Forschungsschwerpunkt Krebsrisikofaktoren und

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Forschungsschwerpunkt Krebsrisikofaktoren und
Forschungsschwerpunkt C
Krebsrisikofaktoren und Krebsprävention
Übersicht
Forschungsschwerpunkt Krebsrisikofaktoren und Krebsprävention
Sprecher: Prof. Dr. Helmut Bartsch
Cytopathologie (C0100)
Prof. Dr. med. Peter Bannasch
06221 42-3202, FAX 06221 42-3222
e-mail: p.bannasch@dkfz.de
Toxikologie und Krebsrisikofaktoren (C0200)
Prof. Dr. rer. nat. Helmut Bartsch
06221 42-3300, FAX 06221 42-3359
e-mail: h.bartsch@dkfz.de
Molekulare Toxikologie (C0300)
Prof. Dr. rer. nat. Manfred Wießler
06221 42-3311, FAX 06221 42-3375
e-mail: m.wiessler@dkfz.de
Wechselwirkungen von Carcinogenen mit
biologischen Makromolekülen (C0400)
Prof. Dr. med. Dr. rer. nat. Heinz W. Thielmann
06221 42-4508, FAX 06221 42-4553
e-mail: h.-w.thielmann@dkfz.de
Klinische Epidemiologie (C0500)
Prof. Dr. Anthony B. Miller
06221 42-2219, FAX 06221 42-2203
e-mail:a.miller@dkfz.de
Umweltepidemiologie (C0600)
Prof. Dr. sc. math. Jürgen Wahrendorf
06221 42-2201, FAX 06221 42-2229
e-mail: j.wahrendorf@dkfz.de
Genetische Veränderungen in der Karzinogenese
(C0700)
Dr. Monica Hollstein PhD
06221 42-3302, FAX 06221 42-3342
e-mail: m.hollstein@dkfz.de
Die Bedeutung von Krebs als eine der nicht übertragbaren Krankheiten mit der höchsten Sterblichkeitsziffer bei
Männern und Frauen in Deutschland wird in den nächsten zwei Jahrzehnten noch weiter dramatisch anwachsen. Die Krebsfälle, die pro Jahr in Deutschland diagnostiziert werden, sollen nach dieser Schätzung statt
330.000 im Jahr 2000 rund 560.000 im Jahr 2040 betragen.
Dies trifft für die Mehrzahl der Krebsfälle, vor allen Dingen
den Lungenkrebs zu, da bis auf einige relativ seltene
Krebsformen nur wenige Fortschritte in der Behandlung
von Krebs erzielt worden sind. Dieses Szenario macht es
dringend erforderlich, nicht nur die Behandlung von
Krebs sondern vor allen Dingen auch die Prävention und
Früherkennung voranzutreiben. Nach realistischen Einschätzungen könnten bis zu 30 % der neuen Krebsfälle
in einem Zeitrahmen von 20 bis 30 Jahren verhindert
werden. Die Anwendbarkeit der Fortschritte, die sowohl
für die Behandlung als auch für die Prävention aus dem
Human Genom-Projekt resultieren, wird jedoch erst dann
möglich sein, wenn diese durch epidemiologische Studien in der Allgemeinbevölkerung bestätigt sind. Unverzichtbare Voraussetzung für präventive Maßnahmen ist
die Kenntnis der Hauptursachen und das Verständnis
der Mechanismen der Krebsentstehung. Diese Voraussetzung ist jedoch in vielen Fällen noch nicht erfüllt.
Im Forschungsschwerpunkt Krebsrisikofaktoren und
Krebsprävention werden Faktoren untersucht, die in der
Kanzerogenese eine Rolle spielen und daher die Grundlage für Krebspräventionsprojekte bilden. Hauptforschungsfelder sind (1) die Aufklärung exogener und
endogener Krebsrisikofaktoren sowie Risikoabschätzungen durch epidemiologische, pathologische
und toxikologische Methoden, (2) Untersuchungen von
erblichen genetischen Veränderungen, die eine Krebsdisposition und ein erhöhtes Risiko durch GenUmweltinteraktionen darstellen, (3) Aufklärung von Kanzerogen-induzierten DNA- und Genschäden, (4) Identifizierung und Analyse von präkanzerösen Veränderungen,
(5) Mechanismen der Chemoprävention und
krebsprotektiver Faktoren, klinische Studien und schließlich (6) Entwicklung von Tumortherapeutika. Die Erkenntnisse aus diesen Untersuchungen tragen zu einer besseren Kenntnis der Ursachen und Mechanismen der
Krebsentstehung bei und erlauben das Fortschreiten
und Umsetzen von effektiven Präventions-Maßnahmen.
Neue Abteilungen im Schwerpunkt Krebsrisikofaktoren
und Krebsprävention werden diese Aufgaben übernehmen: die Abteilungen Molekulargenetische Epidemiologie, Chemoprävention (beide Abteilungen in Planung)
und die Klinische Epidemiologie, die bereits im September 1999 gegründet wurde. Die im Januar 2000 gegründete Abteilung Genetische Veränderungen in der Krebsentstehung untersucht Karzinome, frühe neoplastische
Veränderungen und menschliche Tumorzell-Linien auf
Veränderungen in der DNA-Sequenz und auf Verände-
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rungen in der Gen-Expression, die mit der Entwicklung
von Krebs zusammenhängen.
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Die Abteilung Klinische Epidemiologie besteht aus drei
Projektgruppen: der Gruppe Genetische Epidemiologie,
die die Rolle von genetischen Faktoren in der Entstehung
von Brust- und Eierstockkrebs untersucht und zusammen mit Klinikern und Epidemiologen ein Konsortium für
die Untersuchung der Krebsdisposition durch die Gene
BRCA1 und BRCA2 bildet. Auch die Projektgruppe
“Krebsprävention” wird mit einer Reihe von klinisch
orientierten Forschern kooperieren; ihr Ziel ist die Entwicklung einer Brustkrebstherapie auf Hormonbasis. Die
Projektgruppe “Ernährung” betreut eine prospektive Studie über Ernährung und Krebs (EPIC), an der 25.000
Personen in der Heidelberger Studie teilnehmen; die Studie wird von der IARC in Lyon, Frankreich, koordiniert.
Die Studien zu genetischen Risikofaktoren beziehen sich
auch auf die Untersuchung von Genumweltinteraktionen.
Ätiologische Aspekte einschließlich sozialer, ökonomischer und medizinischer Aspekte sind in allen Projekten
mit eingeschlossen. Die Suche nach Risikofaktoren und
Krebsursachen wird mit Hilfe der deskriptiven Epidemiologie einschließlich kartographischer Präsentation der
Krebssterblichkeit und der Evaluation neuer statistischer
Methoden hinsichtlich arbeitsplatz-epidemiologischer
Studien durchgeführt. Zur Zeit sind Studien in Planung,
die sich mit der Evaluation von Screening-Methoden für
verschiedene Krebslokalisationen befassen, und es werden Maßnahmen zur Verbesserung der Krebsbehandlung diskutiert.
Zu den Aufgaben der Einheit Umweltepidemiologie gehören die Untersuchung des Einflusses von verschiedenen Umweltfaktoren, zum Beispiel elektromagnetischer
Felder, ionisierender Strahlung und Berufsrisiken auf die
Entwicklung verschiedener Krebsarten. Der derzeitige
Hauptschwerpunkt wird auf die Untersuchung elektromagnetischer Felder gelegt, die bei dem Gebrauch von
Handys (mobile phones) auftreten und deren Bedeutung
auf die Entwicklung von Hirntumoren. In diesem Zusammenhang werden groß angelegte Untersuchungen
durchgeführt, um das Verhältnis zwischen möglichen Risikofaktoren und personenbezogenen Abhängigkeiten
mit der Hilfe klassischer epidemiologischer Instrumente
sowie mit Hilfe von Fragebögen zu erfassen. Weiterhin
werden ausgedehnte Untersuchungen über den Zusammenhang zwischen vermuteten Risikofaktoren und somatischen Gegebenheiten mit Biomarkern, Wirtsfaktoren, genetischer Prädisposition und Co-Sterblichkeit
durchgeführt. Desgleichen wird der Einfluss anderer Umweltfaktoren z. B. der Ernährung und des Rauchens auf
die Krebsentstehung analysiert. Für den bevölkerungsspezifischen Aspekt ist der weitere Ausbau von statistischen Methoden in der Epidemiologie von ganz besonderer Bedeutung.
Übersicht
Die Forschungsaktivitäten in der Abteilung Toxikologie
und Krebsrisikofaktoren umfassen die Aufklärung von
umweltbezogenen Risikofaktoren und Studien über
Wechselwirkungen von kanzerogenen Stoffen mit erworbenen oder geerbten Wirtsfaktoren (genetische Disposition) beim Menschen. Besonderer Wert wird darauf gelegt, die molekularen Mechanismen zu untersuchen, die
die Grundlage von chronischen Infektionen bzw. entzündlichen Prozessen darstellen, die letztendlich zu Krebs
führen oder die Krebsentstehung beschleunigen. Dies
sollte die Charakterisierung und die Bewertung von
DNA-Veränderungen erlauben, die durch andauernden
oxidativen Stress und durch Lipidperoxidation in krebsanfälligen Geweben und Zellen des Menschen entstehen
und somit neue Einblicke in die Mechanismen und die
Veränderungen zulassen, die am Anfang der Umwandlung einer normalen Zelle in eine maligne Zelle stehen.
Ein wichtiges Forschungsfeld ist die Entwicklung von
hoch sensitiven Methoden für den Nachweis von DNASchäden und von Biomarkern, die Krebsanfälligkeit anzeigen. Diese Methoden sollen in der Krebsepidemiologie und den klinischen Interventionsstudien
Anwendung finden. Große Bedeutung haben auch die
Pläne zum Aufbau von Studien in der molekularen Epidemiologie, hier speziell zum Auffinden neuer genetischer
Polymorphismen und bei der Suche nach weiteren Genen zur Frühdiagnose einer Krebsdisposition. Weiterhin
sollen Risikogruppen in der Bevölkerung für Präventionsund Screening-Untersuchungen über Gen-UmweltWechselwirkungen aufgefunden werden, um das Wissen auf diesem Gebiet zu vertiefen. Eine Projektgruppe
hat 1996 mit der Suche nach krebschemopräventiven
Stoffen und ihren Wirkmechanismen vor dem Hintergrund einer Anwendung in Präventionsstudien beim Menschen begonnen. Durch selektive Synthesen und Testung von Strukturanalogen sollen neue krebspräventive
Stoffe erforscht werden.
Die Abteilung Genetische Veränderungen in der Krebsentstehung untersucht Tumoren, frühe neoplastische
Veränderungen und menschliche Tumorzell-Linien auf
Veränderungen in der DNA-Sequenz und auf Veränderungen in der Genexpression, die zur Entwicklung der Tumoren in Verbindung stehen. Das “Molecular Profiling” von
Tumoren liefert Erkenntnisse über biologische Abläufe
und Vernetzung, welche das Leben und Sterben der Zelle
bestimmen und öffnet so neue Wege für moderne diagnostische chemopräventive und therapeutische Strategien. In diesem Zusammenhang werden genetisch veränderte Mausstämme mit genau definierten molekularen Veränderungen erzeugt (zum Beispiel mit einer
inaktivierenden Punktmodation im p53-Tumor
Suppressorgen), wie sie für Krebszellen typisch sind und
zum malignen Wachstum beitragen. Die Mausmodelle
sollen die Entwicklung und die in vivo präklinische Evaluation maßgeschneiderter Arzneimittel beschleunigen,
welche ganz spezifisch molekulare Veränderungen in
menschlichen Tumoren ansteuern können. Verwandte
Mäusestämme, welche menschliche DNA-Sequenzen
tragen, sollen ebenfalls verwendet werden, um Hypothesen über den Ursprung spezifischer genetischer Defekte
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Übersicht
bewerten zu können, welche menschlichen Krankheiten
zu Grunde liegen, einschließlich endogener und exogener Krebsrisikofaktoren und Mechanismen, die für die
Schäden in der DNA-Sequenz verantwortlich sind.
Die Forschungsziele der Abteilung Molekulare Toxikologie konzentrieren sich auf toxikologiesche Fragestellungen und auf die Entwicklung neuer Tumortherapeutika. In
der Toxikologie liegt das Schwergewicht auf der Analyse
und der Strukturaufklärung von DNA-Addukten, die verwendet werden können, um die Belastung durch Umweltgifte zu erfassen (Biomonitoring). Die derzeit empfindlichste Methode zu diesem Zweck ist die 32PPostlabeling-Analyse, die jedoch den Nachteil hat, dass
mit hohen Mengen an Radioaktivität gearbeitet werden
muss. Mit einem von uns entwickelten Verfahren können
DNA-Addukte jedoch auch mit einem Fluoreszenzmarker
versehen und durch Kapillarelektrophorese bestimmt
werden. So konnten sogenannte endogene DNA Addukte
nachgewiesen werden. In der Abteilung werden neue Arzneimittel entwickelt, welche auf dem Konzept der Kopplung von Tumortherapeutika an Saccharide basieren, um
den Transport zum Tumor und die Aufnahme in die Tumorzellen zu erleichtern. Andere neue Strukturen, zum
Beispiel Hemmstoffe von DNA-Reparaturenzymen, zeigen ebenfalls vielversprechende Ergebnisse nach Kopplung an Monosaccharide. Die spezifische Aufnahme solcher Glykokonjugate durch Transportsysteme führt zu einer Anreicherung der Substanzen im Zielorgan und reduziert unerwünschte Nebenwirkungen. Komplexe
Oligosaccharide sind Liganden für Lektine – wir versuchen, solche tumorassoziierten Lektine mit synthetischen Oligosanchariden anzusprechen und zu isolieren,
um sie letztendlich als Transportwerkzeug für
Therapeutika zu nutzen. Eine weitere Möglichkeit, Arzneimittel zielgenau an Tumoren zu bringen, ist ihre
kovalente Kopplung an humanes Serumalbumin. Tumorzellen nehmen Albuminkonjugate über Endozytose auf,
im Lysosom, dem Magen der Zelle, wird das gekoppelte
Therapeutikum freigesetzt und tötet die Zelle.
Die Leiter der Abteilungen Cytopathologie (Prof. Peter
Bannasch) und Wechselwirkungen von Carcinogenen
mit
biologischen Makromolekülen (Prof. Heinz W.
Thielmann) sind in Ruhestand gegangen.
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Abteilung C0200
Toxikologie und Krebsrisikofaktoren
Abteilung: Toxikologie und Krebsrisikofaktoren (C0200)
Leiter: Prof. Dr. rer. nat. Helmut Bartsch
Wissenschaftliche Mitarbeiter
Dr. Matthias Bartelmann
Dr. Walter Beerheide (- 04/
01)
Dr. Barbara Bertram
Dr. Heike Dally
Dr. Norbert Frank
Dr. Clarissa Gerhäuser
Dr. Reinhold Klein
Dr. Claudia Mayer
Dr. Jagadeesan Nair
Dr. Urmila Nair
Prof. Dr. Hans Osswald
Dr. Robert W. Owen
Dr. Odilia Popanda
Dr. Angela Risch
Dr. Margarita Rojas
Dr. Hans-Rudolf Scherf
Dr. Peter Schmezer
Dr. Bertold Spiegelhalder
Dr. Gisela Werle-Schneider
Gastwissenschaftler
Dr. Roger Godschalk
Dr. Xin Sun
Somkid Sitthimonchai (09/01 - )
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Doktoranden
Elisabeth Bertl (09/01 -)
Reinhard Ebbeler
Kai Gassner
Chi Tai Phong (10/01 -)
)
Inge Schönffeldt
Patrick Schweizer
Isabel Streck
Changping Xie
Diplomanden
Jörg Hümmerich
Andreas Vogt (03-10/01)
BeateBreitschopf
Amira Gamal Eldeen (- 02/02)
Elke Heiß (- 08/01)
Torsten Schattenberg (10/01-
Assistenz/technisches Personal
Ursula Bollow
Christel Ditrich
Reinhard Gliniorz
Roswitha Haubner
Michael Huber (- 09/01)
Birgit Jäger
Claudia Kalla ( - 09/01)
Karin Klimo
Jutta Knauft
Regina Merkel (- 02/02)
Ulrike von Seydlitz-Kurzbach Peter Waas
Andreas Wölfelschneider
Gerd Würtele
Otto Zelezny
Sekretariat
Susanna Fuladdjusch
Auszubildende
Karin Schüßler (- 02/02)
Kai Doberstein
Die Hauptziele der Abteilung sind: (a) Identifizierung von
exogenen und endogenen Krebsrisikofaktoren und Aufklärung ihrer Wirkmechanismen, (b) Charakterisierung
krebsvorbeugender Stoffe und Nachweis ihrer Effizienz
in vorklinischen und klinischen Studien, (c) Entwicklung
und Validierung neuer Methoden und Biomarker für
molekularepidemiologische Studien zur Krebsätiologie
und -prävention auf der Basis der gewonnenen mechanistischen Erkenntnisse, (d) Initiierung und Beteiligung an
solchen Studien durch Beiträge zur Methodik und Planung. Damit sollen die Voraussetzungen für eine effiziente Prävention von Krebserkrankungen durch Eliminierung der Risikofaktoren oder Unterbrechung der
Krankheitsentwicklung (Chemoprävention) geschaffen
werden.
Viele der Forschungsaktivitäten in der Abteilung fallen
unter „Biomarkerentwicklung und deren Anwendung in
Humanstudien (Abb. 1). Viele dieser Untersuchungen
befinden sich erst in der Anfangsphase neben einigen
bereits laufenden, groß angelegten molekularepidemiologischen Studien [4].
Epidemiologische Beobachtungen zu Risiko- und
protektiven Faktoren bei Krebserkrankungen
ß
Mechanistische Studien in experimentellen Systemen
zur Bestimmung von Biomarkern/intermediären
Endpunkten ans Teil der Kausalkette
ß
Entwicklung von (nichtinvasiven) Methoden zur
Bestimmung von Expositions-/ Risikomarkern
ß
Validierung in tierexperimentellen/humanen
Pilotstudien
ß
Untersuchung von Markern in groß angelegten
epidemiologischen Studien
ß
Feedback: Ätiologie, Prävention, Diagnose, Prognose
Abb. 1 Entwicklung und Validierung von Biomarkern in der
Humankarzinogenese zur Anwendung in molekularepidemiologischen oder klinischen Studien [2]
Die Hauptziele auf dem Gebiet der
Biomarkerentwicklung und -anwendung beim Menschen
bestehen darin, (a) neue Quellen der
Karzinogenexposition zu identifizieren [7], insbesondere
solche, die durch endogene (entzündliche) Prozesse entstehen [10,18], (b) die Exposition der Bevölkerung mit
Hilfe von Markern der Schadstoffexposition und genetischen Disposition abzuschätzen, um damit Hochrisikogruppen zu identifizieren [9,14-17,19] und schließlich (c)
die Wirksamkeit präventiver Maßnahmen z.B. durch Intervention mit chemopräventiven Substanzen zu verifizieren [1,4,20].
Mitte 1996 wurden die Aktivitäten zur sekundären Krebsprävention in der Abteilung intensiviert. Da
chemopräventive Substanzen strukturell heterogen sind
und unterschiedliche Wirkmechanismen aufweisen, werden neue vielversprechende Naturstoffe und synthetische
Analoga identifiziert und bewertet [5,6,11-13]. Letztendlich soll der Nachweis ihrer präventiven Wirksamkeit
beim Menschen, zuerst z.B. bei Patienten mit Dysplasien
und später in der Allgemeinbevölkerung erbracht werden. Eine klinische Interventionsstudie [20] mit Sulindac
(ein nicht steroidales Antiphlogistikum) und
Biomarkeruntersuchungen [18] bei Patienten mit familiärer adenomatöser Polyposis (FAP) erbrachte den Beweis
einer krebspräventiven Aktivität bisher nur bei
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kolektomierten FAP-Patienten. Des weiteren wurde eine
partielle Rückbildung oraler Dysplasien durch Gabe einer Antioxidantienkombination an Patienten mit Leukoplakien bzw. nach chirurgischer Entfernung des
Primärkarzinoms in der Mundhöhle erreicht [1]. Eine europäische Interventionsstudie mit Kalzium-Ballaststoffgabe bei Patienten mit sporadischen kolorektalen Adenomen und Placebokontrollen wurde zu Ende geführt [4].
Fernziele sind die Charakterisierung und Erprobung
neuer, wirksamer chemopräventiver Substanzen mit geringer Langzeittoxizität und verstärkte interdisziplinäre
Forschungsaktivitäten: 1. Durchführung klinischer Versuche an zugänglichen Dysplasien mit wiederholter, direkter Kontrolle nach Behandlung mit bekannten und neuen
antidysplastischen Arzneimitteln, 2. Entwicklung und
Validierung krebsprädiktiver Biomarker für schwer zugängliche Dysplasien, 3. Entwicklung neuer
antidysplastischer Substanzen von hoher präventiver
Wirksamkeit bei einer Vielzahl unterschiedlicher
Dysplasien. Die Etablierung von zwei neuen Abteilungen
für ‘Molekulargenetische Epidemiologie’ (2002) und ‘Klinische Epidemiologie’ (seit 1999) sollte die Aktivitäten
dieses Forschungsschwerpunkts verstärken.
Zur Intensivierung der Zusammenarbeit zwischen Grundlagenforschern, Klinikern und Epidemiologen auf dem
Gebiet der Krebsursachen- und Krebspräventionsforschung wurden 1999-2000 folgende multidisziplinären
Veranstaltungen abgehalten:
· Third Taiwanese-German Workshop on Cancer
Causes and Prevention: Mechanisms, Preclinical and
Clinical Studies, Heidelberg, Juli 2000.
· International Workshop on Biomarkers in Cancer
Chemoprevention, Heidelberg, Februar 2000 (organisiert zusammen mit A.B. Miller, DKFZ und der IARC,
Lyon, Frankreich [8].
· Training Course in Environmental Toxicology, Hanoi,
November 2001. Sponsoren: UN Environmental Program, Chulabhorn Research Institute, Bangkok, Thailand.
Publikationen (* = externe Koautoren)
[1] *Barth, T.J., *Zöller, J., *Kuebler, A., *Born, I.A., Osswald, H.:
Redifferentiation of oral dysplastic mucosa by the application of
the antioxidants beta-carotene, alpha-tocopherol and vitamin C.
International Journal for Vitamin and Nutrition Research 67
(1997) 368-376.
[2] Bartsch, H.: Studies on biomarkers in cancer etiology and
prevention: a summary and challenge of interdisciplinary
research. Mutation Research 462 (2000) 255-279.
[3] Bartsch, H., Nair, J.: New DNA-based biomarkers for
oxidative stress and cancer chemoprevention studies. European
Journal of Cancer 36 (2000) 1229-1234.
[4] *Bonithon-Kopp, C., Kronborg, O., *Giacosa, A., Räth, U.,
*Faivre, J. [Experts: *Milan, C., *Fenger, C., *Piard, F., *Belghiti C.,
Owen, R. W., *Pignatelli, M.].: Calcium and fibre supplementation
in the prevention of colorectal adenoma recurrence: a placebocontrolled intervention trial from the European Cancer Prevention
Organisation (ECP). Lancet 356 (2000) 1300-1306.
[5] Gerhäuser, C., Alt, A., Klimo, K., Heiss, E., Neumann, I., GamalEldeen, A., Knauft, J., Scherf, H., Frank, N., Bartsch, H., Becker,
H.: Xanthohumol from hop (Humulus lupus) as a novel potential
cancer chemopreventive agent. Proc. Am. Assoc. Cancer Res.
42 (2001) 18.
Abteilung C0200
Toxikologie und Krebsrisikofaktoren
[6] *Ha, T., Gerhäuser, C., *Zhang, W., *Ho-Chong-Line, N.,
*Fourasté, I.: New Lanostanoids from Ganoderma lucidum
(Polyporaceae) that induce NAD(P)H:quinone oxidoreductase in
cultured Hepa1c1c7 murine hepatoma cells. Planta Medica 66
(2000) 681-684.
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*Woeste, W., *Wolf, J.: Carcinogenicity assays of wood dust and
wood additives in rats exposed by long-term inhalation. International Archives of Occupational and Environmental Health 74
(2001) 109-118.
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H.: Biomarker in Cancer Chemoprevention. IARC Sci. Publ. No.
154 (2001) IARC, Lyon, Frankreich pp 1-294.
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Cancer Chemoprevention. Miller, A.B. et al. (eds.), IARC Scientific
Publications N° 154 (IARC, Lyon, Frankreich) (2001) 271-290.
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potential of phenolic compounds isolated from olive oil. European
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[12] Owen, R.W., *Mier, W., Hull, W.E., *Giacosa, A., Spiegelhalder, B., Bartsch, H.: (2000). Identification of lignans as major
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DKFZ 2002: Wissenschaftlicher Ergebnisbericht 2000/2001
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Forschungsschwerpunkt C
Krebsrisikofaktoren und Krebsprävention
Transkriptionsanalyse und ihre Anwendung
in der prädiktiven Toxikologie (C0201)
G. Werle-Schneider, K. Schüßler, K. Doberstein,
A. Wölfelschneider, M. Bartelmann
In Zusammenarbeit mit M.C.v. Brevern, J. Scheel, C. Behrens, T.
Storck und A. Bach, Axaron Bioscience AG, Heidelberg;
J. Hengstler, M.Ringel, Institut für Toxikologie, Johannes Gutenberg-Universität, Mainz; D. Müller, R. Glöckner, Institut für Pharmakologie und Toxikologie, Friedrich-Schiller-Universität, Jena
Drittmittel: Bioregio Projekt BMBF
114
Tumorpromotoren oder nicht-genotoxische Karzinogene
verursachen keine DNA-Schäden, verändern aber bereits
zu einem frühen Zeitpunkt der Karzinogenese die Genexpression. Ziel dieses Forschungsprojektes ist es, neue
Testsysteme zu entwickeln, die eine schnelle
Evaluierung des karzinogenen Potentials von Tumorpromotoren erlauben. Basierend auf der Hypothese, daß
nicht-genotoxische Karzinogene anhand ihrer spezifischen Genexpressionsprofile klassifiziert werden können, wurden verschiedene Tumorpromotoren aus 3 unterschiedlichen toxikologisch relevanten Klassen mit Hilfe der cDNA microarray Technologie untersucht. Dabei
wurden neben den Enzyminduktoren Phenobarbital, aHexachlorozyklohexan und Cyproteronacetat, die
Peroxisomenproliferatoren WY14643 und Ciprofibrat
oder Nafenopin, das Hormon Ethinylestradiol sowie
Dehydroepiandrosteron, das neben hormonaler vor allem eine peroxisomenproliferierende Wirkung besitzt,
verwendet. Durch die Erstellung der für jede Substanz
spezifischen Transkriptionsprofile, können sogenannte
Markergene identifiziert werden, die für die Wirkung von
Tumorpromotoren charakteristisch sind und als prädiktiv
eingeschätzt werden können. Untersuchungen in einem
in vivo Modell (Rattenleber) und ein hierarchisches
Clustering der resultierenden Transkriptionsprofile für
ausgewählte Markergene zeigten, daß Substanzen entsprechend ihrer Wirkmechanismen klassifiziert werden
können. Für ein high-throughput screening sogenannter
Lead-Substanzen in der Frühphase der Wirkstoffentwicklung (z.B. in Pharma und Pflanzenschutz) ist jedoch die Entwicklung eines geeigneten in vitro Testsystems erforderlich.
Entwicklung eines in vitro Testsystems zur Analyse von
Genexpressionsmustern, die für die Wirkung nichtgenotoxischer Karzinogene charakteristisch sind
Zur Entwicklung eines in vitro Testsystems zur Erkennung von karzinogenen Substanzen wurden verschiedene von der Rattenleber abgeleitete Testsysteme untersucht: Eine aus der Rattenleber etablierte Zellinie (C2I
[Mayer und Schäfer, Exp Cell Res 138 (1982)1-14]),
Leberschnitte und primäre kultivierte Hepatozyten. Als
Modellsubstanz wurde zunächst das Barbiturat
Phenobarbital eingesetzt. Phenobarbital verändert die Expression einer Vielzahl von Enzymen, die unter anderem
bei der Metabolisierung von Fremdstoffen eine Rolle
spielen.
(I) Zellinien
Etablierte Zellinien wären aufgrund ihrer einfachen Handhabung für Routinetests besonders geeignet. Aufgrund
Abteilung C0200
Toxikologie und Krebsrisikofaktoren
der Dedifferenzierung von Zelllinien fehlten jedoch die für
Phenobarbital spezifischen Veränderungen der Genexpression. Testsysteme mit etablierten Zellinien erwiesen sich daher als ungeeignet.
(II) Primäre kultivierte Hepatozyten
In primären kultivierten Hepatozyten können durch bestimmte Kultivierungsbedingungen, z.B. durch die Verwendung von Matrigel (extrazelluläre Matrix) oder des
Hormons Dexamethason, für Phenobarbital spezifische
Veränderungen der Genexpression ähnlich in vivo erhalten werden [Henstler et al. Drug Metab Rev 32 (2000) 81118].
Es wurden zunächst verschiedene Kulturivierungssysteme und -medien für primäre Hepatozyten der Ratte
untersucht: (a) 2-dimensionale Kulturen als Monokultur
mit einer Beschichtung der Zellkulturschalen mit Kollagen, Matrigel oder einem Kollagengelsandwitch; als
Kokultur mit Rattenleberepithelzellen, sowie eine 3dimensionale Kultur unter Verwendung von CalciumAlginat-Beads; (b) Medien mit fötalem Kälberserum
(FCS), mit und ohne Dexamethason als auch chemisch
definierte Medien ohne FCS.
Die Transkriptionsanalyse der mit Phenobarbital behandelten primären Hepatozyten zeigten im Vergleich zu den
in vivo erhaltenen Transkriptionsprofilen je nach Kultivierungsbedingungen unterschiedliche Übereinstimmung.
(1) Eine Kultivierung der primären Hepatozyten in Monound Kokultur auf Kollagen- oder Kollagengel-beschichteten Zellkulturschalen führte zu einer Übereinstimmung
von 57 bis 70 %, während mit einer Kultivierung auf
Matrigel nur eine Übereinstimmung von 40 % erzielt wurde. (2) Dexamethason allein verändert die Expression
von knapp 20 % der untersuchten Gene. Ein Vergleich
der Transkriptionsprofile mit und ohne Dexamethason
mit den in vivo erhaltenen Profilen zeigt jedoch, daß mit
Dexamethason etwa 55 % Übereinstimmung erzielt wird,
während ohne Dexamethason nur 20 % der untersuchten Gene übereinstimmen. (3) Eine Induktion von für
Phenobarbital spezifischen Markergenen wie den
Cytochromen P450, UDP-Glucuronosyltransferasen und
Glutathionstransferasen konnte in den verschiedenen in
vitro Testsystemen beobachtet werden. Die stärkste Induktion wurde für Cytochrom P450 2B1 erhalten, das
auch in vivo in der Rattenleber induziert wird. Abhängig
vom jeweiligen Testsystem können unterschiedliche Mitglieder einer Enzymfamilie in ihrer Expression verändert
sein. Während Cyp 3A1 in der Rattenleber, in primären
Hepatozyten und Leberschnitten ähnlich stark induziert
wurde, war eine erhöhte Expression von CYP3A2 nur in
vivo zu beobachten. (4) Unabhängige Untersuchungen
mit unterschiedlichen Tieren zeigten eine hohe
Reproduzierbarkeit der mit cDNA microarrays erhaltenen
Ergebnisse (98 % bzw. 95 % bei mehr als 3 bzw. 2 fachen Veränderungen der Genexpression). (5) Mit Rattenleberepithelzellen wurden keine für Phenobarbital
spezifischen Veränderungen der Genexpression beobachtet.
DKFZ 2002: Wissenschaftlicher Ergebnisbericht 2000/2001
Nach Behandlung mit Phenobarbital wurde eine ausgeprägte Übereinstimmung (70 %) zwischen den in vitro
und den in vivo in der Rattenleber induzierten Transkriptionsprofilen beobachtet. Kryokonservierte Leberschnitte
zeigten hingegen nur eine geringe Übereinstimmung
(14 %). Clusteranalysen der Transkriptionsprofile ausgewählter Markergene für die Substanzen Phenobarbital, aHexachlorozyklohexan, Ethinylestradiol und Dehydroepiandrosteron zeigen, daß ähnlich den in vivo Studien
auch in vitro eine Klassifizierung entsprechend den
Wirkmechanismen möglich zu sein scheint. So rufen die
Enzyminduktoren Phenobarbital und a-Hexachlorozyklohexan ähnliche Transkriptionsänderungen hervor. Auch
weisen die durch Dehydroepiandrosteron erhaltenen
Transkriptionsprofile Ähnlichkeiten zu den in vivo untersuchten Peroxisomenproliferatoren auf. Dies deutet darauf hin, daß mit Hilfe eines in vitro Testsystems und der
Erstellung von Transkriptionsmustern ein prädiktives
Testsytem erhalten werden könnte, mit dem auch bisher
unbekannte Substanzen durch eine Analyse auf Zugehörigkeit zu einer dieser Wirkgruppen getestet werden
könnten.
Die mit den bekannten Tumorpromotoren erstellten Transkriptionsmuster werden in eine Datenbank eingegeben.
In dem am besten geeigneten in vitro Testsystem werden weitere neue Testsubstanzen untersucht. Über die
charakteristischen Veränderungen des erstellten
Transkriptionsmusters zu bereits vorhandenen
Transkriptionsprofilen soll eine Risikoabschätzung der
neuen Testsubstanzen erfolgen.
Die Krebsentstehung, die grob in eine Initiations-,
Promotions-, und Progressionsphase unterteilt wird,
kann als kontinuierliche Anhäufung von genetischen oder
biochemischen Zellschäden angesehen werden. Wie in
Abb. 1 angedeutet bietet diese meist über viele Jahre andauernde Entwicklung eine Vielzahl von Ansatzmöglichkeiten für die Krebs-Chemoprävention, d.h. der
Einsatz von chemischen Verbindungen, Naturstoffen oder
Nahrungsbestandteilen mit dem Ziel, die Carcinogenese
zur verlangsamen, zu hemmen oder rückgängig zu machen.
Zur Identifizierung und Beurteilung neuer krebs-chemopräventiver Naturstoffe und synthetischer Verbindungen
wurden anhand der oben beschriebenen Mechanismen
verschiedene Testmodelle als Markersysteme für
chemopräventive Aktivität im Labor etabliert. Diese Modelle, die meist im 96-Lochplatten-Format mit Enzympräparationen oder in Zellkultur mit photometrischer,
fluorimetrischer oder radioaktiver Endpunktbestimmung
durchgeführt werden, ermöglichen die Untersuchung einer großen Anzahl von Proben in kurzer Zeit (1-3 Tage),
ohne daß wie im
Initiation
(III) Leberschnitte
Als drittes in vitro Testsystem, das in toxikologischen Untersuchungen zunehmend Anwendung findet, wurden Leberschnitte eingesetzt [Kuhn et al. Exp Toxicol Pathol 50
(1998) 4961-496]. Im Unterschied zu primären Hepatozyten bleibt bei Leberschnitten der Gewebeverband erhalten.
1. Identifizierung und Entwicklung neuer chemopräventiver Verbindungen:
Programmüberblick
Metabolismus
Hemmung
reaktive Moleküle
Entgiftung
DNA Schäden
Reparatur
Mutation
Gendefekt
Promotion
Zur Zeit werden mit einem chemisch definierten Medium
und primären Hepatozyten in Monokultur auf Kollagen
Untersuchungen mit weiteren Tumorpromotoren aus verschiedenen Klassen durchgeführt.
Abteilung C0200
Toxikologie und Krebsrisikofaktoren
veränderte
Zellstruktur
unkontrolliertes
Zellwachstum
Entzündungshemmung
Antioxidative Mechanismen
Hemmung der Tumorpromotion
Wachstumshemmung
Zelluläre End-Differenzierung
Progression
Forschungsschwerpunkt C
Krebsrisikofaktoren und Krebsprävention
Apoptose
Tumorwachstum
Metastasen
Publikation (* = externe Koautoren)
[1] Werle-Schneider, G., Kalla, C., Hollstein, M., Bollow, U.,
*Behrens, C.K., *v. Brevern, M.C., *Storck, T., *Müller, D.,
*Steinmetzer, P., *Bach, A., Beerheide, W.: Comparison of gene
expression in rat liver slices and primary hepatocytes after
treatment with phenobarbital. Journal of Cancer Research and
Clinical Oncology 127 (2001) 30.
Chemoprävention (C0202)
C. Gerhäuser, N. Frank, H.-R. Scherf, E. Heiss,
A. Gamal Eldeen, C. Xie, E. Bertl, S. Sittimonchai,
R. Merkel, K. Klimo, J. Knauft, A. Vogt
Drittmittel: Wissenschaftsförderung der Deutschen Brauwirtschaft e.V. 1.11.1999 - 21.12.2001 DM 280.500,- Dr. C. Gerhäuser/Prof. H. Becker (Uni Saarbrücken); 1.1.02 - 1.4.03 Euro
129.011,- Dr. C. Gerhäuser/Prof. H. Becker (Uni Saarbrücken)
Abb. 1: Schematische Gegenüberstellung der stufenweisen
Krebsentstehung (links) und möglicher chemopräventiver Mechanismen (rechts)
High-Throughput-Screening die Kontrolle über substanzspezifische Charakteristika (z.B. Löslichkeit, toxische Effekte) verlorengeht. Vorteile sind ein geringer Substanzbedarf, einfache Durchführung, vergleichbar geringe Kosten, und die Generation von Daten in computerisierter
Form, die eine schnelle, halbautomatische Auswertung
der Ergebnisse ermöglichen. In den Schwerpunktbereichen Metabolismus, Antioxidanzien, Hemmung der
Tumor-Promotion, der Zellproliferation und von
Entzündungsprozessen wurden folgende Systeme etabliert:
1.1 Modulation des Fremdstoffmetabolismus
DKFZ 2002: Wissenschaftlicher Ergebnisbericht 2000/2001
115
Forschungsschwerpunkt C
Krebsrisikofaktoren und Krebsprävention
116
a) Fluorimetrischer Nachweis einer Hemmung von
Cyp1A (Phase 1 Enzym) in b-Naphthoflavon induzierten Rattenhepatomzellen (H4IIE)
b) Induktion von NAD(P)H: Chinone Oxidoreduktase in
Maushepatomzellen (Hepa1c1c7) (Phase 2 Enzym)
c) Fluorimetrische Messung von Glutathion und intrazellulären Thiolen nach Derivatisierung und HPLC-Trennung
1.2 Nachweis von Radikalfängern und Antioxidanzien
a) Reaktion mit stabilen Diphenylpicrylhydrazyl (DPPH)
Radikalen
b) Reaktion mit Superoxid Anion Radikalen im Phenazinmethosulfat (PMS)-Nitroblue Tetrazolium (NBT) System (nicht-enzymatisch) oder im Xanthin/
Xanthinoxidase System (XO/NBT) (enzymatisch)
c) Hemmung der Superoxid Anion Radikal-Freisetzung in
differenzierten HL-60 Zellen
1.3 Entzündungshemmung
a) Cyclooxygenase (Cox)-1 und -2 Hemmung
b) Hemmung der Induktion der induzierbaren Stickoxidsynthase (iNOS) in Raw 264.7 Makrophagen
1.4 Tumorpromotionshemmung
a) Hemmung der Phorbolester-vermittelten Induktion der
Ornithindecarboxylase in 308 Maus Keratinozyten
1.5 Proliferationshemmung
a) Induktion der terminalen Zelldifferenzierung in humanen und murinen Leukemiezellen (HL-60, MEL)
b) Nachweis östrogener bzw. antiöstrogene Effekte in der
Ishikawa humanen Endometriumkrebs Zellinie. Die
Behandlung der Zellen mit E2 oder anderen Östrogenen führt zu einer verstärkten Expression der alkalischen Phosphatase (ALP) als Markerenzym, während
die gleichzeitige Behandlung mit einer Testsubstanz
und E2 die Untersuchung einer anti-östrogenen Wirkung erlaubt.
