Ausgabe 43

Transcription

Ausgabe 43
17. November 2004 – Jahrgang 10
Ausgabe 43 – kostenlos
Hochschulleitung reformiert
Campus
4
Scheißhausreport
zweiter Teil
Campus
5
Heather versteht ihr
Land nicht mehr
Sport
9
Trainingscamp für
Weltkulturerbelauf
Pro: Eine effiziente Planung ist notwendig
Contra: Undurchsichtigkeit hilft niemandem
Von Sven Becker
Die Einführung eines neuen, kleineren
Leitungsgremiums war längst überfällig. Zu langsam arbeiteten die Planungs- und Haushaltskommissionen,
ihre Mitglieder waren allzuoft schlecht
vorbereitet. Von konstruktiver Opposition konnte nie die Rede sein. „Widerstand aus den Reihen der Studierenden
hat es zu keiner Zeit gegeben“, berichtete Rektor Ruppert auf einer öffentlichen Konventssitzung im Frühsommer. Selbst ein Studierendenvertreter
räumt gegenüber OTTFRIED ein: „Die
bisherige Form der beratenden Senatsausschüsse hat nicht funktioniert.“
In der heutigen Zeit kann sich das unsere Uni aber nicht mehr leisten. Den
Hochschulen stehen die größten Reformprozesse der letzten Jahrzehnte ins
Haus: Profilbildung, Studiengebühren,
die Einführung der Bachelor-MasterProgramme – all das ruft nach einer effizienten Entscheidungsinstanz, die
schnell auf neue Entwicklungen reagieren kann. Dabei ist die Erweiterte
Hochschulleitung entgegen der Meinung vieler Studierender keineswegs
undemokratisch.
Von Ulf Berlinger
und Karoline Kessler
„Von der ersten Sitzung der Erweiterten
Hochschulleitung wissen wir bis jetzt
noch fast nichts.“ Thomas Lörner ist
der Vertreter der Studierenden im Senat. Seit der Einführung der Erweiterten Hochschulleitung sind an unserer
Universität weder Studierende noch
Vertreter des Mittelbaus noch die Frauenbeauftragte an wichtigen Planungen
beteiligt. Nur die
Dekane sind
als Vertreter
d e r
F a kultäten mit dabei. Aber können
sie als Professoren die Interessen
der Studierenden und des Mittelbaus wirklich vertreten? „Das
große Problem für uns ist fehlende
Transparenz. Wir haben Rektor
Ruppert gebeten, sich im Senat
zu Sitzungen der Erweiterten
Hochschulleitung zu äußern, initiativ werden wir nicht informiert.“
Rektor Ruppert sah das am
Dies Academicus anders: „Der Kommunikationsfluss zwischen Universitätsleitung und Fakultäten ist über
die Erweiterte Hochschulleitung erheblich besser zu pflegen als in der bisherigen Kommunikationsstruktur. So ist sichergestellt, dass die Informationen in
den Fakultäten nicht einem unkontrollierten Diffusionsprozess unterworfen
werden.“ Das bedeutet: Die Hochschulleitung kann besser kontrollieren, welche Informationen sie weitergeben will.
Denn die Sitzungen der Leitung sind
Keineswegs
undemokratisch
Betrachtet man die Hochschulverwaltung als Gewaltenteilung, dann entspräche der Senat dem Repräsentativorgan
und die Erweiterte Hochschulleitung
der Exekutive. In ihr sind mit dem
Rektor, den Prorektoren, der Kanzlerin
und den Dekanen alle wichtigen
Personen beteiligt, die Beschlüsse später durchführen müssen. Kontrolliert
wird die Arbeit der Erweiterten Hochschulleitung durch den Senat, in dem
sämtliche Gruppierungen der Universität vertreten sind – das bedeutet, auch
Studierende, Vertreter aus dem Mittelbau und die Frauenbeaufragte.
Von strukturell großer Bedeutung ist
die starke Einbindung der Dekane, die
bisher nur beratend an wichtigen Entscheidungen der Uni beteiligt wurden.
Über sie sollen Informationen aus der
erweiterten Hochschulleitung
an die Fakultäten
weitergegeben
werden. Bei den Dekanen können
sich also auch die Studierenden
über die Arbeit der Erweiterten Hochschulleitung informieren.
Letztlich sollen regelmäßige Informationsveranstaltungen Transparenz
garantieren, wie der neue Prorektor
für Lehre, Professor Reinhard Zintl,
versichert: „Ich werde mich nicht
davor scheuen, bei Treffen über
Strukturentscheidungen wie die
Einführung der Bachelor/MasterProgramme Auskunft zu geben. Es
wäre abwegig, zu sagen, dass solche
Dinge vertraulich sind. Darüber muss
man sich verständigen,“ so der Prorektor. Wie gut die Erweiterte Hochschulleitung funktionieren wird, könne man
gut sechs Wochen nach ihrer Einführung noch nicht sagen. Auf jeden
Fall hat die Universitätsleitung mit der
Neuerung eine logische Konsequenz
aus der schwerfälligen Arbeit der Kommissionen gezogen und ist sie gewappnet für die anstehenden Aufgaben.
nicht öffentlich. Als Vertreter aller Mitglieder einer Fakultät sollen die Dekane
über die Vorgänge in der Erweiterten
Hochschulleitung informieren. Offiziell
geschieht das über den Fachbereichsrat.
Aber dessen Sitzungen sind ebenfalls
nicht öffentlich!
Wenn die förmlichen Kanäle nicht
funktionieren, müssen Studierende anderweitig auf Informationen pochen.
Wir haben das Recht, über Strukturentscheidungen Bescheid zu wissen. Das
gilt besonders für Angelegenheiten der
früheren Haushalts- und Planungskommissionen, die die Erweitere Hochschulleitung nun an sich gerissen hat.
Auch wenn informelle Treffen zwischen Mitgliedern der Erweiterten
Hochschulleitung und Studierenden im
Gespräch sind, geht das Lörner nicht
weit genug: „Wir wollen eine Stärkung
des Senats hinsichtlich des Budgetrechts, wir wollen das Recht auf kleine
und große Anträge gegenüber der
Erweiterten Hochschulleitung und auf
Mitbestimmung bei der Entwicklung,
Planung und Ausführung.“ Für diese
Anträge machen sich die studentischen
Senatoren die Satzungshoheit des Senats zu Nutze. Er hat die Erweiterte
Hochschulleitung eingeführt und könnte sie dann auch wieder schwächen.
Darauf hoffen die Studierendenvertreter.
Noch sind die Universitäten Körperschaften. Deswegen muss man Hochschulleitung und Senat analog zu Regierung und Parlament betrachten. Deswegen muss es regelmäßig Pressekonferenzen oder Anfragen der Senatoren
an die Leitung geben. Nur so ist Transparenz und vor allem Mitsprache gewährleistet.
Neue Gesetze aus Kloster Banz
Noch können Studierende Einfluss auf einen Entwurf des bayerischen Hochschulgesetzes nehmen
OTTFRIED-Reporter Wolfgang
Kraus auf der härtesten Pilgerfahrt der Welt: 1400 Kilometer
von Franken bis nach Galizien,
um in eine Schießerei zu geraten.
Mehr dazu lest ihr auf Seite 3.
Kultur
10
Ernestos Reise
zum Ché
Kehrseite
12
An den Rändern
der Zivilsation
(sv/ulf) Die Zeiten, in denen auf Klöstern die Geschicke eines Landes bestimmt wurden, sind eigentlich lange
vorbei. Nicht so in Bayern – im oberfränkischen Kloster Banz entscheidet
die bayerische Landesregierung regelmäßig über die Zukunft des Freistaats.
Im September war es wieder soweit.
Diesmal betrifft ein bildungspolitischer
Beschluss vor allem die Studierenden.
Zwar ist denen das Eckpunktepapier für
eine Novelle des bayerischen Hochschulgesetzes genauso bekannt wie die
Zutaten für den Feuerspieß der Mensa.
Trotzdem wird der Beschluss die bayerischen Hochschulen stark verändern.
Mehr Freiraum
für die Universität
Für mediales Aufsehen sorgte die Experimentierklausel für die Rechtsform der
Uni. Meine Alma Mater als Aktiengesellschaft? „Ich sehe keine Notwendigkeit für grundlegende Änderungen am
Körperschaftsmodell. Ich halte das für
einen wissenschaftspolitischen Fehler.
Hochschulen haben eine andere gesellschaftspolitische Kernposition als Unternehmen“, sagt Ludwig Spänle, Vorsitzender der hochschulpolitischen
Gruppe der CSU-Landtagsfraktion.
Spänle sieht hierin auch nicht die bedeutendste Neuerung: „Die wichtigste
Änderung ist die Neuverteilung der
Entscheidungskompetenzen. Die operative Kompetenz bekommen die Hochschulen, die strategische Kompetenz
bleibt beim Ministerium. So können die
Hochschulen möglichst eigenverantwortlich Entscheidungen im Tagesgeschäft treffen“, stellt er klar. „So stehen
die Hochschulen national und international noch leistungsfähiger da.“
Im Klartext: Die Hochschulen regeln in
Zukunft viele Dinge alleine, wie etwa
Studien- und Prüfungsordnungen oder
die Gliederung der Fakultäten. Das Ministerium muss lediglich die Grundordnung und Zulassungszahlsatzung genehmigen. Trotzdem soll die Vergleichbarkeit der Universitäten nicht darunter
leiden. „Das ist dann auch ein Stück
Wettbewerb. Wenn irgendwo die Prüfungsordnung leichter ist, dann strömen
eben dort 10 000 Studenten hin. Ob das
dann im Beruf weiterhilft, ist eine andere Sache“, so Spänle. Natürlich gibt die
CSU die hochschulpolitischen Zügel
nicht völlig aus der Hand: Umfassende
Zielvereinbarungen zwischen Unis,
Staatsregierung und Landtag seien
künftig die Basis für die landsweite
Planung und Steuerung, heißt es im Papier. Wie viel Geld eine Hochschule bekommt, ist dann davon abhängig, wie
gut sie die vereinbarten Ziele erfüllt.
Die Mitsprache der Studierenden ähnelt
übrigens stark der Pressefreiheit in
Russland: sie ist sehr stark eingeschränkt. „Die zum Teil neu entwickelten Gremien bleiben weitgehend professorendominiert; der Mittelbau, die
Studierenden und die im nichtwissenschaftlichen Bereich Beschäftigten sind
unterrepräsentiert“, klagt Wolfgang Vogel, der hochschulpolitische Sprecher
der SPD-Landtagsfraktion. Den erweiterten Senat und die Vorschriften für die
ständigen Kommissionen will die CSU
abschaffen. An deren Stelle tritt ein
Verwaltungsrat. Er soll das Gegengewicht zur Hochschulleitung bilden. Nur
besteht der Verwaltungsrat zur Hälfte
aus externen Mitgliedern. Und die
sucht die Hochschulleitung aus, wobei
der Verwaltungsrat wiederum die Mitglieder der Hochschulleitung wählt.
Riecht nach Patronage, stimmt aber
nicht ganz: Die andere Hälfte des Verwaltungsrats besteht aus gewählten
Mitgliedern des Senats. „Die Repräsentanz der Hochschule muss hier gleichberechtigt sein. Die endgültige Besetzung ist aber noch nicht ausgebastelt“,
stellt Spänle klar. Ob Studierende Mitglieder des Verwaltungsrates werden,
ist also noch unklar.
Erst Ende 2005 stimmt der Landtag
über die Novelle ab. „Es ist ungewöhnlich, dass wir über ein Eckpunktepapier
reden. Aber das ist gut so, denn so kann
viel diskutiert werden“, meint Spänle.
Vielleicht nutzen ja nicht nur die Rektoren die Chance zum Disput, sondern
auch die Studierenden und gestalten so
die Zukunft der Unis mit.
PRESSESTELLE.
Früher war mehr Lametta
Legere Lehre
Viktor von Bülow alias Loriot erhält in Kassel den Jacob-Grimm-Preis für deutsche Sprache
Von Marc Hohrath
So manchem sind ausgesprochene Talente in die Wiege gelegt. Im Falle Viktor von Bülows auch gleich noch sein
Künstlername: Loriot ist der französische Begriff für einen Vogel namens Pirol, der wiederum das Wappentier der
von Bülows ist. Da zwischen dessen lateinischem Namen oriolus oriolus und
Loriot auch eine nicht zu leugnende
phonetische Parallele besteht, war die
Namenssuche schnell beendet.
bachtung eines Infanterieregiments begann. „Ein einziger Laut reichte, um 50
Männer in Bewegung zu setzen“, fand
er erstaunt heraus.
Laudator Robert Gernhardt, Dichter
und Humorist und vielen aus Pardon
und Titanic ein Begriff, würdigte Loriot
mit den Worten: „Er hat die Deutschen
zum Lachen gebracht. Allein wären sie
da nicht hingekommen! Loriot hat uns
jahrzehntelang zugehört, um uns unsere
Unfähigkeit mitzuteilen, uns mitzuteilen.“
Witz und Slapstick:
Ausgezeichnet!
Allerdings dürfte dem jungen Kunststudenten Viktor zum Zeitpunkt seiner animalischen Identitätsfindung nicht vorgeschwebt haben, dass es genau diese
sprachlichen Spitzfindigkeiten sein
sollten, die ihn einmal so berühmt machen würden. Und Orden einbringen –
wie am 30. Oktober, als der heute 81Jährige in der historischen Stadthalle zu
Kassel mit dem Jacob-Grimm-Preis der
deutschen Sprache ausgezeichnet wurde. Er ist damit nach der russischen
Allroundgenie
mit Charme und Stil
Sonst gibt es sowas nur im Karneval: Orden für guten Humor
Präsidentengattin Ludmilla Putina, dem
Dramatiker Rolf Hochhuth und dem
Althistoriker Christian Meier der vierte
Träger des mit 35 000 Euro am höchsten dotierten deutschen Sprachpreises.
Jury-Sprecher war Helmut Glück, Germanistik-Professor aus Bamberg. „Die
Wahl ist auf Loriot gefallen, weil er als
Foto: privat
Schauspieler, Zeichner und Schriftsteller in fast allen Genres der populären Kulturszene Akzente gesetzt hat“,
so Glück.
Bemerkenswert, da der Geehrte laut eigener Aussage ab 1923 mehrere Jahre
Analphabet gewesen sei und seine
sprachliche Sozialisation mit der Beo-
Ob dies das erklärte Ziel des Allroundgenies war, ist fraglich. Fakt ist: Loriots
Sketche sind längst Klassiker. Er war,
ist und bleibt mehr als Spartenhumorist,
Witzlieferant oder stilistische Herkunfts-Referenz für tumbe Stand-UpComedians. Loriot ist eine Institution,
ein Multi-Talent, eine One-Man-Show
mit viel Charme und Stil. Ein Gentleman der alten Schule.
Mehr zu Loriot unter www.loriot.de
Uni-doc, Uni-kat, Uni-vers...
Das Pressereferat behält im Namensdschungel der Hochschulzeitschriften den Überblick
(ulf) Sie heißen Abi, Bäckerblume oder
Lufthansa Exclusive. Organisationen
wie die Bundesagentur für Arbeit oder
Unternehmen wie die Lufthansa geben
Zeitschriften heraus. Damit wollen sie
ihr Image aufpolieren, über neue Angebote informieren und so die Kundenbindung stärken.
Katalysator für
Kommunikation
Uni-kat ist der Name des neuen Magazins der Uni Bamberg. Ab November
gibt das Pressereferat die Zeitschrift
zwei Mal pro Semester heraus. Welche
Intentionen dahinter stecken, erklärt die
Leiterin des Projekts, Monica Fröhlich:
„Uni-kat, der Name ist Programm. Natürlich ist jedes Heft ein Unikat. Aber
es ist auch ein Katalysator, der den Informationsaustausch an der Universität
anregen will.“ Bis Februar 2004 übernahm diese Aufgabe Uni-doc. Seitdem
gibt es die Neuigkeiten aus dem Presse-
wollten mit einem
neuem Medium
und Konzept aufwarten.“ Vor allem
Politik,
Hintergrundberichte und
Reportagen sollen im Mittelpunkt stehen.
Jedes Heft
hat einen
Themenschwerpunkt, zu
d e m
mehr e r e
Artikel
erschein e n .
Ottis Beitrag zum akademischen Sprachspiel: Uni-cat und Uni-dog
A b e r
auch die bisherige Berichterstattung üSprecherrat und den Fachschaften geber Vorträge, Ringvorlesungen und
macht. Das Ergebnis war recht klar: So
neue Professoren kommt nicht zu kurz.
etwas wie Uni-doc muss es weiterhin
Für ein gewisses Maß an Objektivität
geben. Die Leute wollen ein Printmesorgt eine unabhängige Redaktion aus
dium haben“, so Fröhlich. „Aber wir
referat
nur
noch
online. „Wir
haben
d a n n
e i n e
sporadische
Umfrage
i m
Studierenden. „Wenn wir diese Leute
nicht hätten, könnten wir das niemals
machen. Die Studenten haben die Themen und erzählen die Geschichten. Das
macht Qualität aus“, meint Fröhlich.
Mehr Inhalt,
gleiche Kosten
Trotz einer Redaktion und besserer
Druckqualität sind die Kosten für Unikat im Vergleich zu Uni-doc nicht gestiegen. Die Redaktionsmitglieder bekommen nur eine geringe Aufwandsentschädigung und das Magazin erscheint nur vier Mal pro Jahr anstatt
fünf Mal wie Uni-doc. Zudem gestaltet
das Pressereferat der Uni das Layout
selber. Vierfarbig, 32 Seiten dick und
mit einer Auflage von 1500 Stück startet Uni-kat Ende des Monats. Dann
können sich Studierende und Mitarbeiter der Uni selber überzeugen, ob Unikat den Informationsaustausch anregt
oder nur ein Image stärkt.
Von Förstern abgeschaut
„Rat für nachhaltige Entwicklung“ setzt sich für Ressourcen-Schonung ein
(www) Was ist das für ein Wortgetüm?
