Acrobat Distiller, Job 33 - Deutsches Aktieninstitut
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DEUTSCHES AKTIENINSTITUT Rechnungslegung der Unternehmen am Neuen Markt Die Einhaltung der Ausweispflichten nach IAS und US-GAAP Prof. Dr. Martin Glaum Prof. Dr. Donna Street Studien des Deutschen Aktieninstituts, Heft 17 Herausgegeben von Prof. Dr. Rüdiger von Rosen Frankfurt am Main, April 2002 Herausgeber: Autoren: Prof. Dr. Rüdiger von Rosen Deutsches Aktieninstitut e.V. Börsenplatz 5 60313 Frankfurt a. M. Prof. Dr. Martin Glaum Prof. Dr. Donna Street Redaktion: Dr. Franz-Josef Leven André Wetzel 1. Auflage, April 2002 ISBN 3-934579-11-6 Alle Rechte vorbehalten Tel. 0 69/9 29 15-0 Fax 0 69/9 29 15-11 http://www.dai.de Justus-Liebig-Universität, Gießen James-Madison-University, Harrisonburg (USA) Leven@dai.de Wetzel@dai.de Rechnungslegung der Unternehmen am Neuen Markt Die Einhaltung der Ausweispflichten nach IAS und US-GAAP Studien des Deutschen Aktieninstituts, Heft 17 –5– Vorwort Unternehmensdaten sind für Investoren von hoher Bedeutung, um das mit jedem Aktienengagement verbundene Risiko besser einschätzen zu können. Insbesondere bei jungen Unternehmen mit neuen Geschäftskonzepten ist dies von besonderer Wichtigkeit. Am Neuen Markt werden daher hohe Ansprüche an Publizität und Transparenz der dort notierten Gesellschaften gestellt. Da das Chancen-Risiken-Profil der Unternehmen am Neuen Markt deutlich ausgeprägter ist als in anderen Segmenten, verlangt das Regelwerk hier zu Recht auch ein höheres Maß an Transparenz. Die Verpflichtung zur Vorlage von Jahresabschlüssen auf Basis internationaler Rechnungslegungssysteme – also nach IAS oder US-GAAP – dient maßgeblich dazu, das Vertrauen der Investoren in die Unternehmen des Neuen Marktes zu stärken. Die Entscheidungsfähigkeit des individuellen Anlegers setzt aber voraus, dass die vom Rechnungswesen verlangten Informationen vollständig, richtig und frühzeitig geliefert werden. So richtig es ist, dass der Anleger ökonomische Risiken zu tragen hat und es keine Kursgarantie geben kann, so sehr muss er sich darauf verlassen können, dass die gesetzlichen oder privatrechtlichen Auflagen erfüllt werden. In der vorliegenden Untersuchung von Prof. Dr. Martin Glaum und Prof. Dr. Donna Street wurden die Geschäftsberichte der Neuen MarktUnternehmen systematisch auf die Vollständigkeit der Erfüllung ihrer Offenlegungspflichten untersucht. Die Interpretation der Untersuchung sei den für den Inhalt verantwortlichen Autoren überlassen. Dennoch ist auch aus Sicht des Deutschen Aktieninstituts festzustellen, dass im untersuchten Bereich noch ein erhebliches Verbesserungspotential vorhanden ist und gehoben werden muss. Kaum ein Unternehmen erfüllte alle vom jeweiligen Rechnungslegungssystem geforderten Angaben vollständig. Zudem zeigte sich, dass Unternehmen, die nach US-GAAP bilanzieren, –6– nicht aber in den USA zur Börse zugelassen sind, ohne den Druck einer starken SEC an Vollständigkeit der Offenlegung nachlassen. Die Studie stellt keinen Beitrag zur Diskussion um das inhaltlich „bessere“ System der Rechnungslegung dar. Sie stellt vielmehr fest, dass die Mehrzahl der Unternehmen am Neuen Markt keine vollständigen Geschäftsberichte vorlegen. Vor dem Hintergrund der europaweiten Einführung der IAS als Standard für börsennotierte Gesellschaften ist dies ein sehr bedenkenswertes Ergebnis, das in der Diskussion um eine verstärkte europäische Kapitalmarktaufsicht bedacht werden sollte. Die Frage der Unternehmenspublizität ist von wesentlicher Bedeutung für die Wiedergewinnung des Vertrauens der Anleger in die Aktie im Allgemeinen und die Unternehmen des Neuen Marktes im Besonderen. Ich danke deshalb den beiden Autoren für ihre gewissenhafte und gründliche Untersuchung und hoffe, mit ihrer Aufnahme in die Studienreihe des Deutschen Aktieninstituts einen Anstoß zur besseren Befolgung der bestehenden, prinzipiell strengen und richtigen Publizitätsregeln am Neuen Markt zu geben. Frankfurt am Main, im April 2002 Prof. Dr. Rüdiger von Rosen Inhalt Vorwort......................................................................................................5 Zusammenfassung der Ergebnisse ........................................................ 10 Executive Summary ............................................................................... 11 I. Einleitung ................................................................................... 12 II. Der Neue Markt: Institutioneller Rahmen, Rechnungslegungsund Offenlegungspflichten ........................................................ 16 III. Determinanten der Einhaltung von Offenlegungspflichten: Hypothesen................................................................................. 22 IV. Methodik der empirischen Untersuchung ................................ 27 A. Auswahl des Untersuchungssamples ...............................................27 B. Untersuchungsmethodik: Ableitung eines Disclosure Compliance Index (DIS)...........................................................................................32 C. Sonstige Daten....................................................................................35 V. Untersuchungsergebnisse .......................................................... 36 A. Einhaltung der Offenlegungsanforderungen ..................................36 B. Determinanten der Compliance ........................................................39 C. Stabilität des Erklärungsmodells: Einfluss weiterer Variablen ....45 VI. Zusammenfassung und Schlussfolgerungen ............................ 52 VII. Anhang....................................................................................... 61 A. Teilsample A: Unternehmen mit IAS-Jahresabschlüssen..............61 B. Teilsample B: Unternehmen mit US-GAAP-Jahresabschlüssen...62 VIII. Literaturhinweise....................................................................... 65 Abbildungs- und Tabellenverzeichnis Abbildung 1: Die Entwicklung des Neuen Marktes ...................................17 Tabelle 1: Hypothesen über Determinanten der Einhaltung der Offenlegungsanforderungen nach IAS und US-GAAP ...........26 Tabelle 2: Kennzahlen zur Charakterisierung der Sample-Unternehmen29 Tabelle 3: Prüfungsgesellschaften im Sample und am Neuen Markt insgesamt.......................................................................................30 Tabelle 4: Ausweispflichten nach IAS und US-GAAP: Themenbereiche 33 Tabelle 5: Disclosure Compliance Index: Untersuchungsergebnisse ........36 Tabelle 6: Determinanten der Einhaltung von Ausweispflichten gemäß IAS und US-GAAP .......................................................................41 Tabelle 7: Einhaltung der Offenlegungsanforderungen durch „Big-5“Klienten am Neuen Markt ...........................................................42 Tabelle 8: Determinanten der Compliance: Der Einfluss zusätzlicher Variablen .......................................................................................49 – 10 – Zusammenfassung der Ergebnisse In der vorliegenden Studie wird untersucht, in welchem Maße die Unternehmen des Neuen Markts die Offenlegungsvorschriften nach IAS und US-GAAP befolgen. Auf der Grundlage detaillierter Checklisten wurden die Konzernabschlüsse des Geschäftsjahres 2000 von insgesamt 200 Unternehmen des Neuen Markts analysiert. 100 der Unternehmen erstellen Abschlüsse nach IAS, die andere Hälfte bilanziert nach US-GAAP. Im Durchschnitt publizieren die Unternehmen des Neuen Markts nur 83,7 % der nach IAS bzw. US-GAAP geforderten Angaben. Nur zwei Unternehmen kamen allen Ausweispflichten nach; ein Unternehmen veröffentlichte lediglich 41,6 % der erforderlichen Angaben. Unternehmen, die nach IAS bilanzieren, befolgen die Offenlegungsanforderungen weniger streng als Unternehmen, die US-GAAP anwenden. Die vorliegende Studie ist die erste, die sich auf systematische Weise mit der Durchsetzung der US-GAAP außerhalb der USA beschäftigt. Die Ergebnisse zeigen ein erhebliches Maß an Non-Compliance: US-GAAPUnternehmen am Neuen Markt veröffentlichen im Durchschnitt nur 86,6 % der verlangten Angaben, der niedrigste Grad der Einhaltung der Ausweispflichten eines US-GAAP-Unternehmens liegt bei nur 52,4 %. Unternehmen, die auch an US-Börsen gelistet und daher der Überwachung durch die US-Börsenaufsicht SEC unterworfen sind, zeichnen sich durch ein hohes Maß der Einhaltung der Offenlegungsanforderungen aus. Unternehmen, deren Abschlüsse von großen, internationalen Prüfungsgesellschaften („Big 5“) geprüft werden, befolgen die Ausweispflichten genauer als Unternehmen, die von kleineren Abschlussprüfern geprüft werden. Die Studie erbrachte jedoch auch Hinweise auf Unterschiede in der durchschnittlichen Compliance von Neue-Markt-Unternehmen, die von unterschiedlichen „Big-5“-Gesellschaften geprüft werden. Da fast alle untersuchten Jahresabschlüsse uneingeschränkte Bestätigungsvermerke erhalten haben – und in keinem Fall eine Einschränkung aufgrund fehlender Angaben erfolgte –, werfen unsere Ergebnisse ernsthafte Fragen nach der Qualität der Abschlussprüfungen am Neuen Markt und der Angemessenheit der deutschen Kapitalmarktaufsicht im allgemeinen auf. – 11 – Executive Summary This research examines the Compliance with IAS and US-GAAP for companies listed on Germany’s New Market (“Neuer Markt”). Our sample is made up of 100 firms that apply IAS and 100 that apply US-GAAP. Using detailled checklists, we investigate the extent to which the companies comply with IAS and US-GAAP disclosure requirements in their year2000 consolidated financial statements. Compliance levels range from 100 % to 41.6 %, with an average of 83.7 %. Only two firms provided all the required disclosure items, one company reported only 41.6 % of the required disclosure items. The average Compliance level is significantly lower for companies that apply IAS as compared to companies applying US-GAAP. Our study provides the first systematic evidence regarding the Enforcement of US-GAAP outside the US. The results unveil a considerable extent of non-Compliance. The average US-GAAP New Market firm publishes only 86.6 % of all required disclosures. Not one US-GAAP firm disclosed all the required information; and the worst performing USGAAP firm disclosed only 52.4 % of the required items. Companies which are cross listed at US exchanges are characterized by very high levels of Compliance. New Market clients of large international auditing firms (“Big 5”) exhibit, on average, significantly higher levels of Compliance with IAS and USGAAP disclosures than companies audited by smaller, non-Big-5 firms. Our findings also provide evidence of systematic differences between the average Compliance levels of New Market companies audited by different Big 5 firms. Since almost all of the financial statements included in our analysis have received unqualified audit opinions – and not a single qualification was due to non-Compliance with disclosure requirements –, our results raise serious questions about the audit quality in the New Market and the adequacy of supervision in the German capital market in general. – 12 – I. Einleitung Die Bilanzierung der Unternehmen am Neuen Markt ist in der Kritik. Im Zusammenhang mit Krisen und Zusammenbrüchen ist in den vergangenen Jahren immer wieder deutlich geworden, dass Unternehmen „aggressive“ Bilanzierungspraktiken anwenden, um ihre Umsatz- und Ergebnissituation zu schönen. In einzelnen Fällen wird dabei offenkundig die Grenze des (noch) Zulässigen überschritten, es kommt zu Manipulationen und kriminellem Fehlverhalten. Auch in wissenschaftlichen Beiträgen und Studien wird seit längerem darauf hingewiesen, dass Unternehmen am Neuen Markt bewusst oder unbewusst gegen 1 Bilanzierungs- und Offenlegungsregeln verstoßen. Bekanntlich müssen Unternehmen, deren Aktien am Neuen Markt gelistet sind, aufgrund einer Anforderung der Deutsche Börse AG Jahresabschlüsse nach International Accounting Standards (IAS) oder nach USamerikanischen Rechnungslegungsgrundsätzen (US Generally Accepted Accounting Principles, US-GAAP) veröffentlichen. Die Börse verfolgt damit die Absicht, am Neuen Markt ein möglichst hohes Maß an Information und Transparenz zu erreichen. Denn während die deutsche Bilanzierung traditionell stark dem Ziel des Gläubigerschutzes verhaftet und zudem in der Praxis häufig durch steuerpolitische Maßgaben verzerrt ist, verfolgen sowohl die IAS als auch die US-GAAP erklärtermaßen in erster Linie das Ziel, Anleger mit entscheidungsrelevanten Informationen zu 2 versorgen. Aus diesem Grund enthalten die beiden internationalen Systeme auch deutlich umfangreichere Offenlegungsanforderungen als die deutsche Rechnungslegung. Die seit Gründung des Neuen Markts im Jahr 1997 bestehende Forderung nach IAS- oder US-GAAP-Abschlüssen hat maßgeblich zur Verbreitung und Durchsetzung der internationalen Rechnungslegungsstandards in Deutschland beigetragen. Der Neue Markt wird daher zu Recht auch als 1 2 Vgl. z.B. Street/Gray 2001, Ballwieser 2001, d’Arcy/Grabensberger 2001, Dresdner Kleinwort Wasserstein 2001, Küting 2000, Küting/Zwirner 2001, Küting 2001. Vgl. FASB – Statement of Financial Accounting Concepts 1, Tz. 34 ; IAS Framework, Tz. 12 i.V.m. Tz. 10. – 13 – „Testfeld“ für die Weiterentwicklung der Bilanzierung und Wirtschafts3 prüfung in Deutschland insgesamt bezeichnet. Kritischen Beobachtern zufolge fällt dieser Test bislang allerdings eher negativ aus. In einem Beitrag zur Bilanzanalyse am Neuen Markt vermerkt Küting, nicht selten dränge sich der Eindruck auf, „dass viele internationale Abschlüsse, die ein IAS- oder US-GAAP-Siegel tragen, in Wirklichkeit – nach wie vor – 4 deutsche HGB-Abschlüsse sind.“ Häufig würden internationale Normen nicht eingehalten. Kütings Fazit: „Wer sich mit der internationalen Rechnungslegung eine Verbesserung der Aussagefähigkeit erhofft hatte, sieht sich in vielen Fällen getäuscht und sehnt dann wieder alte HGB5 Zeiten zurück.