WEGKREUZE

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WEGKREUZE
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Wegkreuze
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Steinerne Zeugen der Vergangenheit
Vorwort
Wie ein Kleinod aus vergangenen Zeiten, sagenumrankt, verwittert und bemoost, stehen sie am Weg- oder
Straßenrand, als Zeichen des christlichen Glaubens. Es sind volkstümliche Kleindenkmäler, entstanden
durch private Initiative eines edelmütigen Stifters aus welchem Grunde auch immer, und gemäß der kunstvollen Begabung des Steinhauers. Nur mit Mühe sind manche eingemeißelte Inschriften der Kreuzsteine zu
enträtseln, verwaschen im Laufe der Zeit durch die Unbilden des Wetters. Um weiteren Zerstörungen Einhalt
zu gebieten, zeigten sich bereits im vorigen Jahrhundert Bestrebungen seitens Gemeindeverwaltungen und
Privatvereinigungen dem entgegen zu wirken. Es galt vor allem aber auch der Nachwelt diese steinernen
Zeugen des ehemaligen religiösen Volksempfindens zu erhalten.
In diesem Sinne bildete sich um 1990 die Merscher „Weekräizergrupp“ um Versäumtes nachzuholen und den
Wegkreuzen und Grabmälern unserer näheren Heimat treue Beschützer zu sein.
Mitglieder der „Weekräizergrupp“ der Gemeinde Mersch
v.l.n.r.: Jean Kauffmann, Albert Lentz, Henri Krier, Willy Kass, Serge Weis,
Fernand Wolter, Ferdy Fischer, Guy Pauly, Roger Hilbert, Joseph Kraus, Camille Royer
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Wegkreuze
Birkelskräiz
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Steinerne Zeugen der Vergangenheit
Steinerne Zeugen der Vergangenheit
Im Kulturjahr 2007 heißt es vor allem, unser Augenmerk und unsere Besinnung auf die Achtung und den
Wert unseres kulturellen Patrimoniums zu richten. Hierzu zählen in unseren christlichen Gegenden auch die
Wegkreuze, Flurkapellen und Bildstöcke in Gottes freier Natur, in Straßen- und Feldwegen oder angelehnt
an Hausgiebeln.
Obschon das Kreuz seit Menschengedenken als Heilszeichen wohlbekannt war, galt es aber spätestens seit
der Synode von Konstantinopel im Jahre 692 mit der gekreuzigten Christusgestalt als Wahrzeichen der
Kirche. Dieses Sinnbild wurde den heidnischen Götterbildern entgegengestellt als Inbegriff des wahren
Glaubens und Symbol des christlichen Erlösungsereignisses.
Es war das Kreuz, welches Konstantin I., der große römische Kaiser ( 306 - 337 n. Chr.), im Jahre 312 zu
seinem Sieg über seinen Mitkaiser Maxentius an der Milvischen Brücke verhalf. Er sah das Kreuz am
Himmel und die Schrift darüber: In diesem Zeichen wirst du siegen (“ in hoc signo vinces” nach dem Schriftsteller Eusebius Pamphili in seinem Werk “Das Leben Konstantins”), als er in die Schlacht zog und als
Alleinherrscher das Christentum förderte und im Jahre 325 das erste Konzil nach Nicäa berief.
Es ist anzunehmen, dass die ältesten Wegkreuze unseres Landes, vornehmlich aus Holz, aus der Zeit des hl.
Wilibrord stammen, also um 698.
Die Holzkreuze wurden später vorwiegend durch Steinkreuze ersetzt, wobei sich auch die Kreuzform veränderte bis hin zu den Bildstöcken mit ihren Verzierungen und Schriften. Doch all diese bescheidenen Kostbarkeiten, die unsere Vorfahren uns vererbten, dienten nur einem Zweck - der Anbetung des Gottessohns.
“Weder Kreuz noch Stein mihr (sic) beten an, Josum allein, welcher ist gestorben dran”, heißt es auf einem
alten lothringischen Steinmal. Die ältesten Wegkreuze aus der Zeit des hl. Willibrord waren mit Sicherheit
sozusagen Bekehrungskreuze zur Belehrung des einfachen Menschen.
Was bedeuten uns die alten Wegkreuze?
In den steinernen Feld- und Straßenkreuzen die sagenumrankt, verwittert und bemoost in der Landschaft
emporragen, spiegelt sich vielfach der christliche Glaube unserer Vorfahren wieder. Diese Kreuze sind vor
allem steinerne Zeugen christlicher Geschichte und Gesinnung und ergreifende Symbole von festem
christ-katholischem Glauben. Sie gleichen sich allgemein in ihrem Aufbau und ihrer Gestalt, dennoch
bewahrt jedes ein eigenwilliges Antlitz und Geheimnis. Sie hinterlassen eine Spur von christlich gesinnter
Haltung in der Vergangenheit der Geschlechter und bekunden uns auf ihre Art den Sinn, das Leben auf dieser
Erde als Schicksal zu meistern.
Gewiss, die urtümlichen Bildschöpfer dieser Steinkreuze reichen nicht an das Talent eines Mathis Grünewald oder an die Begabung von Meister Tilman Riemenschneider heran, nichtdestotrotz strahlt das Schaffen
dieser volkstümlichen Bildhauer, in den einst überwiegend bäuerlichen Gegenden unseres Landes, wie ein
morgenreines Leuchten in unsere Gegenwart hinein. Soviel ist jedenfalls sicher, die steinernen Bildstöcke
verweigern niemandem ihren Gruß, der im Herzen bereit ist ihn zu empfangen.
Wie beurteilen anerkannte Volkskundler diese Kreuze?
In einem Vortrag, im Jahre 1930 abgehalten bei den“ Luxemburger Museumsfreunde", sieht der Folklorist
Dr. Adolf Winandy (Pfarrer der protestantischen Gemeinde in Luxemburg; Verfasser von: “Segensprüche
und Zauberformeln aus luxemburgischen Handschriften”) in den Wegkreuzen, wie bei Kreuzen im Allgemeinen, ein Symbol des Ergreifensten, was dieses Leben kennt, der Herrlichkeit der Liebe und Hingegebenheit an die Brüder.
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Wegkreuze
Scheidenkräiz
Gemäß archäologischen und historischen Erkenntnissen wurden viele Kreuze am Wegrande römischer
Straßen und ehemaligen heidnischen Kultstätten errichtet. Sie ersetzten die Denkmäler der römischen Götter
und verkündeten den neuen Glauben. Später dann, als Bitt-,Mahn-und Erinnerungsmäler wurden sie
Ausdruck des religiösen, frommen Volksempfindens und entstanden durchwegs durch Privatinitiative. Auch
der Lokalhistoriker und Lehrer in Hesperingen J.P. Anen (1874-1955 - Mitglied der sprachwissenschaftlichen und volkskundlichen Abteilung im Großherzoglichen Institut), sah dies nicht anders, wenn er in seiner
“Kreuzschau” schreibt: “Sie (die Steinkreuze) sind volkstümliche Monumente”, und etwas weiter in Bewertung ihrer Erschaffer: “..nur in seltenen Fällen wurden solche von wirklichen Künstlern geschaffen: sie sind
im Allgemeinen gute, brave Handwerksarbeit”.
Doch in punkto künstlerischer Gutachten war der geistliche Professor J. Engling (1801-1888) u.a. Präsident
der Historischen Sektion des Grhz. Instituts weitaus kritischer. Gelegentlich einer im Jahre 1850 getätigten
Bestandsaufnahme unserer Wegkreuze, sprach er denselben “.. gänzlicher Mangel aller Kunstkuriosität..”
ab. Er schränkt indessen ein"… bei vielen ist es das Alter und der Ursprung, bei andern der Zweck und die
Absicht der Errichtung, oder der Gedanke ihres Bildwerkes, bei manchen auch die an ihnen anklingende
Sage, was sie hervorheben – und nenneswert macht."
Zugegeben und wie bereits angedeutet, unsere Wegkreuze sind keine hervorragende Kunstwerke, doch zeugt
gerade diese naiv-fromme Darstellung nach Bibelmotiven von dem gläubigen Gemüt der fast gänzlich
vergessenen Steinhauer jener Zeit.
In der Tat, wir kennen mit Ausnahme von Mathias Schergen alias “de Kraizermathes” fast niemanden von
der Gilde dieser “Volkskünstler”. Die Wegkreuze von M. Schergen gelten allgemein als Modell der Steinkreuze in der Gemeinde Mersch. Als Sohn eines Tiroler Steinmetz erblickte er am 02.11.1777 in Niederanven das Licht der Welt und starb am 08.02.1853 in Godbringen. Bekannter war sein Sohn Karl Schergen
(1826-1906), Baumeister in Godbringen, der hierzulande nicht weniger als 12 Kirchen baute, u.a. Fels,
Schieren, Burglinster, Lellig, Eschweiler.
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Steinerne Zeugen der Vergangenheit
Struktur und Bauweise
Vorwiegend erzeugt aus einem Naturprodukt, dem Luxemburger Sandstein, passen die ungehobelten kleinen
Kunstwerke recht gut in Gottes freie Natur. Hier stört auch der fast barbarische Charakter mancher
Wegkreuze keineswegs. Mit der Natur fühlt sich der Mensch mit Ehrfurcht und Liebe verwurzelt, mit ihr
erlebte er seit seinem Bestehen unzählige Kämpfe, Siege und Niederlagen.
Die volkstümlichen Monumente, insofern sie aus Stein verfertigt sind, bestehen in der Regel aus drei
Elementen: massiver Sockel, schlanke Säule (Schaft) und dem Aufsatz (Bilderstock oder einfaches Kreuz).
Michel Engels (1851-1901), seines Zeichens Kunstmaler, Zeichenprofessor im Athenäum Luxemburg und
Literat (Verfasser von “Gott, Engel und Teufel in der Malerei”) erklärt die Gestaltung der Steinkreuze folgendermaßen: “In den Einzelheiten der Form wesentlich verschieden, zeigen doch alle denselben architektonischen Aufbau: Auf einem meist viereckigen Sockel erhebt sich eine von einem Kreuz gekrönte Säule.”
Bald ist die Figur des Gekreuzigten allein dargestellt, bald ist sie von anbetenden Engeln umgeben, öfters
treten auch die Soldaten mit Lanze auf, oder die in der Passion vorkommenden Marterinstrumente sind am
Sockel, an der Säule oder am Kreuze selbst sichtbar. Manchmal ist auch der Namenspatron des Denkmalstifters und der Schutzpatron des Ortes in kleinen Nischen an Stelle des sonst üblichen Säulen-Kapitells angebracht, oder auch der Leichnam Christi im Schoße Mariens (Pietà)."
Ursprünglich waren es meistens hölzerne Kreuze, welche als ragendes Zeichen und Signum der christlichen
Religion vorherrschten, bis dann im 15. Jahrhundert die Steinkreuze auftauchten welche allerdings selten
datiert und beschriftet waren. Erst im ausgehenden 17. Jahrhundert traten die Ausschmückungen mit biblischen Szenen in Erscheinung.
Zuordnung der Steinkreuze.
Unsere Kreuzmäler erzählen von Kriegsnot, Epidemien, Mord und Totschlag, Sühneleistung, Buß- und Bittgang, Müh- und Drangsal, Schutzlosigkeit, Hilfsbedürftigkeit, kurzum Anliegen jeder Art.
Folgen wir der Klassifizierung des Escher Lehrers Mathias Thill (Jonghémecht 1937: “Was unsere Feuerund Wegekreuze erzählen”), so sind unsere Steinkreuze, je nach schriftlicher oder mündlicher Überlieferung
folgendermaßen zu bewerten:
1.
Sühnekreuze: Wiedergutmachung für ein begangenes Verbrechen
2.
Gedächtniskreuze: als Erinnerung an einen Unfall, eine Hinrichtung oder Tod durch Unfall, Blitzschlag,
Krankheit, Notlage
3.
Votivkreuze: Danksagung, Errettung aus großer Not, vielleicht auch einfach nur aus purer Herzensfreude eines erfreulichen Ereignisses
4.
Grenzkreuze: Festlegung der Markscheide, Richtpunkt
5.
Gerichtskreuze: Abhaltung von Rechtsprechung in feudaler Zeit
6.
Stations- oder Segenskreuze: Spendung des sakramentalen Segens bei gewissen Anlässen z.B. Prozessionen
Nicht erwähnt bei M. Thill sind die Marktkreuze sowie die Missionskreuze zur Erinnerung an die erste abgehaltene Missionsmesse mit Opferspende (in Mersch ursprünglich rechts am Haupteingang der Kirche,
momentan freihängend im Chor).
Irgendwie wesensverwandt, zumindest im Stil, sind unsere Steinkreuze auf der Flur oder in den Straßen
zweifellos mit den alten Grabmälern auf unseren Friedhöfen. Letztere legen auch beredtes Zeugnis ab von
der Lebensart und Geisteshaltung vergangener Generationen .
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Wegkreuze
Inventar der Wegkreuze der Gemeinde Mersch
Nehmen wir vorweg, dass bezüglich unserer Wegkreuze im Raume Mersch ein sachbezogenes Buch als
“Beiheft zur Hémecht 1992" aus der Feder des vor wenigen Jahren verstorbenen Professors Joseph Hirsch
erschien. Dieses Werk, betitelt: ”Die Wegkreuze des Kantons Mersch" umfasst 437 Seiten und ist noch in
unserer “Gemeinde” erhältlich. Mit dem Thema “Wegkreuze der Pfarrei Mersch” befasste sich auch der
ehemalige Lehrer Gaston Frings; erstmals in einer Broschüre anlässlich der “Fête Nationale du Travail et de
la Terre” (09.09.1956), später als Nachdruck erschienen in der Imprimerie Fr. Faber Mersch, im Jahre 1988.
Dort erschien auch im Jahre 1999 ein kleiner volkskundlicher Beitrag aus der Feder des Autors dieser Zeilen,
betitelt: “ Zeng Joer Weekraizergrupp Miersch”.
Es ist nicht Sinn in vorliegender Schrift, nun wieder die Geschichte, d.h. die bereits geschriebenen Texte
bestehender Publikationen zu wiederholen, vielmehr beschränken wir uns auf die wesentlichen Fakten.
Ausnahmsweise vervollständigen wir die Beschreibung eines Kreuzes, insofern diese Schilderung in keinem
Text bisher erschienener Schriften erwähnt wurde.
A. Die Wegkreuze in Mersch
1.
