02-03 News/Inhalt

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02-03 News/Inhalt
Zeitschrift der Ludwig-Maximilians-Universität München
#01/2003
ESSAY
WIE WERDEN
PROFESSOREN
BESSERE
PRÜFER?
PROFILE
LMU UND TUM
GRÜNDEN
GEOZENTRUM
ALLES PLASTIK? DIE
WELT DER ELEMENTE
DAS „JAHR DER CHEMIE“ AN DER LMU
FORUM
HOCHSCHULEN ALS
STIFTUNGEN?
LMU
MünchnerUni.Magazin
IMPRESSUM
Herausgeber
Rektorat der
Ludwig-Maximilians-Universität (LMU)
München
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ISSN 0940-0141
Titelfotos: BASF
Hinter den einzelnen Fächern stehen unterschiedliche Fachkulturen,
die sich in bestimmten Forschungstraditionen, in der Einstellung zum Anwendungsbezug der
Forschung und in der Vorliebe für
bestimmte Lehrveranstaltungstypen offenbaren. Der einsam in der
Bibliothek forschende Wissenschaftler mag als Klischee erscheinen – er ist dennoch in einigen
Fächern der aktuelle und adäquate
Prototyp. Der öffentliche Wissenschaftsdiskurs suggeriert häufig,
dass es auf rasche Ergebnisse und
immer schnelleren Fortschritt
ankomme. Dennoch ist es für die
Wissenschaft wichtig, Zeit für
gründliches Nachdenken und die
Entwicklung von Ideen zu haben.
Wissenschaft soll ihren unmittelbaren Nutzen belegen, hört man oft.
Wie nützlich Forschung ist, stellt
sich manchmal aber erst im Rückblick heraus. Und gerade die Grund-
lagenforschung hilft uns, die komplexe Welt in historischer und aktueller Perspektive besser zu verstehen, ohne dass sich daraus sofort
ein Produkt, eine konkrete Anwendung entwickeln ließe.
Die Fachkulturen mögen in der
Lehre weniger divergent sein als in
der Forschung. Doch gehen auch
hier die Meinungen darüber auseinander, wie man den Studierenden
möglichst effektiv und effizient zielführende Arbeitsverfahren und
fachliches Wissen vermittelt und
wie man den wissenschaftlichen
Nachwuchs an die Forschung heranführt. Von vielen Seiten wird die
fallorientierte und problembasierte
Kleingruppenarbeit für besonders
nachhaltiges Lernen empfohlen; in
überfüllten Massenfächern bleibt
sie jedoch angesichts der ungünstigen Betreuungsrelationen vorläufig
Wunschtraum. Die seit einigen
Semestern florierenden studentischen Tutorien schaffen nur punktuell Abhilfe. Auch wenn hochschuldidaktische Fragen gegenwärtig kaum Konjunktur haben, so bietet doch die Entwicklung von Evaluationsverfahren für die universitäre Lehre die Chance zu fächerübergreifender Kooperation und
zum Lernen voneinander. Voraussetzung dafür ist die Bereitschaft,
Vertrautes kritisch zu analysieren
und Neues zu erproben.
In Forschung und Lehre wirkt
interdisziplinäre Zusammenarbeit
außerordentlich
befruchtend,
eröffnet neue Perspektiven und
setzt innovatives Potenzial frei. Die
LMU bietet dazu hervorragende
Möglichkeiten. Viele gute Ansätze
solcher Kooperation existieren
bereits, aber es gibt durchaus Entwicklungsspielräume für die stärkere Vernetzung, die insbesondere
die kleineren Fächer einbindet in
Forschungsverbünde, in neue Studiengänge und andere Strukturen.
Natürlich müssen fächerübergreifende Vorhaben aufbauen auf
intensiver innerfachlicher Kooperation und der Pflege der Kernbereiche der Disziplinen, vor allem in
der Lehre.
Allerdings gibt es eine Anzahl
von Faktoren, die den inneruniversitären Austausch erschweren. Dazu
zählen zum einen die räumliche Verteilung der Departments und Institute über die ganze Stadt; es kostet
einfach viel Zeit, sich zusammen zu
finden. Auch die in vielen Fächern
der wissenschaftlichen Aktivitäten
an der LMU. Zwar übernehmen
einige Fächer oder einzelne Forschungsgebiete im Konzert der
universitären Außendarstellung
eine Zeitlang solistische Passagen.
Für den Orchesterklang unserer
Universität ist jedoch jede einzelne
Stimme wichtig, auch die Piccoloflöte.
■
Professor Friederike Klippel
Prorektorin der
Ludwig-Maximilians-Universität
München
1
MUM 01/2003
Es ist wie immer grün, umfasst
726 eng bedruckte Seiten und
kann wegen seines kleinformatigen Drucks nur von jungen Augen
ohne Lesebrille entziffert werden
– das Vorlesungsverzeichnis der
LMU zum Sommersemester 2003.
Wer dieses Buch in der Hand
wiegt, es durchblättert, die Gliederung der Fakultäten und der
Verwaltung betrachtet, die Vielzahl der Standorte und die langen
Listen der angebotenen Veranstaltungen zur Kenntnis nimmt,
gewinnt einen nachhaltigen Eindruck von der Größe und Vielfalt
der LMU. Wie jede voll ausgebaute Hochschule verfügt auch die
Universität München über ein
breites Fächerspektrum von Afrikanistik bis Zoologie, das Disziplinen mit vielen Studierenden wie
Germanistik, Jura oder Medizin
ebenso einschließt wie zahlreiche
so genannte kleinere Fächer.
EDITORIAL
Foto: LMU
EDITORIAL
VIELSTIMMIGER
ORCHESTERKLANG
bestehende Belastung durch überfüllte Lehrveranstaltungen, hohe
Prüfungszahlen und den gestiegenen Aufwand für administrative
Tätigkeiten in der neuen Departmentstruktur mag zuweilen das
Engagement hemmen.
Trotz aller Schwierigkeiten
müssen wir die Standort- und
Strukturvorteile unserer Universität noch besser nutzen, das in der
Vielfalt ruhende Potenzial noch
besser ausschöpfen. Wenn es uns
gelingt, innerhalb der Universität
mehr voneinander zu erfahren,
enger miteinander zu arbeiten und
offener voneinander zu lernen,
dann fällt es uns auch leichter, die
Leistungen der LMU nach außen zu
vermitteln. Die Themen dieser Ausgabe von MUM geben einen guten
Eindruck von der Vielgestaltigkeit
■ PROREKTOR PROFESSOR
Planungskommission und war unter
anderem zuständig für die internationalen Beziehungen der LMU,
wobei er sich erfolgreich um neue
Kontakte in Osteuropa bemühte.
Nach zwei Amtsperioden widmet
sich der 61-jährige Liebich jetzt wieder voll und ganz seinem Lehrstuhl
für Anatomie an der Tierärztlichen
Fakultät.
■ gra
Foto: Hans-Georg Liebich
NEWS
LIEBICH VERABSCHIEDET
Professor Dr. Hans-Georg Liebich
hat das Amt des Prorektors zum 1.
April an seinen Nachfolger Professor Dr. Reinhard Putz übergeben.
Der Veterinärmediziner Liebich
gehörte seit 1992 dem Senat der
LMU an und wurde 1999 zum Prorektor gewählt. Liebich leitete die
1 Professor Hans-Georg Liebich (Mitte) mit seinen Rektoratskollegen.
■ LMU-PRIONFORSCHUNG
AUF DEM VORMARSCH
Alzheimer, Parkinson, CreuzfeldtJakob-Krankheit (CJD) und BSE – die
Begriffe haben an Schrecken nicht
verloren. Prionforscher und Neuropathologen beschäftigen sich weltweit mit diesen verwandten Formen
von Hirnerkrankungen bei Mensch
und Tier. In Bayern werden sich die
Bedingungen für diese Forschung
bald deutlich verbessern: mit dem
neuen Zentrum für Neuropathologie und Prionforschung (ZNP). Am 1.
April 2003 konnte der bayerische
Wissenschaftsminister Hans Zehetmair gemeinsam mit dem neuen
Prorektor der Universität München,
Prof.
Reinhard
Putz,
und
Oberbürgermeister Christian Ude
Richtfest feiern. Der 19,5 Millionen
Euro teure Bau in Großhadern bietet auf rund 2600 Quadratmetern
hochmoderne Laboreinrichtungen,
Verwaltungs- und Seminarräume.
Über den aktuellen Stand der
BSE/vCJD-Problematik diskutierten
Experten Ende März auf einem Symposium an der LMU. Derzeit wird hier
im Auftrag des bayerischen Verbraucherschutzministeriums eine
BSE-Risikoanalyse erstellt. Gemeinsam mit Minister Eberhard Sinner
informierten die beteiligten Tierund Humanmediziner der LMU über
den Stand der Expertise. Dabei wurde deutlich, dass BSE in Deutschland
und Bayern bei weitem nicht Dimensionen wie in Großbritannien
erreicht hat. Allerdings wiesen die
Forscher darauf hin, dass es eine
„absolute Sicherheit“ vor infizierten
Tieren derzeit nicht gebe. Die BSERisikoanalyse soll nach einem weiteren Zwischenbericht Ende 2003
abgeschlossen werden.
■ oh
MUM 01/2003
2
LMU IN DEN MEDIEN
LMU-JURA IM WIRTSCHAFTSWOCHE-RANKING AUF PLATZ 1
„Prominente Professoren wie Verfassungsgerichtspräsident HansJürgen Papier oder der Arbeitsrechtler Claus-Wilhelm Canaris
begründen den Ruf der juristischen Fakultät der Ludwig-Maximilians-Universität. Auch bietet sie die Möglichkeit, nach dem
ersten Staatsexamen einen Abschluss in internationalem Wirtschaftsrecht zu machen.“
3 Wirtschaftswoche, 13.02.03
REFORM-REKTOR HUBER ERFÜLLT DIE ERWARTUNGEN
„Welche Worte erwartet man von Deutschlands jüngstem Hochschulrektor bei seiner Amtsantrittsrede? Reformen, Reformen, Reformen.
Und der 42-jährige Wirtschaftswissenschaftler Bernd Huber, seit
Oktober dieses Jahres Chef der Ludwig-Maximilians-Universität
(LMU), hat diese Erwartungen zu 100 Prozent erfüllt. Er will, so hat
er noch hinzugefügt, die LMU zu einer der zehn besten Universitäten Europas machen. Eine Modernisierung des Hochschulwesens
bei gleichzeitigem Sparzwang bedeute für ihn dabei nicht die Quadratur des Kreises. Die 200 angebotenen Fächer, für viele willkommener Ansatz zum Sparen, betrachtet er als Pfund, mit dem sich
kräftig wuchern lässt. Auch im internationalen Wettbewerb.“
3 Financial Times Deutschland, 20.12.02
DIE METHODEN VON SCIENTOLOGY UND CO.
„Scientology setzt in der Lebensberatung eine Vielzahl von psychologischen Beeinflussungstechniken ein. Dies ist das Ergebnis einer
wissenschaftlichen Studie im Auftrag des Freistaats Bayern. Die
Wissenschaftler der Münchner Ludwig-Maximilians-Universität
und des Instituts für Therapieforschung untersuchten verschiedene Anbieterorganisationen, darunter auch den Dienstleister
Landmark und Scientology. Anhand von Expertenbefragungen
wurde bei Scientology die höchste Anzahl manipulativer Techniken festgestellt.“
3 Bayerischer Rundfunk, 5.12.02
WIE WERBUNG WIRKT
„Kultursponsoring ist beim Publikum verpönt. Aber es wirkt. Nur 45
Prozent der Zuschauer prägen sich einen TV-Werbespot ein,
ergab eine Studie des Instituts für Unternehmensentwicklung an
der Uni München. Wer dagegen sein Logo in Operninszenierungen oder Ausstellungen platziert, kann mit einer Aufmerksamkeit
von 80 Prozent rechnen. Nachteil: Sponsoring erreicht nur eine
kleine, wenn auch betuchte Klientel.“
3 Focus, 10.02.03
IDEEN-EXPORT VON MÜNCHEN NACH SHANGHAI
„Die Universität Shanghai hat nach Münchner Vorbild ein ,Institute
Student and Labour Market’ gegründet, das Studenten auf das
Berufsleben vorbereitet. Dabei werden die chinesischen Partner
durch Fachleute des Instituts „Student und Arbeitsmarkt“ an der
Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) beraten. (...) Das Münchner Modell dient als Vorbild: Universität, Vertreter der Wirtschaft
und des Arbeitsamtes kooperieren paritätisch bei der Berufsvorbereitung.“
3 Süddeutsche Zeitung, 15.1.03.
LMU-FORSCHER: BSE AUCH AUF FISCHE ÜBERTRAGBAR
„Der Rinderwahnsinn BSE steht in Verdacht, auch auf den Menschen
übergegangen zu sein und eine neue Form der CreutzfeldtJakob-Krankheit auszulösen. Jetzt konnten Wissenschaftler der
Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) in Zusammenarbeit mit
Forschern des Berliner Robert-Koch-Instituts zeigen, dass auch
Fische wie der Lachs über ein Gen für ein Prion-Protein verfügen,
das für den Ausbruch der Krankheit notwendig ist. (...) „Unsere
bisherigen Analysen zeigen eine überraschend hohe Übereinstimmung der Sequenz des Fisch-Prion-Proteins und dessen im
Menschen“, berichtet Professor Rudolf Hoffmann, Projektleiter
des Instituts für Zoologie der LMU.“
3 Frankfurter Rundschau,19.3.03
Fotos: BASF / BMBF
4
MUM 01/2003
■ NEWS
2 LMU IN DEN MEDIEN
■ TITEL
4 BEIM KÜSSEN STIMMT DIE CHEMIE
Das Wissenschaftsjahr 2003 an der LMU
8 OHNE CHEMIE GEHT NICHTS MEHR
Ein Gespräch mit Professor Wilhelm Simson
■ ESSAY
10 WIE WERDEN PROFESSOREN BESSERE PRÜFER?
Von Wolff-Dietrich Webler, Universität Bielefeld
BEIM KÜSSEN
STIMMT DIE CHEMIE
DAS WISSENSCHAFTSJAHR
2003 AN DER LMU
12 MOVIE-STAR IM HINTERGRUND
Als Kulisse ist die LMU immer wieder filmreif
14 WIDERSTAND VOR 60 JAHREN
Gedenken an die Ermordung von Hans und Sophie Scholl
16 EIN DANK DEM DOKTORVATER
INHALT
■ PROFILE
3
18 DIE ERDE IM VISIER
LMU und TUM gründen neues GeoZentrum
20 WO FRANKENSTEIN STUDIERTE
Ingolstädter Medizin-Museum feiert Jubiläum
22 KUNSTHISTORIKER IM PRAXISTEST
Großer Auftritt für Piloty in der Neuen Pinakothek
Foto: Witkop
24 MEILENSTEIN MECUM
16
Der Münchner Weg zum Arztberuf
PROFILE
EIN DANK DEM
DOKTORVATER
26 TRAININGSLAGER FÜR FÜHRUNGSKRÄFTE
Elitestudenten kooperieren mit der Industrie
26 100 JAHRE FRAUENSTUDIUM IN BAYERN
Ringvorlesung zum Jubiläum an der LMU
27 LEGO SPIELEN MIT ATOMEN
Internationales „Forum on Nanoscience“ an der LMU
■ KUNSTSCHÄTZE
PROFILE
MEILENSTEIN MECUM
24
Foto: LMU
28 POETISCHE KUNST
■ FORUM
30 PRO & CONTRA:
HOCHSCHULEN ALS STIFTUNGEN?
■ KÖPFE
32 NEUBERUFEN
Foto: Maria Dorner
34 PREISE & EHRUNGEN
■ SERVICE
36 TIPPS & TERMINE
28
KUNSTSCHÄTZE
POETISCHE KUNST
■ IMPRESSUM (UMSCHLAG)
MUM 01/2003
Prof. em. Bernhard Witkop übergibt LMU wertvolles Stammbuch
TITEL
MUM 01/2003
4
BEIM KÜSSEN
STIMMT DIE CHEMIE
Foto: BASF / BMBF
DAS WISSENSCHAFTSJAHR 2003
AN DER LMU
Zum vierten Mal hat das Bundesforschungsministerium (BMBF) gemeinsam mit der Initiative „Wissenschaft im Dialog“ deutschlandweit ein Wissenschaftsjahr ausgerufen. Diesmal stehen Formeln und
Elemente im Mittelpunkt der zahlreichen Veranstaltungen, Ausstellungen und Vorträge zum „Jahr der
Chemie 2003“. Ein Schwerpunkt der Ereignisse liegt in München, und auch die LMU ist mit zahlreichen Aktionen dabei: Auf dem HighTechCampusLMU stimmt die Chemie.
SCHUB FÜR DIE WISSENSCHAFT
Auch die Mitarbeiter des Departments für Chemie und Pharmazie
der Ludwig-Maximilians-Universität erhoffen sich vom Jahr der
Chemie mehr Verständnis für ihr
1 Bakterien-Sammlungen beherbergen eine Vielzahl von Enzymen.
Als Biokatalysatoren können sie fast
jede chemische Reaktion ausführen.
TITEL
5
MUM 01/2003
DIE BUNTE WELT DER CHEMIE
Kann man Eisen essen? Wer reagiert
mit wem, und vor allem – wie? Fragen, die die Fachdidaktiker der LMU
bereits Kindern ab fünf Jahren,
Jugendlichen und auch Familien in
diesem Sommer persönlich beantworten können. Zusammen mit dem
Kinder- und Jugendmuseum München haben Lehramtsstudenten
unter Leitung von Professor Michael Anton eine Ausstellung konzipiert, die das durchaus auch unbeliebte Schulfach Chemie als eine
faszinierende Materie präsentiert.
Unter dem Titel „HaZweiOh!“ setzt
sich diese „Mitmachausstellung“
vom 4. Juli 2003 an bewusst mit
Vorurteilen gegenüber der Chemie
auseinander. „Wir gehen von dem
Alltagsgeschehen an einem Früh- 3
Foto: BASF
Los ging alles mit einem Kuss.
Bei der großen Silvesterparty
2002/2003 am Brandenburger
Tor in Berlin startete das „Jahr der
Chemie“ mit dem Austausch von
Zärtlichkeiten. Der vom BMBF veranstaltete Kusswettbewerb bei eisiger Kälte machte den rund eine Million Zuschauern deutlich: Jede
menschliche Gefühlsregung wird
von einer komplexen Hormonfabrik
in unserem Körper bestimmt. 15
Sekunden, so lange sollte ein idealer Kuss dauern, zumindest im Kusswettbewerb. Das aus Australien
stammende Gewinnerpaar kam am
nächsten an diese Zeit heran und
nahm für sein preiswürdiges Siegesbussi 1000 Euro in Empfang. Die
richtige Chemie machte es möglich.
Nach dem Jahr der Physik 2000,
dem Jahr der Lebenswissenschaften
2001 und dem Jahr der Geowissenschaften 2002, geht es nun um die
Chemie als faszinierendes Forschungsgebiet. Um eine Branche,
die mit Produkten wie Kunststoffen,
Lacken und Medikamenten das tägliche Leben stark beeinflusst und zu
den bedeutendsten Industriezweigen hierzulande zählt.
Insgesamt acht deutsche Chemieorganisationen beteiligen sich
am Wissenschaftsjahr 2003. Sie
wollen das Interesse der breiten
Öffentlichkeit an der Chemie
wecken und auch die wissenschaftliche Seite des Fachs für jeden erlebbar machen. „Das Wichtigste, was
die teilnehmenden Chemieorganisationen erreichen wollen, ist zu zeigen, welche Bedeutung die Chemie
für unsere Gesellschaft hat. Damit
sollen vor allem die jungen Menschen erreicht werden, die vor der
Berufswahl stehen“, erklärt der Präsident des Verbandes der Chemischen Industrie (VCI), Prof. Wilhelm
Simson (Interview, S. 8).
Fach in der Öffentlichkeit und einen
PR-Schub in eigener Sache: Immer
noch entscheiden sich zuwenige
Abiturientinnen und Abiturienten
für ein Chemiestudium. Derzeit studieren rund 1600 angehende oder
promovierende Chemiker und Pharmazeuten auf dem HighTechCampusLMU in Martinsried-Großhadern.