“ Auch Gebhardt, Leiter der Zulassungsstelle der Frankfurter Wertpapierbörse, kritisierte kürzlich das „Bilanzchaos“ am Neuen Markt, das selbst 6 für Wirtschaftsprüfer nicht mehr durchschaubar sei. Die Diskussion um die Rechnungslegung am Neuen Markt muss im Zusammenhang mit der internationalen Debatte um die Einhaltung von 7 Rechnungslegungsstandards gesehen werden („Compliance“). In der Vergangenheit wurde dieses Problem vorwiegend in Bezug auf die Bilanzierung nach IAS geführt. In Einzelfallbeobachtungen und internationalen Studien konnte nachgewiesen werden, dass in vielen IAS-Jahresabschlüssen gegen Bilanzierungs- und Offenlegungsvorschriften verstoßen 8 wird. Vor allem von US-amerikanischer Seite sind daher Zweifel an der 3 4 5 6 7 8 Ballwieser 2001. Zur Internationalisierung der deutschen Rechnungslegung siehe detailliert Glaum 2000. Küting 2000, S. 598. Küting 2000, S. 600. Vgl. FAZ 2001a. Vgl. ausführlich zur Debatte um Compliance und Enforcement aus deutscher Sicht Tielmann 2001a. Einen Vergleich der Systeme zur Durchsetzung von Rechnungslegungsstandards in Deutschland, Großbritannien und den USA nimmt Böckem (2000a) vor. Siehe auch Ebbers (2001), die den Einfluss unterschiedlicher regulativer Systeme auf die Compliance in verschiedenen europäischen Ländern untersucht. Vgl. Cairns 2001; Street/Bryant 2000; Street/Gray 2001; vgl. auch Ball et al. 2001 für eine kritische Beurteilung der IAS-Rechnungslegung in asiatischen Ländern. – 14 – Durchsetzbarkeit der IAS geäußert worden. Der Vorsitzende des International Accounting Standards Board (IASB), Sir David Tweedie, weist diese Kritik allerdings als einseitig zurück. Seiner Meinung zufolge stellt sich das Problem des „Enforcement“, also der Durchsetzung von Bilanzierungs- und Offenlegungsregelungen nicht nur mit Blick auf IAS. Beispielsweise sei in gleicher Weise zu prüfen, wie US-amerikanische Rechnungslegungsstandards von Unternehmen eingesetzt werden, die nicht in den USA gelistet und daher nicht der Kontrolle der US-Börsenaufsichts9 behörde Securities and Exchange Commission (SEC) unterworfen sind. Es ist offensichtlich, dass die Frage der Durchsetzung auch der US-GAAP durch den Enron-Skandal in jüngster Zeit enorm an Bedeutung gewonnen hat. Am US-Kapitalmarkt werden Unternehmen, deren Bilanzierung zu Zweifeln Anlass gibt, derzeit durch drastische Kurseinbrüche „abgestraft“, die Unabhängigkeit der Prüfer soll durch einschneidende Reglementierungen gestärkt werden. Auch das US-Rechnungslegungssystem selbst, dessen Vormachtstellung zumindest innerhalb der USA bislang 10 kaum angreifbar schien, wird massiv kritisiert und in Frage gestellt. Vor dem Hintergrund dieser Diskussionen im In- und Ausland wird in der vorliegenden Studie die Einhaltung der Offenlegungsvorschriften nach IAS und US-GAAP durch die Unternehmen des Neuen Markts untersucht. Etwa die Hälfte der am Neuen Markt notierten Unternehmen erstellt Jahresabschlüsse nach IAS, die andere Hälfte legt US-GAAPAbschlüsse vor. Der Neue Markt bietet damit die Möglichkeit, die Anwendung und Einhaltung der beiden konkurrierenden internationalen Rechnungslegungssysteme vergleichend zu untersuchen. Die vorliegende Studie stellt die erste systematische Untersuchung dieser Art dar. Insbesondere liefert sie (nach Kenntnis der Autoren) die ersten wissenschaftlichen Erkenntnisse über die Einhaltung der US-GAAP durch Unternehmen außerhalb der USA. 9 10 Vgl. Street 2002. Vgl. z.B. Guerra/Norman 2002, FT 2002, The Economist 2002a, The Economist 2002b. – 15 – Konkret werden im Rahmen der Studie die folgenden Fragestellungen untersucht: 1. In welchem Maße befolgen die Unternehmen am Neuen Markt die 11 Offenlegungspflichten nach IAS oder US-GAAP, in welchem Maße verstoßen sie gegen diese Anforderungen? 2. Welche Einflussfaktoren determinieren den Grad der Einhaltung bzw. Nicht-Einhaltung der Offenlegungspflichten nach IAS und US-GAAP? 3. Gibt es, auch unter Berücksichtigung anderer relevanter Unternehmenseigenschaften, einen Unterschied zwischen dem durchschnittlichen Grad der Einhaltung der Offenlegungspflichten von NeueMarkt-Unternehmungen, die nach IAS bilanzieren, und jenen, die Abschlüsse nach US-GAAP vorlegen? Die Arbeit ist wie folgt aufgebaut: Teil II beschreibt den institutionellen Hintergrund und die Entwicklung des Neuen Marktes sowie insbesondere die in diesem Segment der Frankfurter Börse herrschenden Anforderungen an die Rechnungslegung und Offenlegung. In Teil III geben wir einen kurzen Überblick über den Stand der Literatur zu den Determinanten der Offenlegung und der Einhaltung von Rechnungslegungsstandards und leiten Hypothesen über die Einflussfaktoren der Compliance am Neuen Markt ab. Im Teil IV werden die Methodik der Untersuchung und die verwendeten Daten beschrieben. Die Ergebnisse der Studie werden in Teil V vorgestellt und erörtert. Den Abschluss der Arbeit bildet eine Zusammenfassung und Würdigung der Ergebnisse. 11 Anzumerken ist, dass der Begriff „Offenlegungspflichten“ hier und im folgenden synonym mit den Begriffen „Ausweis-„ bzw. „Angabepflichten“ verwendet wird; mit Offenlegung ist folglich nicht die Einreichung von Jahresabschlüssen zum Handelsregister bzw. ihre Bekanntmachung im Bundesanzeiger im Sinne von § 325 HGB gemeint. – 16 – II. Der Neue Markt: Institutioneller Rahmen, Rechnungslegungs- und Offenlegungspflichten Dem Beispiel der NASDAQ folgend, wurde der Neue Markt im März 1997 als Segment der Frankfurter Wertpapierbörse gegründet, um junge, innovative Wachstumsunternehmen anzuziehen. Die Deutsche Börse AG, die als privatwirtschaftliche Institution die Frankfurter Börse betreibt, erläutert in ihrem „Regelwerk Neuer Markt“: „Der Neue Markt ist ein Handelssegment der Deutsche Börse AG ... für Aktien primär kleinerer und mittlerer in- und ausländischer Gesellschaften ... . Emittenten sind insbesondere innovative Unternehmen, die neue Absatzmärkte erschließen, neue Verfahren etwa in der Beschaffung, Produktion oder beim Absatz verwenden, bzw. neue Produkte und/oder Dienstleistungen anbieten und ein überdurchschnittliches 12 Umsatz- und Gewinnwachstum erwarten lassen.“ Zu den Branchen, die vorrangig am Neuen Markt vertreten sind, gehören die Informationstechnologie, die Telekommunikation, die Biotechnologie 13 und die Medienindustrie. Formal ist der Neue Markt ein Teil des unregulierten Aktienmarkts, des sog. Freiverkehrs, der an den deutschen Börsen neben den beiden öffentlich-rechtlichen Handelssegmenten, dem Amtlichen Handel und dem Geregelten Markt, besteht. Die Deutsche Börse AG verlangt jedoch, dass Unternehmen, die eine Notierung ihrer Aktien im Neuen Markt anstreben, 14 zum Geregelten Markt der Frankfurter Wertpapierbörse zugelassen sind. Ist eine solche Zulassung erfolgt, kann das Unternehmen einen Antrag an die Deutsche Börse AG stellen, die Aktien zum Handel im Segment des Neuen Markts einzuführen. Mit diesem Antrag verzichtet es gleichzeitig auf die Notierung im Geregelten Markt. Über den Antrag auf Auf- 12 13 14 Vgl. Deutsche Börse AG 2001, Allgemeiner Teil Tz. 1. Siehe detailliert DZ Bank 2001. Genauer: Die Unternehmen können beide Anträge, also den Antrag auf Zulassung zum Geregelten Markt und jenen auf Zulassung zum Neuen Markt, gleichzeitig und in einem Dokument stellen; vgl. Deutsche Börse AG 2001, Tz. 2.3 (2). – 17 – nahme in den Neuen Markt entscheidet der Vorstand der Deutsche Börse AG oder ein von diesem beauftragtes Gremium. Der eigentliche Handel findet anschließend sowohl an der Präsenzbörse als auch über das elekt15 ronische Handelssystem (Xetra) der Frankfurter Wertpapierbörse statt. Mit dem komplexen und umständlichen Verfahren der Zulassung zum öffentlich-rechtlichen Geregelten Markt und der davon separierten Einführung zum Handel im privatrechtlich organisierten Neuen Markt wird einerseits erreicht, dass die Notierungen am Neuen Markt der staatlichen Aufsicht unterworfen sind, alle einschlägigen Gesetze und Verordnungen greifen (insbes. Börsengesetz, Wertpapierhandelsgesetz, Verkaufsprospektgesetz) und der Neue Markt daher selbst den Status eines organisierten Börsensegments im Sinne des Gesetzes über Kapitalanlagen auf16 weist. Andererseits bot die Ausgestaltung des Neuen Markts als privatrechtlich organisiertes Handelssegment den Vorteil, dass seine Einrichtung ohne Änderung des Börsengesetzes zügig erfolgen konnte und die Deutsche Börse AG in die Lage versetzt wurde, Anforderungen an inte17 ressierte Unternehmen zu stellen (und im Zeitablauf flexibel zu ändern) , die deutlich über die gesetzlichen Anforderungen für Notierungen in den öffentlich-rechtlichen Börsensegmenten hinausgehen. Beteiligungen an jungen Wachstumsunternehmen sind ihrer Natur gemäß überdurchschnittlich riskant. Die Deutsche Börse AG war sich bewusst, dass die Akzeptanz des neuen Aktienmarktsegments daher stark von seiner Regulierung abhängen würde. Sie entwickelte aus diesem Grund das „Regelwerk Neuer Markt“, das im Verhältnis zu anderen Marktsegmenten in Deutschland und in anderen europäischen Ländern strenge Zulassungsvoraussetzungen, Handelsbedingungen und Publizitätspflichten festlegt. 15 16 17 Vgl. Deutsche Börse AG 2001, Zulassungsbedingungen Tz. 2.1.1 (1) u. Tz. 1. Dies ermöglicht es Investmentgesellschaften, mehr als zehn Prozent ihres Vermögens in Aktien am Neuen Markt zu investieren. Vgl. hierzu sowie zum regulatorischen Hintergrund des Neuen Marktes insgesamt Shearman & Sterling 2001, hier S. 56. Die Möglichkeit der einseitigen Änderung des Regelwerks durch die Deutsche Börse AG ist juristisch allerdings umstritten. Insbesondere im Bereich des Delistings von sog. „Penny Stocks“ sind derzeit einige Verfahren anhängig. – 18 – Hohe Anforderungen werden zunächst an den Emissionsprospekt gestellt, der umfassende Informationen über den neuen Emittenten und die zu notierenden Aktien enthalten muss. In Bezug auf die laufende Berichterstattung verlangt die Börse von den gelisteten Unternehmen, wie bereits erwähnt, Jahresabschlüsse nach IAS oder US-GAAP. Die Abschlüsse und der Lagebericht müssen innerhalb von drei Monaten nach Abschluss des Geschäftsjahres sowohl in deutscher als auch in englischer Sprache ver18 öffentlicht werden. Schließlich sind Neue-Markt-Unternehmen auch zur Quartalsberichter19 stattung verpflichtet. Die Quartalsberichte müssen nach denselben Rechnungslegungsgrundsätzen erstellt werden wie der Jahresabschluss des jeweiligen Unternehmens. Auch die Quartalsberichte sind in Deutsch und in Englisch zu erstellen, und sie müssen innerhalb von zwei Monaten nach Ende des Berichtszeitraums der Börse zugeleitet werden und 20 veröffentlicht werden. In den ersten drei Jahren seines Bestehens war der Neue Markt ein geradezu spektakulärer Erfolg. Der Handel begann am 10. März 1997 mit nur zwei notierten Unternehmen (Bertrandt AG, Mobilcom AG). Bis Ende 1998 war die Zahl der notierten Unternehmen auf 63 gestiegen, ein Jahr später lag sie bereits bei 201, und zur Mitte des Jahres 2001 wurde mit insgesamt 342 Unternehmen der bisherige Höchststand der Notierungen erreicht (siehe Abbildung 1). 18 19 20 Vgl. Deutsche Börse AG 2001, Zulassungsbedingungen Tz. 7.3.2. Vgl. im einzelnen Deutsche Börse AG 2001, Zulassungsbedingungen Tz. 7.1. Nach deutschem Recht besteht eine Verpflichtung zur Zwischenberichterstattung derzeit lediglich für Unternehmen mit Notierungen im Amtlichen Handel; diese ist zudem auf die Veröffentlichung von Halbjahresberichten beschränkt; vgl. § 97 Abs. 1 BörsG i.V.m. §§ 53-62 BörsZulV. Darüber hinaus sind die Unternehmungen am Neuen Markt verpflichtet, mindestens eine Analystenveranstaltung pro Jahr abzuhalten. Zu weiteren Anforderungen an eine Notierung im Neuen Markt, insbesondere zur Mindesthöhe des Eigenkapitals, den erforderlichen Streubesitz, zum zeitlich befristeten Verbot der Veräußerung von Aktien durch Alteigentümer (Lock-up-Periode), zur Einhaltung des Übernahmekodex der Börsensachverständigenkommission sowie zu den Besonderheiten des Aktienhandels am Neuen Markt (Betreuersystem u.a.) siehe Deutsche Börse AG 2001. Vgl. auch Kersting 1997, Benz/Kiwitz 1999, Shearman & Sterling 2001, Küting 2001 sowie die verschiedenen Beiträge in Achleitner/Bassen 2001. – 19 – Im Zuge des internationalen „High-Tech-Booms“ stiegen die Aktienkurse am Neuen Markt steil an. Der NEMAX-50-Index, der die Wertentwicklung der 50 wichtigsten Unternehmen widerspiegelt und bezogen auf den Stand der Aktienkurse von Ende 1997 mit einem Niveau von 1.000 eingeführt worden war, stieg bis März 2000, dem Höhepunkt der Bewertung, um fast das Zehnfache auf 9.631,53 Punkte. Abbildung 1 zeigt, dass die Kapitalisierung des Neuen Markts im April 2000 mit etwa 207 Mrd. Euro ihren Höhepunkt erreichte. Abbildung 1: Die Entwicklung des Neuen Marktes 250 400 350 200 300 250 150 200 100 150 100 50 50 0 0 Mrz Jun Sep Dez Mrz Jun Sep Dez Mrz Jun Sep Dez Mrz Jun Sep Dez Mrz Jun Sep Dez 97 97 97 97 98 98 98 98 99 99 99 99 00 00 00 00 01 01 01 01 Marktkapitalisierung (in Mrd. Euro, Skala links) Anzahl der Unternehmen (Skala rechts) Quelle: Deutsche Börse AG. Deutsche Investoren, traditionell bekannt als konservative Sparer, wurden durch die enormen – und zunächst scheinbar risikolosen – Gewinnmöglichkeiten in zunehmendem Maße angezogen. Der Neue Markt hat insofern ohne Zweifel einen Beitrag zur Entwicklung einer Aktienkultur in Deutschland geleistet. Der Erfolg des Marktsegments war jedoch nicht auf deutsche Unternehmen und deutsche Investoren beschränkt. Es konnte auch Unternehmen aus anderen europäischen und nicht-europäischen Ländern für Notierungen gewinnen. Auf seinem Höhepunkt entfielen auf den Neuen Markt 80 % der gesamten Marktkapitalisierung aller europäi21 schen Wachstumsmärkte. 