-WorldParty, die aus Sicht der drei Protagonisten Lauren, Paul und Sean erzählt
wird. Dass ihre Erlebnisse auf der Party gleichzeitig stattfinden, wird durch
Rewinds verdeutlicht, die bereits in der Analyse zu Entscheidungen und Möglichkeiten in Abschnitt 4.2 erläutert wurden. Die Party hat in der Narration
die Rolle der Exposition, in der die Charaktere und ihre Persönlichkeiten
vorgestellt werden.
Es folgt ein langer Schritt zurück, verdeutlicht durch den Rewind einer
Außenaufnahme, in der der Winter zum Sommer wird. Der gesamte Rest
der Geschichte wird in dieser Rückblende erzählt. Das Ende, nämlich das
Versagen der Protagonisten in der Liebe, steht von Anfang an bereits fest, wie
dies auch im Musikvideo Luv Deluxe (siehe 4.2.3) bereits analysiert wurde.
Im letzten Viertel des Films kehrt Viktor von Europa zurück und erzählt im Zeitraffer von seinem Leben dort. Dieser Zeitraffer erzählt keine
relevanten Storyelemente, man kann das Geschehen aufgrund der hohen Erzählgeschwindigkeit ohnehin nur sehr schwer verfolgen. Die Sequenz dient
weniger der Narration und mehr der Unterhaltung.
Am Ende finden sich alle auf der End-of-the-World-Party wieder, die
Ausgangssituation des Films ist erreicht.
Der Film setzt Rewinds ein, um die chronologische Reihenfolge zu verdeutlichen und die Geschehnisse auf der Party am Anfang des Filmes, die ja
gleichzeitig stattfinden, darstellen und verknüpfen zu können. Der dramaturgische Bogen ist auch nebensächlich, der Film versucht in erster Linie, zu
unterhalten.
4.4
Zusammenhanglose und zusammenhängende
Episoden
Bei jedem der bisher genannten Filme war die diegetische Reihenfolge noch
rekonstruierbar. Nun soll auf die konfusen Episoden von Das jüngste Gewitter
4. Analyse
39
eingegangen werden, die zum Teil auch gar nicht verknüpft sind und deren
Einordnung in eine eindeutige Reihenfolge in der Diegese unmöglich zu sein
scheint.
Ebenso wird in diesem Punkt Magnolia angeführt. Die narrative Struktur
über den gesamten Film gleicht jener von Das jüngste Gewitter zwar nicht,
jedoch besteht die Ähnlichkeit beider Filme darin, dass vor Beginn der eigentlichen Filmhandlung in Magnolia drei Episoden gezeigt werden, die in
keinem direkten Zusammenhang mit dem restlichen Geschehen stehen, und
danach die Einleitung in mehrere vorerst unverknüpfte Erzählstränge erfolgt.
Näheres dazu ist jeweils in der Analyse beider Filme und später in der Zusammenfassung unter 6.2 angeführt.
4.4.1
Das jüngste Gewitter
Der Spielfilm Das jüngste Gewitter [das07] stammt vom schwedischen Regisseur Roy Andersson und erschien 2007. Er erzählt keine Geschichte eines
Protagonisten, sondern der Film ist mehr eine Anhäufung konfuser Episoden.
Das jüngste Gewitter: Analyse
Durch seine Struktur unterscheidet sich Das jüngste Gewitter grundlegend
von allen anderen bisher erwähnten Filmen. Zwar sind in anderen episodische Strukturen erkennbar, wie z.B. die Kapitel in Kill Bill. In Das jüngste
Gewitter sind die Episoden jedoch sehr kurz gehalten. Einige sind durch die
Handlung miteinander verknüpft, es finden sich aber auch sehr viele lose
Episoden, von denen die meisten in der Dauer von unter einer Minute eine
Situation oder ein alleinstehendes Ereignis beschreiben. So blickt z.B. ein
Ehepaar aus dem Fenster in den strömenden Regen, nichts weiter passiert
in dieser Szene. Oder ein Mann läuft auf einem laut dröhnenden Laufband,
während hinter ihm sein Sohn steht und laut nach ihm ruft, ohne dass dieser
ihn hört. Diese Sequenzen finden keine handlungsbezogene Verknüpfungen
zum Rest des Filmes.
Was aber doch alle Szenen gemeinsam haben, ist ihre graue Stimmung
(siehe Abb. 4.8), die entsättigte Farbgebung, der Blick in die Tiefe (meistens
steht eine Tür offen und der Blick reicht bis in den nächten Raum, es wird
keine Tiefenunschärfe eingesetzt) sowie die (beinahe) statischen Kameraeinstellungen. Erst beim schnelleren Abspielen des Filmes lassen sich leichte
Schwenks und Fahrten erkennen. Dabei sticht eine Szene heraus, in der die
Kamera durch eine Sitzordnung fährt und wieder zurück.
Die letzten gezeigten Sequenzen werden durch die Blicke der Personen
zum Himmel verknüpft. Zum Ende sieht man aus Sicht der Fliegerflotte,
wohin sie alle starren.
4. Analyse
40
Abbildung 4.8: Die teils unverknüpften Episoden in Das jüngste Gewitter [das07] haben die großteils graue Farbgebung, statische Einstellungen
und weite Tiefenschärfe gemeinsam.
4.4.2
Magnolia
Eine Herausforderung für den Zuseher ist der dreistündige Spielfilm Magnolia
[mag99], der 1999 unter der Regie von Paul Thomas Anderson erschien. Er
beginnt mit losen Episoden und erzählt dann viele Stränge parallel, die erst
im Laufe der Handlung miteinander verknüpft werden.
Magnolia: Analyse
Magnolia wirkt von Beginn an sehr konfus. Der Film startet mit drei Episoden, die vom Erzähler beschrieben werden und in keinem handlungsbezogenen Zusammenhang zum Rest des Filmes stehen. Sie werden später nicht
wieder aufgegriffen, sondern bringen nur die Meinung des (fiktiven) Erzählers zum Ausdruck, der der Meinung ist, solche skurrilen Geschichten seien
kein Zufall und würden sich jeden Tag ereignen.
Nach diesen Episoden werden viele parallel laufende Handlungsstränge
vorgestellt. Am Anfang scheinen diese ebenso lose Episoden zu sein, erst mit
4. Analyse
41
der Zeit werden sie durch Handlungen und Gemeinsamkeiten verknüpft. Den
ganzen Film über wird zwischen allen Handlungssträngen und den auftretenden Personen gewechselt, was in Anbetracht der Länge des Filmes und
der konfusen Episoden im Prolog eine Herausforderung für den Zuseher darstellt. Alle parallel laufenden Handlungsstränge folgen aber einem gemeinsamen Aufbau. Dieser lässt sich grob in eine Exposition, eine Entwicklung, eine
Konfrontation mit einhergehendem Konflikt und eine Auflösung einteilen.
In der Exposition werden alle Personen vorgestellt. In jedem Erzählstrang
erhält der Zuseher einen kurzen Einblick in die Persönlichkeit der Charaktere, wie der Polizist Jim, der seinen Beruf sehr ernst nimmt, schüchtern und
alleinstehend ist. Der intelligente Junge Stanley wacht über seinen Büchern.
Donnie, der Rekordhalter in der Quiz-Show, ist ebenfalls ein sehr schüchterner Mann und will trotz hohem Alters eine Zahnspange, der im Sterben
liegende Earl wird vorgestellt usw.
Es kommt zur Entwicklung – jeder Charakter geht seinen Weg. Jim verabredet sich mit Claudia, Stanley schafft es in die Quiz-Show und ist kurz
davor, den Rekord zu brechen, Frank wird nach einem seiner Vorträge zu
einem Interview gebeten usw.
Die Situationen entwickeln sich für jeden Charakter zu einer Konfrontation, die sich bei fast allen durch einen Vaterkonflikt äußert. Donnie hat
seinen Job verloren und hat nie von seinem Quiz-Sieg profitiert, weil seine
Eltern ihm das Preisgeld genommen haben. Auch Stanleys Vater ist sehr
streng und scheint nur aufs Preisgeld aus zu sein. Claudia scheint von ihrem
Vater missbraucht worden zu sein, er sagt aber, er könne sich an nichts erinnern. Linda kann das Leiden ihres Mannes nicht mit ansehen und bereut es,
als Erbin in seinem Testament zu stehen. Frank verabscheut seinen Vater.
Es kommt zum Froschregen, der den ganzen Film über durch skurrile Wettervorhersagen angekündigt wurde. Mit dem Froschregen ergibt sich
langsam auch eine Auflösung, die sich zum Guten wendet. Jim denkt darüber nach, ob er Donnie nicht einsperren hätte sollen, doch als seine verlorene
Dienstwaffe vom Himmel fällt, beschließt er, ihm zu helfen und besucht danach Claudia. Frank besucht Linda nach dem Tod seines Vaters. Stanley
bittet seinen Vater, netter zu ihm zu sein.
Magnolia: Zusammenfassung
Magnolia gestaltet sich nicht so konfus wie Das jüngste Gewitter. Am Anfang stehen drei Episoden, die nur zur Verdeutlichung des Themas dienen.
Danach werden viele Handlungen parallel in mehreren Strängen erzählt, die
aber inhaltlich miteinander verknüpft sind, da sich die Charaktere treffen.
Auch herrschen Gemeinsamkeiten in der Handlung und in der Situation der
Personen, die durch den Vaterkonflikt und den gemeinsamen Aufbau der
narrativen Struktur verdeutlicht werden.
4. Analyse
4.5
42
Umkehrung der Erzählrichtung
Von komplexen Anachronien und losen Episoden geht der nächste Schritt
wieder in eine weniger konfuse Richtung, nämlich die Umkehrung der diegetischen Ordnung in der Narration.
4.5.1
Memento
Memento [mem00] erschien 2000 unter der Regie von Christopher Nolan und
erzählt die Geschichte von Leonard (Guy Pearce), der durch einen Unfall sein
Kurzzeitgedächtnis verloren hat, in einer Weise, durch die sich der Zuseher
in Leonards Lage hineinversetzen kann – in zwei Strängen, einer davon rückwärts.
Memento: Analyse
Das besondere an der Erzählweise, derer sich Christopher Nolan in Memento
bedient, sind die zwei Erzählstränge in entgegengesetzter Richtung, zwischen
denen gewechselt wird. Parallel wird das Geschehen vom Ende weg rückwärts
und vom Anfang weg vorwärts erzählt, bis sich beide Erzählstränge treffen
und die Geschichte aufklären.
Dabei ist es dem Rezipienten leicht gemacht, die chronologische Geschichte zu rekonstruieren. Dies geschieht einerseits auf optischer Ebene: die Sequenzen des rückwärts erzählten Stranges sind färbig, die vorwärts erzählten
schwarzweiß (vgl. Abb. 4.9). Andererseits wird stets so zwischen diesen beiden Strängen gewechselt, dass der Anschluss klar erkennbar ist. Eine färbige
Sequenz beginnt mit einem markanten Ereignis, mit dem die darauf folgende
endet, eine schwarzweiße Sequenz schließt direkt an die letzte an.
Dieser Wechsel erleichtert es nun auch, den Film sinnvoll zu segmentieren. Eine Sequenz (vgl. 3.2.3) ist eine Sinneinheit zusammenhängender
Handlung – bei Memento macht es Sinn, die Sequenzen durch den Sprung
in den anderen Erzählstrang, also beim Wechsel von färbig zu schwarzweiß,
zu begrenzen. Nach dieser Einteilung ergeben sich 45 Sequenzen.
Bereits in der ersten Sequenz wird dem Betrachter klar gemacht, dass er
nicht mit einer chronologischen Erzählform zu rechnen hat. Noch während
der eingeblendeten Title Credits wird ein Close-Up eines Polaroidfotos gezeigt, das Leonard in der Hand hält. Darauf ist der blutverschmierte Teddy
zu sehen. Leonard schüttelt das Foto, die Farbe verblasst allmählich. Dann
wandert das Foto rückwärts durch die Polaroidkamera, das Blut läuft über
die Wand hinauf, Leonards Waffe fällt scheinbar vom Boden hinauf in seine Hand – spätestens jetzt sollte dem Betrachter klar sein, dass die Sequenz
rückwärts läuft. Die Kugel wandert zurück in den Revolver, die Brille zurück
auf Teddys Kopf, Teddys Schrei und ein Schuss ertönen – Schnitt. Es handelt sich also klar ersichtlich um einen direkten Einstieg nach dem Schema
4. Analyse
43
Abbildung 4.9: Memento [mem00] wird durch ständiges Wechseln zwischen
einem färbigen und einem schwarzweißen Strang erzählt.
in medias res (vgl. 2.3), die Spannung wird nicht erst durch eine Einleitung
aufgebaut, sondern ist von Anfang an gegeben.
Nachdem der Betrachter mit diesem Ereignis konfrontiert wurde, beginnt
der schwarzweiße Erzählstrang und suggeriert gleich die nächste Frage. Leonard wacht auf, im Off-Text sind seine Gedanken zu hören. Auf den Establishing Shot wird verzichtet, Close-Ups begleiten seine Fragen danach, wo
er sich befindet. Ein anonymes Motelzimmer – eine kurze Totale, schon ist
die Sequenz wieder zu Ende und es wird zum färbigen Strang gewechselt.
Teddy, der noch lebt, holt Leonard vom Motel ab und begleitet ihn zu einem verlassenen Gebäude. Nach kurzem Umsehen wirft Leonard einen Blick
auf Teddys Foto in seiner Tasche – auf der Rückseite steht in seiner eigenen Handschrift der Hinweis, dass Teddy derjenige sei, nach dem er sucht.
Er schlägt ihn, bedroht ihn mit der Waffe und drückt schließlich ab – der
Anschluss zur ersten Sequenz. Die nächste schwarzweiße Einstellung schließt
bei der letzten im Motelzimmer an.
Von hier an ist auch klar, wie die Stränge aufgebaut sind. Mit den ersten beiden Sequenzen wurde der Zuseher noch direkt mit neuen Situationen
konfrontiert, die jetzt nach und nach aufgeklärt werden. Dabei findet die
eigentliche Handlung im färbigen Strang statt, dieser charakterisiert sich als
Hauptstrang, der schwarzweiße erläutert das Hintergrundwissen, indem Leonard von seiner Situation und Sammy Jankis erzählt. Dementsprechend sind
4. Analyse
44
Abbildung 4.10: Die erste Sequenz in Memento läuft rückwärts, danach
wird zwischen dem färbigen Hauptstrang und dem erklärenden schwarzweißen Strang gewechselt.
