Die Entsendung von Mitarbeitern ins Ausland

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Die Entsendung von Mitarbeitern ins Ausland
Skriptum
Dr. Stefan Bendlinger
Die Entsendung von
Mitarbeitern ins Ausland
im internationalen Steuer- und
Sozialversicherungsrecht
(März 2012)
Dr. Stefan Bendlinger, ICON
-2-
Auslandsentsendungen
Inhaltsübersicht
1.
Auslandsentsendungen im österreichischen Steuerrecht
1.1.
1.3.
1.2.
2.
Auslandsentsendungen in den österreichischen DBA
2.1.
2.2.
2.3.
2.4.
3.
Arbeitnehmereinkünfte im DBA-Recht
Besteuerung nach dem Wohnortprinzip
Besteuerung nach dem Arbeitsortprinzip
Gegenausnahme vom Arbeitsortprinzip
2.4.1. Die 183-Tage-Regel
2.4.2. Ermittlung der 183-Tage
2.4.3. Relevanz der Ansässigkeit des Arbeitgebers
Auslandsentsendungen im Sozialversicherungsrecht (Beitragsrecht)
3.1.
3.2.
3.3.
3.4.
3.5.
4.
Auslandsentsendungen im EStG
Steuerbefreiung von Auslandseinkünften
1.3.1. Das Entsendeprivileg
1.3.2. Die Übergangsregelung 2011/2012
Vermeidung von Doppelbesteuerung
Die Rechtsgrundlagen
Die EG-Verordnungen zur Sozialen Sicherheit
3.2.1. Geltungsbereich der EG-Verordnungen
3.2.2. Die anzuwendenden Rechtsvorschriften
Mitarbeitereinsatz im EU/EWR-Raum
3.3.1. Zeitlich begrenzte Auslandsentsendungen
3.3.2. Unselbständige Tätigkeit in mehreren EU/EWR-Staaten
3.3.3. Selbstständige Tätigkeit in mehreren EU/EWR-Staaten
3.3.4. Selbständige und unselbständige Tätigkeit
in verschiedenen EU/EWR-Staaten
3.3.5. Das Formular „A1“
3.3.6. Ausnahmevereinbarungen
3.3.7. Einhaltung SV-rechtlicher Bestimmungen
Entsendung in Abkommensstaaten
Österreichisches Sozialversicherungsrecht
3.4.
Entsendung in Abkommensstaaten
3.5.
Österreichisches Sozialversicherungsrecht
Lohnnebenkosten
4.1.
4.2.
4.3.
Dienstgeberbeitrag und Zuschlag zum DB
Kommunalsteuer und Auslandsentsendungen
Dienstgeberabgabe in Wien („U-Bahn-Steuer“)
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Auslandsentsendungen
1.
Auslandsentsendungen im österreichischen Steuerrecht
1.1.
Auslandsentsendungen im EStG
Hinter den Bemühungen österreichischer Unternehmen global zu agieren stehen
Menschen, von denen Flexibilität und Mobilität verlangt wird. Sei es um Repräsentanzen
und Betriebsstätten zu führen, Tochtergesellschaft im Ausland zu etablieren oder
Projekte abzuwickeln und ins Ausland zu fahren, um dort Geschäfte an Land zu ziehen.
Einkommen- bzw Lohnsteuern, beitrags- und leistungsrechtliche Aspekte der
Sozialversicherung und Lohnnebenkosten zählen daher zu den ersten Themen, mit
denen sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer zu befassen haben, wenn sie den Schritt über
die Grenze tun.
Nahezu alle Staaten der westlichen Welt knüpfen die Steuerpflicht natürlicher Personen
sowohl an persönliche als auch an sachliche Merkmale. Bei Personen, die aufgrund ihres
Wohnsitzes oder gewöhnlichen Aufenthalts eine besondere Beziehung zu Österreich
haben, wird das Welteinkommen besteuert (§ 1 Abs. 2 EStG). Das heißt die
Besteuerung ist territorial unbeschränkt und umfasst alle in- und ausländischen
Einkünfte unabhängig vom Ort des Zuflusses.
Personen, die weder Wohnsitz noch gewöhnlichen Aufenthalt im Inland haben, werden
nur mit den in § 98 EStG taxativ aufgezählten (beschränkt steuerpflichtigen) Inlandseinkünften steuerlich erfasst. Dazu zählen gemäß § 98 Abs. 1 Z 4 EStG unter anderem
Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, die im Inland ausgeübt oder verwertet
wird oder worden ist oder die aus inländischen öffentlichen Kassen stammen, mit
Rücksicht auf ein gegenwärtiges oder früheres Dienstverhältnis (z.B. SV-Pensionen).
Grenzüberschreitende Aktivitäten lösen deshalb sowohl im Wohnsitz- als auch im Tätigkeitsstaat Besteuerungsansprüche der nationalen Finanzverwaltungen aus, die mit dem
Anspruch des Ansässigkeitsstaates auf die Besteuerung des Welteinkommens kollidieren. Ohne Gegenmaßnahmen würde dies zu wirtschaftlich untragbaren Doppelbelastungen führen.
1.2.
Vermeidung von Doppelbesteuerung
Werden in zwei oder mehr Staaten, vom selben Steuerpflichtigen im selben
Besteuerungszeitraum auf denselben Besteuerungsgegenstand vergleichbare Abgaben
erhoben, spricht man von „echter“ oder „juristischer“ Doppelbesteuerung.
Doppelbesteuerung ist jedoch ein unerwünschtes Hindernis für den Welthandel, sodass
sich die Staaten bemühen, eine solche doppelte Besteuerung zu verhindern.
a)
Durch innerstaatliche Maßnahmen. Eine Möglichkeit zur Entlastung von
Doppelbesteuerung findet sich im österreichischen Abgabenrecht in § 48 BAO,
der es dem BMF ermöglicht anzuordnen, dass zur Ausgleichung der in- und
ausländischen Besteuerung Auslandseinkünfte in Österreich steuerfrei gestellt
werden oder die darauf lastenden ausländischen Steuern auf österreichische
Steuern angerechnet werden. Auf dieser Grundlage wurde mit Wirksamkeit ab
der Veranlagung 2002 vom BMF die Verordnung betreffend die Vermeidung von
Doppelbesteuerung (BGBl 2002/474) erlassen, die regelt, unter welchen
Voraussetzungen Auslandseinkünfte steuerlich entlastet werden dürfen, wenn die
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Auslandsentsendungen
Einkünfte aus Staaten stammen, mit denen Österreich kein DBA abgeschlossen
hat.
Anders als in DBA-Fällen ist eine Freistellung der in der Verordnung genannten
Einkünfte (dazu zählen auch Einkünfte aus einer im Ausland ausgeübten
unselbständigen Arbeit) allerdings nur dann möglich wenn die Auslandseinkünfte
tatsächlich einer der österreichischen Einkommen- oder Körperschaftsteuer
vergleichbaren Besteuerung unterliegen, deren Durchschnittssteuerbelastung
mehr als 15 % beträgt. Wird diese Steuerbelastung im Ausland nicht erreicht,
sind bei unbeschränkt Steuerpflichtigen ausländische Steuern vom Einkommen
auf die veranlagte österreichische Einkommensteuer (Lohnsteuer) anzurechnen.
b)
Durch Abkommen zur Vermeidung von Doppelbesteuerung (DBA). Die
von Österreich abgeschlossenen DBA regeln, wie bei kollidierenden
Besteuerungsansprüchen die Besteuerungsrechte zwischen den an einem
grenzüberschreitenden Steuerfall beteiligten Staaten aufzuteilen sind und
verpflichten die Vertragsstaaten, unter gewissen Voraussetzungen auf die
Besteuerung zu verzichten (Befreiungsmethode) bzw die vom anderen Staat
erhobenen Steuern auf die eigenen Steuern anzurechnen (Anrechnungsmethode).
Die Ausführungen in diesem Skriptum beziehen sich im Allgemeinen nur auf jene
Abkommensrechtslage, wie sie durch DBA herbeigeführt wird, die auf dem
Musterabkommen der OECD zur Vermeidung der Besteuerung von Einkommen und vom
Vermögen i.d.F. vom 22.7.2010 (OECD-MA) beruhen. Dieses OECD-MA ist eine
Vertragsschablone für alle von Österreich abgeschlossenen DBA. Eine stets aktuelle
Übersicht der von Österreich derzeit mit etwa 85 Staaten abgeschlossenen DBA findet
sich auf www.bmf.gv.at. Der Link ermöglicht auch einen Zugriff auf die im BGBl
veröffentlichen Texte der DBA.
1.3.
1.3.1.
Steuerbefreiung von Auslandseinkünften
Das Entsendeprivileg ab 2012
Von Arbeitnehmern für bestimmte Auslandseinsätze bezogene Einkünfte sind in
Österreich steuerfrei. Dazu zählen z.B. gewisse Bezüge von Auslandsbeamten (§ 3 Abs.
1 Z 8 und 9 EStG) oder Einkünfte von Fachkräften der Entwicklungshilfe (§ 3 Abs. 1 Z
10 EStG). Eine besondere Steuerbefreiung ist das sog. „Montage- bzw
Entsendeprivileg“, das mit Wirkung ab 1.1.2012 aufgrund der vom VfGH festgestellten
Verfassungswidrigkeit der 30 Jahre im österreichischen Rechtsbestand enthaltenen
Steuerbefreiung durch das AbgÄG 2011 völlig neu gefasst worden ist.
Nach dieser Bestimmung sind 60 % der steuerpflichtigen Einkünfte aus laufendem
Arbeitslohn von vorübergehend ins Ausland entsandten unbeschränkt steuerpflichtigen
Arbeitnehmern steuerfrei, soweit dieser Betrag monatlich die für das Jahr der Tätigkeit
maßgebliche Höchstbeitragsgrundlage nach ASVG (im Jahr 2012 sind das EURO
4.320,00) nicht übersteigt. Sonstige Bezüge gemäß § 67 EStG sind von der Befreiung
nicht umfasst. Nicht steuerbare Leistungen des Arbeitgebers nach § 26 EStG (z.B.