Natürlich könnte man es sich einfach
machen, ein paar Buchstaben weglasssen und den Rest kräftig durchmischen,
dann kommt etwas viel Griffigeres heraus: Anarchie. Das ist aber genau das
Gegenteil, von dem, was die Beteiligten
des Arbeitskreises „Rat für nachhaltige
Entwicklung“ (RNE) erreichen wollen.
Der RNE setzt sich für eine schöne,
neue nachhaltige Welt ein.
Schonender Umgang
mit Ressourcen
Bevor er jedoch die Weltherrschaft an
sich reißt, leistet der Arbeitskreis als
unparteiisches und beratendes Organ
des Sprecherrats wertvolle Arbeit. „Wie
sieht’s mit der Nachhaltigkeit an der
Universität Bamberg aus?“ Mit Informationsveranstaltungen und Projektar-
(ulf) Am einfachsten erkennt man ihn
an seiner ausgesprochenen Freundlichkeit. Und am stets geöffneten obersten
Hemdknopf über der Krawatte. Professor Reinhard Zintl ist der neue Prorektor für Lehre an der Uni Bamberg.
Seit 1993 ist er Inhaber des Lehrstuhls
für Politische Theorie, seit 1. Oktober
gehört er der Unileitung an. „Als Prorektor für Lehre ist man zum einen,
etwa zusammen mit den Studiendekanen, verantwortlich dafür, dass es in der
Lehre so funktioniert wie es funktionieren soll. Zum anderen gestaltet man das
Lehrangebot insgesamt“, beschreibt
beiten weist der RNE auf die Situation
vor Ort hin. Der Rat will Expertisen
entwickeln, wie sich die Universität
Bamberg nachhaltig gestalten lässt.
Nachhaltigkeit ist ja die Mutter aller
politischen Schlagwörter – doch was
bedeutet sie überhaupt? Nachhaltigkeit
ist ein Begriff, den die Intellektuellen
von den Förstern geklaut haben. In deren Sprache heißt Nachhaltigkeit nichts
anderes, als dass man nur so viele Bäume aus dem Wald holen kann, wie auch
jedes Jahr nachwachsen. Auf die universitäre Ebene übersetzt bedeutet dies:
Der RNE setzt sich für den schonenden
Umgang mit ökologischen, wirtschaftlichen und sozio-kulturellen Ressourcen ein. Wie kann die Universität
Bamberg regionale Wirtschaftskreisläufe unterstützen? Wie kann die Hochschule in ihren Gebäuden Energie sparen und umweltverträgliche Materialien
verwenden? Was kann die Universität
Bamberg dazu beitragen, aus Studierenden mündige Bürger zu machen, die mit
den Problemen der Zukunft fertig werden?
Handwerker
und Idealisten
Der RNE versucht hier Antworten zu
finden, indem er Theorie und Praxis
verbindet. Der Rat braucht daher
„Handwerker“ und „Idealisten“. Das
Motto für seine eigene Agenda 21 hat
der RNE einer Kinderzeitschrift geklaut: „Tu was!“. Also Hintern hoch
und am Donnerstag, 25. November
2004, um 20 Uhr ins Jugendcafé
Immerhin kommen. Eingeladen sind
Studierende aller Fakultäten. Weitere
Informationen zum RNE und seinen
Aktionen gibt es per E-Mail unter
sprecherrat@sv.uni-bamberg.de
Prorektor Zintl
Foto: eucken.de
Zintl seine neue Aufgabe. Und diese
Gestaltung des Lehrangebots befindet
sich derzeit in einem Umbruch. Mit
dem Bolognaprozess sollen Bachelor
und Master die bisherigen Abschlüsse
ersetzen. Während seiner zweijährigen
Amtszeit wird diese Umstellung vermutlich die größte Herausforderung
darstellen. „Es führt kein Weg daran
vorbei, dass wir zunächst einmal disziplinär orientierte Bachelor-Studiengänge haben und die Hauptlast des Interdisziplinären in den Masterstudiengängen erfolgt. Das schließt ja nicht
aus, dass wir auch im Bachelor kräftig
über den Tellerrand gucken“, erläutert
Zintl seine Vorstellung von den neuen
Abschlüssen. Denn gerade die Interdisziplinarität zeichne die Universität
Bamberg aus: „Nehmen Sie zum Beispiel die Orientalisten, die Kultur und
Sprache bestimmter Länder sehr gut
kennen und sich zugleich mit Politikwissenschaften, Soziologie oder Wirtschaftswissenschaften befassen. Dann
hat die Uni Bamberg ein enormes Potenzial, Länderspezialisten hervorzubringen, die dringend notwendig sind in
der transnationalen Kooperation.“
In den nächsten beiden Jahren hat der
neue Prorektor Zeit, dieses Potential
zur Geltung zu bringen; wahrscheinlich
mit ausgesprochener Höflichkeit. Und
offenem Hemdkragen.
IMPRESSUM.
OTTFRIED, die Bamberger Studentenzeitung, erscheint zweimal im Semester, jeweils im Mai und im Juli
bzw. im November und im Februar.
Herausgeber und Redaktion verstehen
OTTFRIED als unabhängiges Organ,
das keiner Gruppierung oder Weltanschauung verpflichtet ist. Für namentlich gekennzeichnete Artikel übernimmt der Autor die Verantwortung.
Balaster (bal), Ulf Berlinger (ulf),
Sandra Bleiner (san), Daniela Eichhorn
(da), Karoline Keßler (kk), Wolfgang
Kraus (www), Steffen Meyer-Schwarzenberger (sms), Thomas Müller (mas),
Isabel Plocher (ip), Jana Ramm (ja),
Björn Schimmeyer (bse), Kirsten
Schlüter (kis), Anja Sötter (anj), Esther
Stosch (sto), Lisa Suckert (süd).
Mitarbeiter dieser Ausgabe:
Marc Hohrath (hhh)
Herausgeber: Ulf Berlinger
Chefredakteure: Sven Becker (sv),
Kira-Katharina Brück (kkb).
V.i.S.d.P.: Ulf Berlinger.
Anzeigen: Julia Bockelmann (verantwortlich).
Redaktionsanschrift: OTTFRIED,
c/o Ulf Berlinger, Birkengraben 34,
96052 Bamberg, Tel.: 0951-5099538.
E-mail: ottfried@ottfried.de
OTTFRIED-Briefkästen:
Vor der Mensa in der Austraße und an
der Feki am Fachschaftsbrett SoWi.
Fotos: siehe Nachweis.
Layout
und
Redaktion:
Marius
Druck: Meister-Druck, Lichtenfels.
Auflage: 2000 Stück.
REPORTAGE.
Bruder Jakob, schläfst Du noch?
Die neuesten Leiden des jungen W.: 1400 Kilometer Jakobsweg nach Santiago de Compostela auf zwei Rädern
Von Wolfgang Kraus
Meter rauf, 100 Meter runter, die ganze
„Mist, ich glaub, ich bin in Bagdad.“
Zeit, bis zum Monte Gozo, von dem aus
Ich schau noch mal in die Landkarte,
man den ersten Blick auf Santiago erhaum mich zu überzeugen: Santiago de
schen kann. Ein spanischer TrachtenCompostela. „Warum zum Teufel baverein wallfahrtet – ein unglaubliches
llern die hier so rum? Findet hier ein
Spektakel: Die Frauen haben Kleider in
kollektives Tontaubenschießen statt?“
nie gesehenen Farben, die Männer eine
1400 Kilometer Radstrecke hab ich bemannsgroße Jakobsstatue oder ein Bier.
reits in den Gesäßmuskeln und der
Erinnerungen an St. Pauli/Lourdes werMuskelkater hat sich wohl bis ins Hirn
den wach.
ausgebreitet. Ich stehe vor der KatheIch radle in die Stadt. Völlig emotionsdrale in Santiago de Compostela und
los komme ich am Ortsschild an. Bomfühle eine große Leere. „Es ist vollbenstimmung in Santiago, irgendein
bracht“, hat der Kumpel vom Santiago
hoher Feiertag, die Reservisten ballern.
damals gesagt. Ich wiederhole den
Ich merke, es ist noch nicht Zeit für
weltbewegenden Satz und rekapituliere
Santiago. Also auf zum Kap Finisterre,
meine Pilger-Radfahrt.
ans Ende der Welt.
Der berühmte Pilgerort hat seine Ur„Nur die Harten komm’ in’ Garten“. In
sprünge im Heiligen Land im Jahre 35
Finisterre treffen sich die Hardcore-Pilnach Christus. Jesus sprach damals zu
ger, die noch nicht genug haben oder
seinen Jüngern: „Schaut euch die Welt
ihr Heil in Santiago nicht gefunden haan und erzählt die frohe Botschaft!
ben. Ein spanisch-manisch-depressiver
Jakob, du gehst nach Galizien und
Vermessungstechniker bringt mich zur
bringst den Spaniern Mores bei!“ Jakob
Verzweiflung. Einmal sind es noch siehatte nichts dagegen: „Spanien ist ne priben, dann 14, dann drei und letztendlich
ma Sache!“ Das dachte ich auch, und
doch wieder acht Kilometer bis zum
Der Weg ist lang. Trotzdem haben die Pilger noch was zu lachen – und sei es nur über die Blasen anderer. Fotos: www
machte mich auf den Weg. Der „PeregriKap. Wo vor drei Jahren die „Prestige“
no“, wie der Pilger bei uns Eingeweihten
alles verdreckt hat, öffnet sich wieder
einem Tag, eigentlich ein Klacks. Es
le cul“ – im Arsch – an, als die 18 Kilonoch den Hund im Anhänger fragen,
heißt, kann die Strecke zu Fuß, mit dem
der Blick aufs Meer, auf die neue Welt.
geht rauf zum „Cruz Ferro“. Hier muss
meter lange Steigung zum Ibañeta-Pass
was er von seinem Herrchen denkt. Am
Rad oder zu Pferd zurücklegen. Welchen
Ich bin am Ende.
jeder Pilger einen Stein von daheim und
kein Ende nimmt. Doch da hilft ein
meisten imponiert mir eine Mutter aus
Status die tapferen Rollstuhlfahrer und
Noch nicht ganz. Der Heilige Jakob hat
damit seine Sorgen ablegen. Ein ItaliePsycho-Trick, man muss immer wieder
Stuttgart mit ihrer 7-jährigen Tochter.
Kameltreiber haben, die die Wallfahrt
noch ‘ne Rechnung mit mir offen. Nach
ner legt seine ausgerauchte Zigarette
ein Mantra aufsagen. Meins lautet:
„Die Kleine ist Wandern gewohnt. Für
antraten, konnte nicht geklärt werden.
drei Tagen kehre ich nach Santiago
nieder. Es geht runter und dann wieder
„Kreiz-zi-fick, hoffentlich is des bald
mich ist es hart, mit den vielen KinderDie wahren Helden sind die Fußpilger,
zurück. Und trotz des ganzen Klamauks
30 Kilometer rauf, auf den O´Cebreiro,
rum!“ Dann geht es bergab nach Pampbüchern im Rucksack.“ Man entkommt
die sich 750 Kilometer durch Nordspaist es tief ergreifend, wenn man die Staden gefürchtetsten Pass des Caminos.
lona, in die Stadt der Stierkämpfe. Dort
der Wandergesellschaft nicht, aber bei
nien quälen, um das
tue des Apostels umarmt und der WeihDa hilft nur noch das Mantra. Im Leoist es Zeit für den
solch angenehmer Begleitung ist das
Grab des Apostels zu
rauchkessel
nischen
ersten Stempel. Diese
kein Nachteil.
erreichen. 30 Tage
geschwunGebirge
„sellos“ kann man
sind dafür angesetzt,
gen wird.
schlägt
das
sich von Herbergen
Der Glaube hilft
einen Monat lang jeWie hat es
Wetter um:
und Gemeinden geüber Bundesstraßen
den Tag 25 Kilometer,
Lt. Dan bei
Es stürmt
ben lassen und vor anmit Blasen an den FüForrest
und schüderen Pilgern damit
Ich lasse Pamplona hinter mir, und
ßen, Durst und Hunger
Gump forttet wie aus
angeben, dass man
mein Knie ist wieder als solches identiund einem 20-Kilomuliert:
Kübeln.
mehr und schönere
fizierbar. Puente-la-Reina, die „Brücke
Rucksack, der lang„Ich glaube,
Dabei warStempel in seinem
der Königin“ ist der nächste Ort. Dort
sam aber sicher die
ich
habe
tet nur eine
Pass hat und übertreffen sich alle Pilgerwege, der CamiWirbelsäule
deformeinen
15 Kilomehaupt.
no Frances, der nördliche und der südlimiert.
„Respekt!“,
Frieden mit
ter lange
Ach ja, die anderen
Vorsicht, kreuzende Pilger!
che Camino. Jetzt gibt’s nur noch einen
denke ich jedes Mal,
dem alten
Abfahrt
Pilger: Im „Heiligen
Weg. Logroñes, Burgos, Leon – alles
wenn ich an so einem armen Hund vorHerrn gemit zehn
Jahr 2004“ wurden Massen an Pilgern
glänzende Namen – mit tollen Kirchen,
beiradle. Aber auch das Rad bewegt sich
macht.“
Prozent
erwartet, es hält sich aber in Grenzen.
wo noch tollere Touristen die tollsten
nicht von selbst.
Der Weg ist
Gefälle auf
Man hat das Gefühl, Teil einer großen
Fotos machen. Diese Städte sind für
Nach knapp zwei Tagen Zugfahrt steige
das Ziel.
mich. In
wandernden Familie zu sein. Die beDer Weg ist das Ziel: Wolfgang in Santiago.
Pilger echte Geduldsproben. Die Vorich in Lourdes aus. Lourdes ist das St.
Viele Mendiesen 20
steht nur aus Freaks, ist aber eine angeorte fangen zehn Kilometer vorher an,
Pauli des Christentums. Überall gibt es
schen sind auf der Suche nach ihren
Minuten habe ich nicht an Gott genehme Abwechslung zum säkularen
und die Nachstädte hören zehn KilomeAndenken an das Wunder von Lourdes
spirituellene und religiösen Wurzeln.
zweifelt. Er hat sich bestimmt gedacht:
Alltag. Jeder bringt seine Geschichte
ter später wieder auf. Zwischen diesen
und „Man sprech deutsch“. Fluchtartig
Die Wall'fahrt zum Grab des Apostels
„Besser so.“ Die Bewegungstherapie
mit, kommuniziert wird in allen mögliOrten hat der spanische Staat die Nverlasse ich diesen Freizeitpark der
Jakob ist ein Trend, aber ein Trend mit
für Blödis findet auf den letzten 140
chen Sprachen oder mit Händen und
120, die „Carreterra Santiago de ComHeilsuchenden und bewege mein vollSubstanz.
Kilometern nach Santiago statt: 100
Füßen. Der Weg nach Santiago ist die
postela“ gesetzt. Zum Teil ist diese
bepacktes Rad Richtung Baskenland.
internationalste Institution in Europa.
Bundesstraße dreispurig ausgebaut und
Die Landschaft ist karg, die OrtsschilWie gesagt, nur Freaks: Der Australier,
der Pilger muss auf dem breiten Seitender zweisprachig, französisch und basder auch mal auf der linken Seite fährt.
streifen kaum Angst haben, wenn ein
kisch. Die ersten Hinweisschilder auf
Die drei 70-Jährigen, die locker mit 30
Mercedes mit 150 Sachen vorbeibraust.
den Jakobsweg tauchen am Straßenrand
Stundenkilometern vorbeiziehen. Der
Verlässt man die Städte, bekommt man
auf. Vor mir liegt St. Jean-Pied-de-Port,
Österreicher, der am Tag nur zur nächeinen Eindruck, wie es Pilgern früher
der Ausgangspunkt des „Camino Fransten Herberge wandert: „Langt doch,
ergangen ist. Die „Meseta“, die baumces“, des „Französischen Pilgerwegs“,
oder?“ Oder die Ulmerin, die von
lose Hochebene, stellt die Nagelprobe
der beliebteste aller Wege. Dort bekomdaheim losgelaufen ist, gleich pleite
dar: 300 Kilome ich im Pilgerbümeter flach, alro meinen Pilgerles gelb, weil
ausweis, den „Creabgemäht, das
dencial“. Der bekann reizüberrechtigt die Wallflutete Mittelfahrer, in den Hereuropäer schon
bergen entlang des
madig
maCaminos zu überchen.
Es
ist
nachten. Diese „alacht
Uhr,
man
bergues“ sind versieht am Hogleichbar mit Jurizont einen
gendherbergen. Für
Baum. Zwölf
einen geringen BeUhr, der Baum
trag oder eine Spensteht immer
de kann man dort
Der berühmteste Pilgerweg aller Zeiten: im Bild rechts zu sehen.
noch. Aber die
eine Nacht bleiben.
Ebene
hat
auch
eine
beruhigende
Wir„Mon genou est dans le cul. Est-ce qu’il
war und sich die restliche Zeit durchkung.
Sie
bereitet
auf
Santiago
vor.
y a quelqu’un qui peut amputer ça?“
schlagen musste. Oder der Holländer,
Langsam
kommt
der
heilige
Rhythmus.
Entweder hat der Chef vom Pilgerbüro
der zum Training von daheim nach SanDoch es stehen noch große Aufgaben
mein Französisch oder meinen Humor
tiago geradelt ist. „Ich hab mein Haus
bevor.
nicht verstanden. Am nächsten Morgen
verkauft, das muss reichen, um nach
Astorga-Tricastella, 135 Kilometer an
fühlt sich mein Knie noch mehr „dans
Wladiwostok zu kommen.“ Ich wollte
CAMPUS.
Von der Uni auf zur Arbeit
Mit 28 Jahren ist Philipp Halstrick schon Redaktionsleiter bei Reuters
Von Isabel Plocher
Philipp Halstrick ist
im Stress. Soeben aus
Irland zurück, reist er
am nächsten Morgen
weiter nach China.