Abbildung 4.11: Im letzen Drittel von Memento werden die färbigen Sequenzen kürzer, der schwarzweiße Erzählstrang wird zum Hauptstrang und
geht schließlich in den färbigen über.
auch die Sequenzen des Hauptstranges von längerer (filmophanischer) Dauer.
Die Erzählstruktur der ersten Sequenzen wird in Abb. 4.10 visualisiert.
Das einzige, was anfangs noch nicht klargestellt ist, ist der zeitliche Zusammenhang (in der diegetischen Ebene) beider Stränge. Darauf wird im
Verlauf der Erzählung immer wieder hingewiesen. Es werden Verbindungen
zwischen beiden Strängen hergestellt. Zentrales Thema sind dabei Leonards
Tattoos – er entdeckt in einer der ersten färbigen Sequenzen den Schriftzug
„remember Sammy Jankis“ auf seiner Hand. In schwarzweiß, wie dem aufmerksamen Zuseher nicht entgehen wird, ist sein Oberschenkel noch nicht
tätowiert, im Farbstrang stehen dort aber bereits zwei Fakten über John
G. Den ersten tätowiert sich Leonard kurz nach der Hälfte des Films im
schwarzweißen Strang.
Der erste Punkt, an dem ein deutlicher Anstieg der Frequenz in den Sprüngen
zwischen den Erzählsträngen wahrzunehmen ist, ist in etwa zur Filmhälfte
erreicht. Die Sequenzen beider Stränge, die vom Anfang weg erst immer länger wurden, werden ab der Verfolgungsjagd von Leonard und Dodd deutlich
kürzer. So wird die Hektik der Verfolgungsjagd noch einige Sequenzen weiter
getragen.
Bei etwa zwei Drittel der Filmlänge ist erkennbar, dass sich die Spannung
zuspitzt. Die färbigen Sequenzen stellen nun klar, dass Natalie Leonard ausnutzt. Er sucht nervös nach einem Stift, die Schnittfrequenz ist hier wieder
höher. Die nächste schwarzweiße Sequenz löst die Nervosität nicht auf – Leonard befürchtet, dass ihm der Anrufer etwas einreden könnte.
Leonard kehrt bei Natalie ein, womit auch der Erzählstil nochmal zur
4. Analyse
45
Ruhe kommt. In Form einer als Binnenerzählung ausgeführten Rückblende
erfährt man nun, was sich bei Leonards Unfall ereignet hat. Danach werden
vor allem die Farbsequenzen kürzer, zum Ende hin baut sich der schwarzweiße Strang auf, bis der Climax erreicht ist und der schwarzweiße zum Hauptstrang wird. Der Wendepunkt gestaltet sich hierbei in der letzten schwarzweißen Sequenz durch das Verlassen des Motelzimmers und das Treffen von
Teddy, eine Handlung, wie sie zuvor nur in Farbe stattgefunden hat.
Lenny sucht seinen vermeintlichen John G. auf und begeht den Mord an
ihm. In Form von Parallelsequenzen und hochfrequenten Schnitten zu färbigen Rückblenden wird die Handlung begleitet von Leonards Erinnerungen
an den Tod seiner Frau. Er fotografiert Jimmy und beim Betrachten des Fotos – eine Assoziation zur Einstiegssequenz – nimmt nicht nur das Foto die
Farbe an, sondern der fließende Wechsel in den färbigen Erzählstrang findet
statt. Dadurch wird die Frage nach der Verknüpfung beider Stränge aufgelöst. Leonard erkennt, dass er den falschen getötet hat. Teddy trifft ein und
Leonard kann die Auflösung der gesamten Erzählung aus ihm herauskitzeln:
seit über einem Jahr nutzt Teddy ihn aus. Jetzt macht Leonard ihn durch
Notizen zu seinem gesuchten Mörder.
Memento: Zusammenfassung
Die Erzählung findet rückwärts statt, der Film weist aber einen üblichen
Spannungsbogen auf. Der Einstieg erfolgt nach dem Schema in medias res,
Spannung ist den ganzen Film über bis zur Auflösung gegeben. Im Abschnitt
2.3 wurden bereits die von Bordwell beschriebenen Entwicklungsmuster vorgestellt, die nach dem Prinzip von Ursache und Wirkung den Zuschauer in
Spannung versetzen, indem sie Möglichkeiten, wie eine Situation oder ein
Konflikt ausgehen kann, suggerieren und nach und nach einschränken oder
in eine andere Richtung lenken. Bei Memento wird der selbe kognitive Denkprozess angeregt, nur „kann der Zuschauer hier keine Hypothesen über den
Fortgang der Handlung entwerfen, sondern er entwirft Hypothesen über die
Ursachen von Wirkungen“, die ihm präsentiert werden [Mik08, S. 136]. Beispielsweise weist Teddy Leonard mehrmals darauf hin, jemand würde versuchen, ihn auszunutzen – einmal tut er das, als Leonard Natalies Haus verlässt
und Teddy plötzlich im Auto sitzt (etwa bei zwei Drittel der Filmlänge). Zu
diesem Zeitpunkt könnte dieser Übeltäter Natalie, Teddy selbst oder jemand
anderer sein, der noch nicht aktiv in der Handlung aufgetreten ist. Teddy
warnt Leonard vor Natalie, er hat sich aber bereits notiert, seinen Lügen
nicht zu glauben und streicht Teddys Hinweis wieder aus, was den Verdacht,
Teddy nutze ihn aus, verstärkt. Später wird bekannt, dass Natalie Leonard
tatsächlich ausnutzt, um ihn auf Dodd zu hetzen, sie erwähnt auch Teddys
Namen. Dadurch wird die Möglichkeit bekräftigt, dass sie Leonard auch auf
Teddy gehetzt haben könnte. Am Ende stellt sich heraus, dass Teddy ihn
4. Analyse
46
sogar für lange Zeit ausgenutzt hat, und dass Leonard selbst es war, der seine Hinweise gefälscht hat, um Teddy zu töten und seinem Spiel mit Leonard
dadurch ein Ende zu bereiten.
Trotz der rückwärts gerichteten Erzählung unterscheidet sich die Dramaturgie in Memento also kaum von jener in Mainstreamfilmen, die in geordneter Reihenfolge erzählen.
4.5.2
Irréversible
Im 2002 unter der Regie von Gaspar Noé erschienenen Film Irréversible
[irr02] sucht Marcus (Vincent Cassel) den Vergewaltiger seiner Freundin
(Monica Belucci) auf und ermordet ihn aus Rache. Ähnlich wie Christopher
Nolan bedient auch Noé sich hier der umgekehrten Erzählrichtung, jedoch
nur in einem Strang und in Form von Plansequenzen. Der Film zeigt zwei
unzensierte Gewaltakte.
Irréversible: Analyse
Gaspar Noé führt die rückwärts gerichtete Erzählung weiter aus als Christopher Nolan in Memento. Er verzichtet komplett auf einen chronologisch
korrekten Erzählstrang (wie der schwarzweiße in Memento) und setzt auch
andere Stilmittel ein. Bei Irréversible gibt es keine tatsächlich rückwärts
laufende Sequenz zu sehen, es wird sukzessive in Episoden erzählt. Das Erzählprinzip ist in Abb. 4.12 visualisiert.
Jede dieser Episoden lässt sich als Plansequenz beschreiben. Zwar handelt es
sich nicht tatsächlich um eine kontinuierliche Bewegung der Kamera, da diese
sonst Autokarosserien und Fensterscheiben durchdringen würde. Die Montage ist aber dahingehend gestaltet, dass dieser Eindruck vermittelt wird.
Jede Episode ist somit eine einzelne, durchgängige Plansequenz. Endet eine solche, findet ein diegetischer Zeitsprung in die Vergangenheit statt, die
nächste Episode wird in Form einer weiteren Plansequenz dargestellt usw.
Dass die Zeit das zentrale Thema dieses Films ist, wird auf vielfältige
Weise vermittelt. So beginnt der Film mit dem Abspann, der entgegengesetzt
zur gewohnten Richtung startet und im Schriftsatz einige gespiegelte Zeichen
enthält. Der Dialog der ersten Sequenz startet mit der Aussage „Le temps
détruit tout“ („Die Zeit zerstört alles“), die auch am filmophanischen Ende,
wo man aus der Gewohnheit des Mainstreamfilms den Abspann erwarten
würde, als Schriftzug das Bild füllt und damit das letzte sichtbare Element
des Films bildet. Alex erwähnt auch auf dem Weg zur Party, sie lese gerade
ein Buch, in dem es um die bereits feststehende Zukunft ginge. Bei diesem
Buch handelt es sich, wie kurz vor Filmende, als Alex am Rasen liegt und
darin liest, ersichtlich ist, um „An Experiment with Time“ von J. W. Dunne.
4. Analyse
47
Abbildung 4.12: Irréversible wird episodenweise rückwärts erzählt, wobei
jede Episode in Echtzeit als Plansequenz gezeigt wird.
Nachdem Irréversible nur aus Plansequenzen besteht, lässt sich nicht von einer Schnittfrequenz im mikrostrukturellen Bereich sprechen. Anstatt Szenen
nach dem Schema des unsichtbaren Schnitts zu zeigen und die Kamera dabei
unauffällig durch den Raum wandern zu lassen, kommen hier andere Stilmittel zum Einsatz. Vor allem in der Sequenz innerhalb des „Rectum“, in der
Marcus cholerisch und rachesüchtig durch die Gänge irrt auf der Suche nach
Le Ténia, wird sein Gemütszustand der inneren Unruhe durch rotierende Kamerafahrten und wilde Schwenks zum Ausdruck gebracht. Hier ist insofern
eine hohe Frequenz erkennbar, als durch die ständige Bewegung in kurzer
Zeit viele Bildausschnitte gezeigt werden, ähnlich zu vielen schnell hintereinander geschnittenen Einstellungen. Nicht nur der Blickwinkel auf Personen
und Objekte ändert sich laufend, das filmophanische Bild steht auch häufig kopfüber oder ist sonstwie gedreht. In Abb. 4.13a werden Eindrücke aus
diesen Sequenzen gezeigt.
In dieses Stilmittel wird der Betrachter zu Beginn des Filmes eingeführt.
Bereits der Abspann geht in eine Rotation über, die sich in Schwenks durch
Häuserblocks des nächtliche Rotlichtmilieus entwickelt. Hier wird die räumliche Orientierung des Zusehers bereits verwirrt.
Die Dramaturgie über den gesamten Film lässt sich auch keinem populären Schema zuordnen. Die am Anfang gezeigte Dialogszene leitet zwar
in das zentrale Thema der alles zerstörenden Zeit ein, steht aber in keinem
Handlungszusammenhang mit dem Rest des Filmes, sondern schafft eine Verknüpfung zu früheren Filmen von Gaspar Noé (vgl. [Sti03]). Die wesentliche
Filmhandlung beginnt also erst mit den Sirenengeräuschen und der nach außen zu Marcus und Pierre wandernden Kamera. Von hier weg gesehen, ließe
4. Analyse
48
(a) erste Filmhälfte
(b) zweite Filmhälfte
Abbildung 4.13: Stimmungsbilder aus Irréversible [irr02]. In der ersten (rachesüchtigen) Filmhälfte ist die Kamera stets unruhig, sie kippt und rotiert.
Die zweite Hälfte zeigt die fröhlichen Charaktere in wesentlich ruhigeren Einstellungen.
sich der Einstieg als in medias res betrachten. Die Dauer der Exposition
ist relativ lang gewählt. Es wird viel Zeit damit verbracht, die Situation zu
beschreiben – die Kamera wandert erst in die Einsatzwagen, um Pierre und
Marcus nochmal zu zeigen. Nach dem Zeitsprung sind erst skurrile Aufnahmen aus den höhlenähnlichen Gängen des „Rectum“ zu sehen, in denen nur
die Atmosphäre des sadomasochistischen Clubs gezeigt wird. Marcus und
Pierre betreten diese skurrilen Räumlichkeiten, ca. sieben Minuten vergehen
während Marcus’ Suche nach Le Ténia, bis er die Schlägerei mit dem vermeintlich Gefundenen anzettelt. Bis zu diesem Punkt ist in etwa ein Viertel
der Filmlänge erreicht, während noch kaum Handlung stattgefunden hat.
Während die vier Männer auf der Straße nach Hinweisen suchen, ist die
Handlung dichter. Die Rotationen und die Unruhe der Kamera richtet sich
dabei in etwa nach Marcus’ Gemütszustand, der im Verlauf des Films abnimmt. In der Phase zwischen kurz vor und kurz nach der Hälfte der filmophanischen Länge ändert sich der Schwerpunkt der Narration. Es wird
aufgeklärt, wie es zum bereits Erzählten gekommen ist, und die emotionalen
Aspekte beim Rezipienten werden an die Spitze getrieben. So ist erst die im
Koma liegende Alex und die Schockreaktion von Marcus, als er sie erblickt,
4. Analyse
49
zu sehen sowie danach Le Ténia, der Alex in der Unterführung bedroht und
vergewaltigt. Hier wird auch klar, dass im Rectum der falsche Mann getötet
wurde.
Die Vergewaltigung liegt in der filmophanischen Mitte und stellt einerseits den Höhepunkt des Geschehens – den Grund der gesamten bisher gezeigten Handlung – dar. Andererseits hat sie die Funktion eines emotionalen Wendepunktes. Während die erste Filmhälfte im „tragischen Ende“ der
Handlung besteht, zeigt die zweite Hälfte (siehe Abb. 4.13b) das fröhliche
Leben der Charaktere. Am Weg zur Party scherzen die drei hemmungslos in
der U-Bahn. Über das sich liebevoll neckende Pärchen bis zur letzten Handlungssequenz, zum diegetischen Anfang des Geschehens, wird die Stimmung
nahezu idyllisch, was einen weiteren Faktor zum emotionalen Schwerpunkt
des Filmes darstellt.
Auch ist festzustellen, dass sich die Kameraführung in der zweiten Filmhälfte deutlich beruhigt hat. Hier steht ebenfalls die Vergewaltigung im Zentrum – die zuvor ständig bewegte Kamera wandert erstmals in eine statische
Position und wird auf den Boden gelegt. In den weiteren Sequenzen folgt sie
in einer subjektiven Ruhe jeweils den gerade im Mittelpunkt der Handlung
stehenden Charakteren.
Die letzte Szene des Films stellt nochmal eine Verbindung zu den anfänglichen Rotationen her – die Kamera wandert erst kopfüber vom Himmel
herab auf die lesende Alex, um dann in senkrechter Ansicht über einem Rasensprenger zu rotieren zu beginnen und in dieser Rotation wieder hinauf
zum Himmel zu schwenken. Die steigernde Energie wird audiell durch das
sich dabei aufbauende Streichorchester von Beethoven vermittelt und kommt
schließlich in einer Überblendung zum psychedelischen Stroboskop mit einer
letzten Andeutung zum plötzlichen Abbruch und das Thema wird nochmal
gezeigt.
