Blick ins Paradies – Südsee erleben in historischen Fotografien

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Blick ins Paradies – Südsee erleben in historischen Fotografien
So 15. Dezember 2013 – 31. August 2014
Eröffnung So 15. Dezember | 11 Uhr
Blick ins Paradies – Südsee erleben in historischen Fotografien
Tahitianer, Frz.-Polynesien, ca. 1870er – 1890er
Foto: Sammlung Carl Scharf (Museum für Völkerkunde Hamburg)
Sandstrände, Kokospalmen und Inselschönheiten – sie prägen hartnäckig das Bild der Südsee. Als
Postkartenklischees der polynesischen Inselwelt von Hawaii, Samoa, Tahiti und Neuseeland
wecken sie noch immer Fernweh. Sie locken mit einem Blick ins Paradies.
Doch um wessen Paradies handelt es sich und was verraten historische Fotografien aus der
Kolonialzeit über die für uns so mythische Südsee? Diesen Fragen spürt die Ausstellung „Blick ins
Paradies“ nach.
Anhand ausgewählter Fotografien aus dem historischen Fotobestand des Museums wird erkundet,
wie Polynesien zwischen dem 19. und 20. Jahrhundert gesehen und inszeniert wurde. Neben
Werken kommerzieller Fotografen und Ateliers umfasst die Ausstellung zahlreiche
Amateuraufnahmen, die einen einzigartigen Einblick in den kolonialen Alltag erlauben. Bilder aus
Fotoalben von Kaufleuten, die in der Südsee lebten und arbeiteten, verweisen auf die einstige
Bedeutung dieser Region für Hamburgs Überseehandel in der Zeit des Kolonialismus.
Die Motive reichen von geselligen Picknickszenen, lasziv dargestellten Frauen und betörenden
Landschaften über Aufnahmen von Körpermessungen im Dienst der damals gelehrten
„Rassenkunde“ bis zu Naturkatastrophen und Plantagenarbeit.
Die Begleitpublikation wird im Rahmen des Wochenendes vom 15. und 16. Februar 2014 mit breit
gefächertem Programm rund um die Themen Südsee und analoge Fotografie vorgestellt.
Das Projekt zur Erschließung des Fotobestands aus Polynesien wurde gefördert vom
Ausstellungsfonds der Freien und Hansestadt Hamburg.
Programm zur Eröffnung
am 15. Dezember | 11 Uhr
11 Uhr | Foyer
Offizielle Eröffnung
Prof. Dr. Wulf Köpke, Direktor Museum für Völkerkunde Hamburg
Marisol Fuchs, Projektleitung Erschließung des historischen Fotobestandes aus Polynesien,
Museum für Völkerkunde Hamburg
Ukulele-Konzert mit Angela Gobelin
Hula-Performance
11.30 – 17 Uhr | Gewölbesaal
Blumenketten aus der Südsee
Offene Werkstatt für Kinder mit Mavi Cubas & Annette Graf
€ 3 Materialkosten
12 Uhr | Großer Hörsaal
Samoa-Fidschi-Tonga-Neuseeland. Polynesische Kulturen im Vergleich in Vergangenheit und
Gegenwart
Vortrag von Dr. Ascan Pinckernelle, Honorarkonsul Samoa
12 – 15 Uhr | Ausstellung „Blick ins Paradies“
Die Ethnologinnen & Museumspädagoginnen Sibylle Bodmann und Claudia Chavez de Lederbogen
sind in der Ausstellung anwesend und beantworten Ihre Fragen.
15 Uhr | Ausstellung „Blick ins Paradies“
Blick ins Paradies
Führung mit Sibylle Bodmann, Museumspädagogin & Ethnologin
Kostenfrei / Treffpunkt im Ausstellungssaal
(Änderungen vorbehalten)
„Blick ins Paradies – Südsee erleben in historischen Fotografien!“
Südsee-Fotografien aus der Kolonialzeit
Leidenschaftliche Sammler, Reisende, Händler und Fotografen haben dem Museum für
Völkerkunde zu einem großen Schatz an historischen Fotografien aus der Südsee verholfen. Sie
verheißen einen ‚Blick ins Paradies‘. Vor allem Samoa, Hawai‘i und Tahiti wurden früh zu
Projektionsflächen für die Träume zivilisationsmüder Europäer. Das Klischee von einem
sorgenfreien Leben unter Palmen zieht sich in der europäischen Vorstellungswelt als roter Faden
durch die Bilder einer paradiesischen Südsee.
