Kanada-Radtour 2014 von Rena Klingelhöfer

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Kanada-Radtour 2014 von Rena Klingelhöfer
Kanada 2014: Mit dem Fahrrad von Vancouver nach Calgary – Rena Klingelhöfer
„Kanada? Allein?? Mit dem Fahrrad???“ Je nach Gegenüber variierte der Ton dieser Ausrufe, die
Bandbreite reichte von erstaunt über ungläubig bis hin zu fast mitleidig. Dabei war mir selbst ein
wenig mulmig zumute. Aber Kanada war schon lange ein Traumziel. Und das Fahrrad ist nun mal
mein liebstes Verkehrsmittel im Urlaub und auch sonst. Also: Kanadas Westen mit dem Rad.
Kanada-Reiseführer gibt es viele, aber nur wenig Informatives für Radfahrer. Mein „USA/Canada
bike Buch“ ist aus dem Jahr 1995 und damit schon fast 20 Jahre alt. Es fand sich auch noch ein
Buch „Kanada: Rocky Mountains Radtouren“, von 1998 zwar und damit ebenfalls veraltet, aber
immer noch nützlich. Dafür ist das Internet ja eine unerschöpfliche Informationsquelle: es gibt doch
einige Berichte von Kanada-Radtouren und im Fernradlerforum (rad-forum.de) wurden meine
Fragen zur Versorgungslage und Campgrounddichte beantwortet.
Letztlich entschied ich mich von Vancouver in
Richtung Osten nach Calgary zu fahren: eine gute
Chance für Rückenwind, der Icefields Parkway und
die Rocky Mountains als landschaftlicher
Höhepunkt im letzten Drittel der Tour. 6 Wochen
im August/September, nach den großen Touristen(und Mücken)schwärmen, aber vor dem kalten
Herbstwetter. Übernachtung in Campgrounds,
Hostels / Motels oder bei Gastgebern aus dem
Netzwerk von SERVAS oder Warmshowers (das
internationale Gegenstück der ADFC-Dachgeber). Soweit der Plan.
Im Frühjahr hatte ich mir ein knallgrünes Reiserad gekauft und diesen „Frosch“ mit ein paar
Schnuppertouren eingefahren. Am 11. August war es dann soweit: per Direktflug von Frankfurt
nach Vancouver. Der Frosch reiste gut in Folie verpackt mit.
Blick aus dem Flugzeug auf den Lake Maligne
Vancouver Downtown
Beim Flug über die Rocky Mountains wurde mir dann doch nochmal etwas mulmig: die Berge
sahen ziemlich eindrucksvoll aus. Wie Reißzähne reckt sich Reihe um Reihe von eindrucksvollen
Berggipfeln in den Himmel. Und da wollte ich durch?? Nach 9 Stunden Flug empfing mich
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Vancouver mit Sonnenschein und milder Meeresluft. Zu meinen ersten Warmshowers-Hosts musste
ich 10km durch die Stadt radeln. Glücklicherweise ist die Orientierung in kanadischen Städten sehr
einfach, da die Straßen im Schachbrettmuster angelegt und schlicht durchnummeriert sind.
Am nächsten Tag erkundete ich erst einmal Vancouver. Durch ausgedehnte Einzelhaussiedlungen
fand ich den Weg zur City mit ihren Wolkenkratzern. Radwege in unserem Sinn sind rar, aber es
gibt besonders ausgewiesene Radstrecken auf ruhigen Straßen, mit besonders fahrradfreundlichen
Ampelregelungen und vom Rad aus gut erreichbaren Schaltern. Vancouver ist eine erstaunlich
grüne Stadt, sogar in der City gab es immer wieder Grundstücke mit gemeinschaftlich genutzten
Gemüsegärten. Entlang der Straßen breite Grünstreifen (auch oft mit Gemüsebeeten!), die
allerdings nach einem ungewöhnlich regenarmen Sommer meist vertrocknet und gelb wirkten.