Irréversible: Zusammenfassung
Der Zuschauer wird nach einer rachesüchtigen ersten Hälfte mit zwei brutalen Gewaltakten, einer dazu konträren idyllischen zweiten Hälfte und einem die Wahrnehmung herausfordernden Abschluss vom Film entlassen. Der
Einsatz der Erzählrichtung führt zu einer Verdeutlichung des Themas: des
feststehenden Schicksals.
4.6
Plansequenzen und Split Screen
Suggerierte Echtzeit und Gleichzeitigkeit
Mehr noch als der unsichtbare Schnitt – Szenen, in denen keine merklichen
Zeitsprünge stattfinden – geben Plansequenzen eine Erzählung in Echtzeit
vor [Meu09, S. 24]:
4. Analyse
50
„Während Montagesequenzen in Erzählzeit und erzählter Zeit
vollkommen variabel sind, scheinen Plansequenzen, die ja komplett ohne Schnitt auskommen, einen gleichmäßigen Zeitfluß, ein
Echtzeiterleben zu suggerieren.“
Mit Irréversible wurde gerade ein Beispiel behandelt, das sich nur aus Plansequenzen zusammensetzt. Nun stellt sich die Frage, ob es sich um eine Echtzeiterzählung handeln würde, wenn man die rückwärts geordneten Sequenzen dieses Films neu anordnet und an ihren Anschlussstellen verbindet. Man
wird aber feststellen, dass nur bei drei Stellen ein nahtloser Anschluss in der
diegetischen Zeit möglich wäre. Die gesamte Diegese erstreckt sich von dem
Zeitpunkt an, an dem Alex in der Wiese liegt und in ihrem Buch liest, bis
zur Abführung von Marcus und Pierre nach dem Mord. Es ist jedoch nicht
deutlich gegeben, in welchem exakten zeitlichen Zusammenhang das Lesen
auf der Wiese zu den restlichen Sequenzen steht. Die Hinweise in allen anderen Sequenzen legen fest, dass sich die gesamte Handlung im Laufe des
selben Abends abspielt. Die Zeitsprünge dazwischen reichen von nicht klar
definierten Momenten, die mehrere Stunden sein könnten, über wenige Sekunden (z.B. drückt Alex nach dem Verlassen der Party den Liftknopf und
ist in der chronologisch darauffolgenden Sequenz bereits im Erdgeschoß zu
sehen) bis hin zur Möglichkeit des direkten Anschlusses (der z.B. während
der Taxifahrten oder beim Verlassen des Taxis und dem Aufbruch zu Fuß
zum Rectum möglich wäre).
Die Plansequenzen selbst allerdings spielen in der Diegese tatsächlich in
derselben Dauer, in der sie gezeigt werden. Ob dies nun eine generelle Regel
für Plansequenzen ist, sollen die folgenden Analysen eines Kurzfilms und
eines Musikvideos in Frage stellen. Zugleich befassen sie sich auch mit dem
Split Screen, der eine Gleichzeitigkeit mehrerer Handlungen suggeriert.
4.6.1
Nowa Książka
Zbigniew Rybczyński unterteilt 1975 im Kurzfilm Nowa Książka [now75]
(neues Buch) die Leinwand in Form eines Split Screens in neun Bilder, in
denen jeweils eine statische Einstellung (eine der neun Kameras befindet sich
in einem fahrenden Bus) gezeigt wird. Charaktere wandern zwischen diesen
Bildern herum. Nachdem die gesamte Filmlänge über (ca. zehn Minuten)
kein Schnitt zu sehen ist, lässt sich der Film als eine Kombination aus Split
Screen und Plansequenzen beschreiben.
Nowa Książka: Analyse
Zbigniew Rybczyński gestaltet mit Nowa Książka eine diegetische Welt und
gewährt an neun Orten gleichzeitig einen Einblick in diese. Es ist auch sehr
schnell klar, wie diese neun Orte miteinander verbunden sind: wenn ein Charakter ein Bild am rechten Rand verlässt, betritt er das nächste Bild am
4. Analyse
51
Abbildung 4.14: Der neungeteilte Split Screen in Nowa Książka [now75].
linken Rand. Dabei sind die Bilder zeilenweise miteinander verbunden. Einzig davon ausgenommen ist das Bild im Bus rechts oben, da es das einzige
ist, das sich bewegt. Die Einstellung ist dennoch eine statische innerhalb des
Busses.
Wie in 3.3.6 bereits erwähnt wurde, kann der Zuseher bei einem Split
Screen nicht alle Geschehen gleichzeitig verfolgen, seine Blicke sollten durch
die Montage gelenkt werden. Bei Nowa Książka ist es dank des auffallend
roten Hutes und Mantels nicht schwierig, den Protagonisten im Auge zu behalten. Auch der Ton verfolgt ihn und ist immer aus Sicht der Einstellung,
in der er sich gerade befindet, zu hören. Diese Hilfestellung mag dem Rezipienten vielleicht nicht gleich beim ersten Ansehen auffallen. Der Kurzfilm
lädt durch seine Beschaffenheit auf alle Fälle ein, ihn öfter anzusehen.
Das Geschehen in den neun Bildern erfährt zwei Unterbrechungen. Erst
ist ein vorbeifliegendes Flugzeug zu hören, worauf hin die Charaktere zum
Himmel blicken. Später passiert in jedem Bild gleichzeitig ein Missgeschick.
Die Handlung, die uns gezeigt wird, spielt nicht nur in der diegetischen
Ebene: die Verbindungen der Orte funktionieren nur in der filmophanischen
(leinwandlichen) Welt. Würde man versuchen, anhand der gezeigten Einstellungen die diegetische Welt zu rekonstruieren, so wird man feststellen, dass
das nicht möglich ist. Zwar lassen sich die ersten drei Bilder (fast) nahtlos
4. Analyse
52
miteinander verknüpfen, da die Bildinhalte synchron sind und die Anschlüsse zueinander passen. Wirft man aber einen genaueren Blick auf die unteren
beiden Zeilen, wird man erkennen, dass die Charaktere beim Wechseln in ein
anderes Bild auch auf der anderen Straßenseite sind und sich die gezeigten
Welten unmöglich verknüpfen lassen.
Sieht man sich den Film nun öfter an und betrachtet man dabei nicht
nur den Protagonisten, wird man noch etwas entdecken. Der blinde Geiger,
der rechts unten im neunten Bild erscheinend seinen Weg hinauf bis zum
zweiten Bild nimmt, um dort auf seiner Geige zu spielen, betritt bei der
ersten Unterbrechung des Geschehens (beim hörbaren Flugzeug) das fünfte
(mittlere) Bild. Er müsste seiner Bewegung nach von rechts nach links durch
das Bild marschieren, geht aber in die andere Richtung und kommt trotzdem
im Bild links daneben an. Er reagiert auch nicht, wie alle anderen (bis auf
die Insassen des Busses), auf den Flieger mit einem Blick nach oben, was
aber, da er blind ist, auch keinen Sinn machen würde. Es passiert auch sonst
nichts abwegiges mehr mit ihm – ihm fällt lediglich beim zweiten Event seine
Geige hinunter, was ihn aber nicht von den anderen Charakteren abhebt. Er
bekommt allein dadurch, dass er mit dem Geräusch des vorbeifliegenden
Flugzeugs ein Bild in falscher Richtung durchquert, eine besondere narrative
Persönlichkeit.
Nun wurde schon mehrmals darauf eingegangen, dass viele Dinge erst bei
mehrmaligem Betrachten sichtbar werden. Zwar wurde bereits erwähnt, dass
es dem Zuseher durch die auffallend rote Kleidung des Protagonisten erleichtert wird, diesen im Auge zu behalten. Im Endeffekt entscheidet jedoch der
Rezipient selbst, was er beobachtet. Die neun Einstellungen wirken wie die
Bilder aus Überwachungskameras, die dem Zuseher die gesamte Wahrheit
präsentieren, und er kann auswählen, auf welchen Teil dieser Gesamtheit er
seinen Blick richtet. Die Plansequenzen und der Split Screen erhalten dadurch einen besonderen narrativen Charakter. Sie ersetzen den Schnitt und
der Zuseher kann selbst wählen, durch welche Kamera er nun blickt.
Nowa Książka: Zusammenfassung
Eingangs wurde die Frage aufgeworfen, ob Plansequenzen eine Echtzeitdarstellung vorgeben. Es erfordert kein geschultes Auge, um zu erkennen, dass
in Nowa Książka kein lineares Verhältnis zwischen der profilmischen (für
die Aufnahme benötigten) und der filmophanischen (leinwandlich gezeigten)
Zeit besteht. In einigen Situationen ist (mitunter überaus deutlich) eine Änderung in der Abspielgeschwindigkeit sichtbar, die einzelnen Plansequenzen
wurden also nachträglich synchronisiert.
Abgesehen von diesem ästhetischen Fehler steht allerdings der Behauptung, dass Plansequenzen eine Echtzeitsituation darstellen, bisher noch nichts
4. Analyse
53
im Wege. Die Echtzeit wird in Nowa Książka sogar zum wesentlichen Bestandteil des narrativen Inhaltes, der Rezipient kann in Echtzeit seine eigene
Abfolge aus den Einstellungen erstellen.
4.6.2
Cibo Matto: Sugar Water
Im Musikvideo Sugar Water von Cibo Matto [Cib96] zeigt Michel Gondry
eine Kombination aus einer einzigen Plansequenz und einem zweigeteilten
Split Screen, die auf besondere Weise gespiegelt ist. Im linken Screen ist
die Plansequenz in korrekter Abspielrichtung zu sehen, während die selben
Bilder spiegelverkehrt im rechten Screen rückwärts laufen. An der Hälfte des
Musikvideos ist somit in beiden Screens das selbe Bild zu sehen, doch auch
sonst ist der Bildinhalt stets sehr ähnlich.
Die Struktur des Textes ist ausschlaggebend für diese filmische Umsetzung [Emo05, S. 134]:
„Der Text, der am Ende zu seinem Ausgangswort zurückkehrt, ist
hier der Stichwortgeber für eine Konstruktion subtiler Täuschungen und vielfacher Spiegelungen, zu denen der anmutige und musikalisch unbeirrt voranschreitende Songs [sic] Cibo Mattos nur
insofern beiträgt, als er das Konzept des Films vorm vergrübelt
Labyrinthischen bewahrt und statt dessen zum artistischen Spiel
erklärt.“
Es sei daher im Folgenden eine Analyse bezugnehmend auf die Struktur des
Textes angeführt.
Sugar Water: Analyse
Um das Video zu verstehen, muss der Sinn des Textes nicht verstanden werden. Michel Gondry richtet sich mit seinem mehrfach gespiegelten Arrangement vielmehr nach der Struktur des Textes. Der Aufbau, in dem Symmetrien erkennbar sind wurde filmisch umgesetzt.
Die folgende Liste soll die symmetrische Struktur des Textes verdeutlichen. Die Nummerierung verbindet die ähnlichen Elemente.
1.
2.
3.
4.
5.
4.
3.
2.
1.
Einleitung, in der „Sugar Water“ vorkommt
Strophe mit Text
Ende der Strophe: „When a black cat crosses my path“
Refrain: kurzer Text, gefolgt von „La la la...“
Zwischenspiel
Strophe mit Text
Ende der Strophe: „When a black cat crosses my path“
Refrain: kurzer Text, gefolgt von „La la la...“
Schlusssatz, in dem „Sugar Water“ vorkommt
4. Analyse
54
Abbildung 4.15: Bild zur Textzeile „The wind is blowing“ in Sugar Water [Cib96].
Abbildung 4.16: Schriftzug am Ende von Sugar Water [Cib96].
Der Schriftzug „Sugar Water“, der in Einleitung und Schlusssatz vorkommt,
ist am Anfang spiegelverkehrt und am Ende leserlich über beide Bilder, passend zur Textstelle, zu sehen (Abb. 4.16). Das Ende beider Strophen, bei
dem eine „black cat“ im Text erwähnt wird, zeigt eine schwarze Katze, die
von einem Bild ins andere wandert. In der Mitte, während des Zwischenspiels
zwischen dem ersten Refrain und der zweiten Strophe, treffen sich beide Bilder und der Text des geheimnisvollen Briefes ist über beide Bilder zu lesen.
Michel Gondry hat unabhängig vom Text zahlreiche weitere symmetrische Elemente eingebaut. Am Anfang und Ende ist zu sehen, wie die Protagonistinnen aufstehen bzw. sich schlafen legen, später schießt in beiden
4. Analyse
55
Bildern ein Junge mit einem Ball eine Fensterscheibe ein. Auch kleinere
Textpassagen, die keine Symmetrie im Liedtext aufweisen, wurden ins Bild
übertragen, z.B. die Phrase „The wind is blowing“, bei der ein Föhn gezeigt
wird (Abb. 4.15).
Ausblick
Das Konzept von Plansequenzen in einem Split Screen wurde auch von Mike
Figgis für den Film Timecoe [tim00] aufgegriffen. Er zeigt einen tatsächlich
in Echtzeit gedrehten Film aus der Sicht von vier Personen, die sich zum
Ende des Filmes treffen.
Dass Plansequenzen die Echtzeit repräsentieren und ein Split Screen eine Form der Gleichzeitigkeit ist, kann mit den gewählten Beispielen nicht
wiederlegt werden.
4.7
Narrative Möbius-Schleife
Die Möbius-Schleife ist ein besonderes Band. Man kann es produzieren, indem man die Enden eines Papierstreifens miteinander verklebt, das Band
aber vor dem Verkleben wendet, sodass es in sich eine halbe Drehung aufweist
(siehe Abb. 4.17). Die Besonderheit dieses Bandes wird ersichtlich, wenn man
nun versucht, mit einem Stift eine durchgängige Linie entlang einer Seite zu
ziehen. Man wird feststellen, dass diese Linie über beide Seiten geht. Durch
die halbe Drehung sind an der Klebestelle beide Seiten miteinander verbunden. Mathematisch betrachtet handelt es sich bei der Möbius-Schleife um
eine Fläche, die nur eine Seite und eine Kante besitzt.
Warum Kritiker Lost Highway gerne mit solch einer Möbius-Schleife vergleichen, soll die nachstehende Analyse aufklären.
