Skoliose - VIVEKA

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Skoliose - VIVEKA
Aus dem Lot
Über Skoliose und
andere Asymmetrien
Ungleichseitigkeiten des Körpers sind häufig. Welche Rolle spielen
sie in der Praxis des Yoga? Wann sollten sie korrigiert werden
und wie? Sollten erkannte Seitenunterschiede Anlass sein, besondere Übungen vorzuschlagen? Welche Risiken gibt es in der Âsanapraxis zu beachten, wenn ein Körper nicht im Lot ist? Welche
Erkenntnisse aus medizinischer Sicht sind nützlich beim Umgang
mit Skoliosen und anderen Seitendifferenzen?
Auf diese und andere Fragen versucht der folgende Artikel einige
Antworten zu geben. Dabei wird deutlich, wie wichtig es sein
kann, die Besonderheiten einer Körperstruktur zu erkennen. Das
gilt für Yoga Praktizierende ebenso wie für Yoga Unterrichtende.
Gleichzeitig zeigt sich, dass es nicht immer ganz einfach ist, das
einmal Beobachtete richtig zu deuten. Und noch mehr Fragen
stellen sich, wenn es schließlich darum geht, daraus einen treffenden Praxisvorschlag zu entwickeln. Dafür kann natürlich kein noch
so ausführlicher Artikel die notwendige Anschauung, Erfahrung
und Diskussion ersetzen, die es im Yoga für einen professionellen
Umgang mit diesem Thema braucht. Trotzdem hoffen wir, den
Blick zu schärfen und einige Anregungen geben zu können für die
eigene Praxis ebenso wie für den Alltag des Unterrichtens.
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m Zusammenhang mit der Praxis
von Âsana verdienen Ungleichseitigkeiten des Körpers ohne
Frage eine besondere Beachtung.
Das hat mehrere Gründe.
Zum einen ist es ein Anspruch
jeder Âsanapraxis, die Aufrichtung
und Ausrichtung des Körpers zu
unterstützen und zu verbessern.
Ungleichgewichte, die dem entgegenstehen, sollten dabei erkannt
und wo möglich auch verringert
und ausgeglichen werden. Zum
anderen können Ungleichseitigkeiten auf ein gravierendes strukturelles Problem hinweisen. Sie zu verstehen ist dann notwendig, um
Fehler zu vermeiden und mit der
Auswahl und Praxis von Âsana kein
gesundheitliches Risiko zu schaffen.
Den Körper aufzurichten und
auszurichten ist eine Arbeit, in deren Mittelpunkt die Wirbelsäule
steht. Natürlich meint „Wirbelsäule“ dabei nicht die bloße Aufrei-
I
Aus dem Lot
hung der einzelnen Wirbelknochen.
Im Zusammenhang mit Yogapraxis
soll der Begriff Wirbelsäule vielmehr
die Gesamtheit jener Strukturen und
Funktionen beschreiben, die unsere
zentrale Körperachse ausmachen.
Von deren Struktur, Funktion und
Form wird unsere gesamte Körperhaltung wesentlich geprägt. Diese
Achse gibt jeder Bewegung ihren
Halt, darüber hinaus wird von ihr
der Fluss des Atems getragen.
Ausrichtung und
Aufrichtung
Âsanapraxis möchte und kann
auf diese Mitte Einfluss nehmen.
Deshalb wird im Üben immer wieder das Bemühen thematisiert, die
Beweglichkeit, Stabilität, Kraft und
Harmonie der Wirbelsäule zu erhalten, zu fördern und zu erweitern.
Dazu gehört auch, negativen Tendenzen und Ungleichgewichten
entgegen zu arbeiten. Negative
Einflüsse auf unsere Körperhaltung
ergeben sich zum einen aus den
Belastungen des Alltags wie etwa
monotones Sitzen, zu wenig Bewegung usw. Belastungen können
aber auch entstehen durch ein gegebenes Ungleichgewicht in unserer
Körperstruktur wie zum Beispiel die
Seitkrümmung und Verdrehung der
Wirbelsäule bei einer Skoliose. Natürlich sind diese beiden Aspekte alltägliche und strukturelle Belastungen - oft eng miteinender verbunden. Zu viel Sitzen und zu wenig
Bewegung etwa kann schließlich
einen Rücken dauerhaft schädigen:
Aus einer alltäglichen Fehlbelastung
kann ein tiefgreifendes Ungleichgeweicht erwachsen, das die Wirbelsäule schließlich sogar in ihrer Struktur verändert. Das Beispiel der Skoliose zeigt aber, dass sich ein Ungleichgewicht auch ohne erkennba-
re äußere Einflüsse und Belastungen
entwickeln kann.
Was aber immer zu ihrer Entstehung beigetragen hat, die je besondere Körperstruktur eines Menschen
ist der Ausgangspunkt jeden Bemühens um Aufrichtung und Ausrichtung. Findet sich in dieser Körperstruktur ein Ungleichgewicht, stellt
sich deshalb die Frage danach, ob
und wie Âsanas hier korrigierend
eingreifen sollen.
Und tatsächlich sind wir mit der
Erfahrung vertraut, dass eine entsprechendes Yogapraxis einen übermäßig gerundeten Rücken strecken
und einen aufrechteren Gang lehren
kann. Sie kann unnötige Spannung
abbauen, kann der alltäglichen Fehlhaltung entgegen steuern, kann
Schwächen ausgleichen, kann mehr
Bewegungsfreiheit geben, kann
Disharmonien korrigieren, kann
Beschwerden lindern oder heilen
helfen. Deshalb ist das Bedürfnis nur
zu verständlich, als YogaübendeR
oder LehrendeR auf einmal erkannte
Ungleichgewichte korrigieren zu
wollen. Ein schwacher Rücken lässt
an Kräftigung denken, eine Steifheit
daran, ihn beweglicher zu machen,
eine ausgeprägte Krümmung an
Aufrichtung.