Damit sie kontinuierlich Zuwachs
erhalten, veranstaltet das Department auch im Jahr der Chemie wieder ein Schnupperstudium. Vom 1.
bis 5. September 2003 können sich
Schüler der Kollegstufe in der LMU
in speziellen Vorlesungen, Praktika
und Informationsveranstaltungen
ein Bild vom Studienalltag in der
Chemie und den attraktiven Lernund Forschungsbedingungen der
LMU-Fakultät machen.
Foto: BASF
TITEL
7 Ein chemisches Phänomen
der Natur: Nicht ein Farbstoff,
sondern die besonders strukturierte Oberfläche färbt die
Flügel des Schmetterlings blau.
Foto: BASF
MUM 01/2003
6
3 stückstisch aus und erklären
anhand von gewöhnlichen Gegenständen wie der Porzellantasse, der
Zeitung oder dem Eiweiß im Frühstücksei chemische Prozesse“, erläutert Didaktiker Michael Anton, der
seit Februar 2003 eine Honorarprofessur an der Universität Wien hält.
An zahlreichen interaktiven
Objekten und Versuchsstationen
können Kinder und Jugendliche
erfahren, wie, wo und warum uns
Chemie tagtäglich umgibt, wie sie
wirkt und wozu sie gut ist. Finanziert wird die Schau von Sponsoren,
darunter die Wacker AG und BMW.
Außerdem kommt noch das Preisgeld von 25.000 Euro hinzu, mit
dem „HaZweiOh!“ beim Wettbewerb
„Push – Dialog Wissenschaft und
Gesellschaft 2002“ des Stifterverbandes für die Deutsche Wissenschaft ausgezeichnet wurde. „Das
ist das höchstmögliche Preisgeld,
das im Rahmen dieses Wettbewerbs
überhaupt vergeben wird“, ergänzt
Professor Anton nicht ohne Stolz.
In Verbindung mit dem preisgekrönten Konzept entstehen derzeit
an der LMU eine ganze Reihe von
Zulassungsarbeiten angehender
Chemielehrer. Zudem wird die
gesamte Schau in einer ausführlichen Evaluation von den Studierenden bewertet. Vorträge, Workshops
für Lehrer am LMU-Department für
Chemie und Showexperimente
begleiten die „HaZweiOh!“-Präsentation, die bis zum 1. Februar 2004 in Münchner Kinderund Jugendmuseum am
Hauptbahnhof zu sehen sein
wird.
CHEMISCHES TANZTHEATER
Einer der wissenschaftlichen Höhepunkte im „Jahr der Chemie“ ist die
Jahrestagung der „Gesellschaft
deutscher Chemiker“ (GDCh), die
vom 6. bis 11. Oktober 2003 in der
bayerischen
Landeshauptstadt
stattfindet. Gastgeber des Forschertreffens sind die Fakultät für Chemie und Pharmazie der LudwigMaximilians-Universität (LMU) und
die Fakultät für Chemie der Technischen Universität (TUM).
Wer noch keine rechte Vorstellung von der Branche hat, bekommt
sie hier: Die zahlreichen GDChFachgruppen gestalten die Tagung
mit mehreren hundert wissenschaftlichen Symposien, Vorträgen
und Poster-Sessions. Auch ein
gemeinsames Halbtagessymposium
von LMU und TUM mit vier Fachvorträgen der Professoren Christoph Bräuchle (LMU), Herbert Mayr
1 Der Natur abgeschaut: Wie
blaue Perlen liegen die Wassertropfen auf einer mit Lotusspray
imprägnierten Holzoberfläche.
FACETTEN DER CHEMIE
Über Kindern und Jugendlichen hat die LMU im „Jahr der
Chemie“ die Erwachsenen nicht
vergessen. In einer eigens
zusammengestellten Vortragsreihe
zum Wissenschaftsjahr berichten
Nanowissenschaftler, Genetiker und
andere Forscher der LMU unter dem
Motto „Facetten der Chemie“ allgemeinverständlich aus ihrer Arbeit.
Von „Farben und Farbstoffen“ über
Foto: BASF
Foto: BASF
1 Im Jahr der Chemie kann auch
der Nachwuchs experimentieren:
Diese Schülerinnen stellen im
Labor ihr eigenes Duschgel her.
die „Biochemischen Mechanismen
beim Klonen“ und die „Restaurierung der Tonkriegerarmee der
ersten chinesischen Kaiser“ bis zu
„Historischen Sternstunden der
Chemie in München“ reicht das Themenspektrum der Vorlesungen
während des Sommersemesters
2003. Darüber hinaus ist die LMU
auch beim bundesweiten „Tag der
offenen Tür“ am 20. September mit
einem bunten und informativen
Programm dabei. Zu diesem Datum
öffnen mehr als 200 Chemie-Unternehmen und 50 Forschungseinrichtungen ihre Pforten.
1 Auf chemischen Grundstoffen
basierende Kunststoffe schützen
Stromkabel und Wasserrohre.
GLÜCKWÜNSCHE FÜR LIEBIG
2003 verbinden Chemiker nicht nur
mit „ihrem“ Wissenschaftsjahr, sondern auch mit dem 200. Geburtstag
des berühmten Chemikers und
langjährigen Präsidenten der
Bayerischen Akademie der Wissenschaften Justus von Liebig (18031873). München gedenkt seines
Ehrenbürgers Liebig im Jubiläums-
■ I N ZT UE RMN „E JT A- HK OR MDPEARS SC H E M I E “
jahr gleich dreimal: Mit einer Kranzniederlegung an dessen Grab im
Alten Münchner Südfriedhof (12.
Mai), mit einer Festveranstaltung
der Bayerischen Akademie der Wissenschaften in der Residenz (7.
Oktober) sowie mit der Ausstellung
„Liebig – der streitbare Gelehrte“
vom 9. Oktober 2003 bis 31. Januar
2004 im Deutschen Museum.
Der in Darmstadt geborene Wissenschaftler war einer der herausragenden Forscher seiner Zeit. Er
erfand unter anderem den Mineraldünger und das Fleischextrakt,
dem Julius Maggi mit seiner Suppenwürze erfolgreich nacheiferte.
Noch heute verfeinert Liebigs
Fleischkonzentrat als erstes FastFood-Produkt der Geschichte Soßen
und Suppen. Die richtige Chemie
machte es möglich. ■ Ortrun Huber
Eine Übersicht über alle Veranstaltungen zum Jahr der Chemie:
www.jahr-der-chemie.de
Informationen und Anmeldung zum LMU-Schnupperstudium
Chemie am Department für Chemie und Pharmazie der LMU (1.-5.
September 2003) per E-Mail an: wst@cup.uni-muenchen.de
Informationen zu Ausstellung „HaZweiOh!“ im Kinder- und Jugendmuseum München: www.kindermuseum-muenchen.de
Das didaktische Rahmenprogramm zur Ausstellung ist ab Pfingsten
abrufbar: www.cup.uni-muenchen.de/didaktik/index.htm
Die LMU-Vortragsreihe „Facetten der Chemie“ findet im Sommersemester 2003 jeweils dienstags, 18.30 Uhr im Butenandt-Hörsaal
der Fakultät für Chemie und Pharmazie, Butenandtstr. 5-13, Haus
F in München-Großhadern statt. Themen und Referenten unter:
www.cup.uni-muenchen.de/aktuell/JdCh/
Informationen zur Jahrestagung der „Gesellschaft deutscher Chemiker“ 2003 in München und zum Rahmenprogramm „Woche der
Chemie“ im Internet: www.gdch.de
Informationen zum Liebig-Jahr unter: www.liebig2003.de/
Link zur Liebig-Ausstellung im Deutschen Museum in München:
www.deutsches-museum.de/ausstell/sonder/liebig.htm
Foto: BAsF
Links zu Berufsaussichten, Studium und Firmenkontakten
im Bereich Chemie :
www.chemie-im-fokus.de
www.vaa.de
www.vci.de
www.chemkompass.de
1 Spezielle Polymere beeinflussen gezielt die Struktur von Kristallen wie
Calciumcarbonat. Sie verhindern Beläge bei der Meerwasserentsalzung.
Chemie-Wissensportale für Schüler und (Lehramts-)Studenten
www.chemie-zum-anfassen.de
http://chemie.zum.de/
7
MUM 01/2003
1 Bestimmte Kunststoffe der chemischen Industrie machen die Sohlen von Lauf- und Turnschuhen besonders
elastisch.
TITEL
Foto: BASF
(LMU), Horst Kessler (TUM) und
Wolfgang A. Herrmann (TUM) ist für
den 7. Oktober geplant. Ein JobCenter bietet zudem die Möglichkeit
für Unternehmer und Absolventen
chemischer und verwandter Berufe,
sich zu präsentieren, Kontakte zu
knüpfen und berufliche Perspektiven auszuloten.
Parallel zur Jahrestagung organisiert die GDCh in München unter
dem Titel „Woche der Chemie“ ein
buntes Rahmenprogramm mit zahlreichen Publikumsveranstaltungen,
zum Beispiel Experimentalvorlesungen, Diskussionsrunden und einem
„Puppen-Chemie-Theater“. Auch der
Chemie-Truck des Bundesforschungsministeriums macht dann
mit einem kompletten Labor an
Bord in München Station.
Einen besonderen Augenschmaus verspricht das Gastspiel
des Tanztheaterstücks „Kekulés
Traum“, das atomare und molekulare Bewegungen und Reaktionen in
eine Choreographie versinnbildlicht.
Das getanzte „molekulare Drehbuch“ stammt von dem Darmstädter Chemieprofessor Jürgen Brickmann, der sich mit seinem Stück auf
naturwissenschaftliche Fakten und
Zusammenhänge stützt.
OHNE CHEMIE GEHT NICHTS MEHR
EIN GESPRÄCH MIT
PROFESSOR WILHELM SIMSON
TITEL
Kaum eine Branche ist so sehr auf
die Spitzenforschung angewiesen
wie die chemische Industrie. Dass
die Kooperation mit den Universitäten enorm wichtig ist, weiß
Prof. Wilhelm Simson aus eigener
Erfahrung: Der Vorstandsvorsitzenden der E.ON AG und Präsident des Verbandes der Chemischen Industrie (VCI) studierte
einst an der LMU. Heute engagiert sich der promovierte Chemiker hier als Honorarprofessor und
Mitglied des Hochschulrats.
MUM 01/2003
8
Foto: Huppertz
MUM: Das Bundesforschungsministerium hat das Jahr 2003 gemeinsam mit der Initiative „Wissenschaft
im Dialog“ und den deutschen Chemieorganisationen zum „Jahr der
Chemie“ erklärt. Was erwarten Sie
von dieser Aktion?
Simson: Das Wichtigste, was die
teilnehmenden Chemieorganisationen erreichen wollen, ist zu zeigen,
welche Bedeutung die Chemie für
unsere Gesellschaft hat. Damit sollen vor allem die jungen Menschen
erreicht werden, die vor der Berufswahl stehen. Denn: Ohne Chemie
geht nichts mehr. Chemie ist eine
große Querschnittswissenschaft
und – industrie geworden.
MUM: Wie beurteilen Sie die
Zusammenarbeit zwischen der Universität als „Ausbilder“ künftiger
Chemiker und der chemischen
Industrie als potenzieller Arbeitgeber?
Simson: Die Zusammenarbeit zwischen der chemischen Industrie und
den Universitäten ist sehr gut. Das
hat eine lange Tradition: Schließlich
ist die Chemie die einzige Naturwissenschaft, die eine Industrie hervorgebracht hat. Große Chemiefirmen stehen meist in direktem Kontakt zu Universitäten, als Institution
pflegt der Verband der Chemischen
Industrie (VCI) die Kontakte. Im so
genannten Fonds der Chemischen
Industrie, dem Förderwerk der Branche, begegnen sich Praktiker, Forschungsleiter der Industrie und
Hochschullehrer. Dabei geht es auch
um die Weiterentwicklung der Chemikerausbildung. Das Thema ist
deshalb so wichtig, weil die Unternehmen bestens ausgebildete
Nachwuchschemiker brauchen, um
ihre internationale Spitzenposition
zu behaupten. Wir benötigen aber
auch Chemiker, die Managementaufgaben übernehmen.
MUM: Wo sehen Sie Defizite in der
Kooperation?
1 Als „Apotheke der Welt“ wurde Deutschland einst bezeichnet. Heute
liegt die Stärke deutscher Chemiker in der Entwicklung neuer Werkstoffe.
Simson: Ein großes Defizit von Seiten des Staates ist, dass es den
Hochschulen heute finanziell immer
schlechter geht und es entsprechend schwer fällt, die besten Köpfe zu halten. Deutsche Hochschulen
müssen an der Spitze bleiben, und
dafür braucht man heutzutage
schlicht Geld für Ausrüstungen und
Geräte. Die Gefahr ist groß, dass
Nachwuchswissenschaftler abwandern.
MUM: Die chemische Industrie ist
eine der forschungsintensivsten
Branchen, vor allem in der Biotechnologie. Sie haben wiederholt die
Behinderungen durch die nicht aufeinander abgestimmten gesetzlichen Regelungen in diesem Bereich
beklagt. Welche Maßnahmen
erwarten Sie hier von der Bundesregierung?
Simson: Neben innovationsfreundlichen Rahmenbedingungen sind
heute die Umweltgesetzgebung
sowie die Wirtschafts- und Steuerpolitik sehr wichtig. Die vielen
gesetzlichen
Regelungen
in
Deutschland sind ein Standortnachteil. Ein Beispiel ist die grüne
Gentechnik. Ihre Erforschung wird
vom Bundesforschungsministerium
gefördert, von anderer Stelle aber
wird die kommerzielle Nutzung der
genetisch veränderten Pflanzen
unterbunden. Ein anderes Problem
sind die geplanten europäischen
Regelungen zur Chemikalienpolitik
– ein Arbeitsgebiet, auf dem die
Bundesregierung, die IG Bergbau,
Chemie, Energie und der VCI eine
gemeinsame Position vertreten. Viele Chemikalien für innovative Spezialanwendungen, die nur in kleineren Mengen produziert werden,
dürften durch die aufwändigen Prüfungs- und Zulassungsverfahren
vom Markt verschwinden. Wir werden in Deutschland nur dann weiterhin eine starke öffentlich und privat finanzierte Forschung aufrecht
men. Wir brauchen Zuwanderungsregelungen, damit mehr hoch qualifizierte Chemiker aus dem NichtEU-Ausland den Weg zu uns finden.
Für Wissenschaftler aus Osteuropa
ist es nach wie vor nicht einfach,
nach Deutschland zu kommen.
MUM: Warum ist trotz dieser Nach-
„DEUTSCHE
HOCHSCHULEN
MÜSSEN AN
DER SPITZE
BLEIBEN.”
wuchssorgen der Doktortitel für
eine Einstellung bei großen ChemieUnternehmen immer noch Pflicht?
Simson: Eine Frage, die viele
beschäftigt. Zum einen: Für die Chemiker, die in die Forschung wollen,
wird der Doktortitel immer eine Rolle spielen. Mit der Doktorarbeit
beweisen Sie, dass Sie selbstständig
ein wissenschaftliches Problem
lösen können. Wir brauchen aber
TITEL
9
■ ZUR
PERSON
Prof. Wilhelm Simson, Jahrgang 1938, schloss 1968 sein
Chemiestudium an der LMU mit
der Promotion ab. Viele Jahre
war er in der Lackindustrie tätig.
1989 wechselte er als Vorstandsmitglied zur SKW Trostberg AG. Seit 1998 Vorstandsvorsitzender der VIAG AG München, wurde Simson nach der
Fusion von VIAG und VEBA im
Jahr 2000 Konzernchef der neu
entstandenen E.ON AG. Am 1.
Mai 2003 scheidet er in dieser
Funktion aus. Seit 2001 ist Simson Präsident des Verbandes der
deutschen chemischen Industrie
(VCI). Der gebürtige Kölner lehrt
seit 1998 als Honorarprofessor
an der LMU und ist seit 1999
Mitglied des Hochschulrats.
MUM 01/2003
erhalten können, wenn es für die
Chemieunternehmen auch attraktiv
ist, hier zu produzieren und zu verkaufen.
MUM: Als Präsident des VCI betonen Sie immer wieder das Innovationspotenzial der deutschen chemischen Industrie. Inwieweit wird
diese Innovationskraft durch die
Abwanderung deutscher Forscher
ins Ausland gehemmt?
Simson: Rund 16 Prozent der globalen Forschung und Entwicklung
in der Chemie finden in Deutschland
statt. Damit sind wir im internationalen Bereich ein wichtiger Standort für die Chemie. Doch in der
Pharmaindustrie haben uns die USA
den Rang abgelaufen. Früher war
Deutschland die „Apotheke der
Welt“. Eine unserer Stärken liegt
dagegen derzeit in der Entwicklung
neuer Werkstoffe für Hochleistungsanforderungen, zum Beispiel
im Automobilbau. Die Nähe der
Unternehmen zu den Kunden ist da
ein erheblicher Standortvorteil.
Auch deshalb ist es so wichtig,
Spitzenwissenschaftler an uns zu
binden. Es könnte in den nächsten
Jahren durchaus zu einem Nachwuchsmangel in der Chemie kom-
Zukunftsaussichten für Chemiker in
den nächsten Jahren?
Simson: Die Zukunftsaussichten
sind sehr günstig. Das liegt auch an
den rückläufigen Absolventenzahlen. Im Moment hält sich die
Industrie konjunkturell bedingt
zurück. Doch wenn die Nachfrage
wieder anzieht, werden die Chemieabsolventen vermutlich unter mehreren Angeboten auswählen
können.
MUM: Welche Qualifikationen
muss der Mitarbeiter einer Hochschule vorweisen, der in die chemische Industrie wechseln will?
Simson: Neben den notwendigen
Fachkenntnissen sollten zukünftige
Führungskräfte schlicht Persönlichkeit mitbringen. Und wer in die
Forschung will, braucht die Promotion. Was sonst noch wichtig ist:
Einsatzbereitschaft, Belastbarkeit,
hohe Motivation sowie Team- und
Kommunikationsfähigkeit. Kurz
gesagt: Die Chemie muss stimmen.
■ Interview: Erhard Lachmann
Foto: LMU
Foto: BASF
1 VCI-Präsident Wilhelm Simson kritisiert den Umgang mit der grünen
Gentechnik in Deutschland. Die Forschung würde gefördert, die kommerzielle Nutzung von gentechnisch veränderten Pflanzen aber unterbunden.
auch Chemiker im Management. Die
chemische Industrie hat sich aus
diesem Grund intensiv an der Studienreformdiskussion beteiligt und
beispielsweise ihre Vorstellungen
zum neuen Studiengang des „Wirtschafts-Chemikers“ eingebracht.
Wir müssen offen für Kombinationen sein: Wir brauchen Leute, die
ihren Bachelor in Chemie machen,
danach ihren Master in Betriebswirtschaft. Auch Fremdsprachen
werden immer wichtiger.
MUM: 22 Prozent der ChemieAbsolventen mit Promotion sind
Frauen, davon findet etwa die Hälfte einen Arbeitsplatz in der Industrie. Welche Maßnahmen müssen
sowohl Hochschulen als auch die
Industrie ergreifen, um die Chancen
von Chemikerinnen zu verbessern?
Simson: In vielen Unternehmen
gewinnt das Thema Frauenförderung immer größere Bedeutung –
auch im Hinblick auf den Mangel an
Nachwuchskräften. Größere Unternehmen haben mehr Möglichkeiten,
Angebote zu machen, wie Beruf und
Familie vereinbart werden können.
Kleinere Unternehmen haben da
Probleme.
Zur Förderung von Frauen in der
Wissenschaft gibt es auf EU-Ebene
Angebote, zum Beispiel Stipendien.
Und im öffentlichen Dienst existieren klare Regeln, um verstärkt
Bewerbungen von Frauen zu erhalten.
MUM: Die chemische Industrie
investiert Milliardenbeträge im Ausland. Welche Rolle spielen dabei die
potenziell besseren Forschungsbedingungen?
Simson: Es ist grundsätzlich eine
falsche Annahme, dass die chemische Industrie Deutschland aufgibt,
wenn sie im Ausland investiert. Die
Investitionen haben das Ziel, auf
den großen Weltmärkten präsent zu
sein. Die Produkte sollen dort hergestellt werden, wo auch die Käufer
sind. Nehmen wir die USA, den weltgrößten Pharmamarkt. Es ist doch
einleuchtend, dass sich dort globale Pharmaunternehmen auch in
Forschung und Entwicklung engagieren. Ich bin ein großer Befürworter der Verlagerung bestimmter Produktionen der Chemie ins Ausland.
Wir sollten nicht nur verkaufen,
sondern den Ländern eine Möglichkeit geben, selbst zu produzieren.
