romanik in der lombardei - Internationale Studienreisen Max A

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romanik in der lombardei - Internationale Studienreisen Max A
ANDREA PALLADIO
WERK, PERSON UND ZEIT
STREIFZÜGE ZU VILLEN, KIRCHEN UND PALÄSTE
AUFENTHALT IN VICENZA UND CASTELFRANCO –
AUSFLUG VENEDIG
Vom 25.05. bis 02.06.2015 unter Leitung von Dr. Matthias Klein
Reise-Nr. 15-03-2-03
Palladios Villen faszinieren auch nach viereinhalb Jahrhunderten noch jeden architekturinteressierten Menschen. Die
Gründe mögen vielfältig sein, sie haben aber immer auch damit zu tun, dass diese Bauten die menschliche Seele
ansprechen und als Verwirklichung eines künstlerischen Ideals gelten können. Dies näher zu erkunden, wollen wir uns
vornehmen. Im Zentrum unseres Interesses bei dieser Reise steht deshalb die Person, das Werk (u.a. 16 Villen) und die Zeit
Andrea Palladios.
Goethe notierte am 19. September 1786 in Vicenza: Palladios Werke „sollen ja durch ihre wirkliche Größe und
Körperlichkeit das Auge füllen und durch die schöne Harmonie ihrer Dimensionen nicht nur in abstrakten Aufrissen,
sondern mit dem ganzen perspektivischen Vordringen und Zurückweichen den Geist befriedigen; und so sag’ ich vom
Palladio: er ist ein recht innerlich und von innen heraus großer Mensch gewesen … Es ist wirklich etwas Göttliches in
seinen Anlagen, völlig wie die Force des großen Dichters, der aus Wahrheit und Lüge ein Drittes bildet, dessen erborgtes
Dasein uns bezaubert.“
Das Profil der Reise: Bequeme Busreise ab München, Anreise am gleichen Tag möglich – Hinfahrt über Südtirol und Valsugana
nach Vicenza, Rückfahrt über Cortina d‘ Ampezzo – jeweils vier Übernachtungen in Vicenza und Castelfranco – Villen entlang der
Riviera del Brenta – geruhsame Tagesausflüge zu bekannten und weniger bekannten Palladiobauten – mit der Bahn nach Venedig,
exklusive Bootsfahrt zu den Palladiokirchen – nur 8 bis 18 Teilnehmer.
Unser Reiseleiter Dr. Matthias Klein
ist Kunsthistoriker, Verleger und Autor, seine Promotion
schloss er mit einer Arbeit über mittelalterliche Wandmalereien ab. Seit 40 Jahren ist er auch als Studienreiseleiter
unterwegs, zuletzt bei Klingenstein. Nach einer berufsbedingten Pause ist Dr. Klein 2013 mit dieser besonderen
Themenreise wieder zu uns gestoßen, die 2014 erstmals
erfolgreich durchgeführt und nun 2015 wiederholt wird.
Weitere Reisen führen 2015 nach Umbrien und Serbien. Wir
freuen uns ihn wieder in unserem Team zu haben.
Programm der Reise:
Bilder:Teatro Olimpico in Vicenza, das erste überdachte
Theater der Nachantike / Villa Caldogno
1. Tag 25.05. Montag
München – Valsugana – Vicenza
Um 09.00 Uhr Abholung der Flugreisenden vom Flughafen,
um 10.00 Uhr Busabfahrt vom Hauptbahnhof. Fahrt über
Garmisch – Innsbruck – Brenner – Südtirol (Mittagspause) –
Valsugana nach Vicenza. (440 km, davon 300 km Autobahn).
4 Übernachtungen im guten 3-Hotel-Cristina, zentral zur
Fußgängerzone gelegen.
2. bis 4. Tag 26.05. bis 28.05. Dienstag bis Donnerstag
Aufenthalt Vicenza und Ausflüge
Die Bauwerke Andrea Palladios stehen natürlich im
Mittelpunkt der Besichtigungen, aber auch an anderen
bedeutenden Sehenswürdigkeiten wird man nicht achtlos
vorüber gehen (die Einteilung richtet sich vor allem nach den
Öffnungszeiten der Villen – Änderungen müssen wir uns
vorbehalten):
In Vicenza, der vornehmen Palladio-Stadt, gibt es besonders
viel zu sehen: Teatro Olimpico, das erste überdachte Theater
der Nachantike, dessen Bühnenfront ganz aus Holz und
Stuck besteht; Palazzo Chiericati (heute das Museo Civico
mit Meisterwerken früher venezianischer Maler, Memling,
Tintoretto, Tiepolo u.a.); Arco della scalette;
der
Stadtrundgang führt vorbei an Kirchen (Santa Corona, Dom)
und weiteren Palazzi zur Piazza dei Signori mit der Basilica
(Palazzo della Ragione) und der Loggia del Capitaniato, zwei
Meisterwerke Palladios.