Wie also soll im Yoga damit umgegangen werden, wenn zum Beispiel bei jemandem die Schultern
ungleich hoch stehen, das Becken
zur Seite geneigt ist oder die Beine
ungleich lang erscheinen; Wie,
wenn die Wirbelsäule vom Lot abweicht? Gibt es Âsanas, die dann
besonders gut tun? Gibt es Âsanas,
die hier kurz- oder langfristig schaden könnten?
Seitendifferenzen
erkennen
Mit etwas geschultem Blick sind
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Es sind nicht
viele Âsanas,
die man
braucht, um
bei genauer
Beobachtung
eine Skoliose
recht sicher
erkennen zu
können. Unbedingt notwendig ist
dabei der
Blick auf den
Rücken bei
einer Vorbeuge wie Cakravâkâsana
aus dem Kniestand oder Uttânâsana
aus dem Stand.
Wissen
Eine Skoliose zu erkennen ist mit etwas Übung und Erfahrung nicht
schwierig. Zwei Beispiele mögen dies
veranschaulichen. Im medizinischen
Sinn gehören die Skoliosen beider
hier dargestellter Frauen zu den
„leichten Skoliosen“; manche Ärzte
würden - auch wenn es nicht ganz
korrekt ist - nur von einer „skoliotischen Fehlhaltung“ sprechen. In beiden Fällen handelt es sich aber um
„echte“ sogenannte idiopatische Skoliosen.
Vorsicht mit zu schnellen
Schlussfolgerungen. Die
unterschiedliche Fußstellung
hat hier tatsächlich ihren
Grund in den Auswirkungen
der Schiefstellung des Beckens auf die Beine und
Füße. Es gibt aber auch
noch andere Gründe, aus
denen sich eine solche Asymmetrie ergeben kann, zum
Beispiel einen unterschiedlichen Tonus (Grundspannung) in den Beinen.
Auffällig ist auch die scheinbare Längendifferenz der
Beine (das rechte Bein
scheint länger zu sein). Tatsächlich sind beide Beine
gleich lang, die Ursache für
den Längenunterschied liegt
im leichten Schiefstand des
Beckens.
Deutlicher treten die Asymmetrien der Skoliose hervor, wenn
die Arme angehoben werden:
Die Position von rechtem und
linkem Arm mit einfach wahrnehmbarem Unterschied.
Im Stand: Der Oberkörper
ist nicht im Lot. Die Schultern stehen oft unterschiedlich hoch.
Im Liegen zeigt sich häufig wie hier
eine Abweichung von einer gedachten Mitte. Auch hier schon zu sehen:
die Füße stehen in unterschiedlichem Winkel.
Bei leichten Skoliosen oft nicht sehr deutlich
aber typisch für eine skoliotische Krümmung im
Bereich der Brustwirbelsäule:
Die Vorwölbung der einen Rückenseite. Am
besten zu beobachten ist diese Asymmetrie in
Vorbeugen.
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Aus dem Lot
Im Stand schon sichtbar:
Die Asymmetrie im Bereich des Schultergürtels.
Wenig offensichtlich ist
die leichte Seitneigung
des Oberkörpers.
Seitendifferenzen recht einfach zu
erkennen. Im Stand sind Unterschiede in der Schulterhöhe oft am auffälligsten. Durch das Anheben der
Arme tritt eine unterschiedliche
Schulterstellung deutlicher hervor.
In der entspannten Rückenlage fallen Seitenunterschiede oft dadurch
auf, dass der Kopf, Rumpf oder die
Beine vom Körperlot abweichen. In
dieser Position lassen sich auch am
besten scheinbare oder tatsächliche
Differenzen in der Beinlänge feststellen.
Stehen die Arme unterschiedlich
zum Rumpf, ist dies sowohl im Stehen als auch im Liegen erkennbar.
Selbst wenn sie nicht durch Kleidung bedeckt ist: Mit der Ausnah-
Auch im Liegen ist die Asymmetrie
nicht übermäßig auffallend (die gestrichelte Linie ist das Lot durch die
Körpermitte). Das Bein und der Arm
rechts liegen etwas mehr abgespreizt
als auf der linken Seite.
Auch hier wird die Asymmetrie des Körpers deulicher, wenn die Arme
angehoben sind. Vor
allem fällt die
unterschiedliche Stellung
der Arme auf.
me von sehr starken Skoliosen lässt
sich eine skoliotische Verkrümmung
der Wirbelsäule direkt oft nur
schwierig sicher beobachten. Mehr
Klarheit bringt die genauere
Betrachtung ausgewählter Bewegungen und Haltungen. Dabei offenbaren vor allem bestimmte Vorbeugen den genauen Verlauf der
Wirbelsäule.
Die Bedeutung von
Seitendifferenzen
Um einmal festgestellte Asymmetrien im Zusammenhang mit den
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Wieder ist es die Vorbeuge, hier Uttânâsana,
in der die Krümmung
der Wirbelsäule am
deutlichsten hervor tritt
und eine Skoliose sehr
warscheinlich macht.
Die Vorwölbung auf der
linken Rückenseite entsteht durch die leicht
gedrehten Wirbel im
Bereich der Brustwirbelsäule. Die Rippen
müssen dieser Drehung
folgen und verändern
entsprechend die Form
des ganzen Brustkorbs.
Wissen
ne Spiegelbild der anderen. Schultern sind unterschiedlich gestellt,
Füße stehen in unterschiedliche
Richtungen, ohne dass dafür die
Form der Wirbelsäule verantwortlich
sein muss. Deshalb sollten alle beobachteten Seitendifferenzen zuerst
nur als eine Aufforderung verstanden werden, genauer hinzuschauen.
Voreilige Schlussfolgerungen sind
das größte Hindernis für eine richtige Beobachtung.
Übungen des Yoga richtig zu beurteilen, braucht es ein Verständnis
ihrer unterschiedlichen Ursachen.
Für die Praxis am wichtigsten erweist sich dabei das Erkennen „echter“ Skoliosen. Mit einer einigermaßen systematisch aufgebauten Beobachtungsabfolge und etwas Erfahrung ist dies auch gut möglich.
