Konstantin Schroeter Auslandssemester in Almaty/ Kasachstan im

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Konstantin Schroeter Auslandssemester in Almaty/ Kasachstan im
Konstantin Schroeter
Auslandssemester in Almaty/ Kasachstan im Herbst 2013 (September bis Dezember)
Mich verschlug es also nach Almaty in den Osten Kasachstans, an die dortige Hochschule KIMEP, das
als eines der besten, wenn nicht als das beste, Institute Zentralasiens gilt.
Der erste enttäuschende Moment kam jedoch bereits vor der Abreise. Wenige Tage vor Abflug
erreichte mich und die wenigen anderen europäischen Austauschstudenten eine freundliche Mail mit
dem Hinweis, dass man wohl doch nicht wie versprochen im Wohnheim untergebracht werde,
sondern off-campus. Man solle sich keine Sorgen machen, man werde unterstützt.
So ging es also los, ohne die Gewissheit, wo ich schlafen würde. Lediglich für die ersten drei bis vier
Tage wurde ein vorübergehender Wohnheimplatz zugesagt. In Almaty nachts angekommen,
erhielten alle anderen sofort ein Zimmer. Ich nicht, da ich ja nicht wirklich eingeplant war.
Als ich am nächsten Morgen dann den Zuständigen für Internationales in seinem Büro aufsuchen
wollte, wurde mir gesagt, er sei im Urlaub. Ein Zimmer habe ich dann doch bekommen.
Als der Koordinator dann in der nächsten Woche endlich da war, dauerte es zuweilen eine halbe,
manchmal auch mehr als eine Stunde, bis man endlich zu ihm konnte, schließlich musste man bei
ihm die Registrierung für die Kurse und weitere administrative Dinge erledigen. Hier musste man
hartnäckig sein, dann klappte auch vieles, das erst nicht zu klappen schien. Dazu mussten noch
diverse medizinische Tests abgelegt werden.
Mit der Wohnung klappte es dann auch im Laufe der ersten Vorlesungswoche. Die Hilfe vom KIMEP
war vorhanden, beschränkte sich jedoch darauf, dass eine Master-Studentin zu
Wohnungsbesichtigungen mitkam. Letztlich mussten wir mit Erstaunen feststellen, dass die
Mietpreise in Almaty denen in mancher europäischer Großstadt in nichts nachstehen. Und damit
dann endlich alle versorgt waren, bezogen wir fünf unversorgten Europäer alle gemeinsam eine
Dreizimmerwohnung.
Diese kurzen Zeilen sollen nur kurz aber exemplarisch darstellen, dass organisatorisch am KIMEP
vieles nicht ganz so lief, wie man es vielleicht in Europa gewohnt wäre man sich bei allem Verständnis
manchmal gewünscht hätte.
Akademisch bietet KIMEP sicher einiges Interessantes. Mich hat vor allem der Kurs „Economy of
Kazakhstan“ angesprochen. Besonders im Bereich der Politikwissenschaft und der Internationalen
Beziehungen werden zahlreiche Kurse angeboten, die speziell regionale Belange behandeln. Schade
ist jedoch, dass es aufgrund zu weniger Kursteilnehmer zu nachträglichen Streichungen von Kursen
kommt. Ich hatte hier großes Pech, da dies alleine drei Kurse betraf, die ich belegen wollte. Das
Niveau ist unterschiedlich. Grundsätzlich ist es nicht schlecht, die Prüfungen jedoch meist einfach.
Gut ist, dass man als Student eine freie Wahl zwischen allen Kursen aller Fachrichtungen hat. Als
Bachelorstudent darf man auch Masterkurse belegen. Hervorzuheben ist auch, dass Russischkurse
selbst bei sehr geringer Teilnehmerzahl durchgeführt werden. So gab es abgesehen von den
Anfängerkursen in allen Russischkursen maximal fünf Teilnehmer. Überrascht war ich, dass ein
Großteil der internationalen Studenten neben den anderen zentralasiatischen Ländern aus Korea
kam. Dies ist vor allem auf die Initiative des Präsidenten des KIMEP zurückzuführen, der selber
Koreaner ist und die koreanischen Studenten auch besonders gern hat.