Das “Laroix”, auch Servaiskreuz (Jahreszahl 1756) genannt, ist wohl in künstlerischer Hinsicht das
wertvollste unserer Kreuze im ganzen Kanton. Mündlichen Aussagen zufolge wurde der Sockelstein
anlässlich von Umbauarbeiten beschädigt. Noch kurz nach dem 2. Weltkrieg stand dieses Kreuz im
Schatten von zwei mächtigen Linden, entlang der Mauer des alten Servaishauses. Wegen dem Straßenverkehr fielen sie der Axt anheim. Ein Abguss dieses Kreuzes wurde in die neue Mauer eingelassen. Das
Original indessen befindet sich an bewahrter Stelle im Luxemburger Nationalmuseum.
Udingerkräiz
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Steinerne Zeugen der Vergangenheit
2.
Das Hessen- auch Lindenkreuz (Jahreszahl 1770) wurde mehrfach “verpflanzt”, nicht zuletzt auch auf
Grund einer großen Feuersbrunst im Hofe der ehemaligen Familie Hess, wohl auch wegen Umbauten im
Laufe der Zeit. Später stand das Kreuz dann hinter dem Haus Linden (zeitweilig auch Sitz der Merscher
Steuerverwaltung), ehe es kürzlich, bestens restauriert, bei dem neuen Gendarmeriegebäude am Sternenplatz, gut sichtbar aufgestellt wurde.
3.
Das Scheidenkreuz (1813) befand sich ursprünglich an dem früheren Vogteihaus Scheiden, später Café
Schons. Durch Versteigerung kam das Haus an die Apothekerfamilie Mayrisch. Nach dem Umzug nahm
der letzte Inhaber der Hirschapotheke, André Mayrisch, das Kreuz mit in sein neues Heim (Centre
Marisca) wo es bestens restauriert in seiner Privatwohnung (heute Willy Vullers) neu errichtet wurde.
Wegen der Darstellung des hl. Nikolaus, wurde dieses Kreuz im Volksmund auch “Nikolauskreuz”
genannt.
4.
Das “Reckeskreuz” (1813) erlitt auch einige Versetzungen. Es steht an dem ehemaligen Vogteihaus
Rech (heute Frl. Wagner). Über den Ursprung dieses Kreuzes ist wenig bekannt. Es diente wahrscheinlich als Prozessionskreuz. Auch die eingravierten Namen Nikolaus Rech/ Mathias Stir verraten nichts
über die Geschichte dieses Wegkreuzes, das kürzlich von Skulpteur Serge Weis restauriert wurde.
5.
das Udinger “Bréckenkreuz” (1736) stand ursprünglich auf der Eischbrücke, ehe dieselbe 1875 umgebaut wurde. Erhalten blieb uns der Aufsatz, der heutzutage an der linken Ecke der Vorderfront der Fortisbankfiliale von Mersch eingemauert wurde. Über die eingravierten Initialen IG kann nichts Bestimmtes
gesagt werden. Wahrscheinliche Reststücke des Schafts vom Udingerkreuz wurden in den 70er Jahren
zufällig auf dem Gelände der “Scier Hoffmann” gefunden.
6.
Das “Linkskreuz” auf der Hochfläche der Haardt ist wohl das älteste Kreuz der Sektion Mersch, auch
wenn es nicht datiert ist. Seinen Ursprung umgibt gänzlich der Schleier der geschichtlichen Vergangenheit. Das Kreuz befindet sich an dem Höhenweg Mersch-Keispelt, der bereits im “ Keuspelter Pad –
Weistum von 1542" namentlich erwähnt wurde. Sogenannte ”Kiemreste" zeugen von der Existenz eines
alten Römerweges. Auffälligerweise passt das Kopfstück genau in den viereckigen ausgehöhlten
Sockelstein, das jedoch nicht eindeutig als Beweis gelten kann, dass das “Linkskreuz” nicht in früherer
Zeit (schätzen wir im 18. Jahrhundert) mittels eines Schafts als hervorragendes Objekt im Walde stand.
Eine Art Napf (Opferschale), den man heutzutage beim Sockel des sagenumworbenen Kreuzes zu
erkennen glaubt, könnte, wie übrigens Professor Joseph Hirsch auch glaubt, als Vertiefung zur
Aufnahme eines Schafts gedient haben.
Der Volksmund berichtet, die Familie Link hätte hier ein Kreuz errichten lassen, da genau an diesem Ort ihr
Familienmitglied “der Linkspetter” den Tod durch den Hufschlag eines Pferdes erlitten hätte. Der ehemalige
Lokalhistoriker Joseph Henckels “berichtet in einer Schrift, dass am 10. Februar 1694 Johannes Link als
Nachfolger des verstorbenen Heinrich Feller zum Burgrichter gewählt wurde. Desweiteren ist überliefert,
dass der ”Linkspetter und die Linksgiedel" ehemals, an der Stelle wo sich heutzutage der Vorplatz der alten
Primärschule befindet, einen “Spezereiwarenladen” unterhielten. Eine Linksvogtei wird auch im Kataster
der Maria-Theresia von 1766 erwähnt (Hausbesitzer: Wilhelm Quorin). Die Volkszählung von 1803 erwähnt
den Hausnamen Links im Zusammenhang mit der Hausbewohnerin Witwe A. Schiltz mit ihren 4 Kindern.
Eine genaue Auskunft über den wirklichen Auftraggeber des Linkskreuzes ist aus der heutigen Sicht wohl
kaum möglich, so wie vieles uns im Nebel der geschichtlichen Vergangenheit für immer entschwunden
bleibt.
Das Linkskreuz ist sehr sagenumrankt. So veröffentlichte der Athenäumsdirektor Nic. Gredt in seinem
“Sagenschatz des Luxemburger Landes” (Sage Nr 760), beispielsweise die Geschichte “Der Rote Mann im
Merscherwald”, wobei ein Maurer aus Keispelt, nahe dem Waldkreuz auf der Haardt, von einem Gespenst
mit blutrotem Mantel verfolgt wurde. Auch unser Nationaldichter Nikolaus Welter berichtet in seinem
Heimatbuch “Im Werden und Wachsen” über das grau verwitterte Kreuzbild im Merscher Wald, wobei klar
zum Ausdruck kommt, dass das Linkskreuz uns wohl kaum jemals sein wahres Geheimnis preisgeben wird.
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Wegkreuze
Servaiskräiz
“Wie der Stein herkam” erzählt uns Nic Welter, “was er bedeutet, könnte mir niemand sagen. Doch fand ich
in früherer Zeit dann und wann einen Opferpfennig unter seinem Fusse.” Ebenso zu Zeiten von Nic Welter
“… schwankte der Stein bei Berührung auf seiner Unterlage und legte eine schmale Öffnung frei..” wie der
Dichter weiter erzählt.
Auch der Heimatforscher und Merscher Arzt Dr. Thinnes erzählt unter dem Pseudonym Martin Busse eine
frei erfundene Geschichte, betitelt “Das Linkskreuz im Merscherwald”, in welcher der Sohn einer Köhlerfamilie, Theodore, den Ehemann (Sohn eines reichen Merscher Bauersmann namens Link) seiner ehemaligen
Geliebten in Eifersucht erschlagen hätte und anschließend nach Österreich flüchtete, wo er sich zum Militärdienst entschied und in einer Schlacht den Heldentod starb.
Wie dem auch sei, das Linkskreuz am “Kiem” Mersch-Keispelt wird wohl für ewige Zeiten sein ganzes
Geheimnis bewahren.
B. Beringen
1.
Das “Reineschkreiz” (1725), hart an der Grenze des Banns von Angelsberg (Gemeinde Fischbach), so
genannt nach einem längst verschwundenen Bauerngut im “Ieweschten Boesch” (der Merscher Schlossherrschaft Reinach gehörend) trägt, in freier Übersetzung, die Inschrift: „ Dieses Kreuz hat zu Ehren
Gottes errichten lassen, der ehrsame Jos. Demuling anno 1725 “. Über den wahren Ursprung des
Kreuzes gibt es keine konkrete Aussage. Der Volksmund berichtet hier von dem Kampf mit einem tollwütigen Hund, wobei ein Angehöriger der Familie Demuling den Tod gefunden hätte.
2.
Das “Schreideskreuz” (1849) am Ortseingang von Beringen wurde von der Familie Schroeder-Kipgen
errichtet. Der wahre Ursprung des Kreuzes ist ungewiss, dennoch könnte es mit der Erinnerung eines
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Steinerne Zeugen der Vergangenheit
Sohnes dieser wohlhabenden Beringer Familie zusammenhängen. Nikolaus Schroeder wurde am
12.03.1849 bis zum 22.12.1854 als Bürgermeister unserer Gemeinde gewählt.
C. Rollingen
1.
Das “Tockeschkreuz” (1755) vor dem ehemaligen Feyen- Haus sowie
2.
Das “Tockeschkreuz (1755) vor Henzen scheinen die einzig übrig gebliebenen Prozessionskreuze der
ehemaligen traditionellen Bittprozession Lintgen-Rollingen-Mersch zu sein. Wie üblich wurden beim
Halt vor einem Prozessionskreuz während des Kniefalls 5 Vaterunser gebetet.
Der gleiche Ritus, welcher der Überlieferung zufolge nach alter Trierer Tradition geschah, wurde, wie in
vielen anderen Ortschaften auch, anlässlich von Begräbnisfeiern praktiziert. Bevor ein Leichenzug das Dorf
verließ, wurden beim letzten Steinkreuz ebenfalls 5 Vaterunser gebetet.
Wie vielfach anderorts auch, wurden die Tockeschkreuze mit Farbe überzogen. Dies schadete den Kreuzen
mehr, als ihnen nutzte, da die Farbe vom Sandstein aufgesogen wurde und dieselbe als letzte Lösung durch
Abkratzen oder Sandstrahlung entfernt werden musste, wollte man das Wegkreuz fachgerecht restaurieren.
D. Reckingen
1.
Das Steinkreuz, welches in die Umfassungsmauer der “Elsenmühle” an der Eisch eingebaut wurde,
besteht aus zwei verschiedenen Teilstücken ehemaliger Wegkreuze. Das krönende Christuskreuz ist
neueren Datums (1875), während der untere Teil vage an eine Pieta erinnert. Letzteres Kreuzstück wird
in alten Familiendokumenten als “Schmitzkreuz in der untersten Wies ” im Jahre 1770 erwähnt. Den
Dorfchronikern zufolge hätten die unleserlichen Ziffern aber auf die Jahreszahl 1601 hingewiesen.
Die Elsenmühle war, laut Dorfchronik des ehemaligen Reckinger Kaplans, Jos Reuter, während der
Feudalzeit die Bannmühle der Untertanen von Pettingen, Reckingen und Useldingen. Das Schmitzhaus
zu Reckingen stellte hierzu den jeweiligen Müller, deshalb das Steinkreuz an der Mauer der “Elsenmühle” als “Schmitzkreuz” bezeichnet wird.
2.
Das “Belgeschkreuz” (1835 errichtet), an der Landstraße nach Brouch, auch “Clemenskraiz” genannt,
wurde von vielen Volkskundlern beschrieben u.a. auch von Professor Jos. Herr in seiner 1929 veröffentlichten “luxemburger Volkskunde und A. Jakoby (1936: ”Rundfunkspruch").
3.
Das “Laddeschkreuz” (1860), ein Gedenkstein zur Erinnerung an den Landwirt Franz Reding, der hier
wegen Herzschwäche am 16.06.1859 sein Leben aushauchte.
4.
Das “Birkelskreuz” (1882) verdankt seinen Namen der uralten Birkels-Vogtei, welche der Herrschaft
Pettingen untertan war. Das prächtige Anwesen ist heutzutage im Besitz der Familie Roger Steichen.
E.Schönfels
1.
Das “Sandkreuz (1833) bei der früheren Ölmühle an der Mamer. Gedenkkreuz für Frau Sand, die 1831
in der Mamer ertrank.
2.
“Sankt Annenkreuz” (1713) im Schönfelser Wald ist das älteste datierte Wegkreuz der Pfarrei Mersch
und hat die Zeit erstaunlich gut überstanden.
3.
Das “Kirchhofskreuz” (1733) ist eigentlich kein Wegkreuz im üblichen Sinn. Das aus Eichenholz bestehende Kreuz wurde von dem belgischen Reisenden Chevalier l’Evêque de la Basse-Moûturie in seinem
1844 erschienenen “Itinéraire du Luxembourg germanique” erwähnt.
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Wegkreuze
Verschwundene Kreuze
“D’Schéisser Kräiz” (1877) auch “Boullert-Kräiz” genannt stand am Ende des Rollingerbannes, hart an der
Grenze von Angelsberg und Schoos. Es war also im wahrsten Sinne des Wortes ein Grenzkreuz. Nach einer
alten Sage war einst eine arge Tierseuche ausgebrochen. Als man sich vornahm ein Kreuz zu errichten
erlosch die Krankheit der Tiere sofort. Einer anderen Geschichte zufolge, war einem Hirten die Herde
“durchgebrannt”; sie konnte beim “Schéisser-Kräiz” eingefangen werden, als sie beim Kreuz, “gebannt”,
stehen blieb.
Gemäß der Dorfchronik zeigte das etwa 2,20 m hohe Kreuz mit ungewöhnlich großem Kopfstück Christus
am Kreuze mit zwei nicht näher beschriebenen Nebenfiguren. Der Schaft war reich beschriftet, doch wies er
Lindenkräiz
viele Schreibfehler auf. Zu jener Zeit bestand noch kein Schulzwang, doch zeigen auch
jünger
angefertigte Kreuze, dass man es mit der Orthographie bei Kreuzschriften nicht allzu sehr genau nahm. So
hatte der diesbezügliche Bildhauer 3 Inschriften am Mittelstück des Kreuzes angebracht, deren Worte auch
nicht schreibgerecht mit der Zeile endeten. Die 1. Gravur war ein Ausspruch von Jesus:
VATER VERZEIT IHNEN DEN SIE WISSEN NICHT WAS SIE THUN
Inschrift No2 lautete nach dem Schmerzenschrei der Muttergottes:
OH IHR ALLE DIE IHR AUF DHEM WEG VORUEBER GEHET BETRAT TET OB IRGEND WO EIN
SCHMERZDZ IST WIE MEIN SCHMERDZ.
Eine ähnliche Inschrift, doch in besserer Rechtschreibung findet man bekanntlich auf dem Reckinger
“Birkelskräiz”, wie folgt: der “O VOS OMNES QUI TRANSITIS PER VIAM, ATTENDITE ET VIDETE
SI EST DOLOR SICUT DOLOR MEUS. Der Spruch ist bekanntlich dem „Buch Jeremia“, Prophet des
Alten Testamentes (650 - 587 v. Chr.) entnommen.
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Steinerne Zeugen der Vergangenheit
Die 3. Inschrift deutet die Urheber des Steinkreuzes an:
J.P. SEINNER
N.C. KIPGENS
A.M. MEY
GAN. SEINNERS
ALLE VON BERSCHBAG 1827
Mit J.P. Seinner und Gan Seinners sind die Herren Joh. Peter und Johann Sinner gemeint, Kipgens heißt
Kipgen (ohne “s”) und Berschbag heißt wohl Berschbach.