Folgendes ist dabei vor allem zu
beachten:
1. Nicht jede Ungleichseitigkeit
ist Ausdruck einer Skoliose, also
Seitverbiegung der Wirbelsäule.
2. Auch wenn es selten ist: Seitverbiegungen der Wirbelsäule sind
nicht immer „echte“ idiopathische
Skoliosen. Bekanntes Beispiel: Eine
Differenz in den Beinlängen führt
auch zur Seitkrümmung der Wirbelsäule.
3. „Echte“, also „idiopathische“
Skoliosen sind den Betroffenen oft
bekannt und lassen sich mit einfachen Mittel recht sicher erkennen.
Bei einem Erwachsenen sind echte
Skoliosen in ihrer Form nur sehr
begrenzt veränderbar. Trotzdem
ergeben sich daraus für die Âsanapraxis einige wichtige Konsequenzen.
1. Nicht jede Ungleichseitigkeit
entsteht durch eine Skoliose,
also Seitverbiegung der Wirbelsäule.
Bei kaum einem Menschen ist
die eine Körperseite das vollkomme-
2. Es gibt
Wirbelsäulenverkrümmungen,
die keine idiopathischen Skoliosen sind.
Praktisch gesehen am wichtigsten sind dabei die Skoliosen, deren
Ursache in einer unterschiedlichen
Länge der Beine liegt. Diese Längendifferenz bringt das Becken in einen
Schiefstand. Das schiefe Becken
wiederum zwingt die Wirbelsäule in
einen seitlichen Schwung. In der
Regel lässt sich eine solche Seitneigung durch eine Unterlage unter
einen Fuß ausgleichen. Die Wirbelsäule kommt dadurch wieder weit
gehend in ihr Lot. Deshalb kann es
bei dieser Art von Skoliosen einmal
sinnvoll sein, bei der Praxis bestimmter stehender Âsanas mit einer
Unterlage unter einen Fuß zu arbeiten. Dies vor allem dann, wenn
die/der Übende auch im Alltag an
einen solche Ausgleich durch das
Tragen entsprechender Einlagen
gewohnt ist. Ansonsten ist gerade
hier Vorsicht geboten vor der Gefahr, Fehlhaltungen „über“zukorrigieren. Die Folge davon ist nicht nur
ein unnötiger und ablenkender Aufwand an Hilfsmitteln. Oft hat der
Körper auch über die Jahre hinweg
ein gut funktionierendes Gleichgewicht mit seiner Ungleichseitigkeit
gefunden. Mit einem Zuviel an Korrektur kann dieses wertvolle Gleichgewicht zerstört und dadurch der
Rücken oder große Gelenke wie die
weiter auf Seite 37
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Einiges
Wissenswerte
über
Skoliosen
nsere Wirbelsäule kann neben
den normalen physiologischen
Verbiegungen nach vorn (Lordose)
und hinten (Kyphose) auch Krümmungen in seitlicher Richtung aufweisen. Solche seitlichen Verbiegungen der Wirbelsäule werden seit
2000 Jahren als Skoliosen bezeichnet. Der griechische Arzt Galenus
benutzte für ihre Beschreibung im
zweiten nachchristlichen Jahrhundert den griechischen Begriff „skolios“: gekrümmt, gebogen. In der
heutigen medizinischen Terminologie wird streng genommen unter
einer „echten“ Skoliose nur die so
genannte „idiopathische Skoliose“
verstanden. Diese echte, „idiopatische“ Skoliose begegnet uns mit
großem Abstand am häufigsten.
Etwa 90 % aller Menschen, die
seitliche Verkrümmungen der Wirbelsäule aufweisen, gehören in diese Gruppe. Die idiopathischen Skoliosen bilden sich während der kindlichen und jugendlichen Wachstumsphasen heraus und ihre Ursachen sind noch nicht aufgeklärt.
Skoliosen dieser Art sind dadurch
charakterisiert, dass bestimmte Bereiche der gekrümmten Wirbelsäule
in ihrer Form fixiert, also grundsätzlich nicht vollständig korrigierbar
sind. Das liegt auch daran, dass bei
dieser Art von Skoliosen die Wirbelkörper selbst zu einer Seite hin abgeschrägt sind: Die Wirbelsäule
folgt in ihrer Biegung der Form der
U
Aus dem Lot
1
2
A
C
B
D
Skoliosen können verschiedene Formen annehmen. Mit großem Abstand am
häufigsten finden sich der Abbildung A und B ähnliche Formen: Die deutlichste
Krümmung zeigt sich dabei in der Regel im Bereich der Brustwirbeelsäule. Sehr
viel seltener sind Skoliosen, die wie in Abbildung C und D ihren Schwerpunkt
vor allem im unteren Rücken ausgebildet haben.
Abbildung 1 und 2 zeigt den eher
seltenen Fall einer „funktionellen“
Skoliose (weit unter 10% der Skoliosen insgesamt): Becken- und Schulterschiefstand entstehen durch eine Verkürzung eines (hier linken) Beines.
Das besondere dieser Art von Skoliosen: Durch eine entsprechende Korrektur (hier eine Unterlage unter den
linken Fuß) lassen sie sich wieder zum
Lot hin ausrichten.