Dazwischen: Schreiben, Dienstpläne verfassen, den Wochenüberblick erstellen
und Rücksprache halten mit Kollegen aus
anderen Ressorts. Der
ehemalige Bamberger
Politikstudent
ist
„Head of Foreign
Newsdesk“ bei der
Nachrichtenagentur
Reuters in Berlin. Unter seiner Leitung
verfassen 20 Journalisten Meldungen
aus Politik und Wirtschaft aus dem Ausland. Halstrick hat
eine Bilderbuchkarriere gemacht –
Foto: privat
schließlich ist er erst
28 Jahre alt. „Das ist
schon etwas unge- Die harte Arbeit hat äußerlich keine Spuren hinterlassen.
wöhnlich“, gibt er bescheiden zu.
war für mich wirklich sinnvoll, es hat
mir auch für den Beruf etwas gebracht“, lobt Halstrick die Bamberger
Mit 28 Jahren
Politikwissenschaft. Die Studieninhalte
Traumjob gefunden
helfen ihm im jetzigen Beruf, komplizierte Informationen einzuordnen.
Und dabei arbeitet er in seinem TraumAuch Text-kompetenzen hat er sich in
job: Für Halstrick steht das Berufsziel
Bamberg aneignen können.
Journalismus schon nach dem Abitur
Ein Studium allein macht jedoch befest. Ein Praktikum bei der Rheinkanntlich noch lange keinen Journaliszeitung in Koblenz bestätigt ihn darin.
ten. Weitere zahlreiche Praktika folgen:
Doch sein erster jugendlicher Traum
Bei der Frankfurter Allgemeinen Zeischeitert. „Eigentlich wollte ich immer
tung, bei Capital, bei Radio RheinlandARD-Korrespondent in Washington
Pfalz. „Das möchte ich wirklich jedem
werden. Also jemand, dessen Gesicht
angehenden Journalisten ans Herz leman kennt. Aber man hat mir gesagt,
gen: Macht in euren Semesterferien
ich sei überhaupt nicht telegen“, gibt er
Praktika“, so der Rat des Nachrichtenlachend zu. „Dann habe ich es beim
redakteurs.
Radio versucht, da haben sie gesagt,
Denn in der freiwilligen Praxis kristallmeine Stimme sei nicht gut.“ Also solllisieren sich die wirklichen Interessen
te es ein Printmedium sein.
heraus. Der frischgebackene Absolvent
Doch erst einmal kommt Halstrick im
begeistert sich für den NachrichtenJahr 1995 nach Bamberg zum Studium
journalismus, und beginnt im Jahr 2000
der Politikwissenschaft, Nebenfach
bei Reuters. Mit Erfolg: Das normalerVolkswirtschaftslehre. „Das Studium
weise zweijährige Volontariat verkürzt
die Agentur für ihn auf ein Jahr. Danach
baut er in Frankfurt die Auslandswirtschaftsredaktion mit auf. Als die Geschäftsleitung diese mit der Auslandspolitikredaktion zusammengelegt, ernennt man ihn zum neuen Leiter – da
war er just 26 Jahre – alt.
„Ich bin sehr froh, dass ich als so junger
Mensch die Möglichkeit habe, die Erfahrungen eines Ressortleiters zu machen“, betont er. Ob er den Job aber
sein Leben lang ausüben will, weiß der
Diplom-Politologe nicht, schließlich ist
seine Profession sehr anstrengend: Eine
Nachrichtenagentur muss in der Nachrichtenwelt immer auf dem neuesten
Stand sein.
Arbeit zwischen
Abfall und Urin
Scheißhausreport, Teil II
Alice im Wunderland kämpft sich durch Bamberger Klos
(www) Wer kennt sie nicht, die liebe
kleine Alice. Wo war das süße Mädel
noch einmal? Ach ja, dort wo es die
tollsten Geschichten gibt, auf Bam-
Fotos: www
Alices Bruder lernt das big business.
Starke Nerven sind in seinem Beruf
nicht nur wegen des Stresses nötig, sondern auch um mit ungewöhnlichen Situationen umgehen zu können. So trifft
Halstrick vor einigen Jahren zufällig
den damaligen Bundesbankpräsidenten
Hans Welteke zwischen Nashörnern,
Faultieren und Kängurus im Frankfurter Zoo. Schnell stellt er ihm exklusiv einige Fragen zur Zinspolitik, die er
sofort über den Ticker schicken möchte. Problem: er befindet sich in einem
Funkloch. Nur ganz am Boden hat er
Empfang und muss so auf dem Boden
liegend, zwischen viel Abfall und Känguru-Urin, die Meldung in die Redaktion durchgeben. Was sind für den Abteilungsleiter die zentralen Fähigkeiten
eines
Journalisten? „Schnelligkeit,
Durchsetzungsfähigkeit. und natürliche
Neugier“, findet Halstrick. Doch um
auf der Karriereleiter weiter klettern zu
können, sollte ein Redakteur zudem
Vermittlerfähigkeit und auch Ruhe
besitzen. Vor allem im hektischen
Nachrichtengeschäft sei das absolut unverzichtbar.
Diese Ruhe braucht Halstrick tatsächlich, schließlich geht es in ein paar
Stunden mit dem Flugzeug nach China.
Dort will er mit Kollegen den Wirtschaftsboom der Volksrepublik genauer
betrachten will.
berger Scheißhäusern. Und was die
bezaubernde Alice alles gesehen hat.
Schon nach dem ersten Scheißhaus hat
die kleine Alice ihre Unschuld verloren:
„Capitalism stoles my virginity“
(F146). Gott sei Dank bekommt die
wunderbare Alice nicht so hässliche
Auswüchse wie die Bewohner dieses
Bundeslandes: „Alle Bayern haben
fette Bierbäuche“ (F309). Jetzt ist es eh
schon egal und Alice gewöhnt sich den
German way of life an: „German traditions are working, drinking, sex and
smoking. Nothing else. Germans
should know that there are other things
to do.“ (U5/213) Alice hat viele sehr
gute Freunde kennengelernt, nur
manchmal verschwinden die einfach
wieder: „Der Hans ist ein Wichserlein
und wandert in den Knast hinein“
(U5/013). Die niedliche Alice zeigt sich
jedoch immer wieder solidarisch mit
ihren kriminellen Freunden und verteidigt die „Oberministranten vor Gericht!“ (F112). „Für Gottesdiener kann
jeder kämpfen, wir müssen für die
Rechte der Völker kämpfen. Es wird
Zeit, dass zusammenwächst, was zusammengehört“ (U5/103), denkt sich
die drollige Alice, denn „Holland gehört zu Österreich!“ (U5/103). Für ihren Einsatz für die Minderheit der Käsköppe in Südtirol bekommt die bezau-
bernde Alice eine Privataudienz beim
Papst. Den findet sie auch voll super: „I
like the pope, cause the pope smokes
dope!“ Gemeinsam mit dem alten Johannes zog sie durch Roms Straßen,
doch um sechs Uhr wars auf einmal
zappenduster. Gemeinsam kommen sie
zu der Überzeugung: „Sperrstunde ist
zum kotzen“ (U5/103). Mit der S-Bahn
fahren sie an Roms Peripherie und genießen den Tag in der schönen Landschaft: „Wir trampeln durch das Getreide, wir trampeln durch die Saat.
Hurra, wir verblöden, für uns bezahlt
der Staat!“ (Feki Mensa). Gemeinsam
führen sie theologische Gespräche über
Jesus. Die alles in den Schatten stellende Alice kann den zweiten Paul davon
überzeugen, dass Jesus vor allem als
Naturschützer überzeugte: „Jesus saves
the ducks“ (F112). Doch irgendwann ist
auch die schönste Reise vorbei und
dann heißt es wieder in den sauren
Apfel beißen. Und da sitzt sie nun, die
umwerfende Alice, im siebten Monat
Die Tür zu Alices Wunderland.
schwanger, drogenabhängig und mit einer sechs in Mathe und denkt sich:
„Schule ist dof!“ (Morph Club).
Studiengebühren kommen
Wenn sich nicht alle täuschen, müssen Studiernde ab Herbst 2005 zahlen
(sv) Jetzt wird es ernst. Am Mittwoch
vergangener Woche verhandelte das
Verfassungsgericht erstmals über den
heiklen Fall Studiengebühren. Für die
Freunde des gebührenfreien Studiums
sieht es aus jetziger Sicht gar nicht gut
aus.
Bundesländer versus
Bundesregierung
Doch zuerst die Rechtslage: Sechs unionsgeführte Bundesländer haben vor
dem Bundesverfassungsgericht gegen
das Verbot der Studiengebühren geklagt. Kontrahent der Länder ist die
Bundesregierung, vertreten durch Bundesbildungsministerin Edelgard Bulmahn.
Die Bundesländer fühlen sich ihrer
Kulturhoheit beraubt, die ihr grundgesetzlich zugesichert ist. Aus ihrer Sicht
hat der Bund kein Recht darauf, ihnen
die Erhebung der Studiengebühren zu
verbieten. Seit dem BVerfG-Urteil zur
Juniorprofessur sehen sie der Entscheidung von Deutschlands oberstem Gericht siegesgewiss entgegen. Darin hatte das Verfassungsgericht dem Bund
das Recht abgesprochen, den Ländern
einen einheitlichen Qualifikationsweg
wie die Juniorprofessur zu diktieren.
Für die Kläger ist klar: hier wurde ein
richtungsweisendes Urteil für den Fall
Studiengebühren getroffen!
Die Bundesregierung sieht das naturgemäß anders. Führen einige Bundesländer Studiengebühren ein und andere
nicht, sind gleichwertige Lebensverhältnisse im Bundesgebiet gefährdet –
ein ebenfalls grundgesetzlich verankertes Recht. Ergo hat das BVerfG also
abzuwägen zwischen zwei Grundgesetzen: der Kulturhoheit der Länder
und der Gleichwertigkeit der Lebensverhältnissen.
Ein Ergebnis wird erst Anfang kommmenden Jahres erwartet. Doch schon
jetzt rechnen viele Beobachter mit der
Aufhebung des Verbots. Der erste Verhandlungstag schien das zu bestätigen.
Eine Mehrheit der Verfassungsrichter
ließ durchblicken, dass sie das Verbot
aufheben werden.
Da auch Bayern zu den Klägern gehört,
müssen Bambergs Studierende mit der
Einführung von Studiengebühren zum
Wintersemester 2005/2006 rechnen.
Wissenschaftsminister Goppel hat seine
Planungen zu den Studiengebühren
schon mehrfach vorgestellt. So hält er
Gebühren bis zu einer Höhe von 500
Euro durchaus akzeptabel. Die Hochschulen sollen selbst entscheiden, wie
hoch sie die Gebühren ansetzen, und
können die gesamten Einnahmen hinterher auch behalten. Das Geld soll vor
allem in die Lehre fließen, um etwa
neue Lehrbeauftragte zu bezahlen. Fällt
das Verbot, würden diese Planungen
wohl in kürzester Zeit in ein neues
Hochschulgesetz gegossen.
Auf dem Dies Academicus äußerte sich
auch Rektor Ruppert zu dem Thema.
Unterstützung erhält er vom Kurator
der Uni Bamberg, Gerhard Fleck. Der
sei gleichzeitig auch Intimus der Finanzwelt der Sparkassen – ein Mann
der Wirtschaft also. Genau die will sich
Rektor Ruppert bei seinem Finanzierungsmodell ins Boot holen. Wie das
genau aussieht, erläuterte er in einem
Gespräch mit Studierendenvertretern in
der vergangenen Woche. Danach sollen
die Studierenden eine Art Bildungsdarlehen erhalten, dass sie nach dem Ende
ihres Studiums wieder zurück zahlen
müssen. Die Wirtschaft soll die
Bildungsdarlehen mitfanzieren. Im Gegenzug erhalten sie die Daten der Studierenden, um neue Angestellte zu
rekrutieren.
CAMPUS.
„Wir haben einen Kulturkrieg!“
Eine Amerikanerin an unserer Uni versucht Antworten auf die Frage zu finden, warum die USA Bush wiedergewählt haben
Von Sven Becker
Das Wahlergebnis hat Heather Hofmeister glatt die Stimme verschlagen. Eine
Woche lang war sie stark erkältet, von
seelischem Schmerz ganz zu schweigen. „Ich bin immer noch völlig fassungslos. Ich dachte, Kerry hätte eine
exzellente Chance gegen einen Präsidenten, dessen Politik mehr zerstört hat
als man in Jahrzehnten, in der Umweltpolitik wohl in Jahrhunderten, reparieren kann“, erzählt die Amerikanerin
vom Lehrstuhl für Allgemeine Soziologie aufgebracht.
Abstand vom
Amiland
Seit zwei Jahren lebt und arbeitet Hofmeister in Deutschland. Nach dem 11.
September wollte sie Abstand gewinnnen und erfahren, wie man diesseits des
Atlantiks lebt und denkt. „Deutschland
hat mir ein Bild davon gegeben, wie ein
Land aussehen kann. Es ist unbeschreiblich, wie unterschiedlich über
Ereignisse berichtet wird. Die Deutkonservativer Unternehmer, die Bush
schen wissen oft gar nicht, wie schwieunterstützen. Den Menschen werden
rig es für den Durchschnittsamerikaner
komplexe Probleme ganz simpel serist, sich umfassend zu
informieren.“
Für Hofmeister liegt
hierin ein Schlüssel
für den Sieg Bushs. In
Amerika sind 60 Stunden Arbeit pro Woche
keine Seltenheit, auch
samstags und sonntags müssen viele arbeiten. Mitunter reichen zwei bis drei
Jobs kaum aus, um
eine Familie zu ernähren. „Viele Menschen
leben nur für die
Arbeit. Abends kommen sie völlig ausgelaugt nach Hause und Gute gegen Böse: Heather und George W.
werden von Nachrichten über Raub,
viert. Die Mehrheit ist zu erschöpft und
Mord und Totschlag verängstigt. Aus
müde, um sich ein unabhängiges Urteil
dem Ausland dringt kaum etwas in
zu bilden.“
Amerikas Wohnzimmer. Die Medien
Doch die Medienberichterstattung alsind in der Hand weniger, oft streng
lein war für Hofmeister nicht aus-
Die „BaMadisierung“ läuft
Bachelor und Master – wie, warum und wozu?
(da) In etwas über fünf Jahren ist es so
weit. Dann sollen alle Unterzeichner
der Erklärung von Bologna den gemeinsamen Hochschulraum geschaffen
haben. Die Umstellung auf Bachelorund Masterstudiengänge ist Teil dieses
Umstrukturierungsprozesses, der auch
vor unserer Universität nicht Halt
macht.
Zunächst eine kleine „BaMa-Kunde“:
Bachelor- und Masterstudiengänge sind
nicht mehr in Grund- und Hauptstudium untergliedert, sondern in Module.
Sie umfassen Basis- und vertiefende
Veranstaltungen verschiedener Pflichtund Wahlfächer. Was die Studierenden
belegen, bleibt zum größten Teil ihnen
überlassen. Hauptsache ist, man kommt
insgesamt auf die vorgegebenen Leistungspunkte im jeweiligen Modul.
Durch eine hohe Anzahl an Auswahlmöglichkeiten ist eine direkte Ausrichtung auf den angestrebten Beruf möglich; die Spezialisierung findet also in
einem bisher nicht dagewesenen Maße
statt.
Interdisziplinär, aber
ohne Tiefgang?
Nach den Erfahrungen von Alexander
Bressel kann sich das aber auch nachteilig auswirken. Alexander studiert im
sechsten Semester European Economic
Studies (EES) und schreibt gerade an
seiner Bachelorarbeit. Er stellt fest:
„Man lässt eben auch Vieles weg, muss
sich sehr früh festlegen – und wer weiß
schon genau, was er später machen
will?“
Wohl nur die Wenigsten. Doch die neuen Abschlüsse haben auch einige Vorteile. „Ich kann meinen Master ohne
Probleme im Ausland machen und die
Interdisziplinarität der Studiengänge
finde ich wirklich gut,“ so Alexander.
Stopp! Interdisziplinarität, ein beliebtes
„BaMa-Wort“, bedeutet, dass die Studiengänge aus verschiedensten Fächern
bestehen. Das birgt jedoch Gefahren.
Die Tiefe des Studiums kann verloren
gehen. Am Ende weiß man von allem
ein bisschen, besitzt aber kein fundiertes Fachwissen.
Die Einführung der neuen Abschlüsse
ist nun aber nicht mehr aufzuhalten.
Alle Fakultäten müssen umstellen –
oder haben das schon getan. So wird
ein Bachelorstudiengang Geschichte
angeboten, EES und Interdisziplinäre
Mittelalterstudien sind als Bachelorund Masterprogramme belegbar. Hinzu
kommen die reinen Masterstudiengänge Denkmalpflege und Interreligiöse
Studien.
Am stärksten wird der Bologna-Prozess
aber an der Fakultät Wirtschaftsinformatik und Angewandte Informatik vorangetrieben. Dort werden seit diesem
Semester fünf neue Bachelor- und Masterstudiengänge angeboten, auch hier
zum Teil als Komplettprogramm oder
nur als Master.
Warum diese Unterschiede? Einen
Bachelor bekommt der Studierende
nach einer Regelstudienzeit von sechs
Semestern und kann sich im Anschluss
fröhlich auf den freien Markt werfen.
Oder er bleibt und beginnt ein dreisemestriges Masterstudium. Das nennt
sich dann konsekutiv, denn der
Masterstudiengang folgt auf den
Bachelortitel im identischen Fach.
Dritte Möglichkeit: Der Studierende
macht seinen Bachelor in einem verwandten Studiengang. Dann kann er
sich nach einer Eignungsprüfung zu
einem viersemestrigen, nicht-konsekutiven Masterstudiengang einschreiben. Vergleichbarkeit, Flexibilität, Mobilität: Die Zauberworte von Bologna.
Hört sich nicht schlecht an. Warum also
nicht jetzt noch von Diplom auf
Bachelor wechseln? Patrick Hoberg
studiert im fünften Semester DiplomWirtschaftsinformatik, will aber von
den Übergangsregelungen in ein Bachelorstudium
keinen
Gebrauch
machen: er hält den neuen Abschluss
für zu oberflächlich, der Unterschied
zum Diplom in Bezug auf die fachliche
Kompetenz schreckt ihn ab. „Was
bringt mir die internationale Vergleichbarkeit, wenn der Bachelor auf einem
geringeren Niveau liegt? Was ein deutsches Diplom wert ist, dürfte doch auch
im Ausland klar sein!“ Außerdem ist er
besorgt, dass der Bachelorstudiengang
nicht ausreichend fit für den Arbeitsmarkt mache. Und auch Alexander
meint: „Ohne Master kommt man nicht
wirklich hoch hinaus.“
Bei aller Vergleichbarkeit, Flexibilität
und Mobilität bergen Bachelor und Master also noch viele Ungereimtheiten,
die es schnellstmöglich zu beseitigen
gilt.
schlaggebend: „Moralische Werte haben die Wahl entschieden. Amerika ist
viel christlicher als die meisten Europäer vor der Wahl
gedacht haben.