Der Name Mey,ist hierorts nicht bekannt und gibt auch den ältesten Leuten von Berschbach und Rollingen
Rätsel auf.
Der Kataster von 1824 erwähnt einen J.P. Sinner als Eigentümer des bekannten Sinneschhauses in Berschbach (heute umgebaut als Miethaus, gegenüber dem Haus Burton). Der Familie Sinner gehörte in alter Zeit
fast die ganze Flur die sich auf dem Höhenrücken zwischen dem Berschbacher Bach und der Busbach
hinzieht. Die wohlhabende Familie Sinner-Kipgen hatte das “Schéisser Kreuz” wohl zum Segen ihrer ganzen
“Gewan” errichten lassen. Gegen 1820 hatte Nic Kipgen, aus Beringen ein ehemaliger “Napoleonssoldat”,
die Tochter von J.P. Sinner zum Traualtar geführt. Sein Sohn Nik. Kipgen (geb.1823 gest. 1889) heiratete
Maria Rendels aus Kalber (1836-1869), welche das Gut ihrer Nichte Frl. Rosalie Burton vermachte. War
A.M.Mey vielleicht ein entfernter Verwandte, doch wie gesagt, er ist bis dato hier unbekannt.
Das Kreuz verfiel nach und nach und seine letzten Teile wurden erst nach dem 2. Weltkrieg buchstäblich in
den Waldweg, gestampft, jedoch ist es vielen heutigen Zeitgenossen in Erinnerung geblieben.
Im Schöffenweistum von 1542 geht in Berschbach, das bekanntlich der Herrschaft Mersch seit jeher untertan
war, von ein Bann- = resp. Fronkreuz “uff Thonus” die Rede. Daselbst wird eine Familie Anthonius erwähnt.
Ob und welche Beziehungen das “Thonus-Kreuz” eventuell mit dem “Schéisser-Kräiz” besitzt, könnten vielleicht genauere Nachforschungen ans Licht bringen.
2.
Der höchst verdiente Reckinger Lehrer und Lokalforscher G. Frings erwähnt, oberhalb der Landstraße
die nach Brouch führt und dessen oberer Teil im Volksmund “Wollefswé” genannt wurde, ein Wegkreuz
aus dem Jahre 1755. Die Dorftradition beharrt bei der Meinung, dass, ausgehend von dem Dorf
Reckingen, eine beträchtliche Anzahl von Stationskreuzen bis zur Enelterkapelle hin aufgestellt waren,
d.h. dass dort ein Kreuzweg bestanden hätte. In den Wirren der Französischen Revolution wären die
meisten Steinkreuze zerstört worden. Am Ort genannt “Heselterbur” fand man, gemäß Aussagen alter
Leute, noch Anfang des vorigen Jahrhunderts, Bruchstücke einer dieser Stationen.
Wie dem auch sei, das Kreuz im “Wollefswé” verfiel, bis auf das vermooste Kopfstück, das schließlich
in einer Art Rettungsaktion, vor etwa 30 Jahren vom Präsidenten des Merscher SIM (Syndicat
d’Initiative) zwecks Restaurierung in die Obhut des Kulturministeriums im Schlosshof von Burglinster
übergeben wurde.
Seither gilt das Steinkreuz als vermisst.
3.
G. Frings berichtet ebenfalls von einem Kreuz das sich ehemals beim “Reckinger Schloß ” befand. Es
stammte, der Jahreszahl nach, von anno 1725. Gemäß seinem Standort wurde es “Schlasskräiz” genannt.
Ein genauer Anhaltspunkt betreffend dieses Kreuzes fehlt uns vollständig.
3.
Kuriositätshalber erwähnen wir auch ein Wegkreuz, das nahe der Enelter Kapelle gestanden hätte – das
“Theveskreuz”, das Professor Joh. Engling mit der Jahreszahl 1787 datierte. Engling behauptet sogar,
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Wegkreuze
Reschekräiz
dass in alter Zeit noch 7 andere Kreuze nahe der Enelter Flurkapelle gestanden hätten. Auch der Folklorist J. CONRAD berichtet in seinem 1884 erschienenen Buch “Luxemburger Sagen und Legenden” von
diesem “Theveskreuz.” Ohne eine genaue Ortsangabe zu bezeichnen, reden beide Forscher vielleicht
von den Betsäulen des früheren alten “Enelterweges” der bekanntlich entlang des Fußes des
“Bé’senerbiergs” verlief und von welchem bereits Rede betreffend des “Wollefswé”- Kreuzes ging.
Bezüglich der Entstehung des Flurheiligtums “Einelter” hängt noch immer der Schleier tiefster Dunkelheit. Zwar bringt die Volkstradition die dortigen Anfänge in Verbindung mit dem hl. Theobald, der hier
um 1050 lebte, doch “Einelter” ist mit Sicherheit viel älter.
Allein der Name “Einelter”, der von “ein Altar” abzuleiten ist, weist in die Zeit der Einführung des
Christentums hierzuland zurück. Damals stand in den meisten Gotteshäusern kaum mehr als ein Altar
und auch eine tägliche Messe war eher die Ausnahme. Überdies beweisen Knochenfunde, dass sich hier
einst ein Friedhof, vielleicht auch eine kleine Siedlung befand. Letztere vielleicht auch bereits zur
Römerzeit.
4.
Verschwunden ist auch ein uraltes Kreuz, das im Schönfelser Walde am Ort genannt “Schéiferei” stand
und welches Professor J. HIRSCH Ende des 16. oder Anfang des 17.Jhdt datiert. Der Sockel des Steines
hatte eine rundliche Form, einem Mühlstein ähnlich.
Einen Steinwurf entfernt erhob sich ein anderes Steinkreuz, das um 1800 zu datieren ist und welches der
Dorftradition zufolge um 1900 von der Freifrau von Goethals (damalige Eigentümerin des Schönfelser
Schlosses) neu errichtet wurde (nicht zu verwechseln mit dem sich in der Nähe befindlichen “Raitesch
Kreiz” (1886) der Familie Hoffmann-Trinkes, das sich auf dem Lorentzweiler Bann am Ort genannt
“Kummermuergen” befindet). Das gut erhaltene Kreuz wurde noch vor knapp 20 Jahren gesehen und
ähnlich wie beim “Raitesch-Kräiz” rankte sich um dieses Flurkreuz die Geschichte, dass sich ein Kind
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Steinerne Zeugen der Vergangenheit
hier verirrte und am zerfallenen Kreuz wieder gefunden wurde. Einem Gerücht zufolge wäre das Kreuz
zum Schutz vor weiterem Verfall von einer Privatperson in Verwahrung genommen worden.
Die Wegkreuzgruppe der Gemeinde Mersch
Bis tief in das 20. Jahrhundert hinein waren unsere Kreuzmäler nicht nur den Unbilden der Natur schutzlos
ausgeliefert, sondern auch den Menschen, besonders in Kriegszeiten. Auch diejenigen die ihnen hold gesinnt
waren, rückten den Steinkreuzen mit ätzender Farbe und Metallbürsten zu Leibe und taten mehr schlecht als
gut für die Erhaltung dieser steinernen Zeugen der Vergangenheit. Es war endlich an der Zeit weiteren
Zerstörungen entgegen zu wirken und so verschickte die Regierung des damaligen Staatsministers Joseph
Bech am 27.02.1934 ein Rundschreiben an alle Gemeinden des Landes mit der Bitte “…den Unterhalt der
alten Wegkreuze sicherzustellen und Vorkehrungen zu treffen, damit sie nicht beschädigt und auch nicht
ohne vorherige Genehmigung abgeändert, restauriert, oder von ihrer Stelle entfernt werden ..” Schon vorher,
1895 durch Staatsminister Eyschen und später 1932 durch Staatsminister Bech wurden Standorterhebungen
unserer Wegkreuze von den Gemeindeverwaltungen angefordert, doch leider sind die Ergebnisse dieser
Umfragen nie veröffentlicht worden. Allein die Zahl der Kreuze wurde bekannt und so wissen wir, dass
damals 1167 Kreuze inventarisiert wurden, davon 87 im Merscher Raum. Im Klartext, man kennt bis zum
heutigen Tag die Zahl der Wegkreuze hierzulande nicht. Noch schlimmer ist die Tatsache, dass viele unserer
Flurdenkmäler noch immer Gefahr laufen, verunstaltet oder sogar geraubt zu werden. Es ist zu begrüßen,
dass sich nun aber in manchen Gemeinden Organisationen zum Schutz des bescheidenen Patrimoniums,
welches die Wegkreuze darstellen, bilden.
Die Initiative, auch in Mersch eine Wegkreuzgruppe zum Schutz der Steinkreuze unserer Gemeinde zu
bilden, ging von unserem Pfarrdechanten Ferdy Fischer aus. Am 8. August 1989 wurde der diesbezügliche
Verein aus der Taufe gehoben. Sein Augenmerk richtet sich seit einiger Zeit auch darauf, erhaltungswürdige
Grabmonumente sicher zu stellen.
Herzlichen Dank gebührt auch der Merscher Gemeindeverwaltung, welche die Arbeit der “Wegkreuzgruppe”, besonders in finanzieller Hinsicht, tatkräftig unterstützt. Glücklich kann man sich auch schätzen,
dass sich in der Reihe dieser Gruppe auch ein echter Fachmann befindet, der Skulpteur Serge Weis, wohnhaft
in Rollingen. Während der nunmehr fast siebzehnjährigen Tätigkeit sieht die Bilanz in puncto Steinkreuzerhaltung folgerndermaßen aus:
1.
Udinger Brückenkreuz: das restaurierte originale Aufsatzstück wurde von der Hinterfront an erhöhter
Stelle an die erste Ecke der Vorderfront der Bank ING Filiale Mersch auf unseren Wunsch angebracht.
2.
Servaiskreuz in Mersch: eine “Copie” wurde an der Hofmauer des heutigen Merscher National-Literaturinstitutes an dem ursprünglichen Standort des Originals angebracht. Das alte Wegkreuz wurde im
Dépot von “Sites et Monuments” sichergestellt.
3.
Lindenkreuz in Mersch: nach mehreren Besprechungen mit den Verantwortlichen des “Sites et Monuments” wurde das restaurierte Original neben dem neuen Gendarmeriegebäude am Sternenplatz neu
errichtet.
4.
Schréideschkräiz in Beringen: Im Original, wurde von Serge Weis restauriert und mit Schutzdach,
wenige Meter von seinem ursprünglichen Platz entfernt, neu errichtet.
5/6. Die beiden Tockeschkreuze in Rollingen wurden von Serge Weis restauriert und in der Filialkapelle von
Rollingen sichergestellt. Eine Kopie, ebenfalls von Serge Weis, wurde am ursprünglichen Ort im Dorf
Rollingen aufgestellt.
15
Wegkreuze
Tokeschkräiz
7.
Das Sankt Annenkreuz im Schönfelser Wald “op der Lärchen” erlitt dieselbe Prozedur wie die beiden
Tockeschkreuze d.h. Kopie am Ursprungsort, Sicherstellung des Originals in der Schönfelser Filialkirche.
8.
das Rescheskräitz in Obermersch: das Original wurde erst kürzlich von Serge Weis restauriert, mit
einem kleinen Schutzdach versehen und einige Meter von seinem ursprünglichen Platz entfernt neu
errichtet.
Letzteres Wegkreuz sowie das Schréideskräiz, das Sankt Annenkreuz und die beiden Tockeschkreuze
wurden von Abbé Ferdy Fischer feierlich eingesegnet.
Zu bemerken bleibt, dass unser Verein auch schon auf dem Merscher Friedhof tätig war, wo eine Gedenkplatte bei sichergestellten Kreuzen angebracht wurde. Die Merscher Wegkreuzgruppe versteht sich als
kleiner bescheidener Kulturverein der sich verpflichtet fühlt die wehrlosen Bildstücke in ihrer Heimatgemeinde als Patrionium, das uns unbedingt als erhaltungswürdig erscheint, vor dem drohenden Untergang zu
beschützen. Man sieht sich sozusagen als Vermittler zwischen Privateigentümern, den Gemeinden und den
staatlichen Denkmalschutzbehörden. Der aufrichtige und herzliche Dank sei allen gewiss, die uns bei unserer
Arbeit behilflich sind.
Viel Versäumtes ist nachzuholen. Unsere Planung besteht nun darin, vorrangig die drei Reckinger
Wegkreuze an der Broucher Straße (Belgesch-Laddesch-und Birkelskreuz) zu restaurieren resp. neu zu
verankern, sowie uns auch um das Linkskreuz im Merscher Wald zu kümmern.
Schlusswort
Sollten manche Kreuzsteine in puncto Kunst auch nur unvollkommen und verschieden sein, so sind sie doch
wahre Zeitzeugen der Vergangenheit und gehören zu dem kulturellen Erbe unserer Heimat. Sie sind Zeugen
des lebendigen christlichen Glaubens und ehemaliger alter Tradition.
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Steinerne Zeugen der Vergangenheit
An ihnen pulst das Leben, bei manchen bereits seit Jahrhunderten vorbei. Viele haben eine traurige
Geschichte. Groß, bleich und mahnend blicken sie in die Welt. Sie wissen viel zu erzählen, man muss nur still
bei ihnen verweilen und ihrer feinen Stimme zuhören:
Vos omnes qui transistis, attendite et videte!
Die Erinnerung ist wichtig. Wer die Vergangenheit gut kennt, kann die Gegenwart besser verstehen.
Tokeschkräiz
17
Wegkreuze
Reschekräiz
Scheidenkräiz
Schreideschkräiz
18
Steinerne Zeugen der Vergangenheit
Linkskräiz
Eine Legende um das Christuskreuz auf de Hardthöhe
„Die Zeiten der Vergangenheit sind uns ein Greuel mit sieben Siegeln“
(Goethes „Faust“)
Reife, fruchtschwere Felder, blühende Blumenwiesen, am Raine ein verwittertes Feldkreuz… Wo immer du
wandern magst in katholischen Landen, das Feldkreuz im Schatten einer breitästigen alten Linde oder Eiche,
zwischen ragenden Tannen, die steinernen uralten Wegkreuze an Gemarkungsorten der Flur oder hart an
einer Landstrasse oder gar mitten im Wald, findest du allerorts. Sie haben so etwas Einfaches und Anspruchloses in ihrer Erscheinung und geben beredtes Zeugnis des tiefen Glaubens der einstigen Landbevölkerung.
Droben auf der Haardt, abseits vom lauten Fernverkehr, am Rande eines dunkelgrünen Gehölzes, wurzelte
eine mächtige Buche mit schiefergrauer Rinde und breitem Geäst. Vor vielen, vielen Jahren stand hier ein
prächtiges Feldkreuz aus basaltartigem Gestein. Ein gütiges Herrgottsantlitz schaute auf die Gläubigen
herab, die sich Zeit nahmen und ein stilles Gebet vor dem Wegkreuz entrichteten.