Tages- und Nächtigungsgelder) oder nach § 3 Abs. 1 Z 16b EStG steuerfreie
Reiseaufwandsentschädigungen sind nicht in die Bemessungsgrundlage der 60%-Grenze
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Auslandsentsendungen
einzubeziehen und können ausgezahlt werden, ohne die Steuerfreiheit gemäß § 3 Abs. 1
Z 10 EStG zu beeinträchtigen. Die weiterhin in Österreich steuerpflichtigen Bezugsteile
unterliegen keinem Progressionsvorbehalt. Die Steuerfreiheit besteht nicht, wenn
der Arbeitgeber während der Auslandsentsendung die Kosten für mehr als eine
Familienheimfahrt im Kalendermonat trägt oder Zulagen und Zuschläge gemäß § 68
EStG steuerfrei behandelt (z.B. Schmutz-, Erschwernis- und Gefahrenzulagen,
Zuschläge für Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit). Mit dieser Steuerfreiheit ist die
Berücksichtigung der mit dieser Auslandstätigkeit verbundenen Werbungskosten
(Tages- und Nächtigungsgelder) sowie Aufwendungen für Familienheimfahrten und
doppelte Haushaltsführung abgegolten. Sollte der Arbeitnehmer die Berücksichtigung
dieser Kosten im Rahmen der Veranlagung beantragen, steht die Steuerbefreiung nicht
zu. Um die Steuerbefreiung in Anspruch nehmen zu können, müssen außerdem
folgenden Voraussetzungen kumulativ erfüllt sein:
a. Die Entsendung erfolgt von einer Betriebsstätte aus, die sich in der EU, dem
EWR-Raum oder der Schweiz befindet.
b. Die Entsendung erfolgt an einen Einsatzort, der mehr als 400 Kilometer
Luftlinie vom nächstgelegenen Punkt des österreichischen Staatsgebietes
entfernt liegt.
c. Die Entsendung darf nicht an den Sitz der Geschäftsleitung oder an eine
Einrichtung nach § 29 Abs. 2 lit. b BAO (Zweigniederlassung, Fabrikationsstätte)
des Arbeitgebers bzw. des Beschäftigers erfolgen. Entsendungen zu
Bauausführungen (gemäß § 29 Abs. 2 lit. c BAO) des Arbeitgebers sind von der
Begünstigung nicht ausgeschlossen.
d. Die Tätigkeit der entsendeten Arbeitnehmer darf nicht auf Dauer angelegt
sein. Nicht auf Dauer angelegt sind Tätigkeiten, die mit der Erbringung einer
Leistung oder der Herstellung eines Werkes beendet sind. Auf Dauer angelegt
sind z.B. Tätigkeiten eines Controllers, Bürokaufmannes oder Geschäftsführers
und zwar auch dann, wenn der Arbeitnehmer zur Ausübung dieser Funktionen
nur befristet entsendet wird.
e. Die Entsendung muss ununterbrochen für einen Zeitraum von mindestens
einem Monat erfolgen (§ 108 BAO).
f. Die im Ausland zu leistenden Arbeiten müssen überwiegend unter
erschwerenden Umständen geleistet werden. Solche liegen insbesondere vor,
wenn die Arbeiten
-
-
-
in erheblichem Maß zwangsläufig eine Verschmutzung des Arbeitnehmers
oder seiner Kleidung bewirken (§ 68 Abs. 3 erster TS EStG), oder
im Vergleich zu den allgemein üblichen Arbeitsbedingungen eine
außerordentliche Erschwernis darstellen (§ 68 Abs. 5 zweiter TS EStG),
oder
gesundheitsgefährdende Stoffe, Hitze, Kälte oder Nässe, von Gasen,
Dämpfen, Säuren oder infolge einer Sturz oder anderen Gefahr zwangsläufig
eine Gefährdung von Leben, Gesundheit oder körperlicher Sicherheit des
Arbeitnehmers mit sich bringen (§ 68 ABs. 5 dritter TS), oder
in einem Land erfolgen, in dem die Aufenthaltsbedingungen im Vergleich
zum Inland eine außerordentliche Erschwernis darstellen, oder
in einer Region erfolgen, für die nachweislich zum Beginn der Tätigkeit eine
erhöhte Sicherheitsgefährdung vorliegt (insbesondere Kriegs- oder
Terrorgefahr).
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Auslandsentsendungen
1.3.2. Die Übergangsregelung 2011 und 2012
Nach der Aufhebung des § 3 Abs. 1 Z 10 EStG durch den VfGH mit Wirkung ab 1.1.2011
wurde für die Jahre 2011 und 2012 eine Übergangsregelung geschaffen. Darin war
vorgesehen, dass in den Jahren 2011 und 2012 nur noch 66 % und 33 % der bis dahin
gänzlich steuerfrei gestellten Bezüge steuerfrei behandelt werden konnten. Die übrigen
Anspruchsvoraussetzungen wurden der alten Rechtslage entsprechend beibehalten. Im
Zuge der gänzlichen Neufassung des § 3 Abs. 1 Z 10 EStG im AbgÄG 2011 wurde in den
LStR geregelt, dass dann, wenn die begünstigte Tätigkeit an einem Einsatzort erfolgt,
der nicht mehr als 400 Kilometer Luftlinie vom nächstgelegenen Punkt des
österreichischen Staatsgebietes entfernt ist, im Jahr 2012 33% der Bezüge für
begünstigte Auslandstätigkeit steuerfrei gestellt werden konnten (unter den in § 3 Abs.
1 Z 10 EStG idF BBG 2011 genannten Voraussetzungen und mit Progressionsvorbehalt).
Wird die Tätigkeit an einem Einsatzort ausgeführt, der mehr als 400 Kilometer Luftlinie
vom nächstgelegenen Punkt des österreichischen Staatsgebietes entfernt ist, ist die
Neuregelung ab 2012 zwingend anzuwenden.
Tabelle 1
Jahr
Entfernung
2011
Gesetzliche Grundlage
§ 3 Abs. 1 Z 10 EStG 1988 idF BBG 2011
Steuerfreiheit
66%
(Übergangsregelung)
2012
400 km
§ 3 Abs. 1 Z 10 EStG 1988 idF BBG 2011
33%
(Übergangsregelung)
2012
> 400 km
§ 3 Abs. 1 Z 10 EStG 1988 idF AbgÄG 2011
60%
(Neuregelung)
§ 5 Abs. 2 lit c KommStG und § 41 Abs. 4 lit c FLAG sehen ab 2012 korrespondierend
vor, dass 60 % der in § 3 Abs. 1 Z 10 EStG genannten laufenden Bezüge von
Kommunalsteuer (KommSt) und vom Dienstgeberbeitrag (DB) befreit sind. Wird die
Übergangsregelung in Anspruch genommen, sind 2012 33 % von der KommSt und DB
befreit.
2.
Auslandsentsendungen in den österreichischen DBA
2.1.
Arbeitnehmereinkünfte im DBA-Recht
Der internationale Mitarbeitereinsatz führt zwangsläufig zu doppelter Besteuerung, wenn
der Wohnsitzstaat das Welteinkommen besteuert und der Tätigkeitsstaat die in
seinem Territorium erwirtschafteten Einkünfte. Um diese Doppelbesteuerung zu
vermeiden hat Österreich ein dichtes Netz von Abkommen zur Vermeidung von
Doppelbesteuerung (DBA) abgeschlossen. Besteht mit dem Staat, in dem der
Arbeitnehmer tätig ist kein DBA, ermöglicht die auf Grundlage des § 48 BAO ergangene
Verordnung des BMF betreffend die Vermeidung von Doppelbesteuerung eine Entlastung
(siehe oben).
Bildlich gesprochen wirkt ein DBA wie eine Lochschablone, die über das innerstaatliche
Recht gelegt wird. In manchen Bereichen deckt die Schablone die innerstaatlichen
Besteuerungsansprüche ab und beseitigt oder reduziert die Besteuerung. In den
Bereichen, in denen die Schablone Löcher hat, bleibt die nach innerstaatlichem
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Auslandsentsendungen
Steuerrecht gegebene Steuerpflicht bestehen. Gleichzeitig verpflichten sich die DBAStaaten, die dem anderen DBA-Vertragspartner zur Besteuerung überlassenen
Einkünfte durch Steueranrechnung oder Freistellung der Auslandseinkünfte
(Befreiungsmethode) zu beseitigen.
In den österreichischen DBA ist die Besteuerung von Einkünften aus unselbständiger
Tätigkeit in der meist dem Art. 15 OECD-MA nachgebildeten Verteilungsnorm geregelt.
Demnach gilt, dass Arbeitnehmereinkünfte grundsätzlich in dem Staat zu besteuern
sind, in dem der Arbeitnehmer ansässig ist (Wohnortprinzip), es sei denn, der
Arbeitnehmer übt seine Tätigkeit (physisch) im anderen Vertragsstaat aus
(Arbeitsortprinzip).
Demnach
hat
grundsätzlich
der
Tätigkeitsstaat
das
Besteuerungsrecht an den Arbeitseinkünften. Mit der 183-Tage-Regelung gibt es eine
„Gegenausnahme“, nach der unabhängig vom Ort der Arbeitsausübung das
Besteuerungsrecht beim Ansässigkeitsstaat verbleibt, wenn die unten
beschriebene 183-Tage-Regel erfüllte ist:
Abbildung 1
Zuweisungdes
des
Zuweisung
Besteuerungsrechts
Besteuerungsrechts
Wohnortprinzip
Wohnortprinzip
(Art.15
15Abs.