1.6 Mouse Mammary Gland Organ Culture (MMOC)
Ein Nachteil von Kurzzeit in vitro Testsysteme zur Identifizierung von chemopräventiven Stoffen ist die Gefahr,
falsch positive Leitsubstanzen zu identifizieren, d.h. Substanzen, die zwar in vitro aktiv sind, in vivo jedoch keine
chemopräventive Aktivität zeigen. Deshalb wurde ein
Organkultur Modell mit Brustdrüsen der Maus etabliert,
welches die Vorteile eines in vitro Tests (einfache Durchführung, geringer Substanzbedarf, kurze Dauer) mit denen eines in vivo Versuchs (komplexe zelluläre und
metabolische Prozesse in einem intakten Organ) vereinigt. Dabei werden Brustdrüsen von Mäusen für 24 Tage
in Kultur gehalten. In einer ersten Proliferationsphase (10
Tage) werden die Drüsen mit mammotrophen Hormonen
stimuliert, bei Entzug der Hormone folgt eine
Regressionsphase (14 Tage). Am Tag drei wird mit 7,12Dimethylbenz(a)anthracen die Entstehung prä-neoplastischer knötchenartiger Läsionen induziert. Nach Behandlung mit Testsubstanzen während der
Proliferationsphase (Tag 0-10) kann am Ausbleiben der
Läsionen nach Beendigung des Experiments eine
chemopräventive Wirkung abgelesen werden. Das Modell eignet sich in Kombination mit immunhistochemischen Nachweis in der Expression von Markerproteinen
Abteilung C0200
Toxikologie und Krebsrisikofaktoren
auch zur Aufklärung von Wirkmechanismen aktiver Verbindungen.
Insgesamt wurden seit 1996 über 2000 Naturstoffe, synthetische Analoge, Extrakte von Nahrungsbestandteilen,
Heilpflanzen, Algen, Schwämmen, Pilzen, Moosen und
Subfraktionen der Extrakte von nationalen und internationalen Kooperationspartner zur Verfügung gestellt und in
den oben beschriebenen Testsystemen untersucht. Die
Testergebnisse werden in einer umfangreichen Datenbank verwaltet und dienen der Auswahl von Leitstrukturen
für den weiteren Nachweis chemopräventiver Wirksamkeit im Tiermodell und für mechanistische Untersuchungen.
2. Beschreibung ausgewählter Projekte
2.1. Identifizierung neuer Leitstrukturen
2.1.1. Antioxidatives Potential von Bier-Polyphenolen
in Zusammenarbeit mit A. Alt und H. Becker, Universität des Saarlandes, Saarbrücken
Bier ist eines der weltweit am meisten konsumierten Getränke. Es ist reich an Nährstoffen und Nahrungszusatzstoffen wie Vitamine und Polyphenole, die wegen ihrer
antioxidativen Aktivität mit gesundheitsfördernden Aspekten in Zusammenhang gebracht werden. 1996 wurde
erstmalig eine anti-mutagene Aktivität von Bier beschrieben. Später konnte dies auf eine Hemmung der Entstehung von Carcinogen-Addukten mit der DNA zurückgeführt werden.
Im vorliegenden Projekt (gefördert von der Wissenschaftsförderung der Deutschen Brauwirtschaft e.V.) wurden Inhaltsstoffe aus Bier sowie von Polyphenol-Rückständen, die bei der Bier-Stabilisierung anfallen, auf
Radikalfänger- und antioxidative Aktivität in den unter 1.2.
beschriebenen Testsystemen und im ORAC (Oxygen Radikal Absorbance Capacity) Test getestet. Wir untersuchten ca. 40 verschiedene Polyphenole aus fünf strukturellen Klassen: Benzoe- und Zimtsäure-Derivate,
Acetophenone (nur im Rückstand), Catechine und Flavonoide.
O
COOH
COOH
R
R
CH3
R
Benzoesäure Derivate Zimtsäure Derivate
Acetophenone
R
R
R
R1
OH
O
R
O
HO
OH
R
R
OR2
O
OH
Flavonoide (R = H, OH, OCH3)
Catechine (R1= H, OH; R2=H,
Gallussäure)
Catechine und Flavonoide zeigten die beste Radikalfängerwirkung gegenüber DPPH-Radikalen. Darüber hinaus
waren alle Zimtsäurederivate mit einer 4-OH- und einer
zusätzlichen 3-OH- oder 3-OCH3-Substitution potente
DPPH Radikalfänder. Protocatechu-, Gallus- und Syringasäure waren aktive Benzoesäurederivate. Basierend auf
DKFZ 2002: Wissenschaftlicher Ergebnisbericht 2000/2001
Forschungsschwerpunkt C
Krebsrisikofaktoren und Krebsprävention
diesen ersten Ergebnissen wurden die Verbindungen
unter Verwendung physiologisch relevanter ROS weiter
untersucht. Nur Flavonoide und Catechine waren in der
Lage, chemisch generierte Superoxide Anion Radikale in
einem Konzentrationsbereich unter 100µM zu inaktivieren. Die Aktivität im zellulären System war für alle Substanzen generell niedriger.
Antioxidative Kapazität gegenüber Hydroxyl- und PeroxylRadikalen wurde im ORAC Test analysiert. In diesem Modell werden Radikalfängereigenschaften gegenüber
Hydroxyl- und Peroxyl-Radikalen und Übergangsmetallen
über den radikalvermittelten Fluorezensabfall von b-Phycoerythrin in Relation zu dem Standardantioxidanz Trolox
(wasserlösliches Vit. E Analog) berechnet. Dieser Test
wurde zur Erhöhung des Probenumsatzes für die Verwendung von 96-Lochplatten modifiziert. Die Abnahme
der Fluoreszenz wird über eine Zeit von ca. 100 min bis
zum vollständigen Abfall mit Hilfe eines MikrotiterplattenFluorimeters kontinuierlich aufgezeichnet; zur Erhöhung
der Aussagekraft werden Proben in 5 Konzentrationen
analysiert und die Fläche unter der Dosis-Wirkungskurve
als Maß für die Radikalfängerkapazität berechnet. Interessanterweise zeigten fast alle Verbindungen im ORAC
Test eine hohe Reaktivität gegenüber Hydroxyl-Radikalen, während die Kapazität, Peroxylradikale abzufangen,
durchschnittlich niedriger ausfiel [2] .
Diese Ergebnisse könnten einerseits in der Krebs-Chemoprävention Anwendung finden, andererseits könnten
sie als Grundlage zur Entwicklung eines polyphenolreicheren Bieres dienen.
2.1.2. Krebs-chemopräventiven Wirkung von
Xanthohumol, ein prenyliertes Chalcon aus
Hopfen (Humulus lupulus L.)
In Zusammenarbeit mit A. Alt und H. Becker, Universität des Saarlandes, Saarbrücken.
Hopfen ist eine reiche Quelle an phenolischen Verbindungen im Bier. Der Anteil an Polyphenolen im Hopfenharz, bestehend aus Phenolcarbonsäuren, prenylierten
Chalconen und Flavonoiden, Catechinen und
Proanthocyanidinen, liegt bei 4-14%. In früheren Untersuchungen konnte bereits gezeigt
werden, daß prenylierte
OH
Flavonoide aus Hopfen den
HO
OH
Fremdstoffmetabolismus in vitro
beeinflussen. Sie hemmen verschiedene Cytochrom P450 EnOCH3 O
zyme und induzieren die
NAD(P)H:Quinon Reductase (QR) in Maus Hepatomzellen, was auf eine chemopräventive Aktivität hindeutet. Daneben wurden antioxidative, anti-proliferative und
cytotoxische Effekte beschrieben. Hopfen wurde immer
wieder mit einer phytoöstrogenen Wirkung in Verbindung
gebracht; in dieser Hinsicht konnte 8-Prenylnaringenin
als aktives Prinzip identifiziert werden.
Basierend auf diesen Informationen wurde im Rahmen
eines von der Wissenschaftsförderung der Dt. Brauwirtschaft e.V. unterstützten Projektes ein Hopfenextrakt in
den oben beschriebenen Testsystemen analysiert. Eine
Abteilung C0200
Toxikologie und Krebsrisikofaktoren
anschließende Aktivitäts-geleitete Fraktionierung führte
zur Identifizierung von Xanthohumol, ein prenyliertes
Chalcon, und einer Reihe von strukturverwandten Verbindungen.
Xanthohumol
Wir konnten zeigen, daß Xanthohumol in der Initiations-,
Promotions-, und Progressionsphase in die Krebsentstehung eingreifen kann. Zunächst wurde Xanthohumol
als Radikalfänger untersucht und konnte Hydroxyl-,
Peroxyl- und Superoxidanion-Radikale besser als Trolox
inaktivieren. Eine Hemmung der Tumor-Initiation durch
Modulation der Aktivität von Enzymen des Phase 1 und 2
Fremdstoffmetabolismus konnte bestätigt werden. Erstmalig konnte eine entzündungshemmende Wirkung von
Xanthohumol nachgewiesen werden. Xanthohumol
hemmte die Aktivität der konstitutiv exprimierten Cox 1,
aber auch der induzierbaren Cox 2, und verhinderte in
LPS-stimulierten Raw Makrophagen die Induktion der
iNOS und Produktion von NO. Zellwachstumshemmende
Wirkung konnte anti-östrogenen Eigenschaften, der
Hemmung der DNA Polymerase a und einer Induktion
von Apoptose und Zelldifferenzierung zugeschrieben werden. Als ersten Nachweis einer chemopräventive Wirksamkeit wurde Xanthohumol im MMOC Modell untersucht
und verhinderte das Auftreten DMBA-induzierte Läsionen
im nanomolaren Bereich [3, 12]. Weiterführende Untersuchungen des Metabolismus, der Bioverfügbakeit und einer Aktivität im Tiermodell sind bereits angelaufen. Diese
Ergebnisse könnten einen neuen Markt für Xanthohumol
oder Hopfenprodukte öffnen, wenn die Wirksamkeit auch
am Menschen nachgewiesen sein wird.
2.1.3. Induktion von Zelldifferenzierung durch
Sesquiterpenlactone
in Kooperation mit C.A. Klaas1, I. Merfort1, V. Castro2, 1Institute of
Pharmaceutical Biology, Albert-Ludwigs-University, Freiburg;
2
Escuela de Quimica, Universidad de Costa Rica, San Jose, Costa Rica.
Ein möglicher Mechanismus der Chemoprävention wird
darin gesehen, Krebszellen zur Differenzierung in einen
normalen, nicht krebsartigen Zustand anzuregen.
Natürlich vorkommende Sesquiterpen Lactone (SLs) besitzen anti-inflammatorische und cytotoxische Wirkung.
Die entzündungshemmenden Eigenschaften werden einer Inaktivierung des Transkriptionsfaktors NF-kB durch
Alkylierung seiner p65 Untereinheit zugeschrieben. Um
einen möglichen Zusammenhang zwischen der Hemmung von NF-kB und der Induktion von Zell-Differenzierung zu untersuchen, verwendeten wir die humane
promyelozytische Leukämiezelllinie HL-60. Zell-Differenzierung zu morphologisch und funktionell reifen
Granulozyten oder Monozyten/Makrophagen wurde durch
spezifische zelluläre Eigenschaften nachgewiesen, d..h.
die Reduktion des Tetrazoliumsalzes NBT zu einem gefärbten Formazan nach Behandlung mit dem Tumor-Promoter TPA, Nachweis der nicht-spezifischen (NSE) und
spezifischen (SE) Säure-Esterase und einem Rückgang
der Zellproliferation.
DKFZ 2002: Wissenschaftlicher Ergebnisbericht 2000/2001
117
Forschungsschwerpunkt C
Krebsrisikofaktoren und Krebsprävention
H
O
O
O
O
O
Parthenolid
118
O
OAc
Dihydrohelenalin acetate
Bei Sesquiterpenlactonen mit einer reaktiven a-Methyleng-lakton Gruppe, z.B. Parthenolid, beobachteten wir einen
gute Korrelation zwischen der Hemmung der NF-kB
DNA-Bindung und der Zellproliferation (r2=0.96), aber keinen direkten Zusammenhang mit der Induktion der ZellDifferenzierung. Andererseits konnten wir schwache NFkB Inhibitoren, einschließlich a-Methylen-butyrolakton als
Referenzverbindung, und SLs ohne die a-Methylen-glakton Gruppe, z.B. Dihydrohelenalin Acetat, als potente
Induktoren von Zell-Differenzierungsprozessen identifizieren. Die Expression der nichtspezifischen Säure-Esterase zeigte eine Differenzierung in Richtung MonozytenMakrophagen. Insgesamt konnte die Induktion der ZellDifferenzierung durch SLs als unabhängig von der NF-kB
Hemmung angesehen werden [4]. Weiterführende Untersuchungen mit Dihydrohelenalin Acetat unter Verwendung von DNA Makroarrays sollen nun alternative Targets
identifizieren.
2.2. Untersuchung molekularer Mechanismen
chemopräventiver Aktivität
2.2.1. Aktivierung anti-oxidativer zellulärer
Prozesse durch Ellagsäure
Unsere Ernährung spielt eine wichtige Rolle bei der Auslösung, aber auch in der Prävention verschiedenen
Tumorarten. Chemopräventive Stoffe lassen sich in allen
Nahrungskategorien finden, jedoch stellen Obst und Gemüse die Hauptquellen dar. Die Ellagsäure (EA) ist ein
Polyphenol, das vor allem in Himbeeren, Erdbeeren und
Walnüssen vorkommt. EA besitzt sowohl anti-mutagene
als auch anti-carcinogene Eigenschaften. Eine
krebspräventive Wirksamkeit konnte in verschiedenen
Nager-Karzinogenesemodellen gezeigt werden. EA
hemmt Phase 1 Cytochrom P450 Enzyme und verhindert
so die Aktivierung von Karzinogenen; ferner werden Phase 2 Enzymen (Glutathion S-Transferasen und QR) induziert, die zu einer verstärkten Entgiftung von Karzinogenen
beitragen.
O
HO
O
HO
OH
O
OH
Ellagsäure (EA)
O
Ziel des vorliegenden Projekts war es zu untersuchen, inwieweit auch antioxidative Mechanismen zur chemopräventiven Wirkung der EA beitragen. Dazu wurde die hepatozelluläre Karzinomzelllinie HUH-7 eingesetzt. EA, aber
auch mit EA-behandelte Zellextrakte zeigten im ORAC
Test hohe anti-oxidative Kapazität. Dies war zum einen
auf die Induktion von Glutathion als einem der wichtigsten niedermolekularen intrazellulären Antioxidantien
zurückzuführen, zum anderen wurden aber auch verschiedene antioxidative Proteine durch EA induziert. Wir
Abteilung C0200
Toxikologie und Krebsrisikofaktoren
konnten z.B. einen Dosis- und Zeit-abhängigen Anstieg
der Aktivität der Catalase and Thioredoxin Reduktase
nachweisen. Mittels kompetitiver RT-PCR Analysen konnten wir zeigen, daß EA die mRNA Expression von
Metallothionein I, einem thiol-reichen antioxidativen und
Metall-bindenden Protein, signifikant stimuliert und auch
die Proteinexpression erhöht. Aus der Induktion des
antioxidativen intrazellulären Potentials resultierte insgesamt ein Schutz vor chemisch-induzierter
Lipidperoxidation, bestimmt über die Spiegel des Fettsäureabbauproduktes Malondialdehyd mittels HPLC
Analytik [1].
2.2.2. NF-kB als molekulares Target der antiinflammatorischen Wirkung von Sulforaphan, ein Isothiocyanat aus Broccoli.
Erhöhte NO-Werte, die z.B. bei chronischen Entzündungen und Infektionen durch die Aktivität der induzierbaren
NO Synthase (iNOS) gebildet werden, können Ursache
für Mutationen und letztendlich für Krebs sein.
Sulforaphan, ein aliphatisches Isothiocyanat aus Cruciferen, hemmt die Bildung von NO in Lipopolysaccharid
(LPS)-stimulierten Raw Makrophagen mit einem IC50 von
0.7µM.
Sulforaphan interferiert dabei nicht mit der enzymatischen Aktivität der iNOS, sondern hemmt vielmehr die Induktion des Enzyms auf transkriptioneller Ebene, wie
durch Western Blot und RT-PCR-Analysen gezeigt werden konnte. Ähnliche Ergebnisse wurden auch für die
induzierbare Cyclooxygenase (Cox-2) erhalten. Zudem
verhindert Sulforaphan die Bindung von aktiviertem NFkB, einem für die iNOS und Cox-2 Expression entscheidenden Transkriptionsfaktor, an dessen Konsensussequenz in der Promoterregion. Allerdings beeinträchtigt
Sulforaphan weder den durch LPS initiierten Abbau des
Inhibitors IkB noch die Translokation von NF-kB in den
Zellkern. Wir konnten in weiterführenden Untersuchungen zeigen, daß Sulforaphan zu einer transienten
Depletion von GSH und damit zu einer Veränderung des
Redoxpotentials (GSH/GSSG System) führt und evtl. die
NF-kB-Aktivität so beeinträchtigt, daß NF-kB zwar in den
Kern gelangt, aber nicht an die DNA bindet und die Expression kB-abhängiger Gene aktiviert [13]. Ferner konnten wir nachweisen, daß Sulforaphan transient die Aktivität der Thioredoxin-Reduktase hemmt. Thioredoxin stellt
einen Redox-Modulator dar, der im Zellkern essentiellen
Cystein-Gruppen an Redox-sensitiven Transkriptionsfaktoren in einem reduzierten Zustand erhält und damit
die Bindung an die DNA ermöglicht. Eine Hemmung der
Thioredoxin Reduktase könnte über eine Veränderung
des intranukleären Redox-Potentials zu einer Hemmung
der NF-kB DNA-Bindung führen.
2.2.3. Induktion von Zell-Differenzierungsprozessen durch Histon Deacetylase Hemmstoffe
In Zusammenarbeit mit M. Jung, Universität Münster
Die Entstehung von Darmkrebs kann als kontinuierliche
Anhäufung von genetischen (sowohl erbliche als auch
erworbene) oder biochemischen Zellschäden angesehen werden. Diese Veränderungen resultieren in
DKFZ 2002: Wissenschaftlicher Ergebnisbericht 2000/2001
Forschungsschwerpunkt C
Krebsrisikofaktoren und Krebsprävention
hyperproliferativem Wachstum von Darmepithelzellen,
das durch ein komplexes Zusammenspiel von Faktoren
mit Einfluß auf die Zellzyklusprogression, die Induktion
zellulärer Enddifferenzierungsprozesse und Apoptose reguliert wird. Der Acetylierung und Deacetylierung von
Histonen wird eine fundamentale Funktion in der Regulation von Transkription und Zell-Proliferation zugeschrieben. Verschiedene Hemmstoffe von Histon-Deacetylasen
(HDAC) sind in der Literatur als Differenzierungs-Induktoren in in vitro Zellkultursystemen beschrieben.
In unseren Studien wurde v.a. zwei HDAC Inhibitoren untersucht: Natrium Butyrat (SB) und Trichostatin A (TSA).
SB ist besonders von Interesse, da es einen Metaboliten
von Ballaststoffen aus der Nahrung darstellt, der durch
anaerobe Mikroorganismen im Darm produziert wird. Die
Differenzierung verschiedener Darmkrebs-Zellinien wurde über die Induktion des Glykoproteins Alkalische
Phosphatase (ALP) gemessen. Histon Acetylierung
konnte über die AUT Gel-Elektrophorese analysiert werden. Darüber hinaus wurde die Expression eines
Inhibitors Cyclin-abhängiger Kinasen, p21, und des
Retinoblasomaproteins pRB mittels Western Blotting
gemessen.
SB induzierte die ALP Aktivität in den DarmkrebsZelllinien LIM1215 und HCT 116 mehr als 10-fach. Eine
Hyperacetylierung von Histon H4 konnte bereits nach 6h
detektiert werden. Dies war ein Hinweis auf einen möglichen Zusammenhang zwischen der Hemmung der
HDAC und der Induktion von Zelldifferenzierung. Andererseits führte die Behandlung mit dem potenten HDAC
Inhibitor TSA zwar zu einer Hyperacetylierung von H4,
aber nicht zur Induktion der ALP Aktivität als Marker für
Zelldifferenzierungsprozesse. Sowohl SB als auch TSA
bewirkten in LIM1215 und HCT 116 Zellen nach einer 6bis 24-stündigen Behandlung eine signifikante Induktion
von p21. Diese Induktion war unabhängig von p53, da wir
ähnliche Effekte (Induktion der ALP Aktivität und der p21
Expression) nach SB-Behandlung auch in einer p53 (-/-)
Variante von HCT 116 messen konnten. Interessanterweise konnte in einer
p21 (-/-) Variante durch SB keine Differenzierung mehr induziert werden. Diese Ergebnisse deuten darauf hin, daß
für die Induktion von Zelldifferenzierungsprozesse durch
HDAC Inhibitoren p21 notwendig ist, daß jedoch die
Hyperacetylierung von Histonen und die p21 Induktion
nicht ausreichend sind, um Zell-Differenzierung zu induzieren.
Bei der Untersuchung des Phosphorylierungsgrades von
pRB zeigten sich Unterscheide zwischen SB und TSA:
Nach TSA Behandlung war pRb in HCT 116 Zellen in
Übereinstimmung mit der verstärkten Expression von
p21 hypo-phosphoryliert, in der p21 (-/-) Variante lag pRB
jedoch hauptsächlich in der hyper-phosphorylierten Form
vor. Im Gegensatz zu den Ergebnissen mit TSA konnten
wir in den p21 (-/-) Zellen nach SB Behandlung Wachstumshemmung und pRB Hypo-Phosphorylierung detektieren. Diese Resultate deuten auf einen Einfluß von SB
auf zusätzliche Cyclin-abhängige Kinasen bzw. Kinase-
Abteilung C0200
Toxikologie und Krebsrisikofaktoren
Inhibitoren hin und werden unter Verwendung von DNAMakroarrays weiter untersucht [18].
Publikationen (* = externe Koautoren)
[1] Gamal-Eldeen, A., Gerhäuser, C., Frank, N., Bartsch, H.:
Ellagic acid induces antioxidant mechanisms in cultured human
hepatocellular carcinoma cells HUH-7. Journal of Cancer
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Potential Cancer Chemopreventive Agent. Proc. Am. Assoc.
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[4] Gerhäuser, C., Scherf, H.R., *Klaas, C.R., *Castro, V.,
*Merfort, I.: Induction of HL-60 Cell Differentiation by Sesquiterpene Lactones. Journal of Cancer Research and Clinical
Oncologyy 127 Suppl. (2001c).
[5] Gerhäuser, C., *Alt, A., Heiss, E., Gamal-Eldeen, A., Klimo, K.,
Knauft, J., Neumann, I., Scherf, H.-R., Frank, N., Bartsch, H.,
*Becker, H.: Cancer chemopreventive activity of Xanthohumol, a
natural product from hop.Molecular Cancer Therapeutics (2002)
[6] Gerhäuser, C.: Flavonoide und andere pflanzliche Wirkstoffe.
Was hat praktische Relevanz? Sollen wir unser Essverhalten
ändern? Akt. Ernähr. Med. 26 (2001) 1-7.
[7] Gerhäuser, C.: Mechanismen der Krebsentstehung - Ansatzpunkte für die Krebs-Chemoprävention. Ernährungs-Umschau 48
(2001) S48 - S51.
[8] Gerhäuser, C., Heiss, E., Klimo, K., Neumann, I., *Becker, H.,
*Eicher, Th., Bartsch, H.: Bibenzyl derivatives as novel lead
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[9] Gerhäuser, C.: Chemoprävention von Krebs durch Naturstoffe. Pharmazeutische Zeitschrift, (Sonderheft Meran) (2000)
4-8.
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120
Genetische Toxikologie und DNA Reparatur
(C0203)
P. Schmezer
Die meisten beim Menschen und viele im Tierversuch
krebserzeugende Stoffe besitzen in vitro eine DNA schädigende (gentoxische) Wirkung. Häufig ist jedoch eine
(Gewebe)-spezifische Verstoffwechslung notwendig, um
die ultimalen, DNA-reaktiven Metabolite zu bilden. Wir
setzen deshalb aus verschiedenen Geweben des Menschen oder von Versuchstieren frisch isolierte, metabolisch kompetente Zellen ein, um die gentoxische Wirkung
von Stoffen zu untersuchen [1]. Dieses Ziel kann jedoch
nur dann effektiv erreicht werden, wenn experimentelle
Methoden zur Verfügung stehen, die den Nachweis einer
gentoxischen Wirkung an wenigen Zellen erlauben. Mit
einer derartigen Methode können auch Zellen untersucht
werden, die aus kleinen durch Biopsie beim Menschen
gewonnenen Gewebestücken isoliert werden. Hierfür ist
die Methode der Einzelzell-Mikrogel-Elektrophorese (alkalischer Comet Assay) besonders geeignet. Wir haben
diese Methode optimiert und zur allgemeinen Untersuchung von Gentoxizität sowie zur Analyse spezifischer
(z.B. oxidativer) DNA Schäden eingesetzt [2,3]. Zusätzlich
verwenden wir die Mikrogel-Elektrophorese zur Untersuchung von DNA Reparaturprozessen. Unsere Forschungsarbeiten beinhalten Untersuchungen von gentoxischen und cancerogenen luftgetragenen Schadstoffen, vorwiegend im Respirationstrakt [4]. Zur Identifizierung möglicher DNA schädigender und krebserzeugender Noxen wurden auch in vivo Mutationsanalysen bei
transgenen Nagetieren (BigBlue, MutaMouse) [5,6] sowie
mittels ‚hprt T-cell cloning’ beim Menschen durchgeführt
[7].
In den letzten Jahren haben wir einen Schwerpunkt unserer Arbeiten darauf ausgerichtet, in populationsbasierten
Studien Personen mit hohem individuellem Risiko gegenüber gentoxischen Noxen zu identifizieren: In Zusammenarbeit mit Epidemiologie und Klinik setzen wir eine
optimierte Version des Comet Assay ein, um sowohl die
zelluläre Mutagensensitivität als auch die DNA
Reparaturkapazität in peripheren Blutlymphozyten zu ermitteln [11, 14]. Zusätzlich werden PCR-gestützte Verfah-
Abteilung C0200
Toxikologie und Krebsrisikofaktoren
ren zur Bestimmung von Polymorphismen bei DNA Reparatur- [20] und Fremdstoffmetabolismus-Genen [13,19]
angewandt. Schließlich führen wir Untersuchungen zur
Expression dieser Gene durch, wobei sowohl selbst entwickelte cDNA Arrays als auch quantitative RT-PCR (realtime) zum Einsatz kommen [6]. Die Identifizierung von sogenannten Hochrisikopersonen, die eine erhöhte Empfindlichkeit gegenüber gentoxischen Stoffen oder Strahlung, eine reduzierte DNA Reparaturkapazität oder spezifische Defekte bei DNA Reparaturenzymen aufweisen,
kann einen wichtigen Beitrag zur Krebsprävention leisten:
Diese Personen können einem engmaschigen
Screening zur Krebsfrüherkennung zugeführt werden,
und sie stellen geeignete Kandidaten für chemopräventive Interventionsstudien dar. Schließlich besteht
eine neue Aktivität der Arbeitsgruppe in der Suche und
Bewertung von Stoffen, die in der Lage sind, das zelluläre
DNA Reparaturvermögen zu verbessern.
1. DNA-Reparaturkapazität und Mutagensensitivität als Risikofaktoren für das nicht-kleinzellige Bronchialcarcinom
P. Schmezer, C. Mayer, O. Popanda,
N. Rajaee-Behbahani, A. Risch, R. Gliniorz,
O. Zelezny,P. Waas
In Zusammenarbeit mit: W. Rittgen, Biostatistik, DKFZ; P. Drings,
H. Dienemann, K.W. Kayser, V. Schulz, Thoraxklinik HeidelbergRohrbach
Die Fähigkeit zur DNA-Reparatur ist eine wesentliche
Voraussetzung für die Erhaltung der Erbinformation und
für den korrekten Ablauf zellulärer Funktionen. Störungen
in der DNA-Reparatur können das individuelle Krebsrisiko erhöhen. Daher ist es wichtig, Methoden für den
Einsatz in molekular-epidemiologischen Studien zu entwickeln, mit denen es verlässlich möglich ist, solche
Risikoindividuen zu identifizieren, die spezifische genetische Veränderungen tragen (Polymorphismen in DNAReparaturgenen), oder die eine verminderte Reparaturfunktion (DNA-Reparaturkapazität) aufweisen. Für
letzteres haben wir eine Mikrogel-Elektrophorese-Technik
entwickelt, mit der die individuelle DNA-Reparaturkapazität an peripheren Blutlymphozyten bestimmt werden kann [14]. Diese Methode wurde in einer Fall-Kontroll-Studie mit Patienten validiert, die am nichtkleinzelligen Bronchialcarcinom erkrankt waren [11]. Hierzu wurden periphere Blutlymphozyten von 160 Krebspatienten und 180 Kontrollpersonen gewonnen. Letztere
waren zum Zeitpunkt der Blutentnahme nicht an Krebs
erkrankt, befanden sich jedoch zur Behandlung anderer
Lungenerkrankungen im selben Krankenhaus. Die Zellen wurden bei -80° C gelagert. Nach dem Auftauen wurden sie mit PHA stimuliert und anschließend mit Bleomycin behandelt (20µg/ml über 30 min). Danach wurden
sowohl die Bleomycin-(Mutagen-)sensitivität als auch die
DNA-Reparaturkapazität der Zellen bestimmt: Patienten
mit Bronchialkarzinom zeigten im Durchschnitt eine deutlich erhöhte Mutagensensitivität gegenüber den Kontrollpatienten (p<0001). Die DNA-Reparaturkapazität, gemessen in den ersten 15 min nach Mutagenbehandlung, war
in den Lymphozyten der Patienten mit nicht-kleinzelligem
DKFZ 2002: Wissenschaftlicher Ergebnisbericht 2000/2001
Forschungsschwerpunkt C
Krebsrisikofaktoren und Krebsprävention
Bronchialcarcinom signifikant niedriger als in den Zellen
der Kontrollen (67% versus 79.3%; p<0004). Weder bei
den Fällen noch bei den Kontrollen konnten wir einen
Einfluss des Alters oder Geschlechts der Patienten auf
die gemessenen Parameter feststellen. Die Medianwerte
für Mutagensensitivität und DNA-Reparaturkapazität bei
den Kontrollen wurden als ‚cut-off’ Grenzwerte herangezogen, um das relative Risiko (odds ratio, OR) zu berechnen: Nach Adjustierung für Alter, Geschlecht und Rauchverhalten ergab sich ein OR=2.1 (95%CI 1.1-4) für die reduzierte DNA-Reparaturkapazität sowie ein OR=4 (95%
CI 2.2-7.4) für die erhöhte Mutagensensitivität bei den Tumorpatienten gegenüber den Kontrollpatienten. Beide
Parameter erwiesen sich als unabhängige Risikofaktoren für das Tabakrauch-assoziierte Bronchialcarcinom.
Wiederholte Analysen von Lymphozyten desselben Spenders ergaben eine gute Reproduzierbarkeit der Methode.
Die Lagerung der Zellen bei -80°C über einen Zeitraum
von bis zu mehr als einem Jahr hatte keinen signifikanten Einfluss auf die Messergebnisse. Diese Resultate
belegen, dass die von uns optimierte MikrogelElektrophorese-Technik geeignet ist, um individuelle
Mutagen-sensitivität und DNA-Reparaturkapazität zu bestimmen: Sie ist sensitiv, schneller durchzuführen als
zytogenetische Methoden und sie kann sowohl bei tiefgefroren gelagerten als auch bei nativen Lymphozyten eingesetzt werden. Zur weiteren Validierung der Methode
wäre ihr Einsatz in großen prospektiven Studien zur Identifizierung von Hochrisikopatienten wünschenswert.
2. Untersuchungen zur Expression von DNA
Reparaturgenen
P. Schmezer, C. Mayer, O. Zelezny,P. Waas,
O. Popanda,
In Zusammenarbeit mit: W. Rittgen, Biostatistik, DKFZ; A. Bach,
M.C. von Brevern, Axaron Bioscience AG, Heidelberg
In weiterführenden Experimenten wollen wir solche DNAReparaturgene identifizieren und charakterisieren, die für
die o.g. Störungen der DNA-Reparatur verantwortlich sein
könnten. Dazu wird die Expression verschiedener menschlicher Reparaturgene auf der mRNA-Ebene untersucht. Hierzu entwickelten wir cDNA-Arrays, mit deren Hilfe die Expression von ca. 70 Genen, die bei der Reparatur von DNA-Schäden eine Rolle spielen, gleichzeitig gemessen werden kann. Aus IMAGE cDNA-Klonen isolierten wir für jedes dieser Gene repräsentative PCR-Fragmente. Nach Verifizierung der Identität der PCR-Fragmente durch Sequenzanalyse wurden diese Fragmente
auf Arrays gespottet und fixiert. Mit Hilfe dieser Arrays wurde zunächst untersucht, ob sich das Expressionsmuster
von DNA Reparaturgenen in ruhenden peripheren
menschlichen Blutlymphozyten von dem in Mitogen-stimulierten (mit PHA behandelten) Zellen unterscheidet [6].
Es gibt Hinweise, dass die Fähigkeit der Zellen, DNA
Schäden zu reparieren, mit ihrer Proliferationsaktivität zusammenhängen könnte. Es ist deshalb eine wichtige
Frage für molekular-epidemiologische Studien, ob stimulierte oder ruhende Lymphozyten zur Messung der DNA
Reparaturkapazität eingesetzt werden sollen. Es wurden
Abteilung C0200
Toxikologie und Krebsrisikofaktoren
Hybridisierungsexperimente sowohl mit ruhenden als
auch mit PHA stimulierten Lymphozyten nach 0, 24, 48
und 72 Stunden durchgeführt. Die Signalintensitäten von
46 DNA Reparaturgenen war für eine quantitative Analyse
ausreichend. Wir haben 12 Gene identifiziert, die 72 Stunden nach PHA Behandlung mit einem mehr als zweifachen Anstieg der Transkriptmenge reagierten, wobei der
maximale Anstieg mehr als das Achtzehnfache betrug.
Für die meisten der hochregulierten Reparaturgene ist
bekannt, dass sie außer bei der DNA Reparatur auch
eine Rolle bei der DNA Replikation spielen. Im Gegensatz hierzu beobachteten wir bei 34 von 46 Reparaturgenen (74%) keinen Anstieg des Expressionsniveaus,
d.h. die Messwerte lagen innerhalb eines Bereichs, der
das Zweifache des Vergleichswertes bei Zellen ohne
PHA Behandlung nicht überschritt. Die Expressionswerte
wurden unabhängig von den cDNA-Arrays verifiziert, und
zwar unter Verwendung eines LightCyclers mittels quantitativer PCR im Echtzeit-Verfahren nach Reverser Transkription (real time RT-PCR). Bisher wurden die
Expressionswerte von 8 Genen überprüft: 5 Gene die
nach PHA Behandlung anstiegen und 3 Gene die nach
Mitogenstimulierung konstant blieben. Für 6 dieser 8 Genen wurde eine qualitative und/oder quantitative Übereinstimmung beobachtet. Aus unseren Ergebnissen können
wir schließen, dass es in humanen peripheren
Blutlymphozyten nach PHA Stimulierung nicht zu einem
generellen Anstieg der Genexpression von DNA
Reparaturgenen kommt. Dieses Resultat steht im Einklang mit eigenen Comet Assay Untersuchungen an ruhenden und PHA-stimulierten Lymphozyten [6]: Die
Reparaturkapazität PHA-behandelter und nicht behandelter Zellen wurde nach
g-Bestrahlung gemessen. Wir konnten keine Unterschiede feststellen, weder in der Menge der durch die Bestrahlung induzierten DNA-Schäden noch in der DNAReparaturkapazität. Allerdings war der Basalwert (Menge
an DNA Schäden ohne g-Bestrahlung) in den PHA-stimulierten Lymphozyten höher als in den ruhenden Zellen.
Im weiteren Verlauf unserer Untersuchungen werden die
Arrays verwendet, um Transkriptionsprofile von Lungenkrebspatienten mit normaler oder reduzierter DNA
Reparaturkapazität zu erstellen. Erste Resultate zeigen
eine gute Reproduzierbarkeit der Ergebnisse, die experimentelle Variation in einer wiederholten Analyse der RNA
desselben Patienten war kleiner als zweifach. Dagegen
zeigten mehrere Gene größere Expressionsunterschiede
zwischen verschiedenen Patienten. Ob diese Unterschiede mit der DNA-Reparaturkapazität korrelieren, soll in einer Pilotstudie mit 30 Patienten geklärt werden. Zusätzlich soll durch die Analyse von Polymorphismen in DNAReparaturgenen geklärt werden, inwieweit eine reduzierte DNA-Reparaturleistung in Lungenkrebspatienten
genetisch bedingt sein kann.
DKFZ 2002: Wissenschaftlicher Ergebnisbericht 2000/2001
121
Forschungsschwerpunkt C
Krebsrisikofaktoren und Krebsprävention
3. Quantitative Erfassung der Poly(ADP-ribosyl)ierung
P. Schmezer, N. Rajaee-Behbahani, C. Mayer,
O. Zelezny, R. Gliniorz, P. Waas, U. Bollow,
B. Bertram
In Zusammenarbeit mit: A. Bürkle, Abteilung Gerontologie, Universität Newcastle, UK; H. Becher, Abteilung Tropenhygiene und öffentl. Gesundheitswesen, Universität Heidelberg; H. Ramroth,
Abteilung Klinische Epidemiologie, DKFZ; A. Dietz, Abteilung
Otolaryngologie, Kopf-Hals-Chirurgie, Universität Heidelberg.
122
Die Poly(ADP-Ribose)polymerase (PARP) ist ein nukleäres Enzym das durch bestimmte DNA Schäden (Strangbrüche) aktiviert wird. Sie katalysiert unter Verwendung
von NAD+ die kovalente Modifikation von Proteinen durch
ADP-Ribose-Polymere. Wir haben nach Induktion von
DNA Schäden die Polymerbildung mittels eines Immunfluoreszenz-Verfahrens in intakten peripheren Blutlymphozyten des Menschen analysiert. Hierbei wurde die
Reaktion der Lymphozyten auf Bleomycin untersucht,
eine Verbindung, die bekanntermaßen DNA Einzel- und
Doppelstrangbrüche induziert. Für diesen Zweck wurde
ein Verfahren entwickelt, mit dessen Hilfe die Immunfärbung durch PC-gestützte Bildverarbeitung quantitativ
erfasst werden konnte [12]. Als erste Anwendung dieser
neuen Methode haben wir die Polymerbildung nach
Bleomycin-Schädigung vergleichend in ruhenden und in
Mitogen-stimulierten peripheren Blutlymphozyten untersucht. Ruhende menschliche Lymphozyten zeigten ähnliche Basalwerte für die Immunfärbung wie
Phytohämagglutinin(PHA)-stimulierte Zellen (1.3±0.8
versus 2.2±0.9, p<0.3). Nach Bleomycin-Behandlung der
Zellen konnte ein deutlicher Anstieg der Polymerbildung
beobachtet werden, der in PHA-stimulierten Zellen
signifikant höher war als in nicht-stimulierten Lymphozyten (9.2±1.4 versus 4.2±1.0, p<0.005). Erwartungsgemäß
wurde die Immunfärbung des Polymers durch den Einsatz des ADP-Ribosylierungs-Inhibitors 3-Aminobenzamid unterdrückt und die Intensitätswerte der
Immunfärbung sanken sowohl in ruhenden als auch in
PHA-stimulierten Lymphozyten (1.2±0.7 versus 1.5±0.9).
