zurück zu den Wurzeln

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zurück zu den Wurzeln
FREIZEIT & LIFESTYLE
Ranchreiten –
zurück zu den Wurzeln
„Die glorreichen Sieben“ oder wie aus einer
verrückten Idee eine Erfolgsgeschichte wurde...
R
anchreiten“: Dieser Begriff stand
im Raum, doch im Grunde wusste
keiner so genau, was man damit anfangen
sollte – außer dass es mit der Arbeit am
Rind zu tun hat. Es war vor etwa zwölf
Jahren, als einige Freizeit-Cowboys auf
der Schwäbischen Alb in der Reitschule
Wolf zusammensaßen und gespannt den
Ausführungen von Patrick und Willi Wolf
lauschten.
Diese hatten von einem Wettbewerb
gehört, in dem ausschließlich Ranchpferde gegeneinander antreten. Hintergrund
dieser Geschichte: Amerikanische Rancher wurden bei der AQHA vorstellig, weil
sie sich nicht mehr ausreichend repräsentiert fühlten. Nachdem bereits mehr als 75
Wettbewerbe – von Kalifornien bis nach
North Carolina – stattgefunden hatten
und ein Regelwerk verabschiedet war,
konnte die Versatility Ranch Horse Competition in 2002 als anerkannte AQHAKlasse aufgenommen werden. In der Reitschule Wolf gab es nicht nur besagte
schwäbische Cowboys, sondern auch eine
stattliche Herde Angus-Rinder. Also, was
lag näher, als diese Dinge zusammenzuführen. Dazu kam der Umstand, dass
Patrick Wolf gerade von einem längeren
Trainingsaufenthalt aus den USA zurückgekehrt war und das frisch erworbene
Wissen natürlich weitergeben wollte.
Nachdem man jedoch das AQHA-Regelwerk studiert hatte, gab es in der Runde
lange Gesichter. Niemand wäre zu jener
Zeit in der Lage gewesen, die Anforderungen nachzureiten. Also musste ein „entschärftes“ Regelwerk her – das war die Geburtsstunde des Vereins „Ranch-Reiter
e.V.“. Schnell war aus den ersten sieben
„Glorreichen“ ein Verein mit zwanzig
Mitgliedern geworden.
„
Meason auf der Circle-L-Ranch in Wenden ein Versatility-Ranch-Horse-Kurs
statt. Kurz darauf organisiert Volker Laves
das erste Ranchhorse-Turnier, das von Jan
Boogaerts aus Belgien gerichtet wird. In
Hessen wird die Idee von Olaf Gajewski
aufgegriffen und zusammen mit einigen
Mitstreitern entsteht die „Ranch-Community“. Überall wird versucht, das Ranchreiten in Deutschland populär zu machen. Doch zurück in den „wilden“ Südwesten: Natürlich waren einige Westernreiter aus Baden-Württemberg auf der
Circle-L-Ranch, so auch Dirk Reibold. Er
ist stolzer Besitzer eines QH-Fohlens, das
auf dem Eliesenhof in Welzheim seine Jugendjahre verbringen darf. Begeistert berichtet er dort von seinen Eindrücken und
Niko Kalaitzidis und Gabi Resch lassen
sich davon anstecken. Sie sind nicht nur
QH-Züchter und bieten Reitunterricht
auf dem Eliesenhof an, sie haben auch immer wieder Rinder – ideale Voraussetzungen also. Nach einigen Workshops war es
soweit: Mit der Unterstützung von Wolfgang Albrecht (Meldestelle) und Lothar
Schmid vom Birkenhof (Turnierorganisation) konnte das erste Ranchhorse-Turnier 2005 auf dem Eliesenhof stattfinden.
Jeder, der wusste wie man
eine Kuh treibt, war dabei
Die Nachricht von dieser neuen
AQHA-Disziplin breitet sich in Deutschland aus wie ein Lauffeuer. Im Frühjahr
2003 fand unter der Leitung von Wayne
Ein Bild mit historischem Wert:
Das erste Ranchhorse-Turnier 2005:
Eberhard Kleinmann in der Working Ranchhorse
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1. Vors. des Ranchhorse-Vereins Dieter Randecker während eines
Workshops auf dem Eliesenhof
Fast alle haben sich zu einem Gruppenbild eingefunden –
mit Wolfgang Albrecht als wichtigster Mann (hintere Reihe, 2.v.r.)
Westernreitsports. Kennen diese Menschen den Ursprung des Westernreitens
nicht oder haben sie es vergessen? Da
kann man nur spekulieren, fest steht, dass
die Begeisterung anhält, obwohl die Ausübung der verschiedenen „Rinderdisziplinen“ den Geldbeutel nicht unbedingt
schont. Die Ranchhorse-Gemeinde
wächst, viele (Neu)Mitglieder kommen
mittlerweile aus anderen Bundesländern
und Turnierteilnehmer wie auch Zuschauer nehmen hunderte von Kilometern Anfahrt in Kauf, um in der Versatility Ranch Horse starten zu können bzw.
die besondere Atmosphäre zu genießen.
Die Beweggründe sind sehr unterschiedlich, ein bisschen „American Way of Life“
steckt auf jeden Fall dahinter.