4.7.1
Lost Highway
Lost Highway [los97] erschien 1997 unter der Regie von David Lynch. Die
Handlung beinhaltet zahlreiche mysteriöse Ereignisse. So wird der Protagonist des Filmes, Fred, des Mordes an seiner Freundin Renée verdächtigt und
zum Tode verurteilt. In der Gefängniszelle verschwindet Fred auf unerklärliche Weise, Pete taucht an seiner Stelle auf und wird freigelassen. Petes
Leben weist viele Parallelen zu Freds Leben auf, er hat z.B. ein Verhältnis
mit Alice, die von der selben Schauspielerin wie Renée gespielt wird. Zum
Filmende hin wird Pete wieder zu Fred und Alice zu Renée, die Handlung
beginnt wieder von vorne.
4. Analyse
56
Abbildung 4.17: Die Möbius-Schleife ist ein Band, das in sich eine halbe
Drehung aufweist.
Lost Highway: Analyse
Lost Highway beinhaltet eine große Menge an Anspielungen und ist ohne
subjektive Interpretation fast nicht erklärbar. Der Film zielt stark auf die
spektatorielle Wahrnehmung an, die kausalen Verknüpfungen, die der Rezipient durch die Interpretation nach seinen Erfahrungen und seinem Wissen
erstellt.
Der Film startet mit einem direkten Einstieg. Fred sitzt in seinem Haus,
jemand läutet an und sagt: „Dick Laurent ist tot“. Die Videos, die Fred
und Renée zu Beginn vor ihrem Haus finden, erhöhen die Spannung, da
der Zuseher noch nicht erfährt, woher sie kommen. Auf Andys Party wird
erstmals der Verdacht auf den mysteriösen Mann gelenkt, der vorgibt, bei
Andy zuhause zu sein. Wer das Ende kennt, weiß, dass der mysteriöse Mann
mit der Kamera hinter Fred herläuft und wird ihm die Videos zuschreiben.
Auf der Party behauptet er, er sei von Andy eingeladen worden und
würde nicht einfach so bei ihm zuhause aufkreuzen. Das könnte man als eine
metaphorische Anspielung auf Freds Unterbewusstsein deuten. Der mysteriöse Mann könnte sein Gewissen repräsentieren.
Im Film ist nicht klar ersichtlich, ob Fred Renée tatsächlich getötet hat.
Er sieht sich selbst im Video, wie er sie getötet hat. Auch das könnte metaphorisch auf seinen Willen hindeuten, sich von Renée zu trennen. Man hat
zuvor auch erfahren, dass ihre Beziehung nicht sonderlich gut läuft.
Dass Fred im Gefängis ein anderer Mann wird und dass Pete und Fred
eine Person sind, ist in den Hinweisen relativ eindeutig gegeben. Das gleiche
gilt für Renée und Alice, die auch von der selben Schauspielerin gespielt
4. Analyse
57
Abbildung 4.18: Die Hauptdarsteller aus Lost Highway [los97]: links Fred
und Renée, rechts Pete und Alice.
Abbildung 4.19: Visualisierung der Struktur von Lost Highway.
werden (siehe Abb. 4.18). Der mysteriöse Mann verstärkt dies zum Schluss,
als Fred ihn fragt, wo Alice sei: er erwidert, ihr Name sei Renée, dann fragt
er Fred laut, wie denn nun sein Name laute.
Fred und Pete unterscheiden sich auch insofern voneinander, dass Fred
eher introvertiert ist, während Pete sich offener zeigt und auch fast immer
von anderen Menschen umgeben ist. Fred und Renée leben zu zweit in einem
sehr dunklen Haus.
Die Geschichte scheint sich nicht nur mit dem Ende, das den Anfang bildet, zu wiederholen, sondern zeigt auch die Handlung selbst gewissermaßen
doppelt, wie auch in Abb. 4.19 schemenhaft dargestellt wird. Fred trifft den
mysteriösen Mann auf der Party und ruft bei sich zuhause an. Pete ist zuhause und wird vom mysteriösen Mann angerufen. Pete tötet Andy, nachdem
4. Analyse
58
Alice mit ihm geschlafen hat, später tötet Fred Mr. Eddy, nachdem Renée
mit ihm geschlafen hat. Diese Szenen werden auch durch eine Halluzination
von Pete verknüpft: nach dem Mord an Andy will er ins Bad, um sich zu
waschen, und sieht dabei die Hoteltür mit der Nummer 26, wo später Renée
mit Mr. Eddy schläft.
Jedes Ereignis tritt in abgewandelter Form nochmal ein, wodurch der
Vergleich mit einer Möbius-Schleife gerechtfertigt ist.
Lost Highway: Zusammenfassung
Die Erzählweise von Lost Highway ist eine sehr eigene und kaum mit den
anderen erwähnten Filmen vergleichbar. Die Narration lässt sich nicht eindeutig interpretieren, die spektatorielle Ebene im Betrachter ist gefragt, die
die Verknüpfungen erkennen und deuten lässt. Auf alle Fälle lebt der Film
von diesen Verknüpfungen und von abgewandelten Wiederholungen.
Kapitel 5
Diplomprojekt
Im Vorfeld zu dieser Arbeit wurde eine auf diegetischen Ebenen und dem
Spiel mit der Zeit basierende Erzählung für das Animationsprojekt Flip it!
ausgearbeitet. Die Umsetzung des Projektes erfolgte im Team mit Jennifer
Weixler. Die Handlung der Kurzanimation soll hier beschrieben und analysiert werden.
5.1
Flip it! – Inhaltsangabe
In einer einsamen Eiswüste, in der weit und breit nichts zu sehen ist, sitzt
ein Inuit an seinem Eisloch und fischt. Er hat sonst nichts zu tun und wartet
darauf, dass ein Fisch anbeißt. Es weht ein leichter, eisiger Wind, der den
Inuit zum Zittern bringt. Um sich seine Hände zu wärmen, steckt er sie in
die Taschen. Darin findet er etwas. Er holt es heraus, es handelt sich um ein
kleines Büchlein. Am Umschlag ist ein Symbol eingeprägt. Er öffnet es und
blättert durch. Dabei stellt sich heraus, dass er ein Daumenkino entdeckt
hat. Beim Blättern sind zwei Linien zu erkennen, die sich wirr bewegen.
Während er durch das Daumenkino blättert, verändert sich die Wetterstimmung. Je schneller er blättert, umso schneller zieht ein Sturm auf. Der
Inuit durchschaut das und blättert aus Neugierde in Windeseile zum Ende
des Büchleins. Durch sein schnelles Blättern wird der Wind so stark, dass er
ihm das Daumenkino entreißt. Es fällt auf den Boden und klappt zu. Der zuvor aufgezogene Schneesturm scheint eingefroren zu sein – die Schneeflocken
rings um den Inuit bewegen sich nicht. Er hebt das Büchlein auf und setzt
sich wieder an seinen Platz. Nicht nur die Schneeflocken scheinen in der Luft
an Ort und Stelle festgefroren zu sein, auch in seinem Eisloch bewegt sich
nichts mehr. Zuvor waren noch Wellen sichtbar. Er stellt fest, dass das Buch
eine Rückseite hat, auf der sich ein anderes Symbol befindet. Er öffnet es von
der Rückseite her und beginnt zu blättern. Dieses mal sind es keine wirren
Linien, sie bewegen sich gleichmäßig und rund. Während er durchblättert,
ändert sich wieder das Wetter und die Sonne erscheint hinter den Wolken.
59
5. Diplomprojekt
60
Abbildung 5.1: Der Inuit-Charakter aus Flip it! in seiner stilisierten, leinwandartigen Umgebung.
5.2
Flip it! – Ursprüngliche Idee
Die Ursprüngliche Idee zu Flip it! bestand darin, das Spiel mit der Zeit zum
zentralen Thema zu machen und auch in einem stilisierten Look umzusetzen. Das Daumenkino bietet dem Inuit die Macht über die Zeitachse seiner
Umgebung, er ist dieser somit überlegen.
Die stilistische Umsetzung wurde so gewählt, dass diese Überlegenheit
auch grafisch erkennbar ist. Der Charakter und seine direkte Umgebung
sind dreidimensional dargestellt, während das Wetter, dessen Zeit er über
das Daumenkino kontrollieren kann, zweidimensional wie eine Leinwand im
Hintergrund liegt. Er ist seiner Umgebung um eine Dimension überlegen.
Betrachtet man die vier Dimensionen des Raumzeit-Modells, so findet sich
darin ebenfalls der Ansatz wieder, dass für eine Veränderung eines bestehenden Objektes stets eine weitere Dimension nötig ist. Möchte man also ein
dreidimensionales Objekt verändern, so ist dies nur durch die Zeit, die vierte
Dimension, möglich.
5.3
Flip it! – Analyse
Das Daumenkino des Inuits gewährt ihm Zugang zu einer neuen, diegetischen Welt. Es handelt sich um eine abstrakte Animation innerhalb der Seiten, die die Welt um ihn herum beeinflusst. Würde man Flip it! ebenfalls
einer Gruppe der analysierten Filme in Kapitel 4 zuordnen, so würde es zur
Verschachtelung diegetischer Ebenen passen.
5. Diplomprojekt
61
Das Daumenkino hat zwei Seiten mit jeweils einem eigenen Symbol am
Umschlag und einer eigenen abstrakten Animation, die dennoch in ihrer
Form eine diegetische Welt aufbaut. Die sich bewegenden Linien besitzen
Charakter. So sind sie in der ersten Animation noch wild und unkontrolliert
und folgen in der zweiten Animation gleichmäßigen Rundungen.
Da sich die Animationen auf die Welt um ihn herum auswirken (mit der
Blättergeschwindigkeit steuert er auch die Geschwindigkeit, mit der das Wetter umschlägt), kann von einer Metalepse (vgl. [Tus07]) gesprochen werden.
Der Inuit hat die Wahl, wie er die Umgebung beeinflusst und wie schnell das
ganze vonstatten geht.
Es handelt sich um eine kurze Animation, daher ist kein aufwändiger dramaturgischer Bogen gegeben. Sie lässt sich aber nach dem Drei-Akt-Modell
einteilen. Die Exposition besteht darin, dass der Inuit einsam in der kalten
Eiswüste sitzt und wartet. Die Konfrontation beginnt mit der Entdeckung
des Buches und dem Umschlag des Wetters. Seinen Konflikt erreicht er, als
ihm der Wind das Buch aus der Hand reißt und durch das Zuklappen des
Buches auch die Zeit der Umgebung angehalten wird. Um ihn herum sind
Schneeflocken und in seinem Eisloch bewegt sich nichts. Die Auflösung ergibt sich schließlich durch die Rückseite des Buches, die ihn zum Schönwetter
führt und somit auch das anfängliche Kälteproblem löst.
Kapitel 6
Zusammenfassung
6.1
Theorie
In den Kapiteln 2 und 3 wurde auf einer breiten Basis von Quellliteratur
das nötige Vokabular zur Analyse filmischer Erzählstrukturen ausgearbeitet. Es braucht beides, sowohl die Erzähltheorie im Allgemeinen als auch
das Wissen über die Montage, um narrative Strukturen in filmischen Erzählungen analysieren zu können, da einerseits Strukturelemente in Filmen
angewendet werden, die ebenso in der Literatur auffindbar und somit als allgemeine Strukturelemente unabhängig vom Erzählmedium anzusehen sind.
Andererseits entstehen viele kausale Verknüpfungen, die der Autor durch die
Montage in die diegetische Welt einbindet und der Rezipient durch seine
spektatorielle Wahrnehmung erkennt, erst durch den Einsatz der Mittel der
Montage. Somit wäre die Behauptung aufgestellt, dass die Erzähltheorie die
allgemeine, vom Medium unabhängige Basis für eine Erzählung bietet und
die Montagetheorie die spezifischen Einzelheiten des Mediums Film behandelt.
Als besondere Schwierigkeit stellte sich bei der Ausarbeitung der Theorie
heraus, dass viele Termini nicht eindeutig oder von verschiedenen Autoren
widersprüchlich definiert wurden. Wo es möglich war, wurden eindeutige Begriffe verwendet. Es mussten jedoch auch gängige Bezeichnungen gemieden
werden. Ebenso sind angesehene Definitionen inzwischen teils veraltet und
können aufgrund des technischen Voranschreitens in der Filmindustrie heute nicht mehr vollständig angewendet werden. Die Theorie in dieser Arbeit
wurde mit dem Versuch ausgearbeitet, möglichst anwendbare und eindeutige Definitionen zu verwenden. Eine ausnahmslose Eindeutigkeit kann aber
nicht garantiert werden.
62
6. Zusammenfassung
6.2
63
Analyse
Die intensive Auseinandersetzung mit Beispielfilmen aus einem breiten Spektrum führte nicht nur zum besseren Verständnis der erzählten Inhalte, sondern war auch hilfreich bei der Anwendung der zuvor ausgearbeiteten Theorie
und deren Verständnis. Als besonders interessant stellte sich die Analyse der
zuvor selbst entwickelten Erzählung des Diplomprojektes Flip it! heraus, da
die ursprüngliche Idee der Geschichte in ein neues Licht gestellt wurde. So
stellte sich heraus, dass die Erzählung mehrschichtig ist und auf diegetischen
Ebenen beruht.
Im Zuge der Analyse wurde ein breites Sprektrum an Beispielfilmen anhand ihrer narrativen Strukturen, welche zuvor in der Theorie ausgearbeitet
wurden, in Gruppen eingeteilt. Sie weisen Gemeinsamkeiten und Gegensätze
auf. Entdeckt wurden dabei Verschachtelungen von diegetischen Ebenen, zu
denen ebenfalls das Diplomprojekt Flip it! zu zählen wäre; Entscheidungen
und Möglichkeiten, wodurch sich mehrere mögliche Ausgänge eines Geschehens aufgrund kleiner Änderungen darstellen lassen; weitreichende Anachronien, die über Rückblenden und Prolepsen hinausgehen und das diegetische
Geschehen für die Erzählung völlig neu anordnen; episodische Erzählungen,
wobei die Episoden mehr oder weniger deutlich verknüpft werden; rückwärts
gerichtete Erzählungen; Kombinationen aus Plansequenzen und Split Screen;
schließlich der narrative Umsatz einer Möbius-Schleife, die in sich selbst eine
Wendung aufweist.
Letztendlich bleibt zu hoffen, dass die Arbeit zu weiterer Inspiration verleitet, die ausgearbeitete Einteilung in Gruppen Anklang findet und neue,
bisher unentdeckte Erzählstrukturen weiterhin ihren Weg in die Kinosäle
finden.
Anhang A
Inhaltsangaben zu den
analysierten Filmen
In diesem Anhang finden sich in alphabetischer Auflistung kurz gefasste Inhaltsangaben zu den analysierten Filmen. Sie dienen der Übersicht, ersetzen
also nicht das Ansehen der Filme.
A.1
9 Short
Eine Puppe mit der Nummer 9 am Rücken baut in einer verwüsteten Umgebung eine Hebelkonstruktion und füllt einen Stoffsack mit Teer. Währenddessen streicht ein Monster durch die Gegend.