Die Sage berichtet, dass Kroaten während des 30jährigen Krieges ein Lagerfeuer in der Nähe dieses Kreuzes
anzündeten und der schwelende Rauch das Herrgottsbild ganz dunkel färbte. Der Hauptmann der wilden
betrunkenen Horde verhinderte es, dass die übermütigen Soldaten das Steinmal umschlugen. Seit diesem Tag
wich das Glück nicht mehr von den Fersen dieses tapferen Offiziers. In kurzer Zeit wurde er General und
vom Kaiser geadelt.
Doch von jener Zeit an besaß das schöne Herrgottsbildnis selbst auch eine höchst unerklärliche Eigenschaft:
in gewissen Augenblicken, besonders aber nach einem vorübergegangenen Unwetter strahlte das Kreuz hell
auf und über unseres Herrn Angesicht ging solch ein reines, mildes Leuchten, dass es nicht zu beschreiben
wäre. Als nun ein Bauer der nächstliegenden Ortschaft, den man des „Felddiebstahls“ beschuldigt hatte, vor
19
Wegkreuze
dem „schwarzen Christus“, wie das Feldkreuz seitdem im Volksmund hieß, seine Unschuld beweisen konnte,
benutzte der kindlich einfältige Sinn des Volkes bald das Gottesbild zum Gottesgericht. Leuchtete das Steinkreuz hell auf, so wurde der Angeklagte, den man vor das Wegkreuz schleppte, frei gesprochen, blieb das
Bildnis schwarz, so galt der Delinquent als der Tat überführt und musste für seine Missetat büssen.
Diese Wunderzeichen bewirkten, dass sogar Wallfahrten frommer Gläubiger zu dem Wegkreuz auf der Hardt
stattfanden. Am Fuße des Steinkreuzes befand sich eine Art Opfernische, in welche man Geschenke jeglicher
Art, Blumen, Geld, sogar goldene Ringe hineinlegte. Opfergaben sind immer ein Beweis der Liebe und
Bewunderung. Niemand wagte irgendeine Gabe zu stehlen, auch nicht die Köhler, die damals in den
Wäldern rings um die Haardt hausten. Zu ihnen gehörten manche entlassene Sträflinge, fahrendes Volk und
sonstige raue Gesellen. Doch ein eigener Ehrenkodex regelte ihr Zusammenleben und niemals hatten weder
herzogliche Landjäger noch herrschaftliche Bütteln Sorgen mit diesen Leuten, welche die Dorfgemeinschaft
dennoch nicht innerhalb ihrer Wohngebiete duldete. So lebte dieses Völkchen ihr eigenes Leben und manche
Geburtseintragungen in den alten Pfarrarchiven lauteten: „Natus in Silvis….geboren im Walde, namentlich
in den Mamerleyen, in der Wichtelcheslay, in Sullgen, unter Reiffels, auf dem Kolbigerhof kurzum im
Reckinger – und im Merscher Wald. Ihre Familiennamen klangen wallonisch und ihr Aberglaube beein-
Belgeschkräiz
flusste ihren Charakter und bewirkte auch, dass sie großen Respekt vor dem Christuskreuz auf der Hardt
hatten.
Kurz vor der französischen Revolution geschah ein Mord in der Nähe des Christuskreuzes.
Ein Reiter, der durch das damalige fast unwegsame Gelände der waldreichen Haardhöhe auf einem müden
Gaul daher ritt, wurde meuchlings aus dem Hinterhalt umgebracht. Zufällig kam auch ein Mann des Weges,
der im fernen Wien in einem Regiment des Kaisers gedient hatte. Er wollte nun den Rest seiner Tage in seiner
Heimat verbringen, die zu dieser Stunde kaum eine Wegstunde vor ihm lag. Wohl hatte der ehemalige Soldat
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Steinerne Zeugen der Vergangenheit
den Schuss von ferne gehört, doch hatte er sich nichts Böses dabei gedacht und glaubte, ein Jäger habe ein
Wild erlegt. Wie groß war dann aber sein Schreck, als er plötzlich vor der Leiche eines ausgeraubten, halbnackten Menschen stand. Er beugte sich um sich zu vergewissern, ob der Unglückliche tatsächlich tot war.
Gerade in diesem Augenblick trat ein Mann aus dem Gehölz, der sich als herrschaftlicher Förster des Dorfes
ausgab. Der Jagdhüter hatte ebenfalls den Schuss gehört und glaubte sich auf der Spur von Wilddieben zu
sein. Doch die Szene, die sich ihm bot, redete eine deutliche Sprache. Der Förster hielt den armen Soldaten
für einen Mörder, zumindest aber für den Angehörigen einer Bande, die schon seit einiger Zeit die ganze
Gegend unsicher machte.
Er hielt den Mann vor ihm mit seinem Gewehr in Schach. So sehr der alte Soldat auch seine Unschuld beteuerte, es half ihm nichts, er musste dem herrschaftlichen Jägersmann auf das _Schloss drunten im Tal folgen.
Das Schöffengericht verurteilte den Ärmsten kurze Zeit später zum Tode durch den Strang. Zu sehr sprachen
die Umstände gegen ihn und da es ihn auch vor Angst und Schrecken die Stimme verschlagen hatte und er
nur wirres Zeug stammelte, wurde dies als ein weiterer Beeis seiner Schuld gedeutet.
In der letzten Nacht vor seinem Tod durch den Galgen, trat der alte Pfarrer des Dorfes in das finstere Schlossgefängnis, in dem der Soldat still vor sich hinweinend , auf dem Stroh lag. Der seelenkundige Priester, der
wohl in den Herzen der Menschen lesen konnte, sah in die mit Tränen gefüllten Augen des Verurteilten und
erkannte sofort dass er einen Unschuldigen vor sich hatte. Das Gericht würde sich eines schlimmen Irrtums
schuldig machen, sollte man diesen Menschen mit des Seilers Tochter bekanntmachen. Das anschließende
Gespräch überzeugte den erfahrenen Seelsorger vollends. Der Unbekannte entstammte gar einer alten
Familie des Dorfes, welche vor Jahren nach Siebenbürgen ausgewandert war. Der bei Allen geehrte Pfarrer
erwirkte, dass die Gerichtsschöffen den Gang zum „schwarzen Christus“ auf der Haardthöhe anordneten.
So zog an einem regnerischen Sonntag die „Wahrheitsprozession“ unter lautem Glockengeläute zum Dorf
hinaus. Ein heftiger Herbststurm trieb dichte graue Wolken vor sich her und riss die bunte Blätterpracht von
den Bäumen. Das Schicksal hatte es bitter hart mit dem alten Soldaten gemeint, den man in der Mitte der
Prozession, in Ketten geschlagen mit sich führte. Gar manche Schlacht hatte er im fernen Schlesien für den
Thron geschlagen. Ehrenvoll war er aus dem Heer entlassen worden um seine wohlverdiente Pension in
seiner Heimat zu verbringen.
Dumpf und drohend grollte es über den Berg, das Herz des Soldaten schlug schnell. Vor dem Bildnis angekommen, musste er zuvorderst auf dem Gebetsbänkchen niederknien. Rechts von ihm stand der geistliche
Herr, der ihm zuversichtlich zunickte, links nahm der hohe Gerichtshof seine Aufstellung vor. Chorknaben
sangen, - leise fiel das Volk in die, Gott lobpreisenden Liedern mit ein. Still betete der gottesfürchtige Soldat
vor sich hin, dass an diesem heiligen Ort die Wahrheit ans Licht treten solle, dass er nicht der Mörder des
„Linksbauer“ aus Mersch war.
Vor dem Herrgottsbilde hatte man an schützender Stelle eine brennende Kerze aufgestellt. Sollte vor dem
Absterben des Kerzenlichtes der grauschwarze Stein sich nicht erhellen, dann war der Angeklagte schuldig
und keine Macht der Welt würde ihn vor dem Galgen retten können. Sollte der Himmel aber ein Zeichen
setzen, so befahl es die Tradition, könnte er noch an Ort und Stelle von seinen Fesseln befreit werden und als
freier Mann gehen, wohin er auch immer wollte.
Das Sausen des Windes erklang immer schauerlicher im Forst. Mehr als einmal drohte das unruhige Flämmchen der Kerze, trotz des schützenden Glases, vorzeiten zu erlöschen. Das Volk betete nun laut und stark und
plötzlich, oh Wunder, riss die schwarze Wolkenwand auf. Kurz trat die Sonne im gleißendem Licht hervor
und versetzte das ganze Feldkreuz in blendenden Schein. Lieblicher denn je leuchtete das schöne Angesicht
des Gekreuzigten auf, grelles Sonnenlicht zuckte auch über die Erde und drang glitzernd in das Gehölz.
Sekundenlang erhellte der blendende Sonnenstrahl das Waldkreuz, um das verzeihende Lächeln des Erlösers
zu zeigen. Ein brutal schmetternder Donnerschlag verhüllte dann den Wald wieder in dunkles, fahles Licht.
Der Soldat aber hatte seinen Mut wieder gefunden und wie ein Schlachtruf brach es aus ihm vor: „Ich danke
dir, oh mein Herr. Du mein Gott weißt, dass ich unschuldig bin – ich danke dir.“ Das gläubige Volk aber fiel
21
Wegkreuze
auf die Knie und harrte noch lange betend und singend an der Wunderstätte. Der alte Soldat war gerettet. Das
wundertätige Ereignis auf der Haardt blieb lange in der Erinnerung des Volkes im Alzettetal, bis es
schließlich vergessen wurde.
Dann brach eine neue Zeit an, das feudale herrschaftliche Wesen neigte sich seinem Ende zu.
Anno 1794 wurde unser Land von den französischen Revolutionstruppen belagert. Das morsche Gebäude
Laddeschkräiz
des Mittelalters wurde umgestürzt aber an dessen Statt war anfangs nur Schutt und Graus anzutreffen. Auch
in Luxemburg fürchtete man sich vor den wilden Scharen der Jakobiner, deren Sengen und Brennen, Rauben
und Morden berüchtigt waren. Am 7. Juni 1795 schloss der wackere Gouverneur von Luxemburg, Marschall
von Bender, mit dem französischen General Hatry eine ehrenvolle Kapitulation, laut welcher die Festungsgarnison aus der Stadt ziehen durfte und den Stadtbürgern Eigentum und Leben gesichert waren. Doch was
den Kultus und Gesetzgebung anbelangt, so musste die Einwohnerschaft sich nolens volens den Gesetzen
der Republik fügen. Doch die „Sansculotten“ kümmerten sich wenig um schriftliche Verträge. Sie gebärdeten sich wie wütende Hunde. Freiheitsbäume mussten überall errichtet werden. Kontributionen bezahlt
werden und auch der Glaube der katholischen Luxemburger war bald bedroht. Die Namen der Straßen und
öffentliche Plätze, welche irgendwie einen Zusammenhang mit unserer Religion hatten, wurden umgeändert,
kurzum alle Zeichen des Christentums sollten verschwinden. Die Glocken wurden aus den Kirchtürmen
gerissen, Kruzifixe entfernt, Kirchenmöbel, Messgewänder um ein Spottgeld verkauft, Kirchen in Profanorte verwandelt. So kam es, dass in unserer Hauptstadt beispielsweise die Franziskanerkirche als Waffenarsenal, die Kapuzinerkirche als Mehlmagazin, die Kongregationskirche als Theater und die Dominikaneroder St. Michelskirche als Vernunfttempel dienen mussten.
Noch schlimmer erging es den Priestern, welche einen gewissen Treueid auf die Republik schwören mussten,
ansonsten sie verfolgt, ihres Vermögens beraubt oder gar deportiert wurden. Frevelnd streckten sich die
Hände der respektlosen Republikanischen Soldateska nach allen christlichen Symbole aus und so wurde
22
Steinerne Zeugen der Vergangenheit
auch dem Christus auf der Haardhöhe übel mitgespielt. Das Wegkreuz wurde umgeworfen und dem Christusbild noch ein Schlag mit dem Säbel verpasst. So blieb allein der verwitterte Kopfstein des Denkmals im
Walde übrig. Das Gesicht unseres gütigen Herrn hatte man unkenntlich gemacht. Verächtlich wurde das
Steinkreuz im Wald seinem weiteren Schicksal überlassen.
Erst nach dem Konkordat zwischen Papst Pius VII und Bonaparte, am 15.07.1801 besserten sich die Zeiten
bezüglich der Religionsfreiheit. Sogar Napoleon, der am 08.10.1804 von Trier nach Luxemburg zu Besuch
kam huldigte Luxemburgs Schutzpatronin, die Trösterin der Betrübten durch eine großartige Geste. Als man
ihn nämlich am Schlosstor empfing und die Notabeln der Stadt ihm zum Zeichen der Huldigung, den vergoldeten Silberschlüssel der Trösterin der Betrübten, den ihr einst die Stadt als Weihgeschenk zur Schutzpatronin der Stadt Luxemburg geopfert hatte, auf einem rotsamten Kissen darbieten wollten, nahm er den
Schlüssel nicht an, mit der Bemerkung, „er befinde sich in guten Händen“.
Den Buchenwald droben auf der „Haardt“ hatte man indessen bereits vor der Belagerung durch die Franzosen zur Brennholzversorgung der Festung Luxemburg kahl geschlagen.
Später wurden hier Kiefern angepflanzt, die nur karg empor wuchsen. Doch die Menschen im Tal vergaßen
das Bildnis des Gekreuzigten auf der Haardt nicht. Zwar war die diesbezügliche Legende vergessen worden,
doch der erhaltene Kopfstein des einst so schönen stolzen Wegkreuzes, wurde wieder exakt an jener Stelle
errichtet, wo es einst seine Wundertätigkeit ausübte. Dunkel erinnerte das Volk sich noch an die Geschichte
des alten Soldaten und nannte seitdem das einsame Wegkreuz droben im Merscher Wald „Linkskreuz“ nach
dem Namen des damals Erschossenen aus der „Linksfamilie“.
Auch unserem Heimatdichter Nik. Welter war das „Linkskreuz“ wohl bekannt. Er schreibt in seinem Erinnerungswerk „In Werden und Wachsen“: „Unter dem Buschwerk barg sich ein niedriges, grau verwittertes
Kreuzbild. Wie der Stein herkam, was er bedeutet, konnte mir niemand sagen. So umschwebt diesen
Einsiedler immer etwas Rätselhaftes.“
Es stehen viele Steinkreuze am Wegrand und auch mitten in Dörfern, deren Geschichte wir kaum noch
kennen, es sei denn eine Inschrift gibt uns Kunde seines Daseins. Aber gleichwohl, ob Schuld oder Sühne, ob
Bitte oder Dank oder nur ein frommes Andenken Ursache und Motiv seiner Errichtung sind, das Wegkreuz
ist ein lebendiger Zeuge uralter christlicher Kultur und Tradition. Es ist durchaus erhaltungswert und lehrt
uns die besseren Werte des Lebens zu erkennen: Gottesfürchtigkeit, Gottvertrauen, dankbare Erinnerung an
unsere altvordern, sogar die Liebe zur Natur und ihrem Schöpfer.
