Naturereignisse, -katastrophen
Transcription
Naturereignisse, -katastrophen
GA-Special Naturereignisse, -katastrophen, -gewalten? Der Mensch ist klein. Das zeigen – dann und wann, ohne Planung – heftige Naturkatastrophen, die unseren alltäglichen Rhythmus plötzlich massiv verändern. Wie geschehen, am 26. 12. 2004 in Südostasien (s. S. 45). M 1: Was ist eine Naturkatastrophe? Vorgänge in der Natur und deren Folgen sind normal, sie ereignen sich. Zur Katastrophe wird ein solcher Vorgang erst dann, wenn Menschen betroffen sind. Eine Naturkatastrophe ist dann ein (plötzlich) auftretendes Naturereignis, – das die Umwelt des Menschen rasch und nachhaltig verändert, – dem Menschen und seinen Vermögenswerten erhebliche Schäden zufügt, – dem sich die Gesellschaft einerseits anpassen kann und – das sie andererseits mit verursachen kann. Welche Naturereignisse gibt es? Kosmische Naturereignisse Einschläge von Meteoriten und Kometenkernen Kollision von Himmelskörpern Atmosphärische Naturereignisse Geologische Naturereignisse Stürme – Orkane – Blizzards – Tornados – tropische Wirbelstürme – Hurrikane Bewegungen von Lithosphärenplatten: Starkregen, Hagel, Blitzschlag Hochwasser und Fluten mit Überschwemmungen Dürren, Hitzewellen Brände Massenbewegungen: Bergstürze Erdrutsche Erdbeben Seebeben Vulkanausbrüche Tsunamis Muren Lawinen M 2: Chronik ausgewählter schwerer Naturkatastrophen Erdbeben (Stärke auf der Richterskala; Tote) 05. 07. 1201: Ägypten/Syrien; 1 Mio. 1850: China; 300 000 28. 12. 1908: Italien: 7,5; bis zu 100 000 16. 12. 1920: China; 8,6; bis zu 200 000 01. 09. 1923: Japan; 8,3; bis zu 200 000 22. 05. 1927: China; 8,3; bis zu 200 000 05. 10. 1948: Turkmenistan; 7,3; bis zu 110 000 04. 02. 1976: Guatemala; 7,5; 12 000 28. 07. 1976: China; 7,8; 240 000 16. 09. 1978: Iran; 7,7; 25 000 19. 09. 1985: Mexiko; 8,1; über 9 500 21. 09. 1990: Iran; 7,7; 50 000 17. 08. 1999: Türkei; 7,4; 17 000 26. 01. 2001: Indien; 7,9; 13 000 26. 12. 2003: Iran; 6,5; 41 000 42 Die teuersten Hurrikans Rang Hurrikan Kat. Zeitraum Gebiete Schaden Mio. US-$ Tote 1 Andrew 5 16.08. – 28.08.1992 Bahamas, USA 30 000 26 2 Georges 4 15.09. – 01.10.1998 Karibik, USA 10 000 602 3 Hugo 5 10.09. – 22.09.1989 Karibik, USA 9 000 61 4 Mitch 5 22.10. – 05.11.1998 Mittelamerika 5 500 9 086 5 Fran 3 23.08. – 08.09.1996 USA 5 200 34 6 Isabel 5 06.09. – 19.09.2003 USA 5 000 16 7 Floyd 4 07.09. – 17.09.1999 Bahamas, USA 4 500 57 8 Opal 5 27.09. – 05.10.1995 USA 3 000 59 9 Gilbert 5 08.09. – 19.09.1988 Kar., Mex., USA 3 000 200 10 Iniki ? 11.09. – 12.09.1992 Hawaii 3 000 ? Quellen: verschiedene Geographie aktuell 2 / 2005 Geographie aktuell 2 / 2005 30° Süd Äquator 30° Nord 60° Nord dürregefährdete Gebiete Tsunamigefahr erdbebengefährdete Gebiete Gebiete mit tätigen Vulkanen Natur- und Umweltkatastrophen (Auswahl) ▼ M 3: Naturkatastrophen auf der Erde (Auswahl). Quellen: verschiedene Zugbahnen tropischer Wirbelstürme häufige Überschwemmungen Asien GA-Special Naturereignisse, -katastrophen, -gewalten? 43 GA-Special Naturereignisse, -katastrophen, -gewalten? ▼ M 4: Naturkatastrophen von 1950 bis 2003. Quelle: Münchener Rück Anzahl Das Diagramm zeigt für jedes Jahr die Anzahl der Großkatastrophen, unterteilt nach Ereignistypen. 16 14 Erdbeben/Vulkanausbruch Sturm Überschwemmung Sonstige 12 10 8 6 4 2 1950 1955 1960 1965 1970 1975 1980 1985 1990 1995 2000 0 ▼ M 5: Naturkatastrophen und Todesopfer 2003. Quelle: Münchener Rück Anzahl der Ereignisse: 699 Afrika: 57 17 % Amerika: 206 Asien: 245 Australien/Ozeanien: 65 Europa: 126 28 % Weltweit: 699 Anzahl der Todesopfer: 77 886 12 % 43 % Prozentuale Verteilung weltweit Erdbeben/Vulkanausbruch Sturm Überschwemmung Sonstige Afrika: 2778 Amerika: 946 31 % Asien: 53 921 (Erdbeben Iran) Australien/Ozeanien: 47 Europa: 20 194 (Hitzewelle in Europa) 5% 2% 62 % Weltweit: 77 886 Prozentuale Verteilung weltweit M 6: Naturkatastrophen nehmen