Die Puppe setzt sich im Freien an einen verwüsteten Platz und putzt
einen Talisman. Dabei erinnert sie sich daran, wie sie einst mit einer zweiten
Puppe, die die Nummer 5 am Rücken trug, hier eine Glühbirne gefunden
hat. 5 trug eine Batterie bei sich, mit der er sie zum Leuchten brachte. Dann
begann der Talisman, den 5 trug, zu leuchten. Er reichte 9 den Talisman
und die Glühbirne, 9 versteckte sich und 5 lauerte kampfbereit auf. Doch
das Monster, das vorhin zu sehen war, überraschte 5 von hinten und saugte
durch einen Blitz seine Seele in einen Talisman, den es selbst trug. 9 konnte
entkommen.
Während sich 9 daran erinnert, beginnt der Talisman zu pulsieren. Er
läuft zurück in die Halle, das Monster kreuzt auf und folgt ihm. Am Rücken
des Monsters sind Stoffreste zu erkennen, die die Nummern 1 bis 8 tragen –
das Monster hat die leblosen Körper zu einem Kleidungsstück verarbeitet. Es
folgt 9 und fasst in der Halle nach einer zappelnden Puppe, bleibt aber darin
kleben. Das Monster hat nicht 9 erwischt, sondern eine mit Teer gefüllte
Marionette. 9 klaut dem Monster seinen Talisman und läuft weg.
Das Monster kann sich aus dem Teer befreien und jagt 9 wieder, bis 9 auf
einer Latte vor einem Abgrund zu stehen kommt. Das Monster droht ihm,
doch 9 hüpft auf die zuvor gebaute Hebelkonstruktion und bringt die Latte,
64
A. Inhaltsangaben zu den analysierten Filmen
65
auf der sich das Monster befindet, zum Einsturz, das Monster stürzt in den
Abgrund und stirbt.
9 verbrennt in einer Zeremonie die Stoffreste mit den Nummern 1 bis
8, die das Monster als Kleidung trug. Dabei bemerkt er, dass sein Talisman
und der des Monsters zwei Hälften eines Ganzen sind. Er fügt sie zusammen,
die Seelen der Puppen 1 bis 8 steigen aus dem Talisman und kehren in ihre
Stoffreste zurück, wo sie friedlich verbrennen.
A.2
Cibo Matto: Sugar Water
Sugar Water zeigt einen zweigeteilten Split Screen, wobei in jedem von beiden
eine Plansequenz läuft. Das linke Bild wird in korrekter Abspielrichtung
gezeigt, das rechte Bild läuft rückwärts. Dabei ist der Bildinhalt aber stets
ähnlich – was sich in einem Bild ereignet, ist in ähnlicher Form im anderen
zu sehen. So steht im linken Bild die Protagonistin aus ihrem Bett auf und
kleidet sich an, während im rechten Bild die Sängerin (rückwärts gezeigt)
ihre Kleidung ablegt und schlafen geht.
Weiters öffnet im linken Bild die Protagonistin die Tür, eine Katze läuft
durch beide Bilder, die Protagonistin links findet einen Brief und geht die
Treppe hinunter, wo sie den Brief in einen Schlitz einwirft. Parallel dazu geht
die Sängerin im rechten Bild rückwärts die Treppe hinunter und nimmt einen
Brief aus einem Schlitz. Es ergibt sich der Anschein, dass der Brief aus dem
Vorwärts-Bild ins Rückwärts-Bild gewandert sei, wie zuvor die Katze in die
Gegenrichtung.
Die linke Schauspielerin steigt in ein Auto und fährt los, bleibt aber gleich
wieder stehen, weil sie jemanden angefahren hat. Die rechte Schauspielerin,
die rückwärts die Straße entlang gewandert ist, legt sich auf den Boden mit
dem Brief auf ihrem Bauch.
Die Schauspielerin im linken Bild hat die Sängerin im rechten Bild angefahren. Sie steigt aus, um nach ihr zu sehen. Als in beiden Bildhälften das
selbe Bild (nur spiegelverkehrt) zu sehen ist, ist der Text des Briefes lesbar:
„You killed me“.
An der Hälfte stellt sich auch heraus, dass beide Plansequenzen die selbe
sind, eine wird vorwärts und eine rückwärts gezeigt. Man könnte die Plansequenz also als Palindrom1 deuten. Alles, was sich bis zur Hälfte im linken
Bild vom Anfang zur Mitte (vorwärts) ereignet hat, findet jetzt im rechten
Bild von der Mitte zum Anfang (rückwärts) statt. Man hat das Ende also
bereits gesehen.
Im linken Bild steht die angefahrene Sängerin auf und wirft den Brief in
einen Schlitz, während im rechten Bild die Schauspielerin rückwärts mit dem
Auto fährt und einen Brief aus einem Schlitz nimmt. Die Sängerin links geht
1
Palindrome sind Wörter oder Sätze, die sich in beide Richtungen lesen lassen, wie z.B.
„Rentner“ oder „Tarne nie einen Rat“.
A. Inhaltsangaben zu den analysierten Filmen
66
die Treppe hinauf und öffnet die Tür, während die Schauspielerin rechts die
Treppe rückwärts nimmt. Die Katze wandert wieder von rechts nach links
durch beide Bilder.
Am Ende ist der Schriftzug, der sich über beide Bilder zieht, auf den
Fenstern zu lesen: Sugar Water.
A.3
Cinnamon Chasers: Luv Deluxe
Auf der Erde bei einem Auto sitzend blickt der Protagonist auf das regungslose Mädchen neben ihm.
Der Protagonist ist alleine, er packt seine Sachen und begibt sich auf
eine Reise. An einer Tankstelle nimmt er ein Mädchen mit. Die beiden gehen
essen und bekommen die Rechnung.
Sie zerreißt die Rechnung, die beiden laufen davon und feiern Parties.
Als der Bankomat kein Geld mehr hergibt, beginnt sie zu stehlen, die beiden
nehmen Drogen und rauben sogar ihre Freunde aus.
Die Zeit dreht sich zurück, bis sie wieder die Rechnung im Restaurant
bekommen. Dieses mal zerreißt er sie, die beiden laufen davon und feiern
Parties. Als der Bankomat kein Geld mehr hergibt, beginnt er zu stehlen,
geht aber sehr viel weiter als sie in der ersten Sequenz. Er stiehlt einem Obdachlosen den Bettelbecher voller Münzen und deutet ihm den Mittelfinger.
Er konsumiert Drogen und Alkohol, sie zeigt sich mit der Zeit von ihm genervt. Als er sich ein Messer besorgt, nimmt sie es und holt aus, um ihn zu
erstechen.
Die Zeit dreht sich erneut zurück, die Rechnung kommt und er bezahlt sie.
Die beiden feiern Parties und bekommen wieder kein Geld vom Bankomaten,
flirten aber liebevoll weiter. Als sie versucht, jemandem die Geldtasche zu
stehlen, bringt er sie wieder zurück. Er findet im Handschuhfach eine Waffe,
sie muss ihn beruhigen, aber er legt sie wieder zurück. Eines Tages passiert
es aber doch, dass sie jemanden ausraubt. Die beiden flüchten und geraten
in Streit, er will die Polizei anrufen, doch sie schießt auf ihn und lässt die
Waffe fallen. Er hebt sie auf und schießt auf sie. Die Szene endet mit dem
Anfangsbild.
A.4
Das jüngste Gewitter
Ein Mann wacht auf und erzählt, er habe von Bombern geträumt. Eine Frau
sitzt im Park und verjagt ihren Freund mitsamt Hund, sie singt ein Lied
davon, dass sie keiner versteht.
Die zwei Episoden im Vorspann, die nicht wirklich zusammenhängen, und
die doch den grauen Alltag gemeinsam haben, kündigen bereits die Struktur
des Films an. Protagonisten im klassischen Sinn gibt es nicht, es werden nur
kleine Episoden des grauen Alltagslebens erzählt.
A. Inhaltsangaben zu den analysierten Filmen
67
So sind des öfteren ein Tuba-Spieler und ein Pauker zu sehen, die beim
Üben zu Hause die Mitbewohner und Nachbarn nerven. Der Tuba-Spieler
erzählt von seinen Ersparnissen für die Rente, die durch nicht gut laufende
Fonds verloren gingen.
Anna ist in mehreren Episoden zu sehen. Sie vergöttert den Sänger der
Black Devils und träumt sogar von ihm, obwohl er sie sitzen lassen hat. Ein
Mann erzählt im Stau von einem Traum, in dem er zum Tode verurteilt wird,
weil er ein antikes Porzellan-Service zerstört hat. Ein Frisör rasiert aus Wut
einem Kunden den Kopf, der danach in eine wichtige Besprechung muss, in
der der Vorsitzende unerwartet stirbt.
Zum Ende des Filmes erscheinen sechs Episoden, die mehr gemeinsam
haben: die Charaktere richten ihren Blick stumm zum Himmel. Die letzte
Einstellung bietet die Sicht einer Fliegerflotte, die sich einer Stadt nähert,
während ironisch fröhliche Jazz-Musik spielt.
A.5
Donnie Darko
Donnie wacht im Freien auf und fährt mit dem Fahrrad nach Hause. Er ist
ein Schlafwandler und besucht auch regelmäßig seine Psychiaterin. In Halluzinationen erscheint ihm Frank, der ein Hasenkostüm trägt. Eines Nachts
lockt Frank Donnie aus dem Haus, um ihm von einem Countdown bis zum
Weltuntergang zu erzählen. Das ist Donnies Glück, denn während er weg ist,
stürzt eine Flugzeugturbine in sein Zimmer, die ihn sonst getroffen hätte.
Donnie lernt eine neue Mitschülerin, Gretchen Ross, kennen. Die beiden
werden ein Pärchen. Die eigenartige Ms. Sparrow, auch bekannt als Grandma
Death, flüstert Donnie etwas geheimnisvolles ins Ohr.
Als Donnie wieder halluziniert, geht er nachts in die Schule, um einen
Wasserrohrbruch zu verursachen. Bei der darauffolgenden Polizeikundgebung
kritisiert die Lehrerin Ms. Farmer die Kompetenz ihrer Kollegin Ms. Pomeroy, die die Schüler im Unterricht Texte über Zerstörungswut lesen ließ. Wenig später wird Donnie vom Unterricht suspendiert, weil er die Lehrmethoden
von Ms. Farmer kritisiert und sie beleidigt.
Unterdessen fragt Frank Donnie, ob er an Zeitreisen glaubt. Darauf erkundigt sich Donnie bei einem Lehrer über solche Theorien und bekommt
von ihm ein Buch, das Ms. Sparrow (Grandma Death) geschrieben hat. In
seinen Visionen sieht Donnie vorzeitig, wohin Menschen gehen. Seine Psychiaterin erklärt seinen Eltern, er habe Schwierigkeiten damit, die Realität
von seiner Welt zu unterscheiden.
Im Kino zeigt Frank Donnie ein Zeitportal. Er nimmt seine Maske ab,
Donnie kann sein verletztes Auge sehen.
Donnies Mutter muss eine Mädchengruppe begleiten, sie reisen mit dem
Flugzeug. Zu Halloween ist Donnie mit Gretchen unterwegs. Die beiden werden auf der Straße überfallen und mit Messern bedroht. Ein Auto kommt
A. Inhaltsangaben zu den analysierten Filmen
68
und überfährt Gretchen, weil Grandma Death plötzlich auf der Straße steht.
Die Messerbanditen flüchten. Aus dem Auto steigen zwei Burschen aus, einer
von ihnen sieht aus wie Frank – er nimmt die Maske seines Hasenkostüms
ab, sein Auge ist nicht verletzt. Donnie nimmt eine Waffe und schießt ihm
ins Auge. Grandma Death sagt zu Donnie, ein Sturm ziehe auf, er müsse
jetzt Handeln. Darauf hin nimmt Donnie Gretchens Leiche und fährt mit ihr
auf einen Berg, von dem aus er den Sturm beobachten kann. Das Flugzeug,
in dem Donnies Mutter sitzt, gerät in Turbulenzen. Donnie sieht zu, wie eine
Flugzeugturbine abstürzt.
Mit der fallenden Turbine wird die Zeit zurückgedreht. Donnie findet sich
lachend in seinem Zimmer wieder, wird von der Turbine getroffen und stirbt.
A.6
Hero
Der Protagonist, dessen Name unbekannt bleibt, kommt in den Palast des
Königs von Qin um eine Audienz. Der König hat erst vor kurzem ein Attentat überlebt, bei dem Fliegender Schnee, Zerbrochenes Schwert und Weiter
Himmel ihn töten wollten, um dadurch zu verhindern, dass er die sieben Reiche Chinas vereint. Aus Sicherheitsgründen darf sich nach diesem Attentat
dem König niemand näher als 100 Schritt nähern.
Der Protagonist sagt, er habe die drei Attentäter vernichtet und bringt
zum Beweis ihre Waffen: zwei Schwerter und einen Speer. Er darf sich dadurch dem König bis auf zehn Schritt nähern und mit ihm Tee trinken. Auf
die Bitte des Königs beginnt er zu erzählen, wie er die drei töten konnte.
In seiner Erzählung konnte er Weiter Himmel vor Zeugen töten und die
Nachricht verbreiten, Weiter Himmel und Fliegender Schnee hätten eine Affäre gehabt. Fliegender Schnee und Zerbrochenes Schwert waren aber ein
Paar und haben sich aus Eifersucht gegenseitig vernichtet.
Der König erwidert dem Protagonisten, seine Geschichte sei glaubwürdig. Er könne sich aber aufgrund seiner guten Menschenkenntnis (er meint,
die Attentäter gut einschätzen zu können) nicht vorstellen, dass sich die Geschichte genau so ereignet hat und erzählt seine eigene Version.
In der Erzählung des Königs wurde Weiter Himmel nur verletzt. Fliegender Schnee und Zerbrochenes Schwert hingegen haben sich freiwillig geopfert,
denn ihr höchstes Ziel war der Tod des Königs, und durch ihren eigenen Tod
haben sie dem Protagonisten ermöglicht, dem König nahe genug zu kommen,
um ihn zu töten. Nun würde den Protagonisten das gleiche Schicksal ereilen,
er würde den König töten und dafür selbst durch die Wachen sterben.
Der Protagonist gibt sich als durchschaut zu erkennen, erzählt die Geschichte aber nochmal, um die ganze Wahrheit ans Licht zu bringen.