Abs.11erster
ersterHalbsatz
HalbsatzOECD-MA)
OECD-MA)
(Art.
Ausnahme
Arbeitsortprinzip
Arbeitsortprinzip
(Art.15
15Abs.
Abs.11zweiter
zweiterHalbsatz
HalbsatzOECD-MA)
OECD-MA)
(Art.
Vermeidungvon
von
Vermeidung
Doppelbesteuerung
Doppelbesteuerung
Steuerfreistellung
Steuerfreistellung
im
Tätigkeitsstaat
im Tätigkeitsstaat
Steuerfreistellungoder
oder
Steuerfreistellung
Steueranrechnungim
im
Steueranrechnung
Ansässigkeitsstaat
Ansässigkeitsstaat
(Art.23
23AAoder
oderArt.
Art.23
23BBOECD-MA)
OECD-MA)
(Art.
Ausnahme
183-Tage-Regelung
183-Tage-Regelung
(Art.15
15Abs.
Abs.22OECD-MA)
OECD-MA)
(Art.
Steuerfreistellungim
im
Steuerfreistellung
Tätigkeitsstaat
Tätigkeitsstaat
2.2. Besteuerung nach dem Wohnortprinzip
Das in Art. 15 Abs. 1 OECD-MA verankerte Wohnortprinzip besagt, dass das
Besteuerungsrecht für Einkünfte aus unselbständiger Arbeit grundsätzlich beim
Ansässigkeitsstaat des Arbeitnehmers verbleibt. Ansässigkeitsstaat ist jener Staat, in
dem der Arbeitnehmer nach jeweils innerstaatlichem Steuerrecht aufgrund seines
Wohnsitzes, des ständigen Aufenthaltes, des Ortes der Geschäftsleitung oder eines
anderen ähnlichen Merkmales steuerpflichtig ist. Demnach gilt ein Arbeitnehmer als in
Österreich ansässig, wenn er in Österreich unbeschränkt steuerpflichtig ist. Wenn
auch ein anderer DBA-Staat auf Grundlage seines innerstaatlichen Steuerrechts einen
Arbeitnehmer als ansässig betrachtet (z.B. wegen eines Zweitwohnsitzes im
Tätigkeitsstaat), wird die DBA-rechtliche Ansässigkeit nach Merkmalen bestimmt, die
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Auslandsentsendungen
gemäß Art. 4 Abs. 2 OECD-MA in einer bestimmten Rangfolge anzuwenden sind.
Nachrangig aufgeführt handelt es sich dabei um folgende Kriterien: Ständige
Wohnstätte,
Mittelpunkt
der
Lebensinteressen,
gewöhnlicher
Aufenthalt,
Staatsangehörigkeit. Führt keines dieser Merkmale zu einem eindeutigen Ergebnis,
muss die Ansässigkeit im Rahmen eines Verständigungsverfahrens zwischen den
beteiligten Steuerbehörden gelöst werden.
Abbildung 2
Österreich
DBA-Staat
Hotel
Wohnsitz
Aufenthalt
Unbeschränkte
Steuerpflicht
Beschränkte
Steuerpflicht
Ansässigkeitsstaat
Quellenstaat
Ansässigkeitsstaat???
Art. 4 Abs. 2 OECD-MA
Wohnsitz
Unbeschränkte
Steuerpflicht
1.
2.
3.
4.
5.
Ständige Wohnstätte
Mittelpunkt der Lebensinteressen
Gewöhnlicher Aufenthalt
Staatsangehörigkeit
Einvernehmen der DBA-Staaten
Wohnsitz
Unbeschränkte
Steuerpflicht
In der Praxis kommt bei Ansässigkeitskonflikten dem Mittelpunkt der
Lebensinteressen zentrale Bedeutung zu. Das ist jener Ort, zu dem der Arbeitnehmer
die engeren persönlichen und wirtschaftlichen Beziehungen unterhält, wobei im Zweifel
den persönlichen Beziehungen der Vorrang gegeben wird. Die persönlichen Beziehungen
umfassen die gesamte private Lebensführung, zu der familiäre, gesellschaftliche,
politische und kulturelle Beziehungen zählen. Der Staat, zu dem diese Beziehungen
bestehen, ist dann der Ansässigkeitsstaat, der andere DBA-Staat der Quellenstaat
bzw Tätigkeitsstaat. Ordnet ein DBA dem Ansässigkeitsstaat das Besteuerungsrecht zu,
darf der Tätigkeitsstaat nicht besteuern.
2.3.
Besteuerung nach dem Arbeitsortprinzip
Aus Ausnahme vom Wohnsitzprinzip gilt, dass Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit
dort besteuert werden dürfen, wo die Arbeit ausgeübt wird. Arbeits- bzw Tätigkeitsort
ist jener, wo der Arbeitnehmer seine Tätigkeit physisch ausübt. Wo sich der Wohnsitz
des Arbeitnehmers befindet bzw wo sein Arbeitgeber ansässig ist, ist für die Definition
des Arbeitsortes bedeutungslos. Es ist auch irrelevant woher und wohin die Zahlung des
Arbeitslohns erfolgt. Es gilt das Kausalitätsprinzip. Darf der Tätigkeitsstaat besteuern,
so verpflichtet sich Österreich in der Regel, die Einkünfte i.S.d. Art. 23 A OECD-MA
unter Progressionsvorbehalt aus der österreichischen Besteuerung auszunehmen oder
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die auf die Einkünfte entfallende ausländische
Steuerschuld anzurechnen (Art. 23 B OECD-MA).
2.4.
2.4.1.
Auslandsentsendungen
Steuer
auf
die
österreichische
Gegenausnahme vom Arbeitsortprinzip
Die 183-Tage-Regel
In Art. 15 Abs. 2 OECD-MA ist eine Gegenausnahme vom Arbeitsortprinzip vorgesehen,
wonach unter den darin geregelten Voraussetzungen das Besteuerungsrecht der im
Ausland erwirtschafteten Einkünfte vom Tätigkeitsstaat an den Ansässigkeitsstaat
zurückfällt, wenn die folgenden Voraussetzungen kumulativ erfüllt sind:
a)
b)
c)
Der Arbeitnehmer hält sich im Tätigkeitsstaat insgesamt nicht länger als 183
Tage innerhalb eines Zeitraumes von 12 Monaten auf. In manchen DBA wird
auch auf das Kalender- oder das Steuerjahr (des Tätigkeitsstaates) abgestellt
und
die Vergütungen des Arbeitnehmers werden von oder für einen Arbeitgeber
gezahlt, der nicht im Tätigkeitsstaat ansässig ist, und
die Vergütungen des Arbeitnehmers werden nicht von einer Betriebsstätte
getragen, die der Arbeitgeber im Tätigkeitsstaat hat.
Sind alle drei Voraussetzungen erfüllt, fällt das Besteuerungsrecht an den
Ansässigkeitsstaat zurück. Sinn und Zweck der 183-Tage-Regelung ist es, bei
kurzfristigen Entsendungen aus Gründen der Praktikabilität, der Verwaltungsökonomie,
der
Steuererhebungssicherheit
und
zur
Erleichterung
der
internationalen
Arbeitnehmerfreizügigkeit eine Besteuerung im Tätigkeitsstaat zu vermeiden. Nicht jede
geringfügige Arbeitsausübung in einem anderen DBA-Staat soll für diesen Staat ein
Besteuerungsrecht begründen.
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Auslandsentsendungen
Abbildung 3
Grundsatz
Grundsatz
Art.15
15Abs.
Abs.11OECD-MA
OECD-MA
Art.
Besteuerungnur
nurim
im
Besteuerung
Ansässigkeitsstaat
Ansässigkeitsstaat
Ausnahme
Ausnahme
Tätigkeitim
imanderen
anderenStaat
Staat
Tätigkeit
Art.15
15Abs.
Abs.22OECD-MA
OECD-MA
Art.
Besteuerungsrechtdes
des
Besteuerungsrecht
Tätigkeitsstaates
Tätigkeitsstaates
Gegenausnahme
Die 183-Tage-Regel
Aufenthalt
Aufenthalt
ininT*
T*länger
längerals
als
183 Tage?
183 Tage?
ja
nein
Vergütung von
Vergütung von
oder für AG in
oder für AG in
T*bezahlt?
bezahlt?
T*
ja
nein
Vergütung von
Vergütung von
BS des AG in T*
BS des AG in T*
getragen?
getragen?
*T = Tätigkeitsstaat
ja
nein
2.4.2. Ermittlung der 183 Tage
Die 183 Tage sind anhand der physischen Anwesenheit des Arbeitnehmers im
Tätigkeitsstaat zu berechnen. Neben den Arbeitstagen zählen auch Tage bloßer
Teilanwesenheit, der Anreise- und Rückreisetag sowie alle übrigen Tage der physischen
Anwesenheit, so auch Samstage, Sonntag oder Feiertage zu den Anwesenheitstagen.
Auch die Anwesenheit während einer Arbeitsunterbrechung oder im Tätigkeitsstaat
verbrachter Urlaub ist mit zu berücksichtigen. Nur im DBA mit Tschechien hat
Österreich eine abweichende Zählweise vereinbart und in Art. 14 Abs. 3 DBA-CZ
geregelt, dass neben den Tagen körperlicher Anwesenheit auch Tage, die außerhalb des
Tätigkeitsstaates verbracht werden, wie Samstage und Sonntage, Feiertage,
Urlaubstage und Geschäftsreisen, die unmittelbar mit der Beschäftigung des
Arbeitnehmers im Tätigkeitsstaat zusammenhängen, und nach denen die Beschäftigung
in diesem Staat fortgesetzt wird, als Anwesenheitstage im Tätigkeitsstaat zählen.