Dem Gekreuzigten zollten auch die meisten großen Poeten, allerhöchsten Respekt und Liebe, auch manche,
die nicht als allzu gläubig bekannt waren z.B. Victor Hugo von welchem folgende schöne Verse bekannt
sind:
Vous
Vous
Vous
Vous
qui
qui
qui
qui
pleurez, venez à ce Dieu, car il pleure;
souffrez, venez à lui, car il guérit;
tremblez, venez à lui, car il sourit;
passez, venez à lui, car il demeure.
Es fällt auch niemandem ein Zacken aus der Krone, wenn man ein Weilchen vor dem verwitterten Wegkreuz
stehen bleibt, ein stilles Gebet verrichtet und etwas über den wahren Sinn des Lebens nachdenkt. Vielleicht
überkommt ihn dann die Erleuchtung die auch dem Dichter Emanuel Geibel erst in späten Jahren zuteil
wurde, wenn er schreibt: „ Das ist das alte Lied und Leid, dass die Erkenntnis erst gedeiht, wenn Mut und
Kraft verrauchen: das alter weiß, du kaufst nur um des Lebens Preis die Kunst, „das Leben recht zu brauchen“.
23
Wegkreuze
Steinerne Spuren geschichtlicher Vergangenheit
Menhire, Dolmen, Hinkelsteine oder wie sie auch immer
heißen mögen sind von kultureller Bedeutung und bezeugen
auch dass Kultur und Zivilisation keineswegs Errungenschaften der jüngeren Vergangenheit sind.
Verstreut über den ganzen Erdball finden sich rätselhafte
Steine, verwirrende Zeichen und Symbole von unbekannten Künstlern aus längst vergessenen Völkergemeinschaften hergestellt.
Wie so vieles mehr, gehören diese mysteriöse, hoch aufrecht
stehende Steine aus vorgeschichtlicher Zeit zu den vielen
Menschheitsrätseln die unerforscht bleiben und denen auch die
Ratio unserer Zeit nicht weiterhelfen kann, allein schon aus Mangel an
schlüssigem Quellenmaterial.
Viele dieser Kultstätten dienten wahrscheinlich astrologischen Zwecken, andere waren Wallfahrtsorte, wo
man zu den Göttern Kontakt aufzunehmen versuchte. Die Weisheit, die technische Fertigkeit jener antiken
Völker, die aus diesen rätselhaften Steinen und Stätten spricht, straft jeglichen Hochmut unseren sogenannten “primitiven Vorfahren” gegenüber Lügen. Und so lange sie der Schleier des Geheimnisvollen
umgibt, solange wird auch die Suche nach Erklärungen und Antworten weitergehen. Auch in der Gemeinde
Mersch befindet sich ein Megalith einer versunkenen Kultur, dessen präzise Beschreibung wir kennen, aber
das Geheimnis um die Wurzeln seines Daseins nicht zu deuten vermögen.
Die Geschichte unseres Großsteins begann im Jahre 1978 als die Hobby-Archäologen Roger Kugener und
das Ehepaar Robert Weyrich und Maisy Fischbach im Mergelgebiet des “Béisemerbiergs” einen Großstein in
einer Wiese des Reckinger Landwirts Roger Steichen fanden, der von Natur aus nicht dorthin passte. Er
wurde viel um den Stein gerätselt, bis Anfangs des Jahres 2001 eine Mannschaft um den Archäologen
unseres Nationalmuseums, François Valotteau, Grabungen an Ort und Stelle vornahmen, um dem rätselhaften Stein sein Geheimnis zu entlocken. Es stellte sich schnell heraus, dass man es mit einem echten
Menhir der Jungsteinzeit (Neolithikum – in Europa 5000 – 1800 v. Chr.) zu tun hatte. In einem wissenschaftlichen Rapport betitelt: “La pierre dressée de Beisenberg, Mersch (1)” gaben die Spezialisten der “Section
Préhistoire” unseres Nationalmuseums, François Valotteau und Catherine Jost die Ergebnisse ihrer Untersuchungen im Mai 2001 bekannt und validierten hiermit den mysteriösen Stein am Hang des Béisenerbiergs in
Reckingen als einzig bisher gefundenen echten Menhir des Großherzogtums Luxemburg. Der Reckinger
Menhir gehört in die Kategorie der “menschenähnlichen Menhire (menhir anthropomorphe”) und dem Idealismus der vorgenannten Merscher Bürger und Mitglieder der “Amis du Vieux Mersch” sowie den
Forschungsarbeiten der Leute des “luxemburger Nationalmuseums ist es zu verdanken, dass die Gemeinde
Mersch nun um eine weitere Sehenswürdigkeit reicher ist.
Nachfolgend findet der Leser einige Schriften zu dem Thema des “Menhirs vom Béisernerbiergs” ohne
indessen das Rätselraten seiner Herkunft lösen zu können – vielleicht ist es so auch am besten.
Den vorerwähnten Rapport von Fr. Valotteau und Cath. Jost können wir wegen Raummangel nicht in dieser
Broschüre publizieren.
Etwaige Interessenten mögen sich zwecks Einsicht dieser wissenschaftlichen Arbeit an die Gemeinde
Mersch wenden, wo eine Abschrift dieser Schrift zwecks Einsicht zur Verfügung steht.
26
Steinerne Zeugen der Vergangenheit
Ein Menhir in der Gemeinde Mersch
Vorwort
Bescheidene Reste von einstigen Flurdenkmälern und zufällige Funde von Werkzeugen aus der Steinzeit,
besonders sogenannte Silexfunde aus der Mittelsteinzeit (Mesolithikum beginnend um 8500 v. Christus)
welche in unserem Heimatkreis im Laufe der Zeit gefunden wurden, beweisen eindeutig, dass sich die
Gemeinde Mersch auf urältestem Kulturboden erhebt. Ein besonderes Rätsel gab unseren lokalen Altertumsforschern ein etwa drei Meter großer Sandstein auf, der am Ort genannt „Béisenerbierg“ nahe der „Enelterkapelle“, seit undenklichen Zeiten liegt. Dennoch deutelten unsere damaligen Lokalhistoriker nicht allzu sehr
um diesen mysteriösen Stein herum. Erst in den siebziger Jahren schenkten Mitglieder des im Jahre 1966
gegründeten Merscher Geschichtsverein „Les amis du vieux Mersch“ dem Sandstein auf dem Béisenerbierg“
mehr Beachtung. Sie versuchten zu ergründen, welche Bewandtnis es mit diesem geheimnisvollen Stein
hatte, der gar nicht in den mergelartigen Keuperboden, der hier vorherrschte passte und der für dessen
Hersteller eine erstaunliche Arbeitsleistung erforderte – sowohl für den Transport als auch für die Errichtung. Ohne nun allzu viele Gedanken über die Lösung des Monolithproblems zu verschwenden, respektiv
Vorgeschichtsforschung zu betreiben, galt es vorerst den schweren Stein aus dem Wiesengrunde zu befreien
und ihn in seine ursprüngliche Lage zurückzubringen, d.h. in seine volle Größe aufzurichten. Damit begann
die Geschichte des Menhir von Reckingen in der Gemeinde Mersch, mit welcher wir uns in den nächsten
Zeilen eingehend beschäftigen wollen.
Das Gesicht einer Landschaft
In Reichweite des Béisenerbierg erhebt sich die uralte Kulturstätte von Helpert. Silex- und andere Steinfunde
gelten als unumstößliche Beweise einer paläolithischen Besiedlung in der Umgebung dieses Höhenzuges.
Mit zunehmender Erwärmung des Klimas in der Mittelsteinzeit, besonders aber in der Jungsteinzeit (Neolithikum, um 5000 vor Christus) begann die Sesshaftigkeit der Menschen und sie wurden auch aus ihren
Höhlen gelockt. Sie bauten ihre Wohnungen gewöhnlich am Waldesrand auf Plateaus oder in Südhängen in
nächster Nähe von Quellen und Bächen, sowie gutem Ackerland. So gesehen, eignete sich das Béisenerland
vortrefflich als Siedlungsort. Zwei wasserspendende Bächlein, Rolleschbach und Weilerbach umrahmten
den langen Bergrücken der teilweise aus steifem Mergel und rotem Diluvialboden besteht. Hier bot sich dem
Menschen die Möglichkeit Ackerbau und Viehzucht zu betreiben. Auf dem breiten Rücken des Béisenerbierg fand man zahlreiche Spuren von runden Vertiefungen, die im Laufe der Zeit von den ackernden Bauern
fast gänzlich durch Erdauffüllungen verwischt respektiv in westlicher Richtung vom Walde überwuchert
wurden. Hier fand man Steinwaffen, Ziegelreste, Tonscherben und sogar eine gut erhaltene Streitaxt aus
grünem Granit. Mit Bodenvertiefungen brachten ältere Forscher stets die „Mardelle“ in Verbindung. Doch es
ist sehr umstritten zu welchem Zweck diese natürlichen, respektiv künstlichen Bodenlöcher dem neolithischen Menschen gedient haben mochten. Waren es tatsächlich Wohngruppen oder nur Materialgruben, vielleicht auch Vorratskammern. Bewiesen ist nichts.
Die Menschen in dieser Zeit liebten es, in der Nähe ihrer Siedlungen sogenannte Fliehburgen anzulegen.
Solche Abschnittswalle findet man häufig in der Nähe von Mersch: Hunnebour (Schanz), Marienthal (Burggruef), Angelsberg (Levent).
Im Falle eintretender Kriegsgefahr wären die Siedler vom Béisenerbierg mit Sicherheit zum äußersten Zipfel
des Reckingerwaldes dem Béiserbierg geflohen. Hier befand sich auf einer vorgeschobenen Felsnase etwa
vier Kilometer vom Béisenerbierg entfernt, unnah von „Hunnebour“ die alte Fliehburg „Schanz“. Der
Gleichklang der beiden Bergrücken (Béisenerbierg und Béisebierg) ist augenfällig und hat mit Sicherheit
nicht nur mit der Sprachform Gemeinsamkeiten, die jedoch bis zum heutigen Tag im geschichtlichen Dunkel
liegen. Nur die bescheidenen Reste von zufälligen Funden und Flurdenkmälern vermögen uns Kunde aus
grauer Vorzeit zu geben.
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Wegkreuze
Wie dem auch sei, niemand möchte bezweifeln, daß die Gegend um den Helperknapp und dem Béisenerland
auch wie geschaffen war für Opferstätten im grauen Altertum. Die Berge waren die natürlichen Tempel der
Alten; die Wälder, die sie bedeckten, die Felsen, welche die Gipfel krönten, weckten in ihnen ein abergläubisches Empfinden und so weihten sie diese Stätten dem Kult ihrer Gottheiten. Diese Kultstätten wurden
oftmals von anderen Völkern übernommen – so entstanden die uralten Heiligtümer Helpert und Enelter in
unserem engeren Lebensraum. Feste Wege führten zu den neolithischen Siedlungsplätzen und ihren Heiligtümern und an diesen Wegesrändern dürften wohl die besten archäologischen Funde zu entdecken sein, z.B.
der ortsfremde Feuerstein aus Belgien und Frankreich.
Um 2000 vor Christus wurde mit Gegenständen aus Kupfer und Bronze Handel betrieben. Rund tausend
Jahre später begann die Eisenzeit und mit ihr kamen die Kelten, wobei einer ihrer Hauptstämme, die
Treverer, auch unser Gebiet in Besitz nahm.
Mit dem Hebelgesetz wurde der tonnenschwere Menhir aufgerichtet
(Illustration: Weis Serge)
Der mystische Stein von Reckingen
Schon seit undenklichen Zeiten wussten die Einheimischen, dass sich im Hang des Béisenerbergs in
Reckingen, einen Steinwurf von dem Feuerheiligtum Enelter, ein seltsamer rötlicher Sandstein befand, der
viele Rätsel aufgab. Es war ein schwerer, mit Eisenoxyd durchsetzter Steinbrocken, der keineswegs in den
für diese Gegend typischen Mergelboden passte. Das steinerne Ungetüm lagerte zudem fast mit seinem
ganzen Umfang in dem zähen Mergelboden, so dass man seine genauen Masse nicht wahrnehmen konnte.
Doch soviel war klar, dieser gewaltige Stein, an welchem auch Zeichen von gemeißelter Arbeit zu erkennen
waren, war ein Gebilde, dessen Form von Menschenhand beschaffen und hierher transportiert worden war.
Lokalhistoriker hatten die verschiedensten Ansichten über den Reckinger Stein. Die Rede ging von Grenzmarke bis hin zu einem Kultstein aus keltischer Zeit. Da die Bearbeitung, der Transport und die Aufrichtung
eines solchen Monolithen eine erstaunliche Leistung gewesen sein musste, schätzte man, dass der Steinblock
auch als römischer Votivstein gelten konnte, da man früheren Ansiedlern dieser Gegend die Technik zur
Herstellung und Errichtung eines so riesigen Steins nicht zutrauen mochte.
Eine weitere Frage bleibt offen: wie viele solcher Steinmonumente ruhen vielleicht noch im Béisenerland
tief unter der Erdoberschicht oder wurden im Laufe der Jahrhunderte von Landwirten zerschlagen und als
willkommenes Baumaterial verwendet? Die ganze nachbarliche Gegend war im Laufe des vorherigen Jahrhunderts stets für archäologische Überraschungen bekannt. So fand man vor einigen Jahrzehnten in der
Gemeinde Boewingen (im Ort genannt „Bill“ ein Hünengrab (Tumuli). Im Bereich der Enelterkapelle kamen
anlässlich Restaurierungsarbeiten menschliche Knochen zum Vorschein, welche die Vermutung zulassen,
dass sich hier ein uralter Kirchhof befand und kaum 500 Meter Luftlinie entfernt entdeckte man in einem
Acker eine Unzahl von Tonscherben und Münzen, die auf ein altertümliches Heiligtum hindeuten. Hier
führte zur Römerzeit und mit Sicherheit auch schon lange vorher ein Verbindungsweg (Diverticula) einer
Konsularstrasse (Viae vicinles) in Richtung Enelter und Helper vorbei. Von Fliehburgen und Mardellen,
Silexfunden und sonstigen Findlingen wurde bereits berichtet – alle diese Objekte geben viele Rätsel auf, die
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Steinerne Zeugen der Vergangenheit
kaum zu lösen sind, bekunden aber mit Sicherheit eine frühe Besiedlung unseres engeren Lebensraumes
lange bevor kein Geringerer als der Römer Julius Cäsar sich die Gegend zwischen Mosel und Rhein in den
Jahren 58 bis 50 vor Christus unterwarf. Der Stein von Reckingen wurde wie bereits angedeutet, von
manchem geschichtskundigen Forscher begutachtet, doch niemand wollte diesen Kultstein der Kategorie
Menhire (keltisch: langer Stein) untersuchen. Ein Menhir ist ein großes, aus einem einzigen Stein gefertigtes
säulenartiges Monument. Diese Forscher wussten mit Sicherheit von ähnlichen Denkmälergruppen auf der
nahen Ferschweiler Höhe, doch über diese von Menschenhand errichteten Monolithe oder Hinkelsteine, wie
sie auch genannt wurden, waren die Archäologen sich bezüglich ihrer Klassifizierung nicht so ganz einig.