Wirbelknochen. Solche „stabile“
seitliche Verbiegungen der Wirbelsäule nennt man deshalb auch
„strukturell“. Davon lassen sich
„funktionelle“ Seitkrümmungen
unterscheiden, die sich bei entsprechender Gegenbewegung mehr
oder weniger einfach strecken lassen. Solche Seitbiegungen der Wirbelsäule sind zum Beispiel zu beobachten, wenn sie ihre Ursache in
einer unterschiedlichen Beinlänge
haben. Auch unter Schmerzen –
wenn etwa der Ischiasnerv schmerzt
- können solche funktionellen Skoliosen auftreten. Man spricht dann
oft auch von einer „skoliotischen
Fehlhaltung“, um damit den Unterschied zu den viel üblicheren echten, idiopathischen Skoliosen herauszustellen. Auch in der Praxis
erweist es sich als hilfreich, diesen
Unterschied zu verstehen. „Idiopathische“ und das heißt eben fast
alle Skoliosen können durch keine
noch so raffiniert ausgedachte
Übung, noch so intensive oder geschickte Gegenbewegung durch
keine noch so intensive Streckung
gerade gezogen werden. Wenn wir
also lesen oder hören, durch eine
bestimmte Übung oder Methode sei
b
a
d
c
Charakteristisch für eine „idiopatische“ Skoliose, die überaus häufigste Art
seitlicher Wirbelsäulenverkrümmungen (über 90%): Die Hauptkrümmung (a) meistens wie hier auch abgebildet im Bereich der Brustwirbelsäule - lässt sich
auch durch die entsprechende Gegenbewegung nicht beeinflussen (b), sie ist
weitgehend fixiert. Nur die kompensatorisch entstandene und oft noch bewegliche Gegenkümmung im Bereich der Lendenwirbelsäule (c) streckt sich bei der
entsprechenden Gegenbewegung (d).
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Wissen
Skoliose auch eine Drehung. Dort,
wo die Wirbelsäule zur Seite abweicht, sind die Wirbelkörper immer
zueinander verdreht. Ebenso wie die
Seitneigung hat auch diese Verdrehung ihren Grund in der besonderen Form der Wirbelkörper im Bereich der skoliotischen Seitkrümmung. Deshalb kann die Wirbelsäule auch nicht durch eine Gegenbewegung aus dieser Rotation wirklich
herausgedreht werden. Leider möglich ist allerdings bei entsprechender
Drehbewegung eine Verstärkung
der Rotation der Wirbelkörper zueinander und damit eine Intensivierung der skoliotischen Krümmung.
Im Bereich des Brustkorbs folgen
auch die Rippen der Drehung der
Wirbelkörper und lassen dadurch im
Rückenbereich eine manchmal sehr
deutlich wahrnehmbare Vorwölbung entstehen.
Generell gilt: Je stärker die Skoliose, um so ausgeprägter ist die
Rotation der betroffenen Wirbel.
Die Krümmung einer idiopatischen
Skoliose von vorn gesehen: Deutlich
zu sehen ist die Verformung der Wirbelkörper selbst. Sie sind zur einen
Seite hin abgeflacht. Einmal geschehen, ist diese Wachstumsstörung der
Wirbelkörper nicht mehr rückgängig
zu machen. Idiopatische Skoliosen
lassen sich deshalb in ihrer Form
kaum verändern.
Die beim Vorbeugen deutlich sichtbare einseitige Vorwölbung der Rippen
bei einer starken (rechtskonvexen)
skolitischen Krümmung der Brustwirbelsäule.
Die Ursachen
Das bei jeder Skoliose veränderte
Knochenwachstum führt zu einer mehr
oder weniger ausgeprägten Verformung der Rippen (a). Die Dornfortsätze der Wirbelkörper weichen zur einen
Seite aus (b), die Wirbelkörper selbst
zur anderen. Diese knöcherne Veränderungen erzwingen die für jede Skoliose typische Ver drehung der Wirbelsäule.
es möglich gewesen, die Seitkrümmung einer Wirbelsäule unmittelbar
zu verändern, dann betrifft das
nicht jene Fehlhaltungen, die uns
normalerweise als Skoliose begegnen. Über die Möglichkeiten, langfristig auch auf die echten, idiopathischen Skoliosen Einfluss zu neh-
a
b
c
men, kommen wir später zu sprechen.
Nicht nur Seitneigung, sondern
auch Drehung
Neben der Seitneigung zeigt die
Wirbelsäule im Falle einer echten
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Nur selten also ist der Grund
einer Skoliose offensichtlich; zum
Beispiel wenn die Missbildung eines
Wirbelkörpers oder unterschiedliche
Beinlängen die Wirbelsäule in eine
Krümmung zwingen. Wie schon
erwähnt, entstehen dagegen etwa
90% der Skoliosen, ohne dass man
die dafür verantwortlichen Mechanismen kennt. Deshalb auch die
Bezeichnung „idiopathisch“ („aus
sich selbst heraus entstehend“). Seit
langem bemühen sich immer wieder
Forschungsprojekte bei großen orthopädischen Instituten und Kliniken in Europa und USA, eine Erklärung für das Entstehen dieser Wirbelsäulenveränderungen zu finden.
Trotzdem gibt es dazu immer noch
mehr Fragen als Antworten. Als
gesichert wird heute eine genetisch
bedingte Ursache angenommen.
Aus einer vererbten Veranlagung
Aus dem Lot
heraus bildet sich die idiopathische
Skoliose dann als eine Wachstumsstörung heraus. Bei der Beschreibung und Erklärung dieser Wachstumsstörung weist die Forschung
der letzten Jahrzehnte allerdings in
sehr verschiedene Richtungen. Einmal wird eine sehr frühe Wachstumsstörung des Bandapparats der
Wirbelsäule diskutiert. Wenn die
rechts und links an der Wirbelsäule
entlang führenden Bänder unterschiedlich stark gespannt sind, führt
dies zu einem ungleichen Wachstum der Wirbelkörper. Die Form der
Wirbelsäule folgt ganz langsam
diesen „schiefen“ Wirbeln und
schließlich wird dies als Krümmung
der Wirbelsäule sichtbar. Eine andere viel diskutierte These geht davon
aus, dass Skoliosen entstehen, weil
eine ebenfalls sehr frühe genetisch
bedingte kleine Störung des neuro-
muskulären Kontrollsystems zu einer
minimalen seitenunterschiedlichen
Aktivität in der Rückenmuskulatur
des heranwachsenden Kindes führt.