2.4.3. Relevanz der Ansässigkeit des Arbeitgebers
Die 183-Tage-Regel kommt nur dann zur Anwendung, wenn die Vergütungen des
Arbeitnehmers nicht von oder für einen Arbeitgeber gezahlt werden, der im
Tätigkeitsstaat ansässig ist und die Vergütungen nicht von einer Betriebsstätte getragen
werden, die der Arbeitgeber im Tätigkeitsstaat unterhält. Diese Regelung soll bewirken,
dass der Tätigkeitsstaat nur dann auf sein Besteuerungsrecht verzichten muss, wenn
der Arbeitslohn nicht die Besteuerungsgrundlage bei einem in seinem Territorium
ansässigen Arbeitgeber bzw einer dort befindlichen Betriebsstätte reduziert hat.
Wer als „Arbeitgeber“ i.S.d. Art. 15 Abs. 2 lit b und c OECD-MA gilt, ist in den DBA
nicht definiert und in der Praxis des internationalen Steuerrechts insbesondere i.Z.m.
der Überlassung von Arbeitskräften, sei es im Rahmen der gewerblichen
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Auslandsentsendungen
Arbeitskräfteüberlassung oder der Arbeitskräfteüberlassung im Konzern höchst
umstritten. Gleiches gilt, wenn Vorstände und Geschäftsführer grenzüberschreitend
entsandt werden, ohne bei der Gesellschaft, deren Organ sie sind, ein Dienstverhältnis
einzugehen. Während die österreichische Finanzverwaltung den DBA-rechtlichen
Arbeitgeberbegriff auf Grundlage zivilrechtlichen Vereinbarungen qualifiziert und einen
rechtlichen Arbeitgeberbegriff favorisiert, tendiert die Rechtsprechung des UFS
dazu, dem DBA-rechtlichen Arbeitgeberbegriff ein wirtschaftliches Verständnis
beizumessen. Kriterien für einen „wirtschaftlichen Arbeitgeber“ i.S.d. DBA-Rechts sind
unter anderen die Eingliederung des Arbeitnehmers in das Unternehmen, die
Weisungsbefugnis, die zur Verfügungstellung von Arbeitsmitteln, die Entscheidung über
die Höhe der Bezüge, die Übernahme des Risikos einer Lohnzahlung im
Nichtleistungsfall oder Kündigungsmöglichkeiten.
Dem Arbeitgeberbegriff wird vor allem dann ein wirtschaftliches Verständnis
beigemessen, wenn durch die Gestaltung von Dienstverhältnissen eine Besteuerung des
Arbeitnehmers im Tätigkeitsstaat vermieden werden soll.
Auch dann, wenn die Bezüge des Arbeitnehmers von einer Betriebsstätte zu tragen sind,
die der Arbeitgeber im Tätigkeitsstaat unterhält, kann die 183-Tage-Regelung nicht zur
Anwendung kommen. Was als „Betriebsstätte“ i.S.d. Art. 15 Abs. 2 lit c OECD-MA gilt,
ist in Art. 5 OECD-MA definiert.
Demnach umfasst der Betriebsstättenbegriff feste Geschäftseinrichtungen, einen Ort
der Leitung, Zweigniederlassungen, Geschäftsstellen, Fabrikationsstätten und
Werkstätten, sowie Bergwerke, Öl- oder Gasvorkommen, einen Steinbruch oder eine
andere Stätte der Ausbeutung von Bodenschätzen. Bauausführungen und Montagen
gelten dann als Betriebsstätten, wenn ihre Dauer 12 Monate überschreitet. Im
Verhältnis zu manchen Staaten begründen auch Dienstleistungen, die innerhalb eines
Zeitraumes von 12 Monaten mehr als 6 Monate dauern, eine „Dienstleistungsbetriebsstätte“. Auch ein abhängiger Vertreter, der in einem andern Staat für ein
Unternehmen tätig ist und eine Vollmacht besitzt, im Namen des Unternehmens
Verträge abzuschließen und diese Vollmacht gewöhnlich ausübt, begründet eine
„Vertreterbetriebsstätte“.
3.
Auslandsentsendungen im Sozialversicherungsrecht (Beitragsrecht)
3.1.
Die Rechtsgrundlagen
Im Bereich des Sozialversicherungsrechts (SV-Recht) sind – je nach Entsendeort – drei
Fälle zu unterscheiden:
a)
b)
c)
Die Entsendung erfolgt in einen EU-, EWR-Mitgliedstaat oder in die
Schweiz und die Regelungen der EG-Verordnung (EG-VO) 1408/71 oder
883/2004 kommen zur Anwendung;
Der Tatbestand unterliegt einem von Österreich geschlossenen Abkommen
zur Sozialen Sicherheit;
Österreichisches ASVG, z.B. die Entsenderegelung gemäß § 3 ASVG kommt
zur Anwendung, weil die in lit a und b gegebenen Tatbestandsvoraussetzungen nicht erfüllt sind.
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3.2.
Die EG-Verordnungen zur Sozialen Sicherheit
3.2.1.
Geltungsbereich der EG-Verordnungen
Auslandsentsendungen
Für Personen, die aufgrund der ihnen im EGV zugestandenen Freizügigkeiten
innerhalb der EU arbeiten, wohnen oder dort ihren Urlaub verbringen gilt in Bezug
auf Leistungen bei Krankheit, Mutter/Vaterschaft, Invalidität, Alter/Vorruhestand,
Arbeitsunfall/Berufskrankheit und Arbeitslosigkeit der Grundsatz, dass diesen durch die
grenzüberschreitende Tätigkeit kein Nachteil entstehen darf.
Innerhalb der EU wird die sozialversicherungsrechtliche Zuständigkeit der Staaten durch
Verordnungen (VO) zur Koordinierung der Systeme der Sozialen Sicherheit, die vom
Europäischen Parlament und vom Rat verabschiedet worden sind, einem bestimmten
Staat zugeordnet. Seit 1.5.2010 ist die EG-VO 883/2004 und die dazu ergangene DVO
987/2009 anzuwenden, die seit 1.1.2011 auch auf Drittstaatsangehörige mit
rechtmäßigem Wohnsitz in der EU anzuwenden ist. Im Verhältnis zu den EWR-Staaten
Island, Liechtenstein, Norwegen und der Schweiz ist die EG-VO 883/2004 noch nicht
anwendbar, wodurch nach wie vor die alte EG-VO 1408/71 samt DVO 574/72 zur
Anwendung kommt.
Die EG-VO koordinieren die SV-Systeme der EU/EWR-Mitgliedstaaten und dienen nicht
der Harmonisierung. Jeder Staat kann also nach wie vor darüber entscheiden, welcher
Personenkreis nach seinen Rechtsvorschriften zu versichern ist. Die EG-VO regeln
vielmehr, welches SV-Recht welches Staates bei grenzüberschreitenden Sachverhalten
im EU/EWR-Raum anzuwenden ist.
Die VO sind in allen ihren Teilen verbindlich, unmittelbar anwendbar und gelten für alle
innerhalb der EU grenzüberschreitend tätigen Erwerbstätigen. Der persönliche
Geltungsbereich der VO 83/2004 samt DVO-987/2009 umfasst Arbeitnehmer,
Selbständige sowie Studierende, die Staatsangehörige der 27 EU-Mitgliedstaaten sind
und die o.g. territorialen Voraussetzungen erfüllen, oder als Staatenlose oder Flüchtlinge
in einem EU-Mitgliedstaat wohnen, sowie deren Familienangehörige und Hinterbliebene.
Durch die „Drittstaatsverordnungen EG-VO 859/2003 und EG-VO 1231/2010 finden die
o.g. EG-VO auch auf Drittstaatsangehörige sowie deren Familienangehörige und
Hinterbliebene Anwendung, die ihren rechtmäßigen Wohnsitz in einem EUMitgliedstaat haben und deren Situation über die Grenze eines EU-Mitgliedstaates
hinausgeht. Allerdings gilt diese Gleichstellung von Drittstaatsangehörigen mit EUStaatsbürgern nicht für Drittstaatsangehörige, die nach Dänemark, in die Schweiz oder
in EWR-Staaten entsendet werden und umgekehrt. In derartigen Fällen kommen die
jeweiligen von Österreich abgeschlossenen bilateralen Abkommen mit Dänemark, der
Schweiz und den EWR-Staaten zur Anwendung. Die folgende Tabelle gibt einen
entsprechenden Überblick:
- 13 -
Dr. Stefan Bendlinger, ICON
Auslandsentsendungen
Tabelle 2
Persönlicher Geltungsbereich der Verordnungen
VO 1408/71
VO 883/2004
Für Staatsangehörige der EWR-Staaten
Seit 1.5.2010 für Staatsangehörige der 27 EU-
(Island, Liechtenstein, Norwegen)
Mitgliedstaaten
Für Schweizer Staatsbürger
Bis 31.12. für Drittstaatsangehörige mit
Seit 1.1.2011 für Drittstaatsangehörige mit
rechtmäßigem Wohnsitz in einem EU-Staat
rechtmäßigem Wohnsitz in einem EU-Staat
(ausgenommen Dänemark)
(ausgenommen im Verhältnis zu Dänemark und
Für Drittstaatsangehörige im Verhältnis mit
Großbritannien)
Großbritannien auch für Zeiten danach
Für Übergangsfälle, z.B. bei Entsendungen
Das Gemeinschaftsrecht sichert verglichen mit den zwischen Österreich und den
EU-/EWR-Staaten bzw der Schweiz noch in Kraft stehenden bilateralen Abkommen
einen umfassenden Schutz der betroffenen „Wanderarbeitnehmer“. Nachdem nun auch
Drittstaatsangehörige weitestgehend in den Anwendungsbereich der EG-VO einbezogen
sind, finden die bestehenden Abkommen mit EU und EWR-Staaten nur noch in wenigen
Ausnahmefällen Anwendung. Soweit allerdings die Abkommen günstigere Regelungen
als die Verordnung enthalten, bleiben sie weiterhin anwendbar.
