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Elektronische Medien
Anton Jolkovski
November 1999
zeitungstechnik
IFRA99: Web-Publishing
Kleinanzeigen oder E-Commerce?
Seit Zeitungen im Internet Präsenz zeigen, ist die Debatte über
Einnahmequellen im Web nicht
verstummt. Einige Zeitungen sind
mit gestalteten und rubrizierten
Anzeigen verhältnismäßig erfolgreich – einem Angebot, das sich
auch beim gedruckten Produkt
seit langem bewährt hat –, andere
halten dies für eine Sackgasse
und drängen darauf, neue Einnahmequellen zu erschließen,
beispielsweise in den Bereichen
Internet-Dienste, Web-Hosting
und E-Commerce.
Beim Besuch zweier Stände auf der
IFRA99 wurde deutlich, daß bereits heute
leistungsfähige Tools für den Aufbau und
die Erweiterung von Aktivitäten auf den
Internet-Märkten rubrizierte Anzeigen, Syndication und E-Commerce verfügbar sind.
Rubrizierte Anzeigen:
gedruckt und digital
Das Consulting-Unternehmen Rosetta
Stone Consultancy (www.rosetta.nl) präsentierte auf der IFRA99 unter anderem das
Software-Paket System 5 für rubrizierte
Anzeigen. System 5 ermöglicht Zeitungen
weit mehr als das bloße Publizieren von
Kleinanzeigen im Internet: Zeitungen können sich ihrem Schwerpunkt entsprechend
eine Position als Full-Service-Dienstleister
für Arbeitgeber und Arbeitsvermittler, Autohänder und/oder Immobilienmakler aufbauen. Rosetta Stone zufolge können die
Zeitungen die Bereitstellung solcher Dienste fast vollständig automatisieren, ohne
daß sie auf eine hohe Flexibilität verzichten müssen. Zudem kann die Software
Zeitungen als hervorragendes Werkzeug
zur weiteren Etablierung des Markennamens dienen.
Als Beispiel für den erfolgreichen
Einsatz von System 5 demonstrierte das
Unternehmen ClickWork, eine Stellenmarkt-Web-Site, die gemeinsam von fünf
großen niederländischen Zeitungen betrieben wird: Algemeen Dagblad, de Volkskrant, NRC Handelsblad, Trouw und het
Parool (die Zusammenarbeit ist nur vorübergehend: Jedes Blatt plant, in Kürze mit
einer eigenen Web-Site präsent zu sein).
Neben Stellenanzeigen findet man bei
ClickWork (www.clickwork.nl) auch auf
den Arbeitsmarkt bezogene Nachrichten
sowie weitere Informationen.
Registrierte Stellensuchende können
sich bei ClickWork ein eigenes „Arbeitszimmer“ auf dem Server der Web-Site anlegen
und dort Suchabfragen, verschiedene
Lebenslauf-Versionen, Kopien von E-MailKorrespondenz usw. ablegen. Potentiellen
Arbeitgebern und Job-Agenturen kann Zugriff auf den Lebenslauf gewährt werden,
wenn das Profil des Arbeitsuchenden deren
Kriterien entspricht. Speichert der Stellensuchende eine Abfrage, wird er per E-Mail
benachrichtigt, wenn neue Angebote eingehen, die seinen Kriterien entsprechen.
Um den vollständigen Text der entsprechenden Anzeigen zu lesen, muß er jedoch
die Web-Site besuchen, wodurch die Zahl
der Zugriffe steigt. Alle E-Mails, die der
Nutzer als direkte Reaktion auf eine Stellenanzeige versendet, enthalten den Namen
ClickWork, wodurch sich dieser Markenname bei allen Beteiligten weiter einprägt.
Alle Dokumente des Nutzers und die gesamte Korrespondenz werden nicht auf seiner Festplatte, sondern auf dem ClickWorkServer gespeichert, so daß die Daten nicht
Die von fünf großen niederländischen Zeitungen betriebene Web-Site ClickWork basiert auf Software der
Rosetta Stone Consultancy. Unternehmen können hier
eigene Mini-Sites aufbauen und Serien-E-Mails versenden, während Stellensucher beispielsweise potentiellen Arbeitgebern anonym relevante Informationen
zu ihrer Person zur Verfügung stellen können.
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in falsche Hände gelangen. Will der Stellensuchende den Service nicht mehr nutzen, kann er mit nur wenigen Mausklicks
sämtliche in seinem „Arbeitszimmer“ vorhandenen Dokumente herunterladen und
vom Server löschen.