Viele schauen
nicht auf wichtige Faktoren wie
Armut, Arbeitslosigkeit oder
mangelhafte Sozialversicherungssysteme,
sondern wählen
Bush, weil er
gegen die Homo-Ehe, Abtreibung
und
Stammzellenforschung ist.
Die Leute idenMontage: ottfried tifizieren sich
mit Bushs Religiösität.“
Beim Erzählen wird Hofmeister immer
nachdenklicher. „Wir haben einen Kulturkrieg, und die Wahl war die bis dato
letzte, größte Schlacht. Während die
eine Hälfte Amerikas jubelt, ist die
andere deprimiert und schämt sich für
die eigenen Landsleute.“ Das zeigen
auch E-Mails von Hofmeisters Freunden aus Amerika. Jeff berichtet: „Ich
habe bei Google nach einer US-Flagge
auf Halbmast gesucht, sie ausgedruckt
und an meine Bürotür gehängt.“ Jim ergeht es ähnlich: „Ich denke, ich sollte
nach Kanada auswandern. Ich fühle
mich fremd in meinem eigenen Land.“
In einem sind sich aber fast alle einig:
Es war eine Wahl für oder gegen Bush.
John Kerrys fehlendes Charisma und
seine als aufgesetzt empfundene Art
wirkten abschreckend. Vielen gab er nie
das Gefühl, das Land in bessere Zeiten
zu führen.
Wie würde Heather Hofmeister Amerikas Zukunft gestalten? „Eine gar nicht
so leicht zu beantwortende Frage. Das
Land braucht dringend neue Medienund Wahlgesetze, eine Reform der Sozialversicherungssysteme und eine andere Vorgehensweise im Irak. Aber das
ist wieder ein neues Thema, worüber
wir gern diskutieren können.“
Uni verschafft sich Platz
Die Verwaltung zeigt sich bei der Bereitstellung neuer Räume flexibel
(ulf) Vor den Türen drängeln sich die
Platz im Hochzeitshaus. Trotz knapper
Studierenden, ängstlich schaut man
Kassen konnte die Universität das Baudem Nachbarn über die Schulter: Hofvorhaben durchsetzen, denn sie mietet
fentlich schaff ich’s noch rein! Was sich
das Gebäude langfristig von einem prieigentlich nach Sandkerwa oder Partyvaten Investor und zahlt monatlich
cipate anhört, ist die
ganz normale Situation
in vielen Seminaren
und Vorlesungen der
Uni Bamberg. Zumindest für die Fakultäten
GGeo und SpLit ist
nun Abhilfe in Sicht.
Am Dies Academicus
verkündete Rektor Godehard Ruppert die Anbindung des Gebäudes
Am Kranen 10 an das
Hochzeitshaus.
„Das ehemalige Wohnund
Geschäftshaus
wird ein Institutsgebäu- Den Kranen 10 erobern bald die Studierenden.
de mit 550 Quadratmetern Nutzfläche“,
Miete. Wie hoch dieser Preis ist, wollte
erklärt Kurt Herrmann vom Referat für
die Uni-Verwaltung OTTFRIED nicht
Raum- und Bauangelegenheiten der
mitteilen. Immerhin: Der Lehrverzentralen Universitätsverwaltung.
anstaltungsbesuch verliert für die
„Zum Wintersemester 2005/2006 kann
GGeo-Studierenden den Charakter eidas Gebäude voraussichtlich genutzt
ner U-Bahn-Fahrt in Tokio während der
werden. Wir wollen beide Häuser intern
Rush-Hour.
verbinden, das ist grundbuchrechtlich
Zur Entspannung der Raumsituation in
kompliziert.“ Im nächsten Jahr bekomder Innenstadt trägt auch die alte Teilbimen Professoren und deren Mitarbeiter
bliothek 4 bei. Obwohl der Umzug der
neue Büros. Wenigstens ist dann mehr
Bestände in die neue TB 4 erst im Ja-
nuar 2004 stattgefunden hatte, finden
im alten Gebäude bereits ab diesem Semester Lehrveranstaltungen statt. „Wir
haben die Umfunktionierung zum Seminarraum selber durchgeführt. Die
letzte Novelle des bayerischen Hochschulgesetzes lässt so etwas
zu. Wir sind die erste
Hochschule, die das
Gesetz anwendet“, berichtet Herrmann.
Nicht ganz so schnell
kommt der Neubau der
Mensa an der Feldkirchenstraße voran.
Das sieben Millionen
Euro teure Projekt wartet noch auf den Startschuss aus München,
meint Herrmann. „Bis
Foto: ottfried in alle Details haben
wir die Planungen fertig. Aber ohne
Geld geht nichts.“
Und selbst wenn das Ministerium nächstes Jahr die Gelder bewilligt, beginnen
die Arbeiten erst im Mai 2005. Besonders bedenklich findet Herrmann den
Zustand der alten Mensa: „Die Mensa
ist nach Jahren der intensiven Nutzung
an ihren Grenzen angelangt. Da kann
man höchstens noch Notoperationen
vollziehen, mehr aber nicht.“
CAMPUS.
Zwischen Religionen vermitteln
Thierse in Bamberg – „Forschungsprojekt von beträchtlicher gesellschaftlicher Relevanz“ im Dominikanerbau gewürdigt
Von Thomas Müller
Es ist die erste und bislang einzige universitäre Einrichtung auf diesem Gebiet
in Deutschland: das Bamberger Zentrum für interreligiöse Studien (ZiS).
Bei der feierlichen Eröffnung des Zentrums im vollbesetzten Dominikanerbau hielt kein geringerer als Dr. Wolfgang Thierse, Präsident des Deutschen
Bundestages, den Festvortrag „Pluralität der Religion – eine Herausforderung für Staat und Gesellschaft“. Für
Thierse übernimmt das ZiS zukünftig
eine wichtige Rolle auf diesem Forschungsgebiet: „Dieses Zentrum ist ein
Forschungsprojekt von beträchtlicher
gesellschaftlicher Relevanz!“
Der 11. September 2001, der Kopftuchstreit, eine mögliche Mitgliedschaft der
Türkei in der Europäischen Union – all
diese Ereignisse und Diskussionen zeigen, welche Spannungen auch im 21.
Jahrhundert noch oder wieder das Verhältnis der Kulturen und Religionen zueinander beherrschen. „Es ist unüber-
sehbar: Religion ist auch wieder auf die
politische Tagesordnung zurückgekehrt“, stellte der Bundestagspräsident
daher in seiner Rede fest.
ne differenzierte Aufklärung über die
fremden Kulturen, Religionen, Sitten
Angst vor Verlust der
eigenen Identität
Für Thierse prägen auf beiden Seiten
Ängste allzu oft den Umgang mit dem
Fremden. Viele Muslime, die in der
westlichen, säkularen Welt lebten, hättten offenbar Befürchtungen, ihren eigenen Glauben nicht mehr leben zu könnnen und antworteten darauf mit
Abgrenzung. Dagegen zeigt sich für
Thierse in den hiesigen Diskussionen
um das Kopftuchverbot und den EUBeitritt der Türkei die Angst vor einer
Vermischung der Lebensstile, der Werte und Glaubensvorstellungen, vor einem Verlust der eigenen Identität. Um
diesen Ängsten, die häufig aus Unwissenheit resultieren, zu begegnen, sei ei-
Bundestagspräsident wirbt für interreligiöse Toleranz.
und Ideale notwendig, sagt Thierse.
Fragen der Integration und des Zusammenlebens unterschiedlicher Kulturen
werden weiter an Bedeutung gewinnen.
Wenn Nackedeis necken
Aktkalender Bamberger Studierender ging bundesweit durch alle Medien
(kkb) Feki.de haben es geschafft: Ganz
Deutschland wird auf die Frage, was einem bei dem Begriff Bamberg als erstes durch den Kopf schießt, antworten:
„Äh, da hat sich jemand für umsonst
ausgezogen, oder?!“ Und ob. Die Idee
war nicht neu, aber sicherlich für so eine kleine Domstadt ziemlich heiß.
Doch die Studenteninitiative hatte gar
keine versauten Gedanken, sondern
führte wie immer nur Gutes im Schilde:
Niemand sollte an dem Aktkalender
verdienen, außer der Uni. Nur fand diese ihre nackten Studierenden gar nicht
lecker und lehnte das Geld ab.
Kalte Luft
für heiße Bilder
Von da an ging der Rummel um die
„Aktstudien 2004/05“ erst so richtig
los. Die Kameraleute der verschiedensten Sender stürmten den Fotoladen
Studio 4, der als Kulisse für die Bilder
diente. Eines der Models war schnell
Nicht zuletzt deshalb ist für Thierse
auch klar, dass „die Vermittlung inter-
zum Nachstellen des Fotoshootings gefunden. Sie ließ sich stundenlang vom
Ventilator die Haare durch die Luft pusten, bis ihr ganz kalt war. Eine Kamera
überlebte übrigens den Dreh nicht, weil
der Kameramann eines Lokalsenders
mit ihr gegen die Wand lief. Ein Beweis
dafür, wie heiß Bambergs Studentinnen
tatsächlich sind.
Auch diverse Zeitungen wollten ein
bisschen nackte Haut im Blatt und baten um Interviews. Dass dabei auch ein
Nacktfoto in Deutschlands größter Tageszeitung gegen den Willen des Models erschien – Kollateralschaden!
Als endlich auch die Hochschulleitung
vor die Kamera trat, waren alle ganz gespannt. Rektor Ruppert höchstpersönlich verkündete die frohe Botschaft:
Nicht die gesamte Universität würde
das Geld für die Bilder verschmähen,
sondern bloß vereinzelte Stimmen, und
auch diese müssten beachtet werden.
Außerdem: Ausziehen, egal wofür, sei
für eine Hochschule nicht adäquat. Am
Ende mache man noch die Universität
dafür verantwortlich, wenn einer der
Nackedeis wegen der Fotos Ärger mit
dem Vermieter bekommt. Also machte
sich feki.de ans Werk, einen neuen Abnehmer für das Geld zu finden.
Unbedingt zu bedenken war, dass die
stolze Summe von etwa 30 000 Euro
(es wurden bisher knapp 2000 Kalender
à 15 Euro verkauft) den Studierenden
der Uni Bamberg zu Gute kommt.
Kostenlose Seminare
am Wochenende
„Geplant ist, dass Seminare und Workshops kostenlos am Wochenende angeboten werden“, berichtet Sonja Fischer
von feki.de.
Daraus soll ein großes Event gemacht
werden, bei dem die an Wochenenden
fast ausgestorbene Uni belebt wird.
Eine Projektgruppe ist bereits gegründet, jetzt wird nur noch ein Schirmherr
gesucht. „Wir sind mit dem Bundespräsidenten in Kontakt“, sagt Sonja.
Foto: privat
kultureller Kompetenz eine Schlüsselqualifikation der Zukunft“ sein wird.
Für ZiS-Direktorin Prof. Marianne
Heimbach-Steins ist die neu gegründete
Einrichtung eine Antwort auf den gesellschaftlichen Bedarf. „Zur Konzeption des Bamberger Zentrums und des
neuen Studiengangs gehört die konsequente Orientierung auf Gegenwartsfragen“, erklärt Heimbach-Steins. Gerade mal etwas mehr als ein Jahr sind
zwischen den inhaltlichen Beratungen
zum ZiS und seiner Eröffnung vergangen. Heimbach-Steins wird das Zentrum zusammen mit Prof. Rotraud Wielandt und Prof. Reinhard Zintl leiten.
Parallel zur Eröffnung des Zentrums
wurde in diesem Wintersemester der
Masterstudiengang „Interreligiöse Studien: Judentum – Christentum – Islam“
eingeführt. Das Lehrangebot ist dabei
Fächer übergreifend ausgerichtet. Es
soll einerseits einen Einblick in die
theologischen Hintergründe der drei
Weltreligionen, andererseits aber auch
den Blick auf kulturelle und historische
Aspekte richten und das Verhältnis von
Staat, Gesellschaft und Religion in
Theorie und Praxis thematisieren.
Emanzipation per Dekret?
SoWi-Fakultät sucht dringend Frauenbeauftragte
senden. Warum nur will keine der weib(sto/sv) Was kann eine Frau an der Uni
lichen Angestellten der SoWi-Fakultät
machen, wenn sie sich aufgrund ihres
das Amt übernehmen, wenn es so wichGeschlechts benachteiligt fühlt? Sie
tig ist, dass es im Notfall per Dekret
wendet sich an die Frauenbeauftragte
von der Hochschulleitung vergeben
ihrer Fakultät. Das bayerische Hochwird?
schulgesetz legt fest, dass die Frauenbeauftragte die Durchsetzung der
Gleichberechtigung fördert und besteAmt zementiert
hende Nachteile für Frauen auszugleiNachteile der Frau
chen versucht.
Trotz seiner offensichtlichen BedeuEine Angestellte des Mittelbaus findet
tung hat Professor Becker, Dekan der
deutliche Worte gegenüber OTTSoWi-Fakultät, große Mühe, das Amt
FRIED, möchte aber namentlich nicht
der Frauenbeauftragten an seiner Fagenannt werden: „Was bringt mir das
kultät zu besetzen. Die bisherige AmtsAmt denn? Ich habe weniger Zeit für
inhaberin Susanne Scheja ist im MutForschung und Lehre und ohnehin kein
terschaftsurlaub, ihre Stellvertreterin
Stimmrecht. Auch mein Professor hat
Christine Hekrenz zurückgetreten.
mir abgeraten, die Aufgabe zu übernehAm 27. Oktober sollte deshalb eine
men. Ich sitze dann in irgendwelchen
Nachfolgerin gefunden werden. Den
Kommissionen und kann mir Notizen
Termin nahm kaum eine Wissenschaftlerin der SoWi-Fakultät wahr, die Neuwahl fiel leider ins
Wasser. Da auch niemand freiwillig die
Aufgabe übernahm,
setzte Dekan Becker
den Damen in einer
E-Mail, die OTTFRIED vorliegt, ein
Ultimatum bis zum
3. November. Darin
verwies er darauf,
Montage: ottfried
dass es sich bei der
Wahrnehmung des
Wenn das die Alice Schwarzer wüsste...
Amtes nicht nur um
machen. Nach meiner Meinung fragt
ein Recht, sondern vielmehr um eine
ohnehin keiner.“ Für sie ist klar: „Es ist
unbedingt zu erfüllende Verpflichtung
paradox. Das Amt verschwendet die
handelt. „Insofern müssten diese Ämter
Zeit der Frauen, in der sie durch ihre
gegebenenfalls per Entscheidung des
Arbeit Gleichberechtigung auch wirkDekans respektive der Hochschulleilich erlangen könnten. Die Mehrarbeit
tung besetzt werden, sollten sich nicht
durch das Amt zementiert eher bestedoch zwei Damen bereit erklären, ihre
hende Nachteile gegenüber Männern.“
ihnen obliegenden Pflichten wahrzuDer Dekan war auf Anfrage für OTTnehmen,“ drohte der Dekan.
FRIED nicht zu sprechen, seine Sekretärin weiß nichts von der Problematik.
Dekan verlangt
Ob mittlerweile eine neue FrauenbeaufBegründung
tragte für die Fakultät SoWi gefunden
wurde, konnte uns niemand beantworten. Die Angesellte des Mittelbaus hätte
Die E-Mail endet mit dem Hinweis auf
eine einfache Lösung des Problems:
Artikel 18 des bayerischen Hochschul„Es stünden bestimmt Frauen zur Vergesetzes, wonach „Ämter, Funktionen
fügung, wenn sie gleichzeitig von andeund sonstige Pflichten in der Verwalren Pflichten wie der Klausurenaufsicht
tung zu übernehmen (sind), es sei denn,
befreit würden. Dann würde das Amt
dass wichtige Gründe entgegenstehen.“
eher seinen Sinn erfüllen und nicht erst
Jede der Frauen solle bei Ablehnung
neue Probleme für Frauen schaffen.“
eine wichtige Begründung gleich mit-
SERVICE.
Ich mach’ was mit Medien
Auf den Jugendmedientagen trafen 600 Nachwuchs-Journalisten in Turnhallen aufeinander
Von Kira-Katharina Brück
und Kirsten Schlüter
Der letzte Bus kommt morgens um halb
fünf in München an, also noch 80 Minuten Schlaf, wäre da nicht das Problem mit der Turnhalle, den schnatternden Mädels und der Festbeleuchtung.
Allein der Geruch erinnert an Sportstunde. Jetzt soll man hier schlafen,
doch dazu kommt es an diesem Morgen
nicht mehr. Eigentlich wollten wir gestern Abend schon hier sein und eine Kinopremiere ansehen, stattdessen war
Warten am Würzburger Bahnhof angesagt. Warten auf einen Bus aus Hamburg, der sich so eben mal vier Stunden
verspätete.
Weder Schlaf,
noch Frühstück
Irgendwann sind dann aber doch die
600 sehr jugendlichen Teilnehmer –
viele im Schülerzeitungsalter – aus
allen vier Windrichtungen eingetrudelt.
Nach der fast schlaflosen Nacht müssen
wir erstmal die Luft aus den Matratzen
lassen und die Isomatten zusammenrollen. Schließlich will man an unserer
„Schlafstätte“ pünktlich um acht turnen! Nach dem vergeblichen Warten
auf ein leckeres Frühstück folgt der erste Höhepunkt: die offizielle Eröffnung
der Jugendmedientage durch prominente Gäste wie den Münchner Oberbürgermeister Christian Ude, Susanne
„Journalismus und PR“, „Medien in
Osteuropa“ oder „Qualität versus Geldbeutel“ erweitern nachmittags unseren
Horizont. Einfach genial! Genial einfach ist es allerdings nicht, sich in München zurecht zu finden. Vor allem dann
nicht, wenn die Betreuer der Jugendmedientage selbst ortsfremd sind.
schaffen es aber jeden Morgen ein paar
Sechzehnjährige, sich ein blaues
„Orga“-Shirt anzuziehen, um uns zu
„betreuen“. Wir Schlitzohren seilen uns
trotzdem illegal ab und unternehmen
einen Stadtbummel.