Der sachliche Geltungsbereich beider VO regelt auf österreichischer Seite die
Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung, die Arbeitslosenversicherung und
Familienleistungen nach dem FLAG. Aber auch Leistungen wie Entgeltfortzahlung bei
Arbeitsverhinderung, das Pflegegeld nach den Bundes- und Landespflegegeldgesetzen,
die Beamtensondersysteme des Bundes, der Länder und Gemeinden, das
Kinderbetreuungsgeld, der Unterhaltsvorschuss und steuerliche Begleitmaßnahmen zu
den SV-Leistungen (z.B. Kinderabsetzbetrag) sind von den VO umfasst. Die VO
883/2004 gilt auch für Vorruhestandsleistungen.
Nicht
von
den
EG-VO
umfasst
sind
z.B.
die
„Abfertigung
Neu“,
die
Arbeiterkammerumlage,
die
Landarbeiterkammerumlage,
der
InsolvenzEntgeltsicherungszuschlag,
der
Wohnbauförderungsbeitrag
und
Beiträge
zu
Pensionskassen. Ob diese zu entrichten sind ist nach österreichischem Recht bzw
anhand des auf das Beschäftigungsverhältnis anzuwendenden Arbeitsrechts zu
beurteilen.
3.2.2. Die anzuwendenden Rechtsvorschriften
Als Grundsatz gilt, dass Wanderarbeitnehmer immer nur den nationalen SV-rechtlichen
Vorschriften eines einzigen Staates unterliegen. Das gilt auch dann, wenn parallel
verschiedene Tätigkeiten in zwei oder mehr Mitgliedstaaten ausgeübt werden. Sämtliche
daraus erwirtschafteten Einkünfte sind SV-rechtlich so zu behandeln, als wären sie in
einem Jahr erbracht worden. Welches SV-Recht jeweils anzuwenden ist, koordinieren
die genannten EG-VO. Fällt eine Person in den Geltungsbereich der genannten EG-VO,
dann gelten die folgenden Grundsätze:
a)
Gleichbehandlungsgrundsatz: Keine Unterscheidung nach der
Staatsangehörigkeit;
Dr. Stefan Bendlinger, ICON
b)
c)
d)
e)
f)
- 14 -
Auslandsentsendungen
Leistungsexport: Geldleistungen 1 sind auch am Wohnort in einem anderen
Mitgliedstaat zu gewähren;
Sachleistungsaushilfe: Medizinische Behandlung ist auch außerhalb des
zuständigen Staates als Sachleistung durchzuführen;
Zusammenrechnung von Versicherungszeiten: Für den Pensionsanspruch
sind alle in den Mitgliedstaaten zurückgelegten Versicherungszeiten
zusammenzurechnen;
Festlegung der anzuwendenden Rechtsvorschriften: Es wird festgelegt,
welcher Mitgliedstaat für die Versicherung zuständig ist;
Sachverhaltsgleichstellung: Wenn nationales Recht auf bestimmte
Inlandssachverhalte abstellt, sind Auslandssachverhalte gleichgestellt. Übt also
eine Person in verschiedenen Mitgliedstaaten eine oder mehrer Tätigkeiten aus,
wird diese so behandelt, als ob sie die Arbeiten in dem Staat verrichtet, dessen
Rechtsvorschriften zur Anwendung gelangen.
Was die SV-rechtliche Zuständigkeit der in den EG-VO geregelten Tatbestände betrifft,
so ist das „Territorialitätsprinzip“, auch als „Beschäftigungslandprinzip“ oder
„Erwerbstätigkeitslandprinzip“ bezeichnet eines der wesentlichen Grundsätze. Demnach
unterliegt eine Person grundsätzlich den SV-rechtlichen Bestimmungen jenes Staates, in
dem die Tätigkeit tatsächlich ausgeübt wird. Ob es sich dabei um eine selbständig oder
unselbständig ausgeübte Beschäftigung handelt, ist nicht relevant. Dem Grunde nach
sind Wohnort, Sitz des Dienstgebers und Beschäftigungsdauer (ausgenommen bei
Entsendungen) nicht von Bedeutung. Wird eine Person gewöhnlich in zwei oder
mehreren
Mitgliedstaaten
tätig,
werden
mehrfache
unselbständige
Erwerbstätigkeiten in mehreren Mitgliedstaaten ausgeübt oder treffen selbständige und
unselbständige Erwerbstätigkeiten zusammen, so regelt die EG-VO 883/2004 in Art. 11
bis 16, welcher Staat für die Versicherung aller Erwerbstätigkeiten zuständig ist.
Das Territorialprinzip kommt immer dann zur Anwendung, wenn die EG-VO keine
expliziten Ausnahmen (z.B. Entsenderegelung, siehe unten) vorsehen. Da die EG-VO die
nationalen Vorschriften der 27 EU-Mitgliedstaaten koordinieren, bedeutet die Zuordnung
einer Person zu den Rechtsvorschriften eines Staates nicht automatisch, dass in allen
Sparten Versicherungsschutz besteht. So kann z.B. eine Tätigkeit, die in Österreich eine
Pflichtversicherung begründet, in einem anderen Staat versicherungsfrei sein.
Für Personen die in der Binnenschifffahrt oder an Bord eines Hochseeschiffes tätig sind,
bestehen Sonderregelungen.
3.3.
Mitarbeitereinsatz im EU/EWR-Raum
3.3.1. Zeitlich begrenzte Auslandsentsendungen
Eine wesentliche Ausnahme vom Territorialitätsprinzip findet sich in Art. 12 Abs. 1 EGVO 883/2004. Darin ist vorgesehen, dass eine Person, die in einem Mitgliedstaat für
Rechnung eines Arbeitgebers der gewöhnlich dort tätig ist, eine Beschäftigung ausübt
1
Zu unterscheiden ist dabei zwischen Geld- und Sachleistungen. Geldleistungen gelangen nach dem
Recht des Staates zur Auszahlung, der für die Versicherung zuständig ist. Die Gewährung von
Sachleistungen erfolgt hingegen nach den Bestimmungen jenes Landes, in dem die Sachleistungen
tatsächlich in Anspruch genommen werden.
Dr. Stefan Bendlinger, ICON
- 15 -
Auslandsentsendungen
und die von diesem Arbeitgeber in einen anderen Mitgliedstaat entsandt wird, um dort
eine Arbeit für dessen Rechnung auszuführen, weiterhin den Rechtsvorschriften des
ersten Mitgliedstaates (Entsendestaat) unterliegt, sofern die voraussichtliche Dauer der
Arbeit 24 Monate nicht überschreitet und diese Person nicht eine andere Person
ablöst („Ausstrahlungsprinzip“).
Um im System der Sozialen Sicherheit des Entsendestaates verbleiben zu dürfen,
müssen im Einzelnen die folgenden Tatbestandsmerkmale kumulativ erfüllt sein:
a) Die Person wird von einem Arbeitgeber in einen anderen Mitgliedstaat
entsendet, um dort eine Arbeit für dessen Rechnung auszuüben.
b) Der Entsandte muss unmittelbar vor der Entsendung den Rechtsvorschriften des
Mitgliedstaates unterliegen, in dem das entsendende Unternehmen seinen Sitz
hat. Die Person muss also mindestens einen Monat den Rechtsvorschriften des
Entsendestaates unterliegen. Es ist unerheblich, ob die Person eine
Erwerbstätigkeit ausgeübt hat, als Angehöriger mitversichert war, eine
Selbstversicherung abgeschlossen hat oder lediglich im Entsendestaat wohnte.
c) Der Arbeitgeber muss gewöhnlich im Entsendestaat tätig sein. Die
Durchführungsverordnung zur Auslegung des Art. 12 Abs. 1 VO 883/2004 führt
diesbezüglich aus, dass die dem Unternehmensgegenstand entsprechende
eigentliche Tätigkeit des Arbeitgebers auch im Entsendestaat im repräsentativen
Ausmaß durchgeführt werden. Das ist dann der Fall, wenn der Arbeitgeber im
Entsendestaat mindestens 25 % seines Gesamtumsatzes erwirtschaftet
(Ausschluss von Briefkastengesellschaften).
d) Die gewöhnliche Zugehörigkeit zu einem Arbeitgeber im Entsendestaat setzt
voraus, dass während der gesamten Dauer des Auslandseinsatzes eine
arbeitsrechtliche und organisches Bindung zum Dienstgeber bestehen
bleibt. Das ist dann der Fall, wenn die Lohnzahlung, die Haftung für Schäden, die
Kündigungs- und Entlassungszuständigkeit sowie die wirtschaftliche Belastung
durch
die
Lohnzahlung
weiterhin
beim
Dienstgeber
verbleibt.
Im
Beschäftigungsstaat darf keine gesonderte arbeitsrechtliche Bindung in Form
eines weiteren Arbeitsverhältnisses zu einem weiteren Arbeitgeber bestehen.
Eine Entsendung liegt auch dann vor, wenn ein Arbeitgeber einen Mitarbeiter
aufnimmt und sofort für Arbeiten im Ausland einsetzt. Voraussetzung ist jedoch,
dass die arbeitsrechtliche und organische Bindung aufrecht bleibt und nach der
Entsendung die Möglichkeit besteht, im entsendenden Unternehmen weiter zu
arbeiten. Das gilt auch für die Arbeitskräfteüberlassung, sofern der Überlasser
die in lit b genannten Voraussetzungen erfüllt und im Staat seiner Niederlassung
eine nennenswerte Tätigkeit ausübt.
e) Im Beschäftigungsstaat darf keine gesonderte arbeitsrechtliche Bindung
eingegangen werden. Eine Karenzierung in Österreich und eine Anstellung bei
einer ausländischen Konzerngesellschaft schließt die Anwendung der
Entsenderegel aus, ebenso der Abschluss eines zweiten Arbeitsvertrages mit
einem Arbeitgeber im Beschäftigungsstaat („salary split“).
f) Die Entsendung darf nicht zur Ablöse eines in gleicher Funktion tätigen vorher
Entsandten erfolgen;
g) Die Entsendung darf maximal 24 Monate dauern. Urlaub, Krankenstände, oder
kurze Inlandsaufenthalte bei entsendenden Unternehmen wirken auf den Lauf
der 24-Monats-Frist weder hemmend noch unterbrechend. Eine mindestens
zweimonatige Inlandstätigkeit unterbricht jedoch den Fristenlauf. Nach
- 16 -
Dr. Stefan Bendlinger, ICON
Auslandsentsendungen
Ablauf der Entsendedauer kann der Arbeitnehmer jedoch sofort in einen anderen
Mitgliedstaat
entsandt
werden.