Arbeitgeber und Stellenvermittlungsagenturen können gegen ein vierteljährliches Entgelt Mitglieder bei ClickWork
werden. Die Mitgliedschaft bietet ihnen
zahlreiche Vorteile; so werden beispielsweise in Listen mit Stellenangeboten die
Namen der Mitglieder vor den Namen
von Nichtmitgliedern angezeigt. Weiterhin
haben Mitglieder die Möglichkeit, eigene
„Mini-Sites“ zu erstellen, die sie beliebig
verändern und aktualisieren können. Hierfür steht den Unternehmen eine umfassende Site-Management-Schnittstelle zur Verfügung, über die sie auch Statistiken zur
Nutzung der Site abrufen können. Zudem
können die Mitglieder Serien-E-Mails an
Nutzer senden, die bestimmten Kriterien
entsprechen, und spezielle URLs in diese
Mails einfügen, über die festgestellt werden
kann, wie viele Nutzer direkt von der EMail aus auf die Web-Site zugreifen.
Guy Spriggs, Managing Director von
Rosetta Stone, zufolge, ist System 5 für
Automobil- und Immobilienanzeigen ebenso gut geeignet wie für Stellenanzeigen.
E-Commerce, Personalisierung
und Syndication
Ann Szerlip, Sales Director von FutureTense, brachte ihre Einschätzung auf
der IFRA99 auf den Punkt: „Mit rubrizierten Anzeigen kann man kein Geld verdienen. Es gibt zu viel Konkurrenz.“ Um im
Internet Gewinn zu machen, müssen Zeitungen ihrer Ansicht nach E-CommerceAngebote in ihre Web-Sites aufnehmen.
Angesichts der Tatsache, daß FutureTense
vor kurzem von Open Market, einem der
großen Anbieter von E-Commerce-Software, übernommen wurde, überrascht diese
Aussage nicht. (Nur wenige Wochen nach
der IFRA99 scheint das Unternehmen den
Markennamen FutureTense übrigens nicht
mehr zu verwenden. Gibt man „www.
futuretense.com“ ein, wird die Web-Site
von Open Market geöffnet. Dort werden
zwar frühere FutureTense-Produkte be-
zeitungstechnik
November 1999
schrieben, der Name „FutureTense“ erscheint jedoch nicht mehr.)
Ann Szerlip demonstrierte auf der
IFRA99 die Funktionsweise von für den ECommerce optimierter Bannerwerbung.
Statt den Nutzer an die Site des Anbieters
weiterzuleiten, von der er möglicherweise
nicht wieder zurückkehrt, wird durch den
Klick auf das Banner ein kleineres Fenster
geöffnet, das weitere Informationen zum
beworbenen Produkt enthält und die Möglichkeit bietet, das Produkt sofort online zu
bestellen. Hierdurch verläßt der Nutzer
nicht die ursprüngliche Site, deren Betreiber selbstverständlich mit dem Anzeigenkunden eine Provision für Bestellungen
aushandeln kann, die über die Bannerwerbung auf seiner Site zustande kamen.
Durch diese Art der Bannerwerbung verbringt der Nutzer also mehr Zeit auf der
Web-Site, was zu einer Steigerung deren
Rentabilität führen soll.
Das Hauptprodukt von FutureTense
war bisher die Content-Management-Software Internet Publishing System (IPS).
Hierbei handelt es sich um ein System auf
XML-Basis, mit dem dynamisch aus Datenbankinhalten Web-Seiten erstellt werden
können. IPS wird von zahlreichen Zeitungen — beispielsweise New York Times
(www.nytimes.com), Sydney Morning Herald (www.smh.com.au), Greenville News
(www.greenvilleonline.com) und Minneapolis Star Tribune (www.startribune.com) —
und von anderen großen Unternehmen,
z. B. von der Chase Manhattan Bank (www.
chase.com), für deren Web-Sites eingesetzt.
Ein wesentlicher Vorteil von IPS besteht
darin, daß mit der Anwendung große Inhaltsmengen aus verschiedensten Quellen
verwaltet und zeitgleich auf mehreren Sites
und in unterschiedlichen Formaten publiziert werden können. Hierdurch wird die
Vermarktung von Inhalten (Syndication) –
eine weitere vielversprechende Einnahmequelle für Zeitungen – vereinfacht.