Gleichwohl datieren die Aufnahmen in eine Zeit großer Umbrüche und kolonialer Expansion. Auf
den Inseln des Pazifiks konkurrierten deutsche Handelshäuser mit amerikanischen, britischen und
französischen Interessensvertretern um Land und Einfluss. Dem europäischen Traum vom
‚Paradies in der Südsee‘ stand im 19. Jahrhundert die Realität einer politischen und ökonomischen
Vereinnahmung als Prestigeobjekt und Rohstofflieferant gegenüber. Christliche Missionare
predigten neue Moral- und Glaubensvorstellungen, Kolonialverwaltungen änderten die Regeln
des Zusammenlebens und schufen neue Besitzverhältnisse auf den pazifischen Inseln. Plantagen,
auf denen Produkte für den internationalen Markt angebaut wurden, begannen die Inseln zu
überziehen.
In dieser Zeit wachsender Fremdbestimmung hielt die Fotografie Einzug auf den Inseln der
Südsee. Sie kam mit den neuen Machthabern und war ein Instrument zur visuellen Aneignung der
Region. Man begann sowohl Land als auch Leute zu vermessen, zu dokumentieren und zu
fotografieren. Die Auswahl der gezeigten Fotografien aus der Sammlung des Museums bietet
einen Einblick in die Vergangenheit. Trotz des umfangreichen Motivspektrums muss berücksichtigt
werden, dass es sich in der Regel um einen europäischen bzw. amerikanischen Blickwinkel
handelt. Es sind Schlaglichter auf das Leben in den damaligen Kolonien.
Projekt zur Erschließung des Bestands an historischen Fotografien aus Polynesien
Im Rahmen des Fotoprojekts Polynesien (FPP) wird seit 2 Jahren ein Teil des historischen
Bildbestands des Museum für Völkerkunde erfasst und erschlossen. Es gilt Fragen nach Motiven,
Fotografen und Herkunftsregionen zu klären. Die Größe des historischen Bestands macht eine
regionale und zeitliche Begrenzung nötig. Das FPP beschäftigt sich schwerpunktmäßig mit S/WAufnahmen aus Neuseeland, Tahiti, Samoa, Hawai‘i und Tonga. Den zeitlichen Rahmen bilden das
19. und der Beginn des 20. Jahrhunderts.
Die Abbildungen liegen in unterschiedlicher Form vor: Albumin-Abzüge, Glasplatten aber auch in
Alben geklebte Fotografien kennzeichnen den Bestand. Diese Bilder, die jahrzehntelang auf ihre
Aufarbeitung gewartet haben, zeigen verschiedenste Motive. Teilweise handelt es sich um
inszenierte Studioaufnahmen, private Momentaufnahmen oder auch um anthropometrische
Aufnahmen, die vom wissenschaftlichen Erkenntnisinteresse jener Zeit zeugen. Insbesondere die
Bilder aus der Sammlung des Museums Godeffroy, die zum großen Teil von J.S. Kubary
aufgenommen wurden, sind dem Forscherdrang jener Zeit verpflichtet. Darüber hinaus weist der
Bestand klassische Souveniraufnahmen – insbesondere Landschaftsfotografien – von den Burton
Brothers auf, hinzukommen zahlreiche ‚stereotype‘ Studioinszenierungen von John Davis, Thomas
Andrew und Alfred Tattersall. Als Hoffotograf des hawaiianischen Königshauses machte Andrés
Avelino Montano Aufnahmen von den Mitgliedern der königlichen Familie. Eine Reihe von Māori
Portraits zeugt von der Sammelleidenschaft Prof. Otto Finschs.