Unsere Beobachtungen zeigen, dass (i) Mitogen-stimulierte gegenüber ruhenden Lymphozyten eine verstärkte
Polymerbildung nach Behandlung mit Bleomycin aufweisen und (ii) unsere neu entwickelte quantitative Immunfluoreszenz-Methode empfindlich und zuverlässig ist, um
Veränderungen der Polymerbildungsrate in intakten Zellen reproduzierbar nachzuweisen.
Diese neu entwickelte Methode wurde in einer klinischen
Fall-Kontroll-Studie eingesetzt [10]. Da bekannt ist, dass
Defekte in der DNA Reparatur mit einem erhöhten
Tumorrisiko beim Menschen einhergehen können, haben wir untersucht, ob erworbene oder vererbte Änderungen in der PARP-Aktivität einen Einfluss auf das Risiko haben, an Larynxkrebs zu erkranken. Im Rahmen einer Fall-Kontroll-Studie zu genetischen sowie berufsund Lebensstil-bedingten Risikofaktoren für Larynxkrebs
wurde mittels quantitativer Immunfluoreszenz-Analyse
die PARP-Aktivität durch Messung der Poly(ADP-Ribose)Bildung in peripheren Blutlymphozyten erfasst. Die
Abteilung C0200
Toxikologie und Krebsrisikofaktoren
Polymerbildung wurde nach Behandlung der Lymphozyten von 69 Larynxkrebspatienten und 125 gesunden
populationsbasierten Kontrollpersonen mit Bleomycin
bestimmt. Das Ausmaß der Bleomycin-induzierten
Polymerbildung, gemessen als durchschnittliche PixelIntensität, war in Larynxkrebspatienten (74.6; SE=3.7) signifikant niedriger als in Kontrollpersonen (94.5; SE=3.5)
und wurde durch Faktoren wie Alter, Geschlecht oder
Rauchverhalten nicht beeinflusst. Es war jedoch kein Unterschied bei den Basalwerten der Polymerbildung (ohne
Bleomycin-Behandlung) zu beobachten (Fälle: 59.1;
SE=5.2 / Kontrollen: 50.5; SE=3.7). Wenn man das höchste Tertil der Polymerbildung als Referenzwert heranzieht, ist das Risiko (odds ratio) für das niedrigste Tertil
um den Faktor 3.79 (95% CI 1.37-10.47, p=0.01) erhöht.
Dies bedeutet, dass periphere Blutlymphozyten von Patienten mit Larynxkrebs eine signifikant niedrigere
Bleomycin-induzierte Poly(ADP-Ribose)-Bildung aufweisen als Zellen von gesunden Kontrollpersonen. Unsere
Ergebnisse weisen darauf hin, dass eine verminderte
Fähigkeit zur zellulären Poly(ADP-Ribose)-Bildung mit einem erhöhten Risiko für Larynxkrebs einhergehen könnte. Der diesem Befund zugrundeliegende Wirkmechanismus muss noch aufgeklärt werden.
Zur Suche und Bewertung von Naturstoffen, die in der
Lage sind, das zelluläre DNA Reparaturvermögen zu verbessern, haben wir eine Reihe von Experimenten mit (-)Epigallocatechingallat (EGCG) begonnnen, einem wichtigen Inhaltsstoff des grünen Tee. Beim Tee sind bisher
keine Hinweise auf ein mutagenes oder krebserzeugendes Potential bekannt [3]. Es wird jedoch berichtet, dass
er bemerkenswerte präventive Wirkung bei der Entstehung von Krebs- sowie kardiovaskulären Erkrankungen
besitzt [2]. In unseren Untersuchungen erwies sich
EGCG als wirkungsvoller Induktor der Bildung von
Poly(ADP-Ribose) in einer Leukämie-Zellinie (Nalm6)
sowie in menschlichen peripheren Blutlymphozyten. Bereits 10 min nach Behandlung der Zellen mit EGCG war
in beiden Zelltypen ein deutlicher Anstieg von Poly(ADPRibose) festzustellen, der in den Nalm6 Zellen über 60
min, in Lymphozyten länger als 4 Stunden anhielt. Die
parallele Bestimmung von DNA Schäden mittels Mikrogel-Elektrophorese weist jedoch auch auf eine mögliche
gentoxische Wirkung von EGCG hin. Dieser Befund wird
derzeit in unserem Labor weiter abgeklärt.
4. Mutationsanalyse bei Replikationsenzymen
aus Tumorzellen
O. Popanda, P. Waas
In Zusammenarbeit mit: Prof. Dr. E. Hagmüller, Kreiskrankenhaus
Bad Friedrichshall; im DKFZ: H.W. Thielmann, T. Flohr, J. Dai
Das Genom maligner Tumoren ist von Mutationen und
chromosomalen Modifikationen gekennzeichnet, die sich
im Laufe der Tumorentstehung anhäufen. Nach der
„Mutatorhypothese“ von L. A. Loeb können Veränderungen in Enzymen des Replikationsapparates und der
DNA-Reparatur eine Ursache dieser genomischen Instabilität sein. Es war zu vermuteten, daß hierfür insbesondere Veränderungen von DNA-Polymerasen in Betracht
DKFZ 2002: Wissenschaftlicher Ergebnisbericht 2000/2001
Forschungsschwerpunkt C
Krebsrisikofaktoren und Krebsprävention
kommen, da deren Kopiergenauigkeit wesentlich zur akkuraten Replikation des Genoms beiträgt. Ist ihre
Kopiergenauigkeit in malignen Zellen gestört, nehmen
diese Enzyme am Entartungsprozeß teil, indem sie vermehrt Mutationen in den DNA-Tochterstrang einführen.
Ziel dieser Forschungsaktivität war zu klären, ob in Tumorzellen die an der Replikation beteiligten DNAPolymerasen so verändert sind, daß sie
Mutatoreigenschaften annehmen und zur Progression
maligner Tumoren beitragen können. Für diese Untersuchungen wurden zwei Modellsysteme verwendet: (i) hoch
maligne Novikoff-Hepatomzellen eines Lebertumors der
Ratte, und normale, sich regenerierende Rattenleber [8]
sowie (ii) sporadische Kolontumoren des Menschen [9]:
(i) Im Rahmen dieser Aktivität wurden die cDNA-Sequenzen der DNA-Polymerase alpha und ihrer Untereinheiten
in Novikoff-Hepatomzellen und normaler Rattenleber bestimmt. Durch Vergleich beider Sequenzen wurde eine
Mutation in der regulativen Untereinheit B des DNA-Polymerase a-Primasekomplexes der Novikoff-Hepatomzellen identifiziert, die zu einem Aminosäureaustausch
führte. Der streng parallel geführte Vergleich molekularer
und biochemischer Eigenschaften der gereinigten DNAPolymerase-a Aktivitäten von normaler Rattenleber und
Novikoff-Hepatomzellen ergab für das Enzym der malignen Zellen mehrere statistisch signifikante Unterschiede. Besonders erwähnt sei, daß die DNA-Polymerase a
der Novikoffzellen signifikant empfindlicher gegenüber einigen Hemmstoffen der Zellproliferation (z. B.: Doxorubicin, Netropsin, Topotecan) reagierte. Die
Sedimentationsanalyse zeigte, daß die in der Untereinheit B des DNA-Polymerase a-Primasekomplexes nachgewiesene Mutation eine Änderung der Konformation der
Untereinheit B selbst sowie des gesamten Komplexes
bewirkt. Aufgrund früherer Ergebnisse und durch Hinweise aus der Literatur können die abweichenden katalytischen Eigenschaften des DNA-Polymerase-a-Primasekomplexes durch die Konformationsänderung und ein
dadurch möglicherweise verändertes Phosphorylierungsmuster erklärt werden. Vor allem im Hinblick auf eine therapeutische Nutzung ist die Beobachtung von Interesse, daß auch die Sensitivität gegenüber
Hemmstoffen der Zellproliferation erhöht ist.
(ii) Mehrere für Replikationsenzyme kodierende Gene
wurden unter Verwendung molekularbiologischer Techniken auf Mutationen in Gewebeproben von menschlichen
Kolontumoren und gesunder Mukosa geprüft (klinischer
Kooperationspartner: Prof. Dr. E. Hagmüller). Es standen
Tumor- und Normalgewebe von 19 Patienten sowie
sechs Kolonkarzinomzellinien zur Verfügung; drei der
Zellinien wiesen einen Defekt in der Basenfehlpaarungsreparatur auf. Die mittels Reverser Transkription und
Polymerase-Kettenreaktion amplifizierten cDNAs der katalytischen Untereinheit der DNA-Polymerase a sowie jeweils eine Untereinheit der Replikationsfaktoren A und C
wurden mit einer Methode zur Bestimmung des
Einzelstrangkonformations-Polymorphismus (SSCPAnalyse) und durch DNA-Sequenzierung analysiert. Pro
Abteilung C0200
Toxikologie und Krebsrisikofaktoren
Gen wurden mindestens 10 Tumoren und 6 Zellinien untersucht.
Eine Mutation, die ausschließlich in Tumoren auftritt und
somit während der Tumorentwicklung entstanden ist,
wurde nur in der cDNA der DNA-Polymerase a gefunden.
Diese Mutation verursachte allerdings keine Änderung
der Aminosäuresequenz und blieb damit ohne Wirkung
auf die Proteineigenschaften oder das Zellwachstum.
Weitere Mutationen wurden bei der DNA-Polymerase a
nicht entdeckt. Beim Replikationsfaktor A wurde bei zwei
Patienten eine abweichende Aminosäuresequenz im
Normal- und Tumorgewebe identifiziert. Diese Mutationen liegen in der Nähe aktiver Zentren der jeweiligen
Proteine, so daß deren Eigenschaften durch die
Sequenzvarianten verändert sein könnten.
Schlußfolgerungen: Die Analyse der biochemischen Eigenschaften von DNA-Polymerasen aus malignen Novikoff-Hepatomzellen zeigte, daß in Tumorzellen Veränderungen der DNA-Polymerasen vorkommen, die die
Kopiergenauigkeit der Enzyme verändern und Mutatoreigenschaften in den Zellen auslösen können. Allerdings
konnten beim Menschen keine tumorspezifischen Mutationen im Tumorgewebe nachgewiesen werden. Ein
Grund für die überhaupt sehr geringe Zahl beobachteter
Mutationen mögen die strengen Selektionsbedingungen
im wachsenden Tumorgewebe sein, die alle
Zellvarianten eliminieren, die nicht mit der Teilungsgeschwindigkeit der am schnellsten proliferierenden Zellen Schritt halten. So wurden in vivo nur wenige Sequenzvarianten der DNA-Polymerase d und des Replikationsfaktors A geduldet. Ob es sich bei diesen Varianten,
die auch im Normalgewebe beobachtet wurden, um
Polymorphismen handelt, die mit einem erhöhten Krebsrisiko einhergehen, wird die Analyse eines größeren
Patientenkollektives und entsprechender Kontrollen zeigen.
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significance for lung cancer susceptibility in a caucasian
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Neue Biomarker in der Krebsätiologie- und
Präventionsforschung (C0206)
J. Nair
Drittmittel: EU-Projekt QL-RT-2000-00286
1. Etheno-DNA Addukte als Marker von DNA
Schäden durch Lipidperoxidation
Erhöhter oxidativer Stress und Lipidperoxidation (LPO)
werden mit Krebs und neurodegenerativen Erkrankungen in Verbindung gebracht. Seit langem wird LPO eine
Rolle bei der Tumorpromotion und -progression zugeschrieben, doch erst kürzlich konnte gezeigt werden,
dass Etheno(e)-DNA-Addukte aus LPO-Produkten gebildet werden. Die Entwicklung und Validierung von Analysemethoden für DNA-Addukte soll deshalb zum Verständnis der Bildung von exogenen und endogenen
DNA-reaktiven Metaboliten beitragen. Weiterhin werden
diese Adduktmarker bereits in Biomonitoring- und
Chemopräventionsstudien angewandt. Die Bildung von
Inflammatory
processes
Normal
colon
epithelium
Abb. 1 Bildung von exozyklischen
(Etheno)-DNA-Addukten aus Lipidperoxidationsprodukten (z.B. 4-Hydroxynonenal,
HNE und Malonaldehyd, MDA), die durch
oxidativen Stress in der Säugetierzelle aus
Linolsäure und Arachidonsäure gebildet
werden und auch beim Menschen nachgewiesen wurden. Anhäufung solcher
promutagenen DNA-Läsionen (z.B. im
Darmepithel) führt zu genetischer Instabilität, die den Übergang von gutartigen in
bösartige Zellen vorantreibt (Bartsch und
Nair, 2000).
Abteilung C0200
Toxikologie und Krebsrisikofaktoren
COX2,
LOX,
iNOS,
Cytokines
Linoleic acid
Lipid peroxidation
PLA2
Arachidonic acid
Membrane
phospholipids
ROS
RNS
DNA-reactive
aldehydes
(HNE, MDA)
Oxidative
stress
Exocyclic-DNA
adducts
Impaired DNA repair
Loss of apoptotic response
Increased DNA damage, cell
proliferation and mutations
à Adenoma à Carcinoma
Hyperplasiaà
DKFZ 2002: Wissenschaftlicher Ergebnisbericht 2000/2001
Forschungsschwerpunkt C
Krebsrisikofaktoren und Krebsprävention
DNA-Addukten ist eine der frühesten Stufen von messbaren genetischen Schäden der Zelle. Werden diese nicht
repariert, so führen diese nach Zellteilung zu Mutationen,
die sich anhäufen und zu genomischer Instabilität und
Krebswachstum führen können (Abb. 1).
Bisherige Untersuchungen bestätigten die Nachweisempfindlichkeit und Spezifität unserer entwickelten Methoden zur Messung von Etheno-DNA-Addukten, die durch
oxidativen Stress und LPO entstehen. In früheren Untersuchungen konnte eine verstärkte DNA-Schädigung
durch chronisch entzündliche Prozesse und Aufnahme
von w-6 PUFA-reicher Nahrung mit einer erhöhten
Etheno-Addukt-Bildung assoziiert werden. Die bisher
meist benutzte Messmethode für oxidative DNA-Schäden
ist die Bestimmung der oxidierten DNA-Base 8-OxoDesoxyguanosin. Jedoch bestehen wegen der Artefaktbildung Unsicherheiten über die Verlässichkeit dieses
Biomarkers. Die Messung stabilerer, sekundärer Marker
für DNA-Schäden, wie den Etheno-DNA-Addukten, erwies
sich als besserer Indikator, um durch erhöhten oxidativen
Stress und Lipidperoxidation bedingte DNA-Schäden zu
erfassen, was durch die nachfolgenden Untersuchungen
bestätigt wurde:
1.1 Etheno-DNA-Addukte im Darmepithel von Patienten
mit Morbus Crohn (CD), Colitis Ulcerosa (UC) und
familiärer adenomatöser Polyposis (FAP)
1,N6-Ethenodesoxyadenosin (edA) und N3,4-Ethenodesoxycytidin (edC) wurden im Darmgewebe dieser Patienten mit hohem Darmkrebsrisiko zum ersten Mal nachgewiesen. Beide Etheno-Addukte waren in FAP- und CDPatienten erhöht, während bei UC-Patienten nur edC im
Vergleich zur normalen Kolon-DNA angereichert war. Die
Bildung von Etheno-DNA-Addukten in FAP-Patienten ist
einem erhöhten Arachidonsäure-Metabolismus
zuzuschreiben, dies in Folge einer Überexprimierung der
Phospholipase A2 - und Cyclooxygenase 2 im Darmepithel (s. Abb. 1). Im Falle der entzündlichen Darmerkrankungen CD und UC wird die Adduktbildung auf erhöhten oxidativen Stress und Lipidperoxidation zurückgeführt, die als Folge chronisch entzündlicher Prozesse und
einer Überproduktion von NO in den Zielzellen einhergehen.
1.2 Nachweis von Etheno-Addukten in Patienten mit
chronischer Pankreatitis
Hier wurden stark erhöhte Etheno-Addukt-Spiegel im
Pankreasgewebe dieser Patienten im Vergleich zu normaler Pankreas-DNA gemessen.
1.3 Nachweis von 1,N6-Ethenodesoxyadenosin (edA) im
Urin durch eine Immunaffinitäts-HPLC-FluoreszenzMethode
In Zusammenarbeit mit Dr. T. Hanaoka, National Cancer Research
Institute, Chiba, Tokio, Japan.
Wie bereits früher gezeigt, werden die Etheno-AdduktSpiegel beim Menschen durch Nahrungsfaktoren, Hormonmetabolismus und entzündliche Prozesse
beeinflusst. Zu ihrem leichteren Nachweis und zur Untersuchung über die Persistenz dieser DNA-Läsionen beim
Menschen wurde eine nicht-invasive, empfindliche Analy-
Abteilung C0200
Toxikologie und Krebsrisikofaktoren
se-Nachweismethode für im Urin ausgeschiedenes edA
entwickelt, die auf Immunaffinitätsreinigungs-HPLC-Fluoreszenz-Bestimmungen beruht. Mit Hilfe dieser Methode
kann das Ausmaß von DNA-Schäden, die durch
oxidativen Stress und Lipidperoxidation ausgelöst werden, im Menschen nicht-invasiv untersucht werden. Damit können ätiologische Faktoren, wie hohe Fettaufnahme, niedrige Antioxidantien-Spiegel sowie chronisch entzündliche Prozesse, die bei der Krebsauslösung eine Rolle spielen, in Urinproben untersucht werden (Nair 1999). In einer Interventionsstudie in Japan
wurde die Ausscheidung von edA im Urin in nichtrauchenden postmenopausalen Frauen in Nordjapan
untersucht. Dabei wurde der Erfolg einer diätetischen Beratung, die Salzeinnahme zu reduzieren und höhere Vitamin C- und Karotin-Mengen zu sich zu nehmen durch
Fragebögen und biochemischen Analysen bestimmt. Aus
einer großen Kohorte wurden 30 postmenopausale
Frauen (60 - 69 Jahre alt) in der Interventionsgruppe und
30 gematchte Frauen in der Kontrollgruppe untersucht.
Vor der Intervention war der edA-Spiegel im Harn positiv
mit der ausgeschiedenen Kochsalz-Konzentration korreliert (R = 0,33; P = 0,01); ebenso korrelierte edA mit der
Einnahme von w-6 vielfach ungesättigten Fettsäuren (R =
0,28, P = 0,03). Die Ergebnisse dieser Pilotstudie stützen
die Annahme, dass das ausgeschiedene edA im Harn
von DNA-Schäden herstammt, die durch Kochsalz über
chronisch entzündliche Prozesse im Magen ausgelöst
werden. Ein bereits nachgewiesener Zusammenhang
zwischen der Aufnahme von w-6 PUFA-reicher Nahrung
und erhöhter Etheno-Addukt-Bildung in Lymphozyten
weiblicher Probanden wurde in dieser Studie weiter bestätigt. Die biologische Relevanz von edA als Biomarker in
Biomonitoring- und klinischen Studien wird weiter untersucht [9].
1.4 Immunhistochemische Methoden zum Nachweis
von Etheno-Addukten in Gewebeschnitten
Eine von uns entwickelte semiquantitative, immunhistochemische Nachweismethode für edA konnte in der Leber-DNA von Ratten, die Vinylchlorid inhaliert hatten oder
eine erhöhte Dosis von FeII erhielten, zellspezifisch erhöhte DNA-Spiegel dieser Addukte nachweisen [15].
1.5 Die Rolle von COX-2 und Lipoxygenase (LOX) bei
der Entstehung von Etheno-DNA- Addukten
In Zusammenarbeit mit Dr. G. Fürstenberger, DKFZ.
Bei Untersuchungen zur Entstehung des Mäusehautkarzinoms (DMBA als Initiator, TPA als Promotor) wurden Gewebespiegel von 8- und 12- HETE sowie Etheno-Addukte
in Papillomen und Tumoren der Maushaut gemessen.
Dabei wurde eine enge Korrelation von HETE-Konzentration und Etheno-Addukt-Spiegel beobachtet, wobei die
höchste DNA-Schädigung bereits in gutartigen Krebsvorstufen auftrat. Damit wurde bewiesen, dass in Vorstufen
des Mäusehautkarzinoms eine gestörte Regulation des
Lipoxygenase/Arachidonsäure-Stoffwechsels auftritt, wobei eine Akkumulation dieser ArachidonsäureMetaboliten (HETEs) mit einer Zunahme von genetischen
Defekten einhergeht [12]. Erhöhte Etheno-DNA-Addukt-
DKFZ 2002: Wissenschaftlicher Ergebnisbericht 2000/2001
125
Forschungsschwerpunkt C
Krebsrisikofaktoren und Krebsprävention
Spiegel wurden auch in den Darmpolypen von FAP-Patienten nachgewiesen [14]. Der relative Beitrag von COX-2
und LOX wird anhand von Zelllinien mit Überexprimierung dieser Enzyme gemessen.
1.6 Aufnahme von Fettsäuren in der Nahrung und
Bildung von Etheno-Addukten bei premenopausalen Frauen
In Zusammenarbeit mit Dr. N. Becker, DKFZ
126
In dieser Studie wurde das Vorkommen von Etheno-Addukten in Lymphozyten von Frauen nach niedriger und
hoher Fettsäureaufnahme in der Nahrung geprüft [8]. Verbliebene Serum- und Lymphozytenproben aus der Heidelberger EPIC-Studie wurden nach den Angaben im Fragebogen in zwei Gruppen unterteilt: > 15 g (A) und < 5 g
(B) Linolsäure-Aufnahme pro Tag. Das Verhältnis von
Linolsäure- zu Ölsäurekonzentration im Serum wurde gemessen und die Etheno-Addukt-Spiegel in Lymphozyten
bestimmt. Als Gruppenwert waren die Linolsäurekonzentrationen signifikant höher in der A- als in der B-Gruppe,
was auch für die Ölsäurekonzentration zutraf. Das Verhältnis der Konzentrationen beider Fettsäuren war jedoch
in beiden Gruppen gleich. Etheno-Addukt-Spiegel waren
nicht signifikant verschieden in der A- und B-Gruppe, jedoch zeigte ein Drittel der Probanden mehr als das Doppelte der medianen Adduktwerte aller Teilnehmer. Durch
Fragebögen wurde die eingenommene Menge von
Antioxidantien in der Nahrung abgeschätzt und mit den
Etheno-Addukt-Spiegeln in Lymphozyten korreliert. Unter
den analysierten Parametern bewirkte die Einnahme von
Gemüse und Vitamin E eine signifikante Reduzierung
der edA-Spiegel im Blut. Diese Ergebnisse bestätigen
den protektiven Effekt von Vitamin E und Gemüseeinnahme gegen oxidativen Stress und durch
Lipidperoxidation ausgelöste DNA-Schäden.
1.7 Erhöhte Etheno-DNA-Addukt-Spiegel und
Mutationsrate in transgenen Mäusen mit
verminderter G6PD-Enzymaktivität.
In Zusammenarbeit mit Dr. K. Felix und Dr. S. Janz, National
Cancer Institute, NIH, Bethesda, USA.
Das von G6PD-generierte NADPH spielt eine wichtige
Rolle beim Schutz der Zelle gegenüber oxidativem
Stress. Ein möglicher Zusammenhang mit der Auslösung von somatischen Mutationen und einer G6PDDefizienz wurde in einem transgenen Mäusestamm untersucht, der ein ‘low efficiency’ Allel der G6PD und einen
Shuttle-Vektor pUR288 zum Nachweis von Mutationen
trägt. Das Hirn männlicher Tiere zeigte wegen der auf 13
% erniedrigten G6PD-Aktivität deutliche Störungen des
Redox-Gleichgewichtes, d.h. eine dreifache Verminderung des Verhältnisses von reduzierten zu oxidierten
Glutathion. Eine Anhäufung promutagener EthenoAddukte (13-fach für edA und 5-fach für edC) wurde nachgewiesen, die mit einer dreifach erhöhten somatischen
Mutationsrate einherging. Die Ergebnisse belegen die
wichtige Schutzfunktion der G6PD in der Säugetierzelle
[5].
Abteilung C0200
Toxikologie und Krebsrisikofaktoren
2. Nachweismethode für O4-Ethyl-Thymidin
(O4-etT)
J. Nair, R. Godschalk
In Zusammenarbeit mit Dr. M. Wiessler und Dr. C. Kliem, Abteilung
Molekulare Toxikologie, DKFZ
Neben dem Nachweis von Etheno-DNA-Addukten wurde
auch eine verbesserte Methode zur quantitativen Bestimmung von O4-etT entwickelt. Unter den Dutzend verschiedener Alkylierungsprodukte in der DNA, die z.B. durch
karzinogene N-Nitrosoverbindungen gebildet werden,
zählt O4-etT zu den wichtigen promutagenen DNA-Läsionen, die hauptsächlich AT®GC Punktmutationen hervorrufen. Obwohl O4-etT anfänglich in relativ niedriger Ausbeute gebildet wird, reichert es sich wegen der unvollständigen DNA-Reparatur in der Zelle an und spielt deshalb in der Karzinogenese eine wichtige Rolle. Eine erhöhte Ausscheidung von ethylierten DNA-Basen wurde
im Harn von Zigarettenraucher nachgewiesen. Um die
Ethylierung der DNA in Zielorganen von Rauchern nachzuweisen, wurde eine 32P-PostlabellingImmunanreicherungs-Methode für O4-etT entwickelt. O4etT-3'-Monophosphat wurde synthetisiert, aufgereinigt
und durch LC-MS, ESI-MS und NMR charakterisiert. Zur
Validierung der Methode wurden O4-etT-Spiegel in DNA
bestimmt, die zuvor mit N-Ethyl-N-Nitroso-Harnstoff in
vitro behandelt wurde. Dabei wurde eine konzentrationsabhängige Bildung von O4-etT nachgewiesen. Weiterhin wurde O4-etT in der DNA von alveolaren Makrophagen bestimmt, die aus dem Sputum von Rauchern
isoliert wurden. Das Addukt wurde in zwei der vier Raucher nachgewiesen, nicht aber in Nichtrauchern gefunden. Da O4-etT in der DNA schlecht repariert wird, ist diese Verbindung geeignet, um durch Biomonitoring Tabakrauch-assoziierte DNA-Schäden nachzuweisen. Wie gezeigt, besitzt unsere neu entwickelte Methode eine genügend hohe Nachweisempfindlichkeit und Spezifität, um
O4-etT in Surrogatzellen von Zigarettenrauchern nachzuweisen. Lungengewebe von Rauchern (Operationsmaterial) wird derzeitig auf den Gehalt von O4-etT in der DNA
untersucht [7].
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Klinische Interventionsstudien (C0207)
B. Spiegelhalder, R.W. Owen
1. Interventionsstudien zur Ernährung und
Kolorektalkrebs
R.W. Owen, G. Würtele, B. Spiegelhalder
In Zusammenarbeit mit Jürgen Wahrendorf (Umweltepidemiologie, DKFZ) Björn Hofstad, Morten Vatn (Rikshospitalet, The National Hospital, Medical Department A, Oslo, Norwegen), Claire
Bonithon-Kopp, Jean Faivre (ECP Colon Cancer Working Group,
Registre des Tumeurs Digestives de la Cote-d´Or, Faculté de
Medicine, Dijon, Frankreich.
Einem hohen Gehalt an Kalzium (Owen 1998 In: Recent
Results in Cancer Research Vol 146 195-213) und/oder
Ballaststoffen (Hill et al. 1997 European Journal of
Cancer Prevention 6 512-514) in der Nahrung wird eine
Schutzwirkung gegen Kolorektalkrebs zugeschrieben.
Abteilung C0200
Toxikologie und Krebsrisikofaktoren
Die Art Wirkmechanismen werden die Chelatbildung
(Kalzium) und Verdünnung (Ballaststoffe) von potentiell
cokarzinogenen Lipiden im Darm angesehen. Um diese
Hypothese zu testen, wurden eine Reihe von Interventionsstudien bei Adenompatienten initiiert. In einer Pilotstudie zu Plazebo-Kalzium kontrollierten Intervention (35
Patienten) wurde keine Reduzierung der Darmzellproliferation gefunden (Weisgerber et al. 1996 Gut 38 396402.). In einer weiteren etwas größeren Studie zur Intervention mit Kalzium und Antioxidantien wurde ein geringer nicht signifikanter Hemmeffekt des Adenomwachstums in-situ registriert, wohl aber war die Neubildung von Adenomen signifikant inhibiert (Hofstad et al.
1998 Digestion 59 148-156.). Weiter wurde in Zusammenarbeit mit der ECP (European Agency for Cancer
Prevention) eine gesamteuropäische (10 Länder) Langzeit (3 Jahre) kontrollierte Kalzium-Ballaststoff (Fybogel)
Intervention mit Placebokontrolle bei insgesamt 665 Patienten mit sporadischen Adenomen durchgeführt und
abgeschlossen. Am DKFZ wurden (1997 - 1998) Stuhlproben von 1003 Patienten (jeweils vor und nach der Intervention) auf Lipid- und Mineralstoffgehalt untersucht.
Das Verhältnis zwischen Ernährung, Zellproliferation,
Adenomrezidivierung, Lipid- und Mineralstoffspiegel im
Darm, Antioxidantienstatus und der Wirkung der Intervention auf diese Werte wurden ausgewertet und veröffentlicht. Die klinischen Ergebnisse [1] zeigten, dass die
Kalziumintervention einen geringen jedoch nicht signifikanten präventiven Effekt auf die Adenomrezidivierung
ausübte. Der Effekt war jedoch statistisch signifikant in
Patienten, deren tägliche Einnahme von Kalzium niedrig
lag. Überraschenderweise hatte die Intervention mit Ballaststoffen zur Folge, dass die Adenomrezidivierung signifikant erhöht wurde. Dies war besonders in männlichen Teilnehmern aus Skandinavien sichtbar. Außerdem
zeigte die Ballaststoff-Intervention eine deutlich dosisabhängige interaktive Wechselwirkung mit der Kalziumaufnahme in der Nahrung. Die Hypothese, dass Gallensäuren in der Adenom-Karzinom-Sequenz eine Rolle
spielen, wurde durch keine dieser Studien unterstützt. Jedoch werden die Gesamtdaten der ECP-Studie derzeitig
noch einmal sorgfältig statistisch analysiert.
2. Phenol- und Lipidkomponenten und ihre Vorstufen in Speiseölen als mögliche protektive
Faktoren gegen Kolorektal- und Brustkrebs
R.W. Owen, R. Haubner, B. Spiegelhalder
In Zusammenarbeit mit William E. Hull (Abteilung Zentrale Spektroskopie, DKFZ), Attilio Giacosa (Istituto Nazionale per la ricerca
sul cancro, Istituto scientifico per lo studio e la cura del tumori,
16132 Genova, Italien), Petcharin Srivatanakul (National Cancer
Institute, Bangkok, Thailand).
2.1 Oliven und Olivenöl
Die mediterrane Ernährung wird mit einer geringen Inzidenzrate bei verschiedenen Erkrankungen, vor allem
Kolorektal- und Brustkrebs, assoziiert. Als Hauptursache
dafür wird der Verzehr von Olivenöl angesehen, das zu
mehr als 70 % aus Ölsäure (n9), einer einfach gesättigten, langkettigen Fettsäure besteht und eine Reihe
von Phenolen erhält. Da die vermehrte Aufnahme von
DKFZ 2002: Wissenschaftlicher Ergebnisbericht 2000/2001
127
Forschungsschwerpunkt C
Krebsrisikofaktoren und Krebsprävention
128
mehrfach ungesättigten, langkettigen Fettsäuren (n6) mit
einem Brustkrebsrisiko in Verbindung gebracht wird [2],
(Nair et al. 1997 Biomarkers and Prevention 6 597-601)
und um zu verstehen, warum Olivenöl gegenüber anderen Ölen eine bessere Schutzwirkung hat, wurden unterschiedliche italienische Oliven- und Speiseöle (n = 30)
auf ihren Gehalt an phenolischen Antioxidantien und
Lipiden untersucht. Extraktions-, GLC- und HPLC-Protokolle wurden für den Nachweis und die Auftrennung der
Lipid- und Phenolkomponenten optimiert. Mittels MS und
NMRS wurde eine Reihe wichtiger Antioxidantien identifiziert: Squalen, einfache Phenole, Secoiride, Lignane und
Flavonoide [3-6]. Der Nachweis und die strukturelle Charakterisierung von Lignanen und Flavonoide im Olivenöl
gelang zum ersten Mal. Die Untersuchungen wurden auf
den Antioxidantiengehalt von Oliven ausgeweitet. Schwarze und grüne Oliven enthalten sehr hohe Konzentration
(10 - 20 fach höher als extra-virgin Olivenöl) an diesen
Substanzen, womit sie bei Verzehr zur gesundheitsfördernden Wirkung der mediterranen Ernährung beitragen
könnten. Die einzelnen aus Olivenöl extrahierten und isolierten Phenole weisen starke antioxidative Wirkung auf,
vergleichbar mit dem klassischen Antioxidant Vitamin E.
Diese Ergebnisse sollten nicht nur bei chemopräventiven
Maßnahmen sondern auch in zukünftigen epidemiologischen Studien Berücksichtigung finden, wobei nicht nur
die Art und Zusammensetzung der Öle von Bedeutung
sind, sondern auch die Häufigkeit des Verzehrs von Oliven. Unsere Untersuchungen werden derzeitig auf Olivenöle/Oliven aus weiteren Mittelmeerländern ausgedehnt.
2.2 Palm-, Sesam- und Sojabohnenöl aus
Thailand im Vergleich zu anderen Speiseölen
Neben der mediterranen Ernährung in Europa dürfte
auch die Ernährungsweise in fernöstlichen Ländern zur
Aufnahme von Antioxidantien führen, die nicht in typischen westlichen Nahrungsmitteln enthalten sind. Als
Beispiel hierfür ist Thailand, welches eine extrem niedrige Inzidenz an Kolorektal- und Brustkrebs aufweist.
Um diese Hypothese zu überprüfen, wurde eine Zusammenarbeit zwischen dem DKFZ und dem National
Cancer Institute, Bangkok etabliert. Unterschiedliche (n =
20) Speiseöle uns Thailand wurden untersucht und dabei die gleichen Analysemethode wie für Olivenöl angewandt. Nicht raffiniertes Palmöl enthielt erhebliche Mengen an antioxidativen Phenolsäuren, z.B. 3,4Dihydroxybenzoessäure, Vanillinsäure und pCoumarinsäure. Im Gegensatz enthielten die raffinierten
Palmöle (n = 6) keine dieser phenolischen Säuren sondern erhebliche Mengen an wahrscheinlich synthetischen Antioxidantien. Durch GC/MS- und NMRS-Analysen
wurde die Substanz als Butyldihydroxyanisol (BDHA)
identifiziert. Untersuchungen sind im Gange, um die Frage zu klären, ob diese Substanz zugesetzt wurde oder
während der Ölraffinierung entsteht. Unter den anderen
untersuchten Speiseölen war Sesamöl besonders reich
an nicht polaren antioxidativ wirkenden Phenolen, z.B.
Sesamin und Sesamolin, die in Konzentrationen von 2 g
pro kg nachgewiesen wurden. Vorstufen, die in Sesamsamen vorkommen, sind eine komplexe Mischung von
Abteilung C0200
Toxikologie und Krebsrisikofaktoren
Glykosiden, Sesaminol und Pinoresinol sowie weiteren
polyphenolischen Substanzen. Diese Substanzklassen
von Antioxidantien wurden jedoch nicht in Ölen aus Sojabohnen, Sonnenblumen, Mais und Erdnüssen gefunden.
Derzeitig werden genügend Substanzmengen auf die
neu identifizierten Antioxidantien isoliert, die dann in
Screening-Tests auf ihr krebsvorbeugendes Potential untersucht werden (in Zusammenarbeit mit C. Gerhäuser
und P. Schmezer).
2.3 Leinsamen und Leinöl bezüglich des Vorkommens von Lignanen im Säugetier-Organismus
Lignane werden im Säugetier-Organismus im Darm
durch bakterielle Verstoffwechslung von Vorstufen aus
der Nahrung gebildet. Ihnen wird eine Schutzwirkung gegen Brustkrebs zugeschrieben, da sie eine ähnliche
Struktur wie das Tamoxifen aufweisen. Diese so im Körper bebildeten Lignane wurden als Enterodiol (ENND)
und Enterolacton (ENNL) identifiziert und ihre hauptsächlichen Vorstufen sind Secoisolariciresinol-Diglucosid
(SDG), das als Hauptkomponente in einem komplexen,
phenolischen, polymeren Gemisch (CPP) in Leinsamen
vorkommt. Leinöl im Gegensatz zu Oliven- und Sesamöl
enthält dagegen sehr niedrige SDG-Spiegel, da die polymere CPP-Fraktion in Öl unlöslich ist. Wir haben die polymere CPP-Fraktion jetzt untersucht und eine Anzahl von
Phenolsäuren sowie weitere Substanzen, die darin enthalten sind, charakterisiert. Nach Isolierung genügender
Mengen werden in in vitro Testsystemen die Substanzen
auf ihr chemopräventives Potential untersucht.
3. Phenole in humanen Stuhlproben
Viele der Substanzen, die aus verschiedenen Speiseölen
und ihren Vorstufen isoliert wurden, sind Glykoside. Da
käuflichen Enzyme nur sehr schlecht die phenolischen
Glykoside spalten, haben wir eine neue Methode entwikkelt, wobei die im Stuhl vorkommenden Glykosylasen
eingesetzt werden, um z.B. das Monoglykosid des Secoisolariciresinols innerhalb von drei Stunden abzuspalten.
Diese neue Methode wurde auf Stuhlproben aus der
ECP-Kalzium-/Ballaststoffinterventionsstudie angewandt
und erlaubte die phenolischen Antioxidantien quantitativ
zu bestimmen, wobei 30 verschiedene Substanzen dieser Klasse mit Hilfe von GC/MS und ESI-LC/MS identifiziert wurden. Die neue Methode wird jetzt auf Proben, die
aus drei Ländern der ECP-Studie - Dänemark, Deutschland, Italien - stammen, die einen Nord-Süd-Gradienten
bei der Krebshäufigkeit darstellen, angewandt. Bereits in
einer Pilotstudie wurde ein bemerkenswerter Zusammenhang zwischen dem Vorkommen dieser phenolischen Antioxidantien in Stuhlproben und der Inzidenz
von Brust- und Kolorektalkrebs gefunden. Eine größere
Studie ist in Planung.