Menhire, so herrschte vor langer Zeit der Glaube, gab es nur in der Bretagne und in England (Stonehenge).
Die bekanntesten Hinkelsteine auf der Ferschweiler Hochfläche sind das „Fraubillenkreuz“ und der sogenannte Druidenstein, auch Eckstein genannt. Zwei solcher Steine wurden auch in Blieskastel und St. Ingbert
identifiziert. Niemand wagte auch Dr. Ernest Schneider, Spezialist der archäologischen Felskunde des
Luxemburger Landes, zu widersprechen. Schneider schrieb in seinem Standardwerk Seite 315: „ Bis heute
ist also im Lande kein Megalithmonument mit Sicherheit nachgewiesen.“ Selbst der rekonstruierte „Deiwelselter-2 bei Diekirch stellte der gelernte Zahnarzt Dr. Schneider als Dolmen (tischförmig gebautes urgeschichtliches Steingrab) in Frage. Und auch in späterer Zeit begegneten die Archäologen hierzulande Megalithdenkmälern mit Skepsis. So schreibt Gerhard Thill in seiner „Vor- und Frühgeschichte Luxemburgs“
(erschien erstmals 1973 in der Imprimerie G. Kieffer s.a. Howald) auf Seite 17: „einwandfreie Megalithendenkmäler, wie Menhire und Dolmen, wurden hierzulande auch noch nicht nachgewiesen. In ihrer heutigen
Form halten sie einer kritischen Untersuchung nicht stand“. Im Klartext, Menhire gibt es hierzulande nicht,
also konnte der Riesenstein in Reckingen auch nicht als solcher eingestuft werden.
Nach einem Bericht von Fr. Valloteau in Musee Info Nr15/2002, Seite 22-23 können wir nun aber außer den
bereits in diesem Aufsatz vermerkten Fundorten von Menhiren noch folgende Fundstädte in nächstgelegenen Gegenden unserer Nachbarländer hinzufügen. In Deutschland (Rheinland-Pfalz) wurden Steinmonumente in Bollendorf (Sauer) und in Holsten als Menhire attestiert. In Frankreich (Lorraine) gelten die
Ortschaften Ennry, Meisendahl, Milly-sur-Bradon und Savonniere-en-Woevre als Orte von solchen prähistorischen Steinriesen, während in Belgien (province de Luxembourg) die sogenannte megalithische Einheit
von Weris (Durbuy, Heyd, Isier, Morville und Oppaugne) von Fr. Valloteau erwähnt wird.
Natürlich sind alle diese Fundorte von Menhiren nichts im Vergleich zu der berühmten Megalithenstrasse
von Carnac, wo rund 3000, in Reihen aufgestellte Menhire das imposanteste Megalithenmonument Europas
darstellen und von der Heiligkeit jenes Gebietes in vorgeschichtlichen Zeiten eindeutig zeugen. Das Rätsel
der riesigen Menhire und Erdwälle um den französischen Markflecken Carnac harrt noch immer seiner
Auflösung. Waren es prähistorische Astronomen, welche diese „alignements“ von Monolithen als Observatorium benutzten, wobei der so genannte „ grand menhir brisé, ursprünglich 20 Meter hoch, 350 Tonnen
schwer, der während eines Erdbebens umgestürzte und in vier Hauptteile zerbrach, wohl der wichtigste Stein
gewesen sein mochte. Vieles deutet indessen auch darauf hin, dass Carnac das Zentrum eines Viehkultes war.
Das noch immer gegenwärtige Brauchtum, alljährlich am 13. September das Vieh zur Pfarrkirche von
Carnac zu treiben, um es dort segnen zu lassen, könnte als Fortsetzung eines altheidnischen Ritus’ gedeutet
werden, laut welchem die ortsansässigen Bauern die magische Kraft der Steine benutzten, um kranke Rinder
zu heilen.
Wie dem auch sei, jeder unvorbereitete Besucher ist von dem faszinierenden Anblick der Megalithstrasse
von Carnac, von der Anzahl ihrer Steine der bizarren Anordnung ihrer Steine, sowie von ihrer gigantischen
Größe überwältigt. Das Geheimnis ihrer langen, moosbewachsenen Silhouette, welche sich von der
schwarzen Heide in welcher sie verwurzelt sind, abheben, wird wohl auf ewig im Dunkeln der Geschichte
begraben bleiben.
Späte Ehrenrettung durch unser Landesmuseum
Wie bereits gesagt, wagte sich niemand so recht an das Problem heran, der Sache bezüglich des Reckinger
Riesensteins auf den Grund zu gehen, bis endlich einige Mitglieder des in den 70er Jahren gegründeten
29
Wegkreuze
Vereins „les amis du vieux Mersch“ den ersten Schritt zur Rätsellösung taten. Mühsam, unter Anwendung
vieler Kraft und unzähligen Arbeitsstunden, um
Gottes Lohn befreiten sie den Stein aus dem typischen Mergelboden. Es waren dies die beiden
Mitglieder des vorgenannten Vereins, namens
Roger Kugener und Robert Weyrich. Die Ehefrau
des Letztgenannten, Mme Maisy Weyrich-Fischbach unterstützte mit viel Idealismus die Arbeit
der beiden Männer, so oft ihre Hausarbeit dies
erlaubte. Als der Zeuge einer längst vergangenen
Zeit und Kultur dann vor ihnen lag, galt es den
Stein, der immerhin 3 Meter lang war und auf 4
Tonnen Gewicht geschätzt wurde, auch noch
aufzurichten. Mit Hilfe eines Holzgerüstes und
eines „tire-fort“ wurde das Ungetüm schließlich
in seiner ganzen Größe aufgerichtet. Man schreibt
damals das Jahr 1978. Der Stein war zwar eine
Sehenswürdigkeit, wie er so stolz droben auf dem
Béisenerbierg thronte, aber die Meinung der
Fachleute und sonstigen selbsternannten
Experten bezüglich der Authentizität dieses
Naturdenkmals gingen weit auseinander. Nur die
beiden Hobbyarchäologen Kugener und Weyrich
waren felsenfest davon überzeugt, dass dieser
Urstein ein echter Menhir sein musste, mochten
Andersgläubige auch soviel lächeln wie sie
wollten. Viele Jahre zogen ins Land, aber besonders die Familie Weyrich-Fischbach ließ nicht
locker. Es gelang ihnen schließlich eine eingehende Studie unseres Nationalmuseums voranzutreiben. Und siehe da, Ende September 2001 Foto: Tom Lucas (MNHA)
stand fest, der Stein von Reckingen war ein echter
Menhir.
Unter
der
Inventarnummer
070-F-003wurde der rätselhafte Findlingsblock als Menhir klassiert. Die Gemeinde Mersch ist somit im
Besitz des ersten Menhirs der auf luxemburgischen Boden gefunden wurde. Dieser Megalith ist zugleich das
älteste Denkmal unseres Landes. Diese prähistorischen Monumente stammen hauptsächlich aus der Jungsteinzeit, sowie der älteren Bronzezeit und haben in der Regel einen religiösen Hintergrund. Sie mochten
zugleich als Richtungsweiser oder Grenzsteine gegolten haben, da sie stets einen markanten Punkt im
Gelände abgaben. In vielen Sagen knüpfen sich an sie Helden- und Götterverehrung – eine uneingeschränkte
Deutung gibt es bis dato nicht.
Wie dem auch sei, die beiden Merscher Hobbyforscher Kugener und Weyrich haben ihr Ziel erreicht, ihr
Idealismus wurde belohnt, der von Witterungseinflüssen weitgehend verschonte Sandstein auf dem Béisenerbierg nahe Enelter ist ein waschechter Menhir laut dem Gutachten der Herren François Valloteau, Foni
Lebruin – Ricalens und Mme. Catherine Jost.
Man sah es in ihren Berichterstattungen als erwiesen an, dass der Monolith von anthropogenem (durch
–Menschen verursacht) Charakter ist und dem Neolithikum zuzuordnen ist. Im Laufe der Zeit, so mutmaßt
man, fiel der Stein zu Boden, in Folge seiner asymmetrischen Gestaltung (fachsprachlich ausgedruckt:
morphologie asymetrique), wahrscheinlich auch durch schlechte Bodenfestigung bedingt, und versank teilweise in dem zähen Mergel, ein Umstand, der ihn vor allzu großer Verwitterung schützte.
30
Steinerne Zeugen der Vergangenheit
Angesichts seiner menschenähnlicher Form (fachsprachlich: forme anthropomorphique) ähnelt er stark
solchen Monolithen, wie man sie aus Westfrankreich (Carnac) und dem Schweizer Kanton Waadt her kennt.
Kurzum, der geheimnisvolle Stein auf dem Béisenerbierg (die Viehweide, auf welchem er gefunden und
errichtet wurde, gehört dem Reckinger Landwirt Roger Steichen) wurde von unserem MNHAL als Menhir
abgesegnet, jede Diskussion über seine Athentizität erübrigt sich nun. Um es einmal salopp auszudrücken:
wer am letzten lacht, lacht am besten.
Schlussfolgerung
Es besteht kaum noch Zweifel, dass sich die ganze Gemeinde Mersch auf urältestem Kulturboden befindet.
Allerdings wissen wir über die vorkeltische, resp. vorrömische Geschichte sehr wenig. Nur die bescheidenen
Reste von zufälligen Funden vermögen uns aus grauer Vorzeit zu berichten. An solchen aber fehlt es uns
durchaus nicht, wie wir in diesem Bericht auch erfahren
haben. Zwar vergeblich wäre das Suchen nach gut erhaltenen alten Wohngruben (Mardelle), längst hat sie der
Pflug zugedeckt. Nicht viel besser ist es mit dem alten
Festungswerk, den Fliehburgen bestellt. Waren es Gails
oder Kelten die sich derart gegen die eindringlichen
Germanen verteidigten oder versuchten sich auf diese
Weise bereits Menschen vor den Kelten zu schützen? Mit
Waffen aus Stein, Bronze und später aus Eisen verteidigten
sie heldenhaft die Scholle.
Nicht weit entfernt vom Béisenerbierg befinden sich die
Mamerlayen. Von diesen Höhlen geht die Sage, dass sie
Menschen in Not stets Unterschlupf gewährten. Nur
zögerliche genaue Untersuchungen wurden bisher unternommen, um herauszufinden ob die Mamerhöhlen etwa
vorgeschichtliche Wohnstätten waren oder nicht.
Ein besonderes Rätsel geben dem Altertumsforscher die Welche Bedeutung dieses Monument für das
Menhire auf. Meistens befinden sich diese aus härtestem luxemburgische Kulturerbe hat, zeigt die
Sandstein bestehenden Menhire auf Anhöhen. Viel Tinte Tatsache, dass ein Faksimile hiervon im hauptist über dieses säulenartige Monument geflossen, doch städtischen Nationalmuseum aufgestellt wurde.
nicht jeder Monolith ist wahrhaftig auch als Menhir zu
bezeichnen, so wie auch nicht jeder große tischartige
Felsstein als Dolmen, als Steingrab oder Opferstätte zu gelten hat. In diesem Sinne glaubte man auch, dass
der riesige Steinklotz, den man seit undenklichen Zeiten von Reckingen her kannte, eher als ein überdimensionaler Grenzstein zu betrachten wäre, wie einen echten Menhir, den man von Kultstätten wie Carnac und
Stonehenge her kennt.
Wie dem auch sei, wir zollen den Mitgliedern des einzigen kulturellen Vereins „les amis du vieux Mersch“,
allen voran den Herren Roger Kugener und Robert Weyrich nebst Ehefrau höchste Anerkennung für ihren
Mut und Idealismus, für ihre Initiative endlich das Geheimnis um den mysteriösen Steinblock auf dem
Béisenerbierg gelüftet zu haben.
Sie schenkten der Gemeinde Mersch damit auch eine weitere, echte Sehenswürdigkeit.
31
Wegkreuze
Als Ergänzung der vorliegenden Artikeln soll der Nachdruck eines Berichts dienen, der im Frühjahr
1995 in „Eist Miersch“ erschien:
Unsere alten Wegekreuze
Das stille Kreuz am Wege mahnt;
Das Leid den Weg zum Himmel bahnt.
Reineschkräiz
1. Allgemeines
Die verwitterten Flurdenkmäler begegnet man überall in den katholischen Ländern Europas. Schlicht und
prunklos. Ausdruck frommer Bauernkultur, stehen sie ganz eingegliedert in dem Bild der Landschaft, dessen
Reize sie verschönern helfen. Aller Zauber der Heimat schließt sich eng um sie, und wenn auch meist nur
schlichte Kreuze, umwuchert von Gräsern, sind doch die Wälder und Feldhügel die sie umragen, die stolzen
Wächter ihres Friedens. In der Verbundenheit mit der Natur oder in der Geborgenheit dörflicher Stille liegt
die Schönheit, der Zauber und die Andacht unserer Steinkreuze.
Viele Kreuze, namentlich auf den Feldern und vor bäuerlichen Anwesen, sind Zeugen von dem frommen
Sinn unserer Vorfahren, die ihre Flure, Haus und Hof unter Gottes Schutz stellten. Zum sichtbaren Zeichen
ihrer Gesinnung errichteten sie ein Kreuz, das häufig so eingerichtet war, dass es an großen christlichen
Feiertagen als Segensaltar benutzt werden konnte.