Kurzfristige
Unterbrechungen
der
Auslandstätigkeit (Urlaub, Krankheit, Schulungen unterbrechen die Entsendedauer nicht.
VO 883/2004
Tätigkeit vorauss.
max. 24 Monate
Tätigkeit vorauss.
länger 24 Monate
Entsendung mit A 1
Nach Ablauf von 24 Mo
Fortdauer der Entsendung
Ausnahmevereinbarung bis Ende der Entsendung
h) Es darf keine „Dreiecksentsendung“ vorliegen. Das wäre z.B. dann der Fall,
wenn ein österreichischer Arbeitnehmer durch ein in Deutschland ansässiges
Unternehmen für eine Tätigkeit in Frankreich rekrutiert würde. Derartige
Sachverhalte fallen nicht unter den Begriff der „Entsendung“.
Sind diese Voraussetzungen nicht erfüllt, unterliegt die Person im Regelfall den
Rechtsvorschriften des Tätigkeitsstaates.
Eine vergleichbare Entsenderegel ist in Art. 12 Abs. 2 der VO 883/2004 auch für
selbständig erwerbstätige Personen vorgesehen, die gewöhnlich in einem
Mitgliedstaat eine selbständige Erwerbstätigkeit und eine ähnliche Tätigkeit in einem
anderen Mitgliedstaat ausübt.
3.3.2. Unselbständige Tätigkeit in mehreren EU/EWR-Staaten
Personen, die gewöhnlich in zwei oder mehreren Mitgliedstaaten unselbständig tätig
werden sind solche, die eine Tätigkeit in einem Staat beibehalten aber zugleich eine
gesonderte Tätigkeit (unabhängig von der Dauer oder Eigenart) in einem oder mehreren
Mitgliedstaaten ausübt oder kontinuierlich Arbeiten in zwei oder mehr Mitgliedstaaten
verrichtet. Umfasst sind also
•
•
Beschäftigungsverhältnisse mit einem Arbeitgeber, die in mehreren
Mitgliedstaaten ausgeübt werden.
Beschäftigungsverhältnisse mit mehreren Arbeitgebern mit Beschäftigungsort
in verschiedenen Mitgliedstaaten.
Werden unselbständige Tätigkeiten für einen Arbeitgeber in verschiedenen
Mitgliedstaaten ausgeübt, gelten gemäß Art. 13 Abs. 1 VO 883/2004 die
Rechtsvorschriften des Wohnmitgliedstaates, jedoch nur dann, wenn in diesem
Staat ein wesentlicher Teil der Tätigkeit ausgeübt wird. Wesentlich ist eine Tätigkeit
Dr. Stefan Bendlinger, ICON
- 17 -
Auslandsentsendungen
dann, wenn gemessen an Umsatz, Arbeitszeit, Entgeltshöhe und Anzahl der Kunden
Arbeiten im Ausmaß von mindestens 25 % im Wohnmitgliedstaat erbracht werden.
Als Wohnortstaat i.S.d. VO 883/2004 gilt jener Staat, in dem sich der Mittelpunkt der
Lebensinteressen der grenzüberschreitend tätigen Person befindet. Liegt keine
wesentliche Tätigkeit im Wohnmitgliedstaat vor, ist der Sitzstaat des Arbeitgebers für
die Versicherung des Arbeitnehmers zuständig.
Übt ein Arbeitnehmer seine unselbständige Tätigkeit in verschiedenen Mitgliedstaaten
für verschiedene Arbeitgeber aus, gelangen immer die Rechtsvorschriften des
Wohnmitgliedstaates zur Anwendung. Ob eine Tätigkeit bzw eine wesentliche Tätigkeit
im Wohnmitgliedstaat vorliegt, ist in diesem Fall ohne Bedeutung. Haben die einzelnen
Arbeitgeber ihren Sitz im gleichen Mitgliedstaat, ist vorzugehen als läge nur ein
Arbeitgeber vor.
3.3.3. Selbständige Tätigkeit in mehreren EU/EWR-Staaten
Gewöhnlich in zwei oder mehr Mitgliedstaaten selbständig tätige Personen sind solche,
die gleichzeitig oder abwechselnd eine oder mehrere gesonderte selbständige
Tätigkeiten in zwei oder mehr Mitgliedstaaten ausüben und zwar unabhängig von der
Eigenart dieser Tätigkeiten. Art. 13 Abs. 2 VO 883/2004 ordnet die selbständige Person
dem Wohnmitgliedstaat zu, wenn dort ein wesentlicher Teil der Tätigkeit
ausgeübt wird. Wird diese Voraussetzung nicht erfüllt, ist der Staat zuständig, in dem
sich der Mittelpunkt der Tätigkeit befindet.
3.3.4.
Selbständige und unselbständige Tätigkeit
in verschiedenen EU/EWR-Staaten
Gemäß Art. 13 Abs. 3 VO 883/2004 gilt für eine Person, die gewöhnlich in
verschiedenen Mitgliedstaaten in einem unselbständigen Beschäftigungsverhältnis
stehen
und
einer
selbständigen
Tätigkeit
nachgehen
grundsätzlich
die
Rechtsvorschriften des Staates, in dem die Person unselbständig tätig ist. Es ist
somit immer jenes SV-Recht anzuwenden, das für die unselbständige Tätigkeit gilt.
Arbeitet die Person zusätzlich zur selbständigen Tätigkeit in mehreren Mitgliedstaaten
als Arbeitnehmer, ist vorweg eine Abgrenzung nach den oben beschriebenen Regeln
vorzunehmen.
3.3.5. Das Formular „A1“
Die Zuständigkeit für eine grenzüberschreitend tätige Person ist von den zuständigen
SV-Trägern zu bestätigen. Diese verbindliche Bescheinigung gilt gegenüber den
Kontrollorganen im Tätigkeitsstaat als Nachweis dafür, dass die Person bereits den SVrechtlichen Vorschriften eines anderen Mitgliedsstaates unterliegt. Liegen z.B. die
Voraussetzungen für eine Entsendung i.S.d. Art. 12 Abs. 1 EG-VO 883/2004 vor, wird
die Zuständigkeit des Entsendestaates durch das vom zuständigen SV-Träger
auszustellende Formular „A1“ bestätigt („Bescheinigung über die Rechtsvorschriften der
sozialen Sicherheit, die auf den/die Inhaber/in anzuwenden sind, VO (EG) 883/2004 und
98/2009“).
Dr. Stefan Bendlinger, ICON
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Auslandsentsendungen
Bei Vorliegen des Formulars darf der Versicherungsträger im Tätigkeitsstaat keine
Beiträge vorschreiben und somit keine Versicherung durchführen. Wird z .B. auf einer
österreichischen Baustelle ein polnischer Bauarbeiter mit polnischem A1 angetroffen,
darf die österreichische Gebietskrankenkasse (GKK) keine Versicherungsbeiträge
vorschreiben. Und zwar auch dann nicht, wenn ein Dienstverhältnis zu einem
österreichischen Arbeitgeber vorliegt. In diesem Fall müsste die GKK beim polnischen
Versicherungsträger den Sachverhalt einer Prüfung unterziehen lassen. Streitigkeiten
über
die
SV-rechtliche
Zuständigkeit
sind
zwischen
den
beteiligten
Sozialversicherungsträgern zu klären.
Rein „theoretisch“ muss das Dokument A1 vom Entsandten nicht mehr in gedruckter
Form mitgeführt werden. Die Information über die SV-rechtliche Zuständigkeit müsste
elektronisch abrufbar sein. In der Praxis ist dem Arbeitnehmer jedoch zu empfehlen,
das Formular mitzuführen. Sollte sich nachträglich herausstellen, dass die
Rechtsvorschriften eines anderen Staates anzuwenden gewesen wären, kommt es zu
einer Rückabwicklung. Nationale Verjährungsbestimmungen sind in diesem Fall zu
beachten.
3.3.6. Ausnahmevereinbarungen
Gemäß Art. 16 VO 883/2004 können die zuständigen Behörden der EU/EWRMitgliedstaaten Ausnahmen von den oben dargestellten Grundsätzen vereinbaren und
auf diese Weise sicherstellen, dass grenzüberschreitend tätige Personen weiterhin den
Rechtsvorschriften eines bestimmten Mitgliedstaates unterstellt bleiben, obwohl z.B. die
Voraussetzungen für eine „Entsendung“ nicht erfüllt sind. Grundsätzlich kann eine
Ausnahmevereinbarung in allen Fällen grenzüberschreitender Tätigkeit gestellt werden.
Die Initiative ist in jenem Staat zu ergreifen, dessen Rechtsvorschriften gelten sollen.
In
Zusammenhang
mit
der
Entsendung
österreichischer
Ausnahmevereinbarungen jedenfalls dann zu beantragen, wenn
Mitarbeiter
sind
- keine Entsendung vorliegt,
- bereits zu Beginn eines Auslandseinsatzes fest steht, dass die Entsendung länger als
24 Monate (nach der VO 1408/71 12 Monate) dauern wird, oder sich nach Ablauf der
ersten 24 Monate herausstellt, dass die Entsendungsdauer diese Zeitspanne
übersteigen wird, oder
nach Ablauf von 24 Monaten die Entsendung weiter andauert,
- Tätigkeiten in mehreren Mitgliedstaaten ausgeübt werden,
- eine „Karenzierung“ vorliegt.