21 Vgl. Benoit 2001; siehe hierzu auch Dresdner Kleinwort Wasserstein 2001, S. 18f. – 20 – Im Zusammenhang mit dieser Entwicklung wurde auch die Bilanzierung am Neuen Markt zunächst sehr positiv beurteilt. Die Akzeptanz und der Erfolg des Neuen Markts wurden unter anderem auf die hohen Anforderungen an die Rechnungslegung und die Offenlegung zurückgeführt. Es wurde argumentiert, die Anwendung der IAS und US-GAAP führe zu einem hohen Grad an Transparenz und die ausführlichen und strikten Offenlegungspflichten trügen zu einem hohen Maß an Liquidität und nie22 drigen Transaktionskosten bei. Seit dem Frühjahr 2000 ist die weltweite „Technologieblase“ kollabiert und mit ihr der Neue Markt. Ergebniswarnungen, Insolvenzen, Presseberichte über verfehlte Strategien, Inkompetenz, Verdacht auf Betrug und Insiderhandel sowie der generelle Wandel in den Einstellungen der Investoren ließen den NEMAX-50 bis zum September 2001 um mehr als 90 % auf ein Tief von 641,31 Punkten fallen. Nach einer zwischenzeitlichen Erholung liegt der Index derzeit (Februar 2002) bei knapp 1.000 Punkten. Die Deutsche Börse AG hat in den vergangenen Monaten Maßnahmen ergriffen, um den Markt zu stabilisieren. Zu nennen sind beispielsweise eine Verschärfung der Offenlegung von Wertpapiertransaktionen von Vorständen sowie das automatische Delisting von sogenannten „Penny Stocks“. Die Neuemissionen am Neuen Markt sind jedoch praktisch zum Stillstand gekommen, die Zahl der gelisteten Unternehmen ist durch eine Reihe von Delistings auf 320 gesunken, und Experten diskutieren offen 23 darüber, welche Rolle der Neue Markt in Zukunft noch spielen kann. Der Neue Markt, nur wenige Monate zuvor als „great brand“ bezeichnet, ist nun zu einem „Stigma“ geworden; Beobachter diskutieren sogar über eine Namensänderung, da der Markenname „Neuer Markt“ inzwischen 24 „diffamierend“ sei. Reifere und stabilere Unternehmen erwägen ihren Ausstieg aus dem Segment, da sie fürchten, durch den allgemeinen Ver- 22 23 24 Vgl. z.B. d’Arcy/Leuz 2000, S. 385; Leuz 2000, S. 7 m.w.N. Vgl. FAZ 2001b. Vgl. Benoit 2001 und FAZ 2002; siehe auch Baulig 2001, FTD 2001. – 21 – fall des Markts und den Vertrauensverlust der Investoren in Mitleiden25 schaft gezogen zu werden. Der tiefe Sturz des Neuen Markts seit dem Frühjahr 2000 hat zu einer fundamentalen Neubewertung auch der Bilanzierung geführt. Beobachter weisen nun darauf hin, dass die Rechnungslegungssysteme vieler NeuerMarkt-Unternehmen inadäquat seien, dass die Prüfung der Abschlüsse in vielen Fällen nicht streng genug durchgeführt werde und die Durchsetzung der Rechnungslegungs- und Offenlegungsstandards aufgrund des 26 Fehlens einer wirksamen Marktaufsicht generell problematisch sei. Insgesamt ist die fragwürdige Qualität der Rechnungslegung heute wohl als eine der Ursachen für das mangelnde Vertrauen der Anleger am Neuen Markt anzusehen. 25 26 Siehe Baulig 2001, FTD 2001. Siehe z.B. Küting 2000, d’Arcy 2001. – 22 – III. Determinanten der Einhaltung von Offenlegungspflichten: Hypothesen Ziel der vorliegenden Studie ist es, den Grad der Einhaltung der Offenlegungspflichten nach IAS oder US-GAAP am Neuen Markt zu untersuchen und darauf aufbauend zu analysieren, welche Einflussfaktoren das Ausmaß der Einhaltung bzw. Nicht-Einhaltung der Offenlegungspflichten determinieren. Im folgenden sollen nun Hypothesen über diese Einflussfaktoren abgeleitet werden. Die Ausführungen stützen sich dabei auf eine Reihe von Studien zur Offenlegungspolitik von Unternehmen in ver27 schiedenen Ländern sowie auf Studien zur Einhaltung von IAS-Bilan28 zierungs- und Offenlegungsvorschriften. Die Hypothesen werden im weiteren Verlauf der Untersuchung mit Hilfe eines Regressionsansatzes getestet. Die erste Hypothese bezieht sich auf die Wahl des Rechnungslegungssystems durch die Unternehmen. Wie bereits erwähnt, haben frühere Studien Belege für die Nichteinhaltung von IAS-Vorschriften durch Unternehmen in verschiedenen Ländern erbracht und damit Zweifel an der Durchsetzbarkeit der IAS hervorgerufen. Darüber hinaus ist in der Diskussion über die weltweite Harmonisierung der Rechnungslegung verschiedentlich die Behauptung aufgestellt worden, die US-GAAP seien ein sehr umfassendes und ausgefeiltes Rechnungslegungssystem, das sich in der Anwendung am größten Kapitalmarkt der Welt bewährt habe und zumindest bislang dem System der IAS überlegen sei. Insgesamt werden die IAS im Vergleich zu den US-GAAP vielfach als ein weniger strenges, 29 „weicheres“ Regelwerk bezeichnet. Falls diese Einschätzung in den ver- 27 28 29 Vgl. Singhvi/Desai 1971; Belkaoui/Kahl 1978; McNalley et al. 1982; Chow/WongBoren 1987; Cooke 1989, 1991 und 1992; Craswell/Taylor 1992; Wallace et al. 1994; Meek et al. 1995; Wallace/Naser 1995; Inchausti 1997; Dumontier/Raffournier 1998. Vgl. Street/Bryant 2000 und Street/Gray 2001. Vgl. z.B. Leuz 2000, S. 1 u. 8, m.w.N. Leuz, der untersucht, ob die Entscheidung für IAS und US-GAAP am Neuen Markt eine Auswirkung auf die Geld-Brief-Spanne und das Handelsvolumen hat, prüft die Hypothese, dass das US-GAAP-System eine höhere Qualität besitzt als die IAS (S.11). Allerdings findet er keine Belege für diese Hypothese; er stellt fest (S. 30): “Thus, my results do not support the claim that USGAAP are of higher quality than IAS and hence reduce information asymmetry and increase liquidity in equity markets.” – 23 – gangenen Jahren auch unter den Aspiranten für den Neuen Markt verbreitet war, kann dies dazu geführt haben, dass sich tendenziell vor allem solche Unternehmen für die Übernahme der US-GAAP entschieden, die über ein leistungsfähiges Rechnungswesen verfügten und bereit waren, sich den „strengeren“ Regeln zu unterwerfen, während Unternehmen mit einer „problembehafteten“ Bilanzierung eher für die IAS optierten. Aus diesen Gründen könnte erwartet werden, dass Unternehmen, die nach IAS bilanzieren, ihren Ausweispflichten tendenziell in geringerem Maße nachkommen als Unternehmen, die US-GAAP anwenden. Andererseits mag diese Erwartungshaltung verzerrt sein, da bis dato keine Studien zur Durchsetzung der US-GAAP außerhalb der USA existieren. Wir stellen folglich die Hypothese auf, dass die Wahl des Rechnungslegungssystems einen Einfluss auf die Einhaltung der Offenlegungspflichten hat, ohne a priori eine Annahme über die Richtung dieses Einflusses zu treffen. H-1: Die Wahl zwischen IAS und US-GAAP durch die Unternehmen des Neuen Markts hat einen Einfluss auf das Maß der Einhaltung ihrer Offenlegungspflichten. Verschiedene Studien haben einen positiven Zusammenhang zwischen der Größe und dem allgemeinen Publizitätsniveau von Unternehmen 30 nachgewiesen. Anderseits konnten Street/Bryant (2000) und Street/Gray (2001) einen Einfluss der Unternehmensgröße auf die Einhaltung von IAS-Offenlegungspflichten nicht bestätigen. Allerdings konzentrierten sich diese Untersuchungen auf die Jahresabschlüsse großer internationaler Unternehmungen. Die Unternehmen am Neuen Markt sind demgegenüber eher klein, und da im Bereich der Rechnungslegung ausgeprägte Skaleneffekte wirksam sind, kann am Neuen Markt ein positiver Zusammenhang zwischen der Unternehmensgröße und der Qualität der Rechnungslegung, insbesondere dem Maß der Einhaltung der Offenlegungspflichten erwartet werden: 30 Vgl. z.B. Chow/Wong-Boren 1987; Cooke 1989, 1991; Meek et al. 1995. – 24 – H-2: Das Maß der Einhaltung der Offenlegungspflichten nach IAS und US-GAAP ist positiv mit der Größe der Unternehmen am Neuen Markt korreliert. Die bisherigen Forschungsergebnisse legen einen starken Einfluss der 31 Abschlussprüfer auf die Offenlegungspolitik der Unternehmen nahe. Im Einklang damit fanden Street/Gray (2001), dass Unternehmen, deren Jahresabschlüsse von großen, internationalen Wirtschaftsprüfungs- gesellschaften geprüft wurden, den Ausweispflichten nach IAS genauer nachkamen als Unternehmen, die von kleineren Gesellschaften geprüft wurden. Auch die aktuelle Literatur zum Neuen Markt verweist auf die Heterogenität der Prüfer und unterstellt zumindest implizit einen der32 artigen Zusammenhang. Unsere dritte Hypothese lautet daher: H-3: Unternehmen des Neuen Markts, die von großen, internationalen Wirtschaftsprüfungsgesellschaften („Big 5“) geprüft werden, halten die Offenlegungspflichten nach IAS und US-GAAP genauer ein als Unternehmen, die von anderen, kleineren Gesellschaften geprüft werden. Die Qualität und die Strenge der Abschlussprüfung kann weiterhin von den angewandten Prüfungsstandards abhängen. Street/Bryant (2000) konnten in ihrer Studie nachweisen, dass IAS-Vorschriften genauer eingehalten werden, wenn die Abschlussprüfung auf der Grundlage der International Auditing Standards (ISA) oder der US Generally Accepted Auditing Standards (US GAAS) erfolgte (genauer: wenn im Prüfungsver33 merk auf die Verwendung dieser Standards hingewiesen wurde). Deutschem Handelsrecht zufolge muss der Prüfer im Prüfungsvermerk u.a. Art und Umfang der Prüfung beschreiben (§ 322 Abs. 1 HGB); die Regeln des Instituts der Wirtschaftsprüfer verlangen, dass dabei auf die vom Berufsstand entwickelten Grundsätze ordnungsmäßiger Abschlussprüfung 31 32 33 Vgl. Singhvi/Desai 1971; Craswell/Taylor 1992; Inchausti 1997; Dumontier/Raffournier 1998. Vgl. z.B. d’Arcy 2001, S. 175; Ballwieser 2001, S. 852. Street/Gray (2001) konnten in ihrer Studie allerdings keinen Beleg für diesen Zusammenhang feststellen. – 25 – Bezug zu nehmen ist; gegebenenfalls kann ergänzend auf ISA oder US GAAS verwiesen werden (IDW PS 400, Tz. 30). Wir erwarten, dass Neue-Markt-Abschlüsse, die auf der Grundlage von ISA oder US GAAS geprüft werden, in stärkerem Maße den jeweiligen Vorschriften entsprechen als andere Abschlüsse. H-4: Das Maß der Einhaltung der Offenlegungspflichten nach IAS und US-GAAP ist höher, wenn im Bestätigungsvermerk auf die Anwendung von ISA oder US GAAS verwiesen wird. In der Literatur ist der Zusammenhang zwischen dem Publizitätsniveau von Unternehmen und Notierungen an (Auslands-) Börsen intensiv do34 kumentiert. Vor allem Notierungen an US-Börsen sind bekanntermaßen mit hohen Offenlegungsanforderungen verbunden. Street/Bryant (2000) sowie Street/Gray (2001) fanden zudem einen signifikanten Zusammenhang zwischen der Art der Börsennotierung und der Beachtung der IAS; die Compliance von Unternehmen, die an internationalen Börsen (d.h. vor allem an US-Börsen) notiert waren, war höher als die jener Unternehmen, die ausschließlich an Börsen ihrer jeweiligen Heimatregionen 35 gelistet waren. Wir erwarten daher auch für den Neuen Markt, dass Unternehmen mit Cross Listings an US-amerikanischen Börsen den Ausweispflichten nach IAS oder US-GAAP in stärkerem Maße nachkommen als andere Unternehmen. H-5: Das Maß der Einhaltung der Offenlegungspflichten nach IAS und US-GAAP ist bei jenen Unternehmen höher, deren Aktien eine Zweitnotierung an US-amerikanischen Börsen aufweisen. Die Hypothesen über die Determinanten der Einhaltung der Offenlegungsanforderungen nach IAS und US-GAAP sind in Tabelle 1 noch 34 35 Vgl. Cooke 1989, 1991; Gray et al. 1995; siehe hierzu auch Karolyi 1998. Bekanntlich werden IAS-Abschlüsse von der US-Börsenaufsicht SEC bislang nicht anerkannt. Unternehmen, die ein US-Listing anstreben, müssen daher entweder US-GAAP-Jahresabschlüsse oder eine Überleitung von Ergebnis und Eigenkapital von IAS auf US-GAAP vorlegen. Bei den von Street/Bryant (2000) und Street/Gray (2001) untersuchten Unternehmen mit US-Listings handelte es sich um IAS-Bilanzierer mit Überleitungsrechnungen nach US-GAAP. – 26 – einmal im Überblick dargestellt. Angegeben ist dabei auch, mit Hilfe welcher Variablen die Hypothesen in der empirischen Untersuchung operationalisiert werden. Die letzte Spalte enthält die Bezeichnungen der Variablen, die in den Regressionsrechnungen verwendet werden. Tabelle 1: Hypothesen über Determinanten der Einhaltung der Offenlegungsanforderungen nach IAS und US-GAAP Nr. Hypothese Variable / Operationalisierung Variablenname Wahl zwischen IAS und US-GAAP Dummy-Variable (IAS = 0, US-GAAP = 1) H-2 Unternehmensgröße Unternehmenswert (Marktwert des Eigenkapitals plus Buchwert der Verbindlichkeiten) GRÖSSE H-3 Prüfergesellschaft: Big 5 vs. andere Dummy-Variable (Big 5 = 1, andere = 0) PRÜFER H-4 Prüfungsstandard: ISA / US GAAS vs. andere (insbes. IDW-Standards) Dummy-Variable PRÜFSTAND (Hinweis ISA/US GAAS = 1, andere = 0) H-5 Zweitnotierung in den USA Dummy-Variable (US-Cross-Listing = 1, andere = 0) H-1 WAHL 36 36 LISTING Aufgrund der Schiefe der Verteilung dieser Variablen wird in den Regressionsrechnungen der natürliche Logarithmus der Unternehmenswerte verwendet. – 27 – IV. Methodik der empirischen Untersuchung A. Auswahl des Untersuchungssamples Die Studie basiert auf einer Untersuchung der Konzernabschlüsse des Geschäftsjahres 2000 von 200 Unternehmen des Neuen Markts. Die SampleUnternehmen wurden aus den insgesamt 342 Unternehmen ausgewählt, die im Juni 2001 am Neuen Markt notiert waren. Aus dieser Grundgesamtheit wurden zunächst alle Finanzdienstleistungsunternehmen (fünf Unternehmen) sowie alle Unternehmen des Sektors Media & Entertainment (42 Unternehmen) ausgeschlossen, da diese Branchen sehr spezifi37 schen Rechnungslegungs- und Publizitätsanforderungen unterliegen. Von den verbleibenden Unternehmen wurden 100 Unternehmen ausgewählt, die nach IAS bilanzieren, und 100 Unternehmen, die Abschlüsse nach US-GAAP erstellen. Alle in die Untersuchung einbezogenen Berichte sind geprüft, und beina38 he alle haben uneingeschränkte Bestätigungsvermerke erhalten. Bei der 37 38 Für eine detaillierte Analyse der Rechnungslegung von Film- und Medienunternehmen am Neuen Markt, einem Teilbereich des Media & Entertainment-Sektors, siehe Küting/Zwirner 2001. Bei fünf der Sample-Unternehmen war der Bestätigungsvermerk eingeschränkt. In drei Fällen erfolgte die Einschränkung aufgrund von Liquiditätsproblemen, die zu Zweifeln bezüglich der Going-concern-Prämisse führten. Eine Einschränkung bezog sich auf Unsicherheiten über die Bewertung eines Tauschgeschäftes, und die fünfte Einschränkung wies darauf hin, dass ein Unternehmen seine Kapitalflussrechnung nur für zwei anstatt der vorgeschriebenen drei Jahre erstellt hatte. Abgesehen von diesen beiden Ausnahmen erfolgte keine Einschränkung mit Verweis auf Verstöße gegen Ansatz-, Bewertungs- oder Ausweisvorschriften. Interessanterweise wurden alle fünf Testatseinschränkungen bei US-GAAP-Unternehmen vorgenommen. Weiterhin kann erwähnt werden, dass in den Bestätigungsvermerken von acht Unternehmen (vier IAS-, vier US-GAAP-Unternehmen) auf eine angespannte Finanzlage hingewiesen wurde, die mittelfristig zur Gefährdung der Existenz führen könne. In allen acht Fällen wurde betont, dass mit diesem Hinweis keine Einschränkung der Beurteilung und des Testats verbunden sei. Gemäß IdW-Prüfungsstandard 400, Tz. 53, ist das Testat insbesondere dann einzuschränken, wenn „entgegen den gesetzlichen Vorschriften der Jahresabschluss von Kapitalgesellschaften unter Beachtung der Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage der Gesellschaft nicht vermittelt oder dies nicht beurteilt werden kann.