MUM: Wie beurteilen Sie die
ESSAY
WIE WERDEN PROFESSOREN
BESSERE PRÜFER?
MUM 01/2003
10
Interdisziplinäres
Zentrum für Hochschuldidaktik (IZHD),
Universität Bielefeld
Foto: IZHD
ESSAY
Dr. WolffDietrich Webler
OBWOHL VIELE MÜNDLICHE
UND SCHRIFTLICHE PRÜFUNGEN „GUT LAUFEN“, WERDEN
ZU VIELE VON IHNEN AN
DEUTSCHEN HOCHSCHULEN
NICHT PROFESSIONELL
GESTALTET. EIN PROBLEMBEWUSSTSEIN IST ALLERDINGS KAUM VORHANDEN.
DABEI IST DER ERWERB VON
PRÜFUNGSKOMPETENZ
DRINGEND NOTWENDIG, UM
ZU VERHINDERN, DASS WILLKÜR UND ZUFÄLLE DIE
ERGEBNISSE ZUM GLÜCKSSPIEL WERDEN LASSEN.
GLEICHZEITIG APPELLIERT DER
AUTOR AN DIE LEHRENDEN,
DEN ERWERB VON PRÜFUNGSKOMPETENZ AUCH
AUS VERANTWORTUNG
GEGENÜBER DEN PRÜFLINGEN
ERNST ZU NEHMEN.
Viele Prüfungen „laufen gut“.
Vernünftige Vorbereitung und ein
Prüfungsablauf, in dem die Kandidatinnen und Kandidaten ihre
Fähigkeiten zeigen konnten,
gehen Hand in Hand. Es gibt auch
durchaus Prüfer mit Naturtalent.
Aber viel zu viele Prüfungen laufen nur mit Glück gut, sind also
nicht professionell gestaltet worden oder „gehen schief“ – alles
Formulierungen, die auf einen zu
hohen Zufallsanteil verweisen.
Ein Problembewusstsein ist
jedoch kaum vorhanden, kaum
jemand verspürt Handlungsdruck.
Der Alltag verläuft – mangels
besserer Kriterien, mit denen Prüfungsverläufe analysiert und
Fehler sichtbar gemacht werden
könnten - großenteils unspektakulär. Prüfungen sind ihrer Art
nach systematisch so angelegt,
dass immer nur Einzelkandidaten
versagen können, aber das Studiensystem oder einzelne Lehrveranstaltungen als möglich Mitursachen nicht in den Blick kommen. Mit dem Prüfungsablauf,
der einen mehr oder minder
großen individuellen Erfolg der
Kandidaten feststellt, ist das Verfahren abgeschlossen.
Dabei kommen aber gravierende Fehler vor. Prüfungsergebnisse entstehen
z.B. dann auf der Basis von Zufall,
wenn Studierende nicht repräsentativ über das (von ihnen intensiv
gelernte) Prüfungsgebiet befragt
werden, sondern nur über ein Randgebiet, da dieses zufällig das Spezialgebiet des Prüfers ist. Beispiele aus
der Praxis zeigen, dass Wiederholungsklausuren unter Umständen
willkürlich bewertet werden und dass
der Schwierigkeitsgrad schriftlicher
Prüfungen je nach Prüfungstermin
drastisch variieren kann, so dass das
Erwischen des „richtigen“ Klausurtermins einem Glücksspiel gleicht.
Übergroße Prüfungsangst, die
durch die Irrationalität unberechenbarer Prüfungsprozeduren
geschürt wird, ist ein wesentlicher
Faktor der Studienzeitverlängerung,
wie der Verfasser in zahlreichen
Fachbereichsevaluationen festgestellt hat. Irrationale Prüfungsverläufe zerstören studentisches Vertrauen in die Universität und tragen
zusätzlich dazu bei, Studium zum
Schein(e)studium degenerieren zu
lassen.
AUSBILDUNG FÜR PRÜFER:
FEHLANZEIGE
Man mag es kaum glauben: Zum
Abschluss der teuersten Ausbildung,
die diese Gesellschaft sich leistet –
ein Hochschulstudium –, setzt sie
Prüfer ein, die Prüfen nie gelernt
haben, also krasse Amateure sind.
Das ist kein Pauschalvorwurf, sondern ein Systemfehler. Ein Fachgebiet
zu beherrschen heißt beileibe nicht,
es prüfen zu können. Selbst die „richtigen“ (prüfungsadäquaten) Fragen
zu stellen, ist ohne Ausbildung nicht
gewährleistet. Aber Expertise in
einem Fachgebiet deckt auch die
Befähigung zur angemessenen
Bewertung von Leistungen nicht ab.
Und: Eine Hochschulprüfung muss
viel mehr abdecken, als lediglich Wissen festzustellen. Im Vergleich dazu
verlangt das Berufsbildungsgesetz
eine mindestens 20-stündige Ausbildung zum Prüfer, bevor Prüfer-Aufgaben in der beruflichen Bildung
übernommen werden dürfen.
Solange Prüfungen im Hochschulbereich bis weit ins 19. Jahrhundert
hinein im Wesentlichen darin bestehen konnten, Personen neben einer
für angemessen erachteten schriftlichen Leistung durch ein mehr oder
minder lockeres Fachgespräch in die
Fachgemeinschaft aufzunehmen
und seine Fähigkeiten zu bestätigen,
solange mochte als Prüferqualifikation ausreichen, ein solches Fachge-
spräch zu führen. Aber seit Dezimalstellen hinter dem Komma über die
Aufnahme in den Schuldienst, seit
Teilnoten schon über Berufschancen
entscheiden können, ist dies nicht
mehr akzeptabel, sondern verantwortungslos. Die Präsidenten der
deutschen Prüfungsämter für das
Lehramt an Schulen kamen schon
vor einigen Jahren am Ende eines
eintägigen Prüfungsworkshops des
Verfassers erschrocken zu dem
Ergebnis, dass kein Hochschullehrer
die Prüfungsberechtigung für dieses
Staatsexamen bekommen dürfe, der
nicht wenigstens ein solches Werkstattseminar durchlaufen habe. Ob
dieser Eindruck in den Bundesländern praktische Schritte nach sich
zog, ist nicht bekannt geworden. Die
umfangreichen Probleme (Standardfehler füllen eine Liste mit 24 Fehlerquellen) sollen mit ein paar Beispielen wenigstens angedeutet werden:
1. Kaum ein Prüfer, der nicht
selbst eine Lehrerausbildung durchlaufen hat, kann verschiedene
Schwierigkeitsgrade bzw. Anforderungsniveaus von Fragen klar
unterscheiden, geschweige denn
auch zwischen den Niveaus vergleichend bewerten.
2. Es gibt nur wenige Fachbereiche, in denen Ansprüche an die Art
der Protokollführung für mündliche
Prüfungen klar festgelegt sind.
Kaum erwähnenswert, dass die
Aussagekraft der Unterlagen im Fall
einer Überprüfung in einem Prüfungskonflikt äußerst dürftig ist.
3. Kaum ein Prüfer ist davon frei,
die Einzelleistung mit dem Niveau
der Gruppe oder den vorangegangenen Prüfungsgesprächen zu vergleichen. Folgt eine mittlere Leistung einem hervorragenden
Gespräch, wird diese Leistung
schlechter bewertet als die gleiche
mittlere Leistung nach einem vorangegangenen, schlechten Verlauf.
4. In Gruppenprüfungen wer-
erwerben. Prüfungen waren lange
Zeit ein gemiedenes, unterschätztes oder tabuisiertes Gebiet. Hinzu
kommt die bekannte Statusbarriere: Viele meinen, mit der Teilnahme an einer Fortbildung würden
sie sich etwas vergeben. Da aber
niemand bisher Prüfen lernen
konnte, ist es nur realistisch, Nachholbedürftigkeit anzunehmen. Die
Teilnahme an solchen Angeboten
beweist im Gegenteil Verantwortungsbewusstsein den Prüflingen
gegenüber.
Ob eine solche Ausbildung insbesondere beim wissenschaftlichen
Nachwuchs durch Freistellung und
Kostenübernahme gefördert wird,
ist durchaus ein Test darüber, wie
weit die Bundesländer und die ausbildende Universität ihre Verantwortung für die Zukunft von Studium und die im Namen der Universität attestierten Prüfungsleistungen ernst nehmen. Das Gleiche –
diese Aufgabe ernst nehmen – gilt
aber auch für die einzelnen Lehrenden selbst.
■
Neben einigen Veranstaltungen
des Verfassers (im Internet unter
www.uni-bielefeld.de/IZHD) sind
weitere Anbieter hochschuldidaktischer Werkstattseminare, die sich
mit der Vermittlung von Prüfungskompetenz befassen, im Internet
auf der Homepage der (Bundes-)
Arbeitsgemeinschaft für Hochschuldidaktik (AHD) (www.hdz.unidortmund.de/ahd/index.php) zu
finden.
ESSAY
PRÜFEN IST ERLERNBAR
Eine einwandfreie Prüfung organisieren und durchführen zu können
– das ist als Prüfungs-Kompetenz
zu fordern. Dazu zählen unter
anderem testtheoretische Grundkenntnisse; die Fähigkeit, komplexe
Prüfungsanforderungen zu formulieren, berufliche Kompetenzen zu
lehren und zu prüfen, alternative
Prüfungsmethoden zu beherrschen,
Prüfungen korrekt und umsichtig
zu gestalten, Prüfungsfragen einwandfrei und auf verschiedenen
kognitiven Niveaus zu formulieren
und auch ein Feedback nach Prüfungen geben zu können. Da es sich
ausnahmslos um erlernbare Fähigkeiten handelt, sind für angehende
Prüfer Lernumgebungen zu entwickeln, die den Erwerb dieser Kompetenzen erlauben. Zudem sollten
auch bereits „praktizierende“ Prüfer
eine spezielle Ausbildung durchlaufen. Das gilt ausdrücklich ohne
Rücksicht auf Status und Prüfungserfahrung, weil vieles durch
„learning-by-doing“ und durch
Modell-Lernen als Beisitzer nicht
gelernt werden kann.
Alle Lehrenden müssen sich dringend über einige testtheoretische
Grundlagen des Prüfens und über
typische Fallstricke im Prüfungsalltag informieren. Zudem wäre es sehr
günstig, wenn sie sich die Prüfungswirklichkeit analysierend anschauen
und vorhandene Klausuren aus Sicht
der Testtheorie und der Praxis einwandfreien Fragens betrachten würden. Nach einem einführenden
hochschuldidaktischen Prüfungsseminar, in dem das Ausmaß der Probleme drastisch sichtbar wird, ist die
Bereitschaft dazu meist schon vorhanden. Bessere Prüfungsergebnisse tragen außerdem zu einer höheren Berufszufriedenheit der Hochschullehrer bei. Sie lassen auch die
Hochschule, den Fachbereich und
den einzelnen Prüfer bei den Absolventen in besserer Erinnerung
zurück, was angesichts des Aufbaus
von Alumni-Initiativen und deren
Förderbereitschaft für ihre „alte“
Hochschule von wachsender Bedeutung ist. Eine entscheidende Verbesserung des Prüferverhaltens kann
durch den Entwurf von Klausuren,
deren Durchsicht und Rückmeldung
darüber und die Simulationen
mündlicher Prüfungen im Rahmen
weiterer Fortbildungsschritte dann
sehr schnell erreicht werden.
Zurzeit gibt es nicht viele Möglichkeiten, Prüfungskompetenz zu
11
MUM 01/2003
HOHE FOLGEKOSTEN
Weil diese Art Mängel häufig vorkommt, können Prüfungen ihre
vielfältigen Funktionen (didaktische, Rekrutierungs-, Herrschaftsund Sozialisationsfunktionen) nicht
(mehr) erfüllen. Das bedeutet, dass
Prüfungen all zu oft weder Orientierung über den Ausbildungsstand
geben, noch als Qualifikationsnachweis dienen, der für eine
bestimmte berufliche Position legitimieren könnte. Daraus folgen
neben individuellen auch volkswirtschaftliche Folgen (Mehrkosten der
Ausbildung, im schlimmsten Fall
Ausschluss von der Berufsausübung trotz Qualifikation und langem, teuerem Ausbildungsweg).
Aus der gesellschaftlichen, fachlichen und individuellen Funktion
von Prüfungen ergeben sich Anforderungen an die Prüfer, die
zunächst einmal auf die Einhaltung
von testtheoretischen Basisanforderungen hinauslaufen: Prüfungen
müssen den Forderungen der
Objektivität, Reliabilität (Zuverlässigkeit) und Validität entsprechen.
Das ist in der Alltagspraxis schon
schwer genug einzuhalten. Da es
zahlreiche Umstände der Rahmenbedingungen und der Prüfungsabläufe gibt, die diese drei Grundbe-
dingungen gefährden, müssen Prüfer die zahlreichen Variablen der
Einflüsse auf Prüfungen kennen,
diese Einflüsse in der realen Gestaltung des Prüfungsablaufs berücksichtigen und kontrollieren können.
Die Fülle der Fehlerquellen hier aufzuzählen sprengt den Rahmen. Eine
sei hier stellvertretend aber besonders hervorgehoben: Die Noten fallen umso besser aus, je müder ein
Prüfer ist – also mutmaßlich gegen
Ende einer Prüfungsserie. Das hat
vielfältige Ursachen, die hier nicht
verfolgt werden können.
Foto: Haak & Nakat
den Fragen, die der zuerst gefragte
Kandidat nicht beantwortet hat, oft
durchgereicht. Dabei wird der
beginnende Kandidat nicht ausreichend oft gewechselt, so dass die
hinten Sitzenden tendenziell immer
schwierigere Fragen bekommen als
vorne.
5. Häufig wird wohlwollend eine
bewusst weite Eröffnungsfrage
gestellt, um dem Kandidaten einen
selbst gewählten Einstieg zu
ermöglichen. Statt Absicht und
Chance zur eigenen Gestaltung zu
erkennen, zermartern sich die Kandidaten den Kopf, was der Prüfer
auf dieses Frage wohl hören will.
Längeres Schweigen ist erst mal die
Folge, was als Unsicherheit oder
Nichtwissen missdeutet wird.
6. Welche Leistung ist mit welchen Punktzahlen zu belegen und
wie sind sie untereinander zu
gewichten? Hier zeigen viele vom
Verfasser überprüfte, real gestellte
Klausuren falsche und sogar innerhalb der gleichen Klausur widersprüchliche Gewichtungen.
Fotos: Hans-Georg Liebich (1) / Maria Dorner (5) / Haak & Nakat (1)
MUM 01/2003
PROFILE
MOVIE-STAR IM HINTERGRUND
ALS KULISSE IST DIE LMU
IMMER WIEDER FILMREIF
12
PROFILE
„Seid ihr die Komparsen?“ – Die
Angesprochenen, zwei junge
Männer und eine Frau, drehen die
Köpfe und nicken. Eveline Neumann sucht auf dem Platz vor
dem Hauptgebäude der LMU ihre
Statisten zusammen. Zeit zum
Plaudern hat sie nicht. „Gehört ihr
auch zum Team?“, werden zwei
Studentinnen auf dem Weg in die
Unibibliothek gefragt. „Nö. Aber
was wird denn hier gedreht?“,
kommt prompt die Gegenfrage.
Wer zum Film will, ist an der LMU
gut aufgehoben. Das Hauptgebäude der Universität, 1840
erbaut, ist in der Medienstadt
München eine beliebte Kulisse für
Kino- und Fernsehfilme.
„Gelübde des Herzens“ lautet der
Arbeitstitel des Fernsehfilms, der im
Januar dieses Jahres an der LMU
gedreht wird. Im Spätsommer 2003
soll das Werk mit Sandra Speichert
in der Hauptrolle in der ARD gezeigt
werden, erklärt Carsten Kley. Der
erste Aufnahmeleiter der „Teamworx“-Produktion ist für den reibungslosen Ablauf des Drehs ver-
SENATSSAAL ALS BANKBÜRO
Im Schnitt kommen sechs Filmoder TV-Produktionen pro Semester
in die LMU, um hier zu drehen.
„Letztes Jahr hatten wir sogar einen
großen internationalen Dreh“, sagt
Lars Hempel, „der Film hieß ,Daddy’
mit Klaus-Maria Brandauer.“
Lars Hempel vergibt an der LMU
die Räume an die Filmproduktionen.
Eine so große Produktion wie „Daddy“ hat auch er noch nicht erlebt.
Das Team sei zwar nur einen Tag an
der LMU gewesen, „dafür haben sie
aber sehr viel umgebaut und eine
Menge Kulissen installiert“, erzählt
Hempel. Kein Wunder, denn das
Unigebäude sollte in die Rolle eines
Schweizer Bankhauses schlüpfen.
Aus dem ehrwürdigen Senatssaal der Universität wurde das Büro
des Bankdirektors (gespielt von
Klaus Maria Brandauer), dekoriert
mit einem großen Eichentisch und
KÜSSE IM HAUPTGEBÄUDE
Auch Aufnahmeleiter Carsten Kley
ist vom Hauptgebäude der LMU
begeistert, das im Film „Gelübde des
Herzens“ ein Institut für Restaurierung darstellt: „Die langen Gänge
und das Audimax bieten eine schönen Hintergrund.“ Auch im Sitzungszimmer der Fakultäten wurde
gedreht. Die Kussszene hier geriet
allerdings etwas aufwändiger, denn
die Kamera war vor dem Fenster auf
einem Kran positioniert. Sonderwünsche, die die Universitätsverwaltung ohne Umstände ermöglicht. Entsprechend zufrieden ist
Aufnahmeleiter Kley auch mit den
Partnern in der LMU: „Die Unimitar-
13
MUM 01/2003
antwortlich. Dazu gehört auch, sich
um das Verkehrschaos zu kümmern,
das einige Lkw mit Equipment, der
Catering-Wagen und das Auto von
Regisseurin Karola Hattop auf dem
Geschwister-Scholl-Platz verursachen. Ein ganz normaler Drehbeginn
an einem ganz normalen Drehort.
schweren Stühlen. Selbst der prächtige Gobelin an der Wand musste
einer Kulisse weichen.
Auch die Fassade des Hauptgebäudes wurde als Szenerie genutzt:
„Ich kam abends extra noch einmal
in die Universität und habe mir das
angesehen. Es sah schon toll aus:
alles beleuchtet und überall Schweizer Fahnen“, erzählt Lars Hempel.
Zusätzlich prangte in großen Goldlettern über dem Eingangsportal
„Banque de Genève“. Die ARD will
„Daddy“ dieses Jahr ausstrahlen. „Im
Ausland soll der Film sogar ins Kino
kommen“, fügt Hempel nicht ohne
Stolz hinzu.
beiter sind sehr kooperativ und
haben alle unsere Wünsche ermöglicht.“ Selbst der große Bedarf an
Aufenthaltsräumen für die Schauspieler und das weitere Team sei
kein Problem gewesen. „Diese
unkomplizierte Zusammenarbeit ist
schon eine große Erleichterung für
meine Arbeit“, so Kley.
Zufrieden sind nicht nur die
Filmteams, zufrieden ist auch die
LMU über die Einnahmen durch die
Nutzung der Uni-Flächen. Der Preisrahmen wird vom Wissenschaftsministerium vorgegeben. Einen Teil
der Erlöse muss die Universität an
den bayerischen Finanzminister
weiterleiten, einen Anteil kann sie
jedoch behalten. Filmaufnahmen
für die aktuelle Berichterstattung
sind hingegen kostenlos. Auch
wenn es um wissenschaftliche
Beiträge zu zeitgeschichtlichen
Themen geht, ist das Drehen auf
dem Campus in der Regel frei.
Mittlerweile hat das „Teamworx“-Team die dritte Probe hinter
sich. Die Szene kann gedreht werden: Sandra Speichert soll ihrem
Film-Chef auf dem Gang hinterher
laufen. Das Team ist routiniert, von
Anspannung keine Spur. Nur die
Komparsen stehen nervös herum.
Einer soll mit einem Fresko im Arm
den Gang hinunter- und an Sandra
Speichert vorbeilaufen – und dabei
ganz natürlich wirken. „Achtung!
Ruhe bitte!“ Die Klappe fällt. Aufnahme läuft.