Grundvoraussetzung für die Erteilung einer Ausnahmegenehmigung ist, dass der
Verbleib im Sozialversicherungssystem des Entsendestaates im begründeten
Interesse des entsandten Arbeitnehmers liegt, die arbeitsrechtliche Bindung
zwischen Arbeitnehmer und dem entsendenden Unternehmen fortbesteht und eine
Entsendungsvereinbarung abgeschlossen worden ist, in der eine Befristung des
Auslandseinsatzes festgelegt ist.
Es besteht kein Rechtsanspruch auf den Abschluss einer Ausnahmevereinbarung. Es
kann durch eine Ausnahmevereinbarung auch kein „Splitting“ bewirkt werden. Der
Antrag ist formlos und gebührenfrei und in dem Staat zu stellen, dessen
Dr. Stefan Bendlinger, ICON
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Auslandsentsendungen
Rechtsvorschriften gelten sollen (Art. 18 DFVO 987/2009). In Österreich ist das
Bundesministerium für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz (BMASK),
Abteilung II/4, Stubenring 1, 1010 Wien zuständig, das sich bemüht das
Einvernehmen mit der zuständigen Behörde des anderen Mitgliedstaates herzustellen,
die dem Verbleib der Person im österreichischen Sozialversicherungssystem zustimmen
muss. Es besteht auch die Möglichkeit, die Anträge rückwirkend zu stellen.
3.3.7. Einhaltung SV-rechtlicher Bestimmungen
Für Arbeitnehmer ist grundsätzlich immer der Dienstgeber für die Beachtung meldeund beitragsrechtlicher Bestimmungen verantwortlich. Er hat für die korrekte
Ermittlung der Beiträge, deren Abfuhr, sowie die ordnungsgemäße Meldung zu sorgen.
Selbständig tätige Personen müssen sich um die Umsetzung der jeweils einzuhaltenden
rechtlichen Bestimmungen selbst kümmern.
Aus
Praktikabilitätsgründen
können
jedoch
Dienstgeberpflichten
durch
den
Dienstnehmer übernommen werden. So kann gemäß Art. 21 DVO 987/2009 ein
Arbeitgeber, der im Entsendestaat keine Niederlassung unterhält, mit dem
Arbeitnehmer vereinbaren, dass dieser die Pflichten zur Bezahlung der Beiträge und
Erstattung der Meldung übernimmt. In Österreich ist eine solche Vereinbarung der
örtlich zuständigen Gebietskrankenkasse zu übermitteln, samt Dienstvertrag und
Nachweis über das anzuwendende Arbeitsrecht.
3.4.
Entsendung in Abkommensstaaten
Österreich hat auch mit einzelnen Staaten, die nicht zum EU-/EWR-Raum gehören
Abkommen geschlossen, welche die bilateralen Beziehungen auf dem Gebiet der
sozialen Sicherheit regeln und die in der folgenden Tabelle dargestellt sind (abrufbar
unter ww.sozdok.at).
Dr. Stefan Bendlinger, ICON
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Auslandsentsendungen
Tabelle 3
Staat
Australien 2
Bosnien &
Herzegowina
Chile
Israel
Kanada
Kanada
(Quebec)
Korea (Süd)
Kroatien
Mazedonien
Philippinen 3
Montenegro
Serbien
Tunesien 4
Türkei
Uruguay
USA
Fundstelle
Persönlicher
Geltungsbereich
KV
PV
UV
AlV
Dauer der
Entsendung
in Mo
Bescheinigung
BGBl III 2002/192
BGBl III 2001/229
Unbeschr.
Unbeschr.
KV
PV
PV
UV
AlV
24
A/BIH 1
BGBl III 1999/200
BGBl 1975/6
BGBl 1993/551, BGBl
1944/464
BGBl 1996/333, BGBl I
1997/28
Unbeschr.
Unbeschr.
Unbeschr.
KV
-
PV
PV
PV
UV
-
AlV
AlV
-
60
60
60
A/RCH 1
Â/IL 1
A/CDN !
Unbeschr.
Unbeschr.
-
PV
-
-
60
A/QUE 1
BGBl III 1998/162
BGBl III 1998/46, BGBl
1998/141
BGBl III 2004/32
BGBl III 2011/51
BGBl III 2011/51, BGBl
III 2011/52
BGBl 2000/197
BGBl 2000/219
Unbeschr.
Unbeschr.
KV
KV
PV
PV
PV
UV
UV
AlV
AlV
60
24
24
A/K1 1
A/HR 1
A/MNE 1
Beschr.
Unbeschr.
Unbeschr.
KV
KV
PV
PV
PV
UV
UV
UV
AlV
24
24
24
A/YU 1
A/PI 1
A/SRB 1
Beschr.
Unbeschr.
Unbeschr.
Unbeschr.
KV
KV
PV
PV
PV
PV
UV
UV
-
24
24
-
-
60
A/TN 1
A/TR 1
A/USA 1
BGBl III 1999/200
-
KV = Krankenversicherung
UV = Unfallversicherung
PV = Pensionsversicherung
AlV = Arbeitslosenversicherung
Durch diese Staatsverträge sollen SV-rechtliche Nachteile, die sich aufgrund eines
Auslandsaufenthaltes einer Person ergeben, ausgeglichen bzw beseitigt werden.
Neben den Begriffsbestimmungen, dem sachlichen und persönlichen Geltungsbereich
enthalten SV-Abkommen Bestimmungen über die anzuwendenden Rechtsvorschriften.
Wie die obige Tabelle zeigt, enthalten nicht alle Abkommen Regelungen in allen
Versicherungssparten. Sind z.B. keine Regelungen zur Krankenversicherung enthalten,
gilt jeweils nationales Recht.
Im Regelfall kommt auch in Abkommensfällen das Territorialitätsprinzip zur
Anwendung. Demnach unterliegt eine Person grundsätzlich in jenem Staat den
Bestimmungen zur sozialen Sicherheit, wo die Person erwerbstätig ist. Wie obiger
Tabelle zu entnehmen ist, ist die maximale Entsendungsdauer in den einzelnen
Abkommen unterschiedlich geregelt. Bei Einvernehmen der Behörden besteht die
Möglichkeit diese Fristen zu verlängern. Im Gegensatz zu den EG-VO, gelten die
Entsendefristen auch denn, wenn eine über diese Frist hinausgehende Entsendedauer
geplant ist. Wird z.B. ein österreichischer Staatsbürger für die Dauer von 5 Jahren in die
Türkei entsandt, bleibt die ersten 24 Monate österreichisches SV-Recht anwendbar. Ab
dem 25. Monat wäre türkisches Recht anzuwenden. Würde die Entsendung in einen EUbzw EWR-Mitgliedstaat oder in die Schweiz erfolgen, würde eine von vornherein
geplante 5-jährige Entsendedauer dazu führen, dass der Arbeitnehmer mit
Beschäftigungsbeginn den SV-rechtlichen Vorschriften des Tätigkeitsstaates unterliegen
würde.
2
3
4
Keine Regelung über die anzuwendenden Rechtsvorschriften (Keine Entsenderegelung).
Keine generelle Ausnahmeregelung, aber Verlängerung der Entsendung möglich.
Geltungsbereich ist auf Staatsangehörige der Vertragsstaaten beschränkt.
Dr. Stefan Bendlinger, ICON
- 21 -
Auslandsentsendungen
Bei Entsendungen wird für jeden Vertragsstaat das in der obigen Tabelle genannte
Entsendeformular benötigt, das vom zuständigen Krankenversicherungsträger
auszustellen ist.
In einzelnen Abkommen besteht auch die Möglichkeit, Ausnahmen von den
Regelungen über die anzuwendenden Rechtsvorschriften (in Österreich beim BMASK) zu
beantragen, wobei auf die Art und Umstände der Beschäftigung Bedacht zu nehmen ist.
3.5.
Österreichisches Sozialversicherungsrecht
Im Verhältnis zu den EG-VO und bilateralen Abkommen sind nationale Bestimmungen
mit Auslandsberührung nachrangig. Werden Personen in Staaten tätig, die weder dem
EU/EWR-Raum angehören, noch ein SV-Abkommen mit Österreich abgeschlossen
haben, sind neben österreichischem SV-Recht die innerstaatlichen Rechtsvorschriften
des Entsendestaates zu beachten. Ob Versicherungspflicht und Versicherungsschutz
besteht, ist nach jeweils ausländischem Recht zu beurteilen.
Das ASVG enthält jedoch Regelungen, die es ermöglichen, Dienstnehmer unter
Aufrechterhaltung ihrer Versicherung ins Ausland zu entsenden. Auch im ASVG gilt das
Territorialitätsprinzip. Als im Inland beschäftigt gelten alle Personen, deren
Beschäftigungsort im Inland gelegen ist. Eine Ausnahme davon ist das
„Ausstrahlungsprinzip“ in § 3 Abs. 2 lit d ASVG, das eine Pflichtversicherung im
Inland auch dann auslöst, wenn kein inländischer Beschäftigungsort gegeben ist.
§ 3 Abs. 2 lit d ASVG sieht vor, dass Dienstnehmer, deren Dienstgeber ihren Sitz in
Österreich haben und die ins Ausland entsendet werden, dann weiterhin nach den
Bestimmungen des ASVG zu versichern sind, wenn die Beschäftigung im Ausland die
Dauer von 5 Jahren nicht übersteigt. Gedacht ist die Bestimmung für Personen, die in
Erfüllung eines Auftrages von Österreich aus ins Ausland entsandt werden, wobei schon
bei Entsendebeginn zu erwarten ist, dass sie nach Erfüllung des Auftrages wieder ins
Inland zurückkehren. § 3 Abs. 2 ASVG ist insofern als eine Schutzvorschrift für Personen
zu verstehen, die zwar ins Ausland entsandt werden, aber dennoch weiterhin dem
österreichischen Sozialversicherungsrecht unterliegen sollten. Bei Entsendungen erlischt
ab dem sechsten Entsendungsjahr die Sozialversicherungspflicht im Inland. In diesem
Fall kann jedoch beim BMASK ein Antrag auf Weiterversicherung gestellt werden.