Fahrradfreundliche Ampel
Hafen und City von Vancouver
Meine Gastgeber luden mich zu einem dreitägigen Radausflug mit Freunden nach Galiano Island
ein. Im strömenden Regen fuhren wir
per Auto und Fähre zur Insel und
dort zu einer kleinen Cabin
(Holzhaus), wunderschön direkt
über dem Steilufer gelegen. Am
nächsten Tag hatte sich das Wetter
wieder beruhigt, bei Sonnenschein
erkundeten wir die kleine Insel,
radelten über fast zugewachsene
Wege zu abgelegenen Stränden,
wanderten zum höchstgelegenen
Aussichtspunkt
der
Insel
(immerhin 328m über dem Meer).
Leider stürzte ich an einem der
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felsigen Strände und sah dann mit einem geschwollenen Knie schon alle Radfahrträume schwinden
und mich auf dem Weg zum Autovermieter. Aber nach einem Tag Ruhe und reichlich
Eispackungen war ich am 17. August bereit, mich per Rad ins kanadische Abenteuer zu stürzen.
Die erste Etappe führte über gut 80km auf dem Sea-to-sky-Highway nach Squamish. Die Straße
folgt der Küstenlinie und bietet wunderschöne Blicke auf den Meeresarm und die Inseln, ist aber
durch das ständige Auf und Ab recht anstrengend. Meine nächsten Warmshowers-Gastgeber hatten
mich vorgewarnt, dass auf der Strecke nur an zwei Stellen Trinkwasser und etwas Essbares zu
bekommen sei. So schnell ist man in Kanada am Rand der Zivilisation! Am nächsten Tag begleitete
meine Gastgeberin mich per Rad auf den ersten Kilometern in Richtung Whistler. So ganz nebenbei
wies sie auf einen rötlichbraunen körnigen Fladen am Straßenrand: Bärenkot – und das noch im
Ort! Direkt nach dem Verlassen des Ortes die ersten „CAUTION BEARS“ und „DONT FEED
THE BEARS“-Schilder.
Sea-to-sky- Highway
Nairn Falls
Auf den 65 km zwischen Sqamish und Whistler gibt es am Highway 99 keine Versorgungsmöglichkeiten, kein Haus, keine Tankstelle, nur starken Autoverkehr auf einer vierspurigen Straße
(allerdings mit großzügigen Seitenstreifen), ein paar Rennradler und reichlich Steigungen. Whistler
selbst ist eine kleine Stadt voll von Restaurants, Cafés und all den Läden, die ein Tourismusort des
gehobenen Preisniveaus halt so zu brauchen scheint. Auch Radfahrer waren hier zahlreich vertreten,
diese aber meist mit lehmverschmierten vollgefederten Mountainbikes, Kleidung im coolsten BikerStyle, Vollvisier-Helm mit Action-Kamera. Der schwer bepackte Frosch fiel völlig aus dem
Rahmen.
Kurz vor meinem nächsten Etappenort Pemberton besuchte ich noch die spektakulären Wasserfälle
der Nairn Falls. Dort traf ich ein holländisches Radlerpaar, die schon seit Monaten in Alaska und
Kanada unterwegs waren. Piet hatte eine etwas skurrile Angewohnheit: wenn er „Roadkill“ fand,
das frisch genug schien, nahm er es mit und bereitete sich daraus ein Essen. Auch an diesem Abend
briet er sich einen kleinen Happen (Eichhörnchen?) auf dem Campingkocher und bot mir sogar ein
Stück zum Probieren an. Ich verzichtete dann aber doch lieber… Er empfahl mir für den nächsten
Tag auch einen Campground am Cayoosh Creek: dieser sei besonders schön gelegen und außerdem
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hätten sie zwei Stunden lang eine Schwarzbärenmutter mit Jungen auf dem anderen Ufer
beobachten können. Ob das die Art „Fernsehen“ war, die ich brauchte?