■ kg
Foto: LMU
PROFILE
Foto: LMU
MUM 01/2003
14
WIDERSTAND VOR 60 JAHREN
GEDENKEN AN DIE ERMORDUNG VON
HANS UND SOPHIE SCHOLL
70 Jahre nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten und
60 Jahre nach der Ermordung der
Mitglieder der „Weißen Rose“
wird in diesem Jahr besonders des
Widerstands gegen das NS-Regime gedacht. An der LMU erinnern
eine ganze Reihe von prominent
besetzten Veranstaltungen an das
besondere Engagement und
Schicksal von Hans und Sophie
Scholl und ihrer Mitstreiter Kurt
Huber, Hans Leipelt, Christoph
Probst, Alexander Schmorell und
Willi Graf.
„Ihr sollt nicht umsonst gestorben
sein, sollt nicht vergessen sein“, versicherte Thomas Mann in einer seiner monatlichen Radioreden via
BBC im Mai 1943, wenige Wochen
nach der Ermordung von Hans und
Sophie Scholl. Um den Musikwissenschaftler Professor Kurt Huber
und die Geschwister, beide Studierende der Ludwig-Maximilians-Universität, hatte sich in der Zeit des
Nationalsozialismus die Gruppe
„Weiße Rose“ gebildet: Mit Flugblättern riefen die Scholls am 18.
Februar 1943 im Lichthof der Universität zum Widerstand gegen das
Terrorregime auf. Noch am gleichen
Tag wurden sie denunziert, verhaftet und am 22. Februar 1943 hingerichtet.
GROßER ANDRANG BEI
GEDÄCHTNISVORLESUNG
Als besonderen Beitrag der LMU im
„Weiße-Rose“-Gedenkjahr will die
Universität München zum Ende des
Sommersemesters 2003 eine Sonderausstellung im Lichthof des
Hauptgebäudes am GeschwisterScholl-Platz zeigen. Die Schau, die
in Kooperation mit dem Münchner
Institut für Zeitgeschichte konzipiert wird, soll bislang nicht öffentlich zugängliche Dokumente und
Fotografien aus dem Nachlass Hans
Scholl präsentieren.
Bereits seit 1980 lädt die LMU
jedes Jahr im Gedenken an das Vermächtnis der Geschwister Scholl zur
„Weiße Rose Gedächtnisvorlesung“.
Diesmal war das Interesse besonders groß: Mehr als 1500 Besucher
kamen am 30. Januar in das Hauptgebäude der Universität, um den
Vortrag von Bundespräsident
Johannes Rau zu hören. Im Auditorium Maximum erinnerte das
Staatsoberhaupt daran, dass der
NS-Widerstand lange Zeit diskriminiert wurde: „Es gibt viele Beispiele
dafür, wie Widerstandskämpfer
instrumentalisiert worden sind.
Dazu gehört auch die ,Weiße Rose’.
Wer das verstehen will, der muss
sich vor Augen führen, dass Gedenken nicht nur dazu dienen kann, sich
mit der Vergangenheit auseinander
zu setzen. Gedenken kann auch
dazu missbraucht werden, diese
Auseinandersetzung zu verhindern.
Darum müssen wir auch die Motive, den Inhalt und die Form des
Gedenkens immer wieder kritisch
prüfen.“ Besonders die überlebenden Mitglieder der „Weißen Rose“
hätten immer wieder darauf hingewiesen, dass ihr Widerstand lange
Zeit zugleich idealisiert und romantisiert worden sei, so der Bundespräsident. Vor seiner Rede hatte Rau
gemeinsam mit Rektor Prof. Bernd
Huber im Lichthof der LMU einen
1 „Ihr sollt nicht umsonst gestorben sein“: Vor 60 Jahren wurden Christoph Probst, Sophie Scholl und Hans
Scholl (v.l.n.r.) in München hingerichtet.
Foto: Bundesbildstelle
Foto: Deutscher Bundestag
1 Würdigte die „Weiße Rose“:
Bundespräsident Johannes Rau
Foto: Christel Schura
Schauspieler Simon Verhoeven, aus
den Gestapoverhörprotokollen von
Hans und Sophie Scholl. „Und ihr
Geist lebt trotzdem weiter“ lautete
das Motto eines Gedenkgottesdienstes, den die Evangelische Studentengemeinde an der LMU am
selben Nachmittag in der Markuskirche ausrichtete.
Auf drastische Weise würdigten
die Studierendenvertreter des so
genannten AStA an der LMU die
Widerstandskämpfer: In Form eines
„Ge-Denk-Theaters“ im Lichthof der
Universität stellten Schauspieler die
Hinrichtung von Sophie Scholl und
anderen Widerstandskämpfern
nach. Die Stiftung Weiße Rose hatte sich im Vorfeld von der krassen
Inszenierung mit dem Titel „Letzte
Worte“ distanziert. Wegen seines
provozierenden Charakters war das
Stück auch nicht in das offizielle
Gedenkprogramm aufgenommen
worden.
■ oh
1 Zeitgeschichtliches Zeugnis: Bundespräsident Johannes Rau signierte
nach seiner Rede das Veranstaltungsplakat zur „Weiße Rose Gedächtnisvorlesung 2003“.
1 Sprach in München: Bundestagspräsident Wolfgang Thierse
15
MUM 01/2003
GEGEN DAS WEGGEHEN,
WEGHÖREN, WEGSEHEN
Am 18. Februar lud die Weiße Rose
Stiftung in Zusammenarbeit mit
der Friedrich-Ebert-Stiftung/BayernForum und der Bayerischen Landeszentrale für Politische Bildungsarbeit zu einem Gedenk-Symposium – auf den Tag genau 60 Jahre,
nachdem Hans und Sophie Scholl
im Lichthof der Universität verhaftet worden waren. Unter dem Titel
„60. Jahrestag Weiße Rose“ diskutierten Historiker über neue Aspekte der Forschung.
Den Mittelpunkt der Tagung bildete die Veranstaltung „Erinnern an
den 18. Februar 1943: Verhaftung
von Hans und Sophie Scholl im
Lichthof der Ludwig-MaximiliansUniversität München“, bei der der
Präsident des Deutschen Bundestages, Wolfgang Thierse, in der
Großen Aula der Universität
„Gedanken zur Weißen Rose“ formulierte. Der SPD-Politiker sprach
dabei von der Notwendigkeit, die
Ideale der hingerichteten Mitglieder der „Weißen Rose“ auch in der
Gegenwart mit Leben zu erfüllen:
„Die wichtigste Lehre des Widerstandes ist die, dass ein Unrechtsregime am besten bekämpft werden
kann, indem es gar nicht erst die
Chance erhält, an die Macht zu
kommen. Demokratiefeindlicher
Extremismus kann nur durch Festigkeit, nicht aber durch Weggehen,
Weghören und Wegsehen überwunden werden. Das erste, was Not
tut, ist den Extremismus nicht zu
unterschätzen und ihm keinen Millimeter auszuweichen.“ Im Anschluss lasen die Schauspielerin
Senta Berger und ihr Sohn, der
PROFILE
Foto: George J. Wittenstein
Kranz für die Mitglieder der „Weißen
Rose“ niedergelegt.
Fotos: Witkop / M. Dorner
PROFILE
EIN DANK DEM DOKTORVATER
PROF. EM. BERNHARD WITKOP ÜBERGIBT
LMU WERTVOLLES FAMILIENSTAMMBUCH
1 Bernhard Witkop als junger Mann
MUM 01/2003
16
Es liest sich wie ein „Who’s who“
der deutschen Intellektuellen des
20. Jahrhunderts: Hermann Hesse, Stefan Zweig, Thomas Mann
und viele weitere wichtige deutsche Schriftsteller haben sich in
das Stammbuch der Familie
Witkop eingetragen. Daneben
finden sich auch die Chemiker der
Münchner „Nobel-Schule“, darunter Richard Willstätter, Heinrich Wieland, Arnold Sommerfeld
und Feodor Lynen. Professor emeritus Bernhard Witkop, selbst
Chemiker und Direktor am Natio-
1 1924 schreibt Thomas Mann in das Stammbuch des Literaturwissenschaftlers Philipp Witkop, Vater von Bernhard Witkop: „Und abermals ein
Kommen und Gehen! (...) Dank. Und wieder: Auf Wiedersehen!“
nal Institute of Health in Bethesda/Maryland (USA), hat jetzt der
LMU dieses Stammbuch zusammen mit anderen wertvollen
Schriften übergeben. Die Schenkung ist ein Dank für den Schutz,
den Bernhard Witkop als Student
der LMU während der Zeit des
Nationalsozialismus durch seinen
Professor, den Chemie-Nobelpreisträger Heinrich Wieland,
erfuhr.
Zwar nicht als ein „Nest des Widerstandes“, wohl aber als eine „Oase
1 Hermann Hesse hinterlässt 1925 einen Vers: „Manchmal wenn ein
Vogel ruft / Oder ein Wind geht in den Zweigen / Oder ein Hund bellt im
fernsten Gehöfte, / Dann muß ich lange lauschen und schweigen. (...)“
nicht für Heinrich Wieland. Dessen
ungeachtet und trotz schwerer Sehund Gehbehinderung nimmt der
Professor die beschwerliche Reise
von München nach Donauwörth
auf sich, um seinem Studenten zur
Seite zu stehen. Leipelt wird zum
Tode verurteilt und am 29. Januar
1945 hingerichtet.
genden Jahrzehnten zu führenden
wissenschaftlichen Einrichtungen
der USA entwickeln. Bis heute ist
Witkop seinem Institut treu geblieben. Von 1957 bis 1987 leitet er als
Direktor das „Laboratory of Chemistry“, das heute, nach mehreren
Namensänderungen, als „National
Institute of Diabetes & Digestive &
Kidney Diseases“ firmiert.
Witkop hat in seiner Arbeit
immer den interdisziplinären Ansatz
gesucht. Die Toxikologie zieht sich
dennoch wie ein roter Faden durch
die Liste seiner Veröffentlichungen,
wie einige Stichworte daraus verraten: Curare, Pilzgifte, Gifte der
Amphibien, Mescalin und LSD. Als
sein „star-paper“ bezeichnet er
allerdings einen Artikel über die
chemische Aufspaltung von Proteinen, den Bausteinen organischer
PROFILE
1 In den 30er Jahren gehörte eine BMW bereits zu den begehrten
Maschinen: Bernhard Witkop 1939 als Münchner LMU-Student auf
seinem Motorrad.
Materie. Diese Arbeit leistet einen
wichtigen Beitrag zur später entwickelten künstlichen Synthese von
Hormonen, etwa des Insulins.
Neben sehr vielen wissenschaftlichen Auszeichnungen erhält Witkop
1990 auch das „Goldene Doktordiplom“ der LMU.
Seit vielen Jahren beschäftigt
sich Bernhard Witkop mit der
Geschichte und Philosophie der
Wissenschaften. Er ist Mitglied der
„National Academy of Sciences“ und
der „American Academy of Arts and
Sciences“. Zudem gehört er der
Abteilung Biologie der „American
Philosophical Society“ an, die nur
etwa 50 Mitglieder zählt. Mit über
40 Jahren Japanisch gut genug
gelernt zu haben, um Vorlesungen
halten zu können – das ist sein
besonderer Stolz.
■ suwe
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MUM 01/2003
TOXIKOLOGISCHE FORSCHUNG
Nach Beendigung des Studiums
wird Witkop als einer der wenigen
Doktoranden Wielands akzeptiert.
Er soll die Struktur des Knollenblätterpilz-Toxins untersuchen. Der junge Doktorand verarbeitet eine halbe Tonne teils frischen, teils getrockneten Pilzmaterials – nicht unbedingt den modernen Regeln der
Arbeitsplatz-Sicherheit entsprechend: „Augenentzündungen und
Hautausschläge, die man sich dabei
zuzog, wurden mit Stolz als Zeichen
des Einsatzes in der Vorhut der Forschung getragen“, erinnert sich
Witkop. Ein Studienkollege, der sich
einmal bei Wieland beklagt, er habe
am Morgen kaum seine eiterverklebten Augen öffnen können,
bekommt die begeisterte Antwort:
„Wir scheinen jetzt endlich recht
wirksame Präparate zu bekommen.“
Schon vor Beendigung seiner Doktorarbeit erhält Witkop eine Einladung der amerikanischen Harvard
University, die er erst 1947 annehmen kann. Nach drei Jahren in Harvard erhält Witkop ein Angebot des
neu gegründeten „National Heart
Institute“. Die Forschungseinrichtung gehört zu den „National Institutes of Health“, die sich in den fol-
Fotos: Maria Dorner
BEISTAND FÜR HANS LEIPELT
In Wielands Labor ist auch Hans Leipelt beschäftigt. Er wird kurz nach
der Verhaftung und Hinrichtung der
Geschwister Scholl für die „Weiße
Rose“ tätig. Für die mittellose Familie des ebenfalls durch die Nazis hingerichteten Professors Kurt Huber
sammelt er Geld. 1944 wird Leipelt
denunziert, dann verhaftet und
angeklagt. Am Ausgang des Verfahrens gibt es keinen Zweifel, auch
Foto: Witkop
der Anständigkeit“ bezeichnet Bernhard Witkop, Jahrgang 1917, das
Labor des Chemikers Heinrich Wieland während der Jahre des Naziterrors. Wieland, der 1927 den Nobelpreis erhalten hat, übt keinen offenen, aber stillen Widerstand aus: „Ich
wollte schon 1933 etwas unternehmen, das sich bis zum Schluss
durchhalten lässt.“ Dazu gehört,
dass er das persönliche Risiko auf
sich nimmt, eine Reihe so genannter halbjüdischer Studenten in seinem Labor zu beschäftigen. Bernhard Witkop ist einer von ihnen.
Im persönlichen Umgang sei
Wieland fantastisch gewesen, meint
Witkop. „Man konnte in seiner
Gegenwart sogar laut sagen, dass
die Nazis eine Verbrecherbande sind.
Er selbst hat einmal geäußert, die
ganze Welt solle wissen, dass er kein
Nazi sei.“ Bundespräsident Johannes Rau nannte Heinrich Wieland
Ende Januar 2003 in der Gedächtnisvorlesung anlässlich des 60.
Todestages der Geschwister Scholl
und Willi Grafs einen „geistigen
Mentor“ der studentischen Widerstandsgruppe „Weiße Rose“.
1 Der Chemie-Nobelpreisträger Professor
Richard Willstätter hinterließ 1935 eine
Einladung zum Mittagessen.
1 Gleich mehrmals ist der Münchner
Chemie-Nobelpreisträger Feodor Lynen im
Witkop’schen Stammbuch zu finden.
1 Zeichentalent: Ende der 30er Jahre
ist der belgische Schriftsteller Felix Timmermans im Hause Witkop zu Gast.
PROFILE
DIE ERDE IM VISIER
LMU UND TUM GRÜNDEN
NEUES GEOZENTRUM
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Nach dem Motto „Gemeinsam sind
wir stark“ ist das neue GeoZentrum
die Antwort auf die Herausforderungen der modernen Geowissenschaften. „Für die Ludwig-Maximilians-Universität ist die gemeinsame Ausbildung ein wichtiger Schritt
auf dem Weg unseres Departments
für Geo- und Umweltwissenschaften zu einem bundesweit einzigartigen Kompetenzzentrum“, erklärt
LMU-Rektor Professor Bernd Huber.
Auch für TUM-Präsident Wolfgang
A. Herrmann ist das GeoZentrum ein
„Glanzlicht in der Reihe von Kooperationen“. Im März haben die beiden
Uni-Chefs den Kooperationsvertrag
für das Zentrum unterzeichnet, das
Foto: LMU
Sie erforschen, was die Welt im
Innersten zusammen hält. So vielfältig wie unser Planet sind auch
die Arbeitsgebiete der Geowissenschaftler. Über die Fachgrenzen hinweg können Hochschüler
in München künftig alle Aspekte
der Erd- und Umweltkunde studieren. Die Ludwig-MaximiliansUniversität (LMU) und die Technische Universität (TUM) bündeln
in den einschlägigen Fächern ihre
Ressourcen und führen sie zu
einem neuen „GeoZentrum München“ zusammen – mit einmaligen Bedingungen für Studierende und einem neuen gemeinsamen Bachelor-Studiengang.
1 LMU-Rektor Bernd Huber (re.) und TUM-Präsident Wolfgang A. Herrmann
unterzeichneten im März den Kooperationsvertrag für das GeoZentrum.
auch dem internationalen Vergleich
standhalten soll.
In keinem anderen Studienfach
ist eine so breite Ausbildung in
mathematisch-naturwissenschaftlichen und ingenieurwissenschaftlichen Disziplinen zugleich erforderlich. Das System Erde wird als
Ganzes aus verschiedenen wissenschaftlichen Perspektiven ins Visier
genommen. Geowissenschaftler
untersuchen Vulkane, bereiten mit
Bodenuntersuchungen große Bauprojekte vor, analysieren per Satellit globale Umweltveränderungen
oder manipulieren winzige NanoKristalle. Die Forscher tauchen ein in
die Zeit der Dinosaurier oder suchen
Lösungen, um zukünftige Hochwasserkatastrophen zu verhindern.
Für die Studierenden bietet sich eine
vielfältige Auswahl von internationalen Arbeitsgebieten in Industrie
und Wissenschaft.
GUTE BERUFSAUSSICHTEN
TUM-Präsident Herrmann betont
die guten Chancen für Absolventen,
gerade in München. Man könnte
sogar von einer Art „Job-Garantie“
sprechen. Derzeit studieren 300
Münchner Hochschüler die Fächer,
welche am GeoZentrum gebündelt
werden. Zwei Drittel aller Studierenden sind an der LMU immatriku-
liert. Das sind laut Rektor Huber zu
wenige, um die Bedürfnisse des
Arbeitsmarkts zu decken. Bereits im
Jahr 2001 hatte daher der Wissenschaftliche Beirat des Bayerischen
Forschungsministers gefordert, das
Studium der Geowissenschaften in
München müsse noch attraktiver
werden.
Jetzt ist es soweit: Das GeoZentrum verstärkt die Zusammenarbeit
in den Forschungseinheiten Umweltwissenschaften, Geomaterialien, Geophysik, Geobiologie und
Geologie. Die grundlagenorientierte Forschung der LMU soll mit den
eher ingenieurwissenschaftlichen
TUM-Studiengängen verknüpft
werden. Kernstück des Geo-Verbunds ist der gemeinsame Bachelor-Studiengang, der im Wintersemester 2003/04 starten wird.
Mit dem Bachelor können LMU
und TUM ihren Studierenden einen
modernen und sehr flexiblen Ausbildungsweg anbieten, der in sechs
Semestern einen berufsqualifizierenden Abschluss ermöglicht. Die
Einschreibung läuft über die TUM,
die Prüfungsabwicklung übernimmt
die LMU. Die angehenden Geowissenschaftler sind an beiden Universität immatrikuliert. Parallel dazu
bleiben die Diplomstudiengänge
Geologie/Paläontologie, Geogra-
PROFILE
Fotos: LMU / Haak & Nakat
1 Die Studierenden des neuen Bachelor-Studienganges untersuchen
Fossilien wie diesen Ammonit.
1 Forschungsobjekt der Vulkanologen: der Vulkan Cotopaxi in Ecuador.
7 „Jurassic Park“ lässt grüßen: Auch die Dinosaurier gehören zum
Forschungsgebiet der Geowissenschaftler.
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tionsübergreifende Strukturen wie das
GeoBio-CenterLMU oder
das GeoRiskNetzwerk sind
etabliert. Die beiden Universitäts-Chefs Huber und
Hermann sind sich einig: Das neue
Zentrum sei ein „enormer Innovationsschub“ für die Geowissenschaften am Standort München. ■ gra
Foto: LMU
BREITE WISSENSBASIS
Geowissenschaftler untersuchen
die Erde unter vielen unterschiedlichen Gesichtspunkten. Der neue
Bachelorstudiengang ist daher so
angelegt, dass zunächst in einer Art
Studium Generale eine breite Wissensbasis in den Bereichen Geologie, Geobiologie, Geophysik und
Mineralogie sowie in den Grundlagenfächern wie Mathematik, Chemie und Physik vermittelt wird. Eine
Ringvorlesung soll den Studierenden helfen, ihre Interessenschwerpunkte zu finden. Anschließend ist
eine Spezialisierung möglich. Dabei
können die Studierenden etwa bei
der Wahl ihrer Praktika zwischen
einer anwendungsbetonten oder
einer grundlagenorientierten Ausbildung wählen. Um ein Auslandsstudium zu erleichtern und ausländische Studierende besser zu integrieren, werden alle Prüfungen nach
dem Europäischen Kreditpunktesystem (ECTS) umgerechnet. In jedem
Fall tragen bei diesem gemeinsamen
Studiengang die Zeugnisse die Siegel beider Münchner Universitäten.