Obwohl so gering, reicht diese Seitendifferenz aus, den rasch wachsenden Wirbelkörper eine asymmetrische Form zu geben. Schließlich
wird als Ursache der idiopathischen
Skoliose auch eine Disharmonie im
hormonellen System in Erwägung
gezogen. Biomechanische, neuromuskuläre oder innersekretorischhormonelle Störung - in jüngster
Zeit gibt es immer wieder Versuche,
diese Erklärungsansätze miteinander
zu verbinden. Allerdings noch immer ohne wirklichen Erfolg. Nachweislich keine wesentliche Rolle bei
der Entstehung echter Skoliosen
spielen entgegen manch landläufiger Meinung Fehlbelastungen wie
etwa das einseitige Tragen einer
schweren Schultasche.
Weil Skoliosen Wachstumsstörungen sind, zeigen und verstärken
sie sich vor allem in Phasen intensiven Längenwachstums: Am häufigsten beginnt ihre deutlich sichtbare
Ausprägung überhaupt erst zur Zeit
der Pubertät. Sehr milde Formen
von Skoliosen bleiben aber nicht
selten unerkannt und fallen dann
manchmal zuerst einer aufmerksamen Yogalehrerin auf.
Es ist auch zu beobachten, dass
Skoliosen in ihrer Krümmung noch
einmal zunehmen können in Lebensabschnitten, die von der Umstellung wesentlicher Körperfunktionen geprägt sind: Dazu gehört bei
Frauen die Schwangerschaft und vor
allem das Klimakterium. Auch im
höheren Alter kann sich eine Skoliose noch einmal verschlechtern: Verantwortlich dafür ist eine zuneh-
ca. 25°
Eine im Brustwirbelbereich rechtskonvexe Skoliose. Nach der in der Medizin
üblichen Einteilung zählt diese Skoliose zu den „leichten Skoliosen“. Um den
Schweregrad einer Skoliose genau festzustellen, muss anhand des Röntgenbildes
die Krümmung der Wirbelsäule gemessen werden. Solche genauen Bestimmungen der Skoliose sind nur nötig, wenn über einen längeren Zeitraum hinweg der
Erfolg oder Misserfolg einer Therapie zweifelsfrei nachgewiesen werden muss
oder - bei Kindern - wenn die Frage gestellt ist, ob bei einer schweren Skoliose
das Tregen eines Korsetts oder gar eine Operation in Erwägung gezogen werden soll.
Die abgebildete Skoliose zum Beispiel zeigt allerdings „nur“ einen Winkel (gemessen nach der Methode von Cobb) von ca. 25°. Von einer schweren Skoliose
spricht man erst, wenn der auf diese Art gemessene Winkel über 50° - 60° aufweist.
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Wissen
mende Osteoporose und degenerative Veränderungen an den Wirbelkörpern.
Mädchen sind von echten Skoliosen etwa vier Mal häufiger betroffen als Jungen.
Die überaus meisten idiopathischen Skoliosen krümmen sich im
Brustwirbelbereich nach rechts (sind
dort also „rechtskonvex“) und im
Lendenbereich nach links (sind dort
also „linkskonvex“). Der Schwerpunkt der skoliotischen Krümmung
liegt häufiger im Bereich der Brustwirbelsäule, seltener in der Lendenwirbelsäule.
Während sehr starke Skoliosen
eher selten sind (von tausend Menschen sind etwa 2 davon betroffen),
finden sich sehr leichte und leichte
Skoliosen etwa bei jedem Zehnten.
Diese Mehrzahl der Skoliosen verschlechtern sich nach einem ersten
Schub in der Regel nicht weiter. Im
Gegenteil: Leichte Skoliosen, die
über längere Zeit unverändert bleiben, neigen dazu, sich im weiteren
Wachstumsverlauf von alleine wieder etwas zu verbessern.
Skoliosen werden in der Medizin
nach ihren Schweregraden eingeteilt. Dazu wird auf eine bestimmte
Art („nach Cobb“, einem Arzt, der
diese Methode entwickelt hat) gemessen, in welchem Winkel die
Wirbelsäule vom Lot abweicht. Eine
Abweichung bis zu 40° gilt noch als
leichte Skoliose, schwere Skoliosen
weisen einen Winkel über 60 ° auf.
In verschiedenen umfangreichen
Untersuchungen wurde immer wieder nachgewiesen, dass leichte
Skoliosen zu keinen nennenswerten
Einschränkungen führen. Erstaunlicherweise gilt dies auch für Rückenschmerzen: Von leichten Skoliosen
Betroffene unterscheiden sich bei
der Anfälligkeit für Rückenschmerzen nicht vom Rest der Bevölkerung. Allerdings lehrt die Erfahrung,
dass sich solche Menschen auf ganz
besondere Belastungen oft emp-
findlicher reagieren als andere. Zu
solchen Belastungen zählt offensichtlich auch das regelmäßige Praktizieren von Übungen, die auf intensive Weise die Wirbelsäule in eine
Drehung bringen. Solche Übungen
gibt es in der Gymnastik und solche
Übungen gibt es natürlich auch im
Yoga, zum Beispiel in Âsanas wie
dem Triko~âsana oder dem Drehsitz. Immer wieder kommen Menschen zu uns, deren Beschwerden
sich erst unter einer entsprechend
intensiven und für sie ungeeigneten
Yogapraxis entwickelt haben und
nach entsprechender Änderung der
Übungen wieder verschwinden.
Anders als leichte führen schwere Skoliosen sehr oft zu starken
Rückenbeschwerden. Sind sie sehr
ausgeprägt, können sie schließlich
sogar die Herzfunktion negativ beeinflussen und die Atembewegung
ernsthaft behindern.
Die Therapien
Die meisten Skoliosen sind leicht
und wie schon gesagt, haben einige
sogar die Tendenz, sich spontan zu
bessern. Deshalb sollte man kritisch
bleiben gegenüber Behandlungserfolgen, die sich manche Methoden
in der Arbeit mit Skoliosen selbst
lautstark zuschreiben. Oft hätte sich
die Wirbelsäulenverkrümmung wohl
auch ohne Therapie zum Besseren
hin entwickelt.