Der nächste Tag brachte mit der Duffey Lake Road von Pemberton nach Lillooet die
„Königsetappe“ der Tour: 100 einsame Kilometer und 1250 Höhenmeter über den Cayoosh Pass.
Für mein noch immer angemacktes Knie der Belastungstest: Nach 20 flachen Kilometern durch
saftig grünes Farmland müssen auf den ersten 4 Kilometern der Bergstrecke schon 400 Höhenmeter
in einer bis 15% steilen Steigung überwunden werden, danach wird es ein wenig leichter. Und das
bei strahlendem Sonnenschein um die 30°C und ohne Versorgungsmöglichkeiten zwischendurch.
Auch hier waren wieder einige Rennradler unterwegs. Einer warf mir beim Überholen mit Blick auf
meine schweren Radtaschen noch schnell ein „I feel less bad now!!“ („Ich fühle mich jetzt weniger
schlecht!“) zu.
Abends baute ich zum ersten Mal in Kanada mein neues Zelt auf. In dem kleinen, kostenlosen
Campingplatz am Fluss gab es Pit Toilets (Trockentoiletten) und Picnic Tables, aber weder
Trinkwasser noch die sonst verbreiteten bärensicheren Müllcontainer. Ich fuhr trotzdem nicht zum
nur 40 km entfernten Lillooet weiter, denn mein fast neuer Ledersattel machte sich peinlich
bemerkbar: ich konnte einfach nicht mehr sitzen.
Der erste Campground
… am Cayoosh-Creek
Meine Camping-Nachbarn Dave und Deborah brachten meine Proviant-Tasche bärensicher in ihrem
Auto unter, erklärten mir den Umgang mit Bärenspray und versuchten meine angesichts dieser
ersten Nacht im Bärenland leicht flatternden Nerven zu beruhigen. Die Bären seien nicht an uns
Menschen interessiert meinte Dave: Solange wir sie in Ruhe lassen, lassen sie uns auch in Ruhe.
Etwas Ähnliches hatte bislang fast jeder Kanadier geäußert. Aber dann holten die meisten nochmal
Luft und erzählten irgendeine haarsträubende Bären-Geschichte, eine, die natürlich gut
ausgegangen war - gerade nochmal. Der einsetzende Regen und meine Müdigkeit nach der langen
Steigung verhinderten ausführlichere Gespräche, ich kaute draußen schnell den Rest meines
Sandwichs (keine Lebensmittel im Zelt, auch keine Krümel!), verzog mich ins Zelt und schlief
tatsächlich gut, wenn auch nicht lang: eine Isomatte ist eben kein Himmelbett. Frühmorgens
wanderte ich wenig am Flüsschen entlang. Ich fand eine kleine Brücke, die im Dachfirst eine
kunstvoll geschwungene Inschrift trug: „Es Brueggli fuers Schatzeli“. Wer hatte sich da wohl
verewigt?
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Bärenland!
Bären-Baby im Baum
In Lillooet angekommen fühlte ich mich in eine andere Welt versetzt: nach den üppigen Wäldern
der Küstenberge war ich nun im trockenen Tal des Fraser River angekommen. Gelbbraune,
steppenartige Landschaft im Regenschatten der Küstenberge, lichte Wälder nur in größerer Höhe
auf den Bergkuppen, die einzigen sattgrünen Flächen waren bewässertes Farmland. In dieser
offenen Gegend erwartete ich eigentlich keine Bären. Aber einige Haufen Bärenkot an der Straße
belehrten mich eines Besseren. Ab Lillooet folgte ich zunächst dem Fraser River und bog nach
einigen hügeligen Kilometern ostwärts in das hochgelegene und damit wieder etwas grünere Tal des
Marble Canyon ab. Und dann, nur wenige Kilometer vor dem angestrebten Tagesziel: mein erster
Bär. Ein Schwarzbär-Baby hockte kaum 25m von der Fahrbahn entfernt in einem Baum. Ich hielt
an und schaute mich zunächst hektisch um: wo ein Bären-Baby da ist die Mutter nicht weit. Und die
hat meist etwas dagegen, wenn Menschen sich zu sehr für ihren Nachwuchs interessieren. Ich
schoss blitzschnell zwei Bilder und strampelte dann schnell weiter. Ein Busch nahe der Straße
wackelte so verdächtig als bewege sich etwas Großes darin...