Die Situation in München ist für
das GeoZentrum ideal: Wichtige
Fachbehörden liegen vor der Haustür, weitere fächer- und institu-
Fotos: LMU
phie, Geophysik und Mineralogie/Kristallographie sowie die
Lehramtsausbildung in der Geographie erhalten. Studierende haben
also die Wahl zwischen den
Abschlüssen Diplom und Bachelor
und sollen künftig auch den
Mastergrad erwerben können.
Foto: LMU
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PROFILE
WO FRANKENSTEIN STUDIERTE
INGOLSTÄDTER MEDIZIN-MUSEUM
FEIERT JUBILÄUM
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Foto: DMMI
Früher wurden hier Leichen
seziert und Heilkräuter bestimmt.
Im 18. Jahrhundert diente die
Alte Anatomie im oberbayerischen Ingolstadt den Medizinstudenten der Ludwig-MaximiliansUniversität (LMU) als Unterrichtsgebäude. Heute leitet dort
eine Professorin der LMU das
Deutsche
Medizinhistorische
Museum, das in diesem Jahr seinen 30. Geburtstag feiert.
Foto: LMU
1 Einst wurden hier Leichen seziert: Das Museumsgebäude diente im 18.
Jahrhundert als anatomisches Theater der Ingolstädter Universität.
1 Martialisch, aber segensreich: Die historischen medizinischen
Werkzeuge befreiten einst viele Menschen von ihren Leiden.
Die Medizin war eine der vier Gründungsfakultäten, als die (erst später
so benannte) Ludwig-MaximiliansUniversität 1472 in Ingolstadt eingerichtet wurde. Doch lange Jahre
fristeten die Mediziner ein Schattendasein. Sie verfügten nur über
ein paar kleine Zimmer im Universitätsgebäude, es gab keine Laboratorien und keinen botanischen Garten. Untragbare Zustände, würde
man heute sagen. Die Folge: Bald
zog es kaum noch Medizinstudenten ins katholisch rückständige
Ingolstadt. Was tun? Die Ingolstädter Medizinprofessoren planten den
Befreiungsschlag. 1723 kauften sie
aus eigener Tasche ein Grundstück
nahe der Stadtmauer und warben
„Drittmittel“ für den Neubau einer
Anatomie mit Heilkräuter-Garten
ein. Vor allem der Garten lag ihnen
am Herzen, schließlich kamen fast
alle Arzneimittel damals aus der
Natur. Deren Bedeutung spiegelt
sich noch heute im Gebäude wieder:
So schlicht sich die Fassade zur
Straßenseite hin präsentiert, so
prachtvoll erinnert das Bauwerk
zum Garten hin an eine Orangerie
im Stil des französischen Barock.
Weitere 250 Jahre später fand
die heutige Museumsdirektorin Professor Christa Habrich den medicobotanischen Garten nur als Schutthalde vor. Mit 30 Setzlingen begann
sie, an die ursprüngliche Nutzung
anzuknüpfen. Heute wachsen im
Museumsgarten 160 Gewächse
vom Salbei bis zum Süßholz.
MARY SHELLEYS INGOLSTADT
Im ersten Stock des historischen
Gebäudes wurden einst die Anatomievorlesungen gehalten. Wie in
einem Amphitheater saßen die Studenten auf einem runden Holzpodest und sahen zu, wie in ihrer Mitte Leichen Stück für Stück seziert
wurden. Die Schriftstellerin Mary
Shelley ließ hier übrigens eine ihrer
Romanfiguren studieren. Mit zweifelhaftem Erfolg. Der junge Mann
stammte aus Genf, war erst 17 Jahre alt und kam in Ingolstadt bald auf
dumme Gedanken. Sein Name:
Frankenstein. Immer wieder kom-
Foto: DMMI
3 Schwerstarbeit:
Der Zahnreißer
entfernte eitrige
Backenzähne
ohne Narkose.
Eine Qual für Arzt
und Patient.
nerportraits erzählen die Geschichte des Berufsstandes.
Aus der Ingolstädter Zeit der
LMU sind keine Exponate im Museum zu finden. Denn Anfang des 19.
Jahrhunderts begann der Exodus,
die Mediziner transportierten ihre
Knochen und Heilpflanzen auf Ochsenkarren zum neuen Universitätsstandort Landshut. „Die Einrichtung
ist in alle Winde zerstreut“, erklärt
Christa Habrich. Auch das prachtvolle Gebäude zerfiel. Im Laufe der
Jahre diente es als Wäscherei, Bauernhof und Lagerhalle.
Erst zur 500-Jahr-Feier der LMU
im Jahr 1972 wurde die Alte Anatomie restauriert. Schon während der
Restaurierungsphase hatte
der Münchner Ordinarius für Medizingeschichte, Professor
Dr. Heinz Goerke,
das Gebäude kennen
gelernt. Er ahnte,
dass nach langer
Suche sein Wunschobjekt für ein Museum gefunden war. Die
Stadt
Ingolstadt
spielte mit, und so
wurde 1973 das
Deutsche Medizinhistorische Museum
eröffnet.
Die frisch promovierte Medizinhistorikerin Christa Habrich übernahm damals den Ankauf von
Museumsstücken. Ihr Lieblingsexponat, eine Glasaugensammlung
aus Frankreich mit 49 kunstvoll
geblasenen und handgemalten
Augen, konnte sie schließlich einem
Antiquitätenhändler „abschwatzen“.
Die magische Darstellung von
Augenkrankheiten aus dem 19.
Jahrhundert hatte nämlich schon
ein reicher Sammler aus New York
reserviert. Doch mit mehreren Telefonaten und einem Jahresetat des
Museums gelang es Professor
Habrich, dieses ehemalige Unterrichtsmittel für Okulisten nach
Ingolstadt zu holen.
ZUM JUBILÄUM: SPITZWEG
Im Deutschen Medizinhistorischen Museum finden Besucher keine Erlebnisausstellung mit Videoprojektionen oder plastinierten Leichen vor. „Wir wollen keine Pilgerstätte für Mediziner sein, aber auch
nicht Gruselkabinett oder Folterkammer.“ Diese Gedanken können
einem schon durch den Kopf
schießen, wenn man die Werkzeuge
der Zahnreißer aus dem Mittelalter
1 Auf dem Gall’schen Schädel
sind die Windungen des Gehirns
verzeichnet. Die Glasaugensammlung diente einst dem
Studium von Augenkranheiten.
betrachtet. Doch die sind laut
Habrich nicht grausam, höchstens
erklärungsbedürftig. „Schließlich
dienten alle Werkzeuge dazu, kranken Menschen zu helfen.“
Zum 30-jährigen Jubiläum des
Museums hat sich die Wissenschaftlerin, die im hessischen
Gießen noch eine Apotheke betreibt,
ein Geschenk gemacht, das ihren
Beruf mit ihrer Leidenschaft für
Kunst und Naturwissenschaft vereinen soll. „Carl Spitzweg und die
Naturwissenschaften“ wird die
Jubiläums-Ausstellung im Herbst
heißen. Sie soll den ausgebildeten
Apotheker Spitzweg als genauen
Beobachter, peniblen Botaniker und
Technikfan zeigen.
■ gra
Das Medizinhistorische Museum
Ingolstadt ist tägl. (außer Mo.) von
10-12 und 14-17 Uhr geöffnet.
Anatomiestr. 18-20, 85049 Ingolstadt, Tel. 0841 / 30 51 86 0.
Internet: www.ingolstadt.de/deutschesmedizinhistorischesmuseum
PROFILE
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Fotos: Dt. Medizinhist. Museum Ingolstadt (DMMI)
men heute amerikanische Touristen
ins Museum und fragen „So, where
did Frankenstein work?“ Für diese
Gruselfans hat sich die Museumsleiterin „herabgelassen in die Niederungen der Gaudi“ und im historischen Gasthaus Daniel als eine Art
Außenstelle des Museums ein
„Frankenstein-Laboratorium“ eingerichtet.
Die Ingolstädter Sammlung
schildert die Kulturgeschichte der
Medizin von der Antike bis in die
Gegenwart: Frühe Amputationssägen, Instrumente für den beliebten
Aderlass und erste Röntgengeräte
sind ausgestellt. Medizi-
21
Fotos: Bayerische Staatsgemäldesammlumg
Die Studenten des Promotionsstudiengangs „Museums- und
Ausstellungswesen“ beweisen ihr
Talent als Ausstellungsmacher. Bis
Ende Juli zeigt die Neue Pinakothek die von ihnen vorbereitete
Schau „Großer Auftritt – Piloty
und die Historienmalerei“.
PROFILE
Die Dissertation von Barbara Weis
ruht seit einiger Zeit friedlich auf
der Festplatte ihres Computers. Die
27-Jährige hatte in den letzten
Monaten andere Sorgen. Eine Leihgabe wurde abgesagt, letzte Verträge benötigten eine Unterschrift und
die Einladungen für die Vernissage
mussten raus. Tage und Nächte hatte die Doktorandin mit ihren Kommilitonen im Büro des Ausstellungssekretariats verbracht. „Das
Projekt hat eine unglaubliche Eigendynamik entwickelt. Dass es so aufwändig sein würde, hätten wir nie
gedacht“, sagt die Kunsthistorikerin.
Zusammen mit dem Generaldirektor der Bayerischen Staatsgemäldesammlungen, Professor
Reinhold Baumstark, hat Professor
Frank Büttner, Ordinarius am Institut für Kunstgeschichte der LMU,
diesen bundesweit einzigartigen
Studiengang für Promovenden ins
Leben gerufen. Er soll den Studenten zusätzlich zur Doktorarbeit auch
praktische Erfahrungen ermöglichen. Der auf drei Semester angelegte Studienschwerpunkt des Promotionsstudiums startete mit 16
Teilnehmern im Wintersemester
2001 / 2002. Mittelpunkt war das
Projektseminar, in dem die PilotyAusstellung geplant und realisiert
wurde.
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KUNSTHISTORIKER IM PRAXISTEST
GROSSER AUFTRITT FÜR PILOTY
IN DER NEUEN PINAKOTHEK
PILOTY IM NEUEN LICHT
Carl Theodor von Piloty (1826-1886)
gehörte zu den berühmtesten
Historienmalern seiner Zeit. Daneben spielte er eine einflussreiche
Rolle als Lehrer an der Münchner
Kunstakademie. Die Ausstellung soll
den weitgehend in Vergessenheit
geratenen Maler in ein neues Licht
setzen. „Piloty wurde zu Unrecht als
Gründerzeitkünstler eingeordnet
und in Verbindung mit Deutschtümelei und Nationalismus gebracht“,
erklärt der Fachmann Büttner.
Seine Studierenden haben in
aufwändiger Recherche Nachfahren
Pilotys aufgespürt und bisher unbekannte Zeichnungen und Ölskizzen
Für die Doktorandin Barbara
Weis und ihre Kommilitonen geht
die Arbeit mit einem Begleitprogramm zur Schau bis in den Sommer weiter. Und die Dissertation?
„Viele von uns brauchen eine Verlängerung“, sagt Barbara Weis.
Doch sie hofft, dass die Mühe sich
lohnt: „Diese Erfahrung sollte sich
schon positiv auf den Lebenslauf
auswirken.“ Die Partner in der Pinakothek sind auf jeden Fall von den
jungen
Ausstellungsmachern
begeistert. Und damit, so Professor
Büttner, seien die Berufsaussichten
der Doktoranden „ganz entschieden
verbessert“ worden.
■ gra
Informationen im Internet unter
www.neue-pinakothek.org
23
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aufgetan. Um logistische Fragen
wie Bildertransport und Versicherungen mussten sich die Studierenden ebenfalls kümmern. Auch die
meisten Katalogtexte wurden von
ihnen geschrieben. „Dass so etwas
anders aussieht als eine Seminararbeit, mussten wir erst lernen“, sagt
Barbara Weis. „Wenn der Katalogtext komplett verrissen wird,
schluckt man schon.“
Wissenschaftsminister
Hans
Zehetmair eröffnete die Ausstellung
am 3. April. LMU-Kanzler Dr. Hendrik
Rust dankte ausdrücklich Generaldirektor Reinhold Baumstark für sein
Engagement und die Bereitschaft,
sein renommiertes Haus für Studierende zu öffnen. Schon jetzt steht
fest: Das Projekt wird fortgesetzt.
1 Auch das Plakat stammt von Studenten.
PROFILE
1 Ölskizze „Der Tod Alexanders des Großen“, das Original ist verschollen.
1 „Seni vor der Leiche Wallensteins“: Historie auf fast 20 Quadratmetern.
ERRATA
In der MUM-Ausgabe 05/2002
sind uns in dem Beitrag „Kaffee
Hag und Manoli Cigaretten“
zwei Fehler unterlaufen. Die
Abteilung für Gewerbekunst des
Bayerischen Nationalmuseums
wurde nicht Mitte der 20er Jahre ausgelagert, sondern erst
1925 gegründet. Zudem wurde
die Neue Sammlung damals in
Räumen der ehemaligen Dienstvilla des Direktors des Bayerischen Nationalmuseums untergebracht und nicht, wie berichtet, in einer neu gebauten, provisorischen Halle.
■ oh
1 Piloty bannte die dramatischen Momente der Geschichte auf Leinwand, hier „Die Ermordung Caesars“.
Foto: LMU
PROFILE
MEILENSTEIN MECUM
DER MÜNCHNER WEG
ZUM ARZTBERUF
Studienabschnitt
Morphologie - Funktion
Verzahnung mit klinischen Fächern
4.Semester: Integrierte Seminare und
Seminare mit klinischen Bezügen;
Vorbereitung auf die Prüfung
1. Abschnitt der ärztlichen Prüfung
2.
Studienabschnitt
Blöcke I-VI
Praktisches Jahr
Rahmencurriculum für das Praktische Jahr
Unterstützung bei der Vorbereitung zur Prüfung
2. Abschnitt der ärztlichen Prüfung
Foto: LMU
1.
Was ist nun neu? Das Medizinstudium an der LMU gliedert sich ab
dem Wintersemester 2003/2004 in
drei Abschnitte. Der erste Studienabschnitt beginnt zukünftig nur
noch zum Wintersemester, dauert
zwei Jahre und wird mit dem ersten
Teil der ärztlichen Prüfung abgeschlossen. Bis dahin sind die Studierenden an der LMU und an der
Technischen Universität München
doppelimmatrikuliert. Es folgt der
zweite Studienabschnitt, in dem die
Studenten nur noch an der Universität immatrikuliert sind, an der sie
dann ihr Studium weiterführen. Der
zweite Abschnitt erstreckt sich über
(inkl. ambu-Kurs)
studenten der LMU mehrere Blockkurse, in denen sie problemorientiert lernen. Der Kleingruppenunterricht (Tutorien), der das aktive
Lernen und die Teamarbeit fördert,
ersetzt zumindest zum Teil die Massenvorlesung. Vorbild sind hier die
modernen Unterrichtsmethoden
der Harvard University in
Boston/USA, mit der die LMU seit
sieben Jahren eine Allianz zur Förderung der medizinischen Ausbildung betreibt. Die Erfahrungen aus
dieser „Harvard-Munich-Alliance“
bilden ein solides Fundament für
das neue Medizinische Curriculum
München (MeCuMLMU).
L-KURS
HARVARD-MUNICH-ALLIANCE
ALS SOLIDES FUNDAMENT
Die LMU hat sich den neuen Herausforderungen schon früh gestellt.
Seit 1996 absolvieren alle Medizin-
2 Jahre
Im Arbeitsalltag der Ärzte hat sich
einiges geändert, seit 1970 die letzte Approbationsordnung in Bonn
beschlossen wurde. Vor allem die
veränderte demographische Lage
erfordert Reformen: Die Patienten
werden im Durchschnitt immer
älter. Altersspezifische Krankheiten,
die früher kaum Beachtung fanden
oder sogar unbekannt waren,
bestimmen einen relativ großen Teil
der ärztlichen Tätigkeit. Zudem spielen chronische Krankheiten wie Diabetes mellitus eine zunehmend
wichtige Rolle und auch für die
Schmerztherapie wird ein höherer
Stellenwert eingefordert. Hinzu
kommt, dass vor allem im Bereich
der molekularen Medizin eine Fülle
neuer Erkenntnisse zur Verfügung
steht. Gleichzeitig verlangen
Gesundheitspolitiker neue Schwerpunkte. Ärzte sollen mehr Prävention und Gesundheitsförderung leisten. Der ganzheitlich denkende Allgemeinmediziner ist genauso
gefragt wie der Spezialist. Allen
gemein ist jedoch eines: Die Bedürfnisse des Patienten sollen im Vordergrund stehen.
3 Jahre
Die Kritik kam von allen Seiten:
Veraltet und viel zu theoretisch
sei die Ausbildung von Medizinern in Deutschland. Dennoch
gingen mehr als 30 Jahre ins
Land, bis der Bundesrat im April
2002 einer neuen Approbationsordnung zustimmte. Nun müssen
alle deutschen Universitäten ihre
Arzt-Ausbildung reformieren. Die
LMU hat dabei die Nase vorn: Mit
ihrem Konzept MeCuMLMU wird
die Universität als erste deutsche
Hochschule ihr Medizinstudium
komplett erneuern.
1 Jahr
MUM 01/2003
24
KONZENTRATION AUF
ARZT-PATIENT-BEZIEHUNG
Ein exklusives Angebot der LMU ist
der L-Kurs für Medizinstudenten.
Das „L“ steht für Longitudinal und
macht deutlich, dass dieses Angebot vom ersten bis zum letzten
Semester gilt. Der L-Kurs befasst
sich mit den zentralen Aspekten der
Arzt-Patienten-Beziehung und soll
gutes ärztliches Verhalten vermitteln. Inhalte des L-Kurses sind unter
anderem Methoden der Gesprächsführung, Übungen zur systematischen Anamnese und körperlichen
Untersuchung sowie die ambulante
Medizin.
Der Unterricht in Kleingruppen
und die deutliche Zunahme der
Lehr- und Lernstunden am Patienten (bed-side teaching) machen das
neue Medizinstudium deutlich personalintensiver und teurer als zuvor.
Rund 1,4 Millionen Euro werde die
Ausbildung der ungefähr 740 Studenten im Jahr mehr kosten, sagt
Professor Dr. Bernd Sutor, Studiendekan an der Medizinischen Fakultät der LMU. Trotzdem hat die Fakultät dem MeCuMLMU-Konzept einhellig zugestimmt.
Auch die Studierenden sind
überzeugt vom neuen Konzept. Kri-
PROFILE
Foto: LMU
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MUM 01/2003
PRAXISORIENTIERT UND
FALLBEZOGEN LERNEN
Neuerungen werden bereits die
Erstsemester verspüren. Die strenge
Trennung von Theorie und Praxis
wird aufgelockert. Im zweiten Studienjahr (3. und 4. Semester) belegen die angehenden Mediziner
dann Untersuchungskurse und
kommen mit Patienten in Kontakt.
Im zweiten Studienabschnitt wird
praxisorientiert und fallbezogen
gelehrt und gelernt. In unterschiedlichen Modulen befassen sich die
Studenten mit verschiedenen Themen der konservativen und operativen Medizin. Ein Modul behandelt
die Lebensabschnitte des Menschen
vom Säugling bis zum Senior mit
den jeweils typischen Krankheiten.
Jeder Student kann zudem ein Projektsemester für einen Auslandsaufenthalt oder ein Forschungsvorhaben nutzen.
tik äußern sie nur an den Regelungen zur zweiten ärztlichen Prüfung,
wie sie von der neuen Approbationsordnung vorgeschrieben wird.
Diese Prüfung, die nach dem Praktischen Jahr (PJ) abgenommen wird,
empfinden die Studierenden als
„Hammerexamen“. Entsprechend
der neuen Approbationsordnung
konzentriert sich in dieser Prüfung
der Lernstoff, der vorher auf drei
Staatsexamina verteilt war. Studierendenvertreter würden die Prüfung
gerne vor das PJ legen. Sie befürchten, dass Studierende möglicherweise ihr Praktisches Jahr vernachlässigen, um für die Prüfung zu lernen. Das MeCuMLMU-Konzept versucht allerdings einer solchen Entwicklung
entgegenzuwirken.
Während des zweiten Studienabschnittes wird den Studierenden die
Möglichkeit geboten, ihr Wissen,
ihre Fähigkeiten und ihre Fertigkeiten kontinuierlich zu überprüfen.
Zudem soll durch ein Rahmencurriculum für das Praktische Jahr dafür
gesorgt werden, dass sich die Studierenden in geeigneter Weise auf
den wichtigen zweiten Abschnitt
der ärztlichen Prüfung vorbereiten
können.