weltweit an Häufigkeit und Schadenausmaß zu Die Gründe dafür sind: ➙ Bevölkerungszunahme ➙ steigender Lebensstandard ➙ Konzentration von Bevölkerung und Werten in Großstadträumen ➙ Besiedlung und Industrialisierung stark exponierter Regionen ➙ Anfälligkeit moderner Gesellschaften und Technologien ➙ steigende Versicherungsdichte ➙ Änderung der Umweltbedingungen 44 Quelle: Münchener Rück Geographie aktuell 2 / 2005 GA-Special Naturereignisse, -katastrophen, -gewalten? M 8: Chronologie von Tsunamiereignissen (Auswahl) 479 v. Chr.: Tsunami im Mittelmeer, Vernichtung der Persischen Flotte 1703: Japanische Küste; über 100 000 Tote 1755: Erdbeben vor der portugiesischen Küste, das Wasser zog sich zurück und lockte die erstaunten Bewohner an, sie konnten sich vor der Tsunamiwelle nicht mehr in Sicherheit bringen; 25 000 Tote 1883: Ausbruch des Vulkans Krakatau, bis zu 35 m hohe Tsunamiwellen brandeten zwischen Java und Sumatra hin und her und verwüsteten alles; 36 000 Tote 1896: Tsunami an der Ostküste Japans; 26 000 Tote 1933: Seebeben 550 km nordöstlich von Tokio, nach 30 min erreichen die 10 m hohen Wellen die japanische Küste, nach 2 h Yokohama, nach 7,5 h Honolulu, nach 10 h San Francisco, nach 22 h die chilenische Küste 1964: Erdbeben vor Alaska, die Wellen erreichen nach 7 h Japan, nach 14 h Neuseeland, nach 21 h die Antarktis 1998: Tsunami auf Papua-Neuguinea, ca. 200 Tote 2004: Erdbeben im Indischen Ozean, die Wellen treffen auf alle umliegenden Küsten, über 280 000 Tote (Stand: 27. 01. 2005), Millionen Menschen werden obdachlos, Zerstörung vieler Tourismusregionen M 7: Entstehung von Tsunamis Das Wort Tsunami kommt aus dem Japanischen und bedeutet „Große Welle im Hafen“ (tsu = Hafen, nami = Welle). Es handelt sich um eine Schockwelle, die durch Seebeben, Vulkaneruptionen und Massenverlagerungen am Meeresboden ausgelöst wird. Durch die Bewegung entstehen Wellen, die sich konzentrisch ausbreiten. Sie können mit mehr als 900 km/h durch den ganzen Ozean wandern. Auf dem offenen Meer können die Kämme der Tsunamis 100 bis 500 km voneinander entfernt (Wellenlänge) und nur einen Meter hoch sein. Seeleute auf Schiffen nehmen sie dort kaum zur Kenntnis. An der Küste ist das erste Anzeichen entweder ein Ansteigen oder ein Verebben des Wassers, je nachdem, ob zuerst ein Wellental oder ein Wellenberg auf die Uferbereiche trifft. Wenn sich die Wellen den Küsten nähern, wird durch die Bodenreibung die Geschwindigkeit verringert und die Wellenlänge verkürzt. Die Welle nimmt an Höhe zu. Höhen von 30 Metern sind keine Seltenheit. Tsunamis bestehen meist aus einer Wellenserie, die sich über Minuten bis Stunden hinziehen kann. ▼ M 9: Entstehung von Tsunamiwellen Geschwindigkeit (km/Std.) 834 480 340 150 48 Meeresspiegel Tiefe (m) 6000 M 10: Frühwarnsysteme und Vorhersagen Nach dem Beben von Alaska und den Schäden durch die Tsunamis 1964 wurde das Tsunamifrühwarnsystem (Seismic Sea Wave Warning System) 1965 mit Sitz in Honolulu gegründet. Nachdem ein Beben stattgefunden hat, lässt sich eine relativ verlässliche Aussage über betroffene Gebiete machen. Die Vorhersage basiert auf dem hydrodynamischen Prinzip, dass die Geschwindigkeit einer Welle und die Quadratwurzel der jeweiligen Wassertiefe in konstantem Verhältnis stehen. Es kann die Zeit abgeleitet werden, die noch zur Evakuierung der Bevölkerung bleibt. Tritt ein Beben direkt vor der Küste auf, ist die Vorwarnzeit leider zu gering. Das Warnsystem gibt es bisher nur für den Pazifik. Beben sind dort häufiger. Da es im Indischen Ozean keine Warnbojen gibt, konnten Richtung, Stärke und Geschwindigkeit der Wellen im Dezember 2004 nicht berechnet und somit die Menschen nicht gewarnt werden. Geographie aktuell 2 / 2005 2000 1000 200 20 Frühwarnsystem für Tsunamis Satellit Übertragung Übertragung Zur Alarmzentrale Scheibenboje Übertragung Tsunami Detektor Unterwassermikrophon (150 m) Verankerung 45