Glücklicherweise waren es noch 6 km bis zum Campingplatz, für mein Gefühl ein sicherer Abstand.
Ich fand einen schönen Platz für mein Zelt direkt am Ufer des Crown Lake. Leider konnte ich
meine Provianttasche nicht „vorschriftsmäßig“ in einen Baum hängen: Bei jedem Versuch die
schwere Last hochzuziehen bog sich der Ast in Richtung Boden, aber die Tasche verharrte
ungerührt auf der Erde. Schließlich erbarmte sich mein Campnachbar und erlaubte mir die Tasche
in seinem Auto unterzustellen. Einen bärensicheren Food-Container, wie ich ihn aus USamerikanischen Parks kannte, hatte ich in ganz Kanada noch nicht gesehen. Ein erfrischendes Bad
im kühlen See spülte den Dreck von drei Radtagen runter, denn der Campground war wieder sehr
basic: keine Duschen und die nun schon gut bekannten Pit Toilets. Immerhin gab es Trinkwasser.
Am nächsten Morgen erklomm ich die erste Steigung des Tages, als mich bereits nach wenigen
hundert Metern eine Bewegung im lichten Wald aufmerksam machte: ein großer Schwarzbär
trottete einen Schotterweg entlang. Der Bär war ca. 100m entfernt und schien mich nicht zu
bemerken. Er graste ruhig und entfernte sich dann gemächlich. Wenige Kilometer weiter hatte es
sich ein weiterer Schwarzbär in der Nähe der Straße bequem gemacht. Er lag im Schatten des
lichten Waldes und schien sich nicht im Geringsten an dem durch ihn verursachten Verkehrsstau
und den klickenden Fotoapparaten bzw. Handys zu stören.
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Auf den nächsten Kilometern wurde die Landschaft nun endgültig zur Halbwüste, Sagebrush
(Wüstensalbei) war die vorherrschende Vegetation. Auf dem Juniper Beach Campground am
Thompson River fand ich trotzdem zum ersten Mal einen saftig grünen Rasenplatz für mein Zelt. Es
war auch der erste Platz mit Duschen – sogar mit warmem Wasser! Nächtlicher Bärenbesuch im
Campground wäre wirklich unwahrscheinlich, wie mir der Manager versicherte. Und die
Klapperschlangen kämen nicht in den Platz. Klapperschlangen?! Für unruhigen Schlaf sorgten
hingegen zwei Bahnlinien: fast stündlich ratterten und quietschten endlos lange Güterzüge durchs
Tal, vor dem Bahnübergang des Campgrounds wurde vorschriftsmäßig die Signalhupe angeworfen.
Immer in hörbarer Nähe: die Eisenbahn
Nach einem weiteren Tag durch Halbwüste bog ich bei Kamloops (mit 80.000 Einwohnern die
größte Stadt unterwegs) in das grüne Tal des North Thompson Rivers ab. Kurz vor Clearwater
erwischte mich ein schweres Gewitter, heftige Windböen schoben mich über die Straße. Sobald wie
möglich suchte ich Schutz unter der ersten Garage, die ich finden konnte. Die Hausbesitzerin
schaute zunächst etwas misstrauisch, brachte mir dann aber einen Stuhl, ein Glas Wasser, einen
Teller Pasta und etwas Obst. Kanadier sind einfach ausnehmend gastfreundlich und hilfsbereit –
besonders einer tropfnassen Radlerin gegenüber.