4. Fermentationsstudien
R.W. Owen, B. Spiegelhalder
Die Bildung von Lignanen im Säugetierorganismus aus
Leinsamen wurde 1980 vorgeschlagen, aber die genauen Bildungsmechanismen waren nicht bekannt. Nach
der Isolierung mehrerer Gramm SDG wurden anaerobe
Fermentationsexperimente von uns durchgeführt. Nach
DKFZ 2002: Wissenschaftlicher Ergebnisbericht 2000/2001
Forschungsschwerpunkt C
Krebsrisikofaktoren und Krebsprävention
anaerober Inkubation bei 37° für 72 Stunden in Gegenwart von 1 % Fäkalmatrix, Aufarbeitung der verschiedenen Fraktionen, konnten in der Tat mehrere Metaboliten
durch GC/MS und ESI-LC/MS charakterisiert werden [7].
Die Strukturen konnten durch NMR bestätigt werden und
somit Umwandlung von SDG durch die fäkale Mikroflora
in Säugetier-Lignanen vollständig aufgeklärt werden. Da
nun genügende Mengen dieser Substanzen aufbereitet
werden können, werden sie auf ihr krebsvorbeugendes
Potential untersucht. Weiterhin wurde der Metabolismus
von Lignanen aus Olivenöl, Sesamöl und Sesamsamen
untersucht. Es konnte gezeigt werden, dass diese
ölspezifischen Lignane ebenfalls durch die fäkale Mikroflora in die Säugetier-Lignane ENND und ENNL
verstoffwechselt werden [8]. Diese neuen Befunde erklären, warum immer höhere Ausbeuten an SäugetierLignanen im Darm gefunden wurden, als die durch die
Einnahme von SDG erwartete Menge. Bei diesen Untersuchungen wurden auch neue Lignan-Vorstufen entdeckt, deren Strukturaufklärung im Gange ist.
5. Antioxidantien-Gehalt von Rotwein
R.W. Owen, G. Würtele, B. Spiegelhalder
Das Vorkommen verschiedener Klassen von Antioxidantien in Rotwein ist gut untersucht und verschiedene Klassen dieser Stoffe wurden bisher identifiziert. Es wurde
beobachtet, dass Probanden, die kein Olivenöl konsumierten, dennoch nachweisbare Mengen an Tyrosol und
Hydroxytyrosol im Stuhl ausschieden. Wegen der Annahme, dass diese Substanzen aus Getränken stammen,
wurde eine ausführliche Analyse phenolischer
Antioxidantien in grünem und schwarzem Tee und Rotwein durchgeführt. Das Spektrum der Antioxidantien in
Tee war mit dem bereits publizierten identisch, jedoch
enthielt Rotwein erhebliche Mengen an Hydroxytyrosol
sowie weitere Komponenten, die bisher nicht im Rotwein
beschrieben wurden. Die Antioxidantien wurden durch
chromatografische Verfahren getrennt und massenspektrometrisch identifiziert. Mit Hilfe einer Reihe von
neu etablierten LC/MSD-Progammen können wir das
Antioxidantienprofil von Weinproben durch eine direkte
Injektion von etwa 20 µl Wein erhalten. Bis heute wurden
über 50 antioxidative Substanzen in Rotwein nachgewiesen und identifiziert. Unsere neue Analysenmethode erlaubt einen schnellen Vergleich der Antioxidantienkapazität von Wein, z.B. in Chemopräventionsstudien.
6. Reaktive Sauerstoffradikale (ROS) in der
Krebsentstehung
R.W. Owen, G. Würtele, B. Spiegelhalder
Für die zuverlässige Bestimmung von Phytat (phytic acid
= PA) und ROS in human Stuhlproben wurden HPLC-Methoden entwickelt (Owen et al. 1996 Gut 38 591-597;
Owen et al. 1996 European Journal of Cancer Prevention
5 233-240; Owen et al. 1997 Journal of Cancer Research
and Clinical Oncology 12 (Supplement 1) 2; Owen et al.
1998 European Journal of Cancer Prevention 7 (suppl 2)
S41-S54). Mit einer verbesserten HPLC-Methode konnte
Abteilung C0200
Toxikologie und Krebsrisikofaktoren
gezeigt werden, dass die ROS-Bildung in Stuhlproben
nicht mit der vorhandenen Darmflora korreliert [9]. Die
ROS-Bildung wird viel mehr durch eine lösliche Komponente im Stuhl ausgelöst. In laufenden Studien soll deren
Struktur identifiziert werden. In einem optimierten Testsystem werden erneut die bisherigen sowie neue ECPProben untersucht, um zu sehen, ob PA, Eisen und ROS
alleine oder in Kombination eine Rolle bei der
Kolonkarzinogenese spielen. Diese Daten werden gerade ausgewertet.
7. Reaktive Sauerstoffradikale und Magenkrebs
R.W. Owen, G. Würtele, B. Spiegelhalder
In Zusammenarbeit mit Heinrich Bauer (Abteilung Molekulare Toxikologie, DKFZ), Jochen Rudi (Abteilung für Gastroenterologie,
Krehl Klinik, Heidelberg).
Infektion durch Helicobacter pylori ist einer der Risikofaktoren für die Auslösung der Magenkarzinogenese, wobei
die molekularen Mechanismen noch unbekannt sind.
Deshalb wurde in einer Pilotstudie die mögliche Rolle
von ROS bei der Magenkarzinogenese untersucht und
zwar mit der möglichen Bildung von ROS im Magensaft
bei Patienten mit Magendysplasien mit und ohne
Helicobacter pylori Infektion. Magensaftproben von 31
Patienten mit oder ohne Gastritis wurden untersucht.
ROS-Bildung wurde durch die radikale Hydroxylierung
von Salizylsäure gemessen und das Reaktionsprodukt,
die Dihydroxybenzoesäure, durch HPLC bestimmt.
Magensaftproben von 20 (64,5 %) Patienten mit chronischer H. pylori Gastritis zeigten deutlich erhöhte ROSKonzentrationen, wenn sie mit den 8 Gastritis-Patienten
(21,6 %) ohne H. pylori Infektion verglichen wurden. Damit wurde weiter bestätigt, dass Infektion mit H. pylori mit
einer höheren Rate von ROS-Bildung einhergeht, wobei
dieser oxidative Stress zur Tumorbildung im Magen beiträgt. Weiterhin konnte gezeigt werden, dass die Inkubation von H. pylori mit einer Magenkarzinom-Zelllinie AGS
den Methylierungsstatus des p53-Gens erhöht, wobei
methylierte CpG-Sequenzen in verschiedenen Introns
und Exons nachgewiesen wurden[10].
8. Einfluss von Lignanen auf oxidativen Stress Eine Interventionsstudie in premenopausalen
Frauen mit erhöhtem familiären
Brustkrebsrisiko
R.W. Owen, B. Spiegelhalder
In Zusammenarbeit mit Ulrike Knust, Karl H. Adzerson, F
Beldmann, G Bastert (Frauenklinik der Universität Heidelberg, Abteilung für Allgemeine Frauenheilkunde und Geburtshilfe).
Das Ziel dieser Interventionsstudie sind Untersuchungen, wie Leinsamen- und Gemüseverzehr die Spiegel
von Lignanen im Serum und Harn beeinflussen und dadurch Lipidperoxidation und oxidativen Stress abhängige
Biomarker in vivo verändern können. Jeder Arm dieser
Interventionsstudie umfasst je 20 Teilnehmer mit einem
hohen bzw. niedrigen Leinsamen- und Gemüsekonsum.
DKFZ 2002: Wissenschaftlicher Ergebnisbericht 2000/2001
129
Forschungsschwerpunkt C
Krebsrisikofaktoren und Krebsprävention
Die pre- und postmenopausalen Probanden (25 - 55
Jahre) kommen aus Familien, wo bei der Mutter oder
Schwester Brustkrebs diagnostiziert wurde. Bestimmt
werden im Serum oder Plasma die Enterolignan-Spiegel
(direkt durch ESI-LC/MS), Vitamin E und C, Folsäure und
Karotinoide (mit einem cross-over design). Die biochemischen Ergebnisse werden dann mit den Daten aus
Food Frequency Fragebögen verglichen. Die Studie wird
Ende 2002 abgeschlossen sein.
9. Phenolische Antioxidantien in thailändischen
Früchten
R.W. Owen, R. Haubner, B. Spiegelhalder
In Zusammenarbeit mit William E. Hull (Abteilung Zentrale Spektroskopie, DKFZ), Attilio Giacosa (Istituto Nazionale per la ricerca
sul cancro, Istituto scientifico per lo studio e la cura del tumori,
Genova, Italien), Yuttana Sudjoereen, Supranee Chambumrung
(Mahidol University , Bangkok, Thailand).
130
Die von uns entwickelten analytischen Methoden (s. 2.1)
wurden benutzt, um den Gehalt an phenolischen Antioxidantien in Früchten aus Thailand (in nicht verwertbaren
Abfallprodukten) zu untersuchen. Erste Ergebnisse zeigen eine Fülle von verschiedenen phenolischen Substanzen in einigen der untersuchten Früchte, während
andere keine dieser Stoffe enthielten. Die Strukturaufklärung der neu entdeckten Antioxidantien ist im Gange.
10. Antioxidantien und Lipidkomponenten im
Arganöl aus Marokko
R.W. Owen, R. Haubner, G. Würtele,
B. Spiegelhalder
In Zusammenarbeit mit F. Khallouki, C. Younos, T. Oster
(Laboratoire D´Ingénierie Moléculaire et de Biochimie
Pharmalogique, Université de Metz, Frankreich), Z. Charrouf
(Département de Chimie, Faculté des Sciences, Université Mohammed V, Rabat, Marokko).
Drei Sorten von Arganöl wurden auf den Gehalt von Fettsäuren, Tocopherolen, Squalenen, Sterolen und phenolischen Antioxidantien untersucht und die Ergebnisse mit
den Werten in ‘extra-virgin’ Olivenöl und Sonnenblumenöl
verglichen. Das Profil der Fettsäuren in den Arganölen
war ähnlich mit Vorkommen an Ölsäure (43 %) und
Linolsäure (36 %). Als hauptsächliches Vitamin wurde gTocopherol (483 mg pro kg) identifiziert, im Gegensatz zu
a-Tocopherol, dass hauptsächlich im Olivenöl (190 mg
pro kg) und Sonnenblumenöl (532 mg pro kg) vorkommt.
Der Squalen-Gehalt von Arganölen war gleich und betrug
etwa 313 mg pro 100 g, der niedriger liegt, als bei Olivenöl (499 mg pro 100 g), aber signifikant höher als in
Sonnenblumenöl (6 mg pro 100 g). Während b-Sitosterol
hauptsächlich in Oliven- und Sonnenblumenöl vorkommt,
wurde in den Arganölen Schottenol (147 mg pro kg) und
Spinasterol (122 mg pro kg) gefunden. Im Vergleich zu
‘extra-virgin’ Olivenölen (793 mg pro kg) war die Konzentration an gesamtphenolischen Verbindungen in Arganöl
extrem niedrig (weniger als 5 mg pro kg). Trotzdem ist
anzunehmen, dass Arganöl mit seinem hohen Gehalt an
g-Tocopherol, Squalen und Ölsäure eine protektive Funktion in der marokkanischen Ernährung spielt.
Abteilung C0200
Toxikologie und Krebsrisikofaktoren
11. Einfluss von Übungsprogrammen mäßiger
und geringer Intensität auf oxidativen Stress,
DNA-Schäden und Reparaturmechanismen
bei Patienten mit kolorektalen Tumoren
R.W. Owen, J. Nair, H. Bartsch
In Zusammenarbeit mit H. Allgayer, Abteilung Onkologie,
Rehabilitation Klinik Ob der Tauber der LVA Württemberg,
Bad Mergentheim).
Das Ziel dieser Studie ist es, mit einem randomisierten,
kontrollierten und prospektiven Design, den Effekt eines
3 - 4 wöchigen Übungsprogramms mit mäßiger Intensität mit einer geringeren Intensität bei Patienten mit Kolon-/Rektumtumoren nach Operationen, Strahlenbehandlung und Chemotherapie zu vergleichen. Dies im
Hinblick auf mögliche Veränderungen von Biomarkern,
die oxidative DNA-Veränderungen und individuelles
Stressniveau aufzeigen. Dabei wird die Hypothese verfolgt, dass mäßig intensive körperliche Aktivität im Vergleich zu weniger intensiven mit einer signifikanten Erniedrigung dieser oxidativen Stress-Biomarker einhergeht. Sollte die Annahme zutreffen, soll die Pilotstudie zu
einer anschließend prospektiven multizentrischen Langzeitstudie ausgeweitet werden, die den Einfluss mäßiger
und wenig intensiver Übungsprogamme im Hinblick auf
klinische Verlaufsparameter (Lebensqualität, Auftreten
von Rezidiven, Metastasen, Tumoren) verglichen werden.
Publikationen (* = externe Koautoren)
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DKFZ 2002: Wissenschaftlicher Ergebnisbericht 2000/2001
Forschungsschwerpunkt C
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Genetische Suszeptibilitätsmarker bei der
Entstehung von Lungenkrebs
A. Risch, H. Wikman, H. Dally,S. Thiel, K. Gassner,
P. Schmezer, N. Rajaee-Behbahani,
B. Spiegelhalder, H. Bartsch
In Zusammenarbeit mit: Prof. Dr. P. Drings, Prof. Dr. H. Dienemann, Prof. Dr. Dr. K. Kayser, Prof. Dr. V. Schulz, PD Dr. J.R. Fischer Thoraxklinik, Heidelberg, Dr. L. Edler, DKFZ- Biostatistik, Dr.
F. Klimek, DKFZ-Abtl. Tumorvirus-Charakterisierung.
Zusatzfinanzierung: Stipendien: Marie-Curie Programm der EU;
Projekt- und Personalmittel: Deutsche Krebshilfe, Verein zur Förderung der Krebsforschung in Deutschland (e.V.)
Genetische Enzympolymorphismen, aus denen sich ein
veränderter Phänotyp ergibt, können ein erhöhtes Risiko
für bestimmte schadstoffbedingte Krebsarten zur Folge
haben [1]. Die Bedeutung genetischer Polymorphismen
in Phase I- und Phase II-Enzymen bei der Entstehung
von Lungenkrebs wird im Rahmen einer FallKontrollstudie untersucht. Blutproben und Angaben zur
Schadstoffexposition von über 1200 Personen (Patienten
mit primärem Bronchialkarzinom bzw. Krankenhauskontrollen ohne Malignom) konnten bisher archiviert werden. Gewebeproben, zur späteren Korrelation der Ergebnisse mit weiteren Biomarkern wie z.B. Adduktspiegel [7]
wurden ebenfalls archiviert. Analysen der Genotypdaten
für über 700 Probanden zeigten, dass für sowohl für
Glutathiontransferasen (GSTM1, GSTM3, GSTT1, GSTP1)
[8] als auch für N-Acetyltransferasen 1 und 2 (NAT1,
NAT2) [6] im Zusammenhang mit einer Beeinflussung
der Empfindlichkeit gegenüber Tabakkarzinogenen die
verschiedenen histologischen Typen des Bronchialkarzinoms getrennt betrachtet werden müssen, da sie sich in
ihrer Ätiologie unterscheiden. Genotypisierungsdaten für
weitere schadstoffmetabolisierende Enzyme, die im Zusammenhang mit Zigarettenrauch-induziertem Lungenkrebs von Interesse sind, werden derzeit ausgewertet
(u.a. CYP1B1, Myeloperoxidase) und verschiedene genetische Polymorphismen werden noch untersucht.
Genotypisierung für das reparaturrelevante hOGG1 Gen
Abteilung C0200
Toxikologie und Krebsrisikofaktoren
zeigte kein erhöhtes Lungenkrebsrisiko für Träger
varianter hOGG1 Allele bei Kaukasiern. In weiteren Untersuchungen an mikrodissektierten Lungengewebeproben
konnte gezeigt werden, dass dieses auf 3p21 lokalisierte
Gen häufig ‚loss of heterozygosity’ (LOH) aufwies, bevorzugter Verlust eines bestimmten Allels wurde jedoch
nicht beobachtet [3]. Die Analyse der DNA-Reparaturkapazität in Lymphozyten von Fall- und Kontrollpatienten weist auf eine eingeschränkte DNA
Reparaturkapazität bei Lungenkrebspatienten im Vergleich zu Krankenhauskontrollen hin [4,5]. Ein Projektziel
ist die Erstellung eines Markerprofils, welches die Identifikation von Individuen mit erhöhtem Lungenkrebsrisiko
erlaubt. Ferner werden zur Bestimmung der möglichen
Relevanz genetischer Polymorphismen bei der
Chemotherapiesensitivität und für die Prognose von
Bronchialkarzinompatienten derzeit weiterhin Probanden
rekrutiert und klinische Daten erfasst.
Die Entwicklung neuer Genotypisierungsmethoden und Identifikation neuer Allele
A. Risch, H. Dally, B. Spiegelhalder, H. Bartsch
Zusatzfinanzierung: Verein zur Förderung der Krebsforschung
in Deutschland (e.V.)
Zur Durchführung großer Fall-Kontrollstudien sind neue
Genotypisierungsmethoden notwendig, die einen höheren Probendurchsatz als herkömmliche PCR/RFLP-basierte Methoden erlauben. Genotypisierungsmethoden
auf der Basis von Fluoreszenz-basierter Schmelzkurvenanalyse wurde für verschiedene bekannte
Polymorphismen wie z.B. in N-Acetyltransferasen [3],
Glutathiontransferasen und Myeloperoxidase entwickelt.
Weiterhin werden Methoden zur Identifizierung bisher
nicht bekannter genetischer Polymorphismen etabliert.
Zigarettenrauch und genetische Polymorphismen
als Risikomarker für Brustkrebs
A. Risch, B. Spiegelhalder, H. Bartsch
In Zusammenarbeit mit PD Dr. J. Chang-Claude, S. Kropp, DKFZ,
Abtl. Klin. Epidemiologie
Zusatzfinanzierung: Deutsche Krebshilfe, Verein zur Förderung
der Krebsforschung in Deutschland (e.V.)
Der langsame NAT2-Acetyliererstatus ist bei Raucherinnen als ein Risikofaktor für die Brustkrebsentstehung
identifiziert worden [Ambrosone et al, JAMA 276 (1996):
1494]. Allerdings ist Rauchen als ätiologischer Faktor bei
der Brustkrebsentstehung umstritten. Aus Blasenkrebsstudien ergibt sich, dass der Genotyp bei niedriger
Schadstoffdosis besonders wichtig für das individuelle
Risiko sein kann. Im Rahmen dieser Kooperation wird
diese Hypothese für Brustkrebspatientinnen getestet.
Beim separaten Vergleich von Aktiv- und Passivraucherinnen mit nicht Tabakrauch-exponierten Frauen waren
die Brustkrebsrisiken unterschiedlich bezüglich NAT2
Status. Ein signifikant erhöhtes Risiko ergab sich bei
langsamen Acetylierenden für das Rauchen von mehr als
10 Packyears, OR 1.8 (1-3.2), jedoch nicht für schnell
Acetylierende. Andererseits war der Zusammenhang zwischen Passivrauchen und erhöhtem Brustkrebsrisiko
DKFZ 2002: Wissenschaftlicher Ergebnisbericht 2000/2001
131
Forschungsschwerpunkt C
Krebsrisikofaktoren und Krebsprävention
stärker bei schnell als bei langsam Acetylierenden (OR
1.9 (0.9-3.9) bzw. OR 1.2 (0.7-2.1)). Es wird deutlich, dass
bei Studien zu Gen-Umweltinteraktion zwischen Aktiv-,
Passiv- und Nichtrauchern unterschieden werden muss.
Neben der unterschiedlichen Gesamtschadstoffdosis
beim Aktiv- und Passivrauchen könnten auch Unterschiede in der Zusammensetzung des ‚mainstream’ und
‚side-stream’ Tabakrauchs das Gen-Umweltinteraktionsbedingte Krebsrisiko beinflussen.
Die Relevanz von Enzympolymorphismen bei der
Entstehung von Larynxkarzinomen
A. Risch, V. Raedts, P. Schmezer,
N. Rajaee-Behbahani, H. Bartsch
132
In Zusammenarbeit mit Dr. H. Ramroth, DKFZ-Abtl. Klin. Epidemiologie, Prof. Dr. H. Becher, Institut für Tropen-Hygiene, Univ. Heidelberg, OA Dr. med. habil. A. Dietz, Kopfklinik Heidelberg.
Zusatzfinanzierung: Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft, Forschung und Technologie; Verein zur Förderung der
Krebsforschung in Deutschland (e.V.)
Im Rahmen einer populationsbasierten Fall-Kontroll-Studie zur Ätiologie von Larynxkarzinomen werden mögliche
Gen-Umweltinteraktionen untersucht. Beim Vergleich von
je rund 250 Fällen und gematchten Kontrollen wurden Alkohol- und Tabakkonsum als signifikante Risikofaktoren
identifiziert. Statistische Auswertung der Genotypanalysen
für Alkoholdehydrogenasen ADH 2 und 3 und Glutathiontransferasen GSTM1 und GSTT1 ergaben jedoch keine
Hinweise auf eine signifikante Beeinflussung dieses Risikos durch die untersuchten ADH oder GST Genotypen.
Untersuchung der möglichen Rolle von GSTM1-,
GSTT1- und GSTP1- Polymorphismen als
Modulatoren antioxidativer Kapazität, bei der
Modifikation von Telomerenlänge und als
mögliche Risikofaktoren für vaskuläre Demenz
A. Risch, H. Bartsch
In Zusammenarbeit mit Prof. T. von Zglinicki, Dept. of Gerontology, Institute for Health of the Elderly, Univ. of Newcastle, UK
Progressive cerebrovaskuläre Atherosklerose und darauf
folgender Infarkt gehören zu den am weitesten verbreiteten Ursachen für Demenz. Spezifische Risikofaktoren für
vaskuläre Demenz sind allerdings bisher nicht bekannt.
Die Länge humaner Telomeren nimmt in vitro mit jeder
Zellteilung und in vivo mit dem Alter ab, allerdings nimmt
in humanen Fibroblasten in vitro die Telomerenverkürzungsrate mit zunehmender antioxidativer Kapazität ab. In
186 älteren Personen waren Leukozytentelomere bei Patienten mit Demenz signifikant kürzer als in 3 Kontrollgruppen. Um den Einfluß möglicher genetischer Risikofaktoren zu untersuchen wurde eine zufällige Untergruppe von 75 Patienten genotypisiert. Weder
Telomerenlänge noch Diagnose korrelierten mit genetischen Polymorphismen in Apolipoprotein E oder Glutathiontransferasen M1, T1 oder P1 [2].
Alle Projekte sollen zu einem besseren Verständnis der
Ätiologie der verschiedenen Krankheiten beitragen und
Abteilung C0200
Toxikologie und Krebsrisikofaktoren
Hinweise auf einen möglichen Mechanismus der Aktivierung von pro-Karzinogenen durch den menschlichen
Stoffwechsel geben. Anonymisierte Genotypisierungsdaten werden zur Beantwortung von Fragestellungen für die sehr viel größere Fallzahlen notwendig sind
zusätzlich in internationaler Zusammenarbeit ausgewertet [9,10]. Die Identifikation von Hochrisikogruppen ist von
Bedeutung für verschiedene präventive Ansätze z.B. im
Rahmen der Grenzwertfestsetzung, gesundheitlicher Aufklärungskampagnen oder der Chemoprävention.
Publikationen (* = externe Koautoren)
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Forschungsschwerpunkt C
Krebsrisikofaktoren und Krebsprävention
Abteilung C0300
Molekulare Toxikologie
Abteilung Molekulare Toxikologie (C0300)
Leiter: Prof. Dr. Manfred Wießler
Wissenschaftliche Mitarbeiter
Dr. Heinrich Bauer (- 12/00, ½)
Dr. Barbara Bertram (- 05/00)
Dr. Christian Bieler ( - 06/00)
Dr. Eva Frei
Dr. Holger Hoffmann (10-12/00)
Dr. Irina Kiprianová (10/00 - 12/01)
Dr. Hans Christian Kliem ( - 12/02)
Dr. Roland Müller (02 - 09/00)
Dr. Bernd Sauerbrei ( - 07/00)
Dr. Birgit Schmauser ( - 04/00)
PD. Dr. Heinz Schmeiser
Dr. Oliver Schmitz ( - 12/00)
Dr. Martina Weigand ( - 09/00)
Gastwissenschaftler
Dr. Marie Stiborova (Prag, Tschechien)
08 - 09 jährlich
Dr. Amitava Chatterjee (Kalkutta, Indien) 04/00 - 06/00
Dr. Hassan Mamdouh Ali (Elmenofia, Ägypten) 07/00 - 03/01
Doktoranden
Volker Arlt ( - 01/01)
Thomas Fritsche (04/00 - )
Regine Garcia-Boy (03/01 - ) Evelyn Kim ( - 09/02)
Erwin P. Mark ( - 04/02)
Bettina Meister (10/00 - )
Jost Reinhard ( - 12/00)
Bernd Sorg ( - 04/01)
Dirk Stach (03/00 - )
Christoph Tacheci (02/01 - )
Christian Wörth ( - 07/00)
Sonja Wolf (10/00 - )
Techniker
Ursula Bollow ( - 05/00 (½)) Horst Braun ( - 02/00
Andrea Breuer
Karl Albert Klokow ( - 04/02
Peter Lorenz
Eduard Müller
Diplomanden
Michael Wolf (10/00 - 03/01) Jitka Huclova (10/00 - 02/
01)
Farina Neuwirth (10/01 - 03/02)
Sekretärin
Hélène Boittin (08/01 -, ½)
Christina Grosch (- 08/01, ½)
Auszubildende
Dorina Rauch ( - 03/00)
Nicole DiGallo
Die Forschungsschwerpunkte der Abteilung Molekulare
Toxikologie sind Biomonitoring von Umweltgiften und die
Entwicklung von Arzneistoffen.
Biomonitoring ist ein Verfahren zur Bestimmung der
Exposition eines Individuums oder einer Population gegenüber Fremdstoffen. Besonders erstrebenswert ist die
Ermittlung der biologisch wirksamen Dosis des Fremdstoffes oder Umweltschadstoffes, da somit individuelle
oder speziesbedingte Unterschiede in der
Pharmakokinetik berücksichtigt werden. Für
genotoxische Substanzen kann die biologisch wirksame
Dosis als Veränderung der DNA oder von Proteinen, den
DNA- bzw. Proteinaddukten bestimmt werden. Ein
Schwerpunkt unserer Abteilung liegt in der Analyse von
DNA-Addukten, da diese Addukte mutagen sind und
eine direkte Risikobewertung durch den Vergleich mit
Daten aus Tierversuchen möglich ist. Als Beispiel für ein
erfolgreiches, wenngleich unerfreuliches Biomonitoring
sei hier die “Chinese Herbs Nephropathy” (CHN) genannt, eine Erkrankung, die bei Patientinnen auftrat, die
im Rahmen einer Schlankheitskur Produkte eingenommen hatten, welche versehentlich Aristolochiasäuren enthielten. Das DNA-Adduktmuster im Nierengewebe dieser
Patientinnen entsprach demjenigen, das in Tieren gefunden wurde, die nach Aristolochiasäure-Behandlung Tumoren entwickelt hatten und war selbst zehn Jahre nach
Absetzen der Behandlung im Gewebe der Patientinnen
noch nachweisbar.
Die ³²P-postlabeling Methode, die für diese Analysen angewandt wird, ist zur Zeit die empfindlichste Methode zur
Detektion von DNA-Addukten bekannten und unbekannten Ursprungs. Sie hat jedoch den Nachteil, dass mit hohen Radioaktivitätsmengen umgegangen werden muss,
und dass die Analysebedingungen für empfindliche
Addukte zu drastisch sind. Durch Fluoreszenzmarkierung von Nukleotiden, die nach enzymatischem
Verdau der DNA entstehen, konnte mittels Kapillarelektrophorese gekoppelt mit laserinduzierter
Fluoreszenzdetektion das endogene DNA-Addukt
5‘-Methylcytosin von den normalen DNA-Bausteinen getrennt und quantifiziert werden. Diese Methode wurde für
die Analyse von durch Umweltschadstoffe hervorgerufene DNA-Addukte entwickelt.
Die Entwicklung von Arzneistoffen, die an Saccharide
oder humanes Serumalbumin gekoppelt sind, zur zielgerichteten Therapie (drug targeting) von Tumoren, ist
der zweite Schwerpunkt unserer Abteilung. Die Substanz
Glufosfamid, ein Konjugat aus Glucose und Ifosfamid
Mustard, ist ein in der Abteilung entwickeltes Krebstherapeutikum, welches sich in klinischer Phase II Prüfung befindet. Die Substanz wird an Patienten, die an
Pankreas-, Lungen-, Hirn oder Mammatumoren leiden,
DKFZ 2002: Wissenschaftlicher Ergebnisbericht 2000/2001
133
Forschungsschwerpunkt C
Krebsrisikofaktoren und Krebsprävention
134
getestet. In der Phase I Studie wurde an 10% der Patienten ein Rückgang des Tumorwachstums beobachtet.
DNA-Reparatur, speziell die durch 06-Methylguanin-DNAmethyltransferase (MGMT) vermittelte Reparatur, spielt
eine wesentliche Rolle in der Entstehung von Resistenzen gegenüber alkylierenden Zytostatika. Konjugate
neuer MGMT Inhibitoren mit Monosacchariden zeigten
eine gute Aufnahme in die Zelle und hemmten, wie gewünscht, die MGMT, wenn der Abstand zwischen
Monosaccharid und Effektormolekül gross genug war.
Diese Arbeit wird mit Substanzen fortgesetzt, die die 5‘Methylcytosin-Transferasen, welche in der Tumorentstehung eine Rolle spielen, beeinflussen.
Das drug targeting von Tumoren kann auch über die Bindung von Oligosaccharid-Konjugaten an Lektine erfolgen, falls Tumoren charakteristische Lektine exprimieren.
Um tumorassoziierte Lektine anzureichern und zu charakterisieren, wurden verzweigte
Oligosaccharidmimetika synthetisiert und als Liganden in
der Affinitätschromatographie von Plasmamembranen
aus Tumoren eingesetzt. Bibliotheken komplexer
Oligosaccharide können mit Hilfe der kombinatorischen
Chemie generiert werden. Aus diesen Bibliotheken werden Strukturen ermittelt, die die Adhäsion von Tumorzellen an die extrazelluläre Matrix und/oder deren Migration
durch diese Matrix hemmen.
Die Zellen eines Tumors haben einen hohen Bedarf an
Energie und Aminosäuren, den sie auch über die Aufnahme von Plasmaproteinen wie Albumin decken. Diese
Eigenschaft wird ausgenutzt, um über Albumin als Träger
Tumortherapeutika in die entartete Zelle zu schleusen.
Das erste Medikament dieser Gruppe, Methotrexat-Albumin, ist zur Zeit in klinischer Phase II Prüfung. Die Bindung an Albumin führt gegenüber freiem Methotrexat zu
einer drastisch verlängerten Plasmahalbwertszeit. Die
Aufnahme in die Zelle erfolgt über Endozytose und nach
lysosomalem Abbau wird Methotrexat freigesetzt. Durch
Albuminkopplung können toxische Substanzen gezielt
zum Tumor dirigiert und Resistenzen gegen die
niedermolekularen Substanzen überwunden werden.
Abteilung C0300
Molekulare Toxikologie
Der Pflanzeninhaltsstoff Aristolochiasäure
löst Harnleiter-Krebs beim Menschen aus
H.H. Schmeiser, C.A. Bieler,V.M. Arlt,
M. Stiborova, E. Frei, M. Wießler
In Zusammenarbeit mit: Dr. Joelle L. Nortier und Prof. Jean-Louis
Vanherweghem, Nephrology Department, Hopital Erasme,
Université Libre de Bruxelles, Belgien ; Dr. Jean-Pierre Cosyns
und Prof. Charles van Ypersele de Strihou, University of Louvain,
Medical School, Brüssel, Belgien ; Dr. Graham M. Lord und Prof.
Charles D. Pusey, Division of Renal Medicine and Transplantation, Hammersmith Hospitals, London, England, UK; Annie
Leszkowicz, Ecole Nationale Agronomique de Toulouse,
Auzeville Tolosane, Frankreich
Aristolochiasäure (AA) das Hauptalkaloid der
Aristolochia-Arten ist mutagen und carcinogen im Tierversuch. Neue Befunde deuten darauf hin, daß AA auch
beim Menschen carcinogen wirkt, denn AA wird als der
auslösende Faktor für die Krebserkrankungen in einer
belgischen Patientengruppe mit terminalem Nierenversagen (Chinesische Heilkräuter Nephropathie Patienten, CHN-Patienten) betrachtet [1]. Diese CHN-Patienten
haben alle an einer Schlankheitskur teilgenommen, die
chinesische Heilkräuter, darunter auch Aristolochia
fangchi, enthielt, und erkranken mit hoher Häufigkeit an
Harnleiter-Krebs. Allerdings besteht auch die Möglichkeit,
daß andere Bestandteile der Schlankheitskur sowie das
Schimmelpilzgift Ochratoxin A, das häufig pflanzliche
Nahrungsmittel kontaminiert und auch carcinogen wirkt,
wesentlich die Entstehung der Harnleiter-Carcinome
beeinflußen. Durch unsere Untersuchungen konnten wir
nun die Beteiligung anderer Risikofaktoren außer AA an
der Krebsentstehung in CHN-Patienten ausschließen
[2,3,4]. Die carcinogene Wirkung von AA im Tier ist verknüpft mit der Bildung von Aristolochiasäure-spezifischen
DNA-Addukten, die nach metabolischer Aktivierung von AA
in den Zielorganen der Carcinogenese mit der ³²Ppostlabeling Methode nachgewiesen werden können.
Insbesondere das von AA hauptsächlich gebildete DNAAddukt, ein Desoxyadenosin-Addukt (dA-AAI), wurde in
den Nieren und Harnleiter aller belgischen CHN-Patienten detektiert, selbst wenn die Exposition mit AA durch die
Schlankheitskur 10 Jahre zurück lag. Im Gegensatz dazu
konnten wir nur in 25% der CHN-Patienten Ochratoxin Avermittelte DNA-Addukte und zudem in deutlich geringeren Mengen als die AA-DNA-Addukte nachweisen [4].
Desweiteren zeigten ³²P-postlabeling Analysen von zwei
CHN-Fällen, die nicht aus der belgischen Gruppe stammen, eindeutig das charakteristische dA-AAI-Addukt in
der DNA aus Nieren und Harnleiter einer englischen Patientin [2] und in der DNA aus einer Nierenbiopsie von einer chinesischen Patientin [3]. In beiden Fällen war die
Einnahme von AA-enthaltenden Pflanzenbestandteilen
durch analytische Untersuchungen belegt. Diese Ergebnisse zeigen, daß die Krebserkrankungen in CHN-Patienten ursächlich mit einer Exposition mit AA verbunden
sind und verdeutlichen das carcinogene Potential des
Pflanzeninhaltsstoffes AA beim Menschen.
Untersuchungen zum Metabolismus der beiden Hauptkomponenten des Pflanzenextraktes AA,
Aristolochiasäure I (AAI) und Aristolochiasäure II (AAII), er-
DKFZ 2002: Wissenschaftlicher Ergebnisbericht 2000/2001
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Krebsrisikofaktoren und Krebsprävention
Abteilung C0300
Molekulare Toxikologie
Schema 1: Elektropherogramme zur Bestimmung von:
A) 1,N2-Propano-2'-desoxyguanidin (Hex-dGMP) in KalbsthymusDNA
B) Etheno-Adenosin (Etheno-dAMP) in einem modifizierten
Oligonukleotid
C) 8-Oxo-7,8-dihydro-2'-desoxyguanosin (8-HO-dGMP) in einem
modifizierten Oligonukleotid
für mögliche spätere Krebserkrankungen, zum Anderen
aber auch die Einflussnahme von Substanzen und Umweltfaktoren auf die DNA-Adduktbildung zu beurteilen,
was zur Prävention genutzt werden kann.
gaben, daß beide nach reduktiver Aktivierung
prämutagene DNA-Addukte bilden [5,6]. Als Säuger-Enzyme, die in der Lage sind diese Aktivierung zu katalysieren
wurden die Prostaglandin H Synthase und die
Cytochrome P450 1A1 und 1A2 identifiziert. Studien mit
spezifischen Enzym-Inhibitoren und Induktoren an humanen Leber-Mikrosomen und an Mikrosomen aus Zellen,
die einzelne humane Cytochrome exprimieren, erlaubten
es uns den humanen Cytochromen P450 1A1, 1A2 und
der NADPH:P450 Reduktase eine Beteiligung an der Aktivierung von AA zu zuschreiben. Diese Studien bilden die
Grundlage dafür am Menschen die Fähigkeit AA zu
metabolisieren zur bestimmen und erlauben eine Abschätzung der Empfindlichkeit des Einzelnen gegenüber
der krebsauslösenden Wirkung bei AA-Expositionen.
Einsatz einer kapillarelektrophoretischen
Analysenmethode zur qualitativen und
quantitativen Bestimmung von DNAAddukten
D. Stach, O.J. Schmitz, M. Wießler
Die Gruppe der genotoxischen Kanzerogene umfasst
DNA-reaktive Substanzen, die mit der Erbsubstanz DNAAddukte bilden und dadurch mutagen wirken. Die DNAAdduktbildung stellt einen sehr frühen und grundlegenden Schritt im Mehrstufenprozess der Kanzerogenese
dar. Eine Bestimmung derartiger DNA-Modifikationen eröffnet zum Einen die Möglichkeit zur Risikoabschätzung
Dieses Biomonitoring ist mit Hilfe der von uns entwickelten Methode der kapillarelektrophoretischen Analyse von
DNA mit anschließender laserinduzierter
Fluoreszenzdetektion der einzelnen Nukleotide möglich
[7]. Die hohe Selektivität sowie die hervorragende
Reproduzierbarkeit (Standardabweichung kleiner 5%)
macht eine automatisierte Anwendung mit hohem
Probendurchsatz denkbar.
Nukleotid
korr. Migrationszeit (dAMP/Nukleotid)
Desoxyadenosin (dAMP)
1.00
Desoxyguanosin (dGMP)
0.96
Desoxythymidin (dTMP)
0.93
Desoxycytosin (dCMP)
0.80
5-Me-dCMP
0.77
Etheno-dAMP
1.38
8-HO-dGMP
0.83
B[a]P-dGMP, 1. Isomer
1.28
B[a]P-dGMP, 2. Isomer
1.17
Hex-dGMP
0.74
AA-dNMP (3 Signale)
1.19
dA-AAI dA-AAII,
1.17
dG-AAI
1.11
7,12-DMBA-dNMP (4 Signale)
1.25
1.22
1.18
1.12
Apurinische Stellen
1.01
Tabelle 1: Bisher nachgewiesene Nukleotide und DNA-Addukte
mit korrigierter Migrationszeit (Erklärungen im Text).