“ Darüber hinaus kann eine Einschränkung bei Mängeln aufgrund von Verstößen gegen Rechnungslegungsvorschriften geboten sein. „Solche Mängel betreffen insbesondere die Ordnungsmäßigkeit der Buchführung sowie die Ansatz-, Bewertungs- und Ausweisvorschriften für den Jahresabschluss, einschließlich der Angaben und Erläuterungen im Anhang“ (Tz 54). Generell setzt eine Einschränkung des Bestätigungsvermerks voraus, „dass die Beanstandungen oder der nicht beur- – 28 – Auswahl wurde Wert darauf gelegt, in beiden Teil-Samples eine für den Markt repräsentative Branchenverteilung zu erreichen. 39 Die Tabelle im Anhang zeigt eine Aufstellung der in die Untersuchung einbezogenen Unternehmen. Die Unternehmen sind danach geordnet, ob sie IAS oder US-GAAP anwenden. In der Tabelle ist zudem die jeweilige Branche der Unternehmen angegeben. Die Einteilung in sieben Branchen beruht auf Angaben der Deutsche Börse AG: 22 der Sample-Unternehmen sind demnach in der Biotechnologie und der Medizintechnik tätig, 14 Unternehmen gehören dem Bereich „Industry and Industrial Services“ an, es sind 43 Internet-Unternehmen vertreten, 27 Firmen aus der Informationstechnologie, 33 Software-Unternehmen, 45 Unternehmen der Kategorie „Technology“ sowie 16 Unternehmen der Telekommunikationsbranche. Tabelle 2 bietet einen Überblick über wichtige Kennzahlen der SampleUnternehmen. Die Größe der Unternehmen ist sehr unterschiedlich. Das Minimum der Marktkapitalisierung liegt beispielsweise bei 15,3 Mio. Euro, während das größte Unternehmen einen Marktwert von 17,7 Mrd. Euro aufweist. Einzelne Unternehmen erzielten im Geschäftsjahr 2000 keinen Umsatz; der größte Umsatz betrug 3,6 Mrd. Euro. Zwei Unternehmen 40 beschäftigen nach eigenen Angaben keine Mitarbeiter; 39 40 die nächst- teilbare Bereich wesentlich sind (Tz. 51). Die Beurteilung der Wesentlichkeit obliegt letztlich dem Wirtschaftsprüfer. ADS (1994, Bd. 7, § 322, Tz. 292) führen in diesem Zusammenhang jedoch weiter aus: „Verstöße gegen die Berichtspflicht im Anhang ... führen, soweit sie erheblich sind, zur Einschränkung des Bestätigungsvermerks. Das wird der Fall sein, wenn zwingende Angaben, für die kein Beurteilungsspielraum besteht, unterlassen werden.“ Abschließend sei in diesem Zusammenhang auf Ballwieser (2001) verwiesen, der die zum Teil ungenauen und unklaren Formulierungen der Bestätigungsvermerke am Neuen Markt kritisiert. Ballwieser stellt fest (S. 846): „Die Auswertung der Bestätigungsvermerke ergab, 1. dass die Formulierung der Bestätigungsvermerke sehr unterschiedlich ist, 2. nicht immer klar ist, was geprüft wurde, 3. der Lagebericht zum Teil ungeprüft ist“. Da einige Unternehmen für das Jahr 2000 HGB-Jahresabschlüsse mit Überleitungsrechnungen nach IAS oder US-GAAP vorlegten (derartige Jahresabschlüsse wurden von der Untersuchung ausgeschlossen), weitere Unternehmen im Jahr 2000 ein Rumpfgeschäftsjahr eingelegt hatten, und andere Unternehmen in die Krise geraten waren und keine geprüften Berichte vorlegten, sind in unserer Studie beinahe alle Neue-Markt-Unternehmen berücksichtigt, die für das Geschäftsjahr 2000 geprüfte IAS- oder US-GAAP-Berichte vorgelegt haben. Es handelt sich um die Unternehmen BB Biotech und BB Medtech. Beide Unternehmen tätigen Investments im Bereich der Biotechnologie. Nach Angaben der – 29 – kleinste Mitarbeiterzahl betrug 11; das größte Unternehmen beschäftigte hingegen 4.782 Mitarbeiter. Tabelle 2: Kennzahlen zur Charakterisierung der Sample-Unternehmen n Mittelwert Standardabweichung Median Minimum Maximum Marktkapitalisierung (Mio. Euro) 200 440,1 1.446,7 121,3 15,3 17.751,2 Umsatz (Mio. Euro) 200 199,7 330,7 35,9 0 3.585,3 Anzahl Mitarbeiter 200 540,8 770,1 275,0 0 4.782 Eigenkapitalrentabilität (in %) 200 -30,62 131,23 -2,22 -1.407,55 45,69 Marktwert / Buchwert 41 des Eigenkapitals 200 4,31 7,92 2,19 -2,27 71,86 179 0,32 0,31 0,23 0,00 1,00 42 Auslandsumsatzanteil Anm.: (i) Die Zahlen für Umsatz, Mitarbeiter, Eigenkapitalrentabilität und Auslandsumsatzanteil beziehen sich auf das Geschäftsjahr 2000. (ii) Die Marktkapitalisierung wurde aus den Börsenwerten des Stamm- und Vorzugskapitals zum 29. Dezember 2000 berechnet. Quellen der Daten: Bloomberg, Geschäftsberichte, telefonische Auskünfte. Die Besonderheiten der Neue-Markt-Unternehmen zeigen sich auch bei der Betrachtung der weiteren Kennzahlen. Der Mittelwert der Eigenkapitalrenditen der Unternehmen ist mit –30,62 % deutlich negativ. In mehreren Fällen übersteigen die Jahresfehlbeträge des Geschäftsjahres 2000 den Gesamtwert des Eigenkapitals der betreffenden Unternehmen. Im Quotienten aus dem Marktwert und dem Buchwert des Eigenkapitals spiegeln sich die Erwartungen der Marktteilnehmer bezüglich des künfti- 41 42 Unternehmen ist das Management der Beteiligungen an eine dritte Unternehmung (Bellevue Asset Management Group) delegiert worden. Der Minimalwert der Relation „Marktwert / Buchwert des Eigenkapitals“ ist negativ, da ein Unternehmen unseres Samples (TIPTEL AG) in der Konzernbilanz für das Jahr 2000 ein negatives Eigenkapital ausweist. Trotz intensiver Bemühungen konnte der Auslandsumsatzanteil nur für 179 Unternehmen festgestellt werden. In 21 Fällen ließ sich die Kennzahl weder dem Geschäftsbericht entnehmen noch konnte er durch telefonische Anfragen ermittelt werden. – 30 – gen Gewinn- und Dividendenwachstums der Unternehmen; der Durchschnittswert in Höhe von 4,31 verdeutlicht, dass zum Jahresende 2000 diesbezüglich nach wie vor hohe Erwartungen am Markt bestanden. Die letzte Zeile der Tabelle belegt, dass viele der Neue-Markt-Unternehmen sehr international ausgerichtet sind. Der Mittelwert der Kennzahl Auslandsumsatz zu Gesamtumsatz liegt bei 0,32; einige Unternehmen gaben an, praktisch ihren gesamten Umsatz im Ausland zu erzielen. Andererseits erzielten 37 Sample-Unternehmen im Geschäftsjahr 2000 keinerlei Umsätze im Ausland. Tabelle 3: Prüfungsgesellschaften im Sample und am Neuen Markt insgesamt Untersuchungssample Neuer Markt insgesamt Anzahl in % Anzahl In % Andersen 38 19 % 65 19 % KPMG 24 12 % 48 14 % Ernst & Young 24 12 % 43 12 % PwC 23 11,5 % 44 13 % Deloitte & Touche 7 3,5 % 10 3% Sonstige 84 42 % 134 39 % Insgesamt 200 100 % 344 100 % Quellen: Geschäftsberichte (Untersuchungssample); Ballwieser 2001 (Neuer Markt insgesamt); den Gesellschaften Andersen, KPMG, Ernst & Young, PwC und Deloitte & Touche sind ausländische Prüfer zugeordnet, die dem jeweiligen Konzern bzw. Netzwerk angehören. Tabelle 3 gibt einen Überblick über die Abschlussprüfer der in die Untersuchung einbezogenen Unternehmen sowie die Verteilung der Prüfer am Neuen Markt insgesamt (nach Ballwieser 2001). Während der Markt für die Prüfung großer deutscher Aktiengesellschaften (z.B. Dax-100Unternehmen) von nur zwei Gesellschaften (PwC und KPMG) dominiert wird, verteilt sich die Prüfung am Neuen Markt auf eine Vielzahl von – 31 – Prüfern, darunter auch zahlreiche mittelgroße und kleine Gesellschaften. Die fünf großen Prüfungsgesellschaften („Big 5“) decken zusammen nur 58 % der Unternehmen unseres Samples ab. Den größten Marktanteil hält Andersen (19 %), gefolgt von KPMG (12 %), Ernst & Young (12 %) und PwC (11,5 %); Deloitte & Touche spielt eine relativ geringe Rolle mit einem Marktanteil von nur 3,5 %. Tabelle 3 belegt, dass die Verteilung der Prüfer in unserem Sample sehr stark der Verteilung im gesamten 43 Neuen Markt ähnelt. Während die Mehrzahl der Sample-Unternehmen deutsche Unternehmen sind, handelt es sich bei 35 Unternehmen um „foreign registrants“, d.h. 44 um Unternehmen mit Firmensitz im Ausland. Die meisten dieser Unternehmen stammen aus Österreich (11 Unternehmen), den Niederlanden 45 und den USA (jeweils 6), der Schweiz (4) und Israel (3). 16 der Unternehmen des Samples sind auch an anderen Börsen gelistet, 46 zehn davon weisen eine Zweitnotierung an US-Börsen auf. Neun dieser zehn Unternehmen erstellen Jahresabschlüsse nach US-GAAP, ein Unternehmen veröffentlicht einen IAS-Abschluss sowie eine Überleitungsrechnung für Ergebnis und Eigenkapital. 43 44 45 46 Interessant ist, dass die „Big-5“-Gesellschaften überdurchschnittlich stark in der Prüfung von Unternehmen engagiert sind, die US-GAAP-Abschlüsse vorlegen: 72 (62,1 %) der 116 „Big-5“-Kunden nutzen US-GAAP, nur 44 (37,9 %) wenden IAS an. Entsprechend sind bei den kleineren, regionalen Prüfern IAS-Anwender überrepräsentiert: 56 (66,7 %) der 84 Unternehmen, die von kleineren Prüfergesellschaften geprüft werden, publizieren IAS-Abschlüsse, nur 28 (33,3 %) verwenden US-GAAP. Der Anteil von 17,5 % ausländischer Unternehmen im Sample entspricht recht genau dem Anteil von 16,6 % in der Grundgesamtheit. Da die ausländischen Unternehmen am Neuen Markt meist größer sind als der Durchschnitt, machen sie zusammen 29,5 % der gesamten Marktkapitalisierung aus (Oktober 2001). Zu Einzelheiten siehe DZ Bank 2001. Anzumerken ist, dass das Konzept des Herkunftslandes eines Unternehmens durchaus nicht unproblematisch ist, da Unternehmen ihren juristischen Sitz in einem Land haben können, während ihre Wertschöpfungsprozesse in anderen Ländern stattfinden. Brainpower N.V., ein „ausländisches“ Unternehmen unseres Sample, hat beispielsweise seinen Sitz in Holland, obwohl es in diesem Land keine Aktivitäten ausübt. BB Biotech AG und BB Medtech AG, zwei andere Unternehmen unseres Samples, sind in der Schweiz ansässig, konzentrieren ihre Aktivitäten jedoch auf die USA. Insgesamt gibt es am Neuen Markt 28 Unternehmen mit Zweitnotierungen an ausländischen Börsen und 16 Unternehmen, die in den US gelistet sind. – 32 – B. Untersuchungsmethodik: Ableitung eines Disclosure Compliance Index (DIS) Die Vorgehensweise zur Auswertung der Jahresabschlüsse folgt den Studien von Cooke (1989, 1991, 1992), Street/Bryant (2000) und Street/Gray (2001). Da sich die vorliegende Arbeit mit den Ausweispflichten nach IAS und nach US-GAAP beschäftigt, wurden zunächst zwei Checklisten mit den jeweiligen Offenlegungsanforderungen entwickelt. Grundlage dafür war die von Ernst & Young (2000) herausgegebene Publikation 47 IAS/US-GAAP Comparison. Die Checkliste der Ausweispflichten nach IAS umfasst insgesamt 153 geforderte Einzelangaben, die entsprechende 48 US-GAAP-Liste besteht aus 144 geforderten Angaben. Die beiden Checklisten sind zwar nicht völlig identisch, aber sehr ähnlich. Tabelle 4 gibt einen Überblick über die in den Checklisten erfassten Ausweispflichten. Auf der Basis der Checklisten wurden die Abschlüsse der Neue-MarktUnternehmen ausgewertet. Es wurde im einzelnen geprüft, ob die geforderten Angaben von den Unternehmen tatsächlich publiziert wurden. War dies der Fall, wurde für das entsprechende Item der Checkliste eine „1“ eingegeben. Falls eine Information nicht nachzuweisen war, musste durch eine sorgfältige Analyse des gesamten Geschäftsberichts weiter untersucht werden, ob die jeweilige Offenlegungsregelung von der betreffenden Unternehmung anzuwenden war oder nicht. War die Anforderung zutreffend, wurde die fehlende Einzelangabe in der Checkliste mit einer „0“ kodiert, andernfalls erfolgte ein Eintrag „nicht zutreffend“. 