In unmittelbarer Nähe von Vicenza liegen die Palladio-Villen
La Rotonda, eines seiner schönsten Werke, und im Norden
die Villa Caldogno sowie die Villa Godi-Malinverni in
Lonedo, beide mit Fresken ausgemalt.
Ausflug zum Monte Berico mit einem weiten Rundblick auf
Vicenza und bei guter Sicht auch auf die noch
schneebedeckten Gipfel der Alpen, weiter über die anmutige
Hügellandschaft der Monti Berici, auch an Palladio-Villen
mangelt es hier nicht, vor allem die Villa Pisani-Bonetti in
Bagnolo und Villa Poiana gilt unser besonderes Interesse.
Die Villa Badoer in Fratta Polesine ist ebenfalls ein
ausgemaltes Hauptwerk, das nicht fehlen darf.
5. Tag 29.05. Freitag
Vicenza – Castelfranco Veneto
Mit einem letzten Stadtrundgang beenden wir unseren
Aufenthalt in Vicenza und beziehen Quartier in Castelfranco
Veneto,
eine sympathische Kleinstadt mit einem
malerischen Castelbezirk und Häusern mit schönen Arkaden.
4 Übernachtungen im 3-Sterne-Hotel alla Torre.
6. bis 8.Tag 30.05. bis 01.06. Samstag bis Montag
Aufenthalt in Castelfranco Veneto
Ausgangspunkt für folgende Ausflüge:
Palladio-Villen Barbaro und Emo, Asolo: Wir fahren
zuerst nach Maser, wo uns eine der berühmtesten PalladioVillen, die Villa Barbaro, eines seiner Hauptwerke, die mit
Fresken von Paolo Veronese ausgeschmückt ist, erwartet.
Die Mittagszeit verbringen wir in Asolo, einer zauberhaften
am Hang gelegenen Kleinstadt. In Fanzolo, nördlich von
Castelfranco, besuchen wir nachmittags die großzügig
gelegene Villa Emo.
Riviera del Brenta: An den Ufern des Brentakanals liegen
besonders prächtige Villen, die im klassischen Stil Andrea
Palladios als Sommerpaläste der reichen Venezianer erbaut
wurden.
Pisani in Stra liegt in einer herrlichen großzügigen Parkanlage, einige Räume sind mit Gemälden von Giambattista
Tiepolo, darunter sein Meisterwerk Die Apotheose der
Familie Pisani, ausgestaltet.
Der Foscarini-Palast überrascht mit einem wunderbar
ausgemalten Ballsaal und als Höhepunkt in Malcontenta die
Villa Foscari, 1559 von Palladio erbaut, reich mit Fresken
dekoriert.
Ausflug Venedig: Nach den Villen auf dem Festland
erwarten uns die großen Kirchenbauten Palladios in Venedig.
Mit der Bahn schnell und bequem in die Lagunenstadt,
exklusiv mit dem Taxiboot zu den zu den Palladio-Kirchen S.
Giorgio Maggiore, Il Redentore und S. Francesco della
Vigna. Die Bootsfahrt endet am Nachmittag am Markusplatz.
Zeit zur freien Verfügung. Zu Fuß oder mit dem Linienboot
zurück zum Bahnhof und Rückfahrt nach Castelfranco.
9. Tag 02.06. Dienstag
Castelfranco Veneto – Rückreise
Eine landschaftlich eindrucksvolle Alpendurchquerung beendet die Reise: Vorbei an Treviso nordwärts, über Cortina
d’Ampezzo (Blick auf die Drei Zinnen) und auf der
Felbertauernstraße zurück nach München. ( 420 km)
Ankunft gegen 17.00 Uhr. Bei Bedarf weiter zum Flughafen.
Reiseversicherungen – Wichtiger Hinweis
Wir empfehlen Ihnen bei Bedarf den Abschluss entsprechender
Reiseversicherungen wie Gepäck-, Kranken- und UnfallVersicherung, vor allem aber der
Reise-Rücktrittskosten-Versicherung,
die seit 2015 nicht mehr in unseren Reisepreisen enthalten ist.
