Britische Suffragetten im Kampf um das Frauenwahlrecht In der
Transcription
Britische Suffragetten im Kampf um das Frauenwahlrecht In der
Britische Suffragetten im Kampf um das Frauenwahlrecht In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts engagieren sich Frauen aus dem Bürgertum für das Frauenwahlrecht und die allgemeine Gleichstellung der Frau. Organisationen wie die „National Society for Women's Suffrage“ (1868) entstehen. Die Aktivistinnen betreiben Lobbyarbeit, reichen Petitionen im Unterhaus ein und erarbeiten Gesetzesentwürfe - doch es geschieht nichts. Schließlich entscheidet sich eine Gruppe Frauen, angeführt von Emmeline Pankhurst (1858-1928), zu handeln. Die britische Frauenrechtlerin und Suffragette Emmeline Pankhurst wird 1914 während einer Demonstration vor dem Buckingham Palast festgenommen. © Jimmy Sime/Getty Images Bereits 1903 wird in Manchester die „Women's Social and Political Union“ (WSPU) gegründet, mit dem Ziel, ein allgemeines Frauenwahlrecht in Großbritannien durchzusetzen. Durch passiven Widerstand und durch öffentliche Proteste machen die Suffragetten auf sich aufmerksam. Neben dem Wahlrecht kämpfen sie für die allgemeine Gleichstellung der Frau. Die Aktionen der britischen Suffragetten basierten auf Erfahrungen von fast 40 Jahren, in denen sich Frauen publizistisch und mit Unterstützung von 1 Parlamentsabgeordneten durch politische Eingaben an die Regierung überwiegend erfolglos engagiert hatten. In den ersten Jahren beruhten die Aktionen im Wesentlichen auf zivilem Ungehorsam. Um 1910 besaß die Organisation etwa 50.000 Mitglieder, was auf einen nicht zu unterschätzenden Einfluss in der britischen Gesellschaft hinweist. Das Scheitern einer neuen Gesetzesinitiative war der entscheidende Anlass für die zunehmende Radikalisierung ab 1911. Aus Empörung darüber, dass die britische Regierung sich weiterhin weigerte, ein Frauenstimmrecht einzuführen, wurden Schaufenster von Kaufhäusern eingeworfen und Brandanschläge auf große Landsitze und öffentliche Gebäude verübt – darunter auch das Westminster Abbey. Auf die zunehmende Inhaftierung von Mitgliedern reagierten die Suffragetten mit Hungerstreik, um ihrer Forderung nach Anerkennung als politische Gefangene Nachdruck zu verleihen. Für ihren Kampf um das Frauenwahlrecht setzten sie auch ihr eigenes Leben aufs Spiel. Der lange Kampf um das Frauenwahlrecht im Europa: Dem Erlangen des Frauenwahlrechts ging ein langer Kampf der Frauenbewegung voraus – auch in den anderen europäischen Ländern. Als erstes europäisches Land gab Finnland 1906 den Frauen das Wahlrecht. 1913 wurde das allgemeine Frauenwahlrecht dann in Norwegen durch eine neue Gesetzgebung und 1915 in Dänemark durch Änderung der dänischen Verfassung eingeführt. Nach der Februarrevolution im Jahr 1917 erreichten die Frauen in Russland das aktive und passive Wahlrecht. Am 28. November 1918 wurde in Polen, das nach dem Ersten Weltkrieg seine Unabhängigkeit wiedererlangt hatte, per Staatsdekret das allgemeine Wahlrecht für 2 Frauen eingeführt. Im gleichen Jahr erhielten die Frauen in Österreich und in Deutschland am 12. November 1918 das allgemeine Wahlrecht. Somit konnten Frauen in Deutschland bei der Wahl zur Deutschen Nationalversammlung am 19. Januar 1919 erstmals auf nationaler Ebene ihr Wahlrecht nutzen. Die Wahlbeteiligung war mit 82,3 Prozent sehr hoch. 1920 wurden mit dem Inkrafttreten des 19. Zusatzartikels zur Verfassung der Vereinigten Staaten in den USA alle Einschränkungen des Wahlrechts aufgrund des Geschlechts untersagt, womit Frauen das vollständige Wahlrecht auf allen Ebenen erhielten. Die amerikanische Präsidentschaftswahl von 1920 war die erste, bei der auch Frauen mit abstimmen konnten. Trotz dem massiven Kampf der Suffragetten wurde das allgemeine Frauenwahlrecht in Großbritannien erst 1928 gesetzlich verankert. Seit 1918 gab es nur ein eingeschränktes Wahlrecht für Frauen über 30 Jahre, falls sie selbst oder ihre Ehegatten das an Besitz gebundene kommunale Stimmrecht besaßen. In keinem anderen Land entwickelte sich die Frauenwahlrechtsbewegung zu einer solchen Massenbewegung wie in Großbritannien. Insgesamt brachten die Suffragetten mit Unterstützung einiger männlicher Abgeordneter über die Jahre hinweg 28 Gesetzesvorlagen zur Reform des Wahlgesetzes im britischen Parlament ein. Die beiden letzten europäischen Länder, in denen das Frauenwahlrecht flächendeckend eingeführt wurde, waren die Schweiz und Liechtenstein. Am 7. Februar 1971 wurde nach einer erfolgreichen Volksabstimmung das Frauenstimmrecht in der Schweiz auch auf Bundesebene eingeführt. Bis dahin hatte die Mehrheit der wahlberechtigten Männer das Frauenwahlrecht noch abgelehnt; als letzter Kanton schloss sich 1990 der Kanton Appenzell an – allerdings nicht freiwillig, sondern aufgrund eines Entscheids des Bundesgerichts. 3 Auch in Liechtenstein kämpften die Frauen gegen einen jahrzehntelangen Widerstand. Nachdem in zwei Volksabstimmungen (1971 und 1973) die Einführung des Frauenwahlrechts noch abgelehnt worden war, erhielt das Land erst 1984 das allgemeine Frauenwahlrecht. Blicken wir von Europa aus auf die ganze Welt, so sehen wir, dass den Frauen das Recht an politischer Teilhabe auch heutzutage noch nicht in allen Ländern gewährt wird. Hintergrundinformationen: Die Einführung des Frauenwahlrechts in Europa: 1906 Finnland 1913 Norwegen 1915 Dänemark, Island 1917 Estland 1918 Polen, Deutschland, Österreich, Luxemburg, Lettland 1919 Niederlande 1921 Schweden 1928 Großbritannien 1931 Spanien 1944 Frankreich 1945 Slowenien, Ungarn, Bulgarien 1946 Italien 1952 Griechenland 1971 Schweiz 1984 Liechtenstein 4