47 48 In Bezug auf US-GAAP wurden alle Statements of Financial Accounting Standards, alle APB Opinions, alle Accounting Research Bulletins sowie alle Abstracts der Emerging Issues Task Force ausgewertet; Offenlegungspflichten, die sich nicht aus diesen US-GAAP i.e.S. ergeben, sondern darüber hinaus von der SEC im Zuge ihrer Publizitätsanforderungen für in den USA gelistete Unternehmen definiert werden, wurden nicht in die Checkliste aufgenommen. Erfasst wurden zunächst alle Ausweisvorschriften, die nach IAS bzw. US-GAAP für das Geschäftsjahr 2000 anzuwenden waren. Anschließend wurden einzelne Angabepflichten aus den Checklisten entfernt, bei denen es für Außenstehende unmöglich war zu beurteilen, ob sie vom jeweiligen Unternehmen anzuwenden waren. Einige weitere Ausweispflichten wurden eliminiert, da sie von den Sample-Unternehmen nicht bzw. nur in wenigen Ausnahmefällen anzuwenden sind (bspw. verwenden Neue-Markt-Unternehmen nicht die nach IAS 16 bestehende Möglichkeit der Neubewertung des Sachanlagevermögens). – 33 – Tabelle 4: Ausweispflichten nach IAS und US-GAAP: Themenbereiche Ausweispflichten – Themenbereiche Gewinnrealisierung Konzernabschlüsse / Bilanzierung von Anteilen an Tochterunternehmen Bilanzierung von Anteilen an assoziierten Unternehmen Unternehmenszusammenschlüsse Interessenzusammenführung / Pooling of Interest Akquisitionen / Erwerbsmethode Goodwill-Bilanzierung Währungsumrechnung Immaterielle Vermögensgegenstände Sachanlagevermögen Wertminderungen Fremdkapitalkosten Forschung und Entwicklung Finanzinstrumente Vorräte Leasing Steuern Rückstellungen und Eventualverbindlichkeiten Eigenkapital Mitarbeiteraktienprogramme Bilanzierung von Pensionskosten und anderen Altersversorgungsleistungen Erfolgsrechnung / Reporting financial performance Einstellung von Bereichen Außerordentliches Ergebnis Eigenkapitalveränderungsrechnung / Comprehensive income Ergebnis je Aktie Kapitalflussrechnung Segmentberichterstattung Ereignisse nach dem Bilanzstichtag – 34 – Nach Abschluss der Datensammlung wurde für jedes Unternehmen ein Disclosure Compliance Index (DIS) berechnet, indem die tatsächlich publizierten Angaben durch die Gesamtzahl der jeweils offenzulegenden Ein49 zelangaben geteilt wurde. Für Unternehmen, die alle auf sie zutreffenden Anforderungen erfüllen, ist der Index gleich 1; erfüllt ein Unternehmen nur die Hälfte der zutreffenden Publizitätsanforderungen, nimmt der DIS den Wert 0,5 an. Zur Methodik der Untersuchung sind die folgenden beiden Anmerkungen zu machen. Die vorliegende Studie konzentriert sich auf die Frage der Einhaltung der Offenlegungspflichten am Neuen Markt. Es wäre darüber hinaus von großem Interesse, auch den Bereich der Bilanzierung und Bewertung zu analysieren, da zu erwarten ist, dass bilanzpolitische Ziele von den Unternehmen vor allem durch eine gezielte Ergebnispolitik angestrebt werden. Allerdings ist es für außenstehende Analysten und Forscher praktisch unmöglich, mit einer vergleichbaren Methodik die Vollständigkeit und Richtigkeit der Bilanzierung und Bewertung von Unter50 nehmen systematisch und zuverlässig zu beurteilen. Zweitens ist zu betonen, dass die zuvor geschilderte Vorgehensweise zur Ableitung des Disclosure Compliance Index tendenziell zu einer eher positiven Beurteilung der Offenlegungspraxis der Neue-Markt-Unternehmen führt. Dies liegt daran, dass bei fehlenden Angaben ohne Zugang zu internen Informationen zum Teil nicht eindeutig festzustellen ist, ob die betreffenden Unternehmen zur Publizität verpflichtet sind oder nicht und im Zweifelsfall eine Kodierung mit „nicht zutreffend“ erfolgt. Aus diesem Grund ist davon auszugehen, dass mit der hier angewandten Analysemethode nur die offensichtlichsten Verstöße gegen die Offenlegungsanforderungen nach IAS und US-GAAP erfasst werden und die tatsächlich am Neuen Markt vorherrschende Compliance überschätzt wird. 49 50 Der Disclosure Compliance Index beruht folglich auf einer Gleichgewichtung aller nach IAS bzw. US-GAAP geforderten Einzelangaben. Vgl. Küting (2001) sowie Küting/Zwirner (2002), die sich kritisch mit ausgewählten Fragen der Bilanzierung und Bewertung in mehreren Branchen des Neuen Markts auseinandersetzen. – 35 – C. Sonstige Daten Die Daten für die Wahl der Rechnungslegungssysteme, der Prüfergesellschaften sowie der Prüfungsstandards wurden den Geschäftsberichten der Neue-Markt-Unternehmen für das Geschäftsjahr 2000 entnommen. Die Marktkapitalisierung der Unternehmen sowie Bilanzkennzahlen entstammen der Bloomberg-Datenbank. Die Daten beziehen sich auf das Geschäftsjahr 2000 bzw. auf den Stichtag 29. Dezember 2000. Branchendaten, Informationen über Zweitnotierungen an ausländischen Börsen und Angaben zu den Notierungen durch ausländische Unternehmen wurden von der Deutsche Börse AG zur Verfügung gestellt. – 36 – V. Untersuchungsergebnisse A. Einhaltung der Offenlegungsanforderungen In Tabelle 5 sind die wichtigsten Ergebnisse zur Einhaltung der Offenlegungsanforderungen zusammengefasst. Dargestellt sind der Mittelwert sowie die Standardabweichung, der Median und die Extremwerte für den Disclosure Compliance Index (DIS), wobei diese Ergebnisse zunächst für das gesamte Untersuchungssample ausgewiesen werden und anschließend separat für die Teilsamples der Unternehmen, die nach IAS und nach US-GAAP bilanzieren. Tabelle 5: Disclosure Compliance Index: Untersuchungsergebnisse n Mittelwert Stand.abwg. Median Min. Max. DIS – alle SampleUnternehmen 200 0,837 0,114 0,859 0,416 1,000 DIS – nur IASUnternehmen 100 0,809 0,111 0,812 0,416 1,000 DIS – nur IASUnternehmen, außer in USA gelistete Unternehmen 99 0,807 0,110 0,811 0,416 1,000 DIS – nur US-GAAP100 Unternehmen 0,866 0,110 0,904 0,524 0,988 DIS – nur US-GAAPUnternehmen, außer in USA gelistete Unternehmen 91 0,857 0,111 0,891 0,524 0,985 DIS – Unternehmen mit Zweitnotierung in USA 10 0,963 0,027 0,969 0,915 1,000 Der Durchschnittswert des DIS über alle in die Untersuchung einbezogenen Unternehmen beträgt 0,837; das heißt im Durchschnitt erfüllen die Neue-Markt-Unternehmen 83,7 % der Publizitätsanforderungen nach IAS – 37 – und US-GAAP. Nur zwei der 200 Unternehmen erfüllen ordnungsgemäß alle auf sie zutreffenden Offenlegungserfordernisse (DIS = 1,0), und insgesamt 31 Unternehmen kommen 95 % oder mehr ihrer Ausweispflichten nach (DIS ≥ 0,95). Auf der anderen Seite des Spektrums findet sich ein Unternehmen, dessen Jahresabschluss nur 41,6 % der erforderlichen Angaben enthält; in zwei weiteren Fällen liegen die Werte unter 0,50, und insgesamt neun Unternehmen weisen DIS-Werte von weniger als 0,60 auf. Die Mehrheit der Unternehmen publiziert zwischen 60 % und 90 % der nach IAS und US-GAAP verlangten Angaben. Unser Untersuchungsergebnis ist vergleichbar mit den Resultaten einer im Jahr 1999 durchgeführten internen Studie der Deutsche Börse AG über die Qualität der Quartalsberichte am Neuen Markt. Die Börse untersuchte, ob die im November/Dezember 1999 vorgelegten Quartalsabschlüsse von 54 Sample-Unternehmen den Anforderungen von IAS 34 (Interim Financial Reporting), APB 28 (Interim Financial Reporting) oder des Regelwerks Neuer Markt gerecht wurden. Basierend auf einem Punktesystem wurde festgestellt, dass „ein Großteil der betrachteten Unternehmen lediglich zwischen 60 und 90 Prozent der geforderten Pflicht51 angaben offen legen.“ Eine Folgeuntersuchung von d’Arcy und Gra- bensberger (2001) gelangt zu dem Befund, dass „die Mehrheit der Unternehmen eine Berichtsgüte auf[weist], welche zwischen 40 % und 75 % 52 variiert. Dies wird sowohl für die Jahre 1999 und 2000 beobachtet.“ Unternehmen, die Jahresabschlüsse nach US-GAAP erstellen, weisen im Durchschnitt ein höheres Maß an Compliance auf als Unternehmen, die IAS-Abschlüsse vorlegen (0,866 versus 0,809). Dieser Unterschied ist sta- 51 52 d’Arcy 2001, S.173. d’Arcy/Grabensberger 2001, S.1477. Interessant ist in diesem Zusammenhang auch die Beurteilung der Informationsqualität der Geschäftsberichte von NEMAX-50Unternehmen durch Küting (2001). Auf einer Bewertungsskala mit maximal 300 Punkten erreichten die NEMAX-Unternehmen mit ihren Geschäftsberichten für das Jahr 2000 eine durchschnittliche Bewertung von 170 Punkten (Vorjahr: 133 Punkte). Die Geschäftsberichte einer Vergleichsgruppe von Unternehmen aus dem DAX30 wurde hingegen mit durchschnittlich 244 Punkten beurteilt. – 38 – 53 tistisch signifikant (t = 3,744, df = 198; p < 0,001). Wie in Tabelle 5 dargestellt, befolgen vor allem die zehn in den USA gelisteten Unternehmen die Offenlegungsregeln recht genau; der DIS liegt hier im Mittel bei 0,963, das Minimum bei 0,915. Deutlich wird schließlich, dass der Unterschied zwischen den US-GAAPund den IAS-Unternehmen nicht ausschließlich auf die hohe Berichtsgüte der Unternehmen mit einem Cross Listing in den USA zurückzuführen ist: Vergleicht man die beiden Sub-Samples jeweils ohne die in den USA gelisteten Unternehmen, liegt der durchschnittliche Disclosure Compliance Index der US-GAAP-Bilanzierer immer noch signifikant über dem der IAS-Unternehmen (0,857 gegenüber 0,807; t = 3,113, df = 188, p = 0,002). Die Ergebnisse der Studie sind somit für die IAS-Rechnungslegung und für das IASB besorgniserregend, da sie in gewissem Maße die verbreitete Meinung stützen, die IAS seien im Laufe der vergangenen Jahre zwar zu einem umfassenden und qualitativ hochwertigen Rechnungslegungssystem herangereift, das jedoch an einem Durchsetzungsproblem leide und im Vergleich zum System der US-GAAP als weniger streng empfunden 54 werde. Trotz dieser Feststellung ist zu betonen, dass die Publizität auch der USGAAP-Unternehmen am Neuen Markt deutliche Defizite aufweist. Wie in Tabelle 5 gezeigt, erfüllen Unternehmen, die Jahresabschlüsse nach USGAAP erstellen, im Mittel nur 86,6 % der auf sie zutreffenden Offenlegungsanforderungen. Nicht ein einziges US-GAAP-Unternehmen kommt allen Ausweispflichten nach, und der niedrigste DIS-Wert in dieser Gruppe liegt bei 0,524, d.h. bei einem Offenlegungsniveau von nur knapp über 50 %. Die Studie zeigt somit, dass auch die US-amerikanischen Rechnungslegungsstandards einem erheblichen Durchsetzungsproblem ausgesetzt sind, wenn sie außerhalb der USA angewendet werden 53 54 Auch in der internen Studie der Deutsche Börse AG zur Quartalsberichterstattung schnitten die US-GAAP-Unternehmen insgesamt etwas besser ab; siehe d’Arcy 2001, S. 173. Vgl. z.B. Leuz 2000, S. 1 u. 8, m.w.N. – 39 – und die betreffenden Jahresabschlüsse nicht der Aufsicht der SEC unterworfen sind. Welche inhaltlichen Bereiche der Offenlegung sind für die Unternehmen des Neuen Markts besonders problematisch? In Übereinstimmung mit früheren Studien (Street/ Bryant 2000, Street/Gray 2001) zeigt sich, dass IAS-Anwender überdurchschnittlich häufig gegen die Publi- zitätsvorschriften in Bezug auf Pensionsrückstellungen, Leasing, Finanzinstrumente, Forschung und Entwicklung sowie Ergebnis je Aktie verstoßen. Unternehmen, die nach US-GAAP bilanzieren, weisen Schwachstellen vor allem in den Bereichen Unternehmenszusammenschlüsse, 55 Fremdkapitalkosten, Finanzinstrumente und Steuern auf. B. Determinanten der Compliance Die oben vorgestellten Ergebnisse belegen, dass das Ausmaß der Einhaltung bzw. Verletzung der Offenlegungspflichten nach IAS und US-GAAP durch die Unternehmen des Neuen Markts sehr unterschiedlich ist. Das Spektrum reicht von einigen wenigen Unternehmen, die allen Ausweispflichten nachkommen, bis hin zu Unternehmen, die weniger als die Hälfte der von ihnen geforderten Angaben veröffentlichen. In einem zweiten Schritt der empirischen Analyse soll nun überprüft werden, von welchen Faktoren die Einhaltung der Offenlegungsvorschriften am Neuen Markt abhängig ist. Es soll mit anderen Worten nach den Determinanten gefragt werden, die dafür verantwortlich sind, dass manche Unternehmen ein hohes Maß an Compliance beweisen, während andere eine sehr geringe Bereitschaft zeigen, die Publizitätsvorschriften nach IAS oder USGAAP zu befolgen. In Abschnitt III wurden fünf Hypothesen über die wichtigsten Einflussfaktoren der Einhaltung der Offenlegungsvorschriften abgeleitet. Diese Hypothesen werden nun mit Hilfe einer multiplen Regressionsrechnung getestet. Die abhängige Variable ist dabei der Disclosure Compliance Index, die unabhängigen Variablen werden durch die fünf Hypothesen H-1 55 Zu den besonderen Problemen der Bilanzierung am Neuen Markt siehe auch Küting 2001, insbes. S. 126ff. – 40 – bis H-5 bestimmt (siehe oben, Tabelle 1). Die mit Hilfe der OLS-Methode 56 zu schätzende Gleichung lautet folglich: DISi = β0 + β 1WAHLi + β 2GRÖSSEi + β 3PRÜFERi + β 4PRÜFSTANDi + β5LISTINGi + εi wobei DISi sowie WAHLi, GRÖSSEi etc. die Ausprägungen der abhängigen und der unabhängigen Variablen für die Unternehmen des Samples sind (mit i = 1, 2, 3, ..., 200), und β0 bis β5 die Regressionsparameter und εi den Störterm darstellen. Die Ergebnisse der Regressionsschätzung sind in Tabelle 5 zusammengefasst. Für jede der erklärenden Variablen sind der Regressionskoeffizient, der t-Wert und der p-Wert angegeben. Der im unteren Teil der Tabelle aufgeführte F-Wert von 17,9863 ist hochsignifikant (p < 0,001), was darauf hindeutet, dass das Modell in seiner Gesamtheit gut spezifiziert ist. 2 Der Wert von 0,299 für R (adj), also für das um die Zahl der Variablen und Freiheitsgrade korrigierte Bestimmtheitsmaß, ist angesichts der explorativen Natur der vorliegenden Forschungsarbeit zufriedenstel57 lend. 56 57 Zu den Besonderheiten von Regressionsrechnungen mit Dummy-Variablen siehe genauer Hardy 1993. Die Korrelationen zwischen den fünf unabhängigen Variablen sind mit einem durchschnittlichen Korrelationskoeffizienten von 0,156 und einem maximalen Wert von 0,283 eher unauffällig. Zu beachten ist dabei, dass es sich bei einigen der Variablen um dichotome Variablen (Dummy-Variablen) handelt und dass Korrelationskoeffizienten, die zwischen zwei dichotomen Variablen (Phi-Koeffizienten) oder zwischen dichotomen und kardinal skalierten Variablen (punkt-biserielle Koeffizienten) berechnet werden, bestimmte Besonderheiten aufweisen. Insbesondere sind derartige Koeffizienten nicht notwendigerweise um Null symmetrisch und ihr Vorzeichen ist irrelevant, da es von der Kodierung der dichotomen Variablen abhängt. Zu Einzelheiten siehe Diehl/Kohr 1994. – 41 – Tabelle 6: Determinanten der Einhaltung von Ausweispflichten gemäß IAS und US-GAAP Schätzergebnisse Variable Regressionskoeffizient t-Wert p-Wert KONSTANTE 0,791 (27,602) [0,000] WAHL 0,025 (1,778) [0,077] GRÖSSE -0,003 (-0,538) [0,591] PRÜFER 0,108 (7,388) [0,000] PRÜFSTAND -0,039 (-2,801) [0,006] LISTING 0,095 (2,879) [0,004] 200 N R2 (adj.) 0,299 F-Wert 17,9863 Sig (F-Wert) 0,000 Im einzelnen erweisen sich vier der fünf unabhängigen Variablen als statistisch signifikant. Lediglich die Unternehmensgröße liefert keinen signifikanten Beitrag zur Erklärung des Maßes der Einhaltung der IAS- und US-GAAP-Offenlegungspflichten durch die Unternehmen des Neuen 58 Markts. Ein Ausschluss der Variablen GRÖSSE aus der Regression führt zu einem merklichen Anstieg des F-Werts (F = 22,497) und zu einem 2 R (adj) in Höhe von 0,302. Der mit Abstand wichtigste erklärende Faktor ist PRÜFER. Wie vermutet (H-3), befolgen Neue-Markt-Unternehmen, die von „Big-5“-Gesellschaf58 Es sei nochmals darauf hingewiesen, dass die Variable GRÖSSE durch den natürlichen Logarithmus der Unternehmenswerte (Marktwert des Eigenkapitals plus Buchwert der Verbindlichkeiten) operationalisiert wird. Alternativ durchgeführte Rechnungen mit Mitarbeiter- oder Umsatzzahlen erbrachten ebenfalls keine signifikanten Ergebnisse, niedrigere F-Werte deuten jedoch auf eine insgesamt geringere Aussagefähigkeit der Modellierungen. – 42 – ten geprüft werden, die Offenlegungsanforderungen nach IAS und USGAAP genauer als Unternehmen, die von kleineren Abschlussprüfern geprüft werden. Den Ergebnissen der Studie zufolge ist ein Wechsel von einer kleinen Prüfungsgesellschaft zu einer der „Big-5“-Gesellschaften unter sonst gleichen Bedingungen im