DOWNLOAD MAGAZIN Z Ausgabe Juni 2015

Transcription

DOWNLOAD MAGAZIN Z Ausgabe Juni 2015
DIE SUBSTANZ DES STILS
Auto & Reisen 2015
13
16
20
38
ZUTAT A P RIKOSE
ZU TISCH A PÉRO MI T B JÖRK
STADT-DESTILLAT SCH A NGH A I
ROUND TABLE LEBEN OHNE INTERNE T
PRODUKTE GROSSE TASCHEN
MANUFAKTUR H A NDW ERK BEI BEN T LE Y
IM GESPRÄCH Z A H A H A DID
ZENIT HOT ELT REND LOK A LISMUS
Ecken und Kanten
T ECHNISCH AUF DE M P UNK T, Ä S T HE T ISCH
AUF DE R HÖHE . W IE A R CHI T E K T ONIS CHE
F OR ME N AUCH BE I AU T OMOBIL E N DE N F EINE N
UN T E R S CHIE D M A R K IE R E N
Seite 2 4
JUNI 2015
44
46
49
53
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Z
ZEUG
5
Durchblick
D A S S P I E L M I T D U R C H B R O C H E N E N S T R U K T U R E N G E H Ö R T Z U D E N K L A S S I S C H E N D E S I GN -T E C H N I K E N .
T R O T Z N E U E N H E R S T E L L U N G S W E I S E N B L E IB T T R A DI T I O N E L L E H A N D W E R K S K U N S T W I C H T I G
Tex t M A L E N A R U DE R F o t o J O N A S M A R GU E T
N OC H
MEHR
MUT
ZUR
LÜCKE
Tom Dixon: Seine «Etch
Web»-Lampe wirft einen
Spinnwebenschatten.
Alaïa: Lasercut-Taschen
und Schuhe, die das
filigrane Muster der
ikonischen Strickkleider
wiederaufnehmen.
Fogal: Netzstrümpfe, die
nicht billig aussehen.
Eine Tür, die einen Spalt offen steht, fordert die
Phantasie weit mehr heraus als eine offene. Mit diesem voyeuristischen Effekt spielen Mode und Architektur schon, seit es sie gibt. Einem Design mit Lücken nun per se Spannerei zu unterstellen, wäre
aber zu einfach gedacht; oft steht auch die pure Lust
am Spiel mit Farben, Materialien oder Licht und
Schatten im Vordergrund – und die Freude am
Handwerk. Durchbrochene Wände sind eine Errungenschaft der Architektur; zuerst ermöglichten
Eisendübel skelettierte Wände, später Stahlbeton.
Cartier
Auch in der Mode wurde Stricken, Klöppeln und
Knüpfen vor nicht allzu langer Zeit mit einer modernen Technik ergänzt: dem Laserverfahren. Dekorative Lochmuster sind seitdem fester Bestandteil vieler Kollektionen. 3-D-Drucker bieten ganz neue
Möglichkeiten. Dennoch haben handgeschmiedete
Stücke wie der hier gezeigte Armreif nie ihren Reiz
verloren. Und da das Spiel mit der Lücke nicht aus
der Mode kommt, lohnt es sich, zu investieren.
Armreif, Gelbgold, innen rot lackiert (42 800 Fr.), von Cartier.
Makellose Haut?
Mission erfüllt!
D I E I N N O VAT I O N G E G E N
PIGMENTFLECKEN
Mission Perfection
Sérum
In diesem neuen Konzept zur
Pigmentregulierung für alle Frauen
steckt das gebündelte Know-how
von Clarins. Nach der Entdeckung
der Rolle zelleigener Botenstoffe
für die Pigmentbildung in der
Haut hat Clarins ein hochwirksames
Azerola-Extrakt ausgewählt
und Mission Perfection Serum
entwickelt, um braune Flecken
und Pigmentstörungen künftig noch
besser bekämpfen zu können.