Wenn auch der Einsatzstaat auf die Bezüge des Entsandten SV-Beiträge erhebt, kommt
es zu doppelten Versicherungsleistungen, für die – anders als im Steuerrecht –
keine Entlastungsmöglichkeit besteht. Möglicherweise kann aber damit ein
zweifacher Schutz in der Kranken-, Pensions- und Unfallversicherung bewirkt werden.
In Fällen, in denen die EG-VO oder SV-Abkommen nicht anwendbar sind und in denen
auch der Tätigkeitsstaat für den Ausländer keine Deckung bietet, besteht im Ausland
kein Anspruch auf Sachleistungsgewährung. In diesen Fällen hat der Arbeitgeber die
Kosten für die Inanspruchnahme von Leistungen im Ausland durch den entsandten
Arbeitnehmer zunächst zu übernehmen. Bei Inanspruchnahme medizinischer Leistungen
im Ausland sieht das ASVG eine eingeschränkte Kostenerstattung vor.
Voraussetzung ist, dass der Krankenversicherungsträger binnen einem Monat über den
Eintritt des Versicherungsfalles verständigt wird. Im Regelfall werden 80 % jener Kosten
Dr. Stefan Bendlinger, ICON
- 22 -
Auslandsentsendungen
ersetzt, die dem Versicherungsträger bei Inanspruchnahme eines Vertragspartners
entstehen würden (Vertragstarif). Bei stationärem Aufenthalt wird nur ein pauschaler
Pflegekostenzuschuss bezahlt.
Zu beachten sind auch die Regelungen des § 130 ASVG (Erkrankung im Ausland). Hält
sich der Versicherte im dienstlichen Auftrag im Ausland auf, so erhält er die
zustehenden Leistungen, die er sonst von der inländischen GKK erhalten würde, vom
inländischen Dienstgeber ersetzt. Der arbeitsrechtliche Anspruch auf vollen
Kostenersatz besteht auch für die mit dem dienstlichen Auftrag im Ausland befindlichen
Familienangehörigen. Der Dienstgeber hat jedoch gegenüber der GKK Anspruch auf
Kostenersatz.
4.
Lohnnebenkosten
4.1.
Dienstgeberbeitrag und Zuschlag zum DB
Die österreichischen DBA sind auf den 4,5 %igen Dienstgeberbeitrag (DB) grundsätzlich
nicht anwendbar. Deshalb ist unter den im FLAG vorgesehenen Voraussetzungen auch
für ins Ausland entsandte Mitarbeiter der DB sowie der je nach Bundesland
unterschiedliche hohe Zuschlag zum DB zu entrichten.
Gemäß § 41 Abs. 1 FLAG haben DB und DZ alle Dienstgeber zu leisten, die im
Bundesgebiet Dienstnehmer beschäftigen. Als im Bundesgebiet beschäftigt gilt ein
Dienstnehmer auch dann, wenn er zur Dienstleistung ins Ausland entsendet ist. Eine
Entsendung liegt dann vor, wenn ein Dienstnehmer aufgrund seiner Beschäftigung bei
einem Unternehmen von diesem für dessen Rechnung zur Ausführung einer Arbeit
vorübergehend in einem anderen Staat eingesetzt wird unabhängig davon, ob der
Dienstnehmer im Ausland einen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt hat.
Keine „Entsendung“ i.S.d. FLAG liegt vor, wenn das Dienstverhältnis ausschließlich für
eine Auslandstätigkeit eingegangen worden ist, keine Rückkehrabsicht nach
Österreich besteht und auf das Dienstverhältnis ausländisches Arbeitsrecht anzuwenden
ist bzw auf sog. „sur place-Personal“, also Mitarbeiter die im Ausland ansässig und für
den österreichischen Arbeitgeber dort tätig ist. So z.B. die bei einer Zweigniederlassung
(z.B. Betriebsstätte) des österreichischen Arbeitgebers in Shanghai (China) beschäftigte
chinesische Dolmetscherin. Unter gewissen Voraussetzungen, unter anderem dann,
wenn Dienstnehmer vom Anspruch auf Familienbeihilfe ausgeschlossen sind, kann eine
Befreiung vom DB beantragt werden (§ 42a FLAG).
Ungeachtet der innerstaatlichen Regelung, wonach der DB für alle im Inland
beschäftigten Dienstnehmer zu entrichten ist, wobei auch entsendete Dienstnehmer als
im Inland beschäftigt gelten, ist im Anwendungsbereich der die SV-Zuständigkeit im
EU bzw EWR-Raum regelnde Verordnung 883/2004 DB nur dann zu entrichten, wenn
Dienstnehmer nach den Vorschriften dieser Verordnung dem österreichisches SV-Recht
unterliegen. Die entsprechende gesetzliche Bestimmung findet sich in § 53 Abs. 3 FLAG,
worin es heißt, dass § 41 FLAG im Rahmen der Koordinierung der sozialen Sicherheit im
Europäischen Wirtschaftsraum mit der Maßgabe anzuwenden ist, dass ein Dienstnehmer
als im Bundesgebiet beschäftigt gilt, wenn er den österreichischen Rechtsvorschriften über soziale Sicherheit unterliegt.
Dr. Stefan Bendlinger, ICON
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Auslandsentsendungen
Mitglieder
der
österreichischen
Wirtschaftskammer
müssen
zusätzlich
die
„Kammerumlage 2“ bzw der „Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag“ (DZ) entrichten, der in
den §§ 122 bis 126 des Wirtschaftskammergesetzes geregelt ist. Bemessungsgrundlage
für den DZ ist die DB-Beitragsgrundlage. Je nach Bundesland betragen im Jahr 2012 die
Sätze zwischen 0,39 % und 0,44 % der Bemessungsgrundlage. Wenngleich die
Anknüpfung an die EG-Verordnungen im Bereich des DZ nicht gilt, wird in der Praxis bei
der Arbeitnehmerentsendung in EU bzw EWR-Staaten bezüglich der Erhebung des DZ in
Anknüpfung an den DB darauf abgestellt, ob der Dienstnehmer den österreichischen
Rechtsvorschriften über soziale Sicherheit unterliegt oder nicht.
4.2.
Kommunalsteuer bei Auslandsentsendungen
Der Kommunalsteuer (KommSt) unterliegen die Arbeitslöhne, die jeweils in einem
Kalendermonat an die Dienstnehmer einer im Inland (Bundesgebiet) gelegenen
Betriebsstätte des Unternehmens gewährt worden sind (§ 1 KommStG). KommSt ist
also dann nicht zu entrichten, wenn die Arbeitslöhne an Dienstnehmer gewährt werden,
die bei ausländischen Betriebsstätten beschäftigt sind. Gemäß § 4 KommSt gilt als
Betriebsstätte jede feste örtliche Anlage oder Einrichtung, die mittelbar oder unmittelbar
der Ausübung der unternehmerischen Tätigkeit dient, wobei die §§ 29 Abs. 2 und § 30
BAO sinngemäß anzuwenden sind. Ob auch DBA-rechtlich eine Betriebsstätte vorliegt,
ist für Auslandsentsendungen österreichischer Arbeitnehmer nicht relevant. Sofern die
KommSt überhaupt in einem österreichischen DBA geregelt ist, sind diese DBArechtlichen Regelungen faktisch nur für „inbound-Entsendungen“ von Relevanz.
4.3.
Dienstgeberabgabe in Wien („U-Bahn-Steuer“)
Zur Finanzierung der Untergrundbahn erhebt die Stadt Wien bei Bestehen eines
Dienstverhältnisses in Wien eine „Dienstgeberabgabe“. Die Abgabe beträgt derzeit
0,72 EURO für jede angefangene Woche eines bestehenden Dienstverhältnisses. Ein
Dienstverhältnis in Wien liegt dann vor, wenn der Beschäftigungsort – also der Ort an
dem die Beschäftigung ausgeübt wird – in Wien liegt. Wird eine Beschäftigung
abwechselnd an verschiedenen Orten ausgeübt, aber von einer festen Arbeitsstätte
aus, so gilt diese als Beschäftigungsort. Befindet sich die feste Arbeitsstätte des
Arbeitnehmers im Ausland, ist keine Dienstgeberabgabe zu entrichten. Ist jedoch keine
feste Arbeitsstätte im Ausland gegeben (Zweigniederlassung, Bauausführung mit einer
mehr als 6-monatigen Dauer) ist trotz Arbeitnehmereinsatz im Ausland die
Dienstgeberabgabe an die Stadt Wien zu entrichten.
Trotz sorgfältiger Bearbeitung des Themas unter Berücksichtigung der aktuellen
Rechtslage per 1.1.2012 soll und kann dieses Skriptum nur als Leitfaden dienen. Eine
Haftung der Verfasser und des Herausgebers ist daher ausgeschlossen. Die
abgabenrechtliche Lösung grenzüberschreitender Steuerfälle bedarf stets einer
eingehenden Analyse des konkreten Sachverhaltes, bei der vor allem die persönlichen
Verhältnissen
der
zu
entsendenden
Person
besonders
bedeutend
sind.
Auslandsentsendungen bedürfen daher stets der Würdigung durch fachkundige
Experten. Das Skriptum kann daher eine auf den Einzelfall bezogene Beratung nicht
ersetzen. Eine Haftung des Autors und der Herausgeber ist daher ausgeschlossen.
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