American Way of Life
Dieser Begriff steht u.a. für einen stark
ausgeprägten Individualismus und eine
gewisse Freiheitsliebe. Nicht zuletzt war
und ist der Cowboy ein Sinnbild für diese
Einstellung, manchmal verklärt bis zum
Mythos. Auch gehören Cutting und Wor-
Josef Göggel, André Weber und Rolf
Siegle (v.l.n.r.) in Houston während
der Versatility Ranch Horse World
Show 2011
Das Starterfeld war prominent besetzt:
Eberhard Kleinmann, Dr. Matthias Gräber, Gesa Meier, Albert „Bärti“ Frunz,
Dirk Reibold, André Weber u.v.a. – jeder,
der wusste, wie man eine Kuh von A nach
B bewegt, war dabei.
Erfolgreiches Joint Venture
Parallel sind die unterschiedlichsten
Interessensgruppen
entstanden, die
Ranchreiten in Deutschland etablieren
wollten. Während einige dieser Gruppierungen auf der Strecke geblieben sind, hat50
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ten die Ranchreiter im „Ländle“
das klare Ziel, zu wachsen und
professioneller zu werden. Der
Anfang war nicht einfach, eigene Interessen wurden oft
zurückgestellt, dafür aber die
Idee, Ranchreiten populär zu machen, in
den Vordergrund gerückt. Das Ergebnis:
ein „joint venture“ von DQHA, Veranstaltern und Ranchhorse-Verein. Die Umbenennung des Vereins erfolgte 2005, um die
Nähe zur Versatility Ranch Horse zu demonstrieren. Kurz darauf wurde die Idee
der Cup-Serie geboren, die aus mehreren
Ranchhorse-, später auch Cowhorse-Turnieren bestehen sollte. Unter der Ägide von
Wolfgang Albrecht als Vertreter der DQHA
beraten sich die Veranstalter jedes Jahr aufs
Neue, wie die Turniere für alle Beteiligten
attraktiv, aber dennoch bezahlbar kalkuliert werden können.
Um die begehrten Punkte zu bekommen, musste bzw. muss nach AQHA-Regeln geritten werden. Das war der Startschuss für eine ganze Reihe von Clinics und
Workshops, die unter Mitwirkung vom
Ranchhorse-Verein sowie von den Veranstaltern in Sinsheim (Patrick Sattler Training Stable), Welzheim (Eliesenhof) und
Kehl (Riedhöfe) nach wie vor angeboten
und eifrig genutzt werden. Einer der Höhepunkte dieser Bemühungen: 2011 flogen
drei wackere schwäbische Cowboys nach
Houston, um dort auf der World Show der
Versatility-Reiter die deutschen Fahnen zu
vertreten. Zwei Jahre später schaffte es
André Weber aus Gaggenau auf den zweiten Rang und nahm die Trophy des Reserve World Champion mit nach Hause.
Back to the Roots:
Die Ur-Idee des Westernreitens
lebt wieder auf
Manch ein Mitglied der Westernreitszene wundert sich über die Begeisterung
und die Aktivitäten der „Rinderschubser“,
sieht es gar als „Nischenprodukt“ des
king Cowhorse wie Reining zu den dynamischsten Wettbewerben, die ihre Wirkung auf Akteure und Betrachter nicht
verfehlen. In der Versatility Ranch Horse
ist der Allrounder unter den Westernpferden gefragt, das macht den Reiz aus – gilt
doch das American Quarter Horse als das
vielseitigste Pferd der Welt. Es gibt auch
die Geschichten von Pferden, die mental
mit ihrem Leben abgeschlossen hatten
und durch Geländeritte sowie die Arbeit
am Rind ihre innere Balance wieder gefunden haben. Nicht zu vergessen: Der
rein praktische Bezug, dass die eigenen
Rinder vom Pferd aus besser zu handeln
sind als zu Fuß –, wobei die Rinderhaltung
oft eine Folgeerscheinung ist, um den
Traum von der eigenen, kleinen Ranch zu
vervollständigen.
Der „Spirit“ von einst
Viele Erklärungen, ein Fazit: Die Rinderdisziplinen sind ganz nah am Ursprung des Westernreitens und die Turniere geben einen Eindruck davon wieder, wie und warum man dereinst zum
Westernreiten gekommen ist. Für die
Mitglieder des Ranchhorse-Vereins steht
das Leben mit den Pferden im Vordergrund, dazu das gemeinschaftliche Erlebnis – ob Turnier, Workshop oder andere Treffen. Auch wenn im Wettbewerb
um Punkte gekämpft wird, so kann man
hinterher entspannt am Legerfeuer zusammensitzen. Die Stimmung erinnert
oft an den „spirit“ aus den Anfangsjahren, als Westernreiten noch als „exotisch“
galt. Jeder hilft jedem – manchmal
kommt es spontan zu einem kleinen
Workshop, wenn vor dem Turnier die
„alten Hasen“ Einsteigern hilfreiche
Tipps geben. Für Rookies und Jugendliche wurden ohnehin einige Regeln vereinfacht, um ihnen den Einstieg in die
Versatility zu erleichtern. Einen Leitsatz
stellt der Ranchhorse-Verein allerdings
ganz nach oben und sollte bei allen Turnierambitionen nicht in Vergessenheit
geraten: Unsere Pferde als vielseitige und
zuverlässige Freizeitpartner auszubilden
und langlebig zu erhalten.
Weitere Infos: www.ranchhorse.de
Text: Carola Steen, Fotos:C. Steen (4), R. Erb