Die in Tabelle 1 aufgeführten bislang nachgewiesenen
DNA-Addukte zeigen das breite Anwendungsspektrum
der Methode. Zum Vergleich sind die unmodifizierten
Nukleotidmonophosphate (dAMP, dGMP, dTMP, dCMP)
DKFZ 2002: Wissenschaftlicher Ergebnisbericht 2000/2001
135
Forschungsschwerpunkt C
Krebsrisikofaktoren und Krebsprävention
ebenfalls aufgeführt. Daneben konnten die GuanosinAddukte des Benzo[a]pyrens (B[a]P-dGMP, 2 Isomere),
drei Addukte der Aristolochiasäure (AA-dNMP), 4 Addukte
des 7,12-Dimethylbenzanthrazens (7,12-DMBA),
Apurinische Stellen infolge von Spaltung der Nglykosidischen Bindung zwischen Zucker und Base, 5Methyl-Cytosin (5-Me-dCMP) als wichtige
genregulatorisch wirkende modifizierte Base [Baylin, S.B.
et al. Trends in Genetics 16 (2000) 168] sowie die drei
ernährungsbedingt auftretenden Addukte EthenoAdenosin (Etheno-dAMP), 8-Hydroxy-Guanosin (8-HOdGMP) und das aus 2-Hexenal gebildete GuanosinAddukt (Hex-dGMP) bestimmt werden [8].
136
Besonderes Augenmerk gilt dabei neben der „fünften
Base“ 5-Me-dCMP den drei letztgenannten endogen gebildeten Addukten. So lassen epidemiologische Studien
den Schluss zu, dass die Ernährung mit etwa 35 % zum
Krebsrisiko beiträgt [Doll, R. et al. JNCI 66 (1981) 1197].
Das aus 2-Hexenal gebildete DNA-Addukt 1,N2-Propano2'-desoxyguanidin (Hex-dGMP), gehört zur Gruppe der
a,b-ungesättigten Carbonylverbindungen, die in verschiedenen Versuchen ein mutagenes, ein
genotoxisches oder auch ein kanzerogenes Potential
zeigten. Als Hauptaufnahmequelle von 2-Hexenal gelten
Früchte (Bananen), Gemüse (Bohnen), Fruchtsäfte und
Tee (25 ppm). Ein weiteres ernährungsbedingtes DNAAddukt ist das Etheno-Adenosin (Etheno-dAMP). Dieses
durch Lipidperoxidation im Körper entstehende DNAAddukt wurde bereits 1983 von Ames [Ames, B.N.
Science 221 (1983) 1256] zusammen mit anderen durch
oxidativen Stress hervorgerufene DNA-Schäden mit der
Tumorbildung beim Menschen in Verbindung gebracht.
Oxidative DNA-Schädigungen spielen in der
Kanzerogenese ohnehin eine bedeutende Rolle [Marnett,
L.J. Carcinogenesis 21 (2000) 361]. Der am häufigsten
untersuchte Biomarker für oxidativen Stress ist 8-Oxo-7,8dihydro-2'-desoxyguanosin (8-HO-dGMP). Wie Schema 1
zeigt, ist es nun zum ersten Mal möglich, diese drei
ernährungsbedingten Marker in einer einzigen Analyse
auf einfache Weise simultan zu bestimmen [8].
Albumin-Konjugate mit Therapeutika als
neues Konzept in der Tumortherapie
E. Frei, M. Weigand, C. Bieler,A. Breuer,
I. Kiprianová, T. Fritzsche, M. Wolf, N. Eschen,
F. Neuwirth
In Zusammenarbeit mit: Dr. H. Sinn, H.H. Schrenk FS Radiologische Diagnostik und Therapie, DKFZ; Dr. G. Hartung Onkologisches Zentrum im Klinikum Mannheim; Dr. P. Kremer Kopfklinik
Heidelberg.
Das Plasmaprotein Serumalbumin akkumuliert in Tumoren und ist deren wichtigste Quelle für Energie und Aminosäuren. Albumin wird über Endozytose aufgenommen
und in den Lysosomen abgebaut. Diese Eigenschaften
machen Albumin zu einem natürlichen Transporter für
zytotoxische Substanzen in der zielgerichteten Tumortherapie, dem “drug targeting”.
Abteilung C0300
Molekulare Toxikologie
Methotrexat (MTX) ist ein Folsäure-Antagonist und ein
sehr potentes Tumortherapeutikum, welches effektiv in
der Behandlung von Leukämien und des
Chorioncarcimos eingesetzt wird. Vor allem in soliden
Tumoren und in Rezidiven werden aber Resistenzen beobachtet, die oft auf einer verminderten Aufnahme von
MTX beruhen. Wir haben MTX im molaren Verhältnis 1:1,4
kovalent an Albumin gekoppelt (MTX-HSA) und gezeigt,
dass es sich in Tumoren anreichert.
MTX-HSA ist mittlerweile in klinischer Phase II. In der ersten Phase I Studie zeigten 3 von 17 terminal kranken
Patienten Ansprechen. Ein Patient mit einem
Pleuramesotheliom und einer mit einer NierencarcinomMetastase sind seit 7 Jahren in Remission [Hartung et
al. Clin Cancer Res 5 (1999) 753]. MTX-HSA hat im Gegensatz zu MTX eine sehr lange Plasmahalbwertszeit von
16-19 Tagen, ähnlich dem nativen Albumin und sehr moderate Nebenwirkungen [9].
Die zelluläre Aufnahme und der zelluläre Metabolismus
von MTX-HSA wurde an CCRF-CEM Zellen, einer
menschlichen T-Zellleukämielinie und an Nalm6 einer
Pre-B-Leukämie untersucht. Wir konnten zeigen, dass
MTX von beiden Zelllinien aus MTX-HSA freigesetzt wird.
In CCRF-CEM Zellen wurden nur Polyglutamate mit einer
zusätzlichen Glutaminsäure beobachtet, während in
Nalm6 Zellen auch längerkettige Polyglutamate zu analysieren waren. Diese könnten aber auch aus dem als Verunreinigung in der MTX-HSA Präparation noch vorhandene niedermolekularen MTX stammen [10]. Im Medium
von CCRF-CEM wurden beträchtliche Mengen freies MTX
nachgewiesen, welches in den Zellen von HSA abgespalten und, weil es die Bindungskapazität von
Dihydrofolatreduktase überstieg und nicht
polyglutamyliert wurde, exportiert wurde.
In einem soliden Tumor mit geringem Austausch von
Nährstoffen, könnte freigesetztes MTX von anderen Zellen mit intaktem Transporter für reduzierte Folate aufgenommen und polyglutamyliert werden und die Zellteilung
hemmen.
Die MTX Transportresistenz eines Klons von CCRF-CEM
konnte durch MTX-HSA überwunden werden, da die Aufnahme über Endozytose erfolgt. Die Aufnahme von MTXHSA über Endozytose wurde in Experimenten bewiesen,
in denen die lysosomalen Proteasen durch Methylamin
gehemmt wurden. Hier konnten nach Immunpräzipitation
und Western Blot Analysen intaktes MTX-HSA in den Zellen nachgewiesen werden, während in unbehandelten
Zellen nur schwache Signale von MTX-HSA zu sehen waren. Hier wurde das aufgenommene Albumin schnell abgebaut [11]. In Untersuchungen mit isolierten Lysosomen
konnten wir allerdings zeigen, dass die Abspaltung von
MTX aus dem Albumin kein frühes Ereignis im
lysosomalen Abbau ist, sondern, dass erst Albuminfragmente entstehen, die noch MTX enthalten. Diese Befunde erklären die vor allem in Zellen beobachtete langsame Wirksamkeit von MTX-HSA. Wir untersuchen nun,
ob die Aufnahme über Endozytose rezeptorvermittelt ab-
DKFZ 2002: Wissenschaftlicher Ergebnisbericht 2000/2001
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Molekulare Toxikologie
läuft und wenn ja, welche Albumin-bindenden Proteine zuständig sind.
In der Klinik wird MTX-HSA, genau wie MTX,
meist in Kombinationen eingesetzt werden.
Wir haben daher untersucht wie eine Kombination von Cisplatin mit MTX-HSA sich auf
die Zytotoxizität beider Substanzen auswirkt. Die Versuche wurden über
Isobologramme ausgewertet und verschiedene Inkubationsschemata gewählt, nämlich 24h Vorinkubation mit jeweils einer
Substanz, gefolgt von gleichzeitiger Inkubation mit beiden Substanzen und gleichzeitige Zugabe beider Substanzen. Ganz unerwartet war in allen Kombinationen nie eine
Addition der Wirkungen zu sehen, sondern
immer ein Antagonismus oder sogar eine
Schutzwirkung der einen Substanz auf die andere. Die
Ursache dieses starken Antagonismus ist noch nicht
klar. Gründe könnten in veränderten Aufnahmekinetiken
beider Substanzen und einem verlangsamten Abbau des
MTX-HSA liegen.
Da die Bindung von Effektoren an Albumin mit der daraus
resultierenden langen Plasmahalbwertszeit und der
zellulären Aufnahme über Endozytose ein allgemeingültiges Prinzip zu sein scheint, haben wir weitere Substanzen gekoppelt und untersuchen sie auf ihre Wirksamkeit.
So zeigte das als niedermolekulare Substanz zwar wirksame aber toxische Aminopterin als Albuminkonjugat im
Tierversuch eine noch bessere Wirksamkeit als MTXHSA [P. Kremer et al. Anti-Cancer Drugs accepted 2002].
Der Unterschied zu MTX-HSA konnte auch in Zellkultur
gezeigt werden, aber nicht so deutlich wie in vivo. Generell ist es schwierig die im Tier beobachtete gute Wirksamkeit von Albuminkonjugaten in Zellkultur zu zeigen.
Die Inkubationsbedingungen von Zellen sind trotz unserer Umstellung auf geringe Aminosäurengehalte immer
noch viel besser als in einem Tumor, so dass die Zellen
nicht von Albumin leben müssen.
Dieses Beispiel und weitere Entwicklungen mit Fluoreszenzfarbstoffen zeigen aber, dass die Albuminkopplung
tatsächlich ein “drug targeting” darstellt und, dass toxische Substanzen nach Bindung an Albumin, wegen der
geringeren systemischen Toxizität ein breites therapeutisches Fenster erhalten.
Inhibitoren der DNA-Reparatur
J. Reinhard, H.-C. Kliem, M. Wießler
In Zusammenarbeit mit: C-W. von der Lieth, W. E. Hull Zentrale
Spektroskopie, DKFZ; Uta Eichorn, Prof. Dr. Bernd Kaina, Angewandte Toxikologie, Universität Mainz
Das menschliche Genom ist zahlreichen, unerwünschten Schädigungen ausgesetzt, durch die die Unversehrtheit der Zelle gefährdet ist. Jeder Organismus hat daher
Strategien entwickelt, diese Schäden zu reparieren, um
so seinen Fortbestand zu sichern. Neben anderen ist
hier die O6-Methylguanin-DNA-Methyltransferase (MGMT),
Abbildung 1: Darstellung des Komplexes aus MGMT und Inhibitor.
Man erkennt die Glukose (oben links) die aus dem aktiven Zentrum der MGMT herausragt, während das 4-BTG direkt im aktiven
Zentrum liegt (recht vorne). Ein Spacer aus 8 C-Atomen verbindet beide Moleküle.
zu nennen. Sie ist in der Lage, Alkylierungen an den DNABausteinen Guanin (an Position O6) und Thymin (an Position O4) zu entfernen.
Bei der Therapie von Tumoren ist jedoch gerade die
Schädigung von Zellen (oder Geweben) erwünscht. Hier
soll durch Behandlung mit alkylierenden Therapeutika
gezielt die Tumorzelle getroffen werden. Der Therapieerfolg wird jedoch durch die Anwesenheit der MGMT in Frage gestellt, repariert sie doch auch die Schäden an der
DNA, die zur gezielten Vernichtung der Tumorzellen gesetzt wurden.
Diese Erkenntnisse könnten zu Kombinationstherapien
führen, bei denen zunächst die MGMT-Aktivität durch spezifische Therapeutika inhibiert wird. Hierdurch sensibilisiertes Tumorgewebe kann dann ebenfalls spezifisch
mit Alkylantien behandelt und so die Tumorzellen in den
Zelltod getrieben werden
Der “Goldstandard” für MGMT-Inhibitoren ist das O6-Benzylguanin (O6-BG). Diese Verbindung befindet sich in der
klinischen Prüfung. O6-Benzylguanin zeichnet sich jedoch
durch schlechte Wasserlöslichkeit aus und zeigt keine
Präferenz gegenüber Tumoren.
Im Rahmen unseres Targeting-Konzeptes, der Konjugation von Therapeutika mit Sacchariden, wurden neue Verbindungen synthetisiert und auf ihre Wirkung in einem
MGMT-Assay [Preuss, I et al. Cancer Detect. Prev. 20
(1996) 130] mit Zellproteinextrakten aus HeLaS3-Zellen
untersucht. Es wurde u.a gefunden, daß die Wirkung der
Saccharidkonjugate von O6-(4-Bromothienyl)guanin
(4-BTG) entscheidend von der Spacerlänge, d.h. dem Abstand zwischen Saccharid und 4-BTG, abhängt[12, 13].
Dabei inhibierten die 4-BTG-Glukoside mit Spacern aus
2, 4 oder 6 C-Atomen moderat die MGMT Aktivität bei einem IC50-Wert von ca 0,5 µM, während die
unglukosidierten Verbindungen O6-BG und 4-BTG IC50-
DKFZ 2002: Wissenschaftlicher Ergebnisbericht 2000/2001
137
Forschungsschwerpunkt C
Krebsrisikofaktoren und Krebsprävention
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Molekulare Toxikologie
Werre von 0,62 µM bzw. 0,009 µM aufweisen. Die 4-BTG
Glukoside mit Spacern aus 8, 10 oder 12 C-Atomen
inhibierten die MGMT-Aktivität hingegen deutlich stärker;
ihre IC50-Werte lagen bei ca. 0,03 µM.
[10] Weigand, M. Frei, E. Graf*, N. Wiessler, M. Comparative
analysis of methotrexate polyglutamates in lymphoblast
prepapretions from bone marrow and blood, and the contribution
of residual red blood cells. J. Cancer res Clin Oncol 126 (2000)
407-411.
Um zu verstehen, warum der Abstand zwischen Glukose
und 4-BTG diesen Einfluß auf die Wirkung hat, wurden
die Untersuchungen durch Moleküldynamiksimulationen
von MGMT:Inhibitor-Komplexen begleitet. Auf diese Weise
konnten Sturktur-Wirkungsbeziehungen gefunden werden.
[11] Weigand, M. Hartung, G. Roboz*, J. Sieger, S. Wolf, M. Sinn,
H. Schrenk, H.H. Wiessler, M. Frei, E. Mode of action of
methotrexate-albumin in a human T-cell leukemia line and activity
against an MTX-resistant clone. Anti Cancer Drug Design in
press 2002.
Verbindungen mit Spacerlängen aus 2, 4 oder 6 C-Atomen ließen sich nur schlecht in die Bindungstasche der
MGMT einpassen. Erst ab einer Länge von mindestens
8-C Atomen ist die Passgenauigkeit vom Inhibitor in die
MGMT-Bindungstasche optimal. Die molekulardynamischen Berechnungen bestätigten in beeindrukkender Weise die experimentellen Befunde der
Wirksamkeitsuntersuchungen.
[12] J. Reinhard, W. E. Hull, C.-W. von der Lieth, U. Eichhorn*, H.C. Kliem, B. Kaina*, M. Wiessler (2001) Monosaccharide-Linked
Inhibitors of O6-Methylguanine-DNA Methyltransferase (MGMT):
Synthesis, Molecular Modeling, and Structure-Activity
Relationships. J. Med. Chem. 44 (24): 4050-4061.
[13] J. Reinhard, U. Eichhorn*, M. Wiessler , B. Kaina*, (2001)
Inactivation of O6-methylguanine-DNA methyltransferase by
glucose-conjugated inhibitors. Int J Cancer 93 (3):373-379.
138
Publikationen (* = externe Koautoren)
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enzymes involved in the metabolic activation of carcinogenic
aristolochic acids: evidence for reductive activation by
cytochromes P450 1A1 and 1A2. Chem. Res. Toxicol. 14 (2001)
1128-1137.
[6] Stiborová, M.; Frei, E.; Breuer, A.; Wiessler M.; Schmeiser,
H.H.: Evidence for reductive activation of carcinogenic
aristolochic acids by prostaglandin H synthase-32P-postlabelling
analysis of DNA adduct formation. Mutation Research-Genetic
Toxicology and Environmental Mutagenesis 493 (2001) 149-160.
[7] Wörth, C.C.T.; Schmitz, O.J.; Kliem, H.-C.; Wießler, M.:
Synthesis of fluorescently labeled alkylated DNA adduct
standards and separation by capillary electrophoresis.
Electrophoresis 21 (2000) 2086-2091.
[8] Schmitz, O.J.; Wörth, C.C.T.; Stach, D.; Wießler, M.: Capillary
electrophoresis analysis of DNA adducts as biomarkers for
carcinogenesis. Angewandte Chemie International Edition 41,
No.3 (2002) 445-448
[9] Hartung, G. Heeger, S. Bertsch*, T. Frei, E., Wunder, A.
Kränzle*, M. Stehle*, G. Weigand, M. Schrenk, H.H. Sinn, H.
Queißer*, W. Adaptation and clinical evaluation of a homogenous
enzyme multiplied immunoassay technique (EMIT) for drug
monitoring of a methotrexate-albumin conjugate (MTX-HSA) in
humans. Onkologie 23 (2000) 352-357.
DKFZ 2002: Wissenschaftlicher Ergebnisbericht 2000/2001
Forschungsschwerpunkt C
Krebsrisikofaktoren und Krebsprävention
Abteilung C0500
Klinische Epidemiologie
Abteilung Klinische Epidemiologie (C0500)
Leiter: Prof. Dr. Anthony B. Miller (kommisarisch)
Wissenschaftliche Mitarbeiter
Dr. Hans-Peter Altenburg
PD Dr. Nikolaus Becker
Heike Behmann ( - 05/00) PD Dr. Jenny Chang-Claude
Irmgard Helmbold
Dr. Silke Hermann (07/00 - )
Jutta Kneisel (0,5)
Dr. Jakob Linseisen ( -12/
01)
Dr. Gerhard Lotze ( - 09/01) Christine Martinsohn (-12/
01)
Dr. Alexandra Nieters
Dr. Irene Reinisch
Dr. Hans Wiebelt
Dorothee Zoller
Doktoranden
Lars Beckmann
Ulrike Bussas ( - 03/01)
Klaus-Georg Deck ( - 09/01) Gaël Hammer ( - 06/00)
Silke Kropp
Annika Leopold (10/00 - )
Heribert Ramroth ( - 07/01) Maren Rohrbacher (11/01 - )
Sabine Rohrmann (01/99 - ) Dorothee Twardella ( - 12/
01)
Technische Mitarbeiter
Elke Bauer (0,5) ( - 03/00) Karin Becker (08/01 - )
Elvira Calabek ( - 10/00)
Evelin Deeg
Ursula Eilber
Erika Fisch
Petra Galmbacher
Ulla Gromer (0,75)
Volker Herrmann (0,5) ( - 12/01)
Martina Keith (0,5) (04/01 - ) Ina Kögel
Waltraud Kröner (0,75)
Ilona Krüger-Friedemann (0,5) (05/01 - )
Yvonne Küster (0,5)
Martha Menz ( - 09/00)
Dorothea Niehoff (beurlaubt bis 31.12.01)
Karin Pfleger (09/01 - )
Jutta Schmitt
Kati Smit
Margot Villhauer-Lehr
Sonstige Mitarbeiter
Züleha Aytis (02/01 - )
Severin ElAlamy
Markus Obreiter (08/01 - )
Julia Schliwka (06/01 - )
Stefanie Brems (06/00-03/01)
Hendrik Hoyer (8/00-5/01; Zivi)
Jochen Rudolph (08/01-; Zivi)
Zorica Stupar (11/00 - )
Sekretariat
Petra Rössler
Heike Weis (0,75)
Gegenstand der Abteilung Klinische Epidemiologie sind
die Identifizierung von Faktoren, die zur Entstehung von
Krebs führen, und gegebenenfalls die Quantifizierung
der mit einer Exposition verbundenen Risiken. Ein weiterer Schwerpunkt der Forschung sind die Untersuchung
von Möglichkeiten zur Vorbeugung und Früherkennung
von Krebserkrankungen sowie die Evaluation der Effektivität bereits implementierter Maßnahmen. Neu in das
Forschungsprogramm aufgenommen ist der Bereich der
Prüfung der Effektivität neuer Diagnose- und
Behandlungsverfahren. Schließlich gehört zu den Aufgaben der Abteilung auch die Verbreitung von Informationen über wirksame Maßnahmen zur Krebsprävention.
Krebsprävention (C0501)
N. Becker; Z. Aytis; S. Brems; E. Deeg, H. Hoyer,
I. Krüger-Friedemann; A. Nieters, J. Rudolph;
H. Wiebelt
Kooperationen: BIPS, Bremen (Dr. Wolfgang Ahrens, Dr. Klaus
Giersiepen, Prof. Dr. Eberhard Greiser); IARC Lyon, Frankreich
(Dr. Paolo Boffetta, Dr. Paul Brennan, Dr. Elio Riboli, Dr. Rengsawami Sankaranarayanan); Süddeutsche Metall BG Mainz; Universität Heidelberg (Prof. Dr. med. Stefan Meuer); Universität
München, München (Dr. Leonhard Knorr-Held, Prof. Dr. Ludwig
Fahrmeier); Universität Bielefeld (Prof. Dr. Maria Blettner); Universität Würzburg (Prof. H.K. Müller-Hermelink); Zentralinstitut für
die Kassenärztliche Versorgung in der BRD; Krankenhäuser in
den Studienregionen
Modellprojekt Mammograpie Screening
Wiesbaden
Epidemiologische Studien belegen, daß Mammographie-Screening bei 50 - 70jährigen Frauen die
Brustkrebsmortalität um bis zu 30% senken kann. Voraussetzung ist die Einhaltung bestimmter, auf der Grundlage dieser Studien quantifizierbarer hoher Qualitätsstandards. Ziel des Vorhabens ist es, die erforderlichen Erfahrungen und Erkenntnisse für die Durchführung eines
bevölkerungsbezogenen, qualitätsgesicherten Mammographie Screenings zu sammeln und wissenschaftlich zu
evaluieren im Hinblick auf eine flächendeckende Einführung in ganz Deutschland. Das von dieser Arbeitsgruppe
mit initiierte Modellprojekt wird in der Region Wiesbaden/
Rheingau-Taunus-Kreis in Zusammenarbeit mit den örtlichen niedergelassenen Ärzten und der Planungsstelle
Mammographie-Screening durchgeführt. [2, 49, 62]
Lungenkrebs-Screening
Von den etwa 40 000 - 45 000 in jedem Jahr neu
diagnostizierten Erkrankungsfällen an Lungenkrebs sterben 85 - 90% an der Krankheit. Mit 35 000 - 40 000 Todesfällen in jedem Jahr ist Lungenkrebs damit nach wie
vor die häufigste Krebstodesursache in Deutschland.
Theoretisch könnte eine frühzeitige Erkennung der Tumoren die Überlebenschancen nachhaltig verbessern,
doch verliefen in der Vergangenheit Prüfungen von eventuellen Früherkennungsverfahren stets enttäuschend.
Neueste Ergebnisse deuten nun allerdings darauf hin,
daß spezielle Verfahren der Computertomographie möglicherweise frühe Stadien der Lungenkrebsentwicklung
entdecken und zur Senkung der Sterblichkeit beitragen
können. In Zusammenarbeit mit Radiologen des DKFZ
und der Universität Münster wird derzeit eine
randomisierte Studie zur Überprüfung dieses neuen Verfahrens vorbereitet. Das Vorhaben wird eingebettet sein
in eine breite internationale Zusammenarbeit unter Einschluß europäischer und nordamerikanischer Gruppen.
Kolorektales Screening
Mit etwa 30 000 Todesfällen im Jahr ist Darmkrebs die
zweithäufigste Krebstodesursache und etwa 50 000
Neuerkrankungsfällen im Jahr der häufigste inzidente
Krebs in Deutschland. In den letzten Jahren veröffentlich-
DKFZ 2002: Wissenschaftlicher Ergebnisbericht 2000/2001
139
Forschungsschwerpunkt C
Krebsrisikofaktoren und Krebsprävention
te Ergebnisse randomisierter Studien haben gezeigt, daß
mit einer bevölkerungsweiten Anwendung des Test auf
okkultes Blut im Stuhl (FOBT) eine etwa 20%ige Senkung
der Sterblichkeit erreicht werden kann. Eine
bevölkerungsweite Einführung dieses Tests wird daher
empfohlen. Eine weitaus stärkere Senkung der Krebssterblichkeit wäre allerdings von einer breiten Anwendung der vollständigen Koloskopie zu erwarten. Derzeit
wird ein Studienprotokoll für eine randomisierte prospektive Studie ausgearbeitet, das die Realisierbarkeit der
theoretisch zu erwartenden Sterblichkeitssenkung von 50
- 80% in der Praxis überprüfen soll.
Gebärmutterhalskrebs-Screening
140
Gebärmutterhalskrebs ist weltweit eine der häufigsten
Krebsarten (etwa 400 000 Neuerkrankungsfälle jährlich,
10 % aller Krebsfälle bei Frauen). Aufgrund einer wirksamen Früherkennung ist in Deutschland diese Krebsart
mit etwa 7000 Neuerkrankungsfällen jährlich (4 %) weitaus seltener. Gleichwohl besteht nach wie vor Unsicherheit hinsichtlich der Screeninghäufigkeit und geeigneter
Kriterien für eventuell erforderliche chirurgische Eingriffe.
Viele der bei der Früherkennung entdeckten Läsionen
hängen mit Infektionen mit Papillomviren (HPV) zusammen, die vorübergehend sind, so daß sich die Veränderungen von selbst wieder zurückbilden. Allerdings
entwickelt sich ein kleiner Teil dieser Veränderungen zu
Gebärmutterhalskrebs weiter. Da die HPV-Infektion notwendige Voraussetzung für die Entstehung dieser
Krebsart ist, versucht man neuerdings, durch einen spezifischen Test auf Papillomviren die Bekämpfung des
Gebärmutterhalskrebses effizienter zu machen. Allerdings kann dieser Test nicht zwischen vorübergehenden
und persistenten Infektionen unterscheiden. Nur letztere
entwickeln sich zu Krebs. Das Risiko unnötiger chirurgischer Eingriffe nimmt durch diesen Test daher eher noch
zu. Ein im DKFZ entwickelter neuartiger Test (CINtecTM)
ist in der Lage, spezifisch persistente, d.h. mit hohem Risiko zu Gebärmutterhalskrebs führende Veränderungen
zu identifizieren. Gegenwärtig wird eine randomisierte
epidemiologische Studie vorbereitet, mit der dessen Eignung für einen Einsatz beim Screening überprüft wird.
Fall-Kontrollstudie zur Ätiologie von Lymphomen
Lymphome gehören zu den wenigen Krebsarten, für die
Inzidenz und Sterblichkeit in Deutschland weiterhin ansteigen. Im internationalen Schrifttum veröffentlichte Studien deuten daraufhin, daß das Antwortverhalten des
Immunsystems sowie infektiöse Erreger an der Ätiologie
von Lymphomen beteiligt sind. Diese beiden Bereiche
sollen Schwerpunkte einer Fall-Kontrollstudie sein, die
im Jahr 1999 begonnen wurde. Weitere zu berücksichtigende Faktoren werden die Exposition gegenüber Pestiziden sowie berufliche Expositionen, beispielsweise gegenüber chemischen Agentien oder Asbest sein.
Ein weiterer Hintergrund der Studie ist die Tatsache, daß
in den letzten Jahren eine moderne molekularbiologisch
begründete Diagnostik und Klassifikation entwickelt wurde, die sich nun auch international durchgesetzt hat. Auf
dieser Grundlage durchgeführte epidemiologische Un-
Abteilung C0500
Klinische Epidemiologie
tersuchungen lassen erwarten, daß Zusammenhänge
zwischen spezifischen Expositionen und spezifischen
Entitäten von Lymphomen eher gefunden werden können.
Die Studie wird in sechs Regionen Deutschlands
durchgeführt (Heidelberg/Rhein-Neckar-Kreis, Ludwigshafen/Vorderpfalz, Würzburg, Bielefeld, Hamburg und
München). Die Kontrollgruppe wird im Verhältnis 1 : 1 alters- und geschlechtsgleich aus der Allgemeinbevölkerung gezogen. Im Hinblick auf die Durchführung
von Virusnachweisen und Untersuchungen zu genetischen Polymorphismen werden von Fällen und Kontrollen jeweils Blutproben genommen und eingefroren. Von
den Krebsfällen ist weiterhin angestrebt, jeweils
Lymphknotenmaterial zu asservieren, um im genetischen Material der entarteten Zellen nach viralem Material zu suchen. Die Studie ist an dem deutschen
Kompetenznetz Maligne Lymphome, dem europäischen
kooperativen Projekt EPILYMPH sowie dem internationalen Kooperationsvorhaben INTERLYMPH beteiligt.
Immunogenetische Determinanten von Allergien
Bestimmte Faktoren, die an der Entstehung von Allergien
beteiligt sind, spielen möglicherweise auch bei der
Entstehung bestimmter Krebsarten, darunter auch
Lymphome und Leukämien, eine Rolle. Darauf deuten
epidemiologische Studien hin, die teilweise ein verändertes Krebsrisiko unter Allergikern festgestellt haben. Da
sowohl Allergien als auch Lymphome einen
immunologischen Hintergrund haben, kann die Untersuchung gemeinsamer immunologischer Faktoren auch
mit der Charakterisierung immunogenetischer Voraussetzungen für die Entwicklung von Allergien begonnen
werden. In einer ersten kleineren Untersuchung wurden
die entsprechenden Testverfahren entwickelt. Diese werden nun weiter entwickelt und im Rahmen von
Kooperationsprojekten in umfangreicheren Studien eingesetzt und künftig auch zur Auswertung des Lymphomprojektes herangezogen. Publikationen: [58]
Immunogenetische Determinanten von
Gebärmutterhalskrebs
Infektion mit Human-Papillomviren (HPV) im Genitalbereich sind häufig und in aller Regel vorübergehend und
harmlos. Nur in einem sehr kleinen Teil der Fälle wird
das Virus durch die Immunabwehr nicht eliminiert und
führt zu einer persistenten Infektion. Eine persistente Infektion ist jedoch Voraussetzung für die Entstehung von
Gebärmutterhalskrebs. Mit dem vorliegenden Projekt sollen immunogenetische Determinanten identifiziert werden, die das Risiko für eine persistente Infektion erhöhen. Diese können dann eventuell bei der Früherkennung von Gebärmutterhalskrebs behilflich sein.
Analyse historischer Follow-up-Studien mit
fehlenden Todesursachen
In Brustkrebsstudien gelingt es häufiger,
Expositionsdaten bis weit in die Vergangenheit zurück
(z.T. 50er und 60er Jahre) zu erheben. Dadurch steht umfangreiches Datenmaterial im Hinblick auf (a) eine grö-
DKFZ 2002: Wissenschaftlicher Ergebnisbericht 2000/2001
Forschungsschwerpunkt C
Krebsrisikofaktoren und Krebsprävention
ßere statistische Stabilität und (b) zur Untersuchung historischer Veränderungen zur Verfügung. Allerdings bereitet es in Deutschland zunehmend Schwierigkeiten, für
die weit zurückliegenden Dekaden die Todesbescheinigungen der verstorbenen Studienteilnehmer
vollständig zu erhalten. Die teilweise fehlenden Todesbescheinigungen sind wiederum die für solche Studien
üblichen Auswertungsverfahren unbrauchbar. Im Rahmen einer methodischen Arbeit wurde daher ein statistisches Modell entwickelt, anhand diesem die Standardverfahren auf Situationen mit unvollständiger Information
über verstorbene Studienteilnehmer erweitert werden
konnten. [22]
Krebsatlas für Deutschland
In Fortschreibung des im Jahr 1997 erschienen Atlas der
Krebsmortalität in Deutschland wurden die Daten und
Grafiken zur säkularen Entwicklung der Sterblichkeit an
Krebs insgesamt und den im Atlas aufgeführten Einzellokalisationen sowie erläuternde Texte auf das Internet
übertragen. Die Daten und Graphiken werden seitdem
fortlaufend aktualisiert und ermöglichen einen raschen
Zugriff auf die jeweils aktuellsten Daten zur Krebssterblichkeit in Deutschland. Internetadresse:
www.dkfz.de, ‚Krebsatlas‘.
Prädiktion der Entwicklung der Krebssterblichkeit
in Deutschland
Eine der Kernaussagen des Krebsatlas war, daß seit Beginn der 90er Jahre für beide Geschlechter ein Rückgang
der altersstandardisierten Krebssterblichkeit zu beobachten ist. Auf der anderen Seite hat in der letzten Zeit,
z.B. im Rahmen der Diskussion über die zukünftige
Entwicklung des Alterssicherungssystems, die Alterung
der deutschen Bevölkerung die Aufmerksamkeit auf sich
gezogen. Unter dem Gesichtspunkt der zu erwartenden
Anforderungen an das Gesundheitssystem haben wir
vorläufige Abschätzungen der bis zum Jahr 2040 zu erwartenden Zahlen an Neuerkrankungsfällen bzw. Sterbefällen an Krebs vorgenommen. [62]
Abteilung C0500
Klinische Epidemiologie
Diese Schätzungen beruhten jedoch durchweg auf
amerikanischen oder britischen Mortalitätsdaten. Auf der
Grundlage der im Krebsatlas veröffentlichten
Sterblichkeitszahlen wurden solche Berechnungen nun
auch für Deutschland durchgeführt und untersucht, in
welchem Umfang sich die Situation hierzulande von den
genannten amerikanischen Schätzungen unterscheidet.
Die Ergebnisse wurden im Jahr 2001 veröffentlicht . [39].
Ernährungsepidemiologie (C0503)
A.B. Miller, J. Wahrendorf, N. Becker,
H.-P. Altenburg, H. Behmann, U. Bussas, J. Kneisel,
A. Leopold, J. Linseisen, G. Lotze, C. Martinsohn,
A. Nieters, S. Rohrmann
Kooperationen: Prof. Dr. Helmut Bartsch, DKFZ; Dr. Heiner Boeing, DIfE, Potsdam-Rehbrücke; Dr. Elio Riboli, International Agency
for Research on Cancer, Lyon, Frankreich; Prof. Dr. A.
Trichopoulu, Athens School of Public Health, Athen, Griechenland; Dr. Domenico Palli CSPO, Florenz, Italien; Dr. Anne
Tjønneland Danish Cancer Society, Kopenhagen, Dänemark; Dr.
Paolo Vineis, Department of Cancer Epidemiology, Turin, Italien;
Dr. Francoise Clavel, INSERM U. 287, IGR, Villejuif, Frankreich;
Dr. Franco Berrino Instituto Nazionale dei Tumori, Mailand, Italien;
Dr. Carlos Gonzáles ICO, Barcelona, Spanien; Dr. Gunnar Berglund Malmö Diet & Cancer Study, Schweden; Dr. Nick Day MRC
Biostatistics Unit, Cambridge, UK; Dr. Rosario Tumino Registro dei
Tumori, Ragusa, Italien RIVM; Dr. Bas Bueno de Mesquita,
Bilthoven, Niederlande; Dr. Kim Overvad University of Aahrus,
Dänemark; Dr. Timothy J. Key University of Oxford, UK; Dr.
Göran Hallmans University of Umea, Dept. of Epidemiology,
Schweden; Dr. Petra Peeters University of Utrecht, Niederlande;
Dr. Rashmi Sinha National Cancer Institute, Bethesda, USA; Dr.
Gunnar Steineck, Karolinska Institute, Stockholm, Schweden, Dr.
Eiliv Lund, University of Tromsø, Norwegen
Förderung: Deutsche Krebshilfe (seit Mai 2000); Europäische
Kommission (seit 1994)
Schätzung der vermeidbaren Krebstodesfälle in
Deutschland
Die Vermutung, dass die Ernährung ein wichtiger Faktor
für die Entstehung von Krebs darstellt, existiert seit langem. Doll and Peto (1981) rechneten etwa 35% der Todesfälle an Krebs einer ungünstigen Ernährung zu. Die
grundsätzliche Bedeutung der Ernährung bei der Entstehung von Krebs gilt als unbestritten, wobei der Einfluss
einzelner Lebensmittelgruppen, Nährstoffe und anderer
Inhaltsstoffe für die Krebsentstehung nur für wenige Zusammenhänge so überzeugend bewiesen ist, dass daraus öffentliche Ernährungsempfehlungen abgeleitet werden können. Vom World Cancer Research Fund (WCRF)
und dem American Institute for Cancer Research (AICR)
wurden die Ergebnisse biomedizinischer und
epidemiologischer Studien zur Erforschung des Zusammenhangs zwischen Ernährung und Krebs in einem
1997 herausgegebenen Bericht zusammengefasst. Die
vorhandenen biomedizinischen und epidemiologischen
Forschungsergebnisse wurden zusammengestellt und
hinsichtlich der Zusammenhänge zwischen Ernährung
und Krebsrisiko als überzeugend, wahrscheinlich oder
möglich bewertet.
Seit Ende der 70er Jahre wurden wiederholt Berechnungen vorgelegt, die anhand der bestimmten Risikofaktoren zuzuordnenden Krebstodesfälle das hohe Potential
für Krebspräventionsmaßnahmen nachgewiesen haben.
Als überzeugend wissenschaftlich bewiesen gelten demnach vor allem die protektive Wirkung von Gemüse und
Obst für verschiedene Krebsarten (Mundhöhle, Rachen,
Speiseröhre, Lunge, Magen). Auf der Seite der krebsför-
Anwendung Bayesianischer Modellierung auf
kartographische Darstellungen der Krebsmortalität
Die kartographischen Darstellungen des Krebsatlas
zeigten bei einigen Krebsarten deutliche regionale
Unterschiede in der Sterblichkeit, während bei anderen
Krebsarten wenige oder gar keine Unterschiede feststellbar waren. In Zusammenarbeit mit dem Institut für Statistik der Universität München wurde auf der Grundlage
von in der letzten Zeit entwickelten Modellen zur räumlichen Statistik Untersuchungen zur statistischen Sicherung solcher Befunde durchgeführt. [12]
DKFZ 2002: Wissenschaftlicher Ergebnisbericht 2000/2001
141
Forschungsschwerpunkt C
Krebsrisikofaktoren und Krebsprävention
dernden Faktoren hat Alkohol eine übergreifende Bedeutung. Dabei wirkt Alkohol in Bezug auf die Karzinome des
oberen Verdauungstraktes synergetisch mit dem Tabakrauchen, d.h. die Anwesenheit beider Faktoren verstärkt
deren Einzelwirkungen.
Das Ziel der Arbeitsgruppe ist es, zu einer weiteren Klärung des Zusammenhanges von Ernährung und Krebs
sowie anderen chronischen Erkrankungen beizutragen,
um genauere Empfehlungen für eine gesundheitsfördernde Ernährung zu ermöglichen.
Kohortenstudie „Gesundheit, Ernährung, Krebs“
als Teilstudie von EPIC (European Prospective
Investigation into Cancer and Nutrition)
142
Die Studie „Gesundheit, Ernährung, Krebs“ wird seit
1994 von der Abteilung Epidemiologie des Deutschen
Krebsforschungszentrums (DKFZ) in Heidelberg als Teil
der europäischen Langzeitstudie EPIC (European
Prospective Investigation into Cancer and Nutrition)
durchgeführt. Mittlerweile sind 10 europäische Länder
mit insgesamt annähernd 500.000 Studienteilnehmern
und -teilnehmerinnen beteiligt. In Deutschland befindet
sich neben Heidelberg auch noch ein EPIC-Zentrum am
Deutschen Institut für Ernährungsforschung (DIFE) in
Potsdam.
