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touroperator
Mehr Schein als Sein in den
Globus Reisen Lounges
Von Sara Stocker
Seit Frühjahr 2009 buhlen sechs Globus Reisen Lounges von Hotelplan Suisse mit luxuriösen Reisen
um zahlungskräftige Kunden. Doch das Konzept wankt, wie die ST aus diversen Kreisen weiss.
Als «anspruchsvolle Individualreisende, die
den dezenten Luxus schätzen» definiert Globus Reisen seine Hauptzielgruppe. Adäquate
Anlaufstellen für die zahlungskräftige Kund-
«Wir liegen mit unserem Konzept richtig.»
Emanuele Pierro, Verkaufsleiter
Globus Reisen
schaft sollen die Globus Reisen Lounges in
Zürich, Bern, Luzern, Lausanne und Genf bilden. «Reisen auf gehobenem Niveau in
edlem Ambiente» anzubieten, ist das Konzept
der Premium-Marke von Hotelplan Suisse
und oberstes Ziel von Emanuele Pierro, Verkaufsleiter Globus Reisen. So weit, so gut.
Die Sache hat allerdings ein paar Haken.
Kunden im Luxussegment laufen nicht
einfach so «en passant» in ein Reisebüro mitten in der Fussgängerzone. Auch oder schon
gar nicht, wenn man mit einer trendy Stehbar
und einem stilvollen Sessel locken will. Für
viele von ihnen ist Diskretion wichtig, was
Kommentar
gerade bei grosszügigen Schaufensterfronten
nicht wirklich gegeben ist. Individualreisende, die den dezenten Luxus schätzen und
über die nötige Kaufkraft verfügen, haben zudem nicht selten Mühe mit Produkten «ab der
Stange», sprich Angeboten aus Katalogen, die,
böse gesagt, auch der Nachbar buchen kann.
Ein weiterer Trugschluss ist der Glaube,
dass alle Kunden der ehemaligen ESCO- und
Hotelplan-Filialen ihre Ferien nun in den
«Upper Class»-Travel-Lounges buchen würden. Der ST liegen von verschiedenen Seiten
Informationen vor, dass aus genau diesen
Gründen den Globus Reisen Lounges viele
Kunden fehlen. Die Hemmschwelle, so berichten Insider, für preisgünstige Badeferien
oder eine Städtereise die umgebaute «stilvolle» Agentur aufzusuchen, sei für viele schlicht
zu gross. So bliebe auch viel Laufkundschaft
aus, wie Branchenkenner wissen.
Es bedarf professioneller Kundenbindungsmassnahmen und ein über die Jahre
aufgebautes Vertrauen zwischen Agent und
Kunde, damit letzterer an Bord bleibt. Filialleiterwechsel, wie dies bei mehreren Travel
Lounges der Fall war, dienen der Sache
sicherlich nicht.
ST 20/10 8. Oktober 2010
Von schlechten Eltern
Unsereins gehört nicht zur primären Zielgruppe von Globus Reisen, das liegt in erster Linie
am Reisebudget. Dennoch legt das folgende Erlebnis dar, weshalb das weibliche Geschlecht
den Globus Reisen Lounges fernbleibt.
Kurz nach Eröffnung der Travel Lounge in Luzern besuchte ich die Filiale zwecks
Berichterstattung in der ST. Mit zwei Taschen unterwegs, begab ich mich in die todschicke
Agentur. Der Drang (oder besser Zwang) der Mitarbeitenden, meine beiden an der Bar
deponierten Bags unverzüglich ausser Sichtweite zu bringen, um der «besonderen Ästhetik» der Travel Lounge nichts abzuringen, war grösser, als mich dem Konzept entsprechend
«stilvoll» zu begrüssen. Zugegeben, ich war nicht mit Gucci-Handbags unterwegs, aber
das Bally-Label meiner geliebten Shoppingtasche ist ja auch nicht von schlechten Eltern.
Die Sitte, eine Frau und potentielle Kundin als erstes um «Hab und Gut» zu bringen, hingegen schon ... sst
Die Globus Reisen Lounge an der Rue de Bourg in
Lausanne will Gespür für das Besondere beweisen.
Zufrieden mit dem Geschäft
Emanuele Pierro dementiert sämtliche Aussagen, wonach die Geschäfte nicht so laufen,
wie sie sollten. «Wir sind nach den ersten 20
Monaten sehr zufrieden», betont der Verkaufsleiter der Globus Reisen selbstsicher.
Genaue Zahlen will er auch auf erneutes
Nachfragen keine nennen. Der HotelplanSuisse-Mitarbeitende verweist an dieser Stelle
jedoch auf den Umstand, dass die Einführung
neuer Angebote und Marken «zeitliche und
finanzielle Investitionen» benötige.
Aus Pierros Sicht gibt es keinen Bedarf,
Anpassungen vorzunehmen, der Veranstalter
liege mit dem Konzept, «Reisen auf gehobenem Niveau in edlem Ambiente» anzubieten,
richtig. Der Verkaufsleiter erwähnt, dass die
Idee der Travel Lounges von den Kunden sehr
gut aufgenommen würde. Der Vorwurf, man
würde sich nicht (mehr) in die noble Agentur
getrauen, lässt er nicht gelten: «Wir haben
Kunden aus allen Bevölkerungsschichten».
(Mehr zum Thema: Kommentar auf dieser
Seite sowie ST-Umfrage auf Seite 5). ◆
www.globusreisen.ch