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Ein Bilderrätsel - Zeitzeugen auf der Spur
Wie bringt man heute diese stummen fotografischen Zeitzeugen dazu ihre Informationen preis zu
geben? Dies war eine der zentralen Herausforderungen, denen sich das Projekt zur Erschließung
des Bestandes zu stellen hatte. Erste Anhaltspunkte bieten in der Regel die Inventarlisten, sie
verzeichnen im Idealfall, wann, von wem und wie – sei es als Schenkung oder als Ankauf – das
Bild im Museum eingetroffen ist. Mitunter weisen die Rückseiten der Abzüge Schriftzüge auf, die
sich als Bildtitel oder Ortsangaben deuten lassen und manchmal sind auch Kürzel oder der Name
des Fotografen, auf dem Negativ direkt vermerkt. Aber meistens sind auf den ersten Blick keine
Angaben auf dem Abzug zu sehen. Dann gilt es in akribischer Forschung Informationen zu
recherchieren. Die Suche gestaltet sich meist mühevoll und ist angewiesen auf Vergleichsmaterial
und den Austausch mit Kollegen in anderen Institutionen. Eine Vielzahl von Bilddatenbanken
wurde durchforstet und mit der Lupe fahndeten die Mitarbeiter nach verblassten Prägungen,
Stempel und Bleistiftnummer auf den Bildern.
Ein kleiner Teil der Rechercheergebnisse wird in der Ausstellung ‚Blick ins Paradies‘ gezeigt.
Weitere Ergebnisse werden in einem gleichnamigen Begleitband veröffentlicht.
Das Projekt zur Erschließung des Fotobestands aus Polynesien wurde gefördert vom
Ausstellungsfonds der Freien und Hansestadt Hamburg.
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Zum Plakatmotiv: Fai Atanoa
Fai Atanoa ist der Name der Samoanerin auf dem Plakat zur Ausstellung „Blick ins Paradies –
Südsee erleben in historischen Fotografien“. Mit der ersten Samoa-Völkerschau-Gruppe der
Gebrüder Marquardt war sie zwischen 1894 und 1898 in Europa unterwegs. Aufgrund ihrer
Schönheit war sie beim europäischen Publikum sehr beliebt und wurde besonders in den
Mittelpunkt gestellt, was allerdings zu Konflikten innerhalb der Gruppe geführt haben soll. Die
Aufnahme wurde von Even Neuhaus in Kopenhagen angefertigt, eine der Stationen der
Völkerschautruppe.
Sammler und Fotografen in Polynesien
Im Rahmen des Projekts zur Erschließung der historischen Fotografien aus Polynesien konnten
zahlreiche Aufnahmen bestimmten Fotografen und Sammlern zugeordnet werden.
Im Folgenden werden einige davon kurz vorgestellt:
Andreas Avelino Montano (1847-1913)
Bekannt als Montano A. A. und geboren als Andrés Avelino Montaño in Santiago de Cali,
Kolumbien kam er 1876 nach Hawai‘i. Er musste Kolumbien aus politischen Gründen verlassen
und hat sich als Küchenhilfe und blinder Passagier über Kuba und New York bis nach O’ahu,
Hawaii durchgeschlagen. Montano war künstlerisch sehr talentiert und ein besonders geschickter
Fotograf. 1877 heiratete er die einflussreiche Witwe Mary Jane Fayerweather. Ihre Beziehungen
ermöglichten ihm einen leichten Einstieg in die vornehme Gesellschaft Hawai‘is. Mehrere Jahre
arbeitete er erfolgreich als Fotograf der hawaiianischen Königsfamilie. Seine Porträts von
Mitgliedern des Königshauses und unbekannten hawaiianischen Frauen fanden auch in Europa
großen Anklang.
Eduard Arning (1855 – 1936)
Der deutsche Mediziner Eduard Christian Arning arbeitete von 1883 bis 1886 in Hawai‘i und
erforschte dort die Infektionskrankheit Lepra. Alte Götterfiguren, Ruinen von Tempelanlagen und
handwerkliche Fertigkeiten, die damals am Verschwinden waren, oder bereits als ausgestorben
galten, erregten seine Aufmerksamkeit. Aus Interesse an der traditionellen Kultur Hawai‘is legte
er eine ethnografische Sammlung an. Die Fotografie war für ihn ein wichtiges Medium, um seine
Eindrücke von Land und Leuten festzuhalten. So entstand eine der bedeutendsten Sammlungen
an Fotografien aus dem Hawai‘i des 19. Jahrhunderts.