U-Bahn-Fahrten
ins Blaue
Hier lernten wir, wie man live eine Radiosendung gestaltet.
Kastner (Vizepräsidentin des Deutschen Bundestages) und Thomas
Krüger, Leiter der Bundeszentrale für
politische Bildung. Alle Redner kommmen immer wieder auf ein Thema
zurück: Die Ausbildung von Journalisten. Wir hören ganz gespannt hin.
Haben wir den richtigen Weg eingeschlagen? Ulrich Brenner, Leiter der
deutschen Journalistenschule in München, empfiehlt ein Hochschulstudium
und erst danach ein Volontariat. „Wichtig ist zu studieren, was einem Spaß
macht“, erklärt der Medienguru. Wir
atmen auf. Tschakkkka!!! Germanisten
nicht zwangsläufig als Taxifahrer oder
Foto: kis
Jugendsprachberater arbeiten. Dennoch
sollen wir uns an der Uni nicht zu Fachidioten ausbilden lassen, sondern auf
allen Gebieten Interesse zeigen. Denn
die Einstellung „Nichts wissen macht
nichts“ ist überholt. Und genau deshalb
lautet das Motto der diesjährigen Jugendmedientage „Wissen ist Macht“.
Wir erweitern unser Wissen in den
nächsten beiden Tagen gewaltig:
Zunächst haben wir die Möglichkeit, in
verschiedene Redaktionen zu schnuppern. Ob Antenne Bayern, Süddeutsche
Zeitung oder Premiere, für jeden hat die
Medienstadt München etwas zu bieten.
Podiumsdiskussionen zu den Themen
Bei all dem Programm, den vielen UBahn-Fahrten ins Blaue, der Großstadt
München und den Gesprächen mit Medienmenschen denken wir irgendwann
schon wieder an unser gemütliches
Zuhause mit viel Privatssphäre. Manchmal stellen wir uns die Frage, ab welchem Alter man ein Anrecht auf genügend Schlaf und ein eigenes Bett hat.
Vielleicht klappt es ja nächstes Jahr,
wenn die Jugendmedientage in Hamburg stattfinden. Oder spätestens 2006
im Bundestag! Dann dürfen sich die
Südstaatler auf den Weg machen und
tagelang in Bussen anreisen oder eben
an Bahnhöfen warten. Jugendmedientage 2004: Wissen ist Macht.
Macht was draus!
Zu wenig Hirn für die Uni
Ausstellung in der Teilbibliothek 4 über 100 Jahre akademische Bildung für Frauen in Bayern
(san) „Das Gehirn der Frau ist einfach
viel zu klein und deshalb für ein Studium absolut ungeeignet.“ Das behauptete noch in den 1870er-Jahren der
Münchner Medizinprofessor Theodor
von Bischoff. – Auch als man nach sei-
ren, Aufbegehren – 100 Jahre Akademische Bildung von Frauen in Bayern“.
Es handelt sich dabei um eine Wanderausstellung, die die Landeskonferenz
der Frauen- und Gleichstellungsbeauftragten an bayerischen Hochschulen
(Lakof) initiiert hat.
Geschichte des
„Frauenstudiums“
Frauen kämpften für ihre Rechte.
nem Tod feststellte, dass sein eigenes
Gehirn eigentlich fünf Gramm leichter
war als das von ihm untersuchte, angeblich schwächere weibliche Durchschnittsgehirn, half dies den Frauen zu
der damaligen Zeit nicht besonders
viel.
Mit welch irrsinnigen Vorurteilen und
gesellschaftlichen Widerständen Frauen an Hochschulen zu kämpfen hatten,
zeigt die Ausstellung „Forschen, Leh-
Verschiedene Schautafeln zeigen das
Auf und Ab in der Geschichte des
„Frauenstudiums“: Ein großer Schritt
in Richtung Gleichberechtigung war im
Wintersemester 1903/04: Damals durften sich erstmals Frauen nach langen
Kämpfen endlich an bayerischen Hochschulen immatrikulieren. Doch dann
kamen wieder erhebliche Rückschritte.
Unter den Nationalsozialisten hatte die
Frau zum Beispiel nur eine einzige Bestimmung: die Kindereziehung. Und
auch in den fünfziger Jahren des letzten
Jahrhunderts war das Frauenstudium
immer noch keine Selbstverständlichkeit.
Die Ausstellung erzählt auch von der
Realität und Ideal.
Fotos: privat
aktuellen Situation der Frauen an bayerischen Hochschulen. Während der
Frauenanteil bei den Studierenden zum
Beispiel bayernweit momentan bei 48,5
Prozent liegt, weist der Professorinnen-
Rittersaal und Spielraum
Eröffnung der neuen Disco Agostea im alten Postgebäude
(anj) Bamberg ist um eine Attraktion
reicher: Der Dance Club Agostea wurde
am 4. November eröffnet. Neben „aufregenden“ aktuellen Dancecharts-Titeln
und Popmusik lockt das Musikrepertoire des Agostea auch mit BlackBeat,
R’n’B, HipHop, Latino, Salsa und Fox.
Jede Woche sorgen verschiedene DJs
für Abwechslung.
Auf eine bestimmte Zielgruppe legt
man sich im Agostea nicht fest. „Es sollen sich all diejenigen angesprochen
fühlen, die in gehobener Klasse friedlich feiern und sich amüsieren wollen“,
sagt ein Verantwortlicher der Diskothek. Dafür sollen auch die speziell ausgebildeten Türsteher sorgen.
Die Gestaltung der Räume ist sehr
exklusiv: Für ein besonderes Ambiente
sorgen Antiquitäten, Wand- und Deckengemälde sowie eine DJ-Kanzel in
der Mitte der Tanzfläche. Requisiten
wie Fackeln, Schwerter oder Kronleuchter verwandeln das Agostea in ei-
nen wahren Tanzpalast. Sitzecken umrahmen die Tanzfläche, wo Leckereien
und Obst dem Besucher den Aufenthalt
versüßen. Von Monitoren flimmern Fotos und Werbung auf die Tanzenden
herab. Neben einem Spielraum gibt es
auch einen Rittersaal, in dem man sich
bei Cocktails und Kaffee unterhalten
kann.
Ein Extra-Tipp für Besucher: es besteht
eine Kleiderordnung. Kein Eintritt mit
Jeans und Turnschuhen!
anteil heutzutage immer noch gerade
mal neun Prozent auf. Auch Lehrstuhlinhaberinnen findet man immer noch
sehr selten. Die Uni Bamberg liegt da
mit einem Frauenanteil von 6,2 Prozent
schon sehr weit vorne. Bildtafeln informieren auch über Geschlechteraspekte
in akademischen Berufen.
„Toughe Frauen – das ist es, was wir für
die Zukunft brauchen“, meint Bärbel
Kerkhoff-Hader, Frauenbeauftragte der
Universität Bamberg und Inhaberin des
Lehrstuhls Volkskunde/Europäische
Ethnologie. „Frauen, die sich von Studienbeginn an in Fragen der Hochschule einmischen. Und vor allem innovative Frauen, die sich bemühen, Aufgaben zu übernehmen.“
Wie Frauen bisher ihre Geschichte gemeistert haben, wie es sich mit der Größe des weiblichen Gehirns nun eigentlich verhält und natürlich auch, ob es
denn jetzt wirklich auf die Größe ankommt – all das erfährt man in der Ausstellung zum Frauenstudium.
Besichtigen kann man diese vom 15.
bis 30. November 2004 in der Teilbibliothek 4 (Heumarkt 2) zu den regulären Bibliotheks-Öffnungszeiten.
Ersti-Umfrage
(ja) Das Schlimmste ist vorerst geschafft: Wahl des Studiengangs,
Einschreibung, Umzug, die ersten
Tage an der Uni. Die meisten haben
inzwischen doch irgendwie einen
Seminarplatz bekommen und finden
auch schon ohne Stadtplan in die
Sandstraße.
OTTFRIED hat bei den Erstis nachgefragt: Wie ist euer erster Eindruck
von Bamberg und der Uni?
Maren Lüdke (19) aus Cuxhaven,
Wirtschaftspädagogik:
„Die Leute
hier sind superfreundlich
und Bamberg
ist schön, vor
allem
die
Altstadt. Die
Uni ist perMaren Lüdke
sönlich und
man findet sich schnell zurecht.
Außerdem war ich überrascht, dass
das Pest-Heim so schön ist. Das
hätte ich nicht gedacht.“ Vorläufige
Lieblingskneipe: Brasserie.
Marco Gaug (20) aus Frankfurt,
Politikwissenschaft: „Die Uni ist ein
bisschen klein für so viele Leute. Es
sind einfach
zu viele Studenten in den
Seminaren
und Vorlesungen. Außerdem hätte
ich gedacht,
dass ich viel
mehr StunMarco Gaug
den
habe,
vielleicht 30
in der Woche. Jetzt habe ich nur 15
Semesterwochenstunden. Vorläufige Lieblingskneipe: Lewinskys.
Ramona Franz (19) aus Gotha, Europäische Wirtschaft: „Obwohl
Bamberg nicht so groß ist, gibt es
viele Kneipen und Cafés. Das kulturelle Angebot ist gut. Ich war überrrascht von der großen Anzahl an
Studenteninitiativen wie dem Einführungswochenende in Falkenstein
für
EuWiund
EESStudenten.
Da die Uni
nicht so groß
ist, lernt man
schnell Leute
kennen. Kontakt zu ProFotos: ja fessoren ist
möglich.“
Ramona Franz
Vo r l ä u f i g e
Lieblingskneipe: Il Centro.
Stefan Baumann (20) aus Oelsnitz,
MA Germanistik, KoWi, Philosophie: „Bamberg gefällt mir saumäßig gut, vor allem die Kneipen und
Clubs. Und die Altstadt ist sehr
schön. Allerdings ist die technische
Ausstattung der Uni nicht besonders
gut. Vorläufige Lieblingskneipe:
Stilbruch.
DOMSCHERGE.
Wackere Genossen
Auch in Bamberg protestieren jede Woche Menschen gegen Hartz IV
Jeden Montag aufs Neue: „Massendemonstration“ in der Bamberger Innenstadt.
Von Sven Becker
Montagabend: Demo-Zeit am Gabelmann. Dann versammeln sich zwischen
fünf und fünfzehn Gegner der Arbeitsmarktreformen, die sich im Aktionsbündnis Bamberg „Weg mit Hartz IV“
organisiert haben.
Arbeitslose, Arbeiter, Gewerkschafter
und Linke hissen pünktlich um 17 Uhr
ihre Plakate. Verteilt wird die „Rote
Fahne“, das Parteiblättchen der Marxistisch-Leninistischen Partei Deutschlands (MLPD). Aus den kleinen Boxen
dröhnen die Fanfaren: „Lasst uns auf
die Straße geh’n – die Reichen haben
schon genug...Hartz IV muss weg,
Schröder soll geh’n ...“
Ignoranz statt
Resonanz
Dem Aufruf folgen die Wenigsten. Verständnislos rauschen die Bamberger an
den Demonstranten vorbei, fast niemand beachtet sie. Daran ändern auch
die Durchsagen per Mikrofon nichts.
Zwischen den Liedern rufen Demonstranten laut zum Widerstand gegen
Hartz IV auf.
„Hier darf jeder seinem Unmut über die
Lügen der Regierung freien Lauf lasssen. Wir nennen das die Methode des
offenen Mikrofons“, erklärt Therese
Gmelch, Krankenschwester, Ver.diMitglied und in der MLPD aktiv. Was
offenes Mikrofon bedeuten kann,
erfährt man wenig später von einer
Handvoll Demonstranten: „Arbeitsplätze her, aber Marsch – steckt euch die
Hartz-Gesetze in den Arsch“, lesen sie
etwas verlegen von einem Handzettel
ab.
Gegen massiven
Turbokapitalismus
Gmelch gehört zum harten Kern des
Aktionsbündnisses. Man dürfe jetzt
nicht aufgeben, spätestens im Januar
rechne sie fest mit mehr Teilnehmern
an den Bamberger Montagsdemonstrationen. Dann nämlich müssen alle Arbeitslosen einen Bescheid über die zukünftige Unterstützung vom Staat erhalten haben. Das werde wieder mehr
Menschen aufschrecken und auf die
Straße bringen.
Hartz IV ist für Therese Gmelch nur ein
Begriff, ein Vorwand für die Betrügereien der Regierung, die mit den Wirtschaftsbossen unter einer Decke stekken. Gut fand sie die Rede eines Gewerkschaftsfunktionärs neulich in
Nürnberg, bei einer Hartz IV-Demonstration des dortigen Sozialforums. „Der
hat gesagt, dass die Monopole in der
Wirtschaft machen können, was sie
wollen. Das geht doch nicht!“
Mitstreiterin Birgit Kinnebrock, arbeitslos und gelegentliche PDS-Wählerin, pflichtet ihr bei: „Wir sind gegen
den massiven Turbokapitalismus in
Foto: ja
unserem Land.“ Als Beispiel nennen
beide den geplanten Arbeitsplatzabbau
bei Opel und FAG Kugelfischer in Eltmann und Schweinfurt. Den Kollegen
dort habe man eine Montagsdemonstrationen gewidmet und sich somit solidarisch gezeigt.
Für das Problem der Arbeitsplatzverlagerung haben die Aktivistinnen schon
längst eine Lösung gefunden. Frei nach
Karl Marx’ kommunistischem Manifest
fordern sie die Arbeiter aller Länder
auf, sich zu vereinigen. „Wir müssen
zusammenhalten und uns verknüpfen.
Nur gemeinsam können wir uns gegen
das Interesse des Großkapitals zur
Wehr setzen und zum Beispiel die Löhne unserer osteuropäischen Kollegen
steigern,“ so Gmelchs kämpferischer
Appell.
Nachwuchs
dringend gesucht
Zum Abschied drückt sie mir noch Informations-Blätter in die Hand. „Wir
brauchen dringend Nachwuchs in unseren Reihen. Die Studenten sind doch
auch von Studiengebühren und Kürzungen betroffen,“ findet Gmelch, bevor
sie rasch die Parole mit der Aufforderung, wo man sich Hartz IV hinzustekken habe, vom Zettel streicht.
Für Interessierte: Weitere Demos finden jeden Montag um 17 Uhr am
Gabelmann statt.
Liebet den Wald!
Volksbegehren will staatlichen Forst erhalten
(www) „Die primitiven Völker in
Nordafrika haben vor zehntausenden
von Jahren ihren Wald zerstört, weil sie
es nicht besser wussten.“ Es ist gut zu
wissen, wo die Mitglieder der Bayerischen Staatsregierung ihren Ursprung
haben. Obwohl sie es besser wissen,
versucht der bayerische Staat, seine
Forstreform durchzudrücken. Bayern
ist zu einem Drittel mit Wald bedeckt,
davon wiederum ist ein Drittel Staatswald. Dieser Staatswald soll nach Meinung der Münchner Zentrale demnächst nach privatwirtschaftlichen
Prinzipien bewirtschaftet werden.
Schön rational sieht der Wald in Kürze
aus: herrliche Fichtenmonokulturen,
keine störenden Tiere und nervigen Vogelstimmen mehr, dafür ein Paradies
für unser Lieblingstier, den Borkenkäfer. Und statt Wolpertingern treiben
Wood-Cutter, riesige Forstmaschinen,
im Wald ihr Unwesen.
Alles gute Zureden half nichts, und so
beschwor das ignorante Verhalten den
Widerstand unzähliger Umweltschutzverbände herauf. Gemeinsam koordinieren sie das
Volksbegehren „Aus Liebe
zum Wald“. Vom 16. bis
29. November 2004 sind
die Bürger des Freistaats
aufgerufen, in ihrer
Heimatgemeinde gegen die Gesetzesnovelle der Staatsregierung und für
den Vorschlag
der NaturschutzAllianz zu votieren.
920 000 Stimmen sind dazu nötig.
Wozu der ganze Klamauk, könnte man
sich denken. Stimmt, wozu wollen die
Menschen saubere Luft atmen, wozu
wollen sie sauberes Wasser trinken, wozu sollten sie sich im Wald von der
Tier- und Pflanzenvielfalt überzeugen?
Diese Funktionen werden (noch) in
vorbildhafter Weise vom Wald über-
nommen. Das geht aber nur, wenn bayerische Förster nach wie vor nachhaltig
wirtschaften können. Förster kümmern
sich heute um die Schutz- und Gemeinwohlfunktionen des Waldes, um die Beratung privater Waldbesitzer und um
die Waldpädagogik. Bald sitzt im
schlimmsten Fall der Großteil in irgend
einem Büro des lokal ansässigen Landwirtschaftsamtes, und der Rest betätigt
sich als „Raubbau-Holzhacker“.
Bei den Förstern herrscht trotz der
geplanten Einschnitte Ruhe im Walde.
„Paradox ist es schon, wenn die Förster
im Januar 2004 noch in München gegen
die Forstreform waren und jetzt aus
Loyalität zu ihrem Arbeitgeber ihre
Meinung geändert haben“, meint Thomas Stahl vom Landesbund für Vogelschutz (LBV).
Der bayerische Staat ist auf Sparkurs.
Im Umweltschutzressort wurden etwa
15 Prozent der Mittel 2004 gekürzt, und
jetzt kann er sich nicht mal mehr die 0,4
Prozent des Haushaltes leisten, die
jährlich für den Wald eingeplant
sind.
Oberfranken hat allgemein
nicht gut lachen. Bald
könnte dieser Region
auch
noch
der
Galgenhumor vergehen, wenn „Steckerlas-Wälder“
im Steigerwald
und
in
der
Fränkischen
Schweiz die
erholungsbedürftigen Urlauber vergraulen. Auch wenn es
schwer zu verstehen ist: Ökologie wirkt
sich auf sämtliche Bereiche des Lebens
aus. Auch Studierende sind Bürger
Bayerns. Nutzt eure Chance, wenn ihr
auch noch in 20 Jahren nach einer 60Stunden-Woche am wohl verdienten
Wochenende in einem natürlichen Wald
spazieren gehen wollt!