EPIC zielt auf eine weitere Klärung des Zusammenhangs von Ernährung und Krebs. Die Durchführung einer
prospektiven Kohortenstudie in mehreren europäischen
Ländern mit unterschiedlichen Ernährungsweisen und
deutlichen Unterschieden der Neuerkrankungsraten für
verschiedene Krebsarten erhöht zusammen mit der Anlage einer in ihrer Größe einzigartigen biologischen Datenbank das Auswertungspotential erheblich. Das Projekt
wird von der Abteilung Ernährung und Krebs der International Agency for Research on Cancer (IARC) in Lyon
koordiniert. Mit EPIC wird versucht die Beschränkungen
früherer epidemiologischer Studien hinsichtlich der Präzision und Validität traditioneller Ernährungsfragebögen
sowie der Anwendung biologischer Marker zu überwinden. In Rahmen der Befragung wurden biologische Proben gewonnen, welche auf Grund der Größe eine einzigartige biologische Datenbank bilden. Molekularbiologische Untersuchungen sind Bestandteil des wissenschaftlichen Programms.
Stand der Datenerhebung EPIC Heidelberg
Rekrutierung
Die Erstbefragung der Studienteilnehmer/-innen wurde in
Heidelberg im Oktober 1998 abgeschlossen. Außer einer
umfangreichen Erhebung der Ernährungsgewohnheiten
wurden die Teilnehmer auch zu Rauchgewohnheiten,
körperlicher Aktivität, subjektivem Befinden, Krankheitsgeschichte und Medikamenteneinnahme befragt. Begleitet wurde die Befragung von Blutentnahmen, Blutdruckund Körpermessungen.
Insgesamt haben 25.544 Personen aus Heidelberg und
Umlandgemeinden an der Ersterhebung teilgenommen.
Davon sind 53% Frauen und 47% Männer; 57% der Teilnehmer kommen aus dem Stadtbereich und 43% aus
Abteilung C0500
Klinische Epidemiologie
den Umlandgemeinden Heidelbergs. Von 24.466 Teilnehmern (95,7%) konnten Blutproben gewonnen werden, die in flüssigem Stickstoff gelagert werden.
Nachbeobachtung
Die Auswertung der EPIC-Studie beruht vor allem auf der
möglichst lückenlosen Erfassung der Krebsneuerkrankungen und der Sterbefälle mit den jeweiligen Todesursachen. Deshalb kommt der Nachbeobachtung der gesamten Studienbevölkerung eine entscheidende Bedeutung zu.
Die erste Nachbefragungsrunde hat in Heidelberg Anfang 1998 begonnen und wurde Anfang 2000 abgeschlossen. Es konnte eine Teilnahmerate von 93,5% erreicht werden. Die zweite Nachbefragungsrunde, bei der
auch wieder die Ernährungsgewohnheiten erfragt werden, wurde Anfang 2001 begonnen und wird voraussichtlich 2003 abgeschlossen sein. Außer zu ihrer Ernährung
werden die Studienteilnehmer zu Krankheitsgeschichte,
Teilnahme an Krebsvorsorgeuntersuchungen, Rauchverhalten, körperlicher Aktivität, Einnahme von Medikamenten, Hormonpräparaten und Nahrungsergänzungsstoffen befragt.
Verifizierung
Alle Selbstangaben der Studienteilnehmer/-innen zu
Krebsneuerkrankungen werden durch den Vergleich mit
pathologischen Befunden oder Arztberichten überprüft
und gemäß des von der Weltgesundheitsorganisation
(WHO) vorgegebenen internationalen Schlüssels zur
Klassifikation der Krankheiten (ICD-O2) kodiert.
Um in fernerer Zukunft auch Informationen zu Krebsneuerkrankungen über das im Aufbau befindliche Krebsregister Baden-Württemberg zu bekommen, wurde ein Verfahren entwickelt, das in anonymisierter Form einen routinemäßigen Abgleich der EPIC-Daten mit den Daten des
Krebsregisters erlaubt. Gleichzeitig melden wir alle von
uns innerhalb der Heidelberger Studienbevölkerung erfassten Krebsfälle an das Krebsregister und leisten auf
diese Weise einen Beitrag zur Vervollständigung der Datenbasis des Krebsregisters. Dieser Datenaustausch
wird kontinuierlich durchgeführt.
Auswertung
Abschätzungen des Krebsrisikos für verschiedene Expositionsfaktoren werden dann möglich sein, wenn eine
ausreichende Zahl von Neuerkrankungen für die
entsprechende Krebslokalisation erfaßt wurde. Dies wird
in Zusammenarbeit mit dem DIFE (Deutsches Institut für
Ernährungsforschung) in Potsdam für Deutschland etwa
im Jahr 2004 möglich sein. Hingegen haben Auswertungen auf europäischer Ebene für die zusammengefaßten
Daten der an EPIC beteiligten Länder für die häufigen
Krebserkrankungen (Brustkrebs, Lungenkrebs,
Dickdarmkrebs, Prostatakrebs) bereits begonnen.
EPIC Heidelberg hat die Leitung der EPIC-Arbeitsgruppe
Lungenkarzinom zur Quantifizierung der Erkrankungsrisiken für Ernährungs- und andere Lebensstilfaktoren. Für
einige Tumorentitäten (Magenkrebs, Lungenkrebs) wur-
DKFZ 2002: Wissenschaftlicher Ergebnisbericht 2000/2001
Forschungsschwerpunkt C
Krebsrisikofaktoren und Krebsprävention
den in Kooperationen auf europäischer Ebene weitere
vertiefende Projekte initiiert.
Des weiteren wurden die Verzehrsmengen einzelner Lebensmittelgruppen sowie deren Zubereitungsmethoden
zwischen den teilnehmenden Studienregionen verglichen. Wissenschaftler der Heidelberger EPIC-Gruppe
haben bei der Auswertung folgender Ernährungsmuster
auf europäischer Ebene mitgewirkt: „Zufuhr von Ölen und
Fetten“, „Fleischzufuhr“, „ Zufuhr von Fleisch und Fleischprodukten klassifiziert nach ätiologischen Hypothesen
der Krebsentstehung“, „Zubereitungsmethoden von
Fisch und Fleisch“.
Deskriptive Analysen der deutschen EPIC-Kohorte hinsichtlich der Rekrutierung wurden zusammen mit EPICPotsdam publiziert. Diese vergleichenden Untersuchungen beziehen sich auf Lebensmittelgruppen, Nährstoffe
und Rauchgewohnheiten. [64]
Als Teilprojekt von EPIC Heidelberg wurden Untersuchungen zur Bedeutung von Zubereitungsmethoden, wie
Braten und Grillen, für die Krebsentstehung durchgeführt.
Basierend auf diesen Ergebnissen wurde der
Ernährungsfragebogen der zweiten Nachbefragung um
einen Fragekomplex bezüglich der Nahrungsmittelzubereitung ergänzt. Das Ziel ist es, die alimentäre Aufnahme der durch die Zubereitung entstehenden
heterozyklischen aromatischen Amine (HAA) bestimmen
zu können. [71]
Die Bestimmung von Biomarkern der Nahrungsmittelaufnahme in den Blutproben stellt eine Auswertungsebene
dar. Die fraktionierten Blutproben umfassen auch DNAMaterial, um molekulargenetische Untersuchungen
durchzuführen. Gen-Umwelt-Interaktionen werden zur
Beschreibung von Risikogruppen untersucht. Zur Exploration des Zusammenhangs zwischen Ernährung und
Krebs wurden folgende Untersuchungen durchgeführt:
„Bedeutung von Cholesterol und
Cholesteroloxidationprodukten für die Entstehung von
Lungenkrebsrisiko“, „Lipidoxidation und Brustkrebsrisiko“. Des weiteren wurden Untersuchungen
zur„Risikoabschätzung genetischer Varianz in Kombination mit Ernährungsfaktoren für das Auftreten von Adipositas“ und ,,Assoziationen zwischen Genpolymorphismen der Immunreaktion und Heuschnupfen“ durchgeführt. [46,47]
Im Zusammenarbeit mit dem koordinierenden Zentrum
des IARC in Lyon wird an der Entwicklung einer standardisierten europäischen Lebensmitteltabelle gearbeitet.
Genetische Epidemiologie (C0505)
J. Chang-Claude, L. Beckmann, R. Birr, K.-G. Deck,
U. Eilber, P. Galmbacher, U. Gromer, I. Helmbold,
S. Hermann, M. Keith, I. Kögel, S. Kropp, I. Reinisch,
K. Smit, D. Twardella
Kooperationen: Deutsches Krebsforschungszentrum, Heidelberg
(Prof. Dr. H. Bartsch, Dr. A. Risch, Dr. P Schmezer, Prof. Dr. H.
Thielmann); Institut für Tropenmedizin, Heidelberg (Prof. Dr. H.
Becher); Universitäts-Frauenklinik Heidelberg (Prof. Dr. G.
Abteilung C0500
Klinische Epidemiologie
Bastert, Prof. Dr. D. von Fournier); Pathologisches Institut, Heidelberg (Prof. Dr. H.F. Otto); Universitäts-Frauenklinik Kiel (PD Dr. M.
Kiechle); Universitäts-Frauenklinik Ulm (Prof. Dr. R. Kreienberg);
Institut für Humangenetik. Düsseldorf (Prof. Dr. Bartram, Dipl.math. C. Fischer); Imperial Cancer Research Fund, Leeds, England (Professor T. Bishop); Medical Research Council, Cambridge, England (Professor B. Ponder); Institute of Cancer
Research, Sutton, England (Professor M. Stratton); Intituto Nazionale per lo Studio e la Cura die Tumori Ort, Italien (Professor F.
Berrino); Sämtliche Kliniken der Studienregionen “Rhein-NeckarOdenwald” und “Freiburg”; Breast Cancer Linkage Consortium;
Philipps-Universität, Marburg (Dr. A. Ziegler); BIPS, Bremen (Prof.
Dr. R. Frentzel-Beyme); IARC, Lyon, Frankreich (Dr. P. Bofetta)
Genetisch-epidemiologische Studien zur
Ätiologie des prämenopausalen Brustkrebses
Das Projekt hat zum Ziel Suszeptibilitätsgene für Brustkrebs und Ovarialkrebs zu lokalisieren, die Bedeutung
und Heterogenität der disponierenden Gene zu klären
und die Gen-Umwelt Interaktion zu untersuchen. Die Studien werden von der Deutschen Krebshilfe gefördert. In
einer Familienstudie zu Brustkrebs und Eierstockkrebs
wurden Familien mit mindestens drei Brustkrebs- oder
Ovarialkrebspatientinnen innerhalb von zwei oder drei
Generationen erfaßt. Der Nachweis von Keimbahnmutationen des BRCA1-Gens in 33% der Familien mit
Brustkrebs sowie Ovarialkrebs und 17% der Brustkrebsfamilien mit mindestens 3 Fällen bestätigten eine höhere
a priori Wahrscheinlichkeit für das BRCA1-Gens in BrustOvarialkrebs-Familien. Unterschiede in pathologischen
Merkmalen von BRCA1- und BRCA2-bedingten und anderen Brusttumoren werden ermittelt. Neu erkrankte
Brustkrebspatientinnen (£ 50 Jahre) aus zwei Studienregionen, “Rhein-Neckar-Odenwald” (von 1992 bis 1995)
und “Freiburg-Breisgau-Emmendingen-Ortenau” (von
1993 bis 1995), wurden erfaßt. Zwei Gruppen von
Kontrollpersonen (Schwester Kontrolle, Bevölkerungskontrollen aus der gleichen Studienregion) wurden einbezogen. Angaben zu exogenen Faktoren wurden erhoben und biologische Proben (Blutprobe, Paraffinblöcke
von Tumorgewebe) für molekulargenetische Untersuchungen gesammelt. Die Fall-Kontroll-Analyse der
Fragenbogendaten ergab eine signifikante Risikoreduzierung mit der Dauer des Stillens, die unabhängig
vom Schutzeffekt in Verbindung mit Anzahl der Geburten
war. Ein hoher täglicher Alkoholkonsum ging mit einem
erhöhtem Brustkrebsrisiko einher. Assoziationsstudien
wurden durchgeführt, um risikomodifizierende Gene (z.B.
im Stoffwechsel von Hormonen wie Progesteron-Rezeptor-Gen und DNA Reparatur wie BRCA2) beim Brustkrebs zu identifizieren. [5,6,13,19,20,31,48,51,67]
Förderung: Deutsche Krebshilfe e.V. (1993-1997)
Genetisch-epidemiologische Studien zur
Ätiologie des Ovarialkrebses
Neu erkrankte Ovarialkrebspatientinnen (£ 75 Jahre) aus
zwei Studienregionen, “Rhein-Neckar-Odenwald” und
“Freiburg-Breisgau-Emmendingen-Ortenau” (von 1993
bis 1995), wurden erfaßt. Bevölkerungskontrollen aus
der gleichen Studienregion wurden einbezogen. Angaben
zu exogenen Faktoren wurden erhoben und biologische
Proben (Blutprobe, Paraffinblöcke von Tumorgewebe) für
molekulargenetische Untersuchungen gesammelt. Die
DKFZ 2002: Wissenschaftlicher Ergebnisbericht 2000/2001
143
Forschungsschwerpunkt C
Krebsrisikofaktoren und Krebsprävention
Fall-Kontroll-Analyse der Fragenbogendaten ergab eine
eindeutige protektive Wirkung der Einnahme von oralen
Kontrazeptiva. Der Schutzeffekt war auch für niedrig dosierte Präparate vorhanden. BRCA1 und BRCA2 wird bei
Patientinnen unter 45 Jahren untersucht. [63]
Förderung: BMBF „Klinisch-Biomedizinische Forschung“ Programm (1994-1997)
Abteilung C0500
Klinische Epidemiologie
der von der Abteilung “Wechselwirkungen von Carcinogenen mit biologischen Makromolekülen” entwickelt wird,
sich zur Vorbestimmung der klinischen Strahlenempfindlichkeit der Brustkrebspatientinnen eignet. Eine weitere
Validierungsstudie bei Patienten der Thorotrast-Studie
der Abteilung “Onkologische Diagnostik und Therapie” ist
geplant.
Förderung: Bundesamt für Strahlenschutz (1997-2000)
Datenmanagement und genetisch-epidemiologische Forschung im Förderungsprogramm der
Deutschen Krebshilfe e.V. zum familiären
Brustkrebs
144
Ziel dieses Projekt ist es, eine zentrale Arbeitsgruppe für
Datenmanagement und genetische Epidemiologie zur
Schaffung eines Datenbanksystems für 11 Zentren
“Familiärer Brustkrebs” einzurichten. Das Projekt wird
durch die Deutsche Krebshilfe gefördert. Diese Datenbank soll alle Datensätze, die von den Arbeitsgruppen
Klinik, Molekulargenetik und Psychologie der 11 Zentren
geliefert werden, zusammenfassen und dient neuen Erkenntnissen für die Information, Diagnostik, Beratung
und Betreuung Betroffener und ihrer Angehörigen aus
Hochrisiko-Familien und der Umsetzung der Erkenntnisse aus der Forschung. [8]
Förderung: Deutsche Krebshilfe e.V. (1998-2000)
Genetische Disposition als Risikomarker für
Brustkrebs bei Schadstoffbelastung durch Aktivund Passivrauchen
Für verschiedene Genotypen können Umweltfaktoren verschiedene Auswirkungen haben. Die Wechselwirkung
der genetischen Polymorphismen in 4 möglichen relevanten Fremdstoffwechselenzymen, N-Acetyltransferase
1 und 2 (NAT1, NAT2), Glutathiontransferase T1 (GSTT1)
und Cytochrom-P450-Monooxygenerase 2A6 (CYP2A6)
auf das Brustkrebsrisiko in Bezug auf das Aktiv- und
Passivrauchen werden untersucht. Von Teilnehmerinnen
der vorangegangenen Fall-Kontroll-Studie zum Brustkrebs werden zusätzlich detailliertere Angaben zur
Schadstoffbelastung durch Aktiv- und Passivrauchen erhoben. Die molekulargenetischen Untersuchungen werden in Zusammenarbeit mit der Abteilung “Toxikologie
und Krebsrisikofaktoren” durchgeführt. Verglichen mit weder aktiv noch passiv exponierten Frauen, ergab sich ein
um 31% erhöhtes Brustkrebsrisiko für Aktivrauchende.
Bei den Nichtraucherinnen war das Passivrauchen mit
einer eindeutigen Risikoerhöhung um 50% verbunden.
Förderung: Deutsche Krebshilfe e.V. (1998-2001)
Die Bedeutung der individuellen Strahlenempfindlichkeit für die Abschätzung des individuellen Strahlenrisikos beruflich strahlenexponierter
Personen unter gegebenen Expositionsumständen
Ziel dieser Studie ist, die Prävalenz von Strahlenempfindlichkeit abzuschätzen und Risikofaktoren für Strahlenempfindlichkeit zu identifizieren. Für die klinische Definition
von Strahlenempfindlichkeit werden die durch die Strahlentherapie hervorgerufenen akuten Nebenwirkungen bei
Brustkrebspatientinnen in der Abteilung Radiologie der
Universitäts-Frauenklinik Heidelberg herangezogen. Es
wird überprüft, ob ein neu zu etablierender in vitro Assay,
Genetik von komplexen Krankheiten: Genetische
Kartierung von Brustkrebsgenen und DarmkrebsSuszeptiblilitätsgenen durch „haplotype sharing
analysis“ in Isolatpopulationen
Die bisher identifizierten Krankheitsgene (BRCA-Gene,
HNPCC-Gene), die zu einem stark erhöhten Risiko für
das Mammakarzinom und das kolorektale Karzinom
disponieren, können das gehäufte Auftreten nur in 30%
bis 60% der entsprechenden Familien erklären. Zur Genkartierung weiterer zum Brustkrebs und Kolonkrebs disponierender Gene nehmen wir die „haplotype-sharing“
Methode in einer Isolatpopulation als eine aussichtsreiche Alternative zu den traditionellen Ansätzen. Als geeignete Isolatpopulation wurde die sorbische Population der
Oberlausitz ausgewählt, die ethnisch, konfessionell, geographisch, demographisch und historisch einzigartig dokumentiert ist. In Rahmen des von dem HGF-Strategie
Fonds geförderten Projektes sollen jeweils ca. 150 “trios”
von Brustkrebspatientinnen und Darmkrebspatienten
aus der Bevölkerung der Oberlausitz rekrutiert und für ein
Genom-Scan einbezogen werden.
Förderung: HGF Strategie Fonds (1999-2002)
Genetik komplexer Krankheiten: Statistische
Methoden der “haplotype sharing analysis”
Ziel dieses Projektes ist die Entwicklung und Anwendung
einer effizienten „haplotype sharing“ Methode HSA, einer
neuen Methode zur statistischen Auswertung einer genomweiten Analyse in der Untersuchung einer komplexen Krankheit. Die nichtparametrische HSA Methode beruht auf dem Prinzip des „Identity by descent“. In einer
geeigneten Isolatpopulation erwarten wir, daß ein Teil der
Patienten von einem oder wenigen mutationstragenden
Vorfahren ( foundern ) abstammen. Die Patienten haben
die Mutation von einem founder und teilen sich ein Chromosomensegment um die Mutation. An dieser Stelle sind
sie also „identical by descent“. Während übliche
kopplungsanalytische Verfahren die Beziehungen zwischen einzelnen Markern und einem Mutationslocus betrachten, benutzt HSA die Informationen ganzer
Chromosomensegmente. Vorteile von HSA ist einmal die
geringere Anzahl an Patienten sowie die geringere Anzahl
an benötigten Markern.
Es sollen die theoretischen Eigenschaften der HSA anhand genetischer und populationsdynamischer Grundlagen für verschiedene genetische Modelle erarbeitet werden. Weitere Arbeitsfelder sind die Entwicklung von Tools
DKFZ 2002: Wissenschaftlicher Ergebnisbericht 2000/2001
Forschungsschwerpunkt C
Krebsrisikofaktoren und Krebsprävention
Abteilung C0500
Klinische Epidemiologie
für Simulationen, Haplotypisierungen und die Berücksichti-gung von fehlenden Daten. Anhand von empirischen Daten aus verschiedenen Studien werden die Eigenschaften der HSA untersucht und validiert. Die Methode wird zur Identifizierung von Brustkrebs- und Darmkrebs-Suszeptilitätsgenen in der sorbischen Population
in der Oberlausitz benutzt. [44]
das Lungenkrebsrisiko in Bezug auf die berufliche
Exposition gegenüber KMF unter Berücksichtigung von
Störfaktoren wie Rauchen, Alkoholkonsum und andere
berufliche Expositionen, zu ermitteln.
Expositionsbewertungen erfolgen basierend auf Angaben eines Expertpanels von Betriebsleitern und Vorarbeitern sowie auf Angaben von Hinterbliebenen. [52]
Förderung: HGF Strategie Fonds (1999-2002)
Förderung: International Agency for Research on Cancer (19961998)
The International BRCA1/2 Carrier Cohort Study
Angesichts der vermuteten Natur der BRCA1- und
BRCA2-Gene (Tumorsuppressorgene) können exogene
Risikofaktoren die Wahrscheinlichkeit einer somatischen
Mutation des verbliebenen ‘normalen’ Allels und damit
den Zeitpunkt, wann die Krankheit ausbricht, auch Penetranz genannt, beeinflussen. Tatsächlich werden in Familien mit BRCA-Mutationen auch Frauen beschrieben, die
erst im hohen Alter Brustkrebs entwickelten oder bis zum
hohen Alter gesund bleiben. Es wird Gegenstand der
Untersuchung bei Mutationsträgerinnen aus zahlreichen
europäischen Ländern und aus Kanada sein, den
Einfluss exogener Risikofaktoren weiter zu charakterisieren und die Bedeutung prophylaktischer Chirurgie für das
Erkrankungsrisiko prospektiv zu ermitteln.
Förderung: EU/ Europe Against Cancer (2000-2002).
Europäische multizentrische Studie: Assoziationen zwischen Ernährungs- und Lebensstilfaktoren und genetischer Prädisposition im Auftreten von Brustkrebs bei jungen Frauen
Diese multizentrische Studie in 7 Ländern untersucht die
Frage, ob sich bekannte Lebensstil- und Umweltfaktoren,
die als Risikofaktoren für Brustkrebs gelten, gleichermassen auf Patientinnen mit und ohne genetische Disposition auswirken. Brustkrebspatientinnen in der RheinNeckar- und Ortenau-Region sowie im gesamten
Bundesland Rheinland-Pfalz, die bei der Diagnose (zwischen 1998 und 2002) jünger als 40 Jahre alt waren, sollen für eine Teilnahme an der Studie gewonnen werden.
Daten über Ernährungsfaktoren, verschiedene Lebensstilfaktoren, Reproduktivitätsfaktoren, und hormonelle
Faktoren werden mit selbstauszufüllenden Fragebogen
gewonnen. Das Risiko einer genetischen Disposition
wird zunächst anhand der familiären Krebserkrankungen
geschätzt. Das gewählte „Case-Only“ Studiendesign ermöglicht Gen-Umwelt-Interaktionen mit größerer statistischer Power festzustellen, erlaubt jedoch keine Aussage
über die Effekte der einzelnen Risikofaktoren.
Förderung: Europäische Union Fifth Framework Programme(2001-2003).
Verlängertes Follow-up und eingebettete FallKontrollstudie in der Kohortenstudie zur
Exposition gegenüber künstlichen Mineralfasern
Im Rahmen der internationalen Kohortenstudie unter Beschäftigten in der Herstellung künstlicher Mineralfasern
(KMF) wurde eine eingebettete Fall-Kontrollstudie mit
den Lungenkrebsfällen und geeigneten
Kontrollpersonen innerhalb der Kohorte durchgeführt, um
Kohortenstudie bei Vegetariern (20 Jahre-Mortalitäts-Follow-up)
Lebensstilfaktoren von 1904 deutschen Vegetariern werden in Bezug auf ihre Mortalität seit 1978 untersucht. Regelmäßige körperliche Aktivität, die Dauer des Vegetarismus und der Vegetarier-Status (streng oder moderat)
wurden als Determinanten der Gesamt-Mortalität, der
Krebsmortalität und/oder der Mortalität an kardiovaskulären Erkrankungen gefunden. Eine gemeinsame Analyse von amerikanischen und europäischen prospektiven
Kohortenstudien ergab eine erniedrigte Mortalität von Vegetariern verglichen mit Nicht-Vegetariern vorwiegend für
ischämische Herzkrankheiten. Der Follow-up dieser Kohorte wurde bis Ende 1999 weitergeführt für weitere Analysen.
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Populationskontrollen für epidemiologische Fall-Kontroll-Studien
unter Verwendung regionaler Stichproben. Informatik, Biometrie
und Epidemiologie in Medizin und Biologie (2001) 32: 60-70.61]
DKFZ 2002: Wissenschaftlicher Ergebnisbericht 2000/2001
147
Forschungsschwerpunkt C
Krebsrisikofaktoren und Krebsprävention
Arbeitsgruppe C0600
Umweltepidemiologie
Arbeitsgruppe Umwelt-Epidemiologie (C0600)
Leiter: Prof. Dr. sc.math. Jürgen Wahrendorf
Wissenschaftliche Mitarbeiter
Iris Hettinger (0,5)
Klaus Schlaefer
Dr. Brigitte Schlehofer (0,5)
Martina Schmidt (geb. Deseyve)
Dr. Karen Steindorf (0,5)
Awi Wiesel (09/00 - 04/01) ohne Vergütung
Doktoranden/Diplomanden
Karsten Geletneky
Gael Hammer ( -06/00)
Gastwissenschaftler
Prof. Dr. Wieslaw Jedrychowski, Warschau,
Polen (03-04/00)
148
Technische Mitarbeiter
Evelyn Kludt (0,5) - 09/01
Wissenschaftliche Hilfskraft:
Martin Ritschel (06/01-05/02)
Zivildienstleistende
Martin Ritschel (08/00-05/01)
Frank Seyfried (05/01-04/02)
Sekretariat
Erika Stolte (0,5)( - 11/01)
Angelika Lampe (0,25) (12/01 - )
Die Arbeitsgruppe Umwelt-Epidemiologie hat es sich zur
Aufgabe gemacht, die Bedeutung verschiedener Umweltfaktoren, wie z. B. elektromagnetische Felder, körperliche
Aktivitäten und berufsbedingte Noxen, in Zusammenhang mit der Entstehung unterschiedlicher Krebserkrankungen zu untersuchen. Im Rahmen dieser Forschungsaufgaben sollen neben den klassischen Verfahren der
Epidemiologie (Fall-Kontroll-Studien, Kohortenstudien
usw.), in denen weitgehend mit den Methoden der Befragung durch Interviews gearbeitet wird, auch weitergehende Untersuchungen bezüglich des Zusammenhanges
zwischen diesen vermuteten Risikofaktoren und körperspezifischen Bedingungen, wie z.B. Biomarkern, “host
factors”, genetischen Prädispositionen und Co-Morbidität
durchgeführt werden. Ebenso werden der Einfluss von
anderen Umweltfaktoren wie z.B. Ernährungsbedingungen körperliche Aktivität und Rauchen analysiert [1,2,3,4,5].
Zur Bearbeitung dieser Fragen wurden verschiedene
Forschungsprojekte etabliert:
Im Mittelpunkt der inhaltlichen Forschungstätigkeiten stehen zur Zeit Untersuchungen über den Einfluss von
elektromagnetischen Feldimmissionen, die u.a. durch
die Nutzung von mobilen Kommunikationseinrichtungen
(wie z.B. „Handys“) auftreten, auf die Entstehung von
Hirntumoren. Zusätzlich soll die kontrovers diskutierte
Rolle beruflicher Risikofaktoren auf die Hirntumorentstehung geklärt werden. Ein weiterer Forschungsschwerpunkt der Arbeitsgruppe liegt auf der Untersuchung des Einflußfaktors körperliche Aktivität, der für verschiedene Krebsarten als protektiver Faktor in der
Tumorätiologie diskutiert wird. Hierbei stehen derzeit Studien zu Brustkrebs und zu Kolorektalkarzinomen im
Vordergrund. In einer virologisch-epidemiologischen Studie wird in Zusammenarbeit mit der Abt. Angewandte
Tumorvirologie des DKFZ die Bedeutung einer Infektion
mit adeno-assoziierten Viren auf den Schwangerschaftsverlauf und die Entwicklung des Embryos untersucht, da diese Viren u.a. als Vektoren im Rahmen der
Tumortherapie diskutiert werden.
In Kooperation mit der Universität Mainz werden Daten
des Mainzer Kindergeburten-Registers im Hinblick auf
angeborene Fehlbildungen und mögliche ätiologische
Faktoren untersucht. Darüber hinaus soll die Prävalenz
onkologischer Erkrankungen bei Kindern mit Fehlbildungen ermittelt werden.
Der methodische Forschungsschwerpunkt liegt auf Quantitativen Risikoabschätzungen. Deren Ziel ist es, aus den
Ergebnissen von epidemiologischen Studien konkrete
Aussagen zu dem Gefährdungspotential verschiedener
Risikofaktoren in einer bestimmten Bevölkerung abzuleiten. Derartige Untersuchungen stellen ein wichtige Basis für Entscheidungen im Öffentlichen Gesundheitswesen dar.
DKFZ 2002: Wissenschaftlicher Ergebnisbericht 2000/2001
Forschungsschwerpunkt C
Krebsrisikofaktoren und Krebsprävention
Hochfrequente elektromagnetische Felder
B. Schlehofer, K. Schlaefer, I. Hettinger, E. Kludt
,
J. Wahrendorf
In Zusammenarbeit mit: Interphone Study Group: Prof. Dr. Maria
Blettner, Dr. Gabriele Berg, Universität Bielefeld, Dr. Joachim
Schüz, Prof. Dr. Jörg Michaelis, Universität Mainz; Dr. Elisabeth
Cardis, IARC, Lyon, Frankreich; Prof. Dr. Bruce Armstrong, NSW
Cancer Council, Kings Cross, Australien; Dr. Martine Hours,
Université Claude Bernard Lyon, Frankreich; Dr. Anssi Auvinen,
University of Tampere, Finnland; Dr. Liz Findlay, NHS Scotland,
Edinburgh, UK; Dr. Christoffer Johansen, Danish Cancer Society,
Kopenhagen, Dänemark; Dr. Simon Mann, National Radiological
Protection Board, Chilton, UK; Prof. Dr. Baruch Modan, The Chaim
Sheba Medical Center, Tel-Hashomer, Israel (verstorben); Prof.
Dr. Daniel Krewski, University of Ottawa, Ottawa, Kanada; Dr.
Stefan Lönn, Karolinska Institute, Stockholm, Schweden; Dr. Toru
Takebayashi, Keio University School of Medicine, Tokyo, Japan;
Dr. Paolo Vecchia, Istituto Superiore di Sanità, Rom, Italien; Dr.
Tore Tynes, Norwegian Radiation Protection Authority, Østerås,
Norwegen, Dr. Alistair Woodward, University of Otago, Wellington, Neuseeland.
Gesundheitsschädigende Wirkungen hochfrequenter
elektromagnetischer Felder, wie sie z. B. durch die Nutzung des Mobilfunks auftreten, wurden in den letzten Jahren, nicht zuletzt aufgrund der uneinheitlichen Ergebnisse
vielseitiger Forschungsaktivitäten, äußerst kontrovers
diskutiert. Expositionen mit hochfrequenten elektromagnetischen Feldern sind neben dem Gebrauch durch
eine Vielzahl mobiler Kommunikationseinrichtungen (z.
B. Handys, Funk- oder schnurlose Telefone) auch durch
spezifische berufliche Tätigkeiten gegeben. Ein
Handlungsbedarf für die Erforschung dieses Feldes mit
verbesserter Methodik und auf den Ergebnissen vorangegangener Untersuchungen aufbauender Fragestellungen ergibt sich, neben der öffentlichen Besorgnis, auch
aus der starken Zunahme der Exposition. So benutzten
nach Angaben der Telekom Ende 2001 bereits 56 Millionen Bundesbürger ein Handy (ca. 65% der bundesdeutschen Bevölkerung). Studien zur validen Quantifizierung
gesundheitlicher Risiken durch Hochfrequenzstrahlung
sind somit gerade zum heutigen Zeitpunkt zwingend geboten.
Auf dieser Basis führt die International Agency for
Research on Cancer (IARC), gefördert durch das V. Rahmenprogramm der EU, seit dem Jahr 2000 eine internationale, multizentrische, populationsbezogene FallKontroll-Studie zu Tumoren des Kopf- und Halsbereiches
(Gliome, Meningeome, Akustikusneurinome und Parotistumoren) durch, an der Australien, Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Israel, Italien, Japan, Kanada,
Neuseeland, und die skandinavischen Länder beteiligt
sind. Dabei soll die Möglichkeit geprüft werden, in wie
weit gesundheitliche Risiken durch die Mobilfunknutzung
und durch sonstige Expositionen gegenüber
hochfrequenten elektromagnetischen Feldern im privaten
und beruflichen Bereich bestehen.
Die Arbeitsgruppe Umwelt-Epidemiologie des DKFZ Heidelberg (Prof. Dr. Jürgen Wahrendorf) beteiligt sich zusammen mit der Arbeitsgruppe Epidemiologie und Medizinische Statistik der Universität Bielefeld (Prof. Dr. Maria
Blettner) und dem Institut für Medizinische Statistik und
Arbeitsgruppe C0600
Umweltepidemiologie
Dokumentation der Universität Mainz (Prof. Dr. Jörg Michaelis) als gemeinsame deutsche Studiengruppe an
diesem Projekt (Kurztitel in Heidelberg: Studie zu Umwelt
und Gesundheit 2000/2001). Eine Auswertung der
gepoolten Studiendaten sowohl für Deutschland als auch
im Rahmen eines internationalen multizentrischen
Studiendesigns ist nötig, da aufgrund der Seltenheit der
zu untersuchenden Tumoren und der noch nicht sehr
lange bestehenden Nutzung mobiler Telefone, insbesondere in der deutschen Bevölkerung, nur bei großer Fallzahl mit aussagekräftigen Ergebnissen zu rechnen ist
[6,7].
Ziel ist es, für den deutschen Anteil der Fall-Kontroll-Studie in den drei Studienregionen Heidelberg, Bielefeld und
Mainz in einer 3-jährigen Erhebungsphase (bis Ende
2003) ca. 700 Patienten, die im Alter von 30 bis 69 Jahren
an primären Hirntumoren (Gliomen, Meningeomen,
Akustikusneurinomen) inzident erkrankt sind, aus den
jeweiligen regionalen Neurochirurgischen Kliniken zu rekrutieren. Parallel dazu wird eine doppelt so große Anzahl
von Kontrollpersonen (gematcht nach Alter und Geschlecht zu den Fällen) aus der Bevölkerung der Studienregionen (Gesamteinwohnerzahl ca. 5.5 Millionen) befragt. Das Studiendesign und das Befragungsinstrument,
ein Computer unterstütztes Interview (CAPI), ist für alle
Studienzentren der internationalen Studie einheitlich.
Schwerpunkt der Befragung ist es, durch ein direktes Interview die Telefoniergewohnheiten der Studienteilnehmer detailliert zu erfassen.
Die Vorarbeiten zu dieser Studie wurden bereits 1999
durchgeführt. Mit der Rekrutierung von Fällen und Kontrollen konnte im Oktober 2000, nach Fertigstellung der
Erhebungsinstrumente und aller Begleitunterlagen begonnen werden. Bis Ende 2001 wurden für den deutschen Studienanteil 263 Hirntumorpatienten als relevant
für die Studie identifiziert, 87% (n=228) konnten interviewt
werden, 106 davon kamen aus den neurochirurgischen
Kliniken Heidelberg und Mannheim. Von den in den deutschen Studienregionen insgesamt 729 angeschriebenen
Kontrollpersonen mussten 65 aus unterschiedlichen
Gründen (z.B. Sprachproblemen, Wohnortswechsel) ausgeschlossen werden. Von den verbliebenen 664 „relevanten“ Kontrollen wurden 341 interviewt, 23 war zu
krank, 165 Personen verweigerten die Teilnahme und
135 Personen waren noch in Bearbeitung. Im Heidelberger Studienzentrum konnte von 266 relevanten Kontrollen
116 interviewt werden, 58 Personen verweigerten und 91
Kontrollen waren in Bearbeitung.
Die Erhebungsphase der Studie wird Ende 2003 abgeschlossen werden. Mit ersten Ergebnissen ist frühestens
Anfang 2004 zu rechnen.
Parallel zur Datenerhebung wurden im Rahmen einer
Validierungsuntersuchung die Angaben zum Telefonierverhalten für die deutschen Studienzentren gemeinsam
in Bielefeld durchgeführt und 2002 abgeschlossen. Für
die Validierung der histologischen Diagnose wird anhand einer Stichprobe der Studienteilnehmer eine
Referenzpathologie in Lyon durchgeführt; die Lokalisation der Tumoren wird mit Hilfe der Dokumentation aus
bildgebenden Verfahren (MRT, CT) detailliert ermittelt.
DKFZ 2002: Wissenschaftlicher Ergebnisbericht 2000/2001
149
Forschungsschwerpunkt C
Krebsrisikofaktoren und Krebsprävention
Dieses Vorgehen soll 2002 nach Vorgaben aus Lyon
durchgeführt werden.
Berufliche Risikofaktoren für Hirntumoren
I. Hettinger, B. Schlehofer, J. Wahrendorf
In Zusammenarbeit mit: Prof. Dr. Anders Ahlbom, Institute for Environmental Medicine, Stockholm, Schweden; Prof. Dr. Annie
Arslan, International Agency for Research on Cancer (IARC),
Lyon, Frankreich; Prof. Dr. Maria Blettner, Universität Bielefeld;
Prof. Dr. Won N. Choi, Manitoba Cancer Treatment & Research
Foundation, Winnipeg, Kanada (verstorben); Prof. Dr. Graham G.
Giles, Anti Cancer Council of Victoria, Victoria, Australien; Prof.
Dr. Geoffrey Howe, Columbia University School of Public Health,
New York, USA; Prof. Dr. Julian Little, University of Aberdeen
Medical School, Aberdeen, UK; Dr. Francois Menegoz, Registre
du Cancer du Department de l’Isère, Frankreich; Prof. Dr. Susan
Preston-Martin, University of Southern California School of
Medicine, Los Angeles, USA; Dr. Philip Ryan, University of Adelaide, Adelaide, Australien.
150
Im Rahmen einer Internationalen populationsbezogenen
Studie zur Ätiologie von Hirntumoren im Erwachsenenalter wurden Daten zu verschiedenen potentiellen Risikofaktoren, aus den Bereichen Ernährung, Lebensstil (z.B.
Rauchen und Alkohol), berufliche Tätigkeit und zur medizinischen Vorgeschichte erhoben. Die Studie wurde Ende
der 80er Jahre nach gleichem Protokoll in acht Studienzentren in Australien, Kanada, Europa (Frankreich,
Deutschland, Schweden) und den USA durchgeführt. Insgesamt konnten 331 Meningiom- und 1178 Gliomfälle,
sowie 1123 Meningiom- und 1987 Gliomkontrollen
(gematcht nach Alter, Geschlecht und Region) rekrutiert
werden. Die Abteilung Epidemiologie des DKFZ hat sich
bereits mehrfach an der Auswertung des Datenmaterials
beteiligt.