Unabhängig von Alter oder Hautton
korrigiert Mission Perfection Serum
Ihre Haut, gleicht farbliche
Unregelmässigkeiten aus und verleiht
Ihrem Teint neue Leuchtkraft,
ohne Ihren natürlichen Hautton
zu verändern. Mission erfüllt!
80% der Frauen
bestätigten
eine sichtbare
Milderung ihrer
Pigmentflecken*.
Zufriedenheitstest mit 266 Frauen
unterschiedlicher ethnischer Herkunft
(kaukasischer Typ, asiatischer Typ,
spanischer Typ und afro-amerikanischer
Typ), 4 Wochen.
*
Mehr Informationen unter:
www.clarins.com
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Z
AUTO/REISEN 2015
7
INHALT
ZEITGEIST
ZENIT
8 — NEUE S AUS DER SCH W EIZ
10 — NEUE S AUS DER W ELT
13 — PRODUK T E
14 — SCHÖNHEI T
3 8 — Z E NI T
Suche nach Authentizität
Der Hotelaufenthalt wird zum Rundum-Erlebnis.
Der moderne Reisende will sein Reiseziel
spüren und erfahren. Die Branche reagiert darauf
4 4 — Z U TAT
Aprikose
Seite 24, Im Bilde: Der «XE S» von Jaguar hat
sich mit seiner klaren Formensprache
für das Shooting dieser Ausgabe qualifiziert.
Eine Frucht, die rasch errötet und uns mit Süsse
und Saftigkeit bezirzt. Drei Rezeptvorschläge
4 6 — Z U T ISCH
Apéro mit Björk
Seite 13, Produkte: Grosse Tragetaschen bieten
Platz für alles, was man zu brauchen meint.
Die Tafel für die isländische Musikerin ist auf
naturnahe Art weltfremd gedeckt
16 — M A NUFA K T UR
Made in Crewe
Den Reizen eines Bentley erlag
schon die Queen. Werkstattbesuch beim
britischen Luxuswagenhersteller
2 0 — IM GE SP R ÄCH
Zaha Hadid
ZÄSUR
2 7— M A L EN A RUDER / BA RBA R A V INK EN
2 8 — JOACHIM SCHIRRM ACHER /
SUSA NN W IN T SCH
2 9 — RICH A RD K ÄGI / BICE CURIGER
3 0 — A L F REDO H Ä BERL I
Die britische Architektin und gebürtige Iranerin
sagt, dass sie schon immer Häuser bauen wollte
2 4 — IM BIL DE
Linientreu
Das Actelion Business Center in
Allschwil, erbaut von Herzog & de Meuron, eignet
sich vorzüglich als Kulisse, um die Vorzüge
unserer Auswahl neuer Autos zu unterstreichen
Seite 44, Zutat: Reife Aprikosen
bieten einen Genuss, mit dem nur wenige
Früchte konkurrieren können.
Seite 16, Manufaktur: Bis ein Bentley
strassentauglich die Fabrik verlässt, werden
bis zu 400 Stunden Arbeit investiert.
ZUGABE
4 9 — S TA DT-DE S T IL L AT
5 2 — IMPRE SSUM / BE ZUGSQ UEL L EN
5 3 — ROUND TA BL E
5 4 — Z I TAT
Seite 20, Im Gespräch: Architektin
Zaha Hadid mag fliessende Räume.
Juni 2015
8
ZEITGEIST
Z
NEUES AUS DER SCH W EIZ
sagte Götz jüngst gegenüber der
«NZZ» – und pries ihr neustes Projekt
an, ein modisches Paradies mit Labels wie Jonathan Saunders, Peter
Pilotto oder Rodarte. (kid.)
