Frankreich – Info

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Frankreich – Info
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28.01.2009
Rede des französischen Botschafters
Bernard de Montferrand
anlässlich der Eröffnung der Tour de Braille
4. Januar 2009, Auditorium, Französische Botschaft, Berlin
Sehr geehrte Frau Reymann,
Sehr geehrter Herr Dr. Kahlisch,
Sehr geehrter Herr Scharbach,
Meine Damen und Herren, liebe Freunde,
ich freue mich sehr, Sie heute in der französischen Botschaft empfangen zu dürfen, um mit
Ihnen gemeinsam den Vortragszyklus zur Braille-Schrift anlässlich des 200. Geburtstags von
Louis Braille, ihrem Erfinder, zu eröffnen. Der heutige 4. Januar ist Ausgangspunkt einer Reihe
von Veranstaltungen, die unter der Schirmherrschaft von Bundespräsident Horst Köhler stehen
und über das Jahr verteilt, in ganz Deutschland organisiert werden. Den krönenden Abschluss
bildet am 1. November die Eröffnung der Ausstellung „Sechs Richtige – Louis Braille und die
Blindenschrift“, hier in Berlin, im Museum für Kommunikation.
Gestatten Sie mir zunächst ganz herzlich all jenen zu danken, die uns heute zusammengeführt
haben. Es ist für mich zugleich ein Anlass, kurz auf einige bedeutende Unternehmungen
zugunsten blinder Menschen in Frankreich einzugehen.
Diderot ist der erste, der am 9. Juni 1749 in seinem Brief über die Blinden „Lettre sur les
aveugles à l’usage de ceux qui voient“ die Frage der Erblindung anspricht. Anschließend, im
Jahr 1785, gründet der mehrsprachige Gelehrte Valentin Haüy die erste Blindenschule. Er lässt
ganz spezielle – bewegliche und reliefartige – Zeichen herstellen und gründet die Anstalt für
blinde Kinder, die 1815 zum Königlichen Institut für junge Blinde wird.
Auf diese Weise, das heißt mit Hilfe der reliefartigen Zeichen, erlernt auch Louis Braille das
Lesen. Er ist ebenfalls begeistert vom weiterentwickelten System der „Nachtschrift“ von Charles
Barbier de la Serre, das heißt vom 12-Punkte-System des ehemaligen Hauptmanns der
Artillerie. Doch schnell entdeckt er die Nachteile dieser Methode. Sie erlaubt es zwar, Laute zu
umschreiben, doch gleichzeitig lässt sie alle Regeln der Rechtschreibung, Grammatik und
Zeichensetzung außer Acht, und sie kennt auch keine Zahlen. Daraufhin entwickelt Louis Braille
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1825, im Alter von sechzehn Jahren, ein innovatives Schriftsystem, das künftig seinen
Namen tragen soll: die Braille-Schrift. Er reduziert die Punktzahl von zwölf auf sechs Punkte
und nutzt das lateinische Buchstabensystem (Buchstaben, Zeichensetzung, Musiknoten etc.),
und nicht das Lautsystem.
Das Buch „Procédé pour écrire les paroles, la musique et le plain-chant au moyen de point à
l’usage des aveugles et destinés pour eux / Verfahren, um Wörter, Musik und Kirchengesang zu
schreiben mit Hilfe von Punkten, zum Gebrauch der Blinden und für sie zusammengestellt“ von
1829 macht dieses System auf breiter Ebene bekannt. Seine Untersuchungen setzt Braille sein
Leben lang am Königlichen Institut für junge Blinde fort, das in Folge der Februarrevolution von
1848 in das Nationale Institut für junge Blinde umbenannt wird.
Der Braille-Code wird weit über die Grenzen Frankreichs und der Europäischen Union
hinausgetragen, so auch nach Japan, Korea und nach Russland, hier in einer Anpassung des
Alphabets an die kyrillische Schrift.
Meiner Meinung nach ist es wichtig, weiterhin unsere Bemühungen zur Förderung der
Verbindung und Kommunikation zwischen Sehenden und Blinden fortzusetzen und zu
intensivieren. Der französische Schriftsteller Jules Renard – dessen 100. Todestag wir 2010
feiern werden – fragte treffend in seiner Zeitschrift: „Sind es nicht die Blinden, die uns das
Sehen lernen?“
Heute versuchen wir die Kommunikation zwischen Sehenden und Blinden über das Berühren
sowie Fühlen zu verstärken und den Blinden Zugang zu den visuellen Künsten zu ermöglichen.
So gibt es derzeit in Frankreich eine verstärkte Entwicklung von tastbaren Kunstbüchern, die es
den Blinden erlauben, gemeinsam mit ihren sehenden Freunden in den Genuss des
Kulturlebens zu kommen. Im kommenden Jahr, 2010, wird im Centre Pompidou eine ständiger
Ausstellungsraum für tastbare zeitgenössische Kunst eröffnet. Und wenn ich sage „in den
Genuss kommen“, denke ich auch an die kulinarischen Künste und an ein Restaurant in Paris,
das „Dans le noir / Im Dunkeln“ heißt, wo man in kompletter Dunkelheit zu Abend isst. Es ist ein
Ort der Begegnung und des intensiven Austauschs, wo die Rollen vertauscht werden. Denn hier
sind es die Sehenden, die sich anpassen und von ihren blinden Tischpartnern führen lassen
müssen.
Ich möchte nun das Wort an Herrn Kahlisch weitergeben, den Direktor der Deutschen
Zentralbücherei für Blinde in Leipzig. Noch einmal vielen Dank für die Initiative zu dieser Tour
de Braille und den Vorschlag, sie hier in der Botschaft zu eröffnen. Erlauben Sie mir meine
Bewunderung für das auszudrücken, was Sie zugunsten der sehbehinderten Menschen tun.