■ gra/oh
1 Ab dem Wintersemester 2003/2004 werden die Medizinstudenten der
LMU nach dem MeCuMLMU-Konzept ausgebildet.
Foto: Argum
drei Jahre. Anschließend gehen die
Studenten ins Praktische Jahr, an
das sich der zweite Teil der ärztlichen Prüfung anschließt.
1 Vorlesungen im Hörsaal werden in der neuen Studienordnung teilweise durch das Lernen in Tutorien ersetzt.
TRAININGSLAGER FÜR FÜHRUNGSKRÄFTE
ELITESTUDENTEN KOOPERIEREN MIT DER INDUSTRIE
PROFILE
Mit dem Siemens-Bereich „Information and Communication Networks“ (ICN) haben die Elitestudenten der Betriebswirtschaft, Elektrotechnik und Informatik jetzt den
ersten Kurs zur Produktentwicklung
abgeschlossen. Ein- bis zweimal
wöchentlich haben die 20 Studierenden mit Unterstützung von Siemens-Mitarbeitern an ihren Projekten gearbeitet. Die Arbeitsergebnisse wurden Ende Februar auf den
ICN Infotagen in München vorgestellt.
ROBOTER-ENTWICKLUNG
IN NUR DREI MONATEN
Der absolute Publikumsstar bei der
Präsentation hieß Robbie, ein sprechender Roboter, der über das Internet gesteuert werden kann. Robbie
kann an jeden PC angeschlossen
werden – eine Art laufende und
sprechende Webcam. Siemens-
Koordinator Erwin Fellner ist begeistert: „Das Team der CDTM-Studierenden hat Robbie in nur drei
Monaten entwickelt, das ist enorm.“
Siemens möchte weiter mit dem
CDTM zusammenarbeiten und hat
für das nächste Wintersemester
schon drei neue Projekte für die
Studierenden parat.
■ gra
Weitere Informationen unter
www.cdtm.de
Foto: LMU
Talentierte Studenten zu HighTech-Spitzenmanagern trainieren
– dieses Ziel hat das „Center for
Digital Technology & Management“ (CDTM), eine Gemeinschaftseinrichtung der LMU und
der TU München. Das Studienmodell soll den aktuellen Stand der
Wissenschaft mit dem Praxisbedarf der Industrie vereinen. Partner des CDTM sind Unternehmen
wie Allianz, BMW, Infineon und
Siemens.
1 Robbie (mit Mütze) war Star des CDTM-Standes auf den ICN Infotagen.
100 JAHRE FRAUENSTUDIUM IN BAYERN
RINGVORLESUNG ZUM JUBILÄUM AN DER LMU
Anno 1903 erlaubte Prinzregent
Luitpold per Dekret erstmals auch
Frauen, ein Studium an den
bayerischen Universitäten aufzunehmen. Im ganzen Freistaat finden anlässlich dieses Jubiläums
Veranstaltungen statt. Auch die
LMU ist dabei. Im Sommersemester 2003 geht es los mit einer
Ringvorlesung. Ihr Titel: „Von
Berghexen bis Zellforschung –
Wissenschaftliche Spitzenleistung heute“.
Die LMU-Frauenbeauftragte Professor Ulla Mitzdorf möchte mit der
Ringvorlesung alles andere als eine
historische Nachbetrachtung abliefern: „Wir wollen quer durch die
Fakultäten Spitzenleistungen zeigen.“ Bis Anfang Juli werden international renommierte Wissenschaftlerinnen wie die NahostExpertin Professor Ruth Lapidoth
(Hebrew University, Israel), die
Mikrobiologin und renommierte
Genetik-Spezialistin Professor Regine Kahmann (Direktorin des MaxPlanck-Instituts für terrestrische
Mikrobiologie in Magdeburg, vormals LMU), die Juristin und ehema-
lige Bundesverfassungsgerichtspräsidentin Professor Jutta Limbach
(Präsidentin des Goethe-Instituts),
die Theaterwissenschaftlerin Erika
Fischer-Lichte von der FU Berlin
oder die Literaturwissenschaftlerin
und Publizistin Dr. Hiltrud Häntzschel an der LMU Vorlesungen halten. Aber auch junge Spitzenforscherinnen zahlreicher Fakultäten
der Universität München werden
ihre Spezialgebiete vorstellen. Abschließend findet am 8. Juli eine
Podiumsdiskussion zur Zukunft von
Frauen in Wissenschaft und Forschung statt.
WANDERAUSSTELLUNG
ZUM JUBILÄUM
Die Landeskonferenz der Frauenund Gleichstellungsbeauftragten an
Bayerischen Hochschulen macht
mit einer Wanderausstellung sowie
zahlreichen weiteren Veranstaltungen auf das Jubiläum aufmerksam.
Die Ausstellung mit dem Titel
„Forschen, lehren, aufbegehren –
100 Jahre akademische Bildung von
Frauen in Bayern“ gastiert vom 2. Juli
bis 8. August 2003 im Einsäulensaal der
Münchner Residenz.
■ gra
Die LMU-Ringvorlesung „Von Berghexen bis Zellforschung – Wissenschaftliche Spitzenleistung heute“
findet bis 8. Juli jeweils dienstags
um 18 Uhr c.t., Hörsaal 101, im
Universitätshauptgebäude,
Geschwister-Scholl-Platz
1, statt. Das komplette Programm
ist im Internet auf der Seite
www.lmu.de/presse
unter „Ringvorlesungen“ zu finden. Über
das Gesamtprogramm aller
Jubiläumsveranstaltungen in Bayern informiert die folgende Internet-Seite:
www.lrz-muenchen.de/~baylakof/Ausstel.
htm#Fuehrung
Foto: LMU
MUM 01/2003
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Foto: LMU / Haak & Nakat
PROFILE
LEGO SPIELEN MIT ATOMEN
INTERNATIONALES „FORUM ON
NANOSCIENCE“ AN DER LMU
Crichton beschreibe in seinem
Unterhaltungsroman ein fiktives
Szenario, nicht den Alltag der Forschungslabors, sagt der Organisator
des Forums, Michael Reichling, Professor im Lehrbereich Physikalische
Chemie der Fakultät für Chemie und
Pharmazie der LMU. „Die Ängste der
Menschen vor der Nanotechnologie
müssen wir aber durchaus ernst
nehmen. Wir bemühen uns daher,
unsere Forschung der Öffentlichkeit
begreifbar zu machen.“
Nanowissenschaftler beschäfti-
gen sich mit Objekten, die tausendmal kleiner sind als der Durchmesser eines Haares. Vorbild ist die
belebte Natur, wo zahllose Nanomaschinen arbeiten, von denen sich
die Wissenschaftler Bauweise und
Funktion abschauen möchten. Mittlerweile können die Forscher nicht
nur einzelne Atome abbilden, sondern sie sogar mit feinen Nadelspitzen verschieben. Ließe sich jedes
einzelne Atom dorthin setzen,
wohin man es haben will, könnte
man beliebige Objekte bauen: die
Materie als Lego-Baukasten.
JAPAN EIFERT DEUTSCHER
NANOFORSCHUNG NACH
Finanziert wurde das Forum in
München von der Universität Osaka. Die japanische Regierung treibt
derzeit mit viel Geld den Nanobereich wissenschaftlich und organisatorisch voran. Ihr Vorbild ist Europa. „Für uns sind Deutschland und
die Schweiz führend in diesem
Bereich“, sagt der japanische Delegationsleiter, Professor Tomoji
Kawai, der schon länger gute Verbindungen zur LMU pflegt.
Der Ruf der Münchner Nanoforscher, die im Center for Nanoscience (CeNS) eine moderne Wissenschaftsplattform geschaffen haben,
ist ausgezeichnet. Profesor Reich-
ling etwa gelang es als erstem, die
Saphir-Oberfläche in atomarer Auflösung darzustellen. Viele Forscher
weltweit hatten dasselbe Ziel, doch
keiner wusste, ob es überhaupt
möglich war, diese Atome abzubilden. Zur nötigen Hartnäckigkeit
kam bei Reichling sportlicher Ehrgeiz. „Wir wollten nicht nur an der
Olympiade teilnehmen, wir wollten
die Goldmedaille.“
IN EUROPA GILT NANO ALS
ZUKUNFTSTECHNOLOGIE
Computerelemente, Krebstherapien,
Waffen und neue Werkstoffe könnten entstehen. Doch liefert die
Nano-Manie vielleicht nur Visionen,
und keine Produkte? Selbst ein
zurückhaltender Mensch wie Reichling sagt: „Es ist etwas dran am
Hype. Die Forschung ist schon sehr
weit. Der wirtschaftliche Nutzen ist
noch nicht groß, aber er entwickelt
sich rasant.“
Reichlings neues Projekt heißt
NanoForce. Er will die europäische
Forschung in der dynamischen
Kraftmikroskopie bündeln, diese
vom Instrument der Grundlagenforschung zur vielseitig einsetzbaren Technologie machen. Der 42Jährige hofft auf Fördergelder der
EU, auch in Brüssel gilt Nano als
zukunftsweisend. Doch wenn ihm
das Formulieren von Anträgen auf
die Nerven geht, sehnt er sich nach
Nächten wie jener, als er die SaphirAtome mit dem Kraftmikroskop auf
die Spitze getrieben hat.
■ gra
Foto: LMU
Alarm in einer Hightech-Fabrik in
Nevada. Nanopartikel entkommen über einen Lüftungsschacht
und fallen über Menschen und
Tiere her. Die Nanomaschinen
führen ein gefährliches Eigenleben – jedenfalls im neuen Bestseller „Beute“ von Michael
Crichton. Science Fiction oder
reale Gefahr? Auf jeden Fall zählt
Nanotechnologie zu den Schlüsseltechnologien des 21. Jahrhunderts. Was tatsächlich in den
Labors passiert, zeigte das „Forum
on Nanoscience and Nanotechnology“ an der LMU. Mehr als 200
Teilnehmer aus Japan und Europa trafen sich im Februar, um die
neuesten Forschungstrends zu
diskutieren.
MUM 01/2003
27
■ ZUR
PERSON
Michael Reichling ist seit 1999
Professor für Physikalische Chemie an der LMU. Seit 2000 ist der
42-Jährige Mitglied im Center
for Nanoscience (CeNS). Habilitiert wurde der gebürtige Ingolstädter an der FU Berlin. Der
begeisterte Forscher beschäftigt
sich vorwiegend mit isolierenden Oberflächen. Er sagt: „Die
wirklich wichtigen Entdeckungen macht man freitagnachts
um zwei Uhr.“
KUNSTSCHÄTZE
1 In den 20er Jahren des vorigen
Jahrhunderts vertrat der Franzose
Paul Claudel sein Land als
Botschafter in Japan und setzte
sich dabei ausführlich mit der
japanischen Kultur auseinander.
Gemeinsam mit seinem Freund,
dem japanischen Maler Tomita
Keissen, verknüpfte er haikuartige
Gedichte aus dem Zyklus „Cent
Phrases pour Eventails“ („100
Sätze für Fächer“) mit Tuschezeichnungen, die sie auf 21 weiße
Papierfächer bannten.
MUM 01/2003
28
2
Ein weißer Anzug hängt an der
Wand, der, mit aufgestreuten
Federn versehen und mit Porzellanerde fixiert, wie versteinert
wirkt. „Poetenanzug“ heißt er, und
sein Schöpfer ist Eugen Kellermeier. Ursula Haeusgen, die Vorsitzende der Lesegesellschaft „Lyrik
Kabinett“, erklärt das Besondere
an diesem Stück: „Einst gehörte
der Anzug dem Dichter Wolfdietrich
Schnurre. Schnurre war einer der
ersten Autoren, die bei uns hier
eine Lesung gehalten haben. Im
gleichen Jahr, das war 1989,
ist er leider verstorben.“
1
3
Eine beeindruckende Persönlichkeit steckt hinter diesem
Kunstwerk: der 1911 in Litauen
geborene Autor Czeslaw Milosz,
der 1980 den Nobelpreis für Literatur erhielt. Der New Yorker
Künstler Jim Dine porträtierte ihn
in einer Kaltnadelradierung, die
am unteren Treppenabsatz ihren
Platz gefunden hat.
4 Der Künstler Eugen Kellermeier
ist ein Freund von Ursula Haeusgen, von ihm stammt auch die
Dauerleihgabe der „Erdbibliothek“, die neben dem „Poetenanzug“ ausgestellt ist. Erde und
Bücher hat er in verschiedenen
Ländern gesammelt, miteinander
zu einem Kunstwerk verschmolzen und so verewigt.
3
2
4
KUNSTSCHÄTZE
29
MUM 01/2003
Grafiken und Gemälde, Installationen und Fotografien, in Stein
gehauene Botschaften – die Universität München ist auch eine
Galerie für Kunstwerke. MUM präsentiert diese Schätze und zeigt,
wo sie zu finden sind. Genau hinsehen sollte, wer sich ins Souterrain des Gebäudes Schellingstraße 3 begibt. Auf dem Weg zur internationalen Lyrik-Bibliothek, die der Verein „Lyrik Kabinett“ mit dem
Institut für Komparatistik der LMU hier unterhält, werden im Treppenhaus einige Gemälde und Objekte präsentiert. Sie alle haben
eines gemeinsam: Sie verbinden Kunst und Poesie.
Dass diese ungewöhnliche Sammlung in München zu sehen ist, ist
der Vorsitzenden der Lesegesellschaft, Ursula Haeusgen, zu verdanken. Die Kunstfreundin wollte die Räumlichkeiten des „Lyrik
Kabinetts“ verschönern und griff aus diesem Grund zu ihrer kleinen privaten Sammlung, die sie über die Jahre hinweg zusammengetragen hat.
Einige der Künstler kennt Haeusgen persönlich, von anderen hörte sie durch Freunde, wieder andere Kunstwerke entdeckte sie in
Antiquariaten. Auch die hier nicht abgebildeten Gemälde „Unter
Büchern“ von Costa Satanova und „Lesen im Blau“ von Manfred
Noky sowie eine Zeichnung der renommierten Künstlerin Linda
Karshan gehören zur Sammlung. So ist die poetische Kunst ein Teil
des Lyrik-Kabinetts geworden, in dessen Bibliothek noch viele weitere Kunstschätze zu entdecken sind.
■ vas
Fotos: Maria Dorner
KUNSTSCHÄTZE
AN DER LMU
Sechs Thesen gegen die
Gründung öffentlich-rechtlicher Universitätsstiftungen:
1. Die „Universitätsstiftungen“
sind keine Stiftungen, sondern
Anstalten. Privatrechtliche Stiftungen sind rechtlich verselbstständigte Vermögensmassen, deren Erträge einem vom Stifter bestimmten
Zweck dienen. Hiermit haben die
„Universitätsstiftungen“ nur den
Namen gemeinsam. Sie haben kein
Vermögen, das nennenswerte Erträ-
Foto: Universität Osnabrück
Die Liegenschaften der Stiftungshochschulen bilden das Grundstockvermögen. Dieses mag aufgrund des vielfach vorhandenen
Sanierungsbedarfs als Bürde angesehen werden. Gleichwohl eröffnet
es aber auch die Perspektive, die
Grundstücke und Gebäude hochschulgerecht, frei von übergeordnetem Interesse, weiterzuentwickeln. Dazu trägt auch die damit
verbundene eigene Bauherrenfunktion bei.
Foto: Georg-August-Univ. Göttingen
FORUM
MUM 01/2003
30
Der in Niedersachsen beschrittene Weg, Hochschulen von der staatlichen Trägerschaft in die einer Stiftung des
öffentlichen Rechts zu überführen, betrifft erst einmal nur
den wirtschaftlichen Träger der
Körperschaft Hochschule. Dabei
wird weiterhin die staatliche Verantwortung für die Stiftungshochschulen gewährleistet. Ein Stück
weit Entstaatlichung der Körperschaft Hochschule wird unter anderem dadurch erreicht, dass die Fachaufsicht entfällt, die Stiftung ehemals staatliche Aufgaben als eigene wahrnimmt und Berufungskompetenz besitzt. Eine kompetente
Besetzung des Stiftungsrats bietet
die Chance, in Einzelfällen sachnähere Entscheidungen als bisher
für die Hochschule zu treffen.
Die laufenden Haushaltsmittel,
über die die Stiftung als so genannte Einkommensstiftung verfügt,
müssen weiterhin durch das Land
Niedersachsen aufgebracht werden.
Ein darüber hinaus aufzubauender
finanzieller Spielraum wird sich
durch geschicktes Finanzmanagement und durch das Einwerben von
Zuwendungen Dritter nur langfristig realisieren lassen. An die Stelle
der bisherigen Finanzzuweisungen
des Landes Niedersachsen tritt eine
jährliche Finanzhilfe, die über Zielvereinbarungen vertraglich fixiert
wird. Die Zielvereinbarungen
beschränken sich dabei auf strategische Zielsetzungen, das operative
Geschäft in Forschung und Lehre
steht in der Eigenverantwortung
der Hochschule. Bis auf wenige
Paragraphen ist die Stiftung von
den Vorschriften der Landeshaushaltsordnung befreit. Dieses schafft
neue Flexibilität beim Mitteleinsatz.
Hinzu kommt die eigene Kontoführung und Mittelbewirtschaftung
unabhängig vom Landeskonto.
Neue Entwicklungsperspektiven
ergeben sich auch dadurch, dass die
Stiftungshochschulen ihre Personalstellen im Rahmen ihres Budgets
selbstständig gestalten können.
Zwar ist die Hochschule etwa an
den BAT und das Beamtenbesoldungsgesetz gebunden, es bietet
sich jedoch die Chance, hochschulspezifische leistungsorientierte Personalentwicklungskonzepte einzuführen, die nicht dem tradierten
Erlassdenken entspringen.
1 Prof. Dr. Mathias Schumann,
Vizepräsident der Georg-AugustUniversität Göttingen
1 Prof. Dr. Jörn Ipsen, Direktor
des Instituts für Kommunalrecht,
Universität Osnabrück
PRO & CONTRA
HOCHSCHULEN ALS STIFTUNGEN?
Mit der Umwandlung von fünf Hochschulen (Universitäten Göttingen, Lüneburg, Hildesheim sowie die Tierärztliche Hochschule Hannover und die FH Osnabrück) in Stiftungen will das Land Niedersachsen die Wirtschaftsführung von Hochschulen auf neue Füße
stellen. Befürworter erhoffen sich nun Verbesserungen in Forschung
und Lehre. Gegner sehen in den neuen Stiftungshochschulen nichts
weiter als eine Mogelpackung.
Dieses alles ist verbunden mit einem
höheren Maß an Eigenverantwortung. Ausgehend von der Finanzierungsverpflichtung des Staates
besteht die Hoffnung, dass mittelbis langfristig durch sachnähere
Entscheidungen und hochschuladäquatere Wirtschaftsführung
mit neuen Spielräumen die Hochschulen in der Trägerschaft einer
Stiftung öffentlichen Rechts einen
nicht gering zu schätzenden Vorteil gegenüber Hochschulen in
staatlicher Trägerschaft erzielen
können.
■
ge abwürfe, sondern Sachen im
Anstaltsgebrauch (z.B. Gebäude)
und Personal (z.B. Hochschullehrer)
und stellen somit eine Erscheinungsform der öffentlichen Anstalt dar.
2. Der Staat zieht sich aus der
Verantwortung zurück. Die Universitätsstiftung ist Trägerin der
Universität als Körperschaft, so dass
zwischen dieser und dem Staat kein
rechtliches Band mehr besteht. Als
Empfängerin der staatlichen Zuwendungen stellt die Stiftung die
Mittel der Universität zur Verfügung. So können Sparauflagen weitergegeben werden, ohne dass die
Universität hiergegen etwas unternehmen könnte.
3. Die Stellung des Präsidiums ist
mit der akademischen Selbstverwaltung unvereinbar. Da das Prä-
sidium sowohl die Stiftung als Trägerin der Hochschule als auch diese selbst leitet, kommt ihm eine beispiellose Machtfülle zu. Der Grundsatz der akademischen Selbstverwaltung wird demgegenüber marginalisiert.
4. Die Konzeption des Stiftungsrats ist mit der Hochschulautonomie unvereinbar. Der siebenköpfige Stiftungsrat setzt sich
aus Mitgliedern zusammen, die – bis
auf eines – nicht der Hochschule
angehören dürfen. Dies bewirkt eine
externe Steuerung der Hochschule,
da der Stiftungsrat im Wesentlichen
die einst dem Wissenschaftsministerium zufallenden Aufgaben erfüllt.