Eine weiterer Vorteil von IPS ist die
Tatsache, daß das Programm die Bereitstellung personalisierter Informationen für
Web-Nutzer ermöglicht. Ann Szerlip demonstrierte, wie beispielsweise die New
York Times diese Funktion nutzt, um ein
umfassendes Service-Angebot für die
Abonnenten des gedruckten Produkts bereitzustellen. Nach Eingabe seines Kennworts kann der Abonnent auf sämtliche
Abo-Informationen zugreifen, die Zeitung
Anton Jolkovski
für die Zeit seines Urlaubs abbestellen und
den Abonnentenservice benachrichtigen,
falls Probleme mit der Zustellung auftreten.
Interessenten können die Zeitung selbstverständlich über die Web-Site abonnieren
und durch Eingabe ihrer Postleitzahl eine
Liste mit Kiosken und Geschäften in ihrer
Nähe abrufen, bei denen die Zeitung erhältlich ist. Für den Zugriff auf mit IPS betriebene Sites durch Web-Site-Entwickler
steht das Browser-basierte System Xcelerate von FutureTense zur Verfügung. <
> Was bedeutet WAP und WML?
Einer der größten Nachteile des Internet-Publishing
– die Tatsache, daß die Nutzer einen Computer benötigen, der per Kabel an das Telefonnetz angeschlossen
werden muß – wird dank neuer Technologien wie dem
Wiirelless Ap
pplicatiion
n Protocoll (WAP
P) bald keine große
Rolle mehr spielen. Bei WAP handelt es sich um eine Reihe von Spezifikationen, die eine direkte Kommunikation
zwischen Mobilfunknetzen und dem Internet bzw. Intranets ermöglichen. Die Technologie wird von Ericsson,
Nokia, Motorola, Telenor, Microsoft, Telia, IBM und HP
sowie weiteren Unternehmen aus der IT-/Telekommunikationsbranche unterstützt. Das Ergebnis ist ein Mobiltelefon, mit dem die Nutzer beispielsweise ein Restaurant-Verzeichnis für ihre Umgebung mit Zugriffsmöglich- Mactive ist einer der
keit auf die entsprechenden Speisekarten abrufen kön- ersten Anbieter von Punen. Die Zielgruppe für diese Technologie sind also Nut- blishing-Software für
zer, die schnell und auf „drahtlosem“ Wege kleinere In- WAP-Telefone. Das Informationsmengen in Textform benötigen, beispiels- ternet-Protokoll WAP
weise Nachrichten, Börsenkurse, Flugpläne usw. Auch wurde bereits von 180
bei Intranet-Anwendungen, etwa für Anzeigenverkäufer Mobiltelefon-Herstelund -kunden, könnte der WAP-Technologie bald eine lern und Technologiegroße Bedeutung zukommen.
anbietern übernommen.
Als wir auf der IFRA99 ein WAP-Telefon testeten und
in den Fluginformationen der Finnair surften, hinderte uns schon nach wenigen
Minuten nur noch eine Kennwortabfrage daran, einen Flug zu buchen. Selbstverständlich können auf einem Display, das kaum größer als das eines herkömmlichen Mobiltelefons ist, keine normalen Web-Seiten angezeigt werden.
Deshalb wurde für diese Anwendung eine spezielle Programmiersprache mit
ngu
uage (WM
ML) entwickelt. Wie HTML bietet
dem Namen Wiirelless Marrkup Lan
auch WML die Möglichkeit der Navigation über Hyperlinks, d. h., WML-Dokumente sind ebenso flexibel und benutzerfreundlich.
Ende dieses Jahres werden Nokia, Ericsson und Motorola die ersten WAPTelefone auf den Markt bringen. Unternehmen wie der schwedische SoftwareAnbieter Mactive, der sich auf Systeme für das Informationsmanagement bei
Zeitungen spezialisiert hat, entwickeln bereits die entsprechende Software für
das Publishing von WAP-Inhalten. Mactive arbeitet derzeit an der Integration
der WAP-Technologie in seine Anzeigen- und Redaktionssysteme. Darüber hinaus wird Mactive in Zusammenarbeit mit Agence France-Presse einen Nachrichtenservice für WAP-Telefone betreiben. Unter www.pactive.se/demo können sich Interessierte bereits darüber informieren, wie der WAP-Service aussehen wird. Einem Mitarbeiter von Mactive zufolge plant einer der Kunden des
Unternehmens, eine Zeitung aus den USA, große Mengen von WAP-Telefonen
zu einem sehr günstigen Preis auf den Markt zu bringen, um einen ausreichenden Stamm von Nutzern aufzubauen. Die Mactive-Web-Site www.mactive.se
enthält weitere Informationen zum Unternehmen.
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