KUNST
Lumas-Galerie
troispommes.ch
Fischmarkt 1, Basel
ACCESSOIRES
Schmuckes aus Leder
MODE
lumas.com
DESIGN
Orient im Okzident
itslauber.com
Sommermode à la carte bei
Dorothée Vogel
Die Sommerkollektion der Schweizer
Modedesignerin Dorothée Vogel ist
eine gelungene Mischung aus schlichten, zeitlos-eleganten Stücken und solchen, auf denen wilde Prints wie
Reissverschlüsse, Büroklammern oder
Kaugummipackungen herumschwirren. Kaufen kann man die Kreationen
im «Salon Privé» der Designerin an
wechselnden Locations; die Adresse
wird nach der Anmeldung (online
oder unter 044 261 91 23) bekanntgegeben. Dort kann probiert und gekauft
werden, oder man meldet Änderungswünsche an und erhält ein in der
Schweiz oder Italien individuell angefertigtes Teil vier Wochen später nach
Hause geliefert. (zwe.)
Aus Ahorn und Flechtwerk: «Khan»
(702 Fr.) und «Rani» (520 Fr.).
Mensch und Tier: Dieses Werk nennt
Iouri Podladtchikov «Les enfants».
Für ihre Kollektion «Karawane» nutzt
das auf alte Handwerkstechniken
spezialisierte Designstudio Pour les
Alpes die Strohflechtkunst des Aargauer Freiamtes. Der Hocker «Rani»
und der Beistelltisch «Khan» erinnern allerdings weniger an ein
Heimatkundemuseum als eher an ein
orientalisches Café – nicht nur ihrer
Namen wegen. (das.)
pourlesalpes.ch
Leder-Kragen von It’s Lauber.
Glas statt Aluminium
RESTAURANT
Apotheke
dorotheevogel.com
Zürichbergstrasse 17, Zürich
«I 5» von Albert Oehlen, 2009.
Salatbar, Quiches, guter Kaffee und
lokales Bier in grossartigen Räumlichkeiten, die man eher in Brooklyn
als im Zürcher Uni-Quartier erwarten
würde – allerdings ohne dass sich die
ehemalige Apotheke dem New Yorker
Stadtbezirk anbiedert. Wer braucht da
noch Arzneimittel? (das.)
apotheke-zh.ch
Trois Pommes – The Store
Bahnhofstrasse 18, Zürich
Boutiquen-Königin Trudie Götz hat
ein weiteres Geschäft eröffnet. Ganz
so neu ist die Adresse nicht, das Lokal
an der Bahnhofstrasse hat die TroisPommes-Inhaberin bisher als PradaBoutique betrieben. Die Kunden aber
hätten Mono-Brand-Stores etwas satt,
Albert Oehlen:
An Old Painting in Spirit
Kunsthalle Zürich, bis 16. August 2015
Im Zusammenhang mit dem neoexpressionistischen Künstler Albert
Oehlen fällt oft der Begriff Bad Painting, eine inoffizielle Stilrichtung, deren Protagonisten sich gar nichts verpflichtet fühlen, weder klassischen
Kunstrichtungen noch dem guten Geschmack. Oehlen, geboren 1954, fordert unsere Vorstellungen von Schönheit und Kunst heraus. Die Kunsthalle
Zürich zeigt Malereien und Collagen
des deutschen Künstlers, der seit zehn
Jahren im Appenzellischen lebt. (ols.)
Schöner könnte man den Beginn
einer Kooperation kaum kommunizieren: Die mundgeblasene «Sigg
Classic Glass» steht für eine Reihe experimenteller Projekte zwischen dem
Aluminium-Trinkflaschen-Hersteller
und der Glasi Hergiswil – erhältlich
in limitierter Auflage. (das.)
kunsthallezurich.ch
sigg.ch
Juni 2015
«Sigg Classic Glass» (250 Fr.).
FOTOS: IOURI PODLADTCHIKOV, ALBERT OEHLEN / STEFAN ROHNER, PD; ILLUSTRATION: NAOMI ELLIOTT
Bluse (650 Fr.) und Hose (690 Fr.)
aus Dorothée Vogels aktueller
Sommerkollektion.