5. Die Universitätsstiftung hat
kein Vermögen, das Erträge
abwirft. Da den Hochschulstiftungen als „Grundstockvermögen“ nur
diejenigen Gegenstände übertragen
werden, die die Hochschule zur
Erfüllung ihrer Aufgaben „benötigt“,
verfügt sie über kein Vermögen, das
Erträge abwerfen könnte. Nur alte
Universitäten dürfen ausnahmsweise Vermögensgegenstände veräußern, Neugründungen hingegen
nicht. Gleichzeitig ist die Erwartung
von „Zustiftungen“ illusionär.
Deutschland hat bislang keine, den
USA vergleichbare, Stiftungskultur
hervorgebracht. Auch eine neue Etikettierung als „Universitätsstiftung“
wird Private nicht dazu veranlassen,
nennenswerte Beiträge zu leisten.
6. Die Alternative: Körperschaftshochschule oder Hochschule als
Stiftung des privaten Rechts.
Mehr Unabhängigkeit vom Staat ist
dadurch erreichbar, dass den Hochschulen als Körperschaften des
öffentlichen Rechts eine größere
Autonomie eingeräumt wird. Das
„Körperschaftsmodell“ weist gegenüber dem „Stiftungsmodell“ wesentliche Vorzüge auf. Zudem sollte
auch die Gründung von Stiftungen
des privaten Rechts als Hochschulträger erwogen werden. Hierzu
wäre allerdings Kapital in einem
Umfang erforderlich, das nur Private aufbringen können. Eine Bereitschaft dazu zeichnet sich derzeit
nicht ab. Dies zeigt, dass mit der
Gründung von Universitätsstiftungen lediglich ein Wechsel in der
Rechtsform bewirkt wird, ohne dass
bildungspolitische Probleme, wie
etwa das Kernproblem der Studiengebühren, gelöst werden.
■
Fotos: LMU
senschaftlicher Mitarbeiter am
Byzantinisch-Neugriechischen
Seminar der FU Berlin, wo er 1987
promoviert und 1993 habilitiert
wurde. 1992 bis 1997 arbeitete er
als Referent für Byzantinistik am
Deutschen Archäologischen Institut, Abteilung Istanbul, und war von
1998 bis zur Berufung an die LMU
Heisenberg-Stipendiat der DFG. Den
Schwerpunkt seiner Forschungen
bilden die historische Topographie
von Konstantinopel und Kleinasien,
griechische hagiographische und
theologische Schriften des 6.-9.
Jahrhunderts, sowie europäische
Reiseberichte über das Byzantinische und Osmanische Reich bis
zum 16. Jahrhundert.
NEUBERUFEN
am Moorfields Eye Hospital in London, von 1995 bis 1997 am OrbitaCentrum der Universität Amsterdam. Habilitation 1999. Das Spektrum seiner Arbeit umfasst die
gesamte plastisch-rekonstruktive
Lid- und Orbitachirurgie einschließlich der chirurgischen Rehabilitation bei endokriner Orbitopathie. Prof.
Hintschich plant die Schaffung
eines Orbita-Centrums an der LMU
als überregionales Referenzzentrum.
1 Prof. Dr. Christoph Hintschich
■ PROF. DR. RALF-PETER JANSEN
Fakultät für Chemie und Pharmazie
Seit Dezember 2002 ist Ralf-Peter
Jansen Professor für Biochemie am
Genzentrum der LMU. Prof. Jansen,
1964 in Waltrop, NRW, geboren,
studierte bis 1989 Biologie an der
Ruhr-Universität Bochum. Anschließend arbeitete er am Europäischen Laboratorium für Molekularbiologie in Heidelberg. 1993 promovierte er in Heidelberg und war
von 1993 bis 1996 als Postdoktorand am Institut für Molekulare
Pathologie in Wien. 1996/1997
arbeitete er dort als leitender Assistent und war anschließend Forschungsgruppenleiter am Zentrum
für Molekularbiologie in Heidelberg.
Sein Labor beschäftigt sich mit
intrazellulären Transportprozessen,
■ PROF. DR. ADRIAN DANEK
Medizinische Fakultät
Seit September 2002 ist Adrian
Danek Professor für Kognitive Neurologie an der Neurologischen Klinik Großhadern. Prof. Danek, Jahrgang 1957, ist in München geboren,
speziell denen von messenger RNAs.
Der Schwerpunkt von Jansens Forschung liegt in der Aufklärung der
molekularen Zusammensetzung
und der Regulation der zellulären
Maschinen, die messenger RNAs
transportieren.
Foto: LMU
■ PROF. DR. CHRISTOPH
HINTSCHICH
Medizinische Fakultät
Christoph Hintschich ist im November 2002 zum Professor für Augenheilkunde an der Augenklinik der
LMU ernannt worden. Geboren
1958 in Frankfurt/M., studierte er
Humanmedizin in Frankfurt, München und Boston. Promotion 1985
in München, bevor er den Diplomkurs Tropenmedizin am BernhardNocht-Institut,Hamburg, absolvierte. Es folgte die wissenschaftliche
Tätigkeit am Institut für Pharmazeutische Biologie der LMU. Von
1987 bis 1991 absolvierte Hintschich an der LMU seine Facharztausbildung. Als klinischer Oberarzt
war er dort für die allgemeine
Augenheilkunde zuständig. 1992
arbeitete er als Stipendiat der DFG
herausgeber von zwei internationalen Fachzeitschriften.
Biostatistik beschäftigt sich mit der Anwendung von statistischen Methoden in Medizin, Biologie und öffentlicher Gesundheit. Die Schwerpunkte der Forschung von Knorr-Held liegen im
Bereich der geographischen Epidemiologie, der
Modellierung von räumlich und zeitlich korrelierten Daten und der Entwicklung von computergestützten Methoden zur statistischen Inferenz.
Knorr-Held unterrichtet Statistik und bietet Vorlesungen für Studenten der Bioinformatik an. ■
■ PROF. DR. ALBRECHT BERGER
Fakultät für Kulturwissenschaften
Albrecht Berger, 1957 in München
geboren, hat im Januar 2003 seine
Professur für Byzantinistik am Institut für Byzantinistik, Byzantinische
Kunstgeschichte und Neogräzistik
der LMU angetreten. 1976 bis 1981
studierte er an der LMU Byzantinistik, Kunstgeschichte und Lateinische Philologie des Mittelalters.
1981 bis 1982 war er Stipendiat des
Deutschen Studienzentrums in
Venedig und von 1984 bis 1989 wis-
1 Prof. Dr. Adrian Danek
Foto: LMU
MUM 01/2003
32
Foto: LMU
KÖPFE
1 Prof. Dr. Leonhard Knorr-Held
■ PROF. DR. LEONHARD KNORR-HELD
Fakultät für Mathematik, Inform. und Statistik
Leonhard Knorr-Held ist seit Januar 2003 als Professor für Biostatistik im Department für Statistik
tätig. Geboren 1966 in Erlangen, studierte er von
1988 bis 1993 Statistik an der Universität München. Als DAAD-Stipendiat verbrachte er 1995/96
ein Jahr an der University of Washington in Seattle, USA. Nach Promotion (1997) und Habilitation
(2000) an der Universität München lehrte er als
Lecturer am Imperial College London und später
als Senior Lecturer an der Lancaster University,
ebenfalls in England. Derzeit ist Knorr-Held Mit-
1 Prof. Dr. Albrecht Berger
hat an der LMU Medizin studiert
und wurde in Bern, Mainkofen,
London und an der LMU zum Arzt
für Neurologie ausgebildet. Zudem
forschte er am Institut für Medizinische Psychologie der LMU, dem
Max-Planck-Institut für Psychiatrie
und zuletzt an der Cognitive Neuroscience Section des NINDS/NIH,
Bethesda (USA). Als klinischer Oberarzt ist ihm die Einbeziehung neuropsychologischer Untersuchungstechniken in den Alltag einer AkutKlinik besonderes Anliegen.
Die Arbeitsgruppe von Prof.
Danek beschäftigt sich mit der
neuropsychologischen Diagnostik
bei Erkrankungen des Zentralnervensystems. In einem Projekt werden die bisher wenig beachteten
Störungen der Aufmerksamkeit bei
Neurofibromatose untersucht.
1 Prof. Dr. Wolfgang Rathert
■ PROF. DR. RAINER RUPPRECHT
Medizinische Fakultät
Seit November 2002 ist Rainer Rupprecht Professor für Psychiatrie an
der Psychiatrischen Klinik der LMU.
Er studierte Medizin an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg und Klavier am Meistersingerkonservatorium. 1986
legte er das Medizinische Staatsexamen ab und promovierte mit
„summa cum laude“. Von 1987 bis
1990 war er als Assistenzarzt an der
Psychiatrischen Universitätsklinik
Würzburg tätig. 1990 wechselte er
an das Max-Planck-Institut für Psychiatrie in München. Dort arbeitete
er zunächst in der Grundlagenforschung, danach schloss er seine
Facharztweiterbildung für Psychiatrie und Psychotherapie ab und
wurde 1996 Oberarzt. Seit 1998 ist
er als Oberarzt an der Psychiatrischen Klinik der LMU tätig.
Sein wissenschaftliches Arbeitsgebiet umfasst die molekulare und
klinische Pharmakologie von Steroiden, die Neuroendokrinologie psychiatrischer Erkrankungen sowie die
Erforschung neuer Therapieansätze
bei Depressionen und Angsterkrankungen. Neben seiner medizinischen Tätigkeit wirkt Rupprecht als
Pianist bei verschiedenen Konzertveranstaltungen und als Cellist im
Bayerischen Ärzteorchester mit.
Foto: LMU
1 Prof. Dr. Rainer Rupprecht
Privatdozent an der Humboldt-Universität, wo er
sich 1999 auch habilitierte. 2000 übernahm er eine
Lehrstuhlvertretung an der Universität Leipzig.
Ratherts wissenschaftliche Arbeit umfasst zahlreiche Veröffentlichungen zur Musik vorwiegend
des 19. und 20 Jahrhunderts. Schwerpunkt seiner
Arbeit ist die Musik des 20. Jahrhunderts, vor allem
nach 1945. Ziel ist es, Studierende mit dem großen
Spektrum von Stilen, Techniken und Strömungen
der neuen und populären Musik vertraut zu
machen. Dafür soll auch die Zusammenarbeit mit
anderen LMU-Instituten vertieft werden.
■
■ PROF. DR. HARRY OELKE
Evangelisch-Theologische Fakultät
Harry Oelke hat am 1. Oktober 2002
den Lehrstuhl für Kirchengeschichte mit den Schwerpunkten Reformationsgeschichte und Kirchliche
Zeitgeschichte übernommen. 1957
in Großgoltern (Kreis Hannover)
geboren, studierte Oelke ab 1978 Ev.
Theologie, Germanistik, Soziologie,
Pädagogik und Englische Sprache in
Kiel und London. 1992 wurde er in
Kiel promoviert. 1999 habilitierte er
sich ebenda. Im Anschluss übernahm er Lehrstuhlvertretungen in
Kiel und Saarbrücken. Schwerpunkte in Forschung und Lehre an der
LMU liegen in der Epoche der Reformation und des Konfessionellen
Zeitalters. Dabei interessiert insbe-
sondere die Frage nach den Druckmedien im Prozess der Konfessionalisierung. Einen zweiten Schwerpunkt bildet das Verhältnis von
Nationalsozialismus und Kirchen.
Forschungsvorhaben richten sich
auf die Bildpublizistik im Konfessionellen Zeitalter. Zudem soll die Rolle der Kirchen in der Nachkriegszeit
der BRD untersucht werden.
■ PROF. DR. INKA MÜLDER-BACH
Fakultät für Sprach- und
Literaturwissenschaften
Seit Oktober 2002 ist Inka MülderBach Professorin für Neuere Deutsche Literatur an der LMU. 1953 in
Hannover-Münden geboren, studierte sie ab 1971 als Stipendiatin
der Studienstiftung des Deutschen
Volkes Germanistik, Anglistik/Amerikanistik, Skandinavistik und PhiloFoto: LMU
■ PROF. DR. WOLFGANG RATHERT
Fakultät für Geschichts- und
Kunstwissenschaften
Zum Oktober 2002 hat Wolfgang Rathert, 1960 in
Minden/Westf. geboren, eine Professor am Institut für Musikwissenschaft der LMU angetreten.
Nach seiner Ausbildung zum C-Kirchenmusiker
studierte er Historische Musikwissenschaft, Philosophie und Neuere Geschichte an der Freien Universität Berlin. Nach Promotion und Ausbildung
als wissenschaftlicher Bibliothekar leitete er bis
2002 die Musik- und Theaterbibliothek der Universität der Künste Berlin. Daneben war Rathert
1 Prof. Dr. Inka Mülder-Bach
■ PROF. DR. TORSTEN HAFERLACH
Medizinische Fakultät
Im Dezember 2002 ist Torsten
Haferlach als Professor für Innere
Medizin an die Medizinische Klinik
III des Klinikums Großhadern berufen worden.
Er wurde 1959 in Kiel geboren und
studierte dort Humanmedizin. 1984
bis 1992 war er Assistenzarzt an der
II. Medizinischen Universitätsklinik
in Kiel und promovierte 1985 zum
Dr.med. und 1991 zum Dr.phil,
nachdem er parallel das Studium
der Germanistik und Literaturwissenschaften in Kiel absolviert
hatte.
1991 schloss er seine Ausbildung
zum Facharzt für Innere Medizin ab.
1993 bis 1996 war er Oberarzt an
der II. Medizinischen Universitätsklinik in Kiel, wo er sich 1996 habilitierte. 1996 bis 1998 war er Oberarzt an der Abteilung Hämatologie/Onkologie im Zentrum Innere
Medizin der Universität Göttingen
und seit 1998 Oberarzt an der Medizinischen Klinik III und Leiter des
„Labors für spezielle Leukämiediagnostik“ des Klinikums Großhadern.
Schwerpunkte seiner Arbeit werden
in der Leukämiediagnostik und in
der Therapie von malignen Erkrankungen liegen.
KÖPFE
NEUBERUFEN
33
MUM 01/2003
Foto: LMU
sophie in Tübingen, Oslo und Berkeley. Sie promovierte 1985 in Tübingen und war von 1985 bis 1995 wissenschaftliche Mitarbeiterin und
Assistentin am Institut für Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaften der FU Berlin, wo sie
1996 habilitierte. Nach Gast- und
Vertretungsprofessuren in New York
und Berlin war sie seit 1998 C3-Professorin für Neuere deutsche Literatur an der LMU. 2001 wurde sie
auf einen Lehrstuhl in Düsseldorf
berufen, den sie bis 2002 vertretungsweise wahrnahm, bevor sie
einen neuerlichen Ruf an die LMU
erhielt und, nach einem Aufenthalt
als Senior Fellow am IFK in Wien,
nach München zurückkehrte. Ihre
Forschungschwerpunkte sind die
deutsche Literatur des 18. bis 20.
Jahrhunderts in komparatistischer
und kulturwissenschaftlicher Perspektive, Narratologie und Erzählforschung sowie Traditionen der
Ästhetik und Poetik. Sie ist Herausgeberin der Schriften Siegfried Kracauers im Suhrkamp Verlag.
Fotos: LMU
PREISE
& EHRUNGEN
KÖPFE
1 Prof. H. Weinfurter (li.) und Dr. Ch. Kurtsiefer
tion Physik der LMU. Dr. Christian Kurtsiefer (35)
studierte von 1987 bis 1992 Physik an der Universität Konstanz und promovierte dort 1997. Er
arbeitet seit 1999 als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der LMU.
Einen Weltrekord haben Professor Weinfurter
und Dr. Kurtsiefer aufgestellt, als die Wissenschaftler zwischen den Gipfeln von Zugspitze und
Karwendel Nachrichten abhörsicher über eine
Distanz von 23,4 Kilometern gesendet haben.
Möglich machte dies die Übertragung von kleinsten Lichtpartikeln, so genannten Photonen. ■
Foto: Maria Dorner
MUM 01/2003
34
■ PHILIP MORRIS FORSCHUNGSPREIS 2003
FÜR LMU-PHYSIKER
Prof. Dr. Harald Weinfurter und Dr. Christian Kurtsiefer haben den Philip Morris Forschungspreis
2003 für ihre Arbeit in der Quantenkryptographie
erhalten. Die Auszeichnung wird jährlich für
zukunftsträchtige Spitzenforschung verliehen.
2003 teilen sich vier deutsche Forscherteams das
Preisgeld von 100.000 Euro.
Der Österreicher Professor Weinfurter (42) studierte an der TU Wien technische Physik und habilitierte 1996 an der Universität Innsbruck. Seit
1999 ist er Professor für Quantenoptik an der Sek-
1 Dr. Werner Böhme, Leitender Ministerialrat a. D., (Mitte, mit seiner Gattin) erhielt die Verdienstmedaille der Universität München aus den
Händen von Kanzler Dr. Hendrik Rust.
■ LMU-VERDIENSTMEDAILLE
FÜR DR. WERNER BÖHME
Erstmals hat Rektor Professor Bernd
Huber die Verdienstmedaille in Gold
der LMU vergeben. Der leitende
Ministerialrat a.D., Dr. Werner Böhme, bis vor kurzem Liegenschaftsreferent im Bayerischen Finanzministerium, erhielt am 14. Januar die
Medaille. „Wir möchten uns auf diese Weise für Dr. Böhmes Verständnis für die spezifischen Anliegen
unserer Universität bedanken“, sagte Rektor Huber.
In seiner Laudatio wies Uni-Kanzler
Dr. Hendrik Rust auf die Schwierigkeit hin, in München kurze Wege für
Studierende und Dozenten zu
ermöglichen. Dies sei mit dem
Erwerb diverser Liegenschaften aus
Staatsbesitz in der Innenstadt
gelungen. „Dabei konnten wir uns
immer auf eine gute Zusammenarbeit mit dem Finanzministerium
verlassen“, resümierte Rust.
■ BUNDESVERDIENSTKREUZ
FÜR PROREKTORIN KLIPPEL
Professor Dr. Friederike Klippel, seit
1. April 2003 neue Prorektorin der
LMU, hat das Verdienstkreuz am
Bande des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland erhalten.
Ende Februar 2003 händigte Bayerns Wissenschaftsminister Hans
Zehetmair der Anglistin die hohe
Auszeichnung aus. Professor Klippel
ist seit 1994 Inhaberin des Lehrstuhls für Didaktik der englischen
Sprache und Literatur an der LMU.
Die in Hameln geborene Professorin
hat sich mit großem Engagement
für die Fachdidaktik als Wissenschaft eingesetzt, für die Aus- und
Weiterbildung der Englischlehrer
sowie für die dringend notwendige
Öffnung der Didaktik als „Knowhow“ der Vermittlung von Wissen
und Fertigkeiten auf Berufsfelder
außerhalb der Schulen. Außerdem
habe sie sich, so hieß es in der Laudatio, maßgeblich an der Entwicklung eines arbeitsmarktbezogenen,
mediengestützten Fremd- und
Fachsprachenunterrichts beteiligt.
■ PROFESSOR PÖPPEL
„GUEST PROFESSOR“ IN PEKING
Professor Dr. Ernst Pöppel, Vorstand
des Instituts für Medizinische Psychologie (IMP) an der Medizinischen
Fakultät der LMU, ist von der
Peking-University zum „Guest Professor“ ernannt worden. Diese
Ehrung erfolgt im Rahmen der
Kooperation zwischen dem international renommierten Neurowissenschaftler mit der Peking-University,
die in China die führende Universität und ein Zentrum für „Cognitive Neurosciences“ (Kognitive Neurowissenschaften) ist. Innerhalb des
Kooperationsvertrages halten das
Institut für Medizinische Psychologie sowie das Humanwissenschaft-
liche Zentrum (HWZ) regelmäßige
Workshops in München und Peking
ab. Mit eingebunden ist auch die
Chinesische Akademie der Wissenschaften in Peking.
■ KOREANISCHER ORDEN FÜR
PROFESSOR KINDERMANN
Prof. Dr. Gottfried-Karl Kindermann,
Professor für Internationale Politik
und Koordinator für Interdisziplinäre Lehrveranstaltungen über Ostund Südostasien an der LMU, hat im
Februar 2003 vom Botschafter der
Republik Korea, S.E. Hwang Wontak, den Orden „Hunginjang“ erhalten. Prof. Kindermann erhielt die
Auszeichnung für seine Verdienste
in der 28-jährigen Zusammenarbeit
mit koreanischen Forschungsinstituten zur vergleichenden Analyse
von Problemstrukturen geteilter
Länder.