In Clearwater fand ich ein Zimmer in einem kleinen privaten Hostel und beschloss ein paar Nächte
zu bleiben: nach fast zwei Wochen unterwegs konnte ich eine Pause gebrauchen. Eine gute Idee,
denn am nächsten Tag fand in der Nähe die „First Fish-Ceremonie“ der First Nations vom Stamm
der Simpwc statt. Der spätsommerliche Lachszug wird mit traditionellen Gesängen und Trommeln
begrüßt – einige Lachse gleich im Erdofen gebacken und das Festmahl mit den Besuchern geteilt.
Die berühmten Wasserfälle des Wells Gray Provincial Parks verlockten mich zu einem Abstecher
von der Hauptroute. Auf dem Weg in den Park luden mich Trina und Sandy von der Straße weg zur
Übernachtung ein. Ihr Gästehaus war früher (Ferien)Wohnhaus und das älteste Gebäude auf dem
großen Grundstück, eine winzige Cabin im Wald, ausgestattet mit Küchenbereich, eisernem
Holzofen, Sitzecke und Schlafstelle. Genau so stellt man sich ein kanadisches Ferienhaus vor.
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Helmcken Falls im Wells Gray Park
Auf dem Weg in die Rockies – wenn keine Enten
im Weg stehen…
Danach machte ich mich an eine der einsamsten Strecken der ganzen Tour: zwischen Clearwater
und Jasper in den Rocky Mountains liegen 320 km, aber nur drei kleine Siedlungen. Und diese dicht
bewaldete und regenreiche Gegend sollte angeblich auch noch mit der höchsten Bärendichte der
ganzen Tour aufwarten! Hier leben auch Grizzlies. Aber kein Bär ließ sich blicken, weder schwarz
noch braun.
Bei Blue River kam mir ein Reiseradler auf einem fast gleichen Reiserad entgegen: Wolfgang war
auf dem Weg von Calgary nach Vancouver (Warum nur waren alle Tourenradler in Gegenrichtung
unterwegs? War da was falsch gelaufen bei meiner Routenplanung? Und warum hatte fast jeder
weniger Gepäck als ich?). Er habe schon von mir gehört, meinte er. Wie das? Des Rätsels Lösung:
in Valemount hatte er zufällig meinen nächsten Warmshowers-Gastgeber getroffen. Auch die
geographische Lage meines Wohnortes musste ich Wolfgang nicht erläutern: er stammt aus Bad
Laasphe. Mal wieder ein Beweis für den alten Spruch „Die Welt ist klein“!
Das Wetter blieb erst mal unbeständig, immer
wieder Regen so dass ich nur kurze
Tagesstrecken fuhr und auch mal in Motels
bzw. Cabins übernachtete. Zum Trost gab es
einen wunderschönen Blick auf den Mt.
Robson, mit 3954m der höchste Berg der
kanadischen Rocky Mountains. Über fast
10km führt der Highway direkt auf die
Südwestflanke zu, so dass man genug Zeit
hat, die Sicht zu genießen. Für einen Moment
war sogar der Gipfel fast wolkenfrei, was
selten vorkommt.
In Jasper im gleichnamigen Nationalpark beginnt die berühmteste Panoramastraße der kanadischen
Rockies: der 230km lange Icefields Parkway. Er führt über zwei Pässe durch zwei Nationalparks
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(Jasper und Banff) und an den Columbia Icefields vorbei zum Endpunkt Lake Louise. Es gibt am
Weg ein paar Campingplätze, wenige Lodges und Wilderness-Hostels, aber nur einen einzigen
Laden. Aufgrund der schon sehr kalten Nachttemperaturen wollte ich in den Hostels übernachten,
konnte aber kurzfristig nicht mehr buchen (kein Telefonanschluss, Online-Buchung mind. 2 Tage
im Voraus!) und musste auf gut Glück fahren.