Mannigfaltig ist der Typ: Steinkreuze, Gedächtnissteine, Marter, Bildstöcke, Pestkreuze, Baumbilder,
Passionskreuze usw., vielfältig ist auch der Zweck ihres Entstehens. So ist das Hagelkreuz, eine stumme und
doch so beredte Bitte, Gott möge den verderblichen Hagelschlag fernhalten. Manche Kreuze mögen errichtet
34
Steinerne Zeugen der Vergangenheit
sein, dem einsamen, gedrängten Wandersmann einen Ruhepunkt zu bieten, mahnend sein Kreuz mit Geduld
und Ergebung zu tragen. Häufig grüßt ein Kreuz am Waldesrand, hinter dem das Dörfchen still verborgen
liegt. Es ist der erste Heimatgruß, den frommer Sinn dem Heimkehrenden entbietet. An Wegekreuzungen
und – Abzweigungen mag das Kreuz zur Gewissenserforschung mahnen, ob man auch auf dem rechten
Pfade zur ewigen Heimat wandert. Wieder andere Kreuze halten die Erinnerung wach an ein Verbrechen,
dem ein Unschuldiger zum Opfer fiel, an ein Unglück oder die Verhütung eines solchen und Flehen um
Gebetsalmosen für den Verstorbenen. Pestkreuze erinnern an die verheerende Seuche, die oft in unserer
Gegend wütete. Derartige Kreuze wurden oft an jenem Punkt errichtet, bis wohin die Pest sich ausgebreitet
hat. Immer aber ist das Pestkreuz ein öffentliches Bittgebet um Abwendung des Übels.
Auch dort, wo in alter Zeit das gläubige Volk sich zu Wallfahrtszügen sammelte, steht wohl ein Kreuz. Leider
ist heutzutage die Motivation vieler Weg- und Gedächtniskreuze verloren gegangen. Die Befragung der
Bevölkerung führt oft zu widersprüchlichen Aussagen.
In der Regel wurden Flurdenkmäler am Rande eines Feldes oder einer Wiese errichtet, damit sie bei der Feldarbeit nicht hinderlich waren. Das Gedächtniskreuz wurde in der Regel an viel begangenen Wegen errichtet,
um den Vorübergehenden sozusagen „anzusprechen“ und im Gebet des plötzlich Verstorbenen oder auf
tragische Weise Umgekommenen zu gedenken. Dies geschah wohl auch bei tieffrömmigen Familien, wenn
einer ihrer Angehörigen verunglückte und ohne den Empfang der hl. Sterbesakramente verschied. Geschah
die Errichtung eines solchen Gedenksteins aus vorgenanntem Grund, so meißelte der Stifter in der Regel den
Namen des Verunglückten in den Stein, bei Gelöbnissen seine eigenen Initialen.
In alter Zeit verweilten auch die „Klibberjongen“ kurz an Wegkreuzen, auf Anraten des Pfarrers, um hier ein
„Vaterunser“ zu beten. Weiterhin dienten Flurdenkmäler als Stationen von Bittprozessionen und Flurumgängen. Leider fehlen bei den meisten Steinkreuzen die eingemeißelten Schriften, die eine klare Antwort auf
den Errichtungsgrund geben. Viele Wegkreuze wurden auch während der antireligiösen Zeit der französischen Revolution mutwilligerweise ganz oder teilweise zerstört.
Der Kanton Mersch ist reich an Flurdenkmälern aller Art. Von Wind und Wetter der Jahrhunderte gezeichnet,
stehen sie an Feldwegen, an Landstrassen und mitten in den Dörfern unter uns. Es ist erstaunlich, dass weder
die Literatur noch die Geschichte, sich dem Thema „Steinkreuz“ ausführlicher zuwenden. Ebenso merkwürdig ist auch die Tatsache, dass die fürsorgliche Pflege und der Erhalt der Wegkreuze zu allen Zeiten sehr
vernachlässigt wurde. Sorgenvolle und arme Zeitepochen können nicht allein der Grund dieser verständnislosen Versäumnisse sein. Erst in neuerer Zeit bildeten sich überall, besonders auch im Ausland, Gruppen
gleichgesinnter Menschen, welche sich ernsthaft um die Pflege und Erhalt der ehrwürdigen Steinkreuze
bemühen. Sie garantieren, dass diese steinernen, vielfach verwitterten Zeugen alter christlicher Kultur noch
lange das Herz deren erfreuen, welchen der Sinn für das Schöne, das Traditionelle, das Historische, vor allem
auch für das Heimatliche noch nicht verloren ging. Welche kulturellen Einbußen würde das Land in der Tat
erleiden, wenn diese einfachen Denkmäler frommer Volkskunst, die für unsere Heimat und besonders auch
für das Merscher Tal so charakteristisch sind, ganz und gar von der Bildfläche verschwinden würden. Sie
sind zu Stein gewordener Ausdruck der Erinnerung an Notzeiten und Schicksalsschläge oder steingewordener Dank für erhörte Gebete und Bitte um Hilfe an die Himmelsmächte.
Über Jahrhunderte hinweg hat sich wenig an der Gestalt der Flur- und Wegekreuze geändert. Unterbau,
Schaft und Aufsatz sind die Hauptmerkmale des bei uns am meisten verbreiteten Wegekreuztypus. Das
Material ist vor allem der graue Sandstein. Flurdenkmäler in Form von Kreuzen sind über ganz Europa
verbreitet: die Basaltkreuze der Eifel, die irischen und bretonischen Steinkreuze aus Urgestein, die hölzernen
Wegkreuze in Tirol, die Bildstöcke in Kärnten usw.
Neben der allmächtigen und allgegenwärtigen Christusfigur wurden auch himmlische Fürbitter, allen voran
die Gottesmutter in den Stein gemeißelt. Auch Heilige, Apostel und Märtyrer wurden abgebildet um ihre
Fürbittkraft anzuflehen.
35
Wegkreuze
Schréideschkräiz
Man muss auch den geschichtlichen Hintergrund und die Zeit verstehen, in welchen diese Steinkreuze angefertigt wurden. Die Menschen des späten Mittelalters bis weit ins letzte Jahrhundert hinein, hatten nicht die
Möglichkeit wie man sie heutzutage besitzt, im Falle einer Erkrankung oder eines seelischen Leidens. Ihnen
half vielfach der unerschütterliche Glaube und die starken Hoffnungskräfte, welche nicht zu unterschätzende
Genesungsfähigkeiten in sich verbergen. Und ist es nicht auch noch heute so, dass der Mensch in Zeiten der
Not stets unwillkürlich Zuflucht im Gebet sucht. Niemand denkt, in der Tat, ein Gelöbnis abzulegen, wenn es
ihm gut geht, doch im Elend findet man wieder den Weg zu Gott und versucht wohl auch die Fürbitte der
Schutzheiligen miteinzubeziehen.
Manche Flurdenkmalforscher möchten den Wegekreuzen auch eine Wegweiserfunktion zuschreiben. Sie
sehen und spüren in den Steinkreuzen versteckte Botschaften. Eindeutige Beweise solcher Behauptungen
fehlen jedoch gänzlich. Wie bereits erwähnt, besteht das Steinkreuz üblicherweise aus drei deutlich abgesetzten Teilen, davon der Aufsatz der durch seine reiche Skulpturarbeit am augenfälligsten ist und uns am
meisten interessiert. Sie sind von der Hand erfahrener Steinmetze angefertigt, deren Namen in der Regel
kaum bekannt sind. Geläufig sind uns hauptsächlich die Namen der österreichischen Meister Peyser und
Schergen, doch dürfte in unserer Gegend auch die Reckinger Steinmetzfamilie Feierstein manches Kreuz
angefertigt haben. Ebenfalls aus Österreich herstammend, im Dorf Reckingen fast 200 Jahre nachweisbar,
schufen die Feiersteins wunderschöne Häuserfassaden in ihrem Lebensraum und bewiesen so ihre künstlerischen Fähigkeiten in der Verarbeitung von Steinen.
Allen unsern Wegekreuzen ist die Eigentümlichkeit gemeinsam, dass sie keine Überdachung besitzen. Sie
stehen in keiner Weise geschützt, sozusagen nackt, in der Landschaft und sind dadurch erhöhter Verwitterungsgefahr ausgesetzt. In manchen Fällen wollte man fürsorglich der Witterungsanfälligkeit durch einen
36
Steinerne Zeugen der Vergangenheit
passenden Anstrich zuvorkommen. Vielfach verwendete man hierzu wasserabweisende Materialien, anstatt
sich mit einem einfachen Kalkanstrich zu begnügen, der in allen Fällen dem Naturstein bekömmlicher ist.
Steinkreuze sind auch Zeugen primitiver Volkskunst – so naiv dieselben auch manchen scheinen mögen. Wie
schon erwähnt, ist der Gekreuzigte stets Hauptmotiv der Wegekreuze. Die Hinrichtungsart unseres Herrn, die
Kreuzigung, wurde von den Römern, die sie wahrscheinlich bei den Phöniziern gelernt hatten, hauptsächlich
bei Sklaven und Schwerverbrechern angewandt, also solcher Menschen die nicht im Besitz des römischen
Bürgerrechts waren. Die Kunsttradition des christlichen Abendlandes zeigt den Gekreuzigten stets nackt mit
Lendenschurz, obschon dies in Wirklichkeit keine Selbstverständlichkeit war, denn der Anblick des entblößten Körpers gab den Juden stets Anlaß zum Ärgernis. Unter dem Kreuz finden wir in der Regel als Hauptfigur Maria, die Schmerzensmutter, auch die hl. Anna, die Mutter Mariens, als Symbol der großen Helferin
der Frauen in all ihren Anliegen: die Belange der Ehe und der Familie, eine glückliche Geburt, ausreichender
Kindersegen usw. Seltener anzutreffen hierzulande ist die Figur des Erzengels Michael, des Drachentöters.
In Mersch sehen wir ihn in einer Nische am „Alten Turm“. Sein Fest, am 29. September war immer ein wichtiger Termin im Bauernjahr. Eine weitere Figur, die auch in verstärkten Maßen bei uns anzutreffen ist, kennen
wir in der Gestalt des hl. Nikolaus, Bischof von Myra (um 350) und Kinderfreund. Auch den Lieblingsjünger von Jesus, den hl. Johannes, finden wir oft betend mit Maria unter dem Christuskreuz. Je nach Zweck
und Ursprung d.h. ob Votiv-, Gedächtnis-, Sühne-, Segens-, Erinnerungs-, Grenz-, Stations- oder Gerichtskreuz, wurde der Stein entsprechend skulpiert.
2. Literarische Arbeiten zur Kreuzforschung
Die Zahl der Bücher, Schriften, Vorträge usw. zur Erforschung der Kreuzsteine ist gering. Wissenschaftliche
Abhandlungen aus fachmännischer Feder tauchten erst in jüngerer Zeit auf. Erstmals unternahm die gegen
Ende des vorigen Jahrhunderts erschienene Zeitschrift „Das Luxemburger Land“ (Herausgeber: N. Moes)
einen zaghaften Versuch, Luxemburger Wegkreuze vornehmlich in der Gegend um Fels vorzustellen. H.
Reu
Arens-Schmitzkräiz
37
Wegkreuze
Birkelskräiz
land, ein einfacher Handwerker, beschrieb in dieser Zeitschrift die verschiedenen Kreuze seiner Heimat und
die sich daran knüpfenden Sagen und volkstümlichen Überlieferungen. In Verbindung mit Sagen wurden
auch Wegekreuze in Gredts „Sagensammlung“ erwähnt. Ein großer Verehrer der naiv-religiösen Kunstwerke
am Wegrande war auch der geistliche Professor und Altertumsforscher Johann Engling, der bereits 1850 in
den „historischen Publikationen“ (P.S.H.) eine „Statistique monumentale du Grand-Duché de Luxembourg“
verfasste. Verschiedene Heimatforscher stellten Wegkreuze in ihrem engeren Heimatkreis vor: Gustav
Schmit beschrieb in „Ons Hémecht“ (O.H. 1936 sowie 1938) die Kantone Remich und Grevenmacher; N.
Pletschette stellte diesbezügliche Arbeiten seines Freundes Math. Thill, Lehrer in Esch/Alzette, 1937 in
„Jonghemecht“ vor, in welchem Blatt bereits Pfarrer Dr. Adolf Jacoby aus Luxemburg 1934 einen Artikel
„Kirchen, Kapellen, Kreuze“ publiziert hatte. Dem Studium der Materie gab sich auch der Reckinger resp.
Merscher Lehrer, Gaston Frings hin, als er 1956 in der Broschüre „Fête nationale du travail et de la terre,
Doyenné de Mersch“ (1988 auch als Sonderdruck mit Photos in der Druckerei Fr. Faber erschienen) einen
Aufsatz über die „Wegkreuze der Pfarrei Mersch“ schrieb. Auf „Steinkreuzfahrt“ begab sich mehrmals die
Luxemburger Revue „A-Z“ (Raym. Dedieu) sowie in neuerer Zeit Weins Norbert von Dippach/Gare (Letzeburger Journal ab 1.1.81 sowie 5 Hefte im Nachdruck 1982). Kaum mehr als 100 kleine und größere Abhandlungen betreffend die Wegkreuze unseres Landes dürften den Weg in die Öffentlichkeit gefunden haben.
Hervorzuheben ist jedenfalls die Arbeit von Joseph Hirsch, der in minutiöser Kleinarbeit ein hervorragendes
Buch betr. die Wegkreuze des Kantons Mersch publizierte, das 1992 als Beiheft zu „Hémecht“ erschien.
Hirsch stellt in seinem Werk 144 Kreuze des Kantons Mersch vor, begleitet von 10 Zeichnungen, 201 Photos
und einer Übersichtskarte nebst Ortsregister.
Von ausländischen Werken ist allein die Arbeit des Belgiers J. Van den Linden erwähnenswert, der eine
Broschüre verfasste mit dem Titel: “Les croix de pierre du Grand-Duché de Luxembourg“ erschienen 1895,
als „tome IX, extrait des annales de la société d’archéologie de Bruxelles“.
Im Zusammenhang mit der Arbeit des Belgiers J. Van der Linden erfahren wir auch, dass damals der General
–Direktor (Staatsminister Eyschen) eine vollständige Erhebung der Steinkreuze durch die Baukondukteure
38
Steinerne Zeugen der Vergangenheit
verlangte. Doch es fehlte an dem nötigen Interesse eine gründliche Arbeit zuwege zubringen. Ab 1932
wurden wieder in verstärkten Maßen Zirkulare der Zentralverwaltung an die Verwaltungen geschickt, die
sowohl auf Erforschung als auch auf Erhaltung unserer Wegekreuze hinzielten. Den Zirkularen waren sogar
Formulare beigefügt, unter welchen Maßstäben die Wegekreuz-Untersuchungen auszuführen wären. Diese
Formulare wurden von den Wegeämtern ausgefüllt und an die Baukondukteure zurückgeschickt. Zwecks
Ergänzung der Angaben übermittelte man den Pfarrern weitere Formulare mit Zustimmung des Bischöflichen Ordinariats. Auch im „kirchl. Anzeiger“ vom 13.12.1933 gibt man die Anzahl der bereits erfassten
Wegekreuze mit 1.167 an, davon allein 87 für den Kanton Mersch. Diese offizielle Zahl entsprach jedoch
keineswegs der Realität.