Während in der Uni die Unterrichtssprache englisch ist, spricht es außerhalb dieser kaum jemand. In
Almaty wird nahezu ausschließlich russisch gesprochen. Zumindest Grundkenntnisse sind sinnvoll,
wer sie nicht hat, verhungert allerdings auch nicht. Hier leben noch viele ethnische Russen, aber auch
verhältnismäßig viele andere Ausländer. Die überwiegende Mehrheit ist jedoch ethnisch kasachisch.
Weiterhin gibt es diverse Minderheiten aus anderen zentralasiatischen Republiken inklusive des
Westens Chinas. In den meisten anderen Städten wird in erster Linie kasachisch gesprochen, das
entgegen vieler Erwartungen mit dem Russischen abgesehen von einem sehr ähnlichen Alphabet
wenig gemein hat sondern eine Turksprache ist. Die Mehrheit der Menschen sind Muslime, allgemein
steht man jedoch allen offen gegenüber und Religion spielt keine sehr dominante Rolle.
Die Bevölkerung kann auf den ersten Eindruck sehr ruppig und unfreundlich erscheinen. Meist sind
sie jedoch freundlich und hilfsbereit und freuen sich, wenn man sich Mühe gibt, mit ihnen russisch zu
sprechen. Häufig wird man gefragt, woher man denn komme. Während die anderen
Austauschstudenten meist wenig Eindruck hinterließen, wurde mir häufig vor Augen geführt, welches
hohe Ansehen wir Deutschen genießen.
Almaty ist eine durchaus ansprechende Stadt. Zwar ist sie mit nur wenigen Sehenswürdigkeiten
gespickt, jedoch gerade im Sommer sehr grün. Zum Touristenprogramm gehört sicherlich der
Panfilow-Park, benannt nach einer lokalen Division, die im „Großen Vaterländischen Krieg“
erfolgreich kämpfte, mit einer beeindruckend schönen russisch orthodoxen Holzkirche in seiner
Mitte. Ansonsten gibt es noch den Präsidentenpark und den Präsidentenplatz. Allgemein nimmt der
Präsident hier eine wichtige Rolle ein und man wird nicht müde zu erwähnen, dass er ja der erste
Präsident des Landes sei und aus Sicht der Kasachen „unser“ Präsident.
Am Reizvollsten ist eigentlich das Almatiner Umland. Es gibt diverse Seen, den Charyn Canion, die
singenden Dünen, die naheliegenden Berge. In letzteren befinden sich auch der beliebte Skiort
Shymbulak und die Eislaufbahn Medeu, die beide Teil der Bewerbung Almatys für die olympischen
Winterspiele sind.
Ansonsten gibt es ein recht ordentliches Kulturangebot an Museen und Ballets/Opern zu sehr
erschwinglichen Preisen. Sportlich hat Almaty etliches zu bieten. Der lokale Fußballverein Kairat hat
die Meisterschaft als Dritter beendet und wird nächstes Jahr an der Europa-League-Qualifikation
teilnehmen. Es gibt eine lokale Basketballmannschaft und eine Eishockeymannschaft. Das Niveau ist
jedoch in den meisten Sportarten vom europäischen Spitzenniveau ein gutes Stück entfernt. Im
Oktober letzten Jahres fand zudem die Amateur-Box-Weltmeisterschaft statt.
Da es eine durchaus wohlhabende Oberschicht und obere Mittelschicht gibt, gibt es auch alle für
dieses Klientel typischen Annehmlichkeiten. Es gibt diverse Shoppingmalls, ein Bankenviertel, noble
Restaurants und vieles weiter. Unübersehbar ist das finanzielle Potential Mancher auch, wenn
Studenten plötzlich mit Limousinen oder SUVs teurerer Hersteller in die Uni kommen.