Weltkulturwerbe-Stadt
Bahnhofsreklame soll UNESCO-Status betonen
(ja/da) „Sehr geehrte Fahrgäste, willkommen in Bamberg, Standort der
Otto-Friedrich-Universität und Sitz der
Studentenzeitung
OTTFRIED. Ihre
weiteren Anschlusszüge sind...“ Nein,
Werbung über die
Bahnhofsprechanlage geht natürlich
Montage: ottfried
nicht, außer es hanSo
könnte
die
Weltkulturerbe-Werbung
aussehen.
delt sich um Weltkulturerbe-Werbung für die Stadt.
denn „Willkommen in der WeltkulturSeit gut einem halben Jahr verhandelt
erbestadt Bamberg“ keine Werbung?
die Stadt Bamberg mit der Deutschen
„Ja, hier handelt es sich aber nur um ein
Bahn über Lautsprecherdurchsagen und
zusätzliches Wort,“ erklärt Krämer.
Schilder an den Bahnsteigen, die auf
Wirklich schade, aber vielleicht klappt
das „Weltkulturerbe“ hinweisen sollen.
es ja bei der Stadt Bamberg. Diese hat
Das erste Angebot der Bahn war renun ein günstigeres Angebot von der
kordverdächtig: 3 328 Euro im Jahr für
Bahn gefordert: „Die Kosten sind
die Durchsage, für die Hinweisschilder
wesentlich geringer, wenn die Schilder
sollte die Stadt 10 629 Euro plus 4 600
nur an ICE-Bahnsteigen angebracht
Euro für die Anbringung berappen,
werden. Die Durchsagen wären dann
zuzüglich 8 000 Euro Folgekosten. Das
sogar kostenlos,“ so Steffen Schuetzewar der Stadt dann doch ein bisschen zu
wohl von der städtischen Pressestelle.
viel.
Das neue Angebot soll noch diese
Doch OTTFRIED, von der Idee mehr
Woche im Rathaus vorliegen. Wenn es
als angetan, kratzte sein Redaktionsverzu einer zügigen Einigung kommt,
mögen zusammen und wandte sich an
könnten die wertvollen Schilder den
die Bahnhofsverwaltung. Wir hatten
unwissenden Fernreisenden bereits
kein Glück. „Zuviel Werbung würde
Anfang des nächsten Jahres auf das
die Reisenden verwirren. Ansagen solWeltkulturerbe aufmerksam machen.
len eigentlich nur den Eisenbahnbetrieb
OTTFRIED prüft indessen die Mögbetreffen,“ so Claudia Krämer, Leiterin
lichkeit einer „OTTstadt“-Leuchtdes Bahnhofmanagements. Aber ist
reklame auf der Altenburg.
SPORT.
Erfolg hat seinen Schweiß
Hartgesottene Wirtschaftswissenschaftler trotzen der Kälte und trainieren für den Weltkulturerbelauf
Von Lisa Suckert
Wir befinden uns im Jahr 2004 nach
Christus. Der erste Schnee wirbelt
durch die klirrend kalten Abende, am
Gabelmoo gibt’s lecker Maroni und
ganz Bamberg zieht sich in wohlbeheizte Stadtbusse zurück... Ganz Bamberg? Nein, denn irgendwo da draußen
gibt es ein paar Helden, die standhalten,
die mutig jeder Kälte trotzen. Was sie
tun? Sie laufen. Warum sie es tun? Weil
es noch 164 Tage sind. 164 Tage bis
zum Weltkulturerbelauf, der in Bamberg am 1. Mai 2005 zum zweiten Mal
stattfindet.
Sage und schreibe 8000 kühne Läufer
werden dann am Start zwischen Konzerthalle und Markusplatz erwartet. Mit
zwei von diesen 8000 habe ich an diesem kalten Nachmittag das Vergnügen.
Die Beiden wollig eingepackt mit Laufschuhen an den Füßen, ich nebendran
auf dem Fahrradsattel. Aber dafür läuft
ja auch meine Nase.
164 Tage bis
zur Entscheidung
Beim Weltkulturerbelauf kann man
zwar auch 4,4 oder 10,9 Kilometer laufen – aber für Moritz Schäfer und JanPhillip Erren kommt natürlich nur der
Halbmarathon in Frage. Einundzwan-
de fröhlich vor sich hin. Die Tour hat
wie immer rund zehn Kilometer. Aber
das eigentlich Schwierige am Weltkulturerbelauf sind weder Geschwindigkeit noch Distanz.
Hügelige Hindernisse
zu überwinden
Foto: süd
Jan-Philipp (links) lässt sich gegen die Kälte schon einen Bart wachsen.
zig-Komma-Eins-Kilometer, schon das
Wort ist wahnwitzig lang. Nun lässt
sich eine solche Strecke nicht einfach
ohne Vorbereitung bewältigen. Also
muss eifrig trainiert werden. Und das
schon jetzt. Drei bis vier Mal treibt es
die beiden raus in die Atem raubende
Kälte oder, wie sie es sagen, „an die frische Luft“.
Heute führt uns unser Weg hinaus in
den herbstlichen Hain. Und wenn man
den da so idyllisch liegen sieht, wird
sofort klar (und das selbst von einem
Fahrrad aus), warum die Beiden laufen.
Trotz des eifrigen Trainings sehen
Moritz und Jan-Philipp das mit dem
Gewinnen nicht so verbissen, sie laufen
eher „für sich selbst“. Über eine gute
Platzierung oder eine persönliche Bestzeit würden sie sich trotzdem freuen.
Bei einem Richtpuls von 150 traben die
beiden seit mittlerweile fast einer Stun-
Das eigentliche Problem sind die sieben
Hügel auf denen unsere Domstadt
erbaut wurde. Rund 300 zum Teil sehr
steile Höhenmeter gilt es zu bezwingen! Nur so zum Vergleich: Beim Stadtmarathon in Berlin sind es gerade mal
zehn Meter. Deshalb haben die beiden
vor, das mit dem „Berglaufen“ noch zu
trainieren, zum Beispiel bei den offiziellen Probeläufen, die noch anstehen.
Vor dem letzten Weltkulturerbelauf war
bei einem solchen Test sogar der damals noch etwas windschnittigere
Joschka Fischer dabei. Ob man dieses
Mal wieder auf solch prominente Mitstreiter hoffen darf, bleibt abzuwarten.
Die zwei Jungs laufen jetzt erst einmal
der wohlverdienten Dusche entgegen.
Ich verspreche ihnen noch ganz fest,
dass ich am 1. Mai dann auch laut
jubelnd am Straßenrand stehen werde.
Aber bis dahin bin ich eigentlich froh,
dass man sich auch in wohlbeheizte
Stadtbusse zurückziehen kann.
Bambergs Spitzenreiter
Sebastian Haag fährt zur Studentenreiter-WM
OTTFRIED: Leidet dein Studium
(mvl) OTTFRIED: Im Dezember ist
unter den ganzen Verpflichtungen im
die Weltmeisterschaft der StudentenSinne der Reiterei?
reiter in Tokio. Du bist Reservereiter
Haag: Ja, es leidet, das muss man ganz
im deutschen Team. Was bedeutet das
offen zugeben. Studententurniere sind
für dich?
eine sehr zeitraubende Angelegenheit,
Haag: Erst einmal ist die WM das
man ist von Freitag bis
höchste der Gefühle
Sonntag unterwegs,
für einen Studentenreierholt sich drei Tage,
ter. Dabei sein zu dürund dann geht’s auch
fen ist eine große Ehre.
schon wieder los. Ich
Natürlich wäre ich gernehme es in Kauf, es
ne geritten. Aber die
ist eine einzigartige
Stimmung ist super
Chance.
und wir freuen uns
schon alle sehr auf dieOTTFRIED: Welchen
ses Erlebnis.
Stellenwert hat Bamberg für dich bei all
O T T F R I E D :
Nächsten Monat trittst
Foto: Internet den nationalen und
internationalen Verdu dein Amt als
pflichtungen?
Aktivensprecher der Ist Sebi nicht ein Goldjunge?
Studentenreiter an. Was hast du für
Pläne?
Haag: Unter dem Amt eines Aktivensprechers verstehe ich, dass ich die Interessen der Studentenreiter vertrete
und mich für sie einsetze. Außerdem
will ich dazu beitragen, dass das Netzwerk unter den Reitern bestehen bleibt.
Haag: Bamberg ist meine Reitgruppe,
ich reite für die Uni. Seit wir so viele
neue Mitglieder bekommen haben,
macht das richtig Spaß. Es ist auch in
dieser Hinsicht von Vorteil, an einer
kleinen Universität zu studieren, das
macht die Organisation wesentlich einfacher.
Foto: privat
Studierende sind auf Trab
(mvl) In der Bamberger Reitgruppe kann jeder reiten, auch ohne ein eigenes Pferd im Stall. Voraussetzung ist die Freude am Traben, Galoppieren,
Sozialisieren. Die Pferdefreunde gehen zweimal im Monat zusammen ins
Gelände oder die Reithalle – vom blutigen Anfänger bis zum Profi wird
Dressur- und Springreiten geübt. Um die eigenen Fähigkeiten dann zu
überprüfen, tritt man mehrmals jährlich bei Studententurnieren in ganz
Deutschland an. Dabei stellt der der Veranstalter die Pferde, was hier und
da zu Wettbewerbsverzerrungen führt. Denn bekommt ein Spitzenreiter
das schlechteste Pferd im Stall zugelost, verliert er schon mal gegen einen
Neuling. Das ist abends beim Bierchen aber schnell vergessen.
Das Konzept der Bamberger Studentenreiter ging dieses Jahr auf. Die
Gruppe erkämpften sich einen Startplatz bei der Qualifikation zur
Deutschen Meisterschaft. Interesse? Kontakt unter 0163 - 3 11 92 53.
Laufen, Marsch, Marsch
Seit diesem Semester erkunden Wanderfreunde den Fränkischen Jura
(hhh) „Wenn der Hochschulsport schon
teurer wird, dann bitte wenigstens ein
reichhaltigeres Angebot!“ So in etwa
muss das Motto der Planungskommission gelautet haben, als sie das Programm für das diesjährige Wintersemester zusammenstellte. Herausgekommen ist dabei eine Reihe neuer
Sportmöglichkeiten im Fitness-Sektor.
Gegen Fett geht’s
auf den Berg
Neben uni-internen Bereichen wie
„Callanetics“, „Fatburner“ und Skigymnastik wird erstmalig auch Wandern angeboten, das auf den ersten
Blick mit herkömmlichem Hochschulsport nichts gemein hat.
Geistiger Vater und Initiator ist Armin
Duske, Mitarbeiter am Lehrstuhl für
Wirtschaftsinformatik. Die Idee, so
Duske, sei im letzten Wintersemester
im Kollegenkreis entstanden. Er selbst
sei seit Jahren begeisterter Wandersmann und habe „einfach mal nachgefragt“, ob Interesse bestünde.
Noch zweimal gehen die Wanderfreunde ins Gelände, am Sonnntag, 28.11.04,
und Sonntag, 23.01.05. Zwischen vier
und sechs Stunden wird durch den
Fränkischen Jura marschiert. Vierzehn
Anmledungen liegen bislang vor, genug, um im kommenden Sommersemester weiterzumachen. Voraussetzung
für den relativ anspruchsvollen Weg
sind laut Duske gutes Schuhwerk,
Stöcke und wetterfeste Kleidung.
Wandern nicht
nur Rentnersport
Von Senioren-Fitness kann also keine
Rede sein. „Bisher haben alle tapfer
durchgehalten“, so Duske, „aber einige
haben mit dem Parcours schon ordentlich zu kämpfen gehabt.“ Bestimmt die
Raucher.
Weitere Informationen zum Wandertreff findet ihr im Internet unter
www.buva.wiai.uni-bamberg.de/dus
ke/wandern.
Studi-Olympiade
(da) Im Januar treffen sich Studierende
aus mehr als 50 Ländern zur Winteruniversiade in Innsbruck und Seefeld. Insgesamt werden 69 Medaillen vergeben,
erwartet werden rund 1500 Teilnehmer.
Weitere Informationen zur weltweit
zweitgrößten Wintersportveranstaltung
unter www. universiade.org
Wir sehen rot
(mas/www/bse) Wir sind’s mal wieder,
die anerkannten Fußballexperten der
OTTkick-Redaktion und wie immer
brennt uns ein brisantes Thema unter
den Nägeln, vielleicht auch mehrere,
„schaun mer mal“.
Auch wir haben uns die letzten Wochen
gefragt: „Lebt denn der alte Holzmichl
noch?“ Nein! Der Neue Big Boss, der
Schwaben-Beck Jürgen „die wo“ Klinsmann hat seinem Michl äh... Sepperl
gnadenlos den Garaus gemacht. Armer
Maier Seppel! Im Altersheim in Grünwald ist sicher noch ein Platz frei. ExSchlucko Gerd „der Bomber“ Müller,
Katsche „der Kiosk“ Schwarzenbeck
und Paul „die Mao-Mähne“ Breitner
haben sich da ja schon eingemietet.
Und was machen Timo „wilde Hand“
Hildebrand, Jens „he did it ajen“ Lehmann und Olli „Zum Glück muss ich
kein Titan mehr sein“ Kahn? Die kloppen sich ums Bundestor. Viel Spaß Andi Köpke. Von einem viermaligen Absteiger wollen die sicher viel lernen.
A propos beKloppt. Wir wussten es ja
schon immer: Die Bundesliga ist ein
Tollhaus. Aber seit der FSV (Faschingssportverein) Mainz bei den Großen mitpinkelt, ist alles noch schlimmer geworden. Denn Trainer Jürgen „ich war
als Spieler ein Arschloch“ Klopp hat
seine Spieler in der Vorbereitung so
hergeprügelt, dass sich die Gegner nach
den Spielen wie nach einem schlechten
Karnevalsrausch fühlen. Prost Helau!
Kloppen scheint aber ein neuer Trend
zu sein: Michael „Aal“ Lack bricht
Frank „Ge“ Fahrenhorst die Nase, und
die Zweitliga-Balkanesen steigen komplett auf Karate um.
Und im Osten? Nix Neues... Die Rostocker covern gerade alte Ossi-Hits.
Ganz oben grad „Ölapalomahansa, you
are just a team on the fly“. Die HansaKogge legt wohl bald in Liga zwei an –
nach sieben Niederlagen in sieben
Heimspielen. Nicht nur wir fragen uns:
Machen die das mit Absicht? Und am
anderen Ende der Tabelle? Da steht der
VfL Wol... Beeep. Schichtwechsel am
VW-Band.
Seit Sonntag juckt ein gewisser „Goleo
VI“ unter unseren Nägeln und zwar wie
die Kretze. Nein, das ist nicht der neue
Kampfpanzer der tarnfarbenen Vaterlandsverteidiger. Goleo ist ein Löw und
das Weh-Em-Maskottchen 2006. Ein
beige-brauner Zeckenteppich, der so
seltenblöd drein schaut, dass einem die
Worte fehlen. Nicht ohne Grund wurde
der laufende Flohzirkus während der
letzten Wetten Dass...!-Sendung vorgestellt... Da kann nur einer die Nation
retten: der Pavikahn. Bälle fangen kann
der eh nicht mehr, aber brüllen wie ein
Löwe! Und seine Mähne erst...
Wenn Olli dabei auch noch versagt,
schicken wir ihn mit Jimmy Hartwig in
den Dschungel. Oder er macht mit der
Damen-Nationalmannschaft Werbung
für „Always Ultra“. Halt. Die Dinger
halten wenigstens ihren Laden dicht.
A propos rot: Warum spielen wir jetzt
eigentlich mit den österreichischen Trikots???
Auf jeden Fall ist doch die Hauptsache,
wie schon der große Fußball-Philosoph
Sepp Lineker sagte, die Fußball-WehEm beginnt in 90 Wochen und am Ende
ist Olli Kahn das Maskottchen.
KULTUR.
100 000 Volt für die Quote
Nach „Nichts hält mich mehr in Kisslingen“ ist die Lust aufs Fernsehen vergangen
Von Kira-Katharina Brück
Für welche Todesart lohnt es sich, sich
selbst hinzurichten? Und für welche, zu
leben? Gerti und Hanna erfinden die
„100 000-Volt-Show“, um eine Kommission zu überzeugen. Das große Ziel
der beiden ist ein Job im Showbiz, damit sie endlich aus der provinziellen
Enge ihrer Heimatstadt Kisslingen entfliehen können. Um Star zu werden, ist
ihnen jedes Mittel recht, da würden sie
schon mal über Schwerverletzte gehen.
Das Publikum
spielt Jury
Das Publikum fungiert als prüfende
Instanz, welche in das Stück mit einbezogen wird: Es entscheidet per Applaus
, ob Gerti und Hanna beim Fernsehen
genommen werden. „Nichts hält mich
mehr in Kisslingen“ von Rainer Lewandowski zeigt mit bitterbösem, schwarzem Humor eine Collage der aktuellen
TV-Landschaft, verschont dabei weder
Talkshows noch Werbung oder Showformate à la „DSDS“.
Johanna Bronkalla als Gerti und Ronald
Schober als Hanna ziehen eine twowomen-show ab, bis heraus kommt,
dass Hanna eigentlich Daniel ist, sich
aber wegen der „scheiß Frauenquote“
als Mädchen beim Fernsehen bewirbt.
Das Stück ist rasant, weil die beiden andauernd in neue Rollen schlüpfen,
schließlich soll die Kommission erkennen wie flexibel Hanna und Gerti sind.
Sie passen ihre
Identitäten dem jeweiligen Sendeformat an: „Wir sind
universell. Auf mich
kommt es dabei gar
nicht an. Mein Ich
ist
austauschbar.
Tauschen Sie mich
ein und aus.“
Und genau darum
geht es. Gertis und
Hannas eigene Identität wird konsequent übergangen,
so sehr sind die zwei
damit beschäftigt,
ihre vielseitigen Talente zu beweisen.