Durchschnitt mit einem Anstieg des 59 Disclosure Compliance Index um 10,8 % verbunden. Es ist von offensichtlichem Interesse, weiter zu untersuchen, ob systematische Unterschiede in der Berichtsgüte von Unternehmen festzustellen sind, die von unterschiedlichen „Big-5“-Gesellschaften geprüften werden. Wie zuvor dargelegt, spielen vier der fünf großen Prüfungsgesellschaften (Andersen, KPMG, Ernst & Young, PwC) eine bedeutsame Rolle am Neuen Markt. Tabelle 6 zeigt die durchschnittlichen DIS-Werte für die NeueMarkt-Unternehmen, die von diesen vier Gesellschaften geprüft werden. Die Ergebnisse werden in anonymisierter Form präsentiert. Um eine Identifikation der Gesellschaften zu verhindern, sind auch die (Teil-) Stichprobenumfänge nicht angegeben. Tabelle 7: Einhaltung der Offenlegungsanforderungen durch „Big-5“Klienten am Neuen Markt Mittelwert Standardabweichung Minimum Maximum DIS – Big-5-Gesellschaft A 0,914 0,075 0,725 1,000 DIS – Big-5-Gesellschaft B 0,904 0,061 0,731 0,989 DIS – Big-5-Gesellschaft C 0,873 0,098 0,577 0,985 DIS – Big-5-Gesellschaft D 0,850 0,101 0,641 0,988 DIS – Non–Big-5-Gesellschaften 0,770 0,112 0,416 0,969 Man kann anhand der Ergebnisse in Tabelle 6 erkennen, dass in allen vier „Big-5“-Klientengruppen die Ausweispflichten im Durchschnitt genauer beachtet werden als im Teilsample jener Neue-Markt-Unterneh59 Zur Interpretation der Regressionskoeffizienten bei Regressionsrechnungen mit Dummy-Variablen siehe Hardy 1993, S. 20f. – 43 – men, die von den kleineren und nur regional bzw. national tätigen Wirtschaftsprüfungsgesellschaften geprüft werden. Zweitens zeigen sich aber durchaus auch Unterschiede zwischen den Unternehmen, die von verschiedenen „Big-5“-Gesellschaften geprüft werden. Zwei der „Big-5“Gesellschaften (A, B) weisen sowohl hinsichtlich der durchschnittlichen Compliance der von ihnen geprüften Unternehmen als auch hinsichtlich der Varianz der Ergebnisse eine bessere Performance auf als die beiden anderen Gesellschaften (C, D). Die Mittelwert-Unterschiede zwischen den Disclosure Compliance Indices der vier Gruppen sind statistisch sig60 nifikant (ANOVA; F = 3,325; df = 3; p = 0,023). Die Ergebnisse unserer Regressionsrechnung zu den Determinanten der Compliance (Tabelle 5) zeigen weiter, dass auch unter Berücksichtigung weiterer relevanter Faktoren das Maß der Einhaltung der Offenlegungsanforderungen für IAS-Unternehmen geringer ist als für US-GAAPUnternehmen. Der entsprechende Regressionskoeffizient ist auf dem 10 %-Niveau statistisch signifikant (b = 0,025; t = 1,778; p = 0,077). Wie vorhergesagt (Hypothese H-5), werden die Offenlegungsanforderungen von Neue-Markt-Unternehmen, die eine Zweitnotierung an einer amerikanischen Börse (New York Stock Exchange oder NASDAQ) aufweisen und damit der Aufsicht der SEC unterliegen, deutlich genauer beachtet als von den anderen Unternehmen. In der multivariaten Regression, in der neben anderen Variablen auch die Wahl der Unternehmen zwischen IAS und US-GAAP in Form einer Dummy-Variablen berücksichtigt ist, zeigt sich, dass mit einem Cross Listing in den USA im Durchschnitt ein um 9,5 % höheres Compliance-Niveau verbunden ist. Dieses Ergebnis unterstreicht die Bedeutung einer effektiven Kapitalmarktaufsicht für die Durchsetzung von Rechnungslegungsnormen in der Praxis. Die in Abschnitt III abgeleitete Hypothese H-4 besagt, dass das Maß der Einhaltung der Offenlegungspflichten nach IAS und US-GAAP höher [ist], wenn im Bestätigungsvermerk auf die Anwendung von ISA oder US 60 Bei fast allen „Big-5“-Gesellschaften ist, wie bereits berichtet, ein gewisses Übergewicht an Unternehmen festzustellen, die US-GAAP einsetzen. Darüber hinaus zeigen sich keine besonderen Auffälligkeiten hinsichtlich der Verteilung der Prüfergesellschaften auf die IAS- und US-GAAP-Nutzer. – 44 – GAAS verwiesen wird. Diese Hypothese wird durch die Untersuchungsergebnisse nicht bestätigt. Zwar erweist sich die Variable PRÜFSTAND in der Regression als signifikant, der zugehörige Regressionskoeffizient hat jedoch ein negatives Vorzeichen, d.h. entgegen unserer Vorhersage ist die Compliance der Neue-Markt-Unternehmen tendenziell niedriger, wenn die Abschlussprüfung gemäß ISA oder US GAAS durchgeführt wurde (bzw. wenn im Bestätigungsvermerk auf die Beachtung der ISA oder US GAAS Bezug genommen wird). Eine nähere Untersuchung der Daten ergibt, dass zwischen den Variablen 61 PRÜFER und PRÜFSTAND zwar keine auffällige bivariate Korrelation, aber dennoch eine signifikante Wechselbeziehung zwischen den beiden Einflussgrößen und der abhängigen Variablen DIS besteht (ANOVA twoway interaction: F-value = 4,706; df = 1; p = 0,031): Während der Disclosure Compliance Index bei Neue-Markt-Unternehmen, die von „Big5“-Gesellschaften geprüft werden, nicht davon beeinflusst wird, ob die Prüfung gemäß ISA, US GAAS oder ausschließlich nach anderen, lokalen Prüfungsstandards erfolgt (DIS = 0,889 gegenüber 0,884; t = 0,327; p = 0,744), ist bei den Klienten kleinerer Wirtschaftsprüfungs-Gesellschaften das Maß der Einhaltung der Offenlegungspflichten deutlich geringer, wenn sich im Bestätigungsvermerk ein Hinweis auf ISA oder US GAAS findet (DIS = 0,729 gegenüber DIS = 0,796; t = 2,776; p = 0,007). Die negative Beziehung zwischen der Publizitätsgüte und dem Verweis auf ISA oder US GAAS bei den von kleineren Wirtschaftsprüfungs-Gesellschaften geprüften Neue-Markt-Unternehmen ist ein beunruhigender und schwer zu interpretierender Befund. Offenkundig sind weitere Forschungsbemühungen erforderlich, um die Qualität der Wirtschaftsprüfung im Neuen Markt insgesamt sowie insbesondere die von (kleineren) 61 Genauer: Von den 116 „Big-5“-Prüfern verweisen 52 ausschließlich auf lokale (meist deutsche) Prüfungsstandards, während in 64 Fällen der Bestätigungsvermerk (auch) Hinweise auf ISA oder US GAAS enthält. Von den 84 kleineren, regionalen Prüfungsgesellschaften verweisen 51 ausschließlich auf lokale Prüfungsstandards, 33 (auch) auf ISA oder US GAAS. – 45 – Prüfungsgesellschaften gemachten Behauptungen hinsichtlich der ver62 wendeten Prüfungsstandards genauer zu untersuchen. C. Stabilität des Erklärungsmodells: Einfluss weiterer Variablen Im Rahmen der empirischen Untersuchung wurde weiter geprüft, ob die im voranstehenden Abschnitt vorgestellten Ergebnisse durch Drittvariablen beeinflusst oder verzerrt werden. Einige dieser Variablen sind in der bisherigen Literatur zur Unternehmenspublizität und Compliance diskutiert worden, andere könnten unter den spezifischen Rahmenbedingungen des Neuen Markts eine Wirkung auf die Publizitätsgüte und die Einhaltung der Offenlegungsvorschriften ausüben. Cairns (1999) argumentiert, dass Zusammenhänge zwischen den Herkunftsländern von Unternehmungen und Verstößen gegen IAS- Vorschriften existieren, und Street/Gray (2001) konnten in ihrer internationalen Studie zur Compliance mit IAS in der Tat bestimmte Ländereffekte feststellen. Wie bereits erwähnt, haben 35 unserer 200 Sampleunternehmen ihren Firmensitz im Ausland. Da diese sich auf zahlreiche Herkunftsländer verteilen (siehe oben, S. 31), ist es nicht möglich, länderspezifische Einflüsse auf die Einhaltung der Ausweispflichten zu überprüfen. Wir testen jedoch, ob sich ausländische Unternehmen als Gruppe hinsichtlich ihrer Compliance von deutschen Unternehmen unterscheiden (Variablenbezeichnung: AUSLAND). Empirische Arbeiten konnten bislang keine systematischen Zusammenhänge zwischen bestimmten Branchen und der Publizitätsgüte von Un63 ternehmen nachweisen. Die Unternehmen des Neuen Markts besitzen zudem einige gemeinsame Eigenschaften – es handelt sich um junge, innovative Wachstumsfirmen –, so dass die Bedeutung von Branchenunterschieden in diesem Kapitalmarktsegment noch stärker eingeschränkt sein 62 63 Vgl. hierzu auch Ballwieser 2001. Vgl. Cooke 1991, 1992; Meek et al. 1995; Inchausti 1997. Während Street/Bryant (2000) keine Hinweise auf Brancheneffekte finden, deuten die Ergebnisse von Street/Gray (2001) darauf hin, dass Unternehmen des Handels und der Transportindustrie IAS-Vorschriften genauer einhalten als der Durchschnitt der Unternehmen. – 46 – mag. Dennoch wird von uns überprüft, ob die Branchenzuordnung der Sampleunternehmen hilft, die Verteilung des Disclosure Compliance Index zu erklären. Eine weitere Variable, die in der Literatur als mögliche Determinante der Offenlegungspolitik und der Compliance diskutiert wird, ist die Rentabili64 tät. Bisherige Studien erbrachten hierzu widersprüchliche Ergebnisse. Im Rahmen unserer Untersuchung haben wir geprüft, ob ein Zusammenhang zwischen der Einhaltung der IAS- und US-GAAP-Offenlegungsanforderungen durch die Neue-Markt-Unternehmen und ihrer Eigenkapitalrentabilität (Jahresergebnis vor Steuern zu Eigenkapital, ROE) besteht. Obwohl es sich bei den Unternehmen des Neuen Markts tendenziell um junge Unternehmen handelt, sind viele von ihnen bereits intensiv auf ausländischen Märkten aktiv. Wie oben dargestellt, erzielten NeueMarkt-Unternehmen im Geschäftsjahr 2000 im Durchschnitt 32 % ihres Umsatzes im Ausland (siehe S. 30). Es ist zu vermuten, dass der zum Teil sehr schnelle Internationalisierungsprozess die Rechnungslegung der Unternehmen vor (zusätzliche) Probleme gestellt hat (z.B. Sprach- und Währungsprobleme, Systemintegration, unterschiedliche Rechnungslegungsstandards). Wir überprüfen daher, ob der Internationalisierungsgrad einen Einfluss auf die Einhaltung der Offenlegungsvorschriften ausübt. Wie in empirischen Studien üblich, wird die Variable INTERNAT durch den Auslandsumsatzanteil (Umsatz im Ausland zu Gesamtumsatz) operationalisiert. Als weitere mögliche Determinanten der Einhaltung der Offenlegungsvorschriften bieten sich im Kontext des Neuen Markts der Free Float, das Alter sowie das bisherige und das erwartete künftige Wachstum der Unternehmen an. Zunächst zum Free Float: Es ist denkbar, dass Unternehmen, die von einzelnen Personen, beispielsweise von den Gründern oder 64 Singhvi/Desai (1971), Belkaoui/Kahl (1978), Wallace et al. (1994) und Wallace/Naser (1995) fanden Belege für Zusammenhänge zwischen der Rentabilität von Unternehmen und ihrem Publizitätsniveau. McNalley et al. (1982), Meek et al. (1995); Inchausti (1997) und Dumontier/Raffournier (1998) konnten diese Ergebnisse hingegen nicht bestätigen. Street/Bryant (2000) und Street/Gray (2001) fanden ebenfalls keinen Zusammenhang zwischen der Rentabilität der Unternehmen und ihrer Compliance mit IAS-Ausweispflichten. – 47 – ihren Familien dominiert werden, der Öffentlichkeit nur ungern umfassende und detaillierte Informationen bereitstellen. Unternehmen, die in stärkerem Maße vom Kapitalmarkt abhängig sind, da ihr Aktienkapital breit gestreut ist, werden hingegen möglicherweise zu einer investorfreundlichen Berichterstattung bereit sein. Um einen solchen Einfluss der Eigentumsverhältnisse auf die Publizitätsgüte der Unternehmen zu untersuchen, wird von uns der FREE FLOAT, also der Anteil am Aktienkapital der Neue-Markt-Unternehmen, der am Kapitalmarkt breit gestreut ist, als Variable in eine Regressionsrechnung aufgenommen. 65 Ein Faktor, der ebenfalls bestimmend für die Qualität der Bilanzierung und Offenlegung der Neue-Markt-Unternehmen sein kann, ist ihr Alter und ihre Reife. Einige Neue-Markt-Unternehmen existieren bereits seit vielen Jahren, andere wurden hingegen erst kurz vor ihrer Notierung am Neuen Markt gegründet. Das Management vieler Unternehmen ist daher unerfahren und mit den Herausforderungen der Führung börsennotierter Unternehmen nicht vertraut. In vielen Fällen haben sich die Unternehmensgründer – oft technologieorientierte „Erfindertypen“ – auf die Produkt- und Marktentwicklung konzentriert und dem vermeintlich unwichtigen Rechnungswesen kaum Beachtung geschenkt. Als Konsequenz sind die Rechnungslegungssysteme unterwickelt, die Qualität von Bilan66 zierung und Offenlegung leidet. Es könnte daher ein positiver Einfluss des Alters und der Reife der Unternehmen auf die Einhaltung der Offenlegungsanforderungen nach IAS und US-GAAP erwartet werden. Wir messen das ALTER der Neue-Markt-Unternehmen durch die Zahl der Jahre, die seit ihrer Gründung vergangen sind. Typischerweise sind die Unternehmen am Neuen Markt in den vergangenen Jahren mit Hilfe des internen Wachstum und über Mergers & Acquisitions schnell gewachsen. Während des High-Tech-Booms reagierten die Investoren sehr positiv auf hohe Wachstumszahlen, so dass die Unter65 66 Zu vermuten ist, dass vor allem auch Beteiligungen von institutionellen Anlegern oder von Investoren aus dem Ausland für die Qualität der Rechnungslegung von Bedeutung sind. Es ist jedoch nicht möglich, diese Vermutung empirisch zu überprüfen, da detaillierte Daten zu den Eigentumsverhältnissen der Neue-Markt-Unternehmen nicht vorliegen. Vgl. hierzu auch Küting/Zwirner 2001, S. 4f. – 48 – nehmen unter starkem Druck standen, Umsatzzuwächse zu erzielen, um ihre hohen Bewertungen aufrechtzuerhalten. Die Beziehung zwischen einem hohen Unternehmenswachstum und der Befolgung der Offenlegungsanforderungen ist nicht genau bestimmt. Auf der einen Seite können hohe Wachstumsraten, insbesondere externes Wachstum über Akquisitionen, Herausforderungen für das Management und Probleme für die Rechnungslegung zur Folge haben. Andererseits kann ein hohes Wachstumspotential meist nur mit Hilfe zusätzlicher Finanzmittel realisiert werden, und die entsprechenden künftigen Finanzierungsbedarfe können einen Anreiz für eine investororientierte, umfassende und zuverlässige Unternehmensberichterstattung sein. Wir verwenden daher zwei Maßgrößen für das Wachstum der NeueMarkt-Unternehmen. Die Variable WACHSTUM bezieht sich auf die bisherige Entwicklung der Unternehmen und ist definiert als Wachstumsrate des Umsatzes über den Dreijahreszeitraum von 1998 bis 2000. Das künftige Wachstumspotential der Unternehmen (W-OPTION) wird hingegen operationalisiert mit dem Quotienten aus dem Marktwert und dem Buch67 wert des Eigenkapitals. Die Relevanz der zusätzlichen