Einen entsprechenden Bestellschein erhalten Sie mit der
Reisebestätigung.
Reisepreis
EUR
Busreise ab und bis München
Einzelzimmer
2350
200
Der Reisepreis schließt folgende Leistungen ein:
 Busfahrt lt. Programm mit einem modernen Reisebus mit
großzügigem Platzangebot
 8 Übernachtungen in den genannten oder gleichwertigen
Hotels, Doppelzimmer mit Bad od. Dusche/WC.
 Frühstücksbuffet und Abendessen im Hotel oder einem
ausgewählten Restaurant.
 Qualifizierte Studienreiseleitung, sämtliche Eintrittselder,
Bedienungsgelder, Trinkgelder bei den Mahlzeiten und
Besichtigungen.
NICHT eingeschlossen sind die Getränke bei den Mahlzeiten,
persönliche Trinkgelder im Hotel und das übliche Trinkgeld
für den Busfahrer.
Teilnehmerzahl: Mindestens 8, höchstens 18 Personen
Buchungen und Zahlungen: Buchungen für diese Reise
sind direkt beim Veranstalter möglich. Die Anzahlung beträgt
€ 470, die Restzahlung ist 3 Wochen vor Reisebeginn fällig.
Die Reiseunterlagen werden ca. 14 Tage vor Reisebeginn
verschickt.
Reiseveranstalter und Reisevereinbarungen: Es gelten die,
mit der Anmeldung anerkannten Reisevereinbarungen des
Veranstalters Internationale Studienreisen Max A.
Klingenstein e.K. – Kultur auf Reisen – München
Stand der Ausschreibung: 10/2014 (Änderungen vorbehalten)
Andrea Palladio
Von Dr. Matthias Klein
Es gibt seit der Antike kaum einen Architekten, der
aufgrund seiner Werke eine derartig nachhaltige
Wirkung erlangte wie der 1508 in Padua geborene (und
1580 in Vicenza gestorbene) Andrea di Pietro della
Gondola genannt Palladio. Die Motive und Formen
seines Klassizismus wurden gerade in den
angelsächsischen Ländern zum Vorbild vornehmer
Architektur und prägten bis heute ganze Generationen
herrschaftlicher Bauten.
Die Gesamtheit seiner Werke umfasste mindestens 16
Stadtpaläste, 30 Landsitze, 4 öffentliche Gebäude, 5
Brücken, 15 religiöse Bauten, 3 Theater, 9 weitere
Objekte wie Portale, Grabmonumente und triumphale
Festdekorationen. Mit seinen Quattro Libri Dell’
Architettura, den vier Büchern zur Architektur, legte er
auch eine berühmt gewordene Schrift über die
Baukunst vor, die 1570 erstmals erschien.
Darin stellt Palladio seine Botschaft für den gebildeten
Laien, eigentlich jedoch für die Bauherren und
Auftraggeber gedacht, in Wort und Bild dar. Breiten
Raum nehmen dabei seine eigenen Werke ein, die
durch intensives Studium der antiken römischen
Bauten und antiken Schriften (hier vor allem die zehn
Bücher des Vitruv) entstanden sind. In der Präsentation
verbindet er die Ideale des Humanismus mit der Praxis,
denn er stellt seine Beispiele nicht zur Imitation vor,
sondern als Erläuterung von Grundsätzen, wie man
antike Regeln zur Lösung zeitgemäßer Probleme
anwenden kann. Demzufolge sind seine Texte auch
kurz, aber immer in einer den Humanisten nahen
Sprache gehalten. Sein zentrales Credo lautet kurz und
bündig: die Qualität eines Gebäudes sei zu messen an
seiner Dauerhaftigkeit und Schönheit sowie
Annehmlichkeit und Nutzen. Damit war für seine
eigenen Planungen ein hoher Standard gesetzt.