Fotostudio Burton Brothers
Die Brüder Alfred Henry und Walter John Burton eröffneten ihr erstes Fotostudio in Dunedin,
Neuseeland. Das Geschäft mit Privataufträgen von Siedlern für Portraits, die sie ihren Verwandten
in Europa schickten, lief so gut, dass sie in den 1870er Jahren expandierten und sich der
kommerziellen Fotografie zuwandten. Während Walter das Fotostudio leitete, spezialisierte sich
Alfred auf Landschaftsaufnahmen. Nach persönlichen Differenzen trennten sich die Brüder und
Alfred übernahm das gemeinsame Fotostudio. Er führte es erfolgreich mit wechselnden
Geschäftspartnern weiter. Von seinem Sohn Harold stammen die bekannten Aufnahmen der
Verwüstungen durch den Ausbruch des Vulkans Tarawera auf der Nordinsel Neuseelands im Jahre
1886. Nachdem Harold einen Arm verlor, war ihm die Fotografenlaufbahn verwehrt; er konnte
das erfolgreiche Studio seines Vaters nicht übernehmen. Kurze Zeit später 1898 zog sich Alfred
Burton aus dem Fotogeschäft zurück.
Prof. Dr. Friedrich Hermann Otto Finsch (1839 -1917)
Otto Finsch war gelernter Kaufmann, der sich schon als junger Mann zur Wissenschaft hingezogen
fühlte. Er arbeitete als Museumskurator und -direktor in Leiden, Bremen und Braunschweig. Zu
Lebzeiten machte er sich einen Namen als Forschungsreisender, Ornithologe und Ethnograph.
Seine zahlreichen Veröffentlichungen waren von grundlegender Bedeutung für die Naturkunde
und seine Forschungsreisen nach Ozeanien spielten eine tragende Rolle in der deutschen
Kolonialpolitik. Während seiner ersten Reise von 1879 bis 1882 erforschte er zahlreiche Atolle in
Mikronesien. Von 1884 bis 1885 bereiste er erneut Ozeanien, wo er weite Gebiete an den Küsten
Neuguineas für das deutsche Kaiserreich in Besitz nahm. Die in der Region liegende Stadt
Finschhafen ist bis heute nach ihm benannt.
Johan Cesar VI Godeffroy (1813 – 1885)
Die Firma Godeffroy & Sohn gehörte im 19. Jahrhundert zu den angesehensten Handelshäusern
Hamburgs. Obwohl Johan Cesar VI Godeffroy selbst niemals in der Südsee war, wurde er unter
dem Namen „Südseekönig“ bekannt. Mit seinen zahlreichen Schiffen und Handelsniederlassungen
beherrschte er über zwei Jahrzehnte lang den Südseehandel; er handelte u.a. mit Kopra, Perlmutt,
Schildpatt und Seegurken. Johan Cesar VI Godeffroy war an der Südsee nicht nur geschäftlich
interessiert. Er wies seine Kapitäne an, Informationen, Naturalien und Ethnographika zu sammeln,
sandte auf eigene Kosten Wissenschaftler aus – wie zum Beispiel Stanislaus Kubary und Richard
Parkinson – und betrieb in Hamburg ein Museum. Während der Südseehandel der Firma blühte,
geriet Godeffroy & Sohn aufgrund von Problemen in anderen Geschäftsbereichen in finanzielle
Schwierigkeiten und musste 1879 Insolvenz anmelden. Zahlreiche Glasplatten, Abzüge und
Fotografien im carte-de-visite-Format aus dem Museum Godeffroy wurden in das Hamburger
Völkerkundemuseum überführt.
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Kontakt:
Museum für Völkerkunde Hamburg
Christine Ziesmer
Pressearbeit und Marketing
Tel. 040/42 88 79-511
E-Mail: c.ziesmer@mvhamburg.de