In dieser dritten Erzählung hat Zerbrochenes Schwert von Anfang an
versucht, den Protagonisten von der Ermordung des Königs abzuhalten. Den
Grund dafür hat ihn die Kalligrafie des Zeichens Alle unter dem Himmel
A. Inhaltsangaben zu den analysierten Filmen
69
gelehrt, denn das Schicksal des Einzelnen sei unwichtig. China müsse vereint
werden, da sonst ewiger Bürgerkrieg herrschen würde. Das konnte nur der
König von Qin veranlassen, deshalb wollte Zerbrochenes Schwert, dass der
König lebt.
Beeindruckt von der Menschenkenntnis des Königs und dessen weiteren
Argumenten begreift der Protagonist, dass Zerbrochenes Schwert recht hatte
und China vereint werden muss. Der Mord am König von Qin wäre zudem
auch aus Rache für den Tod seiner Eltern gewesen. Er begreift, dass der König
leben muss und opfert sich, um ihn in seiner Macht zu stärken. Er tötet ihn
also nicht, sondern sticht präzise auf ihn ein, ohne ihn dabei gefährlich zu
verletzen.
A.7
Inception
Dominic Cobb versucht mit seinem Kollegen Arthur, dem Geschäftsmann
Saito innerhalb eines Traums eine Idee aus dem Unterbewusstsein zu stehlen.
Sie haben dafür eine Traumsharing-Maschine, um in die Träume anderer
einzudringen, und führen solche „Extractions“ als Spionageaufträge aus.
Die Extraction misslingt ihnen im Traum Saitos. Nash, der Traumarchitekt, weckt Cobb durch einen „Kick“ auf – er stößt ihn ins Wasser, wodurch
sich auch der Traum verändert und Cobb aufwachen kann. Nachdem alle
wach sind, versuchen sie unter vorgehaltener Waffe, Saito die Information zu
entlocken. Dabei liegt er auf dem Teppich seines eigenen Appartements und
bemerkt, dass sich der Teppich nicht so anfühlt wie sonst, er ist aus Polyester
– er befindet sich also immer noch in einem Traum und muss keine Waffe
fürchten, da der Tod im Traum nur zum Aufwachen führt. Die Extractors
geben daher auf und finden sich in der realen Welt in einem Zugabteil wieder,
wo sie Saito entkommen können.
Saito sucht Arthur und Cobb auf und erklärt ihnen, alles wäre ein von
ihm veranlasster Test gewesen. Er sei auf der Suche nach einem Team für
eine „Inception“, bei der keine Idee gestohlen, sondern eingepflanzt wird.
Die Zielperson dieser Inception sei Saitos Konkurrent Fischer. Cobb nimmt
den Auftrag an, da Saito als reicher Geschäftsmann die Macht hat, ihm die
Rückreise in die USA zu ermöglichen – Cobb wird dort gesucht.
Arthur und Cobb erweitern ihr Team um den Fälscher Eames und die
Studentin Ariadne, die sie als Architektin ausbilden. Die Einpflanzung des
Gedankens soll im Flugzeug auf dem Weg in die USA stattfinden, wo nicht
viel Zeit bleibt. Da fünf Minuten der Realität im Traum einer ganzen Stunde
entsprechen, verschachteln sie das Traumprinzip und dringen in drei Ebenen
vor, um sich dadurch genug Zeit für die Inception zu verschaffen.
In der ersten Traumebene findet eine Entführung statt, bei der sich der
Fälscher Eames als Fischers Onkel ausgibt. Dort fährt das Team mitsamt
Fischer in einem Lieferwagen durch die Straßen auf der Flucht vor Securi-
A. Inhaltsangaben zu den analysierten Filmen
70
ties – diese stammen aus Fischers Unterbewusstseins-Verteidigung, er wurde
darauf trainiert. Den Kick, den die träumenden im Lieferwagen brauchen,
erhalten sie durch einen Sprung ins Wasser.
In der zweiten Traumebene befinden sich alle in einem Hotel. Durch den
Sprung des Lieferwagens sind die Träumer ein paar Sekunden schwerelos, was
sich als mehrminütige Schwerelosigkeit in der tieferen Traumebene äußert.
Der Kick wird im Hotel durch eine Explosion im Liftschacht ausgelöst.
In der dritten Traumebene dringt das Team in eine Militärbasis ein, wo
schließlich die Inception vollendet und die Idee endgültig eingepflanzt werden
soll.
Parallel zu den Verschachtelungen – Ereignisse außerhalb eines Traums
wirken sich stets auf diesen unter anderen Zeitverhältnissen aus – wird auch
die Geschichte um Cobbs Frau Mal aufgeklärt, die immer wieder in Form
von Projektionen in den Träumen auftaucht und Cobbs Pläne durchkreuzt.
Sie wollte einst ihr reales Leben in tiefere Traumebenen verlagern, daher
hat Cobb bei ihr bereits eine Inception durchgeführt und ihr die Idee eingepflanzt, dass die Welt um sie nicht real ist. Das ist ihm gelungen, sie glaubte
das aber in der realen Welt immer noch und beging Selbstmord. Cobb wurde
als Mörder beschuldigt und ist geflohen, daher kann er nicht mehr einreisen.
Am Ende gelingt die Inception. Saito kann für Cobbs Einreise sorgen,
Cobb sieht seine Kinder wieder.
A.8
Irréversible
Während sich zwei Männer über ihre Sünden unterhalten, findet sich unter
ihrem Fenster ein Aufgebot an Einsatzkräften vor dem Homosexuellenclub
„Rectum“ ein. Der regungslose, verletzte Marcus und der in Handschellen
gelegte Pierre werden abgeführt.
Marcus sucht aufgebracht und energisch wider Pierres Willen in den
dunklen Gängen des „Rectum“ nach einem Mann namens „Le Ténia“. Er
glaubt, ihn gefunden zu haben und liefert sich mit dem vermeintlich gesuchten eine Schlägerei, bei der Le Ténia Marcus verletzt. Kurz bevor er ihn
vergewaltigen will, wird er von Pierre mit einem Feuerlöscher brutal zu Tode
geschlagen.
Marcus sucht auf einer von Prostituierten gesäumten Straße nach Guillermo Nunez. Als er ihn findet, wird er gewalttätig und will von ihm wissen,
was er gesehen hat. Guillermo Nunez gibt ihm den Hinweis auf den Zuhälter
„Le Ténia“ und das „Rectum“. Marcus versucht nun wieder unter Gewaltanwendung, den Weg dort hin zu finden.
Nach einer Polizeibefragung kommen zwei Männer zu den sichtlich verzweifelten Freunden Marcus und Pierre. Sie fechten die Methoden der Polizei
an und bieten für Geld ihre Hilfe zur Rache an. Marcus willigt ein. Zu viert
suchen sie nach Guillermo Nunez, dessen Personalausweis gefunden wurde.
A. Inhaltsangaben zu den analysierten Filmen
71
Der heitere Marcus versucht, Pierre davon abzuhalten, eine Party zu
verlassen. Draußen bringen Einsatzkräfte die bewusstlose, blutüberströmte
Alex zum Krankenwagen. Als Marcus sie sieht, bricht er in Verzweiflung aus.
Alex sucht nach einem Taxi. Statt die Straße zu überqueren, nimmt sie
die angeblich ungefährliche Unterführung. Dort kommt ihr ein aufgebrachter
Zuhälter entgegen, Le Ténia (am Anfang des Films hat Pierre den falschen
Mann getötet), der sich mit Guillermo Nunez streitet. Er bedroht auch Alex
und vergewaltigt sie in der Unterführung.
Pierre und Marcus geraten auf einer Party, auf der Marcus Drogen nimmt,
in Konflikt. Alex amüsiert sich anfangs, verlässt die Party aber frühzeitig
wegen Marcus’ Zustand und begibt sich alleine auf die Straße.
Marcus, Pierre und Alex unterhalten sich fröhlich auf dem Weg zur Party.
Marcus ist Alex’ Freund, Pierre ihr Exfreund.
Alex und Marcus necken sich verliebt zu Hause. Alex erfährt, dass sie
schwanger ist, Marcus weiß aber nur, dass ihre Periode überfällig ist.
A.9
Kill Bill Vol. 1
Kiddo liegt schnaufend und blutend am Boden, während ihr Bill erklärt, dass
sein Handeln nicht sadistisch, sondern masochistisch sei. Sie will ihm sagen:
„Es ist dein Baby“, doch Bill schießt ihr in den Kopf.
Kap. 1: 2. Kiddo („Black Mamba“) tötet Vernita Green („Copperhead“) aus
Rache. Als Kiddo bemerkt, dass Vernitas Tochter den Mord gesehen hat,
bietet sie ihr an, auf sie zu warten, wenn sie erwachsen sei. Kiddo streicht
Vernita Green als zweite auf ihrer Liste – O-Ren Ishii ist bereits gestrichen.
Kap. 2: Die blutbespritzte Braut. Viereinhalb Jahre zuvor wurden
nach einem Massaker 8 Leichen und die noch lebendige Kiddo im Brautkleid
in einer Kapelle gefunden. Vernita Green und Elle Driver („California Mountain Snake“), die nur ein Auge hat, waren am Massaker beteiligt. Elle Driver
will sie im Krankenhaus, wo Kiddo im Koma liegt, töten, Bill hält sie jedoch
davon ab, denn das sei unter derem Niveau. Vier Jahre später erwacht Kiddo
und tötet aus Rache einen korrupten Arzt.
Kap. 3: Die Herkunft von O-Ren. Kiddo erzählt von O-Ren Ishii, deren
Eltern getötet wurden und die durch den darauffolgenden Rachemord zum
Top-Killer wurde und danach auch am Hochzeits-Massaker beteiligt war.
Kap. 4: Der Mann aus Okinawa. Kiddo bricht nach Okinawa auf, um
sich vom Waffenschmied Hattori Hanzo ein Schwert schmieden zu lassen. Er
hat zwar einen Eid geschworen, keine Tötungswerkzeuge mehr herzustellen,
bricht diesen jedoch, nachdem Kiddo Bill, der Hanzos Schüler war, erwähnt.
A. Inhaltsangaben zu den analysierten Filmen
72
Kap. 5: Showdown im Haus der Blauen Blätter. O-Ren Ishii („Cottonmouth“) sitzt durch Bills Hilfe an der Spitze der Yakuza und tötet jeden,
der ihre chinesische oder japanische Herkunft anspricht. Zu ihrem Gefolge
gehört auch Sofie Fatale, die beim Massaker anwesend war aber niemand
getötet hat. Kiddo begegnet O-Ren und ihrem gesamten Gefolge in einem
Restaurant, wo es zum Kampf kommt. Sie tötet das gesamte Gefolge und
danach O-Ren mit ihrem Hanzo-Schwert, verstümmelt Sofie Fatale und lässt
sie aber am Leben, um Bill zu erzählen, dass Kiddo alle töten will. Das macht
Sofie auch. Schließlich offenbart Bill, dass Kiddos Tochter noch lebt.
A.10
Kill Bill Vol. 2
Kiddo sitzt im Auto und erzählt, dass ihr nur noch einer auf ihrer Liste fehlt.
Kap. 6: Das Massaker von Two Pines. Bill hat Kiddo gefunden, die
ein neues Leben führen will und für ihre Hochzeit probt. Bills Gefolge trifft
ein und erschießt die versammelte Gesellschaft.
Bill erzählt Budd („Side Winder“) von Kiddos Sieg gegen O-Ren und
warnt ihn vor ihr. Budd entgegnet, sie würde ihre Rache verdienen.
Kap. 7: Das einsame Grab von Paula Schultz. Als der verkommene
Budd seinen Job verliert und in seinen Wohnwagen zurückkehrt, wittert er
Gefahr und lauert Kiddo auf. Als diese glaubt, ihn zu überraschen, verletzt er
sie und begräbt sie lebendig. Kiddos Schwert will er an Elle Driver verkaufen.
Kap. 8: Die grausame Lehre des Pai Mei. Bill hat Kiddo zu Pai
Mei gebracht, um seine Lehre zu erlernen. Er ist Meister der Fünf-PunktePressur-Herz-Explosions-Technik. Mit ihrer bei ihm gelernten Kraft und Ausdauer kann sich Kiddo aus dem Grab befreien.
Kap. 9: Elle und ich. Elle Driver kommt mit einem Koffer Geld zu Budd,
um Kiddos Hanzo-Schwert zu kaufen, und tötet ihn durch eine schwarze
Mamba im Geldkoffer. Kiddo kreuzt auf. Zum ersten mal wird ihr Vorname
Beatrix erwähnt. Elle hat ihr Auge durch Pai Mei verloren, weil sie ihn beschimpft hat. Kiddo reißt ihr das zweite heraus und überlässt sie der Mamba.
letztes Kapitel: Von Angesicht zu Angesicht. Von Don Esteban, der
eine Vaterrolle für Bill hatte, erfährt Kiddo Bills Aufenthaltsort. Als sie
eindringt und Bill töten will, steht ihre Tochter vor ihr und Kiddos bedrohliche Waffe wird zum Kriegsspiel. Nachdem ihre Tochter schläft, injiziert
Bill Kiddo ein Wahrheitsserum und erfährt dadurch, dass Kiddo während
eines Mordauftrages festgestellt habe, sie sei schwanger, und sie sich deshalb
als tot ausgegeben und in ein bürgerliches Leben zurückgezogen habe. Sie
A. Inhaltsangaben zu den analysierten Filmen
73
kreuzen die Schwerter, doch Kiddo tötet Bill mit der Fünf-Punkte-PressurHerz-Explosions-Technik.
A.11
Lola rennt
Das Telefon läutet. Lola hebt ab. Manni, ihr Freund, ist dran. Er erklärt
ihr nervös und verzweifelt, dass er in der U-Bahn eine Tasche mit 100 000
Mark liegen gelassen hat. Das Geld soll er Ronnie übergeben, wofür ihm noch
zwanzig Minuten Zeit bleiben. In seiner Verzweiflung will Manni den Supermarkt neben der Telefonzelle ausrauben, doch Lola will ihn davon abhalten
und das Geld schnell auftreiben.
Lola läuft zur Bank ihres Vaters und erwischt ihn. Als sie ihm erklärt,
sie brauche Geld, lässt er sie hinauswerfen. Lola läuft weiter zu Manni. Er
hat bereits begonnen, den Supermarkt auszurauben. Lola hilft ihm. Auf der
Flucht werden die beiden von der Polizei umzingelt. Manni wirft den Sack
mit dem gestohlenen Geld in die Luft. Bei einem Polizisten löst sich ein
Schuss, er trifft Lola in die Brust.
In einem unwirklich roten Bild sieht man Manni und Lola liegen. Sie
stellt ihm Fragen über seine Liebe zu ihr und beendet den Dialog mit den
Worten „ich muss mich heut entscheiden, glaub ich“.