Zunächst wollte ich aber unbedingt noch
einen Abstecher zum Lake Maligne
machen. Der abgelegene See (in einem
Seitental 50 km von Jasper) ist
touristisch bestens erschlossen: Schnellbote bringen Besucher in ca. 40 Minuten
zu einem Aussichtspunkt, nach einer
Fotopause von genau 10 Minuten geht’s
schon wieder zurück. Das Bild der
Halbinsel Sprit Island, die vor einem
spektakulären Bergpanorama malerisch
in den türkisblauen See ragt, ist eines der
meistfotografierten Motive im Jasper
Nationalpark.
Spirit Island im Lake Maligne
Das Wetter war in den letzten Tagen perfekt gewesen, strahlender Sonnenschein mit mehr als 25°C
tagsüber bei allerdings eisigen Nachttemperaturen. Ein Wetterumschwung zu Regen und vielleicht
Schnee war für zwei Tage später angesagt. Also los!
Auch wenn der Icefields Parkway als stark frequentierte Touristenstrecke beschrieben wird, so ist
das Verkehrsaufkommen doch nicht mit dem einer deutschen Straße zu vergleichen (zumindest in
der Nebensaison Anfang September). Es gibt auch meistens Seitenstreifen, auf denen es sich
ungestört radeln lässt. Nur die ständigen Querrillen sind für Radfahrer nervtötend, ich versuchte
mich auf dem nur ca. 25cm breiten glatten Asphaltstreifen einer Leitungstrasse zu halten. Da wird
die spektakuläre Landschaft schon mal zur Nebensache… Schon in dem Buch „Kanada: Rocky
Mountains Radtouren“ war die Straße übrigens genauso beschrieben, es hat sich also seit 16 Jahren
an diesem Zustand nichts Wesentliches geändert.
Auf dem Icefields Parkway waren relativ viele Fahrradfahrer unterwegs: ich traf eine kanadische
Gruppe mit Begleitfahrzeug, sowie ein Rob und Diana, mit leichtem Gepäck auf einer einwöchigen
Tour unterwegs von Hinton nach Lake Louise. Auf dem Weg vom Beauty Creek Hostel zum
Sunwapta Pass begegnete ich dann noch Dean und Dang, ein kanadisches Paar auf Ferntour von
Anchorage (Alaska) nach Südamerika.
Kurz vor der Passhöhe öffnet sich das Tal und gibt den Blick frei auf das eindrucksvolle Columbia
Icefield. Auch die Temperaturen ließen die Nähe der großen Eismassen spüren und sanken
merklich. Ich verzichtete auf die Möglichkeit, mit Spezialbussen bis auf das Gletscherfeld zu fahren
und ging lieber ins gemütlich warme Icefields Center zum Mittagessen.
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Auf dem Weg zum Columbia Icefield
Winterzauber – im September
Als ich das Center verließ, fing es heftig an zu regnen und hörte in den Stunden auf dem Weg zum
nächsten Hostel nicht auf. Die Aussichtspunkte an der Straße boten nur den Blick zur nächsten
regenschweren Wolke. Das Rampart Creek Hostel ist – wie die meisten anderen Wilderness Hostels
- sehr einfach ausgestattet: Outhouses (Außentoiletten) mit Plumpsklos, Trinkwasser aus Kanistern,
immerhin elektrisches Licht aus Sonnenkollektoren. Aber in dem kleinen Saunahaus konnte ich auf
dem Holzofen Wasser aufheizen und eine warme „Löffeldusche“ nehmen. Ein unerwarteter und
deshalb umso erfreulicherer Luxus nach der kalten Regenfahrt!
Der nächste Morgen fing nasskalt mit Schneeregen an und wurde nicht besser: auf dem Weg zum
Bow Pass schneite es so stark, dass ich umkehrte und mir in Saskatchewan River Crossing (dem
einzigen Motel / Restaurant im Umkreis) mit Dean und Dang ein Zimmer teilte. Das Schneetreiben
sah aus einem gut geheizten Zimmer doch gleich weniger unfreundlich aus. Den Aufstieg zum Bow
Pass am nächsten Tag gingen wir dann als Gruppe an: Auch Rob und Diana, die ich schon in Jasper
getroffen hatte, waren unterwegs.