■ DOPPELTE EHRE
Beim Fassadenpreis 2002 hat die
LMU für gleich zwei renovierte
Gebäude eine „lobende Erwähnung“
erhalten. Der Münchner Stadtrat
würdigte damit die mustergültige
Renovierung der Fassaden des
Hauptgebäudes und des Dekanats
der Medizinischen Fakultät. Das
Hauptgebäude am GeschwisterScholl-Platz wurde 2001 für 1,2 Millionen Euro in Anlehnung an die
Original-Fassade von Friedrich Gärtner erneuert. Auch beim Dekanat
am Bavariaring 19 orientierte sich
die Neugestaltung an der ursprünglichen Renaissance-Fassade Emanuel von Seidls aus dem Jahr 1888.
■ LMU PROFITIERT VON
KREATIVEN KÖPFEN
Seit dem Jahr 2000 meldet die LMU
im Rahmen der Initiative BayernPatent Erfindungen, die an der Universität gemacht wurden, zum
Patent an. Das erste auf diese Weise gemeldete Patent basierte auf der
Forschung von Dr. Heidi Kögel und
Prof. Christian Alzheimer, die neue
Methoden zur Erforschung und
Behandlung von Hautkrankheiten
entwickelten. Inzwischen gehen die
ersten Verwertungserlöse bei der
LMU ein, zum Beispiel von Switch
Biotech. Die Aktiengesellschaft hat
Ende 2002 einen Vertrag mit der
LMU abgeschlossen, der die Verwertung der Erfindung von Kögel und
Alzheimer sichert.
Foto: Hellbrügge Stiftung
Dr. Karin Schneider, 1931 in Dessau geboren, promovierte im Fach Deutsche Philologie 1957 in Fribourg/Schweiz. Sie war dort zunächst wissenschaftliche Mitarbeiterin (DFG), von 1962 bis 1966
wissenschaftliche Angestellte an der Stadtbibliothek Nürnberg und von 1967 bis 1995 Wissenschaftliche Angestellte in der Handschriftenabteilung der Bayerischen Staatsbibliothek. Den Ruf auf
eine Professur für Handschriftenkunde an die Universität Mainz lehnte sie 1981 ab. 1985 erhielt sie
die Medaille „Bene merenti“ in Silber der Bayerischen Akademie der Wissenschaften.
■
1 Professor Dr. Dr. h.c. mult. Theodor Hellbrügge zwischen den Insignien
der Medizinischen und der Philosophischen Fakultät der Universität Prag.
Professor Hellbrügge erhielt in Prag seine 15. Ehrendoktorwürde.
■ 15. EHRENDOKTORWÜRDE
FÜR PROFESSOR HELLBRÜGGE
Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Theodor Hellbrügge, emeritierter Ordinarius für
Sozialpädiatrie sowie emeritierter
Vorstand des Instituts für Soziale
Pädiatrie und Jugendmedizin und
Gründer des Kinderzentrums München, hat von der Universität Prag
seine 15. Ehrendoktorwürde erhalten. Zuvor hatte auch die Universität Nis (Jugoslawien) die Ehrendoktorwürde an Hellbrügge verliehen. Ausgezeichnet wurde Hellbrügge für sein wissenschaftliches
Lebenswerk und seine herausragenden Verdienste im Gebiet der Sozialpädiatrie. Hellbrügge begann seine Laufbahn als Kinderarzt der Uniklinik München und gründete hier
den ersten deutschen Lehrstuhl für
Sozialpädiatrie. Mit dem Kinderzentrum München schuf er die erste
sozialpädiatrische Einrichtung für
Entwicklungs-Rehabilitation,
Früherkennung und -therapie und
soziale Integration. Mittlerweile gibt
es 200 solcher Kinderzentren im Inund Ausland.
■ BAYERISCHEN STAATSPREIS
FÜR PROFESSOR HELLER
Für besondere Verdienste im
Geschäftsbereich des Staatsministeriums für Unterricht und Kultus
wurde Prof. em. Dr. Kurt Alois Heller der Bayerische Staatspreis für
Unterricht und Kultus 2003 verliehen. Der Preis wurde am 19. Februar 2003 anlässlich eines Festaktes in
der Münchner Residenz von Staatsministerin Monika Hohlmeier übergeben. Die Auszeichnung erfolgte in
Würdigung der Verdienste Hellers
um die Hochbegabungs- und Bildungsforschung.
■ UNICHOR-DIRIGENT HANS
R. ZÖBELEY VERABSCHIEDET
Nach 33 Jahren Chorleitung an der
LMU hat Dr. Hans Rudolf Zöbeley
das Dirigat des Universitätschores
an seinen Nachfolger Johannes
Kleinjung abgegeben. „Der Universitätschor hat unter der Leitung von
Dr. Zöbeley großes Echo auch im
Ausland gefunden – der Chor ist ein
gern gesehener Botschafter der
LMU“, würdigte LMU-Rektor Professor Bernd Huber die Arbeit des
scheidenden Chorleiters, der dieses
Amt 1969 übernommen hatte. Zur
Anerkennung seiner Verdienste verlieh ihm die LMU bereits 1979 den
neu geschaffenen Ehrentitel Universitätsmusikdirektor und ernannte ihn außerdem 1996 zum Ehrenbürger der Universität.
■ HOHE AUSZEICHNUNG FÜR
DR. HEIKE ALLGAYER
Eine der höchsten Auszeichnungen
in Deutschland für Verdienste in der
Krebsforschung, der mit 10.000
Euro dotierte Johann-Georg-Zim-
■ GOLDMEDAILLE FÜR
LMU-STUDENTIN
Annette Steinbauer, Studentin der
Betriebswirtschaft an der LMU, holte Ende Januar auf der Studentenolympiade in Tarvisio, Italien, die einzige Goldmedaille für Deutschland
in der Halfpipe. Die 24-Jährige
nimmt seit 1996 an SnowboardWettkämpfen und seit zwei Jahren
auch an internationalen Wettkampfserien teil.
■ RUDOLF-KAISER-PREIS 2002
FÜR DR. IMMANUEL BLOCH
Der LMU-Wissenschaftler Dr. Immanuel Bloch hat die mit 30.000 Euro
höchstdotierte Auszeichnung für
deutsche Nachwuchsphysiker, den
Rudolf-Kaiser-Preis 2002, erhalten.
Bloch ist Leiter der Projektgruppe
„Ultrakalte Quantengase“ an der
LMU und am Max-Planck-Institut
für Quantenoptik. Im Mittelpunkt
seiner jetzt ausgezeichneten Arbeiten stehen die Eigenschaften von
ultrakalten Quantengasen in künstlichen Festkörpern aus Licht.
Bloch hat an der Universität Bonn
Physik studiert. Nach einem Forschungsaufenthalt an der Stanford
Universität (USA) promovierte er an
der LMU. Im Anschluss setzte Bloch
seine Tätigkeit am Max-PlanckInstitut für Quantenoptik und an
der LMU als Projektleiter der Gruppe „Ultrakalte Quantengase“ bei
Professor Theodor W. Hänsch fort.
KÖPFE
1 Dr. Karin Schneider
■ EHRENDOKTORWÜRDE FÜR
PALÄOGRAPHIN DR. KARIN SCHNEIDER
Als „führende Autorität in der germanistischen
Paläographie“ genießt Dr. Karin Schneider, bis zu
ihrem Ruhestand 1995 Mitarbeiterin der Bayerischen Staatsbibliothek, hohes Ansehen unter
Experten. Die Fakultät für Sprach- und Literaturwissenschaften der LMU hat ihr im Januar 2003
für ihr Lebenswerk und ihre Verdienste um die
Wissenschaft die Ehrendoktorwürde verliehen. Dr.
Karin Schneider hat in zehn Katalogbänden rund
1800 mittelalterliche Codices kodikologisch und
inhaltlich beschrieben und analysiert.
35
MUM 01/2003
Foto: Meinen Fotografie
PREISE
& EHRUNGEN
mermann-Forschungspreis, ist an
Dr. med. Heike Allgayer verliehen
worden. Die Privatdozentin und
Assistenzärztin der Chirurgischen
Klinik und Poliklinik des Klinikums
Großhadern hat zahlreiche internationale Beiträge auf dem Gebiet der
Krebsforschung veröffentlicht. Sie
beschäftigt sich aktuell mit der Ausbreitung von Tumoren des MagenDarm-Traktes.
Heike Allgayer wurde 1969 in
Lindenberg/Allgäu geboren und studierte von 1988 bis 1995 Medizin an
der LMU. Nach der Promotion ging
sie für einen zweijährigen Forschungsaufenthalt an die University of Texas in Houston (USA). Parallel zur Arbeit in der dortigen Abteilung für Tumorbiologie erwarb sie
den Ph.D.-Titel in Molekularbiologie.
2001 habilitierte sie sich. Seit Juni
1999 hat Dr. Allgayer eine eigene
wissenschaftliche Arbeitsgruppe.
SERVICE
TIPPS &
TERMINE
MUM 01/2003
36
■ INFORMATIONEN FÜR
NACHWUCHSFORSCHER
Nachwuchswissenschaftler
der
LMU können mit Hilfe ihrer
CampusLMU-Kennung die Informationsschrift zur Forschungsförderung
„FIT“ beziehen. Die Informationsstelle für Forschungsförderung der
LMU bietet mit „FIT“ acht Mal im
Jahr einen umfassenden Überblick
über aktuelle Ausschreibungen zu
internationalen, nationalen und EUFörderprogrammen sowie Hinweise
zu Stipendien, Stiftungen und Preisen. Weitere Infos unter www.verwaltung.uni-muenchen.de/forschungsfoerderung
■ STIPENDIUM FÜR BÜCHERKAUF UND DISSERTATIONEN
Willkommene Finanzspritze für Studierende und Promovenden: Das
Bayerische Staatsministerium für
Wissenschaft, Forschung und Kunst
stellt der Ludwig-Maximilians-Universität auch in diesem Jahr Mittel
zur Verfügung, die an Studierende
für Bücherkauf und den Druck ihrer
Dissertation ausgezahlt werden
können. Das Geld stammt aus dem
Nachlass des Konsuls Oskar-Karl
Forster. Das nach ihm benannte Stipendium kann bei der LMU beantragt werden. Gewährt werden
Beträge von 100 bis 400 Euro als
einmalige Hilfe zum Kauf von
Büchern oder anderen Lernmitteln.
Doktorandinnen und Doktoranden
erhalten einen Druckkostenzuschuss für die Dissertation. Antragsteller müssen Studierende der LMU
sein, die mindestens im zweiten
Semester sind und zwei Voraussetzungen erfüllen: Sie müssen begabt
Foto: LMU
und bedürftig sein; exakte Einkommensgrenzen und Notendurchschnitte sind also vorgegeben.
Die genauen Bedingungen für
das Stipendium sind auf einem
Antragsformular zusammengefasst, das im Stipendien-Referat der
LMU, Geschwister-Scholl-Platz 1,
Zimmer 235, erhältlich ist. Das Büro
ist Montag, Mittwoch und Freitag
von 8.30 bis 11.30 Uhr geöffnet.
Telefon: 089/2180-5693; Fax:
089/2180-3924. Die Antragsunterlagen müssen bis Mittwoch, 23. Juli
2003, abgegeben werden.
■ HOCHSCHUL-KONTAKTE
DURCH BAYDAT-ONLINE
Kostenlos, schnell, umfassend und
in einheitlicher Form über die
bayerischen Hochschulen informieren – das will BayDat-Online, das
Transfer-Portal der bayerischen
Hochschulen. Dabei geht es vor
allem um Arbeits- und Forschungsgebiete von Wissenschaftlern.
Neben Informationen über die verschiedenen Einrichtungen und Leistungen der Bayerischen Hochschulen können unter www.baydat.de
mit Hilfe der Kooperationsbörse
konkrete Gesuche aufgegeben bzw.
Angebote eingesehen werden. Baydat-Online will damit mehr Transparenz im Hochschulbereich
ermöglichen, die Akquisition von
Fördergeldern für Forschungsprojekte und den Wissenstransfer fördern. Ein wesentliches Merkmal von
BayDat-Online ist dabei, dass ausschließlich Forschungsprofile von
Wissenschaftlern enthalten sind, die
an einer Zusammenarbeit mit der
Wirtschaft interessiert sind. BayDat-Online ist ein Projekt des
Bayerischen Staatsministeriums für
Wissenschaft, Forschung und Kunst
und der Arbeitsgemeinschaft der
Transferstellen Bayerischer Universitäten (TBU) in Kooperation mit den
Bayerischen Fachhochschulen.
Weitere Informationen hält Projektkoordinator Dr. Harald Schnell
an der Universität Regensburg
bereit, Tel: 0941-943 2099, E-Mail:
futur@uni-regensburg.de.
1 An der Broschüre „Schlüsselqualifikationen“ beteiligten sich
LMU-Mitarbeiter aus 41 Fächern.
■ LMU-BROSCHÜRE ZU
SCHLÜSSELQUALIFIKATIONEN
Schlüsselqualifikationen werden bei
der Jobsuche auch für Hochschulabsolventen immer wichtiger. Was
allerdings den jungen Akademikern
meist fehlt, sind konkrete Anregungen, wie Schlüsselqualifikationen
bereits während des Studiums
erworben werden können.
Das Institut Student und Arbeitsmarkt an der LMU hat nun – zum
ersten Mal an einer deutschen
Hochschule – entsprechende Empfehlungen in Form einer 64-seitigen
Broschüre
zusammengestellt:
„Schlüsselqualifikationen – das Plus
eines universitären Studiums“. Sie
wurde in Zusammenarbeit mit insgesamt 41 Fächern der LMU erarbeitet und wendet sich an Studierende, Dozenten und Arbeitgeber.
Die Broschüre ist in Buchhandlungen im Umfeld der Universität und
beim Institut Student und Arbeitsmarkt zum Preis von zwei Euro
erhältlich.
Weitere Informationen: Dr. Harro Honolka, Institut Student und
Arbeitsmarkt an der LMU München,
Ludwigstr. 27/I, 80539 München,
Tel. 089/2180-2989.
■ TERMINKALENDER AUF
WWW.SONDERPAEDAGOGE.DE
Das Internet-Portal sonderpaedagoge.de bietet ab sofort eine
neue Funktion für seine Nutzer an.
Unter der Rubrik „Termine“ finden
sich Hinweise auf Veranstaltungen
aller Art (Tagungen, Kongresse,
Workshops u.ä.) aus dem Bereich
der Pädagogik/Sonderpädagogik
bzw. damit verbundenen Nachbardisziplinen. Es steht jedem Benutzer
frei, selbst eine Veranstaltung einzutragen. Die entsprechenden
Daten können in ein dafür eingerichtetes Formular online eingegeben und direkt abgeschickt werden.
Somit stehen die Informationen
über eine Veranstaltung sofort allen
Besuchern von sonderpaedagoge.de
zur Verfügung. Dieser Service ist
kostenlos. Das Portal sonderpaedagoge.de ist unter der Adresse:
www.sonderpaedagoge.de im Internet zu finden.
■ BERUFSPRAKTIKA IM
AUSLAND ZU VERGEBEN
Ab Juli 2003 kann das Institut Student und Arbeitsmarkt der LMU
wieder Praktika in folgenden Ländern anbieten: Italien (Brescia),
Nordirland (Belfast), Polen (Krakau),
Bulgarien (Sofia) und Rumänien
(Hermannstadt). Es handelt sich um
freiwillige Praktika in verschiedenen
Bereichen, die für Studierende aller
Fakultäten gedacht sind. Erste
Arbeitsmarkterfahrungen sollten
vorhanden sein. Für die Praktika in
Italien und Nordirland werden gute
Kenntnisse der Landessprache vorausgesetzt (Test). Für Praktika in
Polen reichen Grundkenntnisse. In
Bulgarien und Rumänien reichen
Kenntnisse in Deutsch und Englisch
aus. Die Dauer der Praktika beträgt
mindestens drei Monate. LeonardoStipendien sind für diese Praktika
beantragt.
Informationen und Anmeldung
bei: Institut Student und Arbeitsmarkt, Annette Classen (erreichbar
■ AKTUELLE STELLENANGEBOTE DER LMU UND DER EU SOWIE
STELLENGESUCHE UNTER WWW.LMU.DE/PRESSE/STELLENMARKT
■ 3. MÜNCHNER
WISSENSCHAFTSTAGE
Die 3. Münchner Wissenschaftstage vom 16. bis 20. Juli stehen ganz
im Zeichen der DNA-Doppelhelix.
Vor 50 Jahren entdeckten die Biochemiker James Watson und Francis Crick die Struktur der Erbsubstanz, die „Fäden des Lebens“. Die
daraus resultierenden Möglichkeiten, Erbmaterial auch über Artengrenzen neu zu kombinieren, haben
ein neues Zeitalter eröffnet. In der
Medizin, bei der Herstellung von
Lebensmitteln und in der Landwirtschaft stehen völlig neue Möglichkeiten zur Verfügung. Doch es gibt
auch Kritik an der Biotechnologie.
Auf den Münchner Wissenschaftstagen stellen sich Forscher daher
dem Dialog mit der Bevölkerung
über Chancen und Risiken. Fünf
Tage „Wissenschaft für alle“ stehen
auf dem Programm. Für jüngere
Besucher steht ein Kinderlabor
bereit, Schüler können in Laborpraktika ihre eigene DNA analysieren. Biotech-Unternehmen öffnen
während der Wissenschaftstage
ihre Labors für Besichtigungen.
Zudem gibt es zahlreiche Diskussionsveranstaltungen, Vorträge und
Informationsstände. Ausführliche
Programminformationen im Internet unter: www.muenchner-wissenschaftstage.de
■ FACHTAGUNG
„MENSCH UND GARTEN“
Einen Dialog zwischen sozialer
Arbeit und Gartenbau will die Fachtagung „Mensch und Garten“ vom
25. bis 27. Juni in Benediktbeuren
führen. Veranstaltet wird die
Tagung vom Institut für Fort- und
Weiterbildung der Katholischen
Stiftungsfachhochschule München
und dem Zentrum für Umwelt und
Kultur Benediktbeuern. Dabei sollen
in Vorträgen, Workshops und Projektpräsentationen neue Möglichkeiten gezeigt werden, das gärtne-
rische Tun mit Zielen der sozialen
Arbeit zu verbinden. Themen sind
unter anderem die Geschichte der
Gartenkultur, Schulgärten und der
Garten in der interkulturellen
Arbeit. Informationen und Anmeldeformular (Anmeldeschluss 10.
Juni 2003) sind zu finden auf der
Internet-Seite www.mensch-undgarten.de
LESERBRIEFE
3 Besten Dank für die Zusendung
der Belegexemplare 05/2002. Ich
finde die Ausgabe sehr gelungen
und bedanke mich insbesondere für
die bestens gelungene Ausgestaltung und gestalterische Umrah-
mung des Interviews zum Thema
Erzählen. Jetzt habe ich wieder mal
was „Feines zum Rumzeigen“.
Claus Claussen,
Hofheim/Ts.
3 In MUM 05/2002 stellten Sie
unter der Rubrik „Kunstschätze an
der LMU“ Wanduhren aus verschiedenen Bereichen der LMU vor. Auch
in unserem Institut befindet sich
meines Erachtens ein so genanntes
„Kunstwerk“. Über dem Mosaikbild
in der Eingangshalle hängt eine
wundervolle Uhr. Sie weist einen
Durchmesser von ca. 1,20 m auf
und wird von einer Hauptuhr mit
einem Minutenimpuls von 24 V
angesteuert. Beides stammt aus der
Errichtung unseres Gebäudes aus
den Jahren 1912/14 und ist wirklich
sehens- und beachtungswert.
Kurt Krämer,
Department Biologie I, LMU
Veröffentlichungen in dieser Rubrik sind
keine redaktionellen Meinungsäußerungen.
Die Redaktion behält sich das Recht auf
Kürzungen vor.
SERVICE
von 9 – 12 Uhr außer mittwochs),
Ludwigstr. 27/1, 80539 München,
Tel. 089/2180-1388, E-Mail: annette.classen@extern.lrz-muenchen.de
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1 Mit diesem Klistierschemel gingen gesundheitsbewusste Engländer in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts auf Reisen. Das Modell mit herausnehmbarer
Spritze ist im Deutschen Medizinhistorischen Museum in
Ingolstadt ausgestellt.