Aktuell stehen die Informationen zu beruflichen Risikofaktoren im Mittelpunkt unserer Untersuchungen. Risikofaktoren für Hirntumoren werden für verschiedene berufliche
Tätigkeiten und Expositionen kontrovers diskutiert. Die
Analyse des gepoolten Datensatzes der Internationalen
Fall-Kontroll-Studie soll zur Klärung der Rolle der beruflichen Tätigkeit und damit verbundener Substanzexpositionen im Hinblick auf die Entstehung von primären Hirntumoren (Gliomen und Meningiomen) beitragen. Von allen Studienteilnehmern wurden Daten zu beruflichen Tätigkeiten über das gesamte Berufsleben erhoben und in
16 Berufsgruppen kategorisiert. Zusätzlich wurden anhand einer Liste Informationen zu spezifischen
Substanzexpositionen erhalten. Aufgrund von Informationen aus der Literatur standen à priori sechs Berufsgruppen im Mittelpunkt der Analysen: „Chemie“, „Metall“,
„Elektro“, „Bau“, „Transport“ und „Landwirtschaft“ [8].
Als Hauptresultate liegen vor: Für Gliome konnten keine
beruflichen Risikofaktoren identifiziert werden. Für Meningiome zeigten sich signifikant nahezu 2fach erhöhte Risiken in den Kategorien „Bau“ und „Transport“. Bezüglich
Substanzexpositionen weisen die beruflichen Expositionen mit Isoliermaterial, Metall- und Metallverbindungen
und mit Ölprodukten ein deutlich erhöhtes Risiko nur für
Meningiome auf. Für die Exposition mit kosmetischen
Produkten ergab sich ein signifikant dreifach erhöhtes
Arbeitsgruppe C0600
Umweltepidemiologie
Risiko für Meningiome. Geschlechtspezifische Unterschiede konnten herausgearbeitet werden; so basierte
das Ergebnis für Isoliermaterial hauptsächlich auf exponierten Männern, und das Ergebnis für kosmetische Produkte überwiegend auf exponierten Frauen.
Da ätiologische Faktoren von Hirntumoren noch immer
nicht hinreichend geklärt sind und bisher nicht alle Daten
der Internationalen Hirntumorstudie ausgewertet werden
konnten, hat sich die Arbeitsgruppe Umwelt-Epidemiologie und die AG Epidemiologie und medizinische Statistik
der Universität Bielefeld entschlossen, weitere Bereiche
der Studie zu untersuchen. So wurde in einer Zusammenarbeit mit dem französischen Studienzentrum [9] das
Risiko von Tierkontakten auf Hirntumoren untersucht.
Körperliche Aktivität und Krebs
K. Steindorf, M. Schmidt
In Zusammenarbeit mit: Prof. Dr. Wieslaw Jedrychowski, Universität Krakau, Polen; PD Dr. Jenny Chang-Claude, Silke Kropp, Abteilung Klinische Epidemiologie, DKFZ
Ein Zusammenhang zwischen körperlicher Aktivität und
der Entstehung von Tumoren wird für verschiedene
Krebsarten diskutiert, so z.B. für Darm- und Brustkrebs,
aber auch für Gebärmutter- und Prostatakrebs. Körperliche Aktivität stellt einen Faktor dar, der auf Individual- und
auf Bevölkerungsebene in seiner Häufigkeit und Intensität veränderbar ist. Daher besitzt er ein hohes Potential
für die Gesundheitserziehung und die primäre Prävention
von Tumoren.
Aus wissenschaftlicher Sicht handelt es sich bei der Größe „körperliche Aktivität“ um eine komplexe Variable. So
müssen z.B. Arbeits- und Freizeitverhalten, Verhaltensweisen in verschiedenen Lebensaltersstufen, jahreszeitliche Einflüße und Wechselwirkungen zu anderen
Lebensstilfaktoren wie z.B. der Ernährung und Beruf berücksichtigt werden. In der Literatur finden sich verschiedene Ansätze zur Erhebung und Auswertung von körperlicher Aktivität, von sehr einfachen Abfragen bis hin zu sehr
detaillierten und aufwendigen Befragungen. Ein Ziel des
laufenden Projektes ist daher die Fortentwicklung und
Validierung von standardisierten Erhebungs- und
Auswertungsmethoden für verschiedene Arten von körperlicher Aktivität. Es wurden verschiedene Kooperationen initiiert, um unsere Forschungsergebnisse in Studien zu verschiedenen Krebsformen einzubringen.
Neben diesem eher methodischen Schwerpunkt besteht
ein weiteres wichtiges Ziel dieses Projektes darin, die
Erkenntnislage für verschiedene Tumoren zu verbessern
und somit die Erstellung von konkreten Empfehlungen
für das Gesundheitsverhalten zu unterstützen. Im Rahmen einer Fall-Kontroll-Studie der Universität Krakau (Polen) zur Entstehung von Kolorektalkarzinomen wurden
180 neu an einem derartigen Tumor erkrankte Patienten
und 180 Krankenhauskontrollen untersucht. Der Schwerpunkt der Kooperation lag sowohl auf der gemeinsamen
Betrachtung von körperlicher Aktivität im Beruf und in der
Freizeit, als auch auf der ausführlichen Analyse möglicher Wechselwirkungen zu anderen Lebensstilfaktoren
DKFZ 2002: Wissenschaftlicher Ergebnisbericht 2000/2001
Forschungsschwerpunkt C
Krebsrisikofaktoren und Krebsprävention
wie z.B. der Ernährung [10,11,12,13]. Im Rahmen einer
Fall-Kontroll-Studie mit 468 Brustkrebsfällen und 1093
Kontrollen wurde in den Jahren 1999 bis 2000 eine ausführliche Erhebung der körperlichen Aktivität der Studienteilnehmerinnen vorgenommen. Aus den noch laufenden
Auswertungen werden weitere Erkenntnisse zu dem Einfluß von körperlicher Aktivität und Brustkrebs hervorgehen.
Quantitative Risikoabschätzungen und
statistische Methoden in der Epidemiologie
K. Steindorf
In Zusammenarbeit mit: Prof. Dr. Maria Blettner, Universität Bielefeld; Prof. Dr. Heiko Becher, Universität Heidelberg
Das Ziel von Quantitativen Risikoabschätzungen ist es,
die gesundheitlichen Auswirkungen einer Substanz oder
einer Lebensbedingung in einer Bevölkerung auf der Basis epidemiologischer und toxikologischer Erkenntnisse
quantitativ zu beschreiben. Derartige Bewertungen stellen eine wichtige Grundlage für Entscheidungen im Öffentlichen Gesundheitswesen dar. So war die Arbeitsgruppe an der Erarbeitung von Empfehlungen für die
deutsche Strahlenschutzkommission beteiligt. Dabei
wurden verschiedene Konzepte für die Sanierung von Innenräumen, die mit dem radioaktiven Edelgas Radon
belastet sind, bezüglich ihres gesundheitlichen Nutzens
bewertet.
Neben der Durchführung von Quantitativen
Risikoabschätzungen anhand von etablierten Verfahren
spielt die Erweiterung des Methodenspektrums eine
wichtige Rolle. Schwerpunkte liegen dabei derzeit auf der
gemeinsamen Untersuchung von Quantitativen Risikoabschätzungen und Meta-Analysen, deren Ziel es ist, die
Informationen verschiedener Quellen gemeinsam zu bewerten und auf den speziellen Problemen, die sich bei
der Betrachtung von kleinen Risiken ergeben. Auch die
Berücksichtigung von individuellen Suszeptibilitäten und
Hoch-Risikogruppen gerät zunehmend in den Vordergrund von Quantitativen Risikoabschätzungen [14]. Es ist
zu erwarten, dass das Teilgebiet der Quantitativen
Risikoabschätzungen mit der politischen Neuorganisation des Verbraucherschutzes zusätzlich an Bedeutung gewinnt.
Eine stetige Fortentwicklung der generellen statistischen
und epidemiologischen Methoden ist für die Epidemiologie unerläßlich, nicht zuletzt durch die rasanten Entwicklungen in den der Epidemiologie assoziierten Fächern
wie der Genetik und der Molekularbiologie. Wichtige
Aspekte stellen dabei die Entwicklung geeigneter
Studiendesigns und Erhebungsmethoden, die Datenerfassung und die Auswertung mit adäquaten statistischen
Methoden dar. Im Berichtszeitraum wurden von der Arbeitsgruppe zwei wissenschaftliche Workshops zu aktuellen Themen (Epidemiologische Methoden für die
Krebsfrüherkennung, Verfahren der räumlichen Statistik)
veranstaltet.
Arbeitsgruppe C0600
Umweltepidemiologie
Angeborene morphologische Defekte
K. Schlaefer, J. Wahrendorf, A. Wiesel
In Zusammenarbeit mit: PD Dr. Annette Queisser-Luft, Kinderklinik
der Universität Mainz
In der Bundesrepublik Deutschland sind angeborene
Fehlbildungen die häufigste Ursache der Kindersterblichkeit (ca. ein Viertel aller kindlichen Todesfälle). Die
Prävention angeborener Fehlbildungen ist daher eine
wesentliche Aufgabe der Pädiatrie.
Eine systematische Registrierung von angeborenen
Fehlbildungen stellt die Grundlage zur Bearbeitung wissenschaftlicher Fragestellungen und damit auch zur Ursachenforschung dar. Epidemiologische Daten und Analysen können Ansatzpunkte zur Prävention von Fehlbildungen liefern und sind daher wesentliche Grundlagen für gesundheitspolitische Maßnahmen.
Die intrauterine Entwicklung des Kindes kann durch äußere Störfaktoren (z.B. chemische und physikalische Noxen, Medikamenteneinnahme in der Schwangerschaft,
Fehlernährung, ökosoziale Faktoren, berufliche
Expositionen) beeinflusst und sehr empfindlich gestört
werden. Fehlbildungen können dann die Folge solcher
schädigenden Einflüsse sein. Aber noch immer sind in
ca. 60% der Fälle die Ursachen angeborener Fehlbildungen nicht bekannt.
Seit 1990 besteht das Mainzer Geburtenregister zur Erfassung angeborener Fehlbildungen bei Neugeborenen.
Ziele dieses Registers sind die Erfassung von
bevölkerungsbezogenen Fehlbildungshäufigkeiten, zeitlichen und regionalen Trends sowie die Ermittlung von Ansatzpunkten zur Ursachenforschung angeborener Fehlbildungen [15,16]. Dazu werden alle in Mainz geborenen
Kinder (Lebendgeborene, Totgeborene, spontane und
induzierte Aborte) nach einem standardisierten Schema
klinisch und sonographisch (Hüften und Nieren; bei spezieller Indikation Schädel und Herz) untersucht. Die Zusammenarbeit mit der AG Umwelt-Epidemiologie des
DKFZ besteht bezüglich der Auswertung der epidemiologischen Fragestellungen.
Seit 1990 wurden mehr als 38.000 Neugeborene (94,8%
aller in der Region Rheinhessen geborenen Kinder) in
die anonymisierte Auswertung einbezogen. Bisherige
spezielle Auswertungen widmeten sich u.a. den Themenbereichen: „Pränatale Diagnose von Fehlbildungen: Sensitivität pränataler Ultraschalluntersuchungen“, „Mütterliche Medikamenteneinnahme und Fehlbildungen beim
Feten“ und „Mütterliche Adipositas als Risikofaktor für
kindliche Fehlbildungen“.
Derzeitige Schwerpunkte bei den Auswertungen liegen in
der Ermittlung möglicher Risikofaktoren (z.B. reproduktionsmedizinische Methoden) für die Entstehung angeborener Fehlbildungen, in der Überprüfung der mütterlichen
perikonzeptionellen Folsäureeinahme zur Prävention von
Neuralrohrdefekten, in der Erstellung der deskriptiven 10Jahres-Auswertung und in der Prävalenz- Ermittlung
onkologischer Erkrankungen bei den Kindern mit Fehlbildungen der Mainzer Geburtenkohorte [17].
DKFZ 2002: Wissenschaftlicher Ergebnisbericht 2000/2001
151
Forschungsschwerpunkt C
Krebsrisikofaktoren und Krebsprävention
Abteilung S0109
Mechanismen der Tumorigenese
Publikationen (*= externe Autoren)
Studie zum Einfluß von Adeno-assoziierten
Viren auf die Schwangerschaft (AAVIS).
B. Schlehofer, E. Kludt, J. Wahrendorf
In Zusammenarbeit mit: Prof. Dr. Jörg Schlehofer, Angewandte
Tumorvirologie, DKFZ; Dr. Gernot K. Beisler, Ärztehaus, BadWildbad
152
Adeno-assoziierte Viren (AAV) sind helferabhängigen
Parvoviren (kleine, einzelsträngige, DNA-Viren), mit denen sich die meisten Menschen schon in der Kindheit infizieren. Sie gelten nicht als humanpathogen, sind tumorprotektiv und werden, aufgrund ihrer Eigenschaft sich unter bestimmten Bedingungen ins zelluläre Genom integrieren zu können, als mögliche Vektoren in der Gentherapie diskutiert. In Tierexperimenten und einigen
virologischen Studien zeigte sich jedoch ein Zusammenhang zwischen AAV und perinatalen Komplikationen. Im
Rahmen einer prospektiven Studie wird untersucht, wie
sich die Antikörperprävalenz der Viren während der
Schwangerschaft und beim Neugeborenen entwickelt, ob
virale DNA im Fruchtwasser nachweisbar ist und ob Infektionen mit AAV und/oder seinen Helfern (Papillom- und
Herpes-Viren) den Verlauf der Schwangerschaft, die Entwicklung des Kindes oder den Geburtsvorgang beeinflussen.
Im Rahmen einer virologisch-epidemiologischen Kohorten-Studie wurden alle 405 schwangere Frauen, die zwischen Februar 1999 und April 2000 in einer
Schwerpunktspraxis für Amniozentese im Raum Pforzheim behandelt wurden zum Zeitpunkt der Amniozentese
(T1) in die Studie aufgenommen. Bei ihnen (n=391) wurde sowohl zu (T1) als auch direkt nach der Geburt (T2)
bei Mutter (n=270) und Kind (n=261) Serum entnommen
und auf IgG und IgM Antikörper (AK) gegen AAV mittels
ELISA getestet; zusätzlich wurde bei 396 Frauen das
Fruchtwasser auf AAV-DNA mittels PCR untersucht. Für
246 Studienteilnehmerinnen (61%) sind alle 3 Serumproben (zwei mütterliche und ein kindliches) und die
Fruchtwasserprobe vorhanden. Die Ergebnisse der Testung der Seren auf AAV-AK und der Fruchtwasseruntersuchungen auf virale DNA werden z.Zt. abgeschlossen. Parallel dazu wurden sowohl zu T1 wie auch zu T2
verschiedene, die Schwangerschaft möglicherweise beeinflussende medizinische und lebensstilbedingte Risikofaktoren per Fragebogen erhoben, ebenso relevante
Daten bezüglich früherer und des aktuellen Schwangerschaftverlaufes, der Entbindung und des Kindes. 91%
der Fragebogen (n=369) wurden sowohl von den jeweils
betreuenden Gynäkologen als auch von den
Geburtsstationen der Entbindungskliniken ausgefüllt.
Der Einfluss von AAV auf den Schwangerschaftsverlauf
und die Entwicklung des Neugeborenen wird mittels
multivariater logistischer Regression anhand der Serumbzw. Fruchtwasserergebnisse und der Fragebogenangaben ermittelt.
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characterisation of high risk groups. Journal of Epidemiology and
Biostatistics, 5, 277-283.
Forschungsschwerpunkt C
Krebsrisikofaktoren und Krebsprävention
Abteilung S0109
Mechanismen der Tumorigenese
Abteilung Genetische Veränderungen bei der Carcinogenese (C0700)
Leiterin: Dr. Monica Hollstein
Wissenschaftler:
Dr. Walter Beerheide (05/00-12/00)
Dr. Manfred Hergenhahn
Dr. Jun-Li Luo
Dr. Gisela Werle-Schneider (50 %) ( - 12/00)
1. Analyse der Genexpression in Tumoren,
Zelllinien, und primären Säugerzellen:
Implikationen für die Krebsdiagnose und chemoprevention.
M. Hergenhahn, M. Hollstein
Doktoranden:
Firouzeh Biramijamal ( - 10/00)
Boris Zielinski ( - 3/01)
Zhipei Liu (ab 10/01)
Sebastian Günkel (10/01 - )
In Zusammenarbeit mit H-J Gröne, DKFZ; M.Kenzelmann
(Abt.Schütz) DKFZ; H. Scherübl, Freie Universitat, Berlin
Technische Angestellte:
C. Kalla ( - 12/00)
Karl-Rudolf Mühlbauer
Ute Schmitt (50 %) ( - 5/01)
Annette Weninger
Die Abteilung C0700 ist erst zu Beginn des Jahres 2000
eingerichtet worden; eines der Hauptziele von C0700 ist
es, die für bestimmte Krebsarten während des Prozesses
der Carcinogenese entscheidenden Veränderungen aufzuspüren und molekularbiologisch zu charakterisieren.
Auf der Grundlage solcher Kenntnisse können dann
Massnahmen zur Frühdiagnose, zur Behandlung und
Prognose, und zur primären Prävention verbessert werden. Solche Untersuchungen zu quantitativen Beziehungen im Netzwerk der Genexpression, und zu
posttranskriptionellen und -translationalen
Kontrollmechanismen werden unser Verständnis grundlegender Prinzipien von Gewebshomöostase und
Zellwachstum und damit von Mechanismen der
Carcinogenese wesentlich erweitern. Präzise Kenntnisse
über dysregulierte Signaltransduktionswege und Kontrollmechanismen in Tumoren sind auch Voraussetzungen für die Entwicklung neuer therapeutischer
Targets und entsprechende Pharmazeutika. Ein weiteres
Ziel von C0700 sind Beiträge zur Frage, ob und in in welchem Umfang die erwähnten genetischen Veränderungen durch Exposition gegenüber exogenen
Carcinogenen, oder eher durch endogene Mechanismen,
z.B. in Fällen ererbter genetischer Tumorsuszeptibilität,
induziert werden. Zu diesem Problem arbeiten wir neue
Ansätze und Verfahren aus.
Das langfristige Ziel dieser Aktivität ist die Beschreibung
von Genexpressionsprofilen und der dazugehörigen Veränderungen auf der Proteinebene während der Entstehungsphase bestimmter Krebsarten des Menschen. Um
eine solche Analyse für eine häufig vorkommende Krebsart durchzuführen, haben wir das Transkriptom von 10
phänotypisch noch normalen Prostatageweben und 18
nicht-metastasierenden Prostatatumoren verglichen; diese Analyse wurde auf dem Affymetrix-System der Abteilung C0700 mit Affymetrix-Chips (ca. 12.600 Sequenzen)
durchgeführt, die neben der x-fachen Veränderung der
Genexpression jedes Gens auch seine absolute Genexpressionshöhe liefern. Die so gewonnenen Werte sind
eine entscheidende Voraussetzung zur Etablierung quantitativer Beziehungen im genetischen Netzwerk der Prostata. Erstmals haben wir weiterhin Expressionsprofile
von Tumorepithel- und -stromazellen in Prostatatumoren
mit Hilfe einer effizienten, von M.Kenzelmann verbesserten Amplifikationsmethode von Nanogramm-Mengen von
RNA dargestellt. Unsere Daten [1] bestätigen die Daten
anderer und erweitern sie wesentlich um die Daten aus
den Mikrodissektionen.
In experimentellen Studien mit primären Zellen und Zelllinien können wir jetzt untersuchen, wie Genexpressionsmuster durch Pharmazeutika, Tumorpromotoren wie TPA
oder bestimmte Hormone, oder durch chemopräventive
Substanzen verändert werden. Als ersten Ansatz dazu haben wir die Hemmung der Induktion von Epstein-Barr Virus durch den Tumorpromotor TPA in transgenen B-lymphoiden Zellen (Raji DR-LUC-Zellen, in Zusammenarbeit
mit Dr. A. Polack, GSF Neuherberg, hergestellt und validiert) untersucht. Die Induktion des EBV in B-Gedächtniszellen könnte eine Rolle bei der Entstehung von EBV-assoziierten Epithel und B-Zelltumoren spielen; eine wenig
toxische Substanz, die bei Menschen mit hohem EBV-Risiko (z.B. Patienten nach Organtranplantation, AIDS-Kranken) diese Induktion verhindert, könnte daher von hohem
präventivem Wert sein. Wie von uns kürzlich beschrieben
[2], ist das chemopräventive Curcumin (die gelbe Substanz im Curry) ein geeigneter Kandidat für diese Aufgabe, da sie über die Hemmung der Transkription von EBVGenen und zellulären Genen und weitere Funktione die
Virusinduktion verhindert. Wir untersuchen z.Zt. die Genexpression in Raji-DR-LUC auf Affymetrix-Chips mit dem
Ziel, erstmals zelluläre Gene, die an der EBV-Induktion
beteiligt sind, zu identifizieren.
DKFZ 2002: Wissenschaftlicher Ergebnisbericht 2000/2001
153
Forschungsschwerpunkt C
Krebsrisikofaktoren und Krebsprävention
2. Mutationsanalyse von Tumorsuppressor
Genen in Tumoren des Menschen.
F. Biramijamal, M. Hollstein
In Zusammenarbeit mit: A. Allameh, Teheran, Iran; A. Mandard,
Caen, Frankreich; H-J Gröne, DKFZ.
Obwohl über die Hälfte aller Tumoren von Patienten
Mutationen im p53-Gen aufweisen, die die Funktion des
p53-Proteins entscheidend verändert, gibt es eine
grosse Bandbreite bei der Prävalenz dieser Tumoren,
und beim p53-Mutationsspektrum in verschiedenen
Tumorklassen [3].
154
Die Fluktationen der Häufigkeit, des frühesten Auftretens
der Mutation und der Art der Basenveränderungen hängen von zahlreichen Faktoren ab, zu denen die jeweilige
Histopathologie eines Tumors und die verschiedenen
Risikofaktoren, denen die Patienten ausgesetzt waren,
gehören [4]. So sind spezifische ‘Signatur’-Mutationen
mit verschiedenen krebserzeugenden Faktoren assoziiert worden; umgekehrt könnte man bei Tumoren unbekannter Ätiologie aus spezifischen Mutationsmustern einen Rückschluss auf die verursachenden Faktoren ziehen. Es ist z.B. gut etabliert, dass Tabakgenuss und Alkoholkonsum die Hauptursachen des
Plattenepithelcarcinoms (SCC) des Ösophagus in den
U.S.A. und Europa sind [5]. Keiner dieser beiden Faktoren scheint jedoch eine wichtige Rolle bei den
entsprechenden SCCs im Iran zu spielen, der die weltweit höchste Inzidenz an diesem Tumor aufweist. In einer
kürzlich veröffentlichten Studie zeigten wir, dass die
Prävalenz von p53-Mutationen in Ösophagus-SCCs über
60 % liegt, dass das Mutationsmuster sich deutlich von
dem in anderen Teilen der Welt unterscheidet, und dass
es auf eine besondere inflammatorische Ätiologie hinweist [6].
3. Entwicklung von Mausmodellen, die
Gene des Menschen tragen, für
molekularepidemiologische Studien, wie
für die präklinische Testung von
neuartigen Pharmazeutika, die auf
Oncoproteine and mutierte
Tumorsuppressor Proteine wirken.
J.L. Luo, M. Hergenhahn, M. Hollstein
In Zusammenarbeit mit G. P. Pfeifer, Beckman Research Institute,
Duarte, California, USA; ZQ Wang, International Agency for
Research on Cancer, Lyon, Frankreich; C.C. Harris und P.
Hussain, National Cancer Institute, Bethesda, USA.
Obwohl das p53-Gen hoch konserviert durch die Evolution gegangen ist, gibt es Unterschiede in der Nukleinsäuresequenz und daher auch in der Aminosäurenkette
der DNA-Bindungsdomäne (DBD) des p53-Proteins bei
Mensch und Maus. Diese beeinflussen einerseits das
Mutationsspektrum, und andererseits die Raumstruktur
der Komplexe des p53-Proteins mit sich selbst
(Tetramer) und anderen Transkriptionsfaktoren. Wir haben daher eine Maus geplant und hergestellt, bei der mit
‘Knock-in’-Technik die für die DBD-kodierende Maus-
Abteilung C0700
Genetische Veränderungen bei der Carcinogenese
DNA-Sequenz in beiden Maus-Allelen durch die DBDs
des humanen p53-Gens ersetzt wurde [7]. Mit einer Reihe von biochemischen Untersuchungen konnten wir zeigen, dass das chimäre Maus-Mensch-Gen in völlig normaler Weise transkribiert und translatiert wird, und dass
verschiedene Funktionen des Wiltyp-Proteins in der
Hupki-Maus (human p53 knock-in, patentiert) erhalten
sind [7]. Chronische UVB-Exposition und Untersuchung
der Maushaut auf p53-Mutationen längst bevor Tumoren
entstanden, erlaubte mit hochempfindlichen Methoden
den Nachweis einer Anhäufung von Mutationen im p53Gen, die denen in Hauttumoren von sonnenexponierten
Patienten entsprachen [8]. Wir können mit diesem bisher
einzigartigen Mausstamm oder seinen Derivaten wichtige Untersuchungen zur Genese menschlicher Tumoren
durchführen. So können z.B. Substanzen präklinisch untersucht werden, die 1) die Anhäufung solcher Mutationen
verhindern (Prävention), 2) das p53-Protein vorübergehend ausschalten (um unerwünschte Nebeneffekte von
Chemo- und Radiotherapie auf gesunde Zellen eines
Patienten zu verhindern), 3) mutiertes Protein wieder ‘zurechtbiegen’ (Konformationsänderung von der mutierten
zur WT-Konformation) und damit Tumorzellen in die
Apoptose treiben sollen.
Publikationen: (* = externer Koautor)
[1] Ernst, T., Hergenhahn, M., Kenzelmann, M., *Cohen, C.,
Bonrouhi, M., Weninger, A., Klären, R., Gröne, E.F., *Wiesel, M.,
*Güdemann, C., *Keuster, J., *Schott, W, *Stähler, G., *Kretzler,
M., Hollstein, M., and Gröne, H-J.: Decrease and gain of gene
expression are equally discriminatory markers for prostate
carcinoma. A gene expression analysis on total and
microdissected prostate tissue. Am. J. Pathology. In press
[2] Hergenhahn, M., Soto, U., Weninger, A., *Polack, A., *Hsu, C.H., *Cheng, A.-L. and Rösl, F.: The chemopreventive compound
curcumin is an effective inhibitor of BZLF1 mRNA induction in
Raji-DR-LUC cells. Molecular Carcinogenesis (2002) 33:137-145.
[3] *Hainaut, P.; Hollstein, M.: p53 and human cancer: The first ten
thousand mutations. Adv. Cancer Res. vol. 76 (2000) 8 -137.
[4] Yang, Q., Wesch, H., *Mueller, K-M., Bartsch, H., *Wegener,
K., Hollstein, M.: Analysis of radon-associated squamous cell
carcinomas of the lung for a p53 gene hotspot mutation. Br. J.
Cancer 82 (2000) 763-766.
[5] *Mandard, A.M., *Hainaut, P., Hollstein, M.: Genetic steps in
the development of squamous cell carcinoma of the esophagus.
Mutation Res. 462 (2000) 335-342.
[6] Biramijamal, F., *Allameh, A., *Mirbod, P., Gröne, H-J., Koomägi,
R., and Hollstein, M.: Unusual profile and high prevalence of p53
mutations in esophageal squamous cell carcinomas from
Northern Iran. Cancer Res. (2001) 61: 3119-3123.
[7] Luo, J-L., Yang, Q., *Tong, W.M., Hergenhahn, M., *Wang, ZQ., and Hollstein, M.: Knock-in mice with a chimeric human/
murine p53 gene develop normally and show wild-type p53
responses to DNA damaging agents: a new biomedical research
tool. Oncogene (2001) 20:320-328.
[8] Luo, J-L., *Tong, W-M., *Yoon, J-H., Hergenhahn, M.,
Koomägi, R., Yang, Q., *Galendo, D., *Pfeifer, G.P., *Wang, Z-Q.,
and Hollstein, M.: UV-induced DNA damage and mutations n
Hupki (human-p53 knock-in) mice recapitulate p53 patterns in
sun-exposed human skin. Cancer Res. (2001) 61: 8158-8163.
DKFZ 2002: Wissenschaftlicher Ergebnisbericht 2000/2001
Forschungsschwerpunkt C
Krebsrisikofaktoren und Krebsprävention
Stabsstelle S0103
Krebsprävention
Stabsstelle Krebsprävention (S0103)
Leiterin: Dr. med. Martina Pötschke-Langer 06221 42-3007; FAX 06221 42-3020; e-mail: M.Poetschke-Langer@DKFZ.de
Wissenschaftliche Mitarbeiter
Dipl.-Psych. Dr. Annette Bornhäuser
Dipl.-Psych. Peter Lindinger
Projektkoordination:
Susanne Schunk
Technische Mitarbeiter mit Werkvertrag
Christa Leiber
Dr. Erna Motsch
Dagmar Metz
Roswita Petersen
Elke Treml (09/99-10/00)
Freie Mitarbeiter des Rauchertelefones vom Gesundheitsamt Mannheim, der AOK Rhein-Neckar und des Gesundheitsamtes Kreis Bergstrasse Heppenheim
Praktikanten
Nina Grunze (02/01-05/01) Marcella Munoz (06-07/01)
Markus Notheis (08-10/01) Carmen Schletterer (10/0106/02)
Auszubildende Kauffrauen für Bürokommunikation
Nicole Helker (12/99-03/00) Nina Edelmann (04-06/00)
Madeleine Marquetant (07-09/00)
Sonja Herrmann (09-12/00) Stephanie Kretz (09-12/00)
Simone Burkhard (01-03/01)
Dagmar Jarek (04/0106/01)
Sarah Koch (07/01-08/01)
Kooperationen (ausgewählt):
International: Dr. Derek Yach und Prof. Dr. Pekka Puska, World
Health Organization, Genf, Schweiz; Dr. Haik Nikogosian, World
Health Organization, Kopenhagen, Dänemark; Dr. Scott
Leischow, National Cancer Institute, USA; Mike Pertschuk,
Advocacy Institute, Washington, USA; Sibylle Fleitmann European Network for Smoking Prevention, Brüssel, Belgien; Dr.
Liisa Elovainio, Cancer Society of Finland, Helsinki, Finland;
Margaretha Haglund, International Women Against Tobacco,
Stockholm, Schweden; Patti White, Health Development Agency,
London, UK; Steve Crone, Quit, London, UK; Clive Bates, Action
Smoking or Health (ASH), London, UK; Andrew Hayes, UICC,
Brüssel - Belgien
National: PD Dr. Anil Batra, Universtitätsklinik für Psychiatrie und
Psychotherapie Tübingen; Dr. Pal Laszlo Bölcskei, Medizinische
Klinik des Klinikum Nürnberg Nord, Nürnberg; Dr. Christoph
Kröger, IFT, München; Dr. Reiner Hanewinkel, IFT Nord, Kiel; Dr.
Frank Lehmann und Dr. Justina Engelbrecht, Bundesärztekammer
Köln; Prof. Dr. Karl Mann, Lehrstuhl für Suchtforschung der
Ruprecht-Karls Universität Heidelberg und Klinik für Abhängigkeitsverhalten, Zentralinstitut für seelische Gesundheit, Mannheim; Prof. Dr. Peter Drings, Thorax Klinik, Heidelberg; Volker
Beck, Deutsche Krebsgesellschaft, Frankfurt; Prof. Dr. Friedrich
Wiebel, Ärztlicher Arbeitskreis Rauchen und Gesundheit, Eching;
Dr. Uwe Prümel-Philippsen, Bundesvereinigung für Gesundheit,
Bonn; Rolf Hüllinghorst und Dr. Raphael Gassmann, Deutsche
Hauptstelle gegen die Suchtgefahren, Hamm; Dr. Eva Kalbheim,
Deutsche Krebshilfe, Bonn; Prof. Dr. Gerhardt Simon, Deutsche
Lungenstiftung, Donaustauf; Martin Vestweber, Deutsche Herzstiftung, Frankfurt; Gisela Marsen-Storz und Peter Lang, Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, Köln
Die Stabsstelle Krebsprävention hat 2000/2001 den Arbeitsschwerpunkt Tabakprävention und Tabakkontrolle
weiter ausgebaut. Dabei wurden folgende Projekte
durchgeführt:
1. Rauchertelefon als zentrale Hotline zur
Raucherentwöhnung
Die Bereitstellung evidenzbasierter Entwöhnungsangebote für eine große Zahl von Rauchern bei möglichst
geringen Kosten erfüllt nur die telefonische Raucherberatung. In Deutschland bestehen unterschiedliche Arten der Informationsvermittlung und Beratung an Telefonen. Ein strukturiertes Beratungsprotokoll sowie Daten
zur in Anspruchnahme und Effektivität liegen lediglich
beim Rauchertelefon des DKFZ vor [1].
Das Rauchertelefon hat sich nicht nur für ratsuchende
Raucherinnen und Raucher sowie deren Angehörigen,
sondern auch für Journalisten zu einem bundesweiten
Informationsdienst entwickelt.
2. Massenmediale Nichtraucherkampagne im
2-Jahres-Rhythmus nach den internationalen Quit
and Win Konzepten
Die Stabsstelle Krebsprävention führte im Jahr 2000 die
erste Nichtraucherkampagne „Rauchfrei bis Mai - Quit
and Win 2000“ in Deutschland durch. Trotz einer kurzen
Vorbereitungsphase von nur 2 Monaten war es möglich,
25.000 Raucherinnen und Raucher zu bewegen, an der
Kampagne teilzunehmen und diese zu motivieren, dass
sie wenigstens einen Monat lang, vom 1. Mai 2000 an,
versuchen nicht zu rauchen. Der langfristige Erfolg der
Kampagne liegt in der dauerhaften Beibehaltung des
Nichtrauchens. Eine Nachbefragung 12 Monate später
ergab, dass 30% dauerhaft abstinent geworden sind und
weitere 6% sich als abstinent bezeichnen, jedoch angaben, während der vergangenen Monate zwischenzeitlich
rückfällig geworden zu sein. [2]
Die Stabsstelle Krebsprävention koordiniert auch die
zweite Nichtraucherkampagne „Rauchfrei 2002“.
Massenkampagnen dieser Art haben noch einen weiteren Effekt: Durch die Nutzung sämtlicher Medien wie
Rundfunk, Fernsehen, Internet und Print-Medien wird die
Motivation von Raucherinnen und Rauchern zum Rauchstopp gesteigert und gleichzeitig die Akzeptanz des Nichtrauchens erhöht. Dieser Medieneffekt trägt dazu bei,
dass auch stabile Raucher zunehmend erwägen, den
Rauchstopp vorzunehmen. Deshalb sind Kampagnen,
die sich an Raucher richten, von besonderer Bedeutung.
Die Praktikabilität dieser Kampagnen auch in Deutschland wurde durch die Stabsstelle demonstriert.
3. Curriculum für Gesundheitsberufe zur
Tabakabhängigkeit und Raucherentwöhnung
In Deutschland bestand bis zum Jahr 2000 das Problem
unzureichender Ausbildungs- und Fortbildungsmöglichkeiten für Gesundheitsberufe, welche auf evidenzbasierten Methoden Raucherentwöhnung durchführen
wollten. Die Stabsstelle Krebsprävention entwickelte deshalb gemeinsam mit führenden deutschen
Raucherentwöhnungsexperten ein Handbuch [3] für ein
4-stündiges Curriculum zur Tabakabhängigkeit und
Raucherentwöhnung, welches von der Bezirksärztekammer Nordbaden als Baustein für die Suchtmedizin anerkannt wurde. Das Curriculum wird im DKFZ,
aber auch im Rahmen von Fortbildungsveranstaltungen
DKFZ 2002: Wissenschaftlicher Ergebnisbericht 2000/2001
155
Forschungsschwerpunkt C
Krebsrisikofaktoren und Krebsprävention
für Ärzte, Suchttherapeuten und anderen Gesundheitsberufe durchgeführt.
156
4. Die Rauchersprechstunde - Beratungskonzept für
Gesundheitsberufe
In Zusammenarbeit mit führenden deutschen Suchtmedizinern und Therapeuten entwickelte die Stabsstelle
Krebsprävention ein Beratungskonzept, das als Einzelberatung konzipiert wurde und eine vorhandene Lücke
schließen soll zwischen Kurzberatung und intensiven
Gruppenprogrammen. Das Konzept Rauchersprechstunde ist modular aufgebaut, um den unterschiedlichen Ansprüchen und organisatorischen Rahmenbedingungen in Kliniken, Praxen, Beratungsstellen,
Gesundheitsämtern und anderen Einrichtungen gerecht
zu werden. Die Rauchersprechstunde kann von Ärzten,
Apothekern, Psychologen, Sozialarbeitern, Sozialpädagogen, Krankenschwestern und Krankenpflegern sowie
examinierten Mitarbeitern anderer Gesundheitsberufe
durchgeführt werden. Das Konzept wurde auch als
Ergänzung zum Stufenprogramm in der Arztpraxis „Frei
von Tabak“ der Bundesärztekammer und der Kassenärztlichen Vereinigung entwickelt.
Die Rauchersprechstunde bildet die Grundlage einer
Rahmenvereinbarung des BKK Bundesverbandes mit
dem Verband Deutscher Betriebs- und Werksärzte vom
10. September 2001. Dort wird festgestellt, dass das
Konzept Rauchersprechstunde für die werksärztliche
Praxis geeignet ist. Werksärzte können eine separate
Kostenpauschale erhalten, wenn sie eine Fortbildung zur
Umsetzung der Rauchersprechstunde absolviert haben
und eine darauf basierende Beratungsleistung erbringen.
Das Beratungskonzept erschien als erster Band einer
neuen Reihe des DKFZ, der „Roten Reihe - Tabakprävention und Tabakkontrolle“. Diese Publikationsreihe ergänzt
bestehende Publikationen der BZgA und der Deutschen
Hauptstelle gegen die Suchtgefahren, Einrichtungen, mit
denen die Stabsstelle Krebsprävention eng zusammenarbeitet. [4]
5. Entwurf eines nationalen Tabakkontrollprogrammes
Verhältnisorientierte Tabakkontrollmaßnahmen stellen
die Basis für eine erfolgreiche Absenkung des
Rauchverhaltens in allen Bevölkerungsgruppen, insbesondere bei Kindern und Jugendlichen dar. Hierzu gehören unter anderem drastische Tabaksteuererhöhungen,
Bekämpfung des Zigarettenschmuggels, ein umfassendes Tabakwerbeverbot, Abbau der Zigarettenautomaten,
Durchsetzung des Nichtraucherschutzes und Schaffung
rauchfreier Zonen sowie Produktregulation von Tabakwaren, umfassende Verbraucherinformation und große
Warnhinweise auf Zigarettenpackungen. Da keine dieser
Maßnahmen bisher realisiert wurde, kann Deutschland
als in der Tabakkontrolle rückständiges Land bezeichnet
werden [5]. Zu diesem Ergebnis kommt auch der
Sachverständigenrat für die Konzertierte Aktion im
Gesundheitswesen zum August 2001. Der Rat empfiehlt
einen grundsätzlichen Neuanfang in der
Tabakkontrollpolitik und mahnt die Umsetzung dieser
Maßnahmen durch die Politik an. Die Stabsstelle Krebsprävention hat deshalb einen Entwurf für ein nationales
Tabakkontrollprogramm auf der Basis wissenschaftlich
überprüfter Maßnahmen in Zusammenarbeit mit über 30
Stabsstelle S0103
Krebsprävention
deutschen Wissenschaftlern entwickelt. Dieses Strategiepapier für wirkungsvolle Tabakkontrollmaßnahmen
wird im Jahr 2002 mit wichtigen Institutionen des deutschen Gesundheitswesens abgestimmt und in die gesundheitspolitische Diskussion eingebracht.