Auf Grund eines Gutachtens von Professor Jos. Hess und mit Beratung der „Großherzoglichen Kommission
für Denkmalschutz“ sowie vor allem auf Initiative der Pfarrer wurden neue Formulare entworfen, die nach
21 Gesichtspunkten abgefasst waren: Standort, Flur, Abmessung, Inschrift, Urkunde, Geschichtliches,
Vorschläge zur Instandsetzung, Ursprung usw. Am 27.02.1934 schaltete sich die Regierung (Staatsminister
J. Bech) mit einem Rundschreiben an sämtliche Gemeinden ein. Man versprach staatliche Beihilfe für
Restaurierung. Auch der Staat bequemte sich nun die Wegekreuze richtig einzuschätzen: Volksgut und
Volkskunst.
In welcher Schublade jetzt die Inventaraufnahmen in Form der erwähnten Formulare dahinschlummern
entzieht sich meiner Kenntnis. Zaghaft und halbherzig sind derzeit wieder die Bestrebungen des Staates, die
Erhaltung und Pflege der Wegkreuze mit allem Nachdruck zu fördern. Lobenswert und empfehlenswert ist
dagegen die Privatinitiative und das Entgegenkommen mancher Gemeinden.
3. Schutz und Bewahrung
Zwecks Erhaltung und auch der Pflege der alten Wegekreuze entstanden in manchen Gemeinden des Landes
Vereinigungen die sich zum Ziel setzten, die „Steinkreuze“ (worunter man in erweitertem Sinn auch manche
Annenkräiz
39
Wegkreuze
Holzkräiz
alte Grabmonumente klassieren kann) vor allem vor weiterer Zerstörung, Raub oder sonstiger Zweckentfremdung zu schützen. Die Erfahrung lehrt, dass unsere Steinkreuze, die hauptsächlich aus Sandstein
bestehen, den Witterungseinflüssen bestens trotzen.
Das Wetter ist also weniger Feind des heimatgewachsenen Gesteins, als chemische und sonstige umweltfeindliche Einwirkungen. Anstrich hilft dagegen wenig, auch trägt die Farbe oder noch schlimmer die Übertünchung mit Kalkmilch wenig zur Verschönerung der naturgewollten Bescheidenheit der Flurdenkmäler
bei. Schmutzkrusten müssen äußerst behutsam weggekratzt werden können.
Es ist wahr, Wegekreuze gehören an ihren Ursprungsort. Leider haben unsere Volkskunstdenkmäler viele
Feinde aller Art: Zerstörer mutwilliger, verworfener, sadistischer, barbarischer und nichtswürdiger Natur,
skrupellose Kunstsammler, bübige, frevlerische Unbesonnenheit usw. Es ist daher notwendig Wegkreuze
von besonders gefährdeten Stellen zu entfernen und ihnen einen Ehrenplatz im Inneren der Ortskapelle, im
Schlosshof oder an einem sicheren Ort anzubieten. Eine „Plastik-Kopie“ könnte das Original ersetzen.
Unter Initiative von Dechant Ferdy Fischer bildete sich Anfang der 90er Jahre die „Merscher Wegekreuzkommission“, die unter fachmännischer Beratung des Rollinger Skulpteurs Serge Weis, den Schutz der Flurund Kirchhofdenkmäler gewährleistet.
Die Mitglieder dieser Gruppe, welcher auch zahlreiche Vertreter der „Gemeinde“ angehören, treffen sich
regelmäßig im Pfarrhaus um die anstehenden technischen Probleme zu diskutieren und zu lösen. Der Erfolg
blieb nicht aus, nicht zuletzt auch durch das Entgegenkommen der Eigentümer. Bisheriges größtes Erfolgserlebnis ist die maßgerechte Neuanfertigung einer Kopie des „Tockeschkreuzes“ in Rollingen (Original
befindet sich in der Ortskapelle), die anlässlich der „Bildchenprozession“ im Sommer 1994 durch Dechant
40
Steinerne Zeugen der Vergangenheit
Ferdy Fischer eingeweiht wurde. Viel Arbeit bleibt noch zu tun, um all die bestehenden Kreuze zu erhalten.
Mögen diese Zeilen auch dazu anregen, allenthalben die Geschichte der Wege- und Feldkreuze nachzuspüren und auch das Augenmerk fürsorglicher, liebevoller und wachsamer auf diese Zeugen alter frommer
Volkskunst zu richten.
Manche Kreuze im Wald- und am Feldweg sind so bescheiden und bergen dennoch so viel Frieden und
Ruhe in sich, die sie ausströmen in jedes Gemüt, das noch nicht von der harten Kruste des so oft so sinnlosen Lebens der heutigen Zeit umpanzert und noch nicht taub und blind für alle Innerlichkeit geworden
ist.
Schéisserkräiz
41
Wegkreuze
Auf der waldreichen Hochfläche der „Schéiferei“ befindet sich der Überrest eines alten namenlosen
Wegekreuzes davon uns keine Kunde seiner Geschichte vorliegt und wahrscheinlich ins 17. Jahrhundert
zu datieren ist. Vielleicht könnte es sich um dieses religiöse Denkmal auch um ein Grabmal handeln ?
Schéiferei
Herausgeber: Gemeindeverwaltung Mersch
Druck: Imprimerie Fr. Faber
Koordination u. Layout:
Henri Krier, Marc Manternach,
Text: Roger Hilbert
An der Produktion vorliegender Broschüre wirkten außerdem mit:
Albert Lentz, Léon Wantz, Jean-Pierre Kammes, Serge Weis
sowie die Lieferung der Fotos von
Norbert Hansen, Henri Krier und Nico Lucas aus ihrem reichhaltigen Archiv.
© Dezember 2007
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Steinerne Zeugen der Vergangenheit
Aseenen vun de restauréierte Weekräizer
Kollektioun Norbert Hansen
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Wegkreuze
Von Kreuzemächer und Restauratoren
Die Zunft der alten Kreuzemächer ist längst ausgestorben. Eine Hauptursache ist wohl vor allem das Fehlen
von Kreuzstifter. Im ausgehenden 19. Jahrhundert war die Blütezeit der Flur- und Wegekreuze bereits überschritten, wobei die „Aufklärung“ um die Mitte des 18. Jahrhunderts wesentlich hierzu beitrug.
Profane Volkskunst trat in den Hintergrund, die neue Zeit orientierte sich an andere Formen von Kunstfertigkeit auch in religiöser Hinsicht. Doch die alten verwitterten Steinkreuze am Wegesrand trotzten dem Zeitgeschehen, überlebten manche große Kriege und überzeugten das heutige Menschengeschlecht von ihrem
kulturellen Wert und der Forderung, dass man ihnen von weiterem Verfall Schutz bieten muss.
Die Schöpfer der alten Wegkreuze, die Kreuzmächer, waren keine Meister der hohen sakralen Kunst,
sondern schlichte Steinhauer, geprägt von ihrer Handwerkerkunst, die sie nach den Regeln der Steinhauerzunft gelernt hatten. Durch besondere Begabung und Geschicklichkeit gelang ihnen die mehr oder weniger
kunstvolle Gestaltung von Skulpturen nach religiösen Motiven je nach Verlangen des Stifters.
Der Kreuzmächer arbeitete in seiner Spezialwerkstatt. Genaue Angaben über die Ausstattung solcher
Ateliers sind weder schriftlich noch mündlich festgehalten worden. Weder im Ausland nach hierzulande
blieb uns eine solche Werkstatt erhalten. Auch kennen wir manche Kreuzmächer nicht namentlich, nur sein
aussagekräftiger Arbeitsstil verrät oft den Namen des Bildhauers.
Das Signieren, d.h. das Kennzeichnen mittels des Steinmetzzeichen, wie es beispielsweise bei Steinmetzer
bereits in der Antike und verstärkt im Mittelalter allgemein üblich war, ist eher rar bei Arbeiten der Kreuzmächer anzutreffen. Genau wie der Steinmetz, benutzte der Kreuzmächer Spezialwerkzeuge wie beispielsweise
Stock – und Keilhammer, Meißel verschiedener Größe und Form, Scharnier – Flächen – Zahn – Schlag –
Rund – und Spitzeisen, Klöpfel usw. auch heutzutage benützt der Restaurator dieselben Werkzeuge zum
Instandsetzen beschädigter Wegekreuze.
Zum Thema Restauration ist zu bemerken, dass die Merscher „Weekräizer-Grupp“ sich glücklich schätzen
kann in ihren Reihen einen wirklich studierten und erfahrenen Skulpteur in der Person von Serge Weis von
Rollingen zu besitzen. Nicht immer geht die Restaurierung von alten Steinskulturen in befriedigender Weise
ab. Doch was von Auftragsarbeiten in die Hände von Serge Weis fällt ist gut aufgehoben.
Zu seinen Personalien ist folgendes zu sagen: Serge Weis, Jahrgang 1952 (11.11.1952), gebürtig aus Luxemburg ist der Sohn des landbekannten Architekten Gab Weis. Stomp Serge trat in die Fußstapfen seines Vaters
und studierte in Stuttgart während 5 Jahren Architektur und Kunstgeschichte. Vorher besuchte er während
einem Zeitraum von 2 Jahren die Schule der „Beaux Arts“ hier in Luxemburg. Wer Architektur studiert ist
bekanntlich mit vielen Wissenschaften vertraut, sagte doch bereits der römische Architekt Vitruvius (um 84
geb. nach 27 v. Chr. gestorben) in seinem grundlegenden Werk über die Baukunst: l’architecture est une
science qui doit être accompagnée d’une grande diversité d’études et de connaissances. »
Serge Weis ist ein Individualist, der sich seine Unabhängigkeit bislang vollends bewahren konnte. Er passt in
kein bürgerliches Schema, was den echten Künstler auch ehrt, das aber keineswegs heißen soll, dass er
betreffend seiner Arbeit undiszipliniert wäre. Ganz im Gegenteil, wer ihn kennt, weiß genau wie ernst er
seine Arbeit nimmt und hier stets Vollkommenheit anstrebt. Serge ist ein Kunsthandwerker der besten Sorte,
davon zeugen vor allem auch die „Rekonstruktionsarbeiten“ an den alten verwitterten und beschädigten
Wegkreuze im Auftrag der Gemeinde Mersch und auf Vorschlag der „Merscher Weekräizer-Grupp“ Serge
ist auch Kreateur eigener Planung, wie beispielsweise die Schöpfung des modernen Wegekreuz vor der
Merscher Pfarr- und Dekanatskirche beredtes Zeugnis ablegt.
Diese „Stèle 2000 – Jésus le chemin“ (Inauguration: 29.09.2001) ist eine Konstruktion in Form einer 2.30 m
hohen Kolonne aus Stein (grès d’Udelfangen, Allemagne) welche ein Schiff mit dem Gottessohn trägt, der
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den Menschen den rechten Lebensweg zeigt. Die Szene „Jesus de Wée“ (140 m diamètre) ist in Bronze
gegossen, wobei die Figur von Jesus vergoldet wurde. Mit dieser Modellierung erreichte das Monument,
welches man als modernes Wegkreuz bezeichnen kann, eine Gesamthöhe von 3.50 m den Pflasterbelag,
worauf die Stele steht, nicht einbezogen.
Serge Weis verfügt auch über eine vorzügliche Zeichnerhand und besitzt beachtliche Kenntnisse in allen
Gebieten der bildenden Künste (Architektur, Plastik, Malerei, Grafik, Kunstwissenschaft und Kunstgeschichte, Stilkunde usw.) Dennoch arbeitet er noch immer an seiner Weiterbildung durch Beteiligung an
Seminare und Kursen, wobei er oft selbst Leiter von Symposien ist.
Bezüglich der Restauration der beschädigten Flur- resp. Straßenkreuze unserer Gemeinde hat Serge Weis
vornehmlich den Sandstein zu bearbeiten.
Der Sandstein ist ein Sedimentgestein bei welchem überwiegend Quarzkörner durch ein Bindeglied mehr
oder weniger fest miteinander verkittet ist. Untergeordnet treten in Sandsteinen Feldspate, Glimmer und
andere Gemengeteile auf. Nach der Art des Bindemittels, das die Härte des Steines erheblich beeinflusst und
die Farbe (gelbbraune, rötlich gefärbtes, grünlich – bläuliches oder weißes Aussehen) bestimmt, unterscheiden die Fachleute Ton – Kalk – Kiesel und Eisensandstein.
Der Sandstein ist weit verbreitet und kommt fast in allen geologischen Formationen vor. Er kann sowohl als
Bau – als auch als Mühlstein verwendet werden.
Serge Weis weiß um die Eigenart der Steine, vor allem um die Bedeutung ihrer Fadenrichtung, die es gilt zu
beachten, will man nicht einen Riss riskieren.
Im Gespräch mit Serge Weis, betonte er, dass es bei der Restaurierung nicht nur darauf ankommt den Stil und
die Ausdruckskraft eines alten Wegekreuz im Auge zu behalten, sondern sich auch geistig mit dem
anonymen Handwerksmeister der das Flurkreuz schuf, zu beschäftigen und seine Arbeit zu respektieren. Um
gute Arbeit zu leisten, so sagt er weiter, muss man auch über ausreichende kunstgeschichtliche Kenntnisse
verfügen und gut zeichnen können.
Man könnte hinzufügen, dass man auch versuchen sollte, die Intimsphäre und das Motiv des Stifters, der das
Kreuz errichten ließ, geistig zu erfassen, obschon dies vielleicht ein vergebliches Bemühen wäre. Denn
niemand wird es wohl gelingen jemals das Knäuel aus Vorstellung, Bräuche, Tradition und Gefühlen restlos
entwirren zu können, das eine Stiftungsintention hervorbrachte.
Wie dem auch sei, Serge Weis, der zwar mit „rekonstitutionierenden“ Arbeiten zufrieden stellend eingedeckt
ist, sehnt sich nach einem großen schöpferischen Werk, das all sein vielfältiges Können und Wissen in
Anspruch nimmt. Sein Wunschtraum ist eine Arbeit in Form eines Denkmals oder monumentalen Kreation
inmitten von Mersch, wohl bemerkt an einem hierzu geeigneten Platz. Dass dieses Wunschdenken Wirklichkeit wird, hängt natürlich von der Gunst unserer Gemeindeväter ab. Es wäre unserem guten Freund Serge
gegönnt, denn ein schönes Kunstwerk mitten in unserem Heimatstädtchen würde uns alle erfreuen und
darüber hinaus auch noch unsere Nachkommen. Wie heißt es doch in Goethes „Faust“: „ Die Zeit ist kurz, die
Kunst ist lang.“ d.h. gute Kunst überdauert die Zeiten.
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