Manchmal geht das
zu schnell, was für
den Zuschauer verwirrend sein kann,
aber so ist Fernsehen eben. Hektisch, unberechenbar „My heart will go on!“: Roland Schober mimt das Mädchen.
Foto: Theater
und bei allem zählt
sehen, uns trügen. Das ist ja wie im
Bei all den Pointen, dem schwarzen
nur eines: „Quote bleibt Quote. ZielFernsehen“.
Humor und den schwungvollen
vorstellung als Zielvorgabe. Soviel
Die Regisseurin Heidemarie Gohde
Gesangseinlagen (Gerti als Liza
begreife ich. Sonst Kopf ab, Schafott!“
inszenierte ein auf den ersten Blick
Minelli) fehlt es allerdings nicht an
„Nichts hält mich mehr in Kisslingen“
urkomisches Stück, doch auf den zweiTragik.
ist in erster Linie eine Parodie auf die
ten sieht man besser: die Rigorosität
Wenn Gerti etwa von ihrem Schaf
Medienlandschaft. Oft kann man sich
und Geschmacklosigkeit des Fernseerzählt, das durch einen unglücklichen
vor Lachen kaum noch auf dem Stuhl
hens. Am Ende des Stückes weiß man
Zufall im Schlachthof endete oder sie
halten. Etwa dann, wenn Roland Schonicht, ob man lachen oder weinen soll.
selbst erkennt, wie absurd und grotesk
ber als Hanna „My heart will go on“
In jedem Fall möchte man keinen
die Medien sind: „Wer begreift das
singt oder die Bewerberinnen ihre
Fernseher mehr anschalten.
schon, wenn die Bilder, wie wir sie
Home-Videos als Werbeblock einlegen.
The Motorcycle Diaries
Auf seiner Reise durch Lateinamerika findet der junge Ché zu sich selbst
(bal) „Die Reise des jungen Ché“ ist die
Geschichte einer neunmonatigen Reise
zweier Freunde durch Lateinamerika.
Ernesto
Guevara,
23-jähriger
Asthmatiker und Medizinstudent aus
Buenos Aires, und der einige Jahre ältere Biochemiker Alberto Grenado verlassen ihr gutbürgerliches Zuhause auf
einer klapprigen Norton 500, Spitzname „Die Allmächtige“. Sie machen
sich auf zu einer 8000-Meilen-Fahrt
durch den für sie weitgehend unbekannten Kontinent. Ihre Ausrüstung ist
bescheiden und die Bargeldreserven
knapp, dafür haben sie sich einiges vorgenommen!
Rasanter Trip
auf der Allmächtigen
Die en detail geplante Route führt sie
über das exklusive Miramar zum Lago
Frias, dem Grenzsee zu Chile. Sie kämpfen sich über verschneite Bergpässe,
stürzen immer wieder mit dem Motorrad, verlieren ihr Zelt im Sturm, immer
auf der Suche nach einer Gratismahlzeit
und einer Übernachtungsmöglichkeit.
In Temuco, Chile, schaffen sie es mit
Hilfe eines Zeitungsartikels, der sie pathetisch als reisende Ärzte im Dienst
der Armen beschreibt, ihr Vehikel reparieren zu lassen. Beim Tanz im Ge-
Die Freunde sind sichtlich begeistert von der Atacama-Wüste. Foto: Internet
meindehaus flirtet Ernesto mit der Frau
des Mechanikers - der Aufbruch erfolgt
überstürzt. Kurz darauf folgt der unvermeidliche Zusammenbruch des geschundenen Motorrads.
Als sie die Reise zu Fuß fortsetzen, ändert sich der Blickwinkel mit dem sie
ihre Umwelt betrachten. Sind sie bislang wie im Rausch über die Pisten gejagt, so zwingt sie der Verlust des Gefährts zu einer genaueren Betrachtung
ihrer Umwelt und der Menschen. Alberto empfindet den Marsch als starke
Belastung, Ernesto dagegen scheint
befreit und saugt die neuen Eindrücke
in sich auf. Bestürzt stellen die jungen
Männer fest, dass große Teile der
Bauern zu landlosen Wanderarbeitern
verkommen sind. Heimatlos und gezwungen als Tagelöhner jeden Weg und
jede Arbeit auf sich zu nehmen. Sie
kämpfen sich durch die Atacama-Wüste, verbringen die Nacht frierend mit
einem kommunistischen Ehepaar.
„Diese Nacht war eine der kältesten
meines Lebens. Aber durch die Beiden
bin ich den Menschen näher gekommen. Den Menschen, die mir vorher so
fremd waren“, notiert Ernesto Guevara
in sein Tagebuch.
Ernestos vage, idealistische Sicht erhält
hier einen realistischen Fokus auf die
Nöte der Menschen, aber auch auf ihren
ungebrochenen Stolz. Der Film mündet
in eine Episode in einer Lepraklinik in
Venezuela, in der sie die Ärzte und
Nonnen mit sehr persönlichem Einsatz
unterstützen.
Walter Salles ist ein leidenschaftliches
und auf angenehme Art uneitles RoadMovie gelungen. Gael Garcia Bernal,
der schon in „Amores Perros“ glänzte,
verkörpert den späteren Revolutionär
intensiv und überzeugend.
Alien-Erich
predigt wieder
(dan/anj) Vor 5000 Jahren kreisten
noch Raumschiffe um die Erde und
die Inder haben`s genau gesehen!
Das Publikum nickt mit den Köpfen,
lauscht gespannt jeder einzelnen
Enthüllung. Vor der zustimmenden
Gesellschaft steht ein kleiner, charismatischer Schweizer im blauen Jackett: Erich von Däniken.
Seit den sechziger Jahren versucht
der weltbekannte Ufologe uns zu bekehren. Däniken hat „Beweise“: Er
zeigt dem Publikum Videoaufnahmen und -animationen von mysteriösen Grabkammern in Ägypten,
rätselhaften Maja-Pyramiden in
Mexiko und ominösen Wrack-Teilen
vor der griechischen Küste. Alle
haben eine Gemeinsamkeit: Sie sind
nicht von dieser Welt.
Das Ergebnis seiner Vorträge ist ein
Wust neuer, unbeantworteter Fragen, mit dem er die Leute „aus ihrem
Alltagstrott“ herausholen und ihnen
die Realität vor Augen führen will.
„Dass es Außerirdische gibt, wollen
wir Menschen einfach nicht wahrhaben, das nähme uns schließlich unsere Einzigartigkeit“, resümiert von
Däniken. Ziemlich widersprüchlich,
so etwas von einem bekennenden
Katholiken zu hören!
Wer sich für das Thema interessiert,
hat die Möglichkeit, Dänikens
Mystery-Park in der Schweiz zu besuchen. Wissen und Konsum lagen
bekanntlich auch schon vor 5000
Jahren ganz eng beeinander.
Inszenierter Aufreger
Dirk Bayer verbindet Pädagogik mit Theater
(kis) Auf Sommerfesten im Kindergarzurück auf Augusto Boal, der 1931 in
ten wollte er immer schon Theater spieRio de Janeiro geboren wurde, in New
len. In der Grundschule wäre er bei
York Theaterwissenschaften studierte
Krippenspielen am liebsten in die Rolle
und dann nach Brasilien zurückkehrte.
des Jesus geschlüpft. „Aber ich habe
Von ihm stammt auch das „Theater der
wohl nicht heilig genug gewirkt“, meint
Unterdrückten“, das die Bevölkerung
Dirk Bayer schmunzelnd. Das Theater
spielerisch zum Aufbegehren anleiten
hat ihn dennoch nie wieder losgelassen.
soll.
Während des Zivildienstes spielt er mit
dem Gedanken, einen sozialen Beruf
Theater für
auszuüben, doch der Künstler in ihm
Zivilcourage
meldet sich hartnäckig. Heute ist Dirk
Bayer Theaterpädagoge und schafft in
Ziel des Konzeptes ist es, aus passiven
seinem Beruf die ideale Verbindung
Zuschauern aktiv Handelnde zu
von Pädagogik und Kunst. Sein Diplom
machen und somit die Realität nicht nur
als Sozialpädagoge bietet ihm dafür eizu interpretieren, sondern zu verändern.
ne gute Basis. Seit 1995 arbeitet er unDas „Theater der Unterdrückten“ ist
ter anderem am Brentano Theater in
eine Mischung aus Kunst und
Bamberg, seit 1996 ist er freiberufSelbsterfahrung. Bayer erprobt es in
licher Theaterpädagoge, Clown und
Schulen, wo er Seminare für Kinder
Kabarettist. Gleichzeitig ist Dirk Bayer
und Lehrer anbietet. Die Themen variLehrbeauftragter der Universität im
ieren zwischen Sucht, Gewalt und
Fachbereich Soziale Arbeit. Im
Zivilcourage.
Schwerpunkt „TheDirk Bayer ist
aterarbeit/Darsteleine
bekannte
lendes Spiel“ bietet
Größe. Er besucht
er Seminare an.
Schulen in mehAuch andere stureren
Bundesdentische Gruppen
ländern und trat
können Workshops
bereits über zehn
bei ihm absolvieMal im Fernsehren. So arbeitete
en auf, zuletzt in
bespielsweise die
der
ZDF-SenGrüne Hochschul„Mona
gruppe einen Tag
Foto: privat dung
Lisa“. Im Februar
lang mit Dirk
Herr Bayer arbeitet mit den Kindern.
spielt er im NeuBayer zum Thema
en Palais das witzige und freche Stück
Zivilcourage. Die Studierenden spielten
„Cyrano“ zusammen mit dem
in Cafés ein homosexuelles Pärchen
Studenten Sebastian Thiers, Ulrike Baiund am Nachbartisch Heteros, die sich
er von Radio Bamberg und
darüber aufregen. Die ahnungslosen
Schauspieler Hans-Jürgen Stockerl
Café-Besucher wurden anschließend
vom Bayerischen Fernsehen. Wer sich
befragt, wie sie das öffentliche Küssen
für Bayers Workshops interessiert, kann
Homosexueller empfunden hätten. Die
eine E-Mail an ask@dirk-bayer.de
Szene wird grundsätzlich nie aufgelöst.
schreiben und erhält unter www.dirkDirk Bayers Konzept nennt sich
bayer.de weitere Informationen.
„Unsichtbares Theater“ und geht
KULTUR.
Zwei Fäuste für ein Halleluja
23-jähriger Dirigent bringt frischen Wind in das Studentenkonzert der Bamberger Symphoniker
Jimmy eat world
Von Kirsten Schlüter
Seine Hände zappeln wild durch die
Luft, die Füße berühren kaum den Boden, der Frack weht: Gustavo Dudamel
dirigiert. Der 23-Jährige aus Venezuela
lebt sich auf dem Dirigentenpult aus
und hat dabei das Profiorchester voll im
Griff. Den Musikern ist anzumerken,
dass Dudamels Elan auf sie überspringt. Aus seiner Heimat hat er zwei
Stücke mitgebracht, die er am Samstag,
den 6. November, mit den Bamberger
Symphonikern beim Studentenkonzert
darbot: „Margariteña“ von Inocente
Carreño und Silvestre Revueltas’ „Sensemayá“ waren sehr abwechslungsreich
anzuhören.
(hhh) Weil alle nach dem hitgestopften Vorgänger-Album „Bleed American“ ein noch opulenteres Nachfolgewerk erwartet haben, wurde
den Fans genau dies mit „Futures“
vorenthalten. Oder doch nicht?
Immerhin bedarf es diesmal einer
deutlich höheren Zahl an Durchläufen, bis die Sache passt. Was hier
zählt, sind Details und die leisen
Zwischentöne, mit denen „Futures“
einem das Herz wärmt.
Von „Pain“ (erste Single) kann hier
keine Rede sein, denn erstmalig
wird die balladeske Schönheit von
„Clarity“ mit dem Rockpotential
des Vorgängers verschmolzen.
Fazit: Eine Platte, die sich als
Soundtrack für vorweihnachtliche
Glühwein-Romantik und Anti-Winterdepressions-Pogo gleichermaßen
eignet. Dafür werden bei „23“ sogar
Streicher eingesetzt und der Song
auf rekordverdächtige 7:24 Minuten
angehoben. „Nothingwrong“ und
„Kill“ haben Muckis, „Polaris“ und
„Drugs or me“ überzeugen durch
schlichte Eleganz, die bei fast jeder
Gemütslage funktioniert.
Resultat: Das Quartett aus Mesa/Arizona hat auch auf Nr. 4 alles richtig gemacht! „Futures“ hat sogar das
Zeug zum Klassiker, eben WEIL es
länger dauert, das herauszufinden.
Schlangenjagd
und Sonnenaufgang
Auch für Zuhörer ohne viel Vorwissen
war das Konzert berauschend. Während
im ersten Stück Filmelemente mit
Kinderliedern und einem auskomponierten Sonnenaufgang verbunden werden, ist „Sensemayá“ ein Lied, das eine
Schlangenjagd beschreibt. Der 7/8-Takt
birgt ungewöhnliche Rhythmen.
Dennoch sind deutlich eine fliehende
Schlange und ein jagender Indianer herauszuhören. Weniger experimentell ist
Peter Tschaikowskys Symphonie Nr. 4
in f-moll, die die Bamberger
Symphoniker als dritten Programmpunkt spielten. Im ersten Satz dominieren Pauken und Fanfaren, die für die
Unerbittlichkeit des Schicksals stehen.
ze der Spielfähigkeit“, meint Matthias
Krug, erster Violinist.
Der Dirigent verlangt einiges von seinem Orchester. Obwohl er so jung ist,
Dudamel verzaubert durch südländischen Charme.
Der zweite Satz bietet Musikern und
Zuhörern eine Pause von den pompösen
Klängen. Ganz leise beginnt er mit
einem Oboensolo. Eine Besonderheit
ist der dritte Satz, bei dem die Streicher
ihre Bögen zur Seite legen und nur die
Saiten zupfen: Pizzicato ostinato. Wie
eine Wellenbewegung fließen die Töne
von links nach rechts durch das
Orchester, von den Violinen bis zum
Bass. Überraschend rasant ist das
Finale, das sich direkt an den dritten
Satz anschließt. „Ein Tschaikowsky in
dieser Geschwindigkeit ist an der Gren-
Foto: kis
traut er sich, die viel älteren Profimusiker zu Höchstleistungen anzustacheln.
Einen Tag vor dem Konzert haben erst
die Proben begonnen, die dafür sieben
Stunden dauerten. „Nach so einer Probe
kommt man völlig leer raus, hat sich total verausgabt“, sagt Krug. Dudamel
hat aber auch hohe Ansprüche an sich
selbst. So dirigierte er fast zwei Stunden lang auswendig und gab souverän
alle Einsätze. Sehr ungezwungen wirkte auch sein Dialog mit der Moderatorin
des Abends, Elgin Heuerding. Als
Sprachprobleme auftraten, formte der
Es gibt noch wahren Punk
OTTFRIED macht den Bandtest: The Shocks versus Wohlstandskinder
(da) In der kleinen, nützlichen Broschükleinen Bühnen und Open Airs im
re „Infos zum Studium in Bamberg“
deutschsprachigen Raum und in Amiunserer Zentralen Studienberatung ist –
land zum Besten gegeben, die Jungs
als eines der besonderen Schmankerl
sind also durchaus schon herumgeder Stadt – die „alternative Kulturszekommen: drei Sternchen.
ne“ aufgeführt. Das „alternative“ KonUnd die anderen? Die Wohlstandskinzertangebot hielt sich aber meist eher in
der, das sind Honolulu Silver (Gesang,
lokalen Grenzen. Bis jetzt! Denn mit
Gitarre), Don Cardeneo (Drums), Raki
Wohlstandskinder aus Köln und The
(Bass) und Türk Travolta (Gitarre). Da
Shocks aus Berlin beehrten gleich zwei
beide Bands einen Don haben, wird
Punkrockbands von ungewohnter Gröhier je ein Bonussternchen vergeben!
ßenordnung die Domstadt. OTTFRIED
Seit 1995 unterwegs, haben sie es trotz
ergriff die einmalige Gelegenheit und
ihrer jungen Jahre irgendwann zu einerdachte
einen
unbarmherzigen
em Majordeal gebracht und damit ihre
PunkrOTTband-Test!
mit dem Kommerzstempel drohenden
Eintrittspreise und Örtlichkeiten:
Schon am Eingang zu den jeweiligen Locations schieden
sich die Geister: Bei den
Wohlstandskindern, oder auch
W$K, keine Schlange vor dem
Live-Club, dafür empörende
15 Euro Eintritt! Das gibt nur
ein Sternchen!
Zu den Shocks im Bootshaus
musste man sich dagegen
durch einen überdimensionalen Pulk Punker quetschen, an
der Kasse waren jedoch nur
moderate acht Euro abzudrücken, was man durchaus mit
drei Sternchen belohnen
muss.
Fotos: da
The Shocks (o.) und W$K (u.).
Die Bands:
Nun zu den primären UntersuchungsPunkerfans verärgert. Tja, fünf Sternobjekten: Smail (Gitarre, Gesang), Don
chen für die Karriereleiter. Aber sie maLotzo (Bass, Gesang) und Alex
chen ja auch gar keinen Punkrock, son(Drums) ergeben zusammen seit 1996
dern nach eigenen Angaben „ProvinzThe Shocks. Sie müssen schon zum alrock“, nichtsdestotrotz klingt das, was
ten Eisen der Punkrocker gerechnet
aus ihren Boxen kommt, schlicht gewerden und sind – sei es auf ihren
nauso: melodischer, poppiger, tanzbarer
Musikstil, ihre Klamotten oder ihr
Punkrock mit ein paar Ska-Elementen.
Tourleben bezogen – einfach „old
So etwas haben schon Bands wie
school“. Man spielt Punk’n’Roll, verMillencollin, Blink 182 und Sum 41 in
gleichbar mit den frühen Briefs vieldieses Jahrtausend gerettet. Das verleicht, allerdings mit deutschen Texten,
dient nur zwei Sternchen.
was doch recht ungewöhnlich ist. Ein
Outfit:
ganz eigener Stil, der eindeutig vier
Wenden wir uns zunächst dem Outfit
Sternchen verdient. Das Ganze wird auf
der Shocks zu: sie haben eigentlich kei-
nes. OTTFRIED wettet, dass die
Shocks auch so durch Kreuzberg
schlendern: enge Hose, T-Shirt, Krawatte, Sonnenbrille, Aufnäher, Buttons:
vier Sternchen, meine Lieben.