Zu fünft fuhren wir durch die
verschneite Bergwelt. Aber es war
immerhin trocken, windstill und 49°C „warm“.
Vom Bow Pass führt eine kurze
Stichstraße zum höchsten Punkt
der Tour: auf ca. 2.100 m über
dem Meer liegt der Aussichtspunkt
zum Peyto Lake, manchmal als der
„blaueste See der Rockies“
bezeichnet. Einer der zahlreichen
Touristen am Aussichtspunkt hatte
sich einen eher ungewöhnlichen Sommerspaß gegönnt und zwei kleine Schneemänner auf den Zaun
gesetzt, das beliebteste Foto-Objekt des Tages! Für die Passabfahrt bei gerade mal 4°C mussten wir
uns so winddicht wie möglich einpacken, jeder Luftzug stach wie Eisnadeln. In der folgenden Nacht
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schneite es nochmals ca. 5cm, aber glücklicherweise waren wir ja im Moose Creek Hostel warm
und gemütlich untergekommen. Der Weg nach Lake Louise hinab war am nächsten Tag nicht weit
– aber leider bei tiefhängenden Wolken wieder ohne Aussicht auf die Bergketten.
Morraine Lake
Pilot Pond im Bow River Valley
In Lake Louise dann gönnte ich mir ein paar Tage Auszeit mit kurzen Ausflügen zum Morraine
Lake sowie zum Yoho Nationalpark auf der anderen Seite des Rocky Mountain Hauptkamms. Von
meinen Mitradlern musste ich mich zunächst verabschieden und fuhr wieder alleine weiter nach
Banff.
Im breiten Tal des Bow River jagt eine Aussicht der Superlative die nächste, aber erfreulicherweise
diesmal bei klarer Sicht, Sonnenschein und angenehmen (Tages-)Temperaturen.
Auf dem Radweg (ja, hier gibt’s tatsächlich
mal einen ausgewiesenen Radweg!) von
Banff nach Canmore lud mich eine
Kanadiern quasi im Vorbeifahren in ihr
Haus nach Canmore ein. Im Ort traf ich
dann auch wieder auf Dean und Dang, die
eine Pause von ihrer langen Reise einlegen
wollten. Auf dem letzten Radeltag in
Kanada verließ ich kurz hinter Canmore die
Rockies und folgte dem meist vierspurig
ausgebauten Hwy 1 durch die wellige
Prärielandschaft in Richtung Calgary. Leider
erwischten mich hier die einzigen Platten
der Tour – und das gleich zweimal!
Durch die Prärie
In Calgary war ich zu Gast bei einer Kanadierin, die ich als Mitglied der Radgruppe auf dem
Icefields Parkway getroffen hatte. Die moderne 1,3-Millionenstadt pflegt heute immer noch die
Erinnerung an Rinderzucht, Pferde und Prärie-Cowboys: in Citynähe befindet sich das riesige
Gelände der jährlichen „Calgary Stampede“, der größten Rodeoshow der Welt. Für Radfahrer gibt
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es ein recht gutes Radroutennetz, das allerdings gerade nicht überall gut befahrbar war: der frühe
Wintereinbruch der vorherigen Woche hatte der Stadt 20cm Schnee gebracht; zahlreiche Bäume
waren unter dieser Last zusammengebrochen und mussten noch weggeräumt werden.
Calgary
Am Abreisetag brachte meine Gastgeberin mich mit dem Auto zum Flughafen; ein letzter Blick aus
dem Flugzeug auf die Kette der Rocky-Mountains-Gipfel am Horizont und dann hob das Flugzeug
ab in Richtung Deutschland. Hinter mir 6 ereignisreiche Wochen mit rund 2000 Radkilometern.
Aber leider hatte ich ja einen Teil des Icefields Parkway nur wolkenverhangen kennengelernt und
Grizzly oder Elch hatten sich auch nicht blicken lassen. Vielleicht muss ich nochmal hin…
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