Lola läuft zur Bank ihres Vaters, hat aber durch kleine Umstände ein
leicht unterschiedliches Timing im Vergleich zur ersten Variante. Die kleinen
Änderungen zeigen nach und nach ihre Auswirkungen – in der Bank klaut
Lola die Waffe des Wächters und raubt die Bank aus. Als sie die Bank
verlässt, denkt die draußen versammelte Polizei nicht, dass Lola die Täterin
sein könnte, und schicken sie weg. Sie läuft und kommt rechtzeitig zu Manni,
bevor er den Supermarkt ausraubt, doch ein ankommendes Rettungsauto
überfährt Manni.
Erneut liegen Manni und Lola im unwirklich roten Bild, aber dieses mal
stellt er die Fragen und will von Lola wissen, was sie machen würde, wenn
er stirbt. Lola beendet die Diskussion mit den Worten „du bist aber nicht
gestorben“.
Lola läuft zur Bank ihres Vaters, zum dritten mal mit leichten Veränderungen und anderem Timing. Unterdessen findet Manni den Obdachlosen,
der seine Tasche aus der U-Bahn mitgenommen hat und folgt ihm. Lola verpasst ihren Vater, läuft stattdessen zum Casino und spielt mit ihrem letztes
Geld, indem sie zwei mal hintereinander am Roulette-Tisch alles auf 20 setzt.
Beide male gewinnt sie und verlässt mit 100 000 Mark das Casino. Manni bekommt unter vorgehaltener Pistole das Geld vom Obdachlosen zurück. Lola
kommt rechtzeitig und sieht, wie sich Manni von Ronnie verabschiedet.
Mit einem Lächeln auf den Lippen fragt Manni Lola, ob sie denn gerannt
sei und was sie in ihrer Tasche habe.
A. Inhaltsangaben zu den analysierten Filmen
A.12
74
Lost Highway
Während Fred im dunklen Haus eine Zigarette raucht, klingelt es an der
Tür. Fred hört durch die Sprechanlage: „Dick Laurent ist tot.“ Reifenquietschen und Sirenen sind zu hören. Fred blickt aus dem Fenster, sieht aber
niemanden.
Freds Verhältnis zu seiner Frau Renée scheint gestört zu sein. Die beiden
finden Videokassetten vor ihrer Tür, die ihr Haus zeigen – erst von außen,
später aber auch von innen. Die Polizei sieht sich um, wird aber misstrauisch,
als Fred sagt, er halte nichts von Kameras und erinnere sich lieber auf seine
Weise an Ereignisse, nicht so, wie sie tatsächlich passiert sind.
Fred fährt mit Renée zu Andy auf eine Party. Dort wird er von einem
mysteriösen Mann angesprochen, der behauptet bei Fred zuhause zu sein.
Fred wählt seine eigene Nummer und der Mann hebt ab. Er sagt, er sei von
Fred eingeladen worden. Fred fragt Andy, wer dieser mysteriöse Mann sei.
Andy entgegnet, er wisse seinen Namen nicht, glaube aber, es sei ein Freund
von Dick Laurent.
Zuhause sieht sich Fred das Video nochmal an und sieht bei den Innenaufnahmen die zerstückelte Leiche seiner Frau Renée und sich selbst blutrünstig
darüber sitzen. Er ruft nach Renée, dann findet er sich in einem Polizeiverhör
wieder. Er wird des Mordes angeklagt und zum Tode verurteilt.
Der Gefängniswächter blickt in Freds Zelle und stellt fest, dass der Mann
in der Zelle nicht Fred ist. Er wird identifiziert als Pete und, da er nichts
verbrochen hat, von seinen Eltern abgeholt. Er kann sich nicht erinnern, wie
er in die Zelle gekommen ist. Sicherheitshalber beobachtet die Polizei Pete.
In der Arbeit (Pete ist Automechaniker) kommt der klischeebehaftete
Gangsterboss Mr. Eddy, gefolgt von zwei Leibwächtern, um Pete zu einer
Autofahrt mitzunehmen. Er sagt, der Sound des Motors gefalle ihm nicht.
Pete schraubt daran und Mr. Eddy lobt ihn. Darauf hin überholt ein Drängler
Mr. Eddy und deutet ihm den Mittelfinger. Mr. Eddy schlägt ihn vor Petes
Augen zusammen und entschuldigt sich bei Pete dafür. Er setzt ihn wieder
bei der Werkstatt ab, wo die Polizei, die Pete beobachtet, Mr. Eddy als Dick
Laurent identifiziert.
Alice, die Mr. Eddys Gefolge angehört, will mit Pete ausgehen. Zwischen
den beiden beginnt ein Verhältnis. Mr. Eddy bekommt offensichtlich davon
mit und droht Pete. Pete will mit Alice durchbrennen, da sie von Mr. Eddy
zum Drehen von Pornofilmen gezwungen wird. Alice plant, Andy (bei dem
anfangs die Party stattgefunden hat) auszurauben. Mr. Eddy ruft Pete an
und lässt ihn mit seinem Freund, dem mysteriösen Mann von der Party,
sprechen. Dieser meint, er und Pete hätten sich bereits einmal gesehen, als
er bei Pete zuhause war.
Pete lässt sich durch Mr. Eddys Drohungen nicht aufhalten und überfällt
Andy wie geplant mit Alice. Dabei tötet er Andy und findet ein Foto, auf
dem Mr. Eddy, Andy, Alice und Renée zu sehen sind. Alice und Renée sind
A. Inhaltsangaben zu den analysierten Filmen
75
die selbe Schauspielerin.
Alice will Andys Wertsachen verkaufen und neue Pässe besorgen. Dafür
fahren sie und Andy zu einem Haus in der Wüste. Das Haus ist aber leer, Alice sagt, sie müssten warten. Vor dem Auto schlafen die beiden miteinander,
danach geht die nackte Alice ins Haus und vor dem Auto liegt nicht mehr
Pete, sondern Fred, der zuvor in der Zelle verschwunden ist. Der mysteriöse
Mann erscheint wieder, Fred folgt ihm ins Haus und fragt ihn nach Alice. Er
entgegnet, sie hieße Renée und nicht Alice und filmt Fred mit einer Kamera.
Fred flüchtet in ein Hotel, in dem Mr. Eddy und Renée miteinander
schlafen. Er versteckt sich im Nebenzimmer, bis Renée das Hotel verlässt.
Dann schlägt er Mr. Eddy nieder. Der mysteriöse Mann hilft Fred, Mr. Eddy
zu töten.
Die Polizei untersucht inzwischen Andys Haus und findet das Foto, auf
dem jetzt aber nur mehr Renée mit Andy und Mr. Eddy zu sehen ist, Alice
scheint verschwunden zu sein.
Fred fährt zu sich nach Hause, läutet an und sagt durch die Sprechanlage:
„Dick Laurent ist tot.“
A.13
Magnolia
In einem Prolog erzählt ein Sprecher von drei Zufällen, die er nicht als Zufälle wahrnehmen kann: den Mord an einem Einwohner von Greenberry Hill
durch die Mörder namens Green, Berry und Hill; den Tod eines Tauchers,
der mitsamt dem Löschwasser aus dem See gefischt und zu einem Waldbrand
geflogen wurde; den Selbstmordversuch eines Jungen, der vom Haus springen wollte und dank eines Netzes überlebt hätte, wenn er nicht im Fall durch
einen zufälligen Schuss aus dem Fenster getötet worden wäre; solche Obskuritäten würden für den Sprecher keinen Zufall darstellen und sich jeden Tag
ereignen.
Zu Beginn des Films werden parallel einige Personen vorgestellt. Zu ihnen
zählt Jim, ein Polizist, der seinen Job sehr ernst nimmt und Donnie Smith,
der vor 31 Jahren den Rekord in einer Quiz-Show aufgestellt hat und immer
noch hält. Der Junge Stanley ist nun in dieser Quiz-Show kurz davor, diesen
Rekord zu brechen. Der alte Jimmy moderiert diese Sendung. Jimmy hat
eine Tochter namens Claudia. Der im Sterben liegende Earl Patridge ist
Produzent der Quiz-Show. Er hat eine deutlich jüngere Frau namens Linda
und einen Sohn namens Frank.
Die Erzählung schreitet weiter parallel für alle genannten Personen fort.
Für jeden von ihnen entwickelt sich die Geschichte bis zu einem Konflikt.
Donnie Smith, der Rekordhalter, hat von dem Quiz-Geld nichts, das haben
seine Eltern ihm entnommen. Er verliert seinen Job und sieht keine andere
Möglichkeit, als seine ehemalige Firma auszurauben, was er auch macht, aber
von der Reue gepackt kehrt er um, um das Geld zurück zu bringen. Claudia
A. Inhaltsangaben zu den analysierten Filmen
76
hat einen Konflikt mit ihrem Vater, woraufhin sie laute Musik aufdreht und
der Polizist Jim zu ihr geschickt wird. Er ist ein einsamer Mann und verabredet sich schüchtern mit der ebenfalls schüchternen Claudia. Er glaubt,
bei Claudia zu versagen und verliert auch bei einem Einsatz seine Dienstwaffe. Claudias Vater Jimmy bricht (nach dem Streit mit seiner Tochter und
seiner Frau) in seiner Quiz-Show zusammen. In der selben Sendung wird
Stanleys Wunsch nach einer Toilette nicht ernst genommen und er macht
sich in die Hose. Earl Partridge’s Frau Linda sieht ihren Mann leiden und
bekommt ein schlechtes Gewissen, weil sie ihn wegen seines Geldes geheiratet
hat, das sie jetzt nicht mehr erben möchte. Sie begeht einen Selbstmordversuch. Earl selbst will seinen Sohn Frank sehen, der erfolgreich Seminare zur
Stärkung des sexuellen Selbstbewusstseins abhält. Frank befindet sich in einem Interview und wird mit Fragen über seine Eltern konfrontiert, die er
nicht beantwortet. Earls Pfleger erreicht Frank nach langem Suchen, Frank
besucht seinen Vater Earl und beschimpft ihn am Sterbebett.
Nachdem sich die Konflikte zugespitzt haben und den ganzen Film über
Wettervorhersagen eingeblendet wurden, beginnt plötzlich ein Froschregen.
Jimmy Gator, der Moderator, will sich erschießen, aber ein Frosch stürzt auf
die Waffe und der Schuss geht daneben. Donnie wird beim Versuch, erneut
in die Firma einzubrechen, um das gestohlene Geld zurückzubringen, von
Fröschen getroffen und stürzt. Der Polizist Jim, der gerade mit dem Auto
vorbeifährt, kommt ihm zu Hilfe. Claudia wird von ihrer Mutter besucht.
Das Rettungsauto, in dem sich Linda nach ihrem misslungenen Selbstmordversuch befindet, kippt um.
Der Froschregen geht zu Ende, auch die Konflikte lösen sich wieder auf.
Jim überlegt, ob er Donnie verhaften sollte, doch als seine Dienstwaffe vom
Himmel fällt, beschließt er, Donnie zu helfen, das Geld zurück zu bringen.
Er besucht danach Claudia. Das Quiz-Kind Stanley bittet seinen strengen
Vater, der nur auf das Quiz-Geld aus ist, netter zu ihm zu sein. Frank besucht
nach dem Tod seines Vaters seine Stiefmutter Linda im Krankenhaus.
A.14
Memento
Seit seinem Unfall, bei dem Leonard Shelby sein Kurzzeitgedächtnis verloren
hat, ist es ihm nicht möglich, sich neue Ereignisse zu merken. An die Zeit
vor seinem Unfall kann er sich wie ein gesunder Mensch erinnern.
Seine Geschichte endet damit, dass er einen Menschen – Teddy – tötet,
weil er das auf einem Polaroidfoto notiert hat.
Leonard ist nicht der einzige, der sich nichts neues einprägen kann – so
erzählt er immer wieder von Sammy Jankis, der die selben Symptome zeigte
und von Leonard als Versicherungsvertreter auf die Glaubwürdigkeit seiner
Krankheit untersucht wurde. Im Gegensatz zu Sammy folgt Leonard aber
einem disziplinierten System mit Notizen, die ihm dabei helfen, sein Ziel
A. Inhaltsangaben zu den analysierten Filmen
77
zu verfolgen, nämlich den Mörder seiner Frau, dem er vermutlich auch seine
Verletzung verdankt – John G. – aufzuspüren und zu töten. Wichtige Notizen
trägt er auf seinem Körper in Form von Tattoos.
Teddy warnt Leonard, dass ihn jemand auf die falsche Fährte locken will.
Dass sein Zustand ausgenutzt wird, erfährt Leonard auch vom Motelwart,
der ihm ein zweites Zimmer vermietet hat, da er sich sowieso nicht daran
erinnern würde.
Aufgebracht erscheint Leonard vor Natalies Tür mit dem Foto eines niedergeschlagenen und geknebelten Mannes namens Dodd. Er will von ihr wissen, wo sie ihn da hineingezogen hat, worauf sie entgegnet, er habe das für
sie getan, weil Dodd sie geschlagen hätte. Natalie verbrennt Dodds Foto und
fragt Leonard, was er machen würde, wenn er den Mörder seiner Frau findet.
Er antwortet, ihn zu töten. Sie bietet ihm ihre Hilfe an, die ihn später zu
Teddy führt.
Teddy zwingt Leonard, sich zu notieren, Natalie keinen Glauben zu schenken. Er schreibt es auf ihr Foto, streicht es danach aber wieder aus. Er schlägt
Dodd für Natalie nieder. Später stellt sich heraus, dass er tatsächlich von Natalie ausgenutzt wurde, um Dodd loszuwerden.
Teddy tötet Natalies Freund Jimmy. Nachdem er erkennt, dass er der
falsche war, geraten er und Teddy in einen Streit. Es stellt sich heraus, dass
Teddy Leonard schon länger als Mörder für seine Zwecke ausnutzt und dass
er den eigentlichen John G. schon vor einem Jahr getötet hat. Leonard ändert
seine Notizen und macht dadurch Teddy zu seinem John G.
A.15
Nowa Książka
Zu Beginn sind die neun Orte des Geschehens zu sehen, acht davon menschenleer, in einem (im Bild links oben) sitzt ein Mann auf dem Bett und
dämpft seine Zigarette aus. Nach und nach füllen sich die anderen Bilder
mit Menschen, während der Protagonist einen auffällig roten Hut und einen
roten Mantel anlegt. Er verlässt sein Zimmer durch die Tür, die nebenan im
zweiten Bild von außen zu sehen ist und fährt mit dem Bus (drittes Bild) ins
vierte Bild, eine Buchhandlung, um sich dort ein Buch zu kaufen. Im fünften
Bild trifft er auf eine Dame.