Die Wohlstandkinder sind etwas weniger auffällig: geschniegelt und gekämmt, ihr inoffizieller Ausstatter
scheint Converse Shoe zu sein. Schick,
jedoch eigentlich nichts Besonderes,
wir geben zwei Sternchen.
Bühnenshow:
Die Shocks beschränken sich „on stage“
hauptsächlich auf Smails Grimassenschneiderei. Außerdem haben sie offensichtlich etwas gegen Pausen zwischen
ihren Songs. Hier steht die Musik im
Mittelpunk, vier Sternchen dafür.
Die W$K dagegen hüpfen auf der Bühne munter zu einer gigantischen Lightshow auf und ab und treffen trotzdem
noch den Ton: fünf Sternchen.
Unterwegs:
Was das Tourleben angeht, erzählt Don
Lotzo: „Wir sind mit so einem Bus unterwegs, einem Sprinter. Und Übernachten? Heute irgendwo privat. Keine Ahnung wie der heißt...“ Wirklich pflegeleicht, diese Shocks: noch einmal fünf
Sternchen drauf.
Und auf OTTFRIEDS Frage, wie die
W$K denn so von einem Ort zum anderen kommen, meint Raki: „Am liebsten
mit meinem Skateboard. Das gibt aber
immer so ein Gedränge, daher mieten
wir uns unterschiedliche Busse, je
nachdem, wie viel Flocken so ein Ausflug gerade abwirft. Diese Tour sind wir
größtenteils mit einem Nightliner gefahren und fanden uns ziemlich toll darin...“ So, so. Gut zu wissen, wohin das
Eintrittsgeld fließt. Das gibt nur ein
Sternchen.
And the winner is...
Die Wohlstandskinder sind zwar schon
richtige kleine Rockstars, machen gute
Mucke und laufen auch auf Viva, aber
die Shocks gewinnen mit 24 zu 17
Sternchen den PunkrOTTband-Test,
weil sie einfach cool sind.
Venezueler einfach eine Hand zur
Schlange und fauchte laut.
Nach Bamberg kam Dudamel, weil dort
dieses Jahr zum ersten Mal der Bamberger Symphoniker Gustav Mahler Dirigenten-Wettbewerb stattfand.
In einem langen Auswahlverfahren
konnte sich der junge Dirigent gegen
298 Mitbewerber durchsetzen. Seit
1999 ist er Leiter des venezuelischen
Jugendorchesters und gibt etwa 80
Konzerte im Jahr. „Es ist Wahnsinn,
was der für ein Repertoire hat!“, staunt
Matthias Krug. „Er ist sehr extrovertiert
und hat trotzdem eine große souveräne
Ruhe. Beim Konzert war er völlig überdreht, in den Proben ganz anders. Es
macht wahnsinnig Spaß, mit ihm zusammenzuarbeiten.“ Der Profimusiker
ist sich sicher, dass Gustavo Dudamel
seinen Weg zielstrebig nach oben gehen
wird. Es haben sich bereits einige Intendanten gemeldet, die ihn unter Vertrag nehmen wollen. Seine Spontaneität
und mitreißende Art übertrugen sich
auch auf das Publikum, das minutenlang Applaus spendete. Der Dirigent
gab sich bescheiden und stellte das Orchester in den Vordergrund, anstatt sich
selbst feiern zu lassen. Gustavo Dudamel hat sicher dazu beigetragen, dass
einige Zuhörer eine Ader für klassische
Musik in sich entdeckten. Hoffentlich
kommt er noch einmal nach Bamberg,
um uns zu verzaubern.
We are Slamily, Sister!
Bamberger Poetry-Trio in Stuttgart erfolgreich
im Einzelwettkampf traten die Poetin(neg/kkb) Deutsche Meisterschaften in
nen an. Nora Gomringer konnte als einwas auch immer hören sich stets nach
zige Frau ins Finale einziehen und „erSport an. Aber auch im Dichten und
slammte“ sich den fünften Platz. Der
Performen kann man sich mit
Schweizer Gabriel Vetter gewann die
Konkurrenz aus ganz Deutschland
deutschen Poetry Slam Meisterschafmessen. Das Ganze nennt sich dann
ten. Übri„ I n g e n s
ternaw a r e n
tionl Poauch die
e t r y
B a m S l a m
berger
2004“.
I r i n a
Dieser
Bondas
wurde
u n d
am letzCasjen
ten OkOhnesortoberge
mit
Wochenvon der
ende in
Partie. AlStuttgart
lerdings
ausgestartete
tragen.
Casjen
D o r t
slamm- Nora Gomringer, Mia Pitroff und Fiva MC Foto: privat für seine
Heimatstadt Hamburg. Insgesamt nahten auch drei Mädels aus Bamberg und
men 82 Dichter an den Wettbewerben
mischten die deutsche „Slamily“ mächteil und 20 Teams traten gegeneinander
tig auf. Nora Gomringer, Nina Sonnenan. Dass Poetry Slam immer beliebter
berg alias Fiva MC und Michaela Pittwird, bewiesen die 3000 Zuschauer, die
roff konnten sich als Team den dritten
nach Stuttgart fanden.
Platz erkämpfen.
Wer das erfolgreiche Bamberger Trio
Die „Spice Girls des Poetry Slams“,
live erleben will, kommt zum nächsten
wie das Trio von der Stuttgarter Presse
Slam am 14. Dezember ab 20 Uhr in
getauft wurde, begeisterten die ausverden Morph Club. Mitmachen können
kaufte Halle des Stuttgarter Theateralle, die selbst Texte verfassen und
hauses mit einem sechsminütigen Text
diese vor Publikum vortragen möchten.
über verschiedene Männertypen. Auch
KEHRSEITE.
Saufen mit Semesterticket
Von Griess, Schnitzel und Sisters of Mercy: OTTFRIED testet für euch Dorfkneipen rund um Bamberg
Von Sandra Bleiner,
Kira-Katharina Brück
und Kirsten Schlüter
Endlich müssen wir zum Billig Saufen
niemanden mehr finden, der a) ein Auto
Ein Hoch auf das Semesterticket.
hat, b) einen Führerschein besitzt und
c) Spaß daran hat, seinen Abend mit
Betrunkenen zu verbringen, während er
selbst völlig nüchtern bleiben muss.
Denn: Ab jetzt fahren wir Bus! Und
zwar ins Dorf. Da kennt uns niemand,
alles ist richtig billig, und die Landluft
bringt uns, na ja, in Schwung.
An einem kalten Freitagnachmittag begeben wir uns also in den Bus zu unserer ersten Semesterticket-Dorfkneipentest-Tour. Vom Bahnhof geht es in
Bambergs östliches Umland: Geisfeld.
Unsere erste Kneipe ist die Brauerei
Griess. Super leckeres Bier, urige Stimmung, lauter Originale um uns herum.
Die männliche Dorfbevölkerung spielt
Karten, wir glühen
vor. Der Abend ist
jung, wir haben
noch zwei Stationen vor uns. Vereinzelt meldet sich
bei uns Hunger,
leider bräuchten
wir einen Dolmetscher für die Speisekarte. „Göttinger“ und „G’rupfter“
klingt in unseren
Ohren doch recht
Foto: kkb
befremdlich. Also
los nach Schnitzelhausen alias
Zeegendorf. Da kann man nichts falsch
machen: entweder Schnitzel mit Sauce
oder ohne. Basta.
Vom Bamberger Hauptbahnhof aus erreicht man das Mekka aller Schnitzelfreunde mit der Linie 8235 (BambergHeiligenstadt-Aufseß-Hollfeld) nach
zwölf Haltestellen. Von der Haltestelle
Josefstraße sind es dann nur noch circa
50 Meter bis zum Gasthaus Stark.
Dort zaubern die Elektrosparlampen
Wer ist das?
Foto: privat
(kis) Der gesuchte Professor
studierte in Mannheim und
Waterloo (Kanada) und war
ab dem Wintersemester
1981/82 Wissenschaftlicher
Mitarbeiter beziehungsweise
Akademischer Rat an der
Universität Passau. 1986 promovierte er, 1991 reichte er
seine Habilitation ein. Seit
dem Wintersemester 19992000 ist er Lehrstuhlinhaber
in Bamberg. Außerdem ist er
Mitbegründer der „Gamburger Gespräche“. Zu gewinnen
gibt’s wieder ein Buch für
deine Teilbibliothek. Antworten bitte an ottfried@ottfried.de
Wartehallenatmosphäre, doch die lekkeren und riesengroßen Schnitzel vertrösten uns. Zahlreiche Hirschgeweihe
blicken von der Wand auf uns herab
und man wartet jeden Moment auf ein
Augenzwinkern wie in der Jägermeisterwerbung. So richtig gemütliche
Stimmung will aber trotzdem nicht aufkommen. Zum Glück entdecken wir
dann gar nicht weit von Bamberg entfernt noch eine richtig stilechte Altrocker- Kneipe: Das PJ’s in Pödeldorf,
erreichbar mit der Linie 8232
(Bamberg-Tiefenellern-Hollfeld). Als
sich unsere Augen an das schummrige
Licht gewöhnt haben, sichten wir zu
unserer großen Freude Dartscheiben
und einen Billardtisch. So billiges Bier
kann man in Bamberg nirgendwo trinken und der Barmann, natürlich mit
Kopftuch, Lederhose und tiefschwarzer
Sonnenbrille, beweist sogar richtig Musikgeschmack mit „Sisters of mercy“.
Teile der Redaktion schwelgen in Jugenderinnerungen.
Leider müssen Abende jenseits der
Domstadt früh enden, denn die Busverbindungen sind eher eigenwillig und
per Fußmarsch wäre der Heimweg sehr
lang.
Fazit unserer ersten SemesterticketDorfkneipentest-Tour: Zum Feiern auf
dem Dorf braucht man zwar nicht viel
Geld, aber eine lustige Gesellschaft
(bloß nicht mit der Perle zum romantischen Tête à Tête raus auf'sLand). Und
natürlich einen freien Nachmittag für
die langen Reisen von Dorf zu Dorf.
Unser Abendprogramm gestalten wir
lieber ganz traditionell und gehen in
den Live-Club. Die Beatles-Night
kommt uns gerade recht, denn angeschwipst tanzt es sich mit den Redaktionskollegen sehr passabel und kuschelig zu „Yesterday“.
In der nächsten Ausgabe führt uns die
Ja, da waren wir überall. Schön wars.
Semesterticket-Dorfkneipentest-Tour
gen Süden. Tipps bitte an ottfried@ottfried.de
Beamer für das Volk
Der Volksempfänger VE 301 ist auferstanden
(mas) 18. August 1933. Funkausstelhinbekommen. Die Feinheiten gibt es
lung Berlin – ja, die gibt es schon so
auf www.diy-tronic.de ebenso wie die
lange. Ein gewisser Göring präsentiert
Weiterentwicklung VB 1.1 und VB 1.2.
den Volksempfänger VE 301, den
Ausgetüftelt hat das Ganze übrigens ein
ersten der Weltgeschichte. Fortan heißt
gewisser Tobias Schmorleiz, Student
es: ein Volk, ein Reich, ein Radio. Na
aus Düsseldorf.
ja, nicht ganz. Jahre später hören Abertausende lieber des Feindes BBC. Dazu
Auch Bamberg
war der VE nun wirklich nicht gedacht.
hätte ihn gebraucht
Knapp 70 Jahre später versammeln sich
wieder Menschen hinter zugezogenen
Dass da in Bamberg niemand drauf
Vorhängen. Studenten, Arbeitlose, etc
gekommen ist? Letztes Jahr war an unsitzen vor ehemals kahl weißen Wänserer Universität doch akuter Beamerden. Auf dem Programm steht SelbstgeBedarf. Dauernd wurden diese sündhaft
branntes: „Matrix“, „Terminator“ oder
teuren Dinger geklaut (OTTFRIED
„Lord of the Rings 1-3“. An der Decke
dokumentierte den Skandal) und nach
hängt der VB 1.0, der Volksbeamer 1.0
Norden, Süden, Westen oder doch
Marke Eigenbau. Zugegeben, das Bild
Osten verhöist etwas pixekert. Für zwei
lig, aber besser
der gemopsten
als gar kein
H i g h - Te c h Heimkino. Der
Geräte hätte
VE 301 war ja
man
beim
auch nicht perP r o j e k t
fekt.
„Beamer für
Neugierig geBamberg“ die
worden? Gut,
ganze Uni mit
hier kommen
dem VB 1.0
nun die Zutaten
ausrüsten könfür den VB 1.0,
nen.
Hausdas Heimkino
meister, Hiwis
für den kleinen
und das PrüGeldbeutel. Ein
fungsamt hätausrangierter
ten mal was
Dia-Projektor
wirklich Nütz(max. 30 Euro
liches für uns
bei Ebay), ein
getan. Ganz
1,8 Zoll TFTdavon
zu
Display
mit
schweigen,
Auflösung 280
mal 220 (70 bis Mensch, das waren Zeiten. Foto: ottfried dass die Ding100 Euro), und ein Dia-Rähmchen (<
0,01 Euro) reichen schon. Das Prinzip
ist simpel. Das Display wird aus dem
Gehäuse genommen und in den DiaRahmen eingepflanzt. Dann wird der
Projektor so modifiziert, dass das DiaTFT fest sitzt. Alles wieder zusammenschrauben. Kabel anschließen, StereoAnlage für den Sound einschalten und
los geht’s. Zwei Stunden sollen geübte
Bastler nur brauchen, aber alle anderen
dürften den Beamer für jedermann auch
er irgendjemand geklaut hätte.
Bliebe noch eine Frage: Warum nur
muss das Ding VOLKSbeamer heißen?
Warum nicht Neudeutsch: People Beamer? Warum nicht nach dem berühmtesten Beamer der Welt „Scottie 2003“?
Soll und wird der VB in der langen und
erfolgreichen Reihe der VOLKSgeräte
VOLKSwagen und VOLKSempfänger
stehen? Vielleicht. Sicher ist nur: Die
nächste Funkausstellung kommt bestimmt.
Schöner Wohnen
(hhh) Umzüge sind wie Staatsanwälte.
Hat man sie vor sich, brechen Gedankenkonstrukte zusammen. Zuerst
leugnet man, beschwichtigt, verstrickt
sich in widersprüchlichen Aussagen,
bis man schließlich unter der Last der
Wahrheit zusammenbricht. Bittet man
Freunde darum, beim Umzug zu helfen,
antwortet man auf die berechtigte Frage, wie viel einzupacken sei, stets mit
dem Satz-Bausatz „Och du, sooo viel
hab’ ich eigentlich gar nicht.“ Ein folgenschwerer Irrtum, wie sich spätestens
am Tag X herausstellen wird.
„Och du, soo viel
ist das gar nicht“
Ist der weiße Miet-Laster voll, die
Wohnung aber nicht merklich leerer,
gesellt sich zu den ratlosen Umzugshelfern auch die Einsicht, dass die verschwenderische Lebensweise der letzten Jahre so nicht weitergehen kann.
Mehr noch: Wo nichts mehr rein geht,
muss was raus! Materielles Abspecken,
ein schlanker Staat im Kleinen. Am Ende seiner Illusionen angelangt, schickt
man erst einmal seine Freunde nach
Hause. Dann die Überlegung: Was kann
weg, was soll, was muss sogar? Dabei
dominiert zumindest anfangs der Mussden Kann-Anteil deutlich.
Der erste Schritt: Kartons nochmal auspacken, Konfrontationstherapie. Kategorisierung der Dinge in: jeden Tag
benutzt, mal geschenkt bekommen und
hat eigentlich nur herum gestanden. Es
folgt eine Phase mehr oder weniger
schlüssiger Argumentationen: „Der
Kerzenständer hat doch eigentlich
immer schon getropft“, „Den Magritte
von Jessica häng ich bestimmt nicht
mehr auf, die blöde Kuh“, „Ein Schuhschrank für drei Paar Chucks ist Unsinn“ usw. Auch für den circa zweieinhalb Meter hohen Musikzeitschriftenstapel (das Travis-Interview wollte ich
irgendwann nochmal lesen) wird es
jetzt Zeit zu gehen. Just Driftwood! Als
Letztes dann die Dinge, die gehen müssen, weil sie eben gar nicht gehen! Der
Soda-Streamer, der Handstaubsauger,
der Heimtrainer. Wohlstandsmüll deluxe. Und wenn wir schon dabei sind:
das abscheuliche Pavillonzelt mit gotischem
Rundfenster-Imitat,
die
Crushed-Eis-Maschine und die stinkende Hydrokulturpflanze. Von den weißen
Plastik-Stapelstühlen mit „Ohne-Kissen-klebt-jeder-Arsch-fest“-Garantie
ganz zu schweigen!
FensterbankFetischisten schauen
Während ich all den JugendsündenUnrat teils feierlich, teils melancholisch
dem Container hinterm Haus übereigne, werde ich von Fensterbank-Fetischisten beäugt. Sie denken wohl, es sei
wer gestorben, und die Wohnung werde
geräumt. Irgendwann ist es dann geschafft, der Geist ist frei, die Wohnung
auch. Mitunter findet man sogar längst
verloren geglaubte Dinge wieder. Da
man sie nie ersetzt hat und somit auch
nicht gebraucht, landen sie ebenfalls im
Container.
Endlich ist der Scheiß weg. Man hat
sich aufgerafft, sich überwunden, sich
selbst darüber gewundert, es kehrt doch
noch ein Hauch von Struktur ins Leben.
Umzüge können wie ein Freispruch
sein. Die Freunde sind zurück, und mit
ihnen das Gefühl, sich nicht länger ins
Sklavenschiff der Schnäppchenmärkte
begeben zu müssen. Man erlangt die
Erleuchtung, das Nirwana, in dem sich
Adjektive wie „zweckmäßig“ und
„wohnlich“ nicht länger ausschließen.
Weniger ist mehr!