Variablen wird mit Hilfe von Regressionsrechnungen untersucht, indem diese einzeln in das oben verwendete Grundmodell der Determinanten der Compliance (ohne die insignifikante Variable GRÖSSE) eingeführt werden. Die Testgleichungen haben somit 68 das folgende Aussehen: 67 68 Einige der Sample-Unternehmen erzielten im Jahr 1998 nur sehr geringe Umsätze, so dass sich für sie zum Teil extreme Wachstumswerte ergeben; um Ausreißer zu vermeiden, wurden die Werte für WACHSTUM auf maximal 20 begrenzt. Weiterhin wurde der Minimalwert für W-OPTION auf Null gesetzt, um einen negativen Wert für jene Unternehmung zu vermeiden, die in ihrem Konzernabschluss für 2000 ein negatives Eigenkapital ausweist. Zu den Quellen der verwendeten Daten: Wie bereits erwähnt, wurden die Daten über die Wahl der Unternehmen zwischen IAS und US-GAAP, die Wirtschaftsprüfer und die Verwendung der Prüfungsstandards aus den Geschäftsberichten entnommen; Daten für Zweitnotierungen im Ausland, die Herkunft die Branchen sowie das Alter der Gesellschaften wurden von der Deutsche Börse AG bereitgestellt; Angaben zum Free Float wurden von Börse Online sowie DZ Bank zur Verfügung gestellt; Bilanzdaten und Marktkapitalisierungen entstammen der Bloomberg-Datenbank, wobei die Informationen zum Internationalisierungsgrad, soweit möglich, durch telefonische Anfragen komplettiert wurden. – 49 – DISi = β0 + β 1WAHLi + β 2PRÜFERi + β 3PRÜFSTANDi + β 5LISTINGi + β5zusätzliche Variable + εi Die Ergebnisse der Schätzungen sind in Tabelle 7 dargestellt. Wiederum sind für alle Variablen die Regressionskoeffizienten, die t-Werte und pWerte angegeben. Die erste Spalte zeigt die Ergebnisse für das Grundmodell (Modell 1). In den folgenden acht Spalten sind die Ergebnisse für die Regressionen mit den zusätzlichen erklärenden Variablen aufgelistet (Modell 2 bis Modell 9). Die Ergebnisse zeigen, dass keine der zusätzlichen Variablen signifikant zur Erklärung der Einhaltung der IAS- und US-GAAP-Offenlegungspflichten am Neuen Markt beiträgt. Die F-Werte sind für die Modelle 2 bis 9 merklich niedriger als für Modell 1, den t-Tests zufolge ist kein einziger der Koeffizienten der zusätzlich eingeführten Variablen signifikant von Null verschieden. Weiterhin ist zu bemerken, dass die Schätzwerte für die Determinanten des Grundmodells (WAHL, PRÜFER, PRÜFSTAND, LISTING) über alle Modellspezifikationen hinweg kaum verändert sind. Mit nur einer Ausnahme (WAHL in Modell 4) sind alle Regressionskoeffizienten des Grundmodells in allen Gleichungen signifikant von Null verschieden. Es kann somit festgestellt werden, dass sich das vorgeschlagene Erklärungsmodell für die Einhaltung der Offenlegungspflichten nach IAS und US-GAAP am Neuen Markt als robust gegenüber alternativen Spezifikationen erweist. – 50 – Tabelle 8: Determinanten der Compliance: Der Einfluss zusätzlicher Variablen Modell 1 Modell 2 Modell 3 Modell 4 Modell 5 Modell 6 Modell 7 Modell 8 Modell 9 Konstante 0,777 (62,609) [0,000] 0,781 (30,185) [0,000] 0,778 (61,599) [0,000] 0,777 (62,114) [0,000] 0,785 (55,686) [0,000] 0,774 (38,103) [0,000] 0,789 (52,968) [0,000] 0,777 (57,848) [0,000] 0,777 (60,097) [0,000] WAHL 0,025 (1,756) [0,081] 0,024 (1,679) [0,095] 0,025 (1,750) [0,082] 0,022 (1,538) [0,126] 0,029 (1,932) [0,055] 0,025 (1,763) [0,079] 0,027 (1,906) [0,058] 0,025 (1,739) [0,084] 0,025 (1,747) [0,082] PRÜFER 0,107 (7,410) [0,000] 0,103 (6,954) [0,000] 0,106 (7,029) [0,000] 0,108 (7,444) [0,000] 0,109 (7,077) [0,000] 0,107 (7,176) [0,000] 0,105 (7,220) [0,000] 0,107 (7,392) [0,000] 0,107 (7,390) [0,000] -0,036 (-2,611) [0,010] -0,041 (-2,782) [0,006] -0,040 (-2,888) [0,004] -0,041 (-2,793) [0,006] -0,039 (-2,812) [0,005] -0,038 (-2,749) [0,007] -0,039 (-2,817) [0,005] -0,039 (-2,825) [0,005] -0,039 PRÜFSTAND (-2,834) [0,005] LISTING 0,091 0,084 (2,845) (2,609) [0,005] [0,010] BRANCHE 1 0,018 (0,592) [0,555] BRANCHE 2 -0,055 (-1,600) [0,111] BRANCHE 3 0,023 (0,818) [0,414] BRANCHE 4 -0,019 (-0,638) [0,524] BRANCHE 5 -0,015 (-0,498) [0,619] BRANCHE 6 0,002 (0,068) [0,946] AUSLAND ROE INTERNAT 0,089 0,091 0,099 0,089 0,088 0,091 0,092 (2,751) (2,828) (2,750) (2,647) (2,728) (2,780) (2,828) [0,007] [0,005] [0,007] [0,009] [0,007] [0,006] [0,005] 0,006 (0,316) [0,752] -0,007 (-1,277) [0,203] -0,028 (-1,179) [0,240] – 51 – Modell 1 Modell 2 Modell 3 Modell 4 Modell 5 Modell 6 Modell 7 Modell 8 Modell 9 0,009 (0,204) [0,838] FREE FLOAT -0,001 (-1,452) [0,148] ALTER 0,000 (0,124) [0,901] WACHSTUM 0,000 (-0,029) [0,977] W-OPTION 200 200 200 200 178 200 200 200 200 R (adj.) 0,302 0,315 0,298 0,304 0,303 0,298 0,306 0,298 0,298 F-Wert 22,479 10,153 17,934 18,382 16,384 17,917 18,521 17,909 17,905 Sig (FWert) 0,000 0,000 0,000 0,000 0,000 0,000 0,000 0,000 0,000 N 2 – 52 – VI. Zusammenfassung und Schlussfolgerungen Der Neue Markt startete im März 1997 mit nur zwei Unternehmen. Drei Jahre später konnte das neue Segment der Frankfurter Wertpapierbörse bereits knapp 250 Notierungen verzeichnen, bis zum Sommer 2001 war die Zahl sogar auf über 340 angewachsen. Die Aktien der meist jungen Wachstumsunternehmen wurden zunächst begeistert von den Anlegern nachgefragt, die Kurse stiegen steil an. Seitdem ist allerdings der weltweite „high-tech bubble“ kollabiert und mit ihm auch der Neue Markt. Die Aktienkurse sind dramatisch zurückgegangen, zahlreiche Unternehmen mussten Insolvenzverfahren einleiten, neue Emissionen finden praktisch nicht mehr statt. Während der frühere Erfolg des Segments teilweise mit den hohen und international ausgerichteten Bilanzierungs- und Offenlegungsanforderungen des „Regelwerk Neuer Markt“ begründet wurden, wird als ein Argument für seinen Niedergang nun ironischerweise ebenfalls die Rechnungslegung genannt: Hingewiesen wird auf die inadäquaten Systeme der Unternehmen, die Unerfahrenheit des Managements, die mangelhafte Berichtspraxis, die vielen Regelverstöße sowie auf die heterogene und zum Teil nicht hinreichende Qualität der Prüfung. Die Kritik an der Bilanzierung im Neuen Markt fügt sich ein in die seit längerem international geführte Debatte über eine strengere Durchsetzung von Rechnungslegungsstandards. Die Kritik an fragwürdigen Interpretationen und mangelnder Einhaltung von Vorschriften zielte bis vor kurzem vor allem auf IAS-Jahresabschlüsse. Infolge des Enron-Skandals ist allerdings auch die US-Bilanzierung in die Schusslinie geraten. Vor diesem Hintergrund wird in der vorliegenden Studie untersucht, in welchem Maße die Unternehmen des Neuen Markts die Offenlegungsvorschriften nach IAS und US-GAAP befolgen. Auf der Grundlage detaillierter Checklisten haben wir die Jahresabschlüsse des Geschäftsjahres 2000 von insgesamt 200 Unternehmen des Neuen Markts analysiert. 100 dieser Unternehmen erstellen Abschlüsse nach IAS, die andere Hälfte bilanziert nach US-GAAP. – 53 – Der mit Hilfe eines Disclosure Compliance Index gemessene durchschnittliche Grad der Einhaltung der IAS- und US-GAAP-Offenlegungsanforderungen der Sample-Unternehmen beträgt 0,837; im Durchschnitt wurden von den Unternehmen des Neuen Markts also 83,7 % der nach IAS bzw. US-GAAP geforderten Angaben tatsächlich publiziert. Nur zwei der 200 untersuchten Unternehmen kamen allen Ausweispflichten ordnungsgemäß nach (DIS = 1,0); der niedrigste Wert liegt bei DIS = 0,416, d.h. ein Unternehmen veröffentlichte lediglich 41,6 % der erforderlichen Angaben. Sowohl im (univariaten) direkten Vergleich als auch unter Berücksichtigung weiterer Variablen zeigt sich, dass Unternehmen, die nach IAS bilanzieren, die Offenlegungsanforderungen weniger streng beachten als Unternehmen, die US-GAAP anwenden. Gleichzeitig liefert unsere Studie den ersten systematischen Beleg dafür, dass ein Durchsetzungsproblem auch in Bezug auf die US-amerikanischen Rechnungslegungsnormen besteht, wenn diese außerhalb der USA angewendet werden: Das durchschnittliche US-GAAP-Unternehmen am Neuen Markt veröffentlicht nur 86,6 % der verlangten Angaben, der niedrigste Compliance Index eines US-GAAP-Unternehmens liegt bei nur 0,524. Demgegenüber sind jene Unternehmen, die auch an einer USBörse gelistet und daher der Überwachung durch die US-Börsenaufsicht SEC unterworfen sind, durch ein ausgesprochen hohes Maß der Einhaltung der Offenlegungsanforderung charakterisiert (DIS-Mittelwert = 0,963). Als wichtigste Determinante der Einhaltung der IAS- und US-GAAP-Offenlegungsanforderung am Neuen Markt erweist sich jedoch nicht die Wahl zwischen IAS und US-GAAP, sondern die Qualität und Stringenz der Abschlussprüfung. Unsere Ergebnisse belegen, dass die Qualität der Prüfer am Neuen Markt sehr heterogen ist und dass Prüfungen in vielen Fällen nicht streng genug durchgeführt werden. Unternehmen, deren Abschlüsse von großen, internationalen Prüfungsgesellschaften („Big 5“) geprüft werden, befolgen die Ausweispflichten genauer als Unternehmen, die von kleineren, national bzw. regional tätigen Abschlussprüfern ge- – 54 – prüft werden. Daneben erbrachte die Untersuchung auch Hinweise auf systematische Unterschiede in der durchschnittlichen Compliance von Neue-Markt-Unternehmen, die von unterschiedlichen „Big-5“-Gesellschaften geprüft werden. Ein weiteres, beunruhigendes Ergebnis der Forschungsarbeit ist schließlich, dass die Berichtsgüte von Unternehmen, die nicht von „Big-5“-Gesellschaften geprüft werden, im Durchschnitt niedriger ist, wenn im Bestätigungsvermerk ein Hinweis auf die Befolgung der International Auditing Standards (ISA) oder der US Generally Accepted Auditing Standards (US GAAS) erfolgt. Demgegenüber besteht bei Unternehmen, die von „Big-5“-Gesellschaften geprüft werden, kein systematischer Zusammenhang zwischen Hinweisen auf ISA oder US GAAS und der Einhaltung der nach IAS und US-GAAP geforderten Ausweispflichten. Aufgrund von Einschränkungen, die sich aus der Methodik und dem zur Verfügung stehenden Datenmaterial ergeben, sollten die Ergebnisse unserer Studie mit einem gewissen Maß an Vorsicht interpretiert werden. Erstens: Bei nicht vorhandenen Angaben in einem Jahresabschluss können externe Analysten nicht immer eindeutig beurteilen, ob das betreffende Unternehmen zur Publizität verpflichtet gewesen wäre oder nicht. Da im Rahmen unserer Untersuchung in derartigen Fällen grundsätzlich eine Kodierung zugunsten der Unternehmen („nicht zutreffend“) erfolgte, dürfte unser Disclosure Compliance Index ein zu positives Bild der tatsächlich am Neuen Markt vorherrschenden Einhaltung der Offenlegungsanforderungen nach IAS und US-GAAP zeichnen. Zweitens konzentriert sich die Studie auf die Frage der Einhaltung von IAS- und US-GAAP-Offenlegungsanforderungen. Natürlich wäre es auch interessant zu analysieren, in welchem Maße die Unternehmen des Neuen Markts Vorschriften zur Bilanzierung und Bewertung beachten. Eine umfassende und aussagefähige Untersuchung dieser Art ist jedoch ohne Zugang zu unternehmensinternen Daten nicht möglich. Drittens beschränkt sich die Studie auf Unternehmen des Neuen Markts. Einerseits erlaubt uns dies, die Einhaltung von IAS und US-GAAP vergleichend zu untersuchen. Andererseits besteht unser Sample aus diesem – 55 – Grund vorrangig aus kleinen, jungen Wachstumsunternehmen, und die Ergebnisse können ohne weitere Forschungsarbeiten nicht auf die Offenlegungspraxis größerer und reiferer Unternehmen übertragen werden. Insbesondere treffen wir kein generelles Urteil über die Rechnungslegung deutscher Unternehmen. Eine vierte Einschränkung betrifft die Determinanten der Einhaltung der IAS- und US-GAAP-Offenlegungsanforderungen. Es ist möglich, dass die Compliance der Neue-Markt-Unternehmen durch Drittvariablen beeinflusst wird, die von unserem Modell nicht erfasst werden. Tests zeigen jedoch, dass von einer Reihe weiterer denkbarer Faktoren (Branche, Herkunftsland, Rentabilität, Internationalisierungsgrad, Eigentumsverhältnisse, Alter, Wachstum) keine signifikante Wirkung auf die Offenlegungspraxis der Unternehmen ausgeht. Die vorliegende Studie leistet einen Beitrag zur Debatte um die Einhaltung und Durchsetzung internationaler Rechnungslegungsstandards. Zu betonen ist in diesem Zusammenhang, dass Hinweise auf Verstöße gegen Rechnungslegungsstandards zunächst kein Argument für oder gegen ein bestimmtes Rechnungslegungssystem oder einen bestimmten Standard Setter sein können. Es wäre beispielsweise nicht sinnvoll, das amerikanische Financial Accounting Standards Board (FASB) oder das IASB dafür verantwortlich zu machen, dass die Unternehmen des Neuen Markts in erheblichem Maße gegen die Offenlegungsvorschriften nach US-GAAP und IAS verstoßen. Da die von uns untersuchten Jahresabschlüsse beinahe ohne Ausnahme uneingeschränkte Bestätigungsvermerke erhalten haben – und in keinem einzigen Fall eine Testatseinschränkung aufgrund fehlender Angaben erfolgte –, werfen unsere Untersuchungsergebnisse vielmehr sehr ernsthafte Fragen nach der Qualität der Abschlussprüfungen am Neuen Markt und der Angemessenheit der deutschen Kapitalmarktaufsicht im allgemeinen auf. Die großen internationalen Wirtschaftsprüfungsgesellschaften haben unter der Regie der International Federation of Accountants (IFAC) in jüngerer Zeit verschiedene Initiativen gestartet, um eine verbesserte Durchsetzung der Rechnungslegungsstandards zu erreichen und die Qualität – 56 – 69 der Finanzberichtserstattung und Prüfung weltweit zu erhöhen. Trotz dieser Bemühungen muss jedoch konstatiert werden, dass die Selbstregulierung der Rechnungslegung und Wirtschaftsprüfung an Grenzen 70 stößt. Das International Forum on Accountancy Development (IFAD) betont deshalb, dass für eine verlässliche Rechnungslegung drei Elemente erforderlich sind: hochwertige Rechnungslegungsnormen wie z.B. die IAS, hochwertige Abschlussprüfungen unter Verwendung der ISA und drittens die Durchsetzung dieser Standards durch eine wirksame Kapitalmarktaufsicht. In ähnlicher Weise hat auch die Europäische Union in ihrer im Juni 2000 formulierten „Rechnungslegungsstrategie“ hervorgehoben: „Nur einwandfrei und rigoros umgesetzte IAS