Plötzlich ist ein lautes Flugzeug zu hören – in allen Bildern (außer innerhalb des Busses) blicken die Menschen zum Himmel.
Der Protagonist geht mit der Dame im sechsten Bild etwas trinken und
lässt im Lokal sein Buch liegen. Im siebten Bild klopft er an eine Tür, es öffnet
niemand und er kehrt zurück ins Lokal, um das vergessene Buch zu holen.
Auch im achten und neunten Bild kommuniziert er mit den anwesenden
Menschen, er wird nach der Uhrzeit gefragt und gibt einem Herren Feuer.
Er macht sich Bild für Bild auf den Rückweg, und als er im fünften Bild (in
der Mitte) angekommen ist, ertönt in der Filmmusik ein Paukenschlag.
A. Inhaltsangaben zu den analysierten Filmen
78
In jedem der neun Bilder passiert dabei gleichzeitig etwas unerwartetes:
ein Ball fällt versehentlich ins Fenster; einem Geiger fällt die Geige zu Boden;
der Bus bremst ruckartig ab; der Buchhändler stolpert und lässt Bücher
fallen; der Protagonist lässt sein Buch fallen; der Kellner verschüttet ein
Getränk; ein Junge gerät vor den Bus; an einer Baustelle fällt ein Farbkübel
um und beschmutzt eine Passantin; ein Briefträger verliert seine Briefe.
Bevor die Filmmusik wieder einsetzt, löst sich in jedem Bild die Unterbrechung auf – der ballspielende Junge läuft davon, gefallene Gegenstände
werden aufgehoben, der Busschaffner hilft dem Jungen auf, der Kellner reinigt die Kleidung einer Kundin, die beschmutzte Passantin verlässt wütend
das Baustellenbild. Mit dem Einsatz der Musik nimmt auch die Handlung
ihren Lauf wieder auf, der Protagonist kehrt Bild für Bild zu seinem Zimmer
zurück. Währenddessen eskaliert der Baustellenkonflikt nochmal, löst sich
dann aber auch auf. Der Protagonist wirft den Ball aus dem Fenster und
alle anderen Charaktere verlassen die Bildfläche, der Ausgangszustand ist
wieder erreicht.
A.16
Pulp Fiction
Honey Bunny und Pumpkin sitzen beim Frühstück in einem Restaurant und
beschließen, dieses auszurauben. Sie nehmen ihre Waffen zur Hand.
Vincent und Jules sind am Weg zu Geschäftspartnern ihres Bosses Marsellus Wallace. Dem Anschein nach ist ein Geschäft zwischen ihnen nicht
gut gelaufen. Am Weg zu ihnen erzählt Vincent, dass Marsellus ihn gebeten
habe, mit seiner Frau Mia auszugehen. Vincent und Jules holen einen Koffer
von den Geschäftspartnern ab und erschießen die Bande.
Marsellus Wallace bezahlt den Boxer Butch dafür, dass er seinen nächsten Kampf verliert. Vincent und Jules betreten in T-Shirts den Raum und
bringen Marsellus den Koffer.
Vincent besucht seinen Dealer, um noch Drogen zu besorgen, bevor er
den Abend mit Mia verbringt. Als er Mia abholt, konsumiert sie selbst noch
Kokain. Nach dem Abend bringt Vincent sie wieder nach Hause, wo es für
Mia zu einer Überdosis kommt. Panisch bringt Vincent sie zu seinem Dealer.
Dieser reicht ihm eine Adrenalinspritze mit der Anweisung, sie Mia ins Herz
zu injizieren. Vincent tut das nach einigem Zögern und kann Mia dadurch
retten. Die beiden beschließen, über den Vorfall zu schweigen.
Der Boxer Butch gewinnt seinen Kampf, den er für Marsellus verlieren
hätte sollen, und tötet dabei seinen Gegner. Marsellus setzt daher Vincent
auf ihn an, der sich ihm ohne seinen Partner Jules widmet. Butch ist inzwischen mit einem Taxi zu seiner Freundin Fabienne geflohen, die seine Sachen
aus seinem Appartement bereits geholt hat, dabei jedoch die Uhr seines
Vaters liegen ließ, die für Butch von hohem persönlichen Wert ist. Butch
schleicht sich also nochmal in sein Appartement, um die Uhr zu holen, und
A. Inhaltsangaben zu den analysierten Filmen
79
läuft dabei Vincent über den Weg, den er erschießt. Am Weg zurück zu Fabienne steht er bei der Ampel, während Marsellus vor ihm die Straße quert. Er
fährt ihn nieder und rammt dabei ein anderes Auto. Butch und Marsellus,
beide verletzt, beginnen in einem Musikgeschäft in der Nähe eine Schlägerei,
worauf der Besitzer des Geschäftes die beiden unter vorgehaltener Waffe in
den Keller zwingt. Er ruft seinen Kumpel an. Zu zweit fesseln sie Butch und
Marsellus und beginnen damit, Marsellus zu vergewaltigen. Butch kann sich
befreien und rettet auch Marsellus, der ihm sagt, die beiden wären somit
quit und Butch solle die Stadt verlassen. Mit dem Motorrad des getöteten
Vergewaltigers fährt Butch zurück zu Fabienne, um mit ihr durchzubrennen.
Die erste Szene ist aus der Sicht eines hinter einer Tür versteckten zu
sehen. Er hört, wie Vincent und Jules die Bande erschießen, kommt aus seinem Versteck und schießt auf die beiden. Er trifft nicht, worauf sie ihn töten.
Nur einen Mann aus der Bande – Marvin, der dem Anschein nach ihr Informant ist – lassen sie am Leben und nehmen ihn mit. Unterwegs löst sich
versehentlich ein Schuss aus Vincents Waffe und tötet Marvin. Jules bittet
daher Marsellus um Hilfe, der auch jemanden schickt, um das Desaster zu
beseitigen. Vincent und Jules bekommen dabei neue Kleidung, sie tragen
jetzt die T-Shirts, mit denen sie bei Marsellus zu sehen waren. Jules sieht
den Vorfall, bei dem er und Vincent nicht getroffen wurden, als ein Zeichen
und beschließt, aus dem Gangstergeschäft auszusteigen. Er geht mit Vincent
frühstücken, sie landen in dem Restaurant, das von Honey Bunny und Pumpkin überfallen wird. Jules erzählt Pumpkin von seinem Zeichen und wird ihn
los, worauf Vincent und Jules das Restaurant mit dem Koffer verlassen.
A.17
The Rules of Attraction
Lauren, Paul und Sean sind auf der End-of-the-World-Party. Jeder von den
dreien erlebt seine eigene Geschichte, sie haben aber etwas gemeinsam, nämlich das Scheitern in der Liebe.
Die Party findet im Winter statt. Zuvor im Sommer beginnen die drei Geschichten. Sean ist ein verschuldeter Drogendealer, der ständig Liebesbriefe
erhält und denkt, sie stammen von Lauren.
Nochmal zurück durch die Zeit gereist, findet die Edge-of-the-WorldParty statt, auf der sich der homosexuelle Paul und Sean kennenlernen. Paul
verabredet sich mit Sean gleich zur nächsten Party. Am nächsten Tag bricht
Sean zur Uni auf. Der Unterricht ist ausgefallen, so ergibt es sich, dass er
Lauren am Gang kennenlernt, der er später die Liebesbriefe zuschreibt.
Paul freut sich auf den Abend mit Sean, jedoch kommt ihm etwas dazwischen. Lauren erwischt Sean, wie er mit ihrer Zimmerkollegin schläft. Sie
will ihn danach nicht mehr treffen. Es enden auch die Liebesbriefe, die aber
nicht von Lauren stammen, sondern, wie sich später herausstellt, von einer
Unbekannten, die aus Eifersucht Selbstmord begeht.
A. Inhaltsangaben zu den analysierten Filmen
80
Laurens Exfreund Victor kommt von einem Europa-Semester zurück und
erzählt im Schnelldurchgang, was er erlebt hat. Lauren hat sich für ihn aufgehoben, er kennt sie jedoch nicht mehr, und somit treffen sich alle gescheiterten auf der End-of-the-World-Party wieder.
Anhang B
Inhalt der DVD
Format: DVD-ROM, Single Layer
Pfad: /
eichberger_DA.pdf . .
flipit/ . . . . . . . . . .
grafiken/ . . . . . . . .
filmstills/ . . . . . . . .
Diese Arbeit im PDF-Format
Ordner mit einer Vorversion des
Diplomprojekts Flip it!
Ordner mit den für diese Arbeit erstellten
Grafiken
Ordner mit Screenshots aus Filmen, die in
dieser Arbeit abgebildet wurden
81
Filmverzeichnis
[9sh05] 9 (Short). Shane Acker, 2005. Enthalten auf: #9 , DVD (2010),
Universal.
[Cib96] Cibo Matto: Sugar Water. Regie: Michel Gondry, 1996. Musikvideo. Enthalten auf: The Work of Director Michel Gondry, DVD
(2003), EMI Electrola GmbH & Co. KG.
[Cin09] Cinnamon Chasers: Luv Deluxe. Album: A Million Miles From
Home. Modus Records, Koch Records. Regie: Saman Keshavarz,
2009. http://www.vimeo.com/6540668, Musikvideo.
[das07] Das jüngste Gewitter. Originaltitel: Du levande; Drehbuch/Regie:
Roy Andersson; mit Jessika Lundberg, Elisabeth Helander, Björn
Englund u.a., 2007. DVD (2008), Indigo.
[don01] Donnie Darko. Regie: Richard Kelly; mit Jake Gyllenhaal u.a., 2001.
DVD (2005), Ascot Elite Home Entertainment GmbH.
[her02] Hero. Regie: Zhang Yimou; mit Maggie Cheung, Jet Li, Zhang Ziyi
u.a., 2002. DVD (2004), Constantin Film.
[inc10] Inception. Drehbuch/Regie: Christopher Nolan; mit Leonardo DiCaprio u.a., 2010. Warner Bros. Pictures.
[irr02] Irréversible. Deutscher Titel: Irreversibel; Drehbuch/Regie: Gaspar
Noé; mit Monica Bellucci, Vincent Cassel, Albert Dupontel u.a.,
2002. DVD (2004), Universum Film GmbH.
[kil03] Kill Bill, Vol. 1. Drehbuch/Regie: Quentin Tarantino; mit Uma
Thurman u.a., 2003. DVD (2004), Touchstone.
[kil04] Kill Bill, Vol. 2. Drehbuch/Regie: Quentin Tarantino; mit Uma
Thurman u.a., 2004. DVD, Buena Vista Home Entertainment.
[les42] Les visiteurs du soir. Deutscher Titel: Die Satansboten; Regie: Marcel Carné, 1942. Productions André Paulvé.
82
Filmverzeichnis
83
[lol98] Lola rennt. Drehbuch/Regie: Tom Tykwer; mit Franka Potente, Moritz Bleibtreu u.a., 1998. DVD (2004), Laser Paradise.
[los97] Lost Highway. Regie: David Lynch; Drehbuch: David Lynch, Barry
Gifford; mit Bill Pullman, Patricia Arquette, Balthazar Getty u.a.,
1997. DVD (2000), Universum Film GmbH.
[mag99] Magnolia. Drehbuch/Regie: Paul Thomas Anderson; mit Tom Cruise, Jason Robards, Julianne Moore u.a., 1999. DVD (2001), Kinowelt
GmbH.
[mem00] Memento. Regie: Christopher Nolan; Drehbuch: Jonathan Nolan,
Christopher Nolan; mit Guy Pearce u.a., 2000. DVD, Sony Pictures
Home Entertainment.
[now75] Nowa Książka. Drehbuch/Regie: Zbigniew Rybczyński, 1975. Studio małych form filmowych.
[pul94] Pulp Fiction. Regie: Quentin Tarantino; Drehbuch: Quentin Tarantino, Roger Avary; mit John Travolta, Samuel L. Jackson, Uma
Thurman u.a., 1994. DVD (2000), AVU.
[the80] The Shining. Deutscher Titel: Shining; Drehbuch: Stephen King u.a.;
Regie: Stanley Kubrick; mit Jack Nicholson u.a., 1980. DVD (2001),
Warner Home Video.
[the02] The Rules of Attraction. Deutscher Titel: Die Regeln des Spiels;
Drehbuch/Regie: Roger Avary; Buch: Bret Easton Ellis; mit James
van der Beek u.a., 2002. DVD (2004), Concorde Video.
[tim00] Time Code. Drehbuch/Regie: Mike Figgis; mit Jeanne Tripplehorn,
Stellan Skarsgård, Salma Hayek u.a., 2000. DVD (2003), Optimum
Home Entertainment.
[tou58] Touch of evil. Deutscher Titel: Im Zeichen des Bösen; Regie: Orson
Welles; mit Charlton Heston, Janet Leigh u.a., 1958.
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Deleuze, Gilles: Cinema 2. The time image. Continuum Impacts. Continuum, London, 2005.
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[Läm55] Lämmert, Eberhard: Bauformen des Erzählens. Metzler Studienausgabe. Metzler, 1955.
[Low92] Lowry, Stephen: Film - Wahrnehmung - Subjekt. Theorien des
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[Mah07] Mahne, Nicole: Transmediale Erzähltheorie. Eine Einführung.
UTB Uni-Taschenbücher. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen,
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[Met72] Metz, Christian: Semiologie des Films. Fink, München, 1972.
[Meu09] Meurer, Ulrich: Alles fließt. Die Ordnung der Plansequenz.
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[Mik08] Mikos, Lothar: Film- und Fernsehanalyse. UTB Uni-Taschenbücher. UVK, Konstanz, 2. Auflage, 2008.
[Mon05] Monaco, James: Film verstehen. Kunst, Technik, Sprache, Geschichte und Theorie des Films und der Medien. Mit einer Einführung in Multimedia. Rowohlt Taschenbuch Verlag, Reinbek bei
Hamburg, 6. Auflage, 2005.
[Mül68] Müller, Günther: Morphologische Poetik. Niemeyer, Tübingen,
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Literaturverzeichnis
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[Sou97] Souriau, Etienne: Die Struktur des filmischen Universums. montage AV, 06/2:140–157, 1997.
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Stiglegger, Marcus: Bis zum Äußersten. Radikaler „Dekonstruktivist“: Gaspar Noé und sein Film „Irreversible“. Filmdienst,
18, 2003.
[Tus07] Tuschmann, Jörg: Die Metalepse. montage AV, 16/2:105–112,
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[Wro97] Wrobel, Dieter: Postmodernes Chaos – Chaotische Postmoderne. Eine Studie zu Analogien zwischen Chaostheorie und deutschsprachiger Prosa der Postmoderne. Aisthesis, Bielefeld, 1997.