Ganz anders steht es mit extrem
ausgeprägten Skoliosen. Sie haben
oft die Neigung, sich weiter zu verstärken. Und spätestens im Erwachsenenalter sind vermehrte Probleme
für den Rücken zu erwarten. Auch
wünschen sich viele Betroffene im
Erwachsenenalter eine Korrektur
solcher Skoliosen aus ästhetischen
Gründen: die oft sehr deutliche
Vorwölbung einer Brustkorbseite
erscheint als „Buckel“ und die gekrümmte Körperhaltung wird als
Behinderung empfunden. Auf
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Grund dieser Perspektiven wird von
medizinischer Seite aus viel versucht, die Ausbildung extrem starken Seitkrümmungen zu verhindern.
Ist das Körperwachstum einmal
abgeschlossen, lassen sich derart
ausgeprägte Fehlstellungen der
Wirbelsäule nicht mehr korrigieren.
Deshalb sind die Chancen, einer sich
herausbildenden schweren Skoliose
entgegen zu wirken am Besten,
wenn mit einer Therapie möglichst
frühzeitig begonnen wird.
Heutzutage ruht die medizinische Behandlung starker Skoliosen
auf drei Säulen, nämlich einer speziellen Krankengymnastik, gegebenenfalls dem zeitweiligen Anlegen
eines Korsetts und in besonders
schweren Fällen der Operation.
Korsett:
Die noch formbare Wirbelsäule
des Kindes wird mit Hilfe von Korsetts oder im Gipsbett in Streckstellung fixiert. Betroffene erinnern sich
an diese Zeit bisweilen mit Grauen:
In einem Alter, das meist von der
Freude an ständiger Bewegung geprägt ist, mussten sie sich beim
Schlafen oder sogar tagsüber in ein
Korsett quälen. Trotzdem ist der
Erfolg solcher therapeutischer Eingriffe unbestritten. Viele Untersuchungen bestätigen, dass das konsequente Tragen eines Korsetts in
der Wachstumsphase die Ausprägung extremer Skoliosen entscheidend verringern kann.
Operation:
In schwersten Fällen wird schon
seit Jahrzehnten durch eine Operation die Wirbelsäule versteift und so
die Zunahme ihrer Krümmung verhindert. So massiv ein solcher Eingriff auch ist, bei gegebener Indikation sind die Erfolge operativer Korrekturen schwerster Skoliosen unbestritten. Sie ermöglichen den Betroffenen einen einigermaßen aufrechten Gang, verhindern ein Zusam-
Aus dem Lot
Das Röntgenbild zeigt, wie
eine schwere Skoliose
(rechtskonvex) operativ
durch eine Metallstange
stabilisiert wurde.
L
mendrücken des Herz-Lungenraums
und sorgen im Alter für weniger
Beschwerden im Rücken.
Krankengymnastik:
Spezielle Krankengymnastik ist
heute Teil jeder Skoliosetherapie.
Während sie bei operativen Eingriffe
in der Vor- und Nachsorge ihren
Platz hat, wird jede Korsetttherapie
über ihre ganze Anwendungszeit
hinweg von intensiver krankengymnastischer Haltungsschulung begleitet.
Bei Verkrümmungen, die weder
das Tragen eines Korsetts noch gar
eine Operation nötig machen, stehen schließlich Körperübungen allein im Mittelpunkt der Therapie.
Auch hier ist der größte Erfolg dann
möglich, wenn mit dem Üben frühzeitig begonnen wird und über die
ganze Zeit des Wachstums hinweg
konsequent weitergeübt wird. Über
die Jahre haben sich dabei einige
krankengymnastische Methoden
etabliert, die meist nach ihren BegründerInnen genannt werden: In
Deutschland am verbreitetsten und
bekanntesten ist die Methode nach
Schroth. Daneben bedeutsam sind
die Methoden nach Vojta, Hanke
und Klapp. Trotz einiger Ähnlichkeiten ist ihr jeweiliger Ansatz doch ein
besonderer. Je nach Methode stehen die Kräftigung der Rückenmuskulatur, besondere Dehntechniken
oder das manuelle Reizen bestimmter Muskeln und Knochen im
Vordergrund. In einer der neueren
wissenschaftlichen Untersuchungen
wird abschließend zusammengefasst, dass „Skoliosen in bestimmten
Fällen durch spezielle Krankengymnastik korrigiert werden können,
Korsettbehandlungen aufgeschoben
werden können und die primäre
Korrektur im Korsett wesentlich
verbessert werden kann.“
Für das betroffene Kind sind all
diese Therapieangebote oft mit viel
Mühe, der Forderung nach außerordentlicher Disziplin und großer psychischer Belastung verbunden. Als
entscheidend für alle Therapieversuche erweist sich deshalb immer wieder, in welchem Maß es gelingt,
solche Kinder in diesen langwierigen
Prozess in guter Weise einzubinden
und immer wieder neu zu motivieren. Das gilt übrigens auch, wenn
dafür Übungen des Yoga genutzt
werden.
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Hüften oder Knie destabilisiert und
geschädigt werden.
3. Idiopathische Skoliosen können mit einfachen Mitteln identifiziert werden.
Erste Hinweise ist eine Seitendifferenz im Stand. Am einfachsten zu
vergleichen ist die Stellung der beiden Schultern zur Waagrechten.
Durch das Anheben der Arme werden vorhandene Unterschiede noch
deutlicher. Bei echten Skoliosen
entstehen diese Unterschiede durch
die Wirbelsäulenkrümmung im
Brustwirbelbereich. Sie führt zu
einer Schiefstellung und leichten
Verdrehung des Schultergürtels.