Auf diese Klientel zielt auch der größte Teil des Nachtlebens. Wer viel Geld hat und das gerne zeigen
und ausgeben möchte, wird in Almaty seine Freude haben. Für uns war der Lieblingsklub das
Chukotka, sehr zentral am Panfilow-Park liegend. Es war recht preiswert und es gab zwei
Dancefloors, wobei auf dem einen russischer und internationaler Rock live gesungen oder aktuelle
Mainstream-Musik gespielt wurde und auf dem anderen elektronische Musik lief. An Wochentagen
gibt es jedoch vergleichsweise wenige Ausgehmöglichkeiten. Zu Hause zu feiern ist jedoch keine gute
Idee. Bis um 23 Uhr gibt es keinen nennenswerten Beschränkungen. Viele Nachbarn scheinen dabei
sehr genau zu sein und so klingelte es bei uns zweimal nur zehn Minuten nach dieser Frist und die
Polizei stand vor der Tür und hat nicht etwa mehr oder weniger freundlich um Ruhe gebeten,
sondern mit einsatzbereiten Waffen Personaldokumente eingesammelt und nur gute Argumente der
anwesenden Kasachen konnten uns davor bewahren, in den bereits gerufenen Polizeibus steigen zu
müssen. Allgemein ist das Verhalten der Staatsgewalt nicht immer ganz verständlich, jedoch nimmt
man es manchmal am Besten einfach hin und bemüht sich, sich nicht das Geringste zu Schulden
kommen zu lassen.
Das Preisniveau in Almaty ist sehr verschieden. Die Lebensmittelpreise in Supermärkten
unterscheiden sich unwesentlich von denen in Deutschland. Manches ist etwas preiswerter, Anderes,
vor allem importierte Waren sind teurer. Für Frisches bietet es sich an, auf den Grünen Basar zu
fahren, wo täglich frisches Obst und Gemüse verkauft werden. Dort findet man aber auch alles, was
man sonst so gebrauchen könnte. Ausgesprochen preiswert ist Wodka. Hier beginnt die Preisspanne
bereits bei nur wenig mehr als einem Euro für einen halben Liter. Ansonsten gibt es neben den
Supermärkten auch diverse kleine Kioske, an denen man nicht nur wie in Berlin das Feierabendbier
und den Schokoriegel dazu bekommt, sondern auch viele weitere Dinge des täglichen Bedarfs. Hier
liegen die Preise leicht, vielleicht 20 %, über denen im Supermarkt.
Wer essen gehen möchte findet Restaurants, in denen man durchaus an einem Abend soviel zahlt,
wie man eigentlich für zwei Wochen eingeplant hat. Aber auch andere, in denen man günstig
ordentlich essen kann und nicht nur satt wird, sondern wo es auch sehr gut schmeckt. Die Unikantine
bietet auch ordentliches Essen an, jedoch habe ich wenige Menschen kennengelernt, denen eine
Portion dort zum Mittag oder Abend reichte. In Restaurants sollte man besser nicht nur einen,
sondern besser zwei oder drei Bestellwünsche bereithalten, da es häufig vorkommt, dass von den
beworbenen Speisen und Getränken nur sehr wenige wirklich verfügbar sind.
Überall, wo Preise verhandelbar sind, werden für Menschen mit nicht zentralasiatischem Äußeren
und wackeligem Russisch durchaus mal erhöhte Preise verlangt. Hier ist es sinnvoll, sich grundsätzlich
vorher nach den Normalpreisen zu informieren, um diese dann mit einem Bisschen Hartnäckigkeit
aushandeln zu können – oder eben einfach Nein zu sagen.
Der Transport in Almaty funktioniert recht ordentlich. Es gibt diverse Buslinien, die eigentlich die
ganze Stadt und auch die Randbezirke abdecken. Eine Busfahrt kostet umgerechnet etwa 40
Eurocent, genauso wie eine U-Bahnfahrt. Die U-Bahn wurde erst 2011 nach 23 Jahren Bauzeit
eingeweiht und verfügt über lediglich 7 Haltestellen auf einer Linie. Mit den öffentlichen
Transportmitteln dauern die Fahrten jedoch häufig sehr lange. Besonders innerhalb der Stadt sind
Taxis eine gute Alternative. Als mir das gesagt wurde, hatte ich zunächst Sorge, dass ich dann wohl in
Almaty wenig mobil sein würde, wurde jedoch schnell beruhigt. Es ist so gut wie jedes nicht ganz
neue Auto ein Taxi und auch einige von den neueren. Man stellt sich an den Straßenrand und fährt
quasi per Anhalter. Hält das Auto an, nennt man sein Fahrtziel und seine Preisvorstellung. Der Fahrer
macht einen Gegenvorschlag , lenkt ein oder fährt einfach weiter. Eine Fahrt innerhalb des
Stadtzentrums kostet zwischen 1,50 Euro und 2,50 Euro. Bei kurzen Strecken und mehreren
Mitfahrern kann es also sogar preiswerter als der öffentliche Nahverkehr sein. So kann man sich auch
nachts günstig und schnell in der Stadt bewegen.