Grosse Modeschmuck-Colliers, sogenannte Statement-Ketten, zieren seit
einigen Saisons die Décolletés von
Trendbewussten. Eine coole Alternative zu Strass sind die Lederkrägen
von It’s Lauber. Alle Schmuckstücke
der Basler Modedesignerin Sabine
Lauber sind Schweizer Handarbeit –
wobei sie darauf achtet, möglichst nur
naturgegerbtes Leder aus artgerechter
Haltung zu verwenden. (rud.)
In Basels Altstadt werden seit kurzem
Haie angeboten – zumindest jene, die
Snowboard-Champion und Neo-Fotograf Iouri Podladtchikov vor die Linse
gerieten. Auch am zweiten Schweizer
Standort bleibt die Lumas-Galerie ihrem Konzept treu: Erhältlich sind limitierte und signierte Originalfotografien internationaler Künstler in
verschiedenen Preislagen. (ols.)
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10
ZEITGEIST
Z
NEUES AUS DER W ELT
«Self-Portrait», Andy Warhol, 1963–64.
KUNST
LITERATUR
SCHMUCK
Ein Katzenleben
Ikonische Joaillerie
Die Liebe zu Haustieren treibt manchmal seltsame Blüten. Das Büchlein
«Choupette. Aus dem Leben einer
Katze an der Seite von Karl Lagerfeld»
(Edel Books, 2015) gibt einen Einblick
in das Leben des verwöhnten Kätzchens anhand von Fotos, Anekdoten,
Liebeserklärungen des Designers und
Rezepten. Ein seltsames, aber unterhaltsames Werk. (rud.)
Taschen mit dem typischen ChanelSteppmuster, genannt Matelassé, stehen bei vielen Frauen oben auf der
Wunschliste. Nun kommt ein weiterer
Posten dazu: Für die Schmuck-Linie
«Coco Crush» wurde das ikonische
Design auf Ringe in verschiedenen
Breiten sowie auf einen Armreif übertragen. Die coolen Stücke sind in
Gelb- oder Weissgold erhältlich. (rud.)
Katrantzou-Entwurf für Adidas.
edel.com
chanel.com
MODE
Pop-Kultur
Fondation Louis Vuitton, Paris,
Ende offen
Neben der Ausstellung «Keys to a Passion» (bis 6. Juli 2015), welche einige
der bedeutendsten Werke weltweit
versammelt, zeigt die Fondation
Louis Vuitton in vier Tranchen weitere Werke ihrer Sammlung. Folgen
drei und vier zu den Themen «Music/
Sou nd» bzw. «Popist» hu ld igen
Künstlern wie Andy Warhol oder
Bertrand Lavier. (rud.)
Adidas Originals
by Mary Katrantzou
Choupette, berühmte Katze von Karl
Lagerfeld und Buch-Heldin.
BAR
Bar Luce
fondationlouisvuitton.fr
Die 31-jährige Britin Mary Katrantzou
hat sich im Modezirkus bereits einen
Namen gemacht – und schlägt sich
weiterhin wacker. Ihre eigentümliche, futuristisch-bunte Formensprache bescherte ihr bereits Aufträge für
Marken wie Swarovski, Moncler und
Longchamp. Mit ihrer zweiten Kollektion für Adidas Originals zielt sie
nun auf ein breiteres Publikum. (kid.)
Ring «Coco Crush» (2950 Fr.), Chanel.
WEIN
Fondazione Prada,Mailand
adidas.com
Brioni kooperiert mit
Fotokünstler James Welling
Die Ausstellung im V&A-Museum beginnt ganz bodenständig mit einer
Sperrholzwand. Darauf stehen Stichworte wie «Exklusivität», «Opulenz»
oder «Privatsphäre». Mit Kunstwerken
zu diesen Begriffen wird das moderne
Verständnis von Luxus sondiert: Eine
Uhr ohne Anzeige und ein defekter
Kompass helfen beim Wiederentdecken des Luxus von Zeit und Raum;
ein goldener Stein macht Lust, ihn
übers Wasser hüpfen zu lassen. Klare
Antworten zum Thema fehlen – ein
Luxus, den sich die Ausstellung erlauben darf. (Raphael Gueller)
Spätestens seit der klassische italienische Anzugmacher seinen prominentesten Kunden, James Bond, an Tom
Ford verloren hat, bemüht man sich
bei Brioni um frischen Wind. Das
führt zu Kooperationen wie aktuell
mit dem US-Künstler James Welling,
der postmoderne Blumenmotive für
Blousons, Anzüge und Hemden aus
Cashmere und Seide schuf. (kid.)