Als junger Steinmetz tritt Palladio in Vicenza der
Maurer- und Steinmetzzunft bei und lernte 14 Jahre als
Lehrling und Gehilfe bei den Steinbildhauern Giovanni
und Girolamo da Pedemuro, die um 1540 nahezu alle
Bauaufträge in der näheren Umgebung bekamen. Mit
dreißig Jahren traf Palladio das Glück, in den
Außenbezirk der Stadt gerufen zu werden, um an einer
neuen Loggia und anderen Ergänzungsbauten zu
arbeiten, die der Dichter und Philosoph Giangiorgio
Trissino für seine Villa in Cricoli entworfen hatte. Diese
Villa war das erste Bauwerk in Vicenza, das im
klassischen Stil der römischen Renaissance errichtet
wurde. Und Trissino führte den angehenden
Berufsarchitekten in humanistische Kreise ein, er war
es, der ihm den klassischen Namen Palladio gab, der
einerseits an die Weisheit von Pallas Athene erinnern
sollte, andererseits als Bezeichnung für einen
Schutzengel in seinem epischen Gedicht Italia Liberata
dai Goti auftauchte. Noch ein zweiter Humanist, Alviso
Cornaro in Padua, kreuzte seinen Weg, der ihn mit
seinen Plänen und Traktaten sehr beeinflusste und z.B.
der einzige Theoretiker der Renaissance war, der
vorschlug, dass sparsame Bauherren auf die antiken
Ordnungen und alle traditionellen Ornamente an den
Fassaden verzichten könnten. Palladio war der einzige
Architekt seiner Zeit, der diese Herausforderung
annahm.
1549 wurde Palladio, der bislang nur lokal
ausgewiesene Architekt, mit einem Schlag bekannt,
gewann er doch einen Wettbewerb für eine
Umgestaltung des Palazzo della Ragione in Vicenza,
der sogenannten Basilica, und setzte sich damit gegen
so bedeutsame Mitbewerber wie Sansovino, Serlio,
Sanmicheli und Giulio Romano durch. Dieser erste
eigene öffentliche Auftrag war der Bau einer
zweigeschossigen Loggia um ein bereits bestehendes
Gebäude, Palladios Konstruktion kann deshalb nicht
als eigenes Bauwerk bezeichnet werden, sondern als
Hülle des vorhandenen Baus. Einerseits war die Loggia
als Stützsystem notwendig, andererseits bildet sie eine
elegante und repräsentative Dekoration eines
öffentlichen Gebäudes zur Piazza hin. Der bauliche
Charakter des städtischen Zentrums veränderte sich
dadurch grundlegend von einer altmodischen Fassade
des Spätmittelalters hin zu einer antikorientierten,
modernen,
durch
Wandöffnungen
voluminös
erfahrbaren
und
damit
wirkungsmächtigen
Konstruktion, in der Säulen, Bögen und Stürze in den
Jochen so überzeugend angewandt wurden, dass dies
später als Palladio-Motiv bekannt wurde.
Palladios Ruhm gründet vor allem auf seine
ausgeführten Villenbauten. War die Villa im 14. und
frühen 15. Jahrhundert als Bauaufgabe zunächst ein
agrarischer Komplex, geprägt von wirtschaftlichen und
funktionellen Bedingungen, so tritt vor 1500 eine
äußere
Wandlung
ein.
Architektonische
Errungenschaften der venezianischen Stadtarchitektur
gewinnen einen größeren Einfluss und lassen Raum für
eine neue Vorstellung des Landlebens. Das politische
Interesse der Serenissima Venedig für ihr TerrafermaGebiet wurde stärker als bislang auf die Kultivierung
landwirtschaftlichen Bodens gelegt. Die oftmals
verwahrlosten Liegenschaften sollten wieder durch
Trockenlegung der Sümpfe nutzbar gemacht werden,
ein modernes Be- und Entwässerungssystem, das über
die Lombardei in die venetischen Lande kam, half
zusehends, die Landwirtschaft attraktiv zu machen. Ab
1540, als es zu einem sprunghaften Anstieg von
Villenbauprojekten kam, wurde die Idee der
Landwirtschaft auf eine Grundlage im Sinne des
Humanismus gestellt. Wortführer dieser Entwicklung
war der oben bereits erwähnte Alvise Cornaro. Er kam
zu der Überzeugung, dass eine wirtschaftliche Zukunft
der Terraferma sich zusehends an der Landwirtschaft
orientieren müsse und zog daraus die Konsequenz,
dass diese sakralen Charakter annehmen müsste.
