Anklicken - moose creek line

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Anklicken - moose creek line
WERKSTATT
Nachbau einer Timber Howe -Truss Bridge
im Maßstab 1: 29
Originalfotos:
Robert C. Del Grosso
Brückenschlag
Der exakte Nachbau einer FachwerkHolzbrücke zählt sicherlich schon zu
den anspruchsvolleren Eigenkonstruktionen auf einer Gartenbahn. Schließlich
muss hierbei neben der Optik auch die
Statik berücksichtigt werden, damit die
teils gewichtigen Spur G-Fahrzeuge
später nicht in den Fluss stürzen...
Unser Mitarbeiter Urs Weibel aus der
Schweiz hat sich an ein solches Projekt
gewagt.
Holzkonstruktionen, ob im Modell oder
im Vorbild, haben mich schon immer
fasziniert. Als ich vor rund zwanzig
Jahren in einer amerikanischen Railroad-Zeitschrift die Photos einer mächtigen Timber Howe -Truss Bridge entdeckte, welche damals den KootenayRiver bei Bonners Ferry, Idaho, überspannte, war mir sofort klar, dass ich
diese Brücke im Modell bauen wollte.
Wo ein Wille ist, ist ein Weg! So begann ich Kontakte zur hiesigen USRailroad-Szene zu knüpfen, wodurch
ich die Gelegenheit erhielt, von einem
Engineer der Union-Pacific-Railroad,
welcher in Idaho wohnte, weitere Bilder vom Original zu erhalten. Mit
Schrecken musste ich dann zu gleicher
Zeit erfahren, dass die Brücke am 6.
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Dezember 1985 unter einem Güterzug
zusammengebrochen war. Dieser Verlust beflügelte mich nun doppelt, das
Meisterwerk der Holzbaukunst ins
Modell umzusetzen. Pläne wurden gezeichnet, Photos ausgemessen, Maße
umgerechnet, und so entstand das
Projekt einer Brücke im Maßstab 1: 87
für die Spurweite H0.
Das Vorbild
Der Kootenay-River hat in Bonners
Ferry eine Breite von ungefähr 250
Metern. Die Holzbrücke bestand aus
insgesamt fünf Brückenelementen, welche nach Ausmessen und Vergleichen
mit den Maßen einer GP 38-2 Lok auf
einem der Photos die Länge von ziemlich genau je 50 Metern aufweisen
mussten. Das Südufer wurde noch zusätzlich mit einer kurzen Trestle überbrückt. Fasziniert haben mich auch die
desolaten Verkleidungen aus Holzbrettern der fünf Stützen aus dutzenden
Holzpfählen, welche rund 50 Jahre
zuvor um 1935 in den Flussgrund gerammt worden waren.
Nach einer ersten um die Jahrhundertwende 1900 datierten Version, wurde
die neue Holzbrücke damals für die
Spokane International Railroad erbaut.
Diese Bahnstrecke verbindet im Nordwesten der USA Spokane im Staat
Washington mit Eastport in Idaho. Sie
dient auch heute noch der Verbindung
nach Kanada bzw. zur Canadian Pacific
Railroad. Die Spokane Int. Railroad
selbst gibt es allerdings seit den 60er
Jahren des vergangenen Jahrhunderts
nicht mehr. Sie wurde von der großen
Union Pacific Railroad übernommen.
Die UP-Railroad war es auch, welche
die Holzbrücke eben 1985 durch eine
modernere Steel -Plate - Girder - Brücke
ersetzt hat. Merkwürdigerweise genau
zur gleichen Zeit wie der Crash der alten Holzbrücke!
WERKSTATT
Links: Detailansicht von oben.
Zu erkennen ist die Baulehre
innerhalb der Brücke, auf der
während der Bauphase die
oberen Längsträger aufliegen.
Links unten: Knotenpunkt
unten mit den Messing-UProfilen und den je drei
Spannstangen.
Rechts: Im Detail das Gleis
mit den Spurschienen. Man
beachte die Befestigung mit
Schienennägeln auf den
Lärchenholzschwellen.
Zugspannung aufnehmen können. Für
diese Stangen, insgesamt immerhin 54
Stück, verwende ich 2 - mm - Schweissdrähte, welche ich an beiden Enden
mit einem M2-Gewinde versehe.
Nach Jahren der Modelleisenbahn Abstinenz bin ich vergangenes Jahr
wieder „eingestiegen“. Aufgrund der
Möglichkeiten eines eigenen Grundstückes nun in Spur G, respektive Maßstab 1: 29. Mit einer Bahnstrecke von
rund 60 Metern rund um’s Haus kann
ich mir den Traum von langen, amerikanischen Zügen verwirklichen. Da wir
an extremer Hanglage wohnen (auf
1.500 m üNN), muss ich zwingend
mehrere Brücken und Tunnel einbauen,
da ich ansonsten die Schienenstränge
nicht verlegen könnte. Was liegt also
näher, als dabei auch den Bau meiner
„geliebten“ Howe -Truss im Maßstab
1: 29 anzugehen?