Wer eine Reise unternehmen möchte wird dazu auch Gelegenheit finden. Für kürzere wie nach
Astana oder Bischkek reicht häufig ein verlängertes Wochenende, von denen es aufgrund der
Vielzahl an Feiertagen reichlich gibt. Auch der Issyk Kul – See ist dafür ein beliebtes Ziel. Generell ist
es nach Kirgistan besonders einfach zu reisen, da hierfür kein Visum benötigt wird. Für längere Reisen
bietet sich unter anderem Usbekistan an, mir hat aber auch Tadschikistan sehr gut gefallen. Hierfür
bräuchte man jeweils etwa eine Woche oder gemeinsam gut 10-12 Tage. Lohnen tut es sich auf jeden
Fall. Das typische Transportmittel sind hier Kleinbusse, die in jeder Stadt von einer zentralen
Haltestelle in viele andere Städte abfahren und immer dann losfahren, wenn ausreichend Passagiere
beisammen sind, oder der Zug, der erheblich langsamer ist, aber einen gewissen Charme versprüht.
Beide Varianten sind kostengünstig und erheblich preiswerter als Fliegen, das hier wegen fehlender
Konkurrenz sehr teuer ist. Sogar shared Taxis sind meist erschwinglich und nochmal ein wenig
schneller.
Andere reizvolle Ziele, die ich leider nicht besucht habe, sind beispielsweise Turkmenistan, der
Aralsee oder das kaspische Meer. Um letzteres zu erreichen, muss man jedoch mit einer 50stündigen Zugfahrt Vorlieb nehmen. Allgemein sollte man sich in dieser Region von der Idee kurzer
Reisezeiten verabschieden. Das Fliegen ist unverhältnismäßig teuer und die Züge sind nun einmal
nicht so schnell. Allerdings kommt man auf einer nicht enden wollenden Zugfahrt häufig mit anderen
Menschen ins Gespräch und so kann eine längere Zugfahrt mehrere Wochen Russischunterricht
ersetzen. Trotz Anwesenheitspflicht war es für mich nie ein Problem, auch mal einen Tag frei zu
nehmen, wenn ich verreisen wollte. Ich stieß auf Verständnis und manchmal sogar auf Begeisterung,
vor allem von ausländischen Professoren, die zuweilen feststellten, dass man in seinem
einsemestrigen Aufenthalt in Almaty schon mehr gesehen hat, als sie in mehreren Jahren.
Insgesamt ziehe ich ein positives Fazit von meinem Auslandsaufenthalt in Almaty. Während ich ohne
große Erwartungen losgeflogen bin, bin ich mit vielen schönen Erinnerungen, in Bekanntschaft
zahlreicher netter Menschen und mit einem anderen Blick auf eine für mich bis dahin weitgehend
unbekannte Region wiedergekommen. Meine anfänglichen Zweifel hatten sich schnell erübrigt und
ich bin froh, eine solche Erfahrung gemacht und Orte besucht zu haben, zu denen es mich sonst wohl
nicht so schnell hingezogen hätte – und die ich nun vielleicht noch einmal besuchen werde. Trotz
einiger anfänglicher Schwierigkeiten, als man die erste Woche beispielsweise wesentlich damit
verbracht hat, sich um ärztliche Untersuchungen und andere administrative Dinge sowie die Suche
nach einer Wohnung zu kümmern, kann ich das Auslandssemester in Almaty guten Gewissens
weiterempfehlen und würde es noch einmal genauso machen.