Aus aktuellem Anlass wurde bereits im September
2001ein Fact Sheet zum Tabakwerbeverbot herausgegeben. [6]
Dieses Fact Sheet wurde als Argumentationshilfe für gesundheitspolitische Entscheidungsträger und Journalisten geschrieben und enthält die wissenschaftlichen
Begründungen für ein umfassendes Tabakwerbeverbot.
6. WHO Partnerschaftsprojekt Tabakabhängigkeit
Die Stabsstelle Krebsprävention war maßgeblich an der
Projektentwicklung des WHO Partnerschaftsprojektes
Tabakabhängigkeit, eines Vier-Länder-Projektes der
WHO Kopenhagen, beteiligt. Die Stabsstelle hat dabei
die Leitung der deutschen Arbeitsgruppe Raucherentwöhnung übernommen und gemeinsam mit anderen
Einrichtungen Empfehlungen für die Behandlung der
Tabakabhängigkeit entwickelt [7]
7. WHO Projekt „Don’t Be Duped“
Im Rahmen der Tobacco Free Initiative der WHO Genf
wurde 1999 eine internationale Arbeitsgruppe der
„Change Agents“ gegründet, welche in über 20 Ländern
die Kampagne der WHO „Don’t Be Duped“ unterstützt.
Ziel ist es dabei, die Rolle der Tabakindustrie in politischen Entscheidungsprozessen transparent zu machen
und den Industrieeinfluss zu begrenzen.[8]
Die Stabsstelle Krebsprävention ist in dieser
internationalen Arbeitsgruppe aktiv beteiligt und vermittelt
die Ergebnisse an die Mitgliedsorganisationen der deutschen Koalition gegen das Rauchen, welche, neben
dem Deutschen Krebsforschungszentrum, auch die
Deutsche Krebshilfe, Krebsgesellschaft, Lungenstiftung,
Herzstiftung, Bundesvereinigung für Gesundheit,
Bundesärztekammer, Ärztlicher Arbeitskreis Rauchen und
Gesundheit sowie die Deutsche Hauptstelle gegen die
Suchtgefahren umfassen.
8. Framework Convention on Tobacco Control
Da die Tabakepidemie ein weltweites Problem ist, haben
sich die Mitgliedsstaaten der WHO darauf geeinigt, eine
weltweit gültige Rahmenkonvention zur Tabakkontrolle
(Framework Convention on Tobacco Control) zu erarbeiten. Die Verhandlungen um die Texte und die Protokolle
des Rahmenabkommens werden seit 2000 geführt.
Die Stabsstelle Krebsprävention hat in enger Zusammenarbeit mit der Internationalen Framework Convention
Alliance und insbesondere mit der Action on Smoking or
Health (ASH) London Kommentare zu den Verhandlungstexten erarbeitet und auf einem Hearing im
Bundesministerium für Gesundheit vorgetragen. Die
Kommentare zum Rahmenabkommen werden regelmäßig erneuert und den Gegebenheiten angepasst.
Publikationen (* = externe Koautoren)
[1] Pötschke-Langer M, Lindinger P: Das Rauchertelefon des
Deutschen Krebsforschungszentrums - eine nationale Hotline als
niederschwelliges Angebot zur Raucherentwöhnung. Haustein
K.-O. (Hrsg.) Vorträge der 2. Deutschen Nikotinkonferenz, 99103, 1999
[2] Pötschke-Langer M: Rauchfrei 2002. DAZ 142, 66-69, 2002
[3] Deutsches Krebsforschungszentrum, Bundesvereinigung für
Gesundheit, Barmer (Hrsg) Tabakabhängigkeit und Raucherentwöhnung. Heidelberg, Bonn, Wuppertal 2001
DKFZ 2002: Wissenschaftlicher Ergebnisbericht 2000/2001
Forschungsschwerpunkt C
Krebsrisikofaktoren und Krebsprävention
S0108
Prüfung gesundheitsschädlicher Arbeitsstoffe
Prüfung gesundheitsschädlicher Arbeitsstoffe (S0108)
Prof. Dr. med. Dr. rer. nat. Heinz Walter Thielmann
Tätigkeit in der Senatskommission zur
Prüfung gesundheitsschädlicher Arbeitsstoffe der Deutschen Forschungsgemeinschaft
Wissenschaftliche Mitarbeiter
Dr. Florian Gotzes (- 09/99)
Dr. Odilia Popanda (jetzt C0200)
Doktorand (Medizin)
Jin Joo Park
H.W.Thielmann
Prof. Thielmann ging 1999 in Ruhestand. Die Arbeiten
seiner früheren Abteilung Wechselwirkungen von
Karzinogenen mit biologischen Makromolekülen werden z. T. in der Abteilung C0200 weitergeführt (s. auch
den dortigen Bericht). Prof. Thielmann ist zur Zeit bis
2004 in die Senatskommission zur Prüfung gesundheitsschädlicher Arbeitsstoffe der Deutschen Forschungsgemeinschaft berufen.
Seit 1996 ist H. W. Thielmann Mitglied der Senatskommission der DFG zur Prüfung gesundheitsschädlicher Arbeitsstoffe. Laut Mandat erarbeitet die Kommission die
wissenschaftlichen Grundlagen des Schutzes der Gesundheit vor toxischen Stoffen am Arbeitsplatz. Ergebnisse der Kommissionsarbeit sind wissenschaftliche Empfehlungen zur Aufstellungen von MAK-Werten (“Maximale
Arbeitsplatzkonzentration”), zur Einstufung krebserzeugender Arbeitsstoffe, zur Bewertung fruchtschädigender
und erbgutschädigender sowie weiterer Wirkungen. Darüber hinaus greift die Kommission weitere aktuelle Probleme der Gesundheitsgefährdung durch Arbeitsstoffe
auf und schlägt Lösungsmöglichkeiten vor.
Die Arbeitsergebnisse der Senatskommission werden in
Form ausführlicher wissenschaftlicher Begründungen
durch die DFG veröffentlicht. Keine der Publikationen
trägt die Namen der beteiligten Autoren, damit nicht seitens wirtschaftlicher, politischer oder sonstiger Interessengruppen angegriffen werden können. Die Publikationen werden als Empfehlungen dem Bundesminister für
Arbeit und Sozialordnung übergeben. Dieser kann den
Empfehlungen - unverändert oder geändert - in geeigneter Form Rechtsverbindlichkeit als Grundlage des Arbeitschutzes verleihen.
Die Kommission arbeitet in wissenschaftlicher Freiheit
und Unabhängigkeit. Sie ist in der Auswahl und in der
Prioritätensetzung der Prüfung von Arbeitsstoffen und
weiterer zu untersuchender Probleme an Weisungen
nicht gebunden. Ziel der Kommissionsarbeit ist allein
der nach dem jeweiligen Stand der Wissenschaft mögliche und gebotene Schutz der Gesundheit der Beschäftigten und deren Nachkommen.
Es versteht sich von selbst, dass die Kommissionsarbeit
ein Ganzes darstellt. Folglich lässt sich der von einem
einzelnen Mitglied geleistete Anteil nicht herauslösen und
gesondert beschreiben.
In ca. 30 Sitzungen der Kommission bzw. ihrer Ad-hoc-Arbeitsgruppen wurden Bewertungskonzeptionen entwikkelt, Stoffe beurteilt und die Ergebnisse in den Kommissionsmitteilungen “MAK- und BAT-Werte-Liste” der Jahre
2000 und 2001 - jeweils in deutschen als auch englischen Fassungen - veröffentlicht [1,2]. In den Broschüren
sind ca. 160 Änderungen und Neuaufnahmen pro Arbeitsjahr dokumentiert. Für jede Neuaufnahme und Änderung wurden detaillierte wissenschaftliche Begründungen erarbeitet. Deren Veröffentlichung erfolgte in der
Monographiensammlung “Gesundheitsschädliche Arbeitsstoffe - Toxikologisch-arbeitsmedizinische Begründungen von MAK-Werten” (Herausgeber: H. Greim) der
DKFZ 2002: Wissenschaftlicher Ergebnisbericht 2000/2001
157
Forschungsschwerpunkt C
Krebsrisikofaktoren und Krebsprävention
Jahre 2000 und 2001 (30. bis 33. Lieferung) mit jeweils
400-500 Druckseiten pro Lieferung [3]. In der “MAK- und
BAT-Werte-Liste 2001” wurden nunmehr die Grundsätze
dargelegt, wie die Kommission bei ihren Bewertungen,
insbesondere der Ableitung von MAK-Werten vorgeht. In
den einschlägigen Kapiteln sind die Kriterien für die Einstufung von Stoffen in folgende Wirkkategorien festgeschrieben: Kanzerogenität, Keimzellmutagenität, Fruchtschädigung, Sensibilisierung, Hautresorption, zulässige
Kurzzeit-Überschreitung.
158
Bei der Überprüfung zahlreicher Arbeitsstoffe auf krebserzeugende Wirkung wurden folgende Stoffe als Kanzerogene erkannt und aufgrund ihres Wirkmodus und ihrer
Wirkungsstärke in eine der fünf Kanzerogen-Kategorien
eingestuft [1-5]:
Bitumen (Kategorie 2, d. h. krebserzeugend beim Versuchstier);
Nickelmetall und dessen Verbindungen (Kategorie 1,
d. h. krebserzeugend beim Menschen); Cobaltmetall und
dessen Verbindungen, 1,4-Dichlorbenzol, Naphthalin,
Glycidol (Kategorie 2);
Formaldehyd (Kategorie 4; diese Kategorie wurde geschaffen, um Kanzerogene zu charakterisieren, deren primärer Angriffspunkt nicht die DNA des Erbguts ist; MAKWert für Formaldehyd, bei dessen Einhaltung kein nennenswerter Beitrag zum Krebsrisiko für den Menschen zu
erwarten ist: 0.3 ml/m3);
Tri-n-butylphosphat (Kategorie 4; MAK-Wert: 1 ml/m3);
Tetrachlormethan (Kategorie 4 mit dem MAK-Wert von 0.5
ml/m3);
Ethylbenzol, Dichlormethan, Diethanolamin, Laurinsäure,
Terpentinöl, Kresol, 4-Nitroanilin, Toluylendiisocyanat sowie Xylidin-Isomere (Kategorie 3 A; diese Kategorie ist
Substanzen vorbehalten, deren Wirkmodus zwar bekannt
ist, für die jedoch mangels Daten kein MAK-Wert festgelegt werden kann).
In die Verdachtskategorie 3 B wurden eingeordnet:
Biphenyl, Blei, Benzochinon, Methyl-tert-butylether,
Molybdäntrioxid, Nitromethan, 2,4,6-Trinitrophenol u. a.
Keimzellmutagene Wirkung wurde für folgende Stoffen
herausgearbeitet und begründet: Benzo[a]pyren, Cobalt
und dessen Verbindungen, 1,4-Dichlorbenzol, 1,4-Dichlorbuten, Naphthalin, Trichlorethen u. a.
MAK-Werte
Für 21 Stoffe änderten sich die MAK-Werte bzw. wurden
erstmals ermittelt [1-3]. In 10 Fällen wurde nach eingehender Prüfung der bestehende Wert bestätigt. Für 31
Stoffe konnten aufgrund fehlender Daten keine MAK-Werte festgelegt werden. Auf besondere Gefährdung in der
Schwangerschaft wurden 26 Stoffe überprüft und entsprechend klassifiziert.
S0108
Prüfung gesundheitsschädlicher Arbeitsstoffe
Bedeutung der individuellen Strahlenempfindlichkeit für die Abschätzung des
individuellen Strahlenrisikos beruflich
strahlenexponierter Personen
Teilaktivität: Entwicklung eines In-vitro-Testsystems zur Erfassung der Strahlenempfindlichkeit
H.W.Thielmann, F. Gotzes, J.J. Park, L. Edler*
*Biostatistik (R0700) DKFZ
In Zusammenarbeit mit: Prof. Dr. B.-S. Kim (Yonsei-Universität
Seoul, Süd-Korea), Prof. Dr. D. von Fournier (Radiologische Klinik
der Universität Heidelberg), Dr. W. Haase (Klinik für Radiotherapie
und radiologische Onkologie der St.-Vincentius-Krankenhäuser,
Karlsruhe), Prof. Dr. M.-L. Sautter-Bihl (Klinik für Radiotherapie
des Städt. Klinikums Karlsruhe), Prof. Dr. E. Hagmüller (Klinikum
Heilbronn).
Zusatzfinanzierung: Forschungsvorhaben StSch 4116 des Bundesamtes für Strahlenschutz, Neuherberg
Zur Abschätzung der individuellen Strahlenempfindlichkeit wurden Lymphozyten von Brustkrebspatientinnen
herangezogen und zwei zellphysiologische Parameter
bestimmt: 1) die Anzahl der Basenfehlpaarungsstellen,
die - nach Bestrahlung der Zellen mit 137Cs (g-Quelle) in
vitro - im Zuge der replikativen DNA-Synthese auftreten;
2) die Anzahl von strahleninduzierten DNA-Brüchen sowie
deren Beseitigung durch Reparatur.
Zu 1). Testprinzip. Nach g-Bestrahlung enthält die DNAMatrize der Lymphozyten veränderte (d. h. teilzerstörte)
Basen, u. a. 8-Oxoguanin, das bei der stimulierten DNAReplikation mit dem falschen Nukleotid Adenin anstelle
des korrekten Cytosins paart und folglich Cytosin in den
Tochterstrang dirigiert. Die Reparatur dieser Fehlpaarung
erfolgt durch selektive enzymatische Abspaltung des Adenins aus dem 8-Oxoguanin : Adenin-Paar. Die Abspaltung
wird durch eine spezifische Glykosylase-Endonuklease
der Lymphozyten katalysiert, kann jedoch, nach Zell-Lyse,
auch von einem zugesetzten Enzym z. B. aus E. coli ausgeführt werden. Der durch das Enzym bewirkte - unvermeidliche - DNA-Einzelstrangbruch wird anschließend
mit der Methode der alkalischen Elektrophorese ermittelt
[7]. Die Häufigkeit der DNA-Strangbrüche ist somit ein
Maß für die Anzahl an Basenfehlpaarungen, und diese
Basenfehlpaarungen können zu Mutationen werden, falls
die Zelle sie nicht rechtzeitig eliminiert. Die Hypothese
(die zu verifizieren oder zu widerlegen ist) unterstellt,
dass Basenfehlpaarungen und deren Reparatur bestimmende Variable der Strahlenempfindlichkeit sind [7].
Zu 2). Bei 25 Patientinnen wurde die Einzelzell-Gelelektrophorese zur Abschätzung der Strahlenempfindlichkeit
benutzt. Im einzelnen wurden die Lymphozyten jeder Patientin in vitro mit g-Strahlen einer 137Cs-Quelle bestrahlt,
Dosis-Wirkungskurven erstellt sowie die zeitabhängige
Eliminierung von DNA-Schäden (DNA-Strangbrüchen) für
mehrere Bestrahlungsdosen bestimmt. Das Abklingen
der Strahlenschäden gibt Auskunft über das DNA-Reparaturvermögen der Zelle. Vereint man die Dosis-Wirkungs- und Dosis-Zeit-Kurven, die für die Lymphozyten
jeder Patientin gewonnen wurden, so erhält man eine
Dosis-Zeit-Wirkungsfläche.
DKFZ 2002: Wissenschaftlicher Ergebnisbericht 2000/2001
Forschungsschwerpunkt C
Krebsrisikofaktoren und Krebsprävention
Für den geplanten Vergleich dieser Schädigungs- und
Reparaturcharakteristik mit den klinischen Zeichen der
Strahlenempfindlichkeit stellte sich das Problem, wie die
in der Dosis-Zeit-Wirkungsfläche steckenden Informationen zu einer einzigen quantifizierenden Messgröße vereinigt werden konnten.
Derzeit existiert für die Datenfülle der Einzelzell-Gelelektrophorese kein validiertes und bindendes Auswertungsverfahren. Das ist einer der Gründe, weshalb die regulatorische Toxikologie diese Elektrophorese bislang nicht
als verlässlichen Test anerkennt. Die OECD urteilt ebenfalls zurückhaltend. Um das Defizit zu kompensieren, entwickelten wir folgende Auswertungsmethode und stellten
sie in das Internet [8,9] (www.interscience.wiley.com/em):
Die Dosis-Zeit-Wirkungsfläche - gebildet jeweils für DNAWanderungsverzögerung im elektrischen Feld (“Olive tail
moment”) sowie weiteren Messparametern (“tail DNA”,
“tail inertia”) - wird mittels der doppelten Ableitung dieser
Wirkungsfläche nach Zeit und Dosis zu einer einzigen
Größe (genannt: 2D) komprimiert [7-9]. Die rechnerische
Darstellung lautet: d2F/dt,dx [F bedeutet die von Dosis
und Zeit bestimmte Wirkungsfläche; (F = f(t,x)].
S0108
Prüfung gesundheitsschädlicher Arbeitsstoffe
[7] Thielmann et al., Die Bedeutung der individuellen Strahlenempfindlichkeit für die Abschätzung des individuellen Strahlenrisikos. In: Bundesamt für Strahlenschutz, Fachbereich Strahlenhygiene, Programmreport 2000. Herausgeber: W. Donhäri, R.
Gödde, A. Schmitt-Hannig, M. Williams. Wirtschaftsverlag NW/
Verlag für neue Wissenschaft GmbH.
[8] B. S. Kim*, J. Park, L. Edler, D. von Fournier*, H. W. Thielmann
(2000) A measure of DNA damage/repair in the single-cell gel
electrophoresis (SCGE/comet) assay. International Biometric
Society, The XXth International Biometric Conference, Berkeley,
Band 1, S. 152, ISSN-1606-8653.
[9] B. S. Kim*, J. J. Park, L. Edler, D. von Fournier*, W. Haase*, M.L. Sautter-Bihl*, F. Gotzes, H. W. Thielmann (2002) New measure
of DNA repair in the single-cell gel electrophoresis (comet)
assay. Environ. Molec. Mutagen. 40, 50-56.
Aus diesem Rechenverfahren resultierten für jede Patientin mindestens zwei quantitative integrale Messgrößen, die, jede für sich genommen, die weit über tausend Einzeldaten eines Dosis-Zeit-Wirkungsexperiments
wiederspiegeln und den klinischen Zeichen der Strahlenempfindlichkeit gegenübergestellt werden können [7,8].
Publikationen (* = externe Koautoren)
[1] MAK- und BAT-Werte-Liste 2000 (Deutsche und englische
Versionen) Senatskommission der Deutschen Forschungsgemeinschaft zur Prüfung gesundheitsschädlicher Arbeitsstoffe
Mitteilung 36 (2000), VCH Verlagsgesellschaft mbH, Weinheim.
[2] MAK- und BAT-Werte-Liste 2001 (Deutsche und englische
Versionen) Senatskommission der Deutschen Forschungsgemeinschaft zur Prüfung gesundheitsschädlicher Arbeitsstoffe
Mitteilung 37 (2001), VCH Verlagsgesellschaft mbH, Weinheim.
[3] Autoren der MAK-Kommission, u. a. H. W. Thielmann:
“Acetonitril”, “Bitumen”, “Formaldehyd”, “1,4-Dichlorbenzol”,
“Biphenyl”, “Ölsäure”, “Naphthalin” und weitere Stoffe. In Greim,
H. (Hrsg.): Gesundheitsschädliche Arbeitsstoffe. Toxikologischarbeitsmedizinische Begründungen von MAK-Werten (Maximale
Arbeitsplatzkonzentrationen). 30., 31., 32. u. 33. Lieferung,
Wiley-VCH-Verlag, Weinheim, 2000 und 2001.
[4] Occupational Toxicants, Critical Data Evaluation for MAK
Values and Classification of Carcinogens. Vol. 14; Autoren der
MAK-Kommission, u. a. Thielmann, H. W.; Herausgeber: H. Greim,
Commission for the Investigation of Health Hazard of Chemical
Compounds in the Work Area.. Wiley-VCH, Weinheim, 2000.
[5] Occupational Toxicants, Critical Data Evaluation for MAK
Values and Classification of Carcinogens. Vol. 16; Autoren der
MAK-Kommission, u. a. Thielmann, H. W.; Herausgeber: H. Greim,
Commission for the Investigation of Health Hazard of Chemical
Compounds in the Work Area.. Wiley-VCH, Weinheim, 2001.
[6] *Greim, H., *Reuter, U., and Thielmann et al. (contributors).
Classification of carcinogenic chemicals in the work area by the
German MAK Commission: current examples for the new
categories. Toxicology 166, 11-23 (2001).
DKFZ 2002: Wissenschaftlicher Ergebnisbericht 2000/2001
159
Forschungsschwerpunkt C
Krebsrisikofaktoren und Krebsprävention
Abteilung S0109
Mechanismen der Tumorigenese
Abteilung Mechanismen der Tumorigenese (S0109)
Leiter: Prof. em. Dr.rer.nat. Erich Hecker*)
Telephon: 06221-424500; Fax: 06221-424498; e-mail: E.Hecker@dkfz.de
Wissenschaftler
Dr. Richard Gminski
Sekretärin
Elfriede Mang
_______________
*) Anmerkung: Der Gründungsdirektor und frühere Leiter der Abteilung Mechanismen der Tumorgeneses wurde als Emeritus vom
Stiftungsvorstand mit nachstehenden Aufgaben - ohne Budget
des DKFZ - betraut: Koordination der Israelkooperation des
DKFZ; Vorsitz der Vergabekommission des Dr. Emil-Salzer-Preises für Krebsforschung; Beratung externer Forschungsprojekte
oder -institutionen bezügl. Problemen präventiver und/oder regulatorischer Toxikologie, z.B. Ägypten-Projekt, EC-Projekte, pharmazeutische Firmen; Herausgabe verschiedener wissenschaftlicher Zeitschriften und Publikation eigener, wissenschaftlicher
Aktivitäten.
160
In den Berichtszeitraum fiel die Beratung des Deutschen
Museums, bei der Planung, Entwicklung und Einrichtung
einer grundlegend neuen, ständigen Ausstellung, die an
historisch bedeutenden und museumspädagogisch geeigneten Beispielen die Entwicklung von Pharmazie und
Biomedizin im 19. und 20. Jahrhundert darstellen soll.
Darunter fallen u.a. auch Aspekte der Krebsverhütung, vorbeugung und -erkennung sowie der Therapie von
Krebskrankheiten. Um den unterschiedlichen Zielgruppen der Besucher die umfangreichen Informationen attraktiv zu vermitteln, z.B. unter dem Motto “Du selbst bist
Chemie”, werden moderne Multimedia-Techniken intensiv genutzt. Die am 5. Mai 2001 eröffnete ständige Ausstellung soll bei den Feierlichkeiten zum 100. Jahrestag
der Gründung des weltbekannten Museums im Jahr
2003 einen Höhepunkt bilden [1]. - Das aktive Interesse
des Berichterstatters an der Geschichte der Krebsforschung - Wissenschaftsgeschichte und deren nationale
Umsetzung [siehe Research Report 2001 (1999/2000)]
fand einen weiteren Niederschlag in einem historischen
Kurzessay zum Internationalen Symposium “100 Years
of Organized Cancer Research” [2].
Publikationen
[1] Fachbeirat Pharmazie des Deutschen Museums, in: Deutsches Museum München, Museumsführer Pharmazie, 2. Auflage,
Redaktion A. Klubertanz, Selbstverlag Deutsches Museum (ISBN
3-924183-56-2), München 2001, S. 118.
[2] Hecker, E. Historical essay on the general scientific and of an
organized national approach to the fight against cancer, In: 100
Years of Organized Cancer Research - 100 Jahre organisierte
Krebsforschung, eds. Wolfgang U. Eckart, A.W. Bauer, Georg
Thieme Verlag Stuttgart 2000, pp. 5-10.
In der Publikation wissenschaftlicher Ergebnisse liegt der
Schwerpunkt im Berichtsabschnitt auf den Arbeitsgebieten “Biochemische Wirkungsmechanismen von
Tumorpromotoren (S0109-1/2)” und “Umweltrelevanz
von Tumorpromotoren als Krebsrisikofaktoren für den
Menschen (S0109-3)”. Im Arbeitsgebiet S0109-1/2 wurde
eine früher postulierte Hypothese zum Wirkungsmechanismus der Diterpenester(DTE)-Promotoren über
Rezeptoren vom Typ der Proteinkinasen der PKC-Multienzymfamilie in initiierten Zielzellen weiter geprüft [vgl.
Research Report 2001 (1999/2000)]. Im Arbeitsgebiet
S0109-3 wurden erstmals - basierend auf der 1998 vorgeschlagenen allgemeinen Strategie zur Prüfung verdächtiger, umweltrelevanter Materialien auf ein mögliches
Krebsrisiko durch konditionalkanzerogene (tumorpromovierende) Wirkung - zur Risikoprüfung spezielle
quantitative Testpläne geschaffen. Dabei waren die zu
verwendenden in vitro Teste unter mechanistischen Gesichtspunkten und so auszuwählen, daß sie die Risikoermittlung und -bewertung von Umweltmaterialien
schnell und kostengünstig ermöglicht. Langjährige Bemühungen haben gezeigt, daß das Krebsrisiko durch
Tumorpromotoren am besten in reproduzierbaren sogenannten “Toxprognosen” für das Versuchstier ausgedrückt wird. Diese sind zur Extrapolation auf das Krebsrisiko des Menschen in analoger Weise geeignet, wie für
den Fall der klassischen Solitärkanzerogene in langjähriger Praxis erprobt. Die Bestimmung des Krebsrisikos
wird modelhaft für die Einwirkung von Tumorpromotoren
des DTE-Typs auf Menschen vorgenommen. Die erzielten Toxprognosen können in der prädiktiven bzw.
regulatorischen Toxikologie jeweils bis hin zur Begründung legislatorischer Maßnahmen Anwendung finden. Im
Berichtszeitraum wurden auf diesem Wege erstmals
Toxprognosen für zahlreiche homöopathische
Urtinkturen oder Arzneimittel bestimmt (vgl. unten sowie
vorausgehende Research Reports bzw. Ergebnisberichte).
DKFZ 2002: Wissenschaftlicher Ergebnisbericht 2000/2001
Forschungsschwerpunkt C
Krebsrisikofaktoren und Krebsprävention
Biochemische Wirkungsmechanismen von
Tumorpromotoren (S0109-1,2)
E. Hecker, K. Schlatterer, G. Krauter
In Zusammenarbeit mit: U. Zillmann, Zentrales Tierlabor DKFZ, L.
Edler, Biostatistik, DKFZ; P. Chandra, Gustav-Embden-Zentrum
der biologischen Chemie, Universität Frankfurt.
Es wurde gezeigt, daß eine in vivo Behandlung adulter
muriner Epidermis mit dem Hyperplasiogen und Tumorpromotor des Diterpenester (DTE)-Typs TPA zu Ergebnissen führt, die bezüglich der Expression des Proteins p10
mit denen unbehandelter neonataler muriner Epidermis
vergleichbar sind [1]. Protein p10 findet sich somit nicht
nur in adulter muriner Epidermis [Research Report 2001
(1999/2000)], die mit nicht-promovierenden Hyperplasiogenen oder mit promovierenden DTE behandelt worden
war, sondern auch in neonataler muriner Epidermis. Es
wird daher angenommen, daß das Protein eher mit zellulären Proliferations- bzw. Differenzierungsprozessen im
Zusammenhang steht als mit spezielleren tumor-promovierenden Prozessen. Die Tatsache, daß p10 auch in Papillomen und Karzinomen zu finden ist, widerspricht dieser Hypothese nicht, da diese Tumoren proliferative Tendenz zeigen. Versuche zur Sequenzierung des Proteins
p10 resultierten in zwei neuen Partialsequenzen, deren
Primärstruktur keine grundsätzlichen Ähnlichkeiten mit
schon bekannten Proteinen zeigten. - In unabhängigen
Untersuchungen der molekularen Wirkung von
Tumorpromotoren des Okadasäure-Typs (Hemmer von
Proteinphosphatase), wurde von Japanischen Autoren
berichtet, daß sie eine Expression des bekannten
Zytokins Tumornekrose-Faktor a (TNFa) auslösen [2].
Sie führen erste Versuche an, die wahrscheinlich machen, daß auch TPA die Expression von TNFa auslösen
kann. Die Autoren vermuten, daß z.B. membranständige
Formen von TNFa an interkriner Wachstumskontrolle beteiligt sein können.
Publikationen (* = externe Koautoren)
[1] Schlatterer, K.; Schlatterer, B.; Krauter, G.; Hecker, E.;
*Chandra, P.: A novel polypeptide P10 expressed in tumorpromoter-treated murine epidermis and in untreated neonatal
murine epidermis. Anticancer Research 20 (2000) 289-292.
[2] *Fujiki H. and *Suganuma M.: Unique features of the okadaic
acid activity class of tumor promoters, J Cancer Res and Clin
Oncol 125, 150-55 (1999).
Umweltrelevante Tumorpromotoren als
Krebsrisikofaktoren für den Menschen
(S0109-3)
E. Hecker, R. Gminski, P. Zahn
In Zusammenarbeit mit: L. Edler, Biostatistik DKFZ; M. Nawito,
S.M.A.D. Zayed, National Research Center, Kairo, Ägpten; H.
Metelmann, Fa. Heel Biologische Heilmittel GmbH, Baden-Baden.
Modellfall “berufsbedingte Einwirkung” von Tumorpromotoren des DTE-Typs.
Der Wildtyp von Euphorbia lagascae ist eine Spezies der
großen botanischen Gattung Euphorbia (ca. 1600 Spezies), die zu einer der größten Pflanzenfamilien, den Euphorbiaceaen (Wolfsmilchgewächsen), zählt. Alle Pflan-
Abteilung S0109
Mechanismen der Tumorigenese
zen der Gattung Euphorbia enthalten einen hautreizenden Milchsaft (Latex), ihr Samen meist mehr oder
weniger große Mengen an Pflanzenfetten. In ariden Gegenden Spaniens ist E. lagascae als ein weit verbreitetes
Unkraut bekannt (z.B. Region und Stadt Murcia). Das
Samenöl enthält hohe Anteile von Vernolsäure (13expoxy-9-octadecen-Säure), die als nachwachsender
Rohstoff für die Oleochemie von Interesse ist. Mit dem
Ziel, die Nutzung von E. lagascae im Sinne des
“sustainable development” als einer neuen nachwachsenden Quelle für Samenöl zu erforschen, wurden der
landwirtschaftliche Anbau der Pflanze und ihre Toxikologie im experimentellen Maßstab in einer anteiligen EC
Concerted Action untersucht. Im Rahmen des vorausgegangenen VOSFA-Projekts [Vegetable Oils with Specific
Fatty Acids (Air-CT93-1817)] wurde von uns bereits gefunden, daß das Samenöl stark hautreizend ist. Außer
dem Samenöl erwiesen sich auch alle anderen
Pflanzenteile von E. lagascae als hautreizend. Als irritierende Prinzipien treten hauptsächlich Ester des 12-Desoxyphorbols auf. Im Zweistufenmodell an der Mäusehaut
[standardisiertes Initiations/Promotions(I/P)-Protokoll 16]
zeigte sich das Samenöl als mittelstarker Tumorpromotor [siehe Ergebnisbericht 1999 (1998/99)]. In der
dem VOSFA-Projekt nachfolgenden EC geförderten
“Concerted Action” (PL 98/4460) wurden von uns chemische Analysen und toxikologische Bestimmungsweisen
für DTE-Promotoren in Samenöl der Pflanze erarbeitet [13]. Darüberhinaus wurden Schutzmaßnamen aufgezeigt,
die eine sichere - krebsrisikofreie - Handhabung und Verarbeitung der zu erntenden Pflanzen sowie des Samenöls und der Abfallprodukte (Preßkuchen, Stroh) gewährleisten können. Als Ergebnis der Concerted Action wurde
empfohlen, in Zukunft zu versuchen, durch klassische
Züchtung und Selektion bzw. durch Anwendung geeigneter gentechnologischer Ansätze, jeweils unter toxikologischer Begleitung, Sorten von E. lagascae anzustreben,
die sich durch geringen oder gar keinen DTE-Toxingehalt
- bei Erhalt hoher Ausbeuten an gewünschtem Produkt
(Vernolsäure) - auszeichnen. - Erste Versuche zielgerichteter, toxikologisch begleiteter Pflanzenzucht, in Analogie
zu der für E. lagascae vorgeschlagenen, waren für den
als nachwachsende Quelle für Ölsäure von uns früher
untersuchten Wildtyp von Euphorbia lathyris erfolgreich
(vgl. vorausgehende Ergebnisberichte). Beide Pflanzen
könnten danach in der Zukunft eine bedeutende Rolle als
ökonomisch innovative und ökologisch sinnvolle nachwachsende Rohstoffquellen spielen [3].
Modellfall “ernährungsbedingte Einwirkung” von
Tumorpromotoren des DTE-Typs.
Milch von Ziegen, deren Futter Beimischungen von hautreizenden Wolfsmilchgewächsen enthält, waren Gegenstand der Untersuchungen im DKFZ-Projekt P513, einer
Kooperation mit dem National Research Center in Kairo,
Ägypten. Dabei ist gezeigt worden, daß in Ägypten im grünen Futter von Ziegen die hautreizend und hyperplasiogen wirkenden Euphorbia-Arten E. peplus, E.
helioscopia und E. nubica als Verunreinigungen häufig
vorkommen. Daß, wie zu vermuten, tatsächlich aktive
DTE-Promotoren, die in E. peplus vorkommen, aus dem
DKFZ 2002: Wissenschaftlicher Ergebnisbericht 2000/2001
161
Forschungsschwerpunkt C
Krebsrisikofaktoren und Krebsprävention
162
damit verunreinigten Futter in die Milch von Mutterziegen
übergehen können, wurde bereits berichtet [vgl.
Research Report 2001
(1998/99)]. Im vorliegenden Berichtszeitrum erhielten
Mutterziegen grünes Futter, das mit E. helioscopia bzw. E.
nubica verunreinigt war [4]. Das Futter, das über einen
Zeitraum von vier Wochen (30g/Tag/Ziege) verabreicht
wurde, führte zur Vergiftung der Mutterziegen, deren Erscheinungsbild dem bei der Futterverunreinigung mit E.
peplus analog war. Die säugenden Jungtiere wurden
durch die Muttermilch ebenfalls vergiftet, wobei es zu einzelnen Todesfällen kam. Durch mikrochemische Techniken (HPLC) wurde nachgewiesen, daß das im obigen
Fütterungsprotokoll verabreichte Pflanzenmaterial hautreizende Promotoren des Ingenan-Typs (E. helioscopia)
bzw. hautreizende Promotoren des Tigliantyps (E.
nubica) enthält [5]. Schließlich wurde nachgewiesen,
daß die Milch der Muttertiere Diterpenester desjenigen
Strukturtyps enthält, der in den verunreinigenden Pflanzen
vorkommt. Damit bietet es sich an, für die Milch, entsprechend der von uns 1998 vorgeschlagenen Prüfstrategie,
Prüfpläne zu entwickeln, die das mit dem Genuß der
Milch durch den Menschen verbundene Krebsrisiko als
Toxprognosen z.B. für Oesophaguskarzinom, abschätzen
lassen (siehe oben).
Abteilung S0109
Mechanismen der Tumorigenese
[4] *Nawito, M., *Ahmed, Y.F., *Shalaby, S.I., *Nada, A., *Zayed,
S.M.A.D. and Hecker, E. IV. Toxicologic and pathophysiologic
observations in lactating goats and their suckling kids fed on the
irritant herbs Euphorbia nubica and Euphorbia helioscopia: an
etiologic model for investigations on the putative risk of cancer
by consumption of food polluted with tumor promoters, J Cancer
Res and Clin Oncol, 127, 34-39 (2001).
[5] *Zayed, S.M.A.D., *Farghaly, M., *Soliman, S.M., *Gotta, H.,
Sorg, B. and Hecker, E. V. Skin irritant and tumor promoting
diterpene ester toxins of the tigliane and ingenane type in the
herbs Euphorbia nubica and Euphorbia helioscopia contaminating
fodder of livestock, J Cancer Res and Clin Oncol, 127, 40-47
(2001).
[6] Treiber, H-J.: Über die medikamentöse Behandlung von Krebserkrankungen in der traditionellen indischen Heilkunde. Dissertation Fakultät für Sozial- und Verhaltenswissenschaften, Fach Ethnologie, Univ. Heidelberg, 1999.
[7] Gminski, R., Über ein mögliches kanzerogenes (iatrogenes)
Krebsrisko durch ausgewählte homöopathische Urtinkturen Standardisierte Prüfpläne und resultierende Toxprognosen für 33
Urtinkturen, Workshop des Projekts DKFZ/HEEL 1992-97 am
24.11.00 im DKFZ, Heidelberg.
Modellfall “arzneiliche Einwirkung” von Tumorpromotoren des DTE-Typs.
Phytomedizinische Präparate aus Wolfsmilch- und
Seidelbastgewächsen werden in der Ethnomedizin zahlreicher Völker häufig angewandt, z.B. in Indien [6]. Für
das Beispiel homöopathischer Urtinkturen obiger Provenienz, die in westlichen Ländern handelsüblich sind,
wurden im Berichtszeitraum - in Fortführung unserer allgemeinen Teststrategie von 1998 [vgl. Ergebnisbericht
1999 (1998/99)] - spezielle Prüfpläne entwickelt mit dem
Ziel, für jede Urtinktur das mit der phytomedizinischen Anwendung verbundene iatrogene Krebsrisiko durch tumorpromovierende oder/und solitärkanzerogene Wirkungen
zu bestimmen [7].
Publikationen (* = externe Koautoren)
[1] Hecker, E. and Gminski, R. Bioassays and microchemical
methods to analyse skin-irritant and tumor promoting diterepenes
ester toxins in Euphorbia species, in The development of
Euphorbia lagascae as a new oil crop within the European
community (FAIR CT 98/4460): EC-Concerted Action (PL 98/
4460): Proceedings Workshop II, Cambridge, UK, eds. S.K. Cook,
M.A. Froment and D. Turley, published by ADAS, Boxworth,
Boxworth, Cambridge 2000, S. 6-22.
[2] Hecker, E. Overall summary of safety issues, in The development of Euphorbia lagascae as a new oil crop within the
European community (FAIR CT 98/4460), EC-Concerted Action
(PL 98/4460): Proceedings Workshop II, Cambridge, UK, eds.
S.K. Cook, M.A. Froment and D. Turley, published by ADAS,
Boxworth, Boxworth, Cambridge 2000, S. 44.
[3] Hecker E. and Gminski R. Toxicology and Occupational Safety,
in: Development of Euphorbia lagascae as a new industrial oil
crop (FAIR CT 98/4460), EC-Concerted Action (PL98/4460):
Handbook, eds. D. Turley, M. Froment and S. Cook, ISBN
189923608x, ADAS Consulting Ltd., Wolverhampton UK 2000, S.
25-26.
DKFZ 2002: Wissenschaftlicher Ergebnisbericht 2000/2001