werden jedoch das Funktionieren des Wertpapiermarkts der EU verbessern. Die Durchsetzung umfasst ... eine ganze Reihe verschiedener Elemente, einschließlich (1) klar abgefasster Rechnungslegungsstandards, (2) zeitnaher Auslegungen und Anleitungen zur Umsetzung, (3) gesetzlicher Abschlussprüfungen, (4) Kontrollen durch Aufsichtsinstanzen und (5) wirksamer Sanktionen. Alle diese Elemente müssen effizient sein; denn das System wird in bezug auf 69 70 Zu nennen ist in diesem Zusammenhang vor allem die Bildung des Forum of Firms (FoF) im Januar 2001, das sich gemeinsam mit der IFAC um eine Verbesserung der internationalen Rechnungslegungs- und Wirtschaftsprüfungspraxis bemühen soll. Dem Forum können WP-Gesellschaften beitreten, die „Transnational Audits“ durchführen, d.h. Prüfungen von Jahresabschlüssen, die von den Adressaten grenzüberschreitend genutzt werden oder genutzt werden können. Mitgliedsfirmen des Forum sind verpflichtet, über interne Prüfungsrichtlinien zu verfügen, die im Einklang mit den ISA stehen, sie müssen den Code of Ethics der IFAC befolgen, Mitarbeiterschulungen zu IAS und ISA anbieten und angemessene Kontrollmechanismen einschließlich firmeninterner Review-Prozesse eingerichtet haben sowie ihre Prüfungen einer regelmäßigen externen Peer Review unterwerfen. Weiterhin plant die IFAC die Einrichtung eines Public Oversight Body (POB), das als unabhängige Instanz zur Selbstregulierung der Wirtschaftsprüferbranche fungieren soll. Eine der wichtigsten Funktionen des POB soll darin bestehen, die Maßnahmen zur Qualitätssicherung und zur Einhaltung der Prüfungsstandards durch die Mitglieder des Forum of Firms zu überwachen. Vgl. genauer zur Arbeit der IFAC und der verschiedenen Initiativen unter http://www.ifac.org sowie insbesondere IFAC 2001. Bei IFAD handelt es sich um eine Initiative, die im Jahr 1999 gemeinsam von der IFAC und der Weltbank ins Leben gerufen wurde, um weltweit für eine verbesserte Finanzberichterstattung und für mehr Transparenz an den Kapitalmärkten zu sorgen. Auslöser für die Initiative waren die Erfahrungen, die im Zuge der Asienkrise in der zweiten Hälfte der 90er Jahre gesammelt wurden. Mitglieder der IFAD sind insbesondere die großen Wirtschaftsprüfungsgesellschaften, Aufsichtsbehörden und supranationale Organisationen; zu Einzelheiten siehe IFAC 2001. – 57 – den Anleger- und Gläubigerschutz nur so stark sein wie sein schwächster 71 Bestandteil.“ Die Ergebnisse unserer Studie unterstreichen diese Aussagen. Sie zeigen, dass das „Regelwerk Neuer Markt“ mit seiner Verpflichtung zur Publikation von IAS- oder US-GAAP-Abschlüssen für Investoren nur von sehr begrenztem Nutzen ist, solange keine durchsetzungsfähige Marktaufsicht existiert, die sicherstellt, dass die hochwertigen Rechnungslegungsstandards von den Unternehmen auch tatsächlich befolgt werden. Es ist im Gegenteil zu befürchten, dass das gegenwärtige System bei Anlegern Enttäuschung und Verunsicherung hervorruft. In analoger Weise dürfte auch die geplante Einführung der IAS-Rechnungslegung für alle börsennotierten Gesellschaften in Deutschland und in der EU die angestrebte Verbesserung der Information und Transparenz verfehlen, wenn nicht zugleich die Marktaufsicht erheblich gestärkt wird. Abgesehen von der gesetzlich vorgeschriebenen Abschlussprüfung gibt es in Deutschland zur Zeit faktisch keine Institution, die die Einhaltung der Vorschriften zur Bilanzierung und Offenlegung überwacht und Verletzungen sanktioniert. D’Arcy (2001) beschreibt die Situation wie folgt: „Die Deutsche Börse AG ... versteht sich nicht als Durchsetzer oder Kommentator spezifischer Rechnungslegungsstandards. Im Rahmen des Zulassungsverfahrens wird vielmehr eine Plausibilitäts- und Vollständigkeitsüberprüfung der Rechenwerke als ganzes vorgenommen. Auch die Folgepflichten ... werden dahingehend überprüft, ob die ... [im] Regelwerk genannten Bestandteile vorhanden sind. Eine inhaltliche Prüfung im engeren Sinne findet nicht statt. ... Die neuerdings häufig gestellte Forderung nach einer neuen Durchsetzungsinstanz von Rechnungslegungsstandards, z.B. nach Vorbild der amerikanischen SEC, ist daher 72 durchaus nachvollziehbar.“ D’Arcy fährt fort, indem sie auf die zentrale Rolle der Wirtschaftsprüfer im gegenwärtigen Kapitalmarktsystem verweist: 71 72 EU-Kommission 2000, Tz. 26; vgl. hierzu auch Böckem 2000a, insbes. S. 151. d’Arcy 2001, S. 171. – 58 – „Fragen der Auslegung der IAS und US-GAAP bezüglich spezieller Bilanzierungsprobleme obliegen aus den genannten Gründen dem Wirtschaftsprüfer. Generell erkennt die Deutsche Börse AG das Testat oder die qualifizierende Bescheinigung eines Wirtschaftsprüfers an. IAS oder USGAAP sind – etwas überspitzt formuliert – somit das, was ein Wirt73 schaftsprüfer als solches testiert.“ Es ist offenkundig, dass die Wirtschaftsprüfer, die sich in einem Spannungsverhältnis zwischen öffentlichem Auftrag und kommerziellen Interessen bewegen, mit dieser Situation überfordert sind. Bekanntlich wird daher auch seit geraumer Zeit darüber debattiert, ob in Deutschland eine staatliche oder eine private Instanz zur Durchsetzung der Rechnungslegungsstandards eingerichtet werden sollte. Als Vorbilder werden die US-amerikanische Börsenaufsichtsbehörde SEC und das privat- wirtschaftlich organisierte britische Financial Reporting Review Panel (FRRP) bemüht. Im Laufe des vergangenen Jahres deutete sich an, dass die Einrichtung einer Enforcement-Institution zwar grundsätzlich auf breite Zustimmung bei den interessierten Kreisen trifft, dass aber starke Vorbehalte gegenüber einer Überwachungsbehörde in Form einer „deutschen SEC“ bestehen und eine privatwirtschaftliche Lösung bevorzugt wird. Beispielsweise hat die „Regierungskommission Corporate Governance“ empfohlen, „nach dem Vorbild des britischen Financial Reporting Review Panel eine privatwirtschaftlich getragene und organisierte Einrichtung vorzusehen, die nach von ihr entwickelten Verfahrensvorschriften im Einvernehmen mit den betroffenen Unternehmen behaupteten groben Verstößen gegen Rechnungslegungsvorschriften nachgeht, und die im Weigerungsfall das 74 Recht hat, Klage gemäß §§ 256, 257 AktG zu erheben.“ 73 74 d’Arcy 2001, S. 172; zur Stellung des Wirtschaftsprüfers im deutschen Enforcement-System siehe ausführlich Tielmann 2001, S. 37ff. Baums et al. 2001, Tz. 278. – 59 – Das Institut der Wirtschaftsprüfer hat sich dieser Empfehlung ange75 schlossen. Es bleibt jedoch abzuwarten, ob eine private Kontrollinstanz tatsächlich unabhängig und stark genug sein wird, um künftig eine genauere Einhaltung der Bilanzierungs- und Offenlegungsvorschriften durch deutsche Unternehmen – und vor allem die Unternehmen des Neuen Markts – sicherzustellen. Angesichts des Enron-Skandals und der durch ihn ausgelösten weltweiten Enforcement-Debatte erscheint es zweckmäßig, die Positionen auch in Deutschland noch einmal neu zu überdenken. Es wäre sicherlich dem Ansehen des deutschen Kapitalmarkts nicht förderlich, nun eine Minimallösung zu realisieren, um kurz darauf bereits über „Nachbesserungen“ und Verschärfungen zu diskutieren. Nach Ansicht der Autoren spricht vieles dafür, eine staatliche Einrichtung mit der Überwachung der Rechnungslegung börsennotierter Unternehmen zu beauftragen, diese Institution mit ausreichenden Kompetenzen und wirkungsvollen Sanktionsmöglichkeiten auszustatten und sie nach Möglichkeit in eine übergreifende europäische Kapitalmarktaufsicht einzubinden. 75 Vgl. IDW 2000; zur Diskussion um die Einrichtung einer Enforcement-Institution in Deutschland siehe auch Böckem 2000b, Hütten/Brakensiek 2000, Haller et al. 2001, Hommelhoff, 2001, Tielmann 2001b, Hütten/Lorson 2002; ausführlich Böckem 2000a, Tielmann 2001a. – 61 – VII. Anhang A. Teilsample A: Unternehmen mit IAS-Jahresabschlüssen AAP IMPLANTATE ABIT AG AC SERVICE AG ADCON TELEMETRY AG ADPHOS ADV. PHOTONICS AECO N.V. ALLGEIER COMPUTER AG ANTWERPES AG ARTICON-INTEGRALIS AG ARTSTOR AG BALDA AG BB BIOTECH AG BB MEDTECH INC BEKO HOLDING AG BINTEC COMMUNICATIONS BIOTISSUE TECHNOL. AG BRAIN FORCE SOFTWARE AG BRAIN INTERNATIONAL BRAINPOWER NV CAMELOT AG CANCOM IT SYSTEME AG CE CONSUMER ELECTRONIC CENIT AG CEYONIQ AG COMPUTERLINKS AG COMTRADE AG CURASAN AG D+S ONLINE AG DRILLISCH AG E.MULTI DIGIT. DIENSTE AG EASY SOFTWARE AG EMPRISE ENERGIEKONTOR AG EUROFINS EUROMED AG FOCUS DIGITAL AG FREENET.DE AG FUNKWERK AG GEDYS INTERNET PROD. AG GES. FUER NETWORK GFT TECHNOLOGIES AG GROUP TECHNOLOGIES AG HOEFT & WESSEL AG HUNZINGER INFORMAT.AG I:FAO AG INFOR BUSINESS SOLUT. AG INTRAWARE AG IVU TRAFFIC TECHNOL. AG JETTER AG JUMPTEC IND. COMPUTER Medtech.& Health Internet IT Services Technology Technology Technology IT Services Internet Internet IT Services Technology Biotechnology Medtech.& Health IT Services Telecomm. Biotechnology IT Services Software Software Telecomm. IT Services Technology IT Services Software IT Services IT Services Biotechnology Internet Telecomm. Internet Software IT Services Technology Biotechnology Medtech.& Health Internet Internet Telecomm. Internet IT Services Internet Software Technology Indust. & Ind.Serv. Internet Software Software IT Services Technology Technology LINTEC COMPUTER AG LPKF LASER & ELECTRONICS MAN. DATA SOFTWARE ENG MAXDATA COMPUTER AG MB SOFTWARE AG MEDIASCAPE COM. AG MEDION AG MENSCH UND MASCHINE MICROLOG LOGISTICS AG MICRONAS SEMICON. MOBILCOM AG MOSAIC SOFTWARE AG MUEHL PRODUCT & SERVICE MWG-BIOTECH AG NEMETSCHEK AG NEXUS AG NORCOM INF. TECHNOLOG. NOVASOFT AG NOVEMBER AG OHB TELEDATA AG P & T TECHNOLOGY AG PANKL RACING SYSTEMS AG PC-SPEZIALIST FRANCHISE PIXELNET AG PLAMBECK NEUE ENERGIEN POPNET INTERNET AG O.N. SACHSENRING AUTOMOBIL. SALTUS TECHNOLOGY AG SANOCHEMIA PHARM. AG SECUNET SECURITY AG SER SYSTEME AG SHS INFORMATIONSSYST. SOFTING AG SOFTM SOFTW. U. BERAT. SUNWAYS AG SZ TESTSYSTEME AG O.N. TECHNOTRANS TELEPLAN INTERNATIONAL TELESENSKSCL AG TIPTEL AG TOMORROW INTERNET AG TRANSTEC AG TRIA SOFTWARE AG TTL INFORMATION TECHN. UMS UNITED MEDICAL SYS UTIMACO SAFEWARE AG VECTRON SYSTEMS AG WAPME SYSTEMS O.N. WINTER AG WWL INTERNET AG Technology Technology Software Technology Software Internet Technology Software Indust. & Ind.Serv. Technology Telecomm. Software Indust. & Ind.Serv. Biotechnology Software IT Services Software IT Services Biotechnology Indust. & Ind.Serv. Technology Technology Technology Internet Technology Internet Indust. & Ind.Serv. Indust. & Ind.Serv. Biotechnology Internet Software IT Services Technology Software Technology Technology Technology Indust. & Ind.Serv. Telecomm. Telecomm. Internet Technology IT Services IT Services Medtech.& Health Software Technology Internet Technology Internet – 62 – B. Teilsample B: Unternehmen mit US-GAAP-Jahresabschlüssen 3U TELEKOMMUNIKATIONS ACG AG AD PEPPER MEDIA NV ADLINK INTERNET MEDIA AG ADVANCED VISION TECHN. AIXTRON ALPHAFORM AG ANALYTIK JENA AG ARTNET.COM AG ASCLEPION-MEDITEC AG ATOSS SOFTWARE AG AUGUSTA TECHNOLOGIE AG AUSTRIA TECHNOLOGY SYST. B.I.S. BOERSEN-INFORMATION BECHTLE AG BETA SYSTEMS SOFTWARE AG BIODATA INFORMATION TECH BLUE C CONSULTING AG BROADVISION INC BROKAT AG BUCH.DE INTERNETSTORES CAATOOSEE AG CARRIER1 INTL SA CEOTRONICS AG CO.DON AG CONCEPT! AG CONDAT AG CPU SOFTWAREHOUSE AG CYBERNET INTERNET SVCS CYBIO AG CYCOS AG D. LOGISTICS AG DCI DATABASE FOR COMM. DIALOG SEMICONDUCTOR PLC EBOOKERS.COM PLC ECKERT & ZIEGLER STRAHLEN ELMOS SEMICONDUCTOR AG ELSA AG ENDEMANN!! INTERNET AG EUROMICRON AG EVOTEC BIOSYSTEMS AG FANTASTIC CORP-REGISTERED FEEDBACK AG FORTUNECITY.COM INC GAUSS INTERPRISE AG GENESCAN EUROPE AG GERICOM AG GIRINDUS AG GRAPHISOFT NV HEYDE AG BERATUNG SOFTW. Telecomm. Technology Internet Internet Technology Technology Indust. & Ind.Serv. Technology Internet Medtech.& Health Software Technology Technology Software IT Services Software Technology Internet Internet Internet Internet Internet Telecomm. Technology Biotechnology Internet Telecomm. Software Internet Biotechnology Telecomm. Indust. & Ind.Serv. Internet Technology Internet Medtech.& Health Technology Technology Internet Technology Biotechnology Internet Internet Internet Internet Biotechnology Technology Biotechnology Software IT Services I-D MEDIA AG IDS SCHEER AG INFOGENIE EUROPE AG INTERNOLIX AG INTERSHOP COMMUNIC. AG ITELLIGENCE AG IXOS SOFTWARE AG KLEINDIENST DATENTECHNIK KONTRON EMBEDDED COMPUT KRETZTECHNIK AG LAMBDA PHYSIK AG LETSBUYIT.COM NV LOBSTER NETWORK STORAGE LYCOS EUROPE N.V. MEDIANTIS AG MEDIGENE AG MICROLOGICA AG MORPHOSYS AG OTI PANDATEL AG PARSYTEC AG PFEIFFER VACUUM TECHN. PIRONET AG PLASMASELECT AG PLAUT AG PLENUM AG POET HOLDINGS INC PRIMACOM AG PRODACTA AG PSI AG GESELLSCHAFT REALTECH AG RUECKER AG SAP SYSTEMS INTEGRATION SCM MICROSYSTEMS INC SINGULUS TECHNOLOGIES SINNERSCHRADER AG SOFTLINE AG SOFTMATIC AG SYSKOPLAN AG TDS INFORMATIONSTECHNOL. TELEGATE AG TEPLA AG THIEL LOGISTIK AG TISCON AG INFOSYSTEMS UNITED INTERNET AG UPDATE.COM SOFTWARE USU AG VARETIS AG VI[Z]RT LTD W.E.T. AUTOMOTIVE SYSTEMS Internet IT Services Telecomm. Internet Internet IT Services Software Software Technology Medtech.& Health Technology Internet Technology Internet Internet Biotechnology Software Biotechnology Technology Telecomm. Software Indust. & Ind.Serv. Software Biotechnology Indust. & Ind.Serv. IT Services Software Telecomm. IT Services Software IT Services Indust. & Ind.Serv. IT Services Technology Technology Internet Software Software IT Services IT Services Telecomm. Technology Indust. & Ind.Serv. IT Services Internet Software Software Telecomm. Software Indust. & Ind.Serv. – 63 – VIII. Literaturhinweise Achleitner, A.-K. / Bassen, A. (Hrsg.) 2001. Investor Relations am Neuen Markt. Schäffer-Poeschel, Stuttgart. ADS – Adler, H. / Düring, W. / Schmaltz, K. Rechnungslegung und Prüfung der Gesellschaft. Kommentar zum HGB, AktG, GmbHG, PublG nach den Vorschriften des Bilanzrichtlinien-Gesetzes. 6. Aufl., bearbeitet von K.-H. Forster et al. Schäffer-Poeschel, Stuttgart. 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