Im Liegen fällt oft zuerst eine
scheinbare Längendifferenz der
Beine auf: Eine Ferse liegt körperferner als die andere. Die Ursache dafür ist aber keine unterschiedliche
Beinlänge, sondern die auch im
Liegen fixierte Krümmung der Wirbelsäule, die das Becken in einen
Schiefstand zieht. Durch das schief
liegende Becken ist ein Bein höher
gezogen als das andere und
erscheint deshalb als kürzer. Dass
beide Beine gleich lang sind, lässt
sich grob, aber für unsere Zwecke
völlig ausreichend auf einfache
Weise prüfen: Werden beide Beine
vom Boden angehoben und nach
oben gestreckt gehalten, verschwindet die scheinbare Längendifferenz.
Der Grund: Weil das Becken zwar
seitlich schief, zum Boden aber gerade und parallel liegt. Beide Beine
beginnen in dieser Position also
wieder in gleicher Höhe und zeigen
dabei, dass sie von gleicher Länge
sind.
Am sichersten zeigt sich eine
Skoliose schließlich in der Vorbeuge:
Die eine Seite des Rückens erscheint
dabei höher als die andere. Diese
Vorwölbung entsteht im Bereich des
oberen Rückens vor allem durch die
gedrehten und leicht verformten
Wissen
allem im Zusammenhang einer intensiven Praxis von Drehungen und
Seitbeugen.
1. Vorsicht mit Korrekturen an
der Körperhaltung.
Rippen. Im Lendenbereich durch
einen einseitig etwas nach oben
gedrehten Muskelstrang, den
Rückenstrecker. Deshalb ist diese
Anhebung einer Rückenseite sehr
viel einfacher zu sehen, wenn die
Krümmung der Wirbelsäule im
Brustwirbelbereich ihren Schwerpunkt hat. Dies ist der häufigste Fall.
Etwas genauer muss man hinschauen, will man auf diese Weise eine
skoliotische Krümmung auf der
Höhe der Lendenwirbelsäule erkennen.
Was tun?
Für den Umgang mit echten
Skoliosen in der Âsanapraxis hat
sich die Beachtung einiger weniger
Grundsätze bewährt. Die wichtigsten sind hier zusammengefasst:
1. Vorsicht mit Korrekturen an
der Körperhaltung.
2. Âsanas werden oft wirksamer,
wenn sie durch entsprechende Armoder Beinvarianten unsymmetrisch
geübt werden.
3. Es gibt einige wenige schwer
wiegende Risiken beim Üben von
Âsanas. Diese Risiken entstehen vor
Menschen, deren Wirbelsäule
durch eine Skoliose verformt ist,
zeigen diese Asymmetrie in vielen
Körperbereichen. Nicht nur die
Schultern stehen ungleich hoch,
auch der Kopf ist oft leicht gedreht
oder – vor allem im Liegen - etwas
zur Seite geneigt. In aufrechter Haltung (Samasthiti) weicht der Oberkörper ebenso vom Lot ab, wie in
einer Vorbeuge aus dem Stand (zum
Beispiel uttânâsana). Das gleiche gilt
für die im Stehen angehobenen
Arme. In der Rückenlage (‡avâsana)
sind Rumpf und Beine nicht in einer
Achse. Alle diese Abweichungen
von der Mitte haben ihre Ursache in
der besonderen Krümmung der
Wirbelsäule. Diese Krümmung kann
nicht dadurch beeinflusst werden,
dass ein Körperteil wie der Kopf
oder die Beine zurück ins Lot gebracht, gelegt oder gezogen wird.
Stattdessen verschiebt und verdreht
eine solche Korrektur nur die betroffenen Körperteile zur fest bleibenden Wirbelsäule: Die vom Körper
gefundene Harmonie wird gestört.
Es macht deshalb keinen Sinn, hier
korrigierend einzugreifen, zum Beispiel um den Kopf im Liegen nach
der Mitte hin auszurichten. Statt
ausgleichend zu wirken, führt eine
derartige Korrektur eher dazu, dass
der Nacken mit dem Aufbau von
Gegenspannung reagiert. Darüber
hinaus fühlt sich die so „ausgerichtete“ Person meist „aus dem Lot“.
Und dies zu Recht: Die von der Mitte abweichende Position des Kopfes
(oder der Beine, oder der Arme,
oder der Schultern, oder des Rumpfes beim nach vorn Beugen...) ist in
der Regel jene Haltung, in der sich
alle Körperteile zueinander in bestem Einklang befinden.
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Natürlich lässt sich mit Âsanas
auch eine durch Skoliose geprägte
Haltung verbessern. Dies kann aber
nicht durch ein Zurechtrücken des
Körpers oder etwa der Aufforderung erreicht werden, den Kopf
bewusst nach dem Körperlot hin
auszurichten. Vielmehr muss dafür
in geschickter Weise Einfluss auf die
Wirbelsäule selbst genommen werden. Damit sind wir beim nächsten
Punkt:
2. Âsanas werden oft wirksamer, wenn sie durch entsprechende Arm- oder Beinvarianten unsymmetrisch geübt werden.
Für Menschen mit einer Skoliose
ist es wesentlich, den in seiner
Asymmetrie besonders beanspruchten Rücken zu aktivieren, zu stärken
und in seiner Funktion zu harmonisieren. Unter anderem sind dafür
Rückbeugen besonders gut geeignet. Dabei hat sich gezeigt, dass
deren Wirkung deutlich verbessert
wird, wenn sie selbst durch entsprechende Variationen asymmetrisch
praktiziert werden. Offensichtlich
erreicht das wechselseitige Anheben
nur eines Beines im Ardha ‡alabhâsana die beiden Rückenseiten jeweils
intensiver und im Gesamteffekt
ausgewogener als das gleichzeitige
Anheben beider Beine im vollen
‡alabhâsana. Es scheint, als würde
in der asymmetrischen Variante
auch jene Seite des Rückens in die
Pflicht genommen, die bei einer
symmetrischen Rückbeuge der
„stärkeren“ gewohnheitsmäßig die
Hauptarbeit überlässt.
Ähnliches gilt zum Beispiel auch
für Varianten von Bhuja~gâsana, in
denen die Bewegung und Position
der Arme jeweils verschieden gewählt werden.