Cornaro nannte sie santa agricultura, also heilige
Landwirtschaft:
„Daher kann ich mit Recht behaupten, dass ich Gott
dem Herrn einen Altar und einen Tempel errichtet habe
und ihm Seelen schenkte, die zu ihm beten.“
Das Zusammentreffen von praktischer Notwendigkeit
und der Idealisierung des Landlebens durch das
humanistische Denken war die Vorbedingung für die
nun verstärkt einsetzende Villegiatura, die sich in zwei
verschiedenen Tendenzen äußerte. Je nach den
Prioritäten, die von den adligen Bauherren gesetzt
wurden, entstanden Villen, bei denen der
Landgutcharakter überwog, und solche, die als
ländliche Residenz nach der Umsetzung der geistigen
Ideale vom Villenleben als Schaffung eines Arkadien,
eines lieblichen, von der Realität unberührten Ortes, in
konkrete Formen strebten.
Hier tritt Palladio auf den Plan. Er beginnt zunächst bei
seiner ersten Villa noch in den traditionellen
Vorstellungen der Zweiturmvilla, also zwischen zwei
mächtigen Eckrisalitquadern ein zurückgeordneter und
sich öffnender Zentralkörper. Diese vom Festungsbau
überlieferte Betonung war jedoch schon seit
Jahrzehnten nicht mehr notwendig – jedenfalls seit es
nach der Liga von Cambrai keine kriegerischen
Aktionen mehr zu erwarten gab.
Dadurch stand einer Umkehrung dieser vertikalen
Baukörpergestaltung nichts mehr im Wege: nicht mehr
die Eckrisalite treten nach vorn, sondern die
Mittelachse, die zusätzlich durch einen Giebel
ausgezeichnet wird. Um 1550 verstärkt sich diese
Tendenz
durch
die
Verwendung
eines
doppelgeschossigen Portikus zur Hervorhebung des
Mittelbaus. Schließlich erscheint seit 1554 sein
bekanntestes Motiv überhaupt: die kolossale
Säulenordnung unter einem Dreiecksgiebel, also eine
Tempelfront als beherrschendes Element des
Mittelbaues. Die überaus erfolgreiche Durchdringung
dieses Motivs, die Beliebtheit, die bis heute anhält,
lässt sich nur dadurch erklären, dass die
Tempelanklänge
als
Formenvokabular
und
Markenzeichen Palladios sich mit dem Villenideal vom
heiligen Ackerbau ebenso kreuzen, wie sie die Würde
des Villeneigentümers hervorheben.
Der Rest ist Gefühl für Maß, Gesetzlichkeit und
Ordnung, Intuition und geschickte Einstellung auf die
Bedürfnisse und Ansprüche der Auftraggeber. Dass
diese Auffassung von Vitruv hergeleitet wurde, hatte
Palladio nie abgestritten. Dies gilt auch für die
Vorstellung, dass in einem guten Bauwerk jeder Teil
ebenso in harmonischer Übereinstimmung mit dem
benachbarten Teil wie mit dem Ganzen stehen muss.
In den vier Jahrzehnten seines künstlerischen
Schaffens zeigt sich zunehmend eine Tendenz zu
plastischer Durchbildung von Fassaden und Räumen,
die im Spätwerk bis an die Grenze einer an- und
abschwellenden Modellierung von Flächen führt.
In seinen eindringlichsten Werken, der Villa Barbaro in
Maser oder der Villa Rotonda bei Vicenza, wird die
reale Welt der Natur mit einer idealen Scheinwelt
menschlicher Vorstellung zur Deckung gebracht, der
abstrakte Kubus mit vierseitigen Säulenportiken der
Rotonda, also die genau durchdachte architektonische
Form, verschmilzt mit den konkreten Verhältnissen der
umgebenden Landschaft, Rationales und Emotionales
durchdringen einander.
Goethe notierte am 19. September 1786 in Vicenza:
Palladios Werke „sollen ja durch ihre wirkliche Größe
und Körperlichkeit das Auge füllen und durch die
schöne Harmonie ihrer Dimensionen nicht nur in
abstrakten Aufrissen, sondern mit dem ganzen
perspektivischen Vordringen und Zurückweichen den
Geist befriedigen; und so sag’ ich vom Palladio: er ist
ein recht innerlich und von innen heraus großer
Mensch gewesen … Es ist wirklich etwas Göttliches in
seinen Anlagen, völlig wie die Force des großen
Dichters, der aus Wahrheit und Lüge ein Drittes bildet,
dessen erborgtes Dasein uns bezaubert.“
BILDER:
Seite 2 links VILLA ROTONDA, rechts VILLA GODI
Seite 3 links VILLA BADOER, rechts VILLA FOSCARI