Als Holz gebrauche ich Lärche, die bei
uns auf dieser Höhe sehr eng wächst
und sich so, beim richtigen Schnitt, selten verwindet. Die Bretter werden auf
die benötigte Stärke gehobelt und sodann an der Tischkreissäge auf die
Breite geschnitten. Da ich sämtliche
Profile selbst herstelle, sind den Dimensionen keine Grenzen gesetzt, und ich
kann versuchen, die Maßstäblichkeit
optimal einzuhalten.
sen dabei für jeden Nagel mit einem
feinen Bohrer vorgebohrt werden.
Der Bau der Brücke ist relativ unkompliziert. Wichtig ist ein absolut ebenes
Baubrett, auf welchem die Feldereinteilung und die Mittellinien aufgezeichnet werden können.
Als weitere Bauteile benötige ich noch
die Messing-U-Profile als Widerlager
für die Spannstangen, Hartholz-DreieckProfile für die Auflager der senkrechten
Streben oben und unten sowie natürlich die Schienen. Hier verwende ich
LGB - Messingschienen, die ich mit
Schienennägeln auf die Lärchenholzschwellen nagle. Die Schwellen müs-
Umsetzung für die Spur G
Die Pläne im neuen, großen Maßstab
waren rasch gezeichnet. Die Konstruktion sollte auch in statischer Hinsicht
dem Vorbild entsprechen, da doch die
Spannweite eines Brückenelementes
von ca. 1,50 m sowie die Gewichte der
schweren Diesellok´s eine „richtige“
Fachwerkkonstruktion unumgänglich
machen. Daher müssen auch die vertikalen Spannstangen die entsprechende
Links: Das fertige Brückenelement - diese Ansicht bietet sich dem Lokführer beim Befahren der Brücke.
Man beachte den Vergleich mit dem Original (linke Seite).
Oben: Und so sieht ein Schiffer auf dem Fluss das imposante Bauwerk.
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Zur Verlegung der oberen Längsträger wurde als Baulehre diese kastenförmige Sperrholzkonstruktion mit aufgeschraubten Querbrettchen angefertigt.
Sodann werden die acht untersten
Längsträger verlegt. Distanzplättchen
gewährleisten die 2 mm Abstand zwischen den Trägern. Durch das
Aufleimen der großen Querträger und
der inneren Horizontalverstrebungen
wird die Sache bereits sehr stabil. Sind
dann noch die Längsträger für die
Schwellenauflager verleimt und die
Schwellen verlegt, trägt die „Brücke“
schon ihr Eigengewicht ohne große
Durchbiegung. Bevor nun mit der eigentlichen Fachwerkkonstruktion begonnen werden kann, müssen die
Schienen fertig verlegt und vernagelt
werden. Nach Fortsetzung des Baus
kommt man nicht mehr dazu!
Nun stellt sich natürlich die Frage, wie
verlegt man die oberen Längsträger?
Zu diesem Zweck ist eine Baulehre notwendig. Ich habe eine kastenförmige
Sperrholzkonstruktion
zusammengeleimt, mit Stützen an beiden Enden des
Baubrettes. Oben drauf werden Querbrettchen aufgeschraubt, die zuletzt
demontiert und entfernt werden kön-
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che Vertikalverstrebungen einzeln genau eingepasst und verleimt. Zur Verleimung ist zu sagen, dass ich einen
Spezial -Kittkleber aus dem Schiffs- und
Waggonbau verwende. Dieser ist absolut wasserfest und UV-beständig. Sobald die Spannstangen mit den M2 Muttern angezogen sind, wäre eine
Verleimung eigentlich größtenteils überflüssig! Der letzte Arbeitsschritt ist nun
das Einführen der 54 Spannstangen in
die Messing-U-Profile, oben und unten,
inkl. Verschraubung mit ein wenig Zug.
nen. Der Sperrholzkasten kann dann
einfach aus der fertigen Brücke herausgezogen werden.
Auf die Querbretter werden nun, präzise ausgerichtet, die oberen Längsträger verlegt, wieder mit den Horizontalverstrebungen. Anschließend sämtli-
Ich beabsichtige, die Brücken auf zwei
Arten zu gebrauchen: einerseits für
meine Bahnstrecke der UP Moosecreek
Branch Line im „Bear River Canyon“
und andererseits für den Aufbau von
insgesamt zehn Modulen mit je 1,5 m
Länge, auf denen mit fünf Brückenelementen und der Trestle die gesamte
Brücke über den Kootenay River inklusive der Uferzonen maßstabgetreu
nachgebildet werden kann.
Text u. Fotos: Urs Weibel
Die provisorisch versetzte Brücke im „Bear River Canyon“. An dieser Stelle meiner Outdoor-Bahnstrecke werden
zwei Brückenelemente eingebaut. Die natürliche Gegebenheit mit den Felsen ergeben gute Photoshootings.