3. Eine Destabilisierung der
Rückenmuskulatur und die Ver-
Aus dem Lot
stärkung der
Wirbelsäulenkrümmung haben
sich als die am schwersten wiegenden Risiken beim Üben von
Âsanas erwiesen.
Solche negativen Auswirkungen
von Yogapraxis zeigen sich vor allem im Zusammenhang einer intensiven Praxis von Drehungen und
kräftigen Seitbeugen.
Von Skoliose Betroffene sollten
deshalb die regelmäßige Praxis intensiver Drehhaltungen und Seitbeugen vermeiden. Der Grund dafür, dass diese Art von Âsanas beim
Vorliegen von Skoliosen häufig gesundheitliche Probleme machen,
liegt in der Struktur der Skoliose
selbst. Dabei sind zwei Gegebenheiten von entscheidender Bedeutung.
Zum einen ist jede Skoliose mit einer
Verdrehung der Wirbelsäule verbunden. Zum anderen ist bei jeder Skoliose ein Bereich der Wirbelsäule in
seiner Krümmung nahezu fixiert
während andere Bereiche ihre Beweglichkeit bewahrt haben. Dazu
zuerst. Jede Bewegung, die im Falle
einer Skoliose von der Wirbelsäule
gefordert wird, trifft dort auf zwei
völlig unterschiedliche Strukturen.
Eine der Krümmungen, meist die im
Brustkorbbereich, bleibt weit gehend starr. Entsprechend intensiver
als bei einer normal ausgebildeten
Wirbelsäule wird dafür ihre noch
beweglichen Bereiche bewegt. Bei
Drehungen und Seitbeugen ist dies
meist die Lendenwirbelsäule. Dieser
Mechanismus lässt sich durch kein
noch so ausgeklügeltes System,
keine noch so differenzierten Anweisungen, durch kein bei der Âsanapraxis übliches Hilfsmittel außer
Kraft setzen. Kein noch so kräftiger
Muskel kann der hier gegebenen
Struktur entgegenarbeiten. Wer
anderes behauptet, spricht nicht
von echten, idiopatischen Skoliosen,
die eben gerade durch die hier beschriebene besondere Struktur charakterisiert sind.
Das bedeutet, dass entsprechende Âsanas bestimmte Teile einer
skoliotischen Wirbelsäule über ein
gesundes Maß hinaus mobilisieren
können. Die oft zu beobachtende
Folge davon ist eine Destabilisierung
und als Folge davon das Auftreten
von Schmerzen vor allem im Bereich
des unteren Rückens.
Von intensiven Drehungen wie
zum Beispiel Triko~âsana kann einE
ÜbendeR mit Skoliose nichts Positives erwarten. Dafür verantwortlich
ist die besondere Verdrehung der
Wirbel, die jede echte Skoliose (ohne Ausnahme) aufweist. In jedem
der meist zwei Schwünge der Skoliose drehen die Wirbel in die jeweils
entgegen gesetzte Richtung. Wie
immer man es auch anstellen würde: Bei jeder Drehung wird so ein
Teil der Skoliose noch intensiver in
eine ihrer inneren Drehungen hineingeschraubt. Das belastet Wirbelgelenke, Bänder und Bandscheiben
gleichermaßen. Leider kann die
skoliotische Wirbelsäule auch noch
viel einfacher weiter „ver“dreht als
aus der gegebenen Drehung „herausgedreht werden. Es wird also
beim Drehen nicht einmal der eine
Teil der Wirbelsäule gegen die vorhandene Drehrichtung aufgerichtet
während der andere sich noch mehr
verwinden muss. Intensiv praktizierte Drehübungen verstärken die Wirbelverdrehungen einer Skoliose und
damit auch die Wirbelsäulenverkrümmung. Das gleiche gilt für intensive Seitbeugen, die immer mehr
die schon vorhandene Seitkrümmung verstärken als dass sie die
Wirbelsäule strecken könnten. Es ist
bei echten Skoliosen biomechanisch
einfach unmöglich, eine innere Fixierung oder Gegenspannung aufzubauen, die diese Mechanismen
entkräften könnte. Deshalb können
zum Beispiel Seitbeugen auch im
Rahmen spezifischer krankengymnastischen Übungen nur dann genutzt werden, wenn mit Hilfe einer
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ausgeklügelten äußeren Fixierung
der Schultergürtel fixiert wird. Es gilt
deshalb ohne Einschränkung: Beim
Vorliegen einer echten idiopathischen Skoliose erweist sich eine
intensive Praxis von Âsanas, die den
Rumpf drehen oder seitbeugen
langfristig gesehen als schädlich.
Wie weit diese Fakten Einfluss
nehmen müssen auf einen Gruppenunterricht, in dem vor allem
dynamisch geübt wird und intensive
Drehungen oder Seitbeugen nur alle
paar Wochen angeboten werden,
kann nur am einzelnen Beispiel diskutiert werden. Geht es allerdings
um eine regelmäßig geübte Praxis,
ist für Kompromisse wenig Spielraum. Schließlich möchte sicher
niemand durch die Praxis von Âsana
seine Gesundheit gefährden.
Auf der anderen Seite kann eine
regelmäßige Yogapraxis für Menschen mit Skoliose von großem Nutzen sein. Immer wieder machen wir
die Erfahrung, dass das kontinuierliche Üben von passend ausgewählten Âsanas positive Wirkung zeigt.
Der Rücken wird belastbarer, vorhandene Schmerzen werden weniger und das Körpergefühl insgesamt
verbessert sich. Das liegt sicher auch
daran, dass durch ein geschicktes
Variieren von Âsanas der Rücken
auf besondere Weise aktiviert werden kann: Alle seine oft noch
schlummernden Potentiale zu Aufrichtung und angemessener Reaktion auf alltägliche Belastungen
können so ausgeschöpft werden.
Oft zeigen gerade die asymmetrischen Varianten der dabei genutzten Âsanas die besten Erfolge. ▼