vam.ac.uk
Zum Luxus stilisiert: Kämme aus
menschlichem Haar, Studio Swine.
brioni.com
Bar-Interieur von Wes Anderson.
Was würde besser zu einer ehemaligen Brennerei passen als eine Bar? Die
im Mai in Mailand eröffnete Fondazione Prada ergänzt ihr Kulturangebot mit einer ebensolchen. Eingerichtet wurde die Bar Luce von KultRegisseur Wes Anderson, gebrochene
Pastelltöne und Vintage-inspiriertes
Mobiliar sollen den Charakter eines
typischen Mailänder Cafés widerspiegeln. Der Spritz (10 €) schmeckt, auch
wenn sich die selbstbewussten Kellner
beim Servieren Zeit lassen. (kid.)
fondazioneprada.org/barluce
Brioni-Wolljackett (ca. 3400 Fr.),
mit Blumenprint von James Welling.
Juni 2015
Riesling im Hoch
Schweizer entdecken den deutschen
Riesling, das erstaunt nicht angesichts der hochklassigen Qualitäten.
Ein Monument ist der trockene Riesling Nonnenberg 2013 des Guts Georg Breuer aus dem Rheingau: wunderbarer Duft, elegant, komplex,
kraftvoll, aber nicht schwer mit einem
Alkoholgehalt von 11 Prozent. Umwerfend schön! Ähnlichkeiten mit dieser
Sorte hat der rote Riesling. Die farbliche Mutation bringt etwas weniger
subtile Weisse hervor. Die trockene
Stemmler-Spätlese 2014 der Genossenschaft Bergsträsser Winzer ist
aber eine Entdeckung. (kep.)
peterkuhnweine.ch; rieslingco.ch
FOTOS: STUDIO SWINE / V&A, COURTESY GALERIE GAGOSIAN, PARIS, PD; ILLUSTRATION: NAOMI ELLIOTT
«What is Luxury?»
Victoria and Albert Museum, London,
bis 27. September 2015
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Rendez-Vous Night & Day
Carmen Chaplin, Schauspielerin und Regisseurin
Open a whole new world
Wir feiern den 200. Geburtstag
F. A. Langes – indem wir jede einzelne
Minute unseren Uhren widmen.
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Sein ganzes Leben widmete F. A. Lange der Perfektionierung der
wir diesem leidenschaftlichen Drang, jede Uhr bis ins kleinste Detail
mechanischen Uhr. Er erfand wegweisende Konstruktionen und
zu perfektionieren – wie beispielsweise die Lange 1. Ihre Unruhspirale
Fertigungsmethoden und entwickelte völlig neue Präzisionsmess-
wurde eigens für ihr Uhrwerk entwickelt und in der Lange-Manufaktur
geräte – erstmals auf Basis des metrischen Systems. Auch heute folgen
gefertigt. Ganz im Sinne höchster Präzision. www.alange-soehne.com
Zürich seit 1760 · Uhren & Juwelen
Bahnhofstrasse 31 · 8001 Zürich · Tel. +41 (0)43 344 63 63
beyer-ch.com
Z
ZEITGEIST
13
IM GROSSEN S TIL
O B M A N S I E N U N T O T E - B A G , C A B A S , C A R R Y- A L L O D E R S H O P P E R N E N N T, G R O S S E T R A G E TA S C H E N B I E T E N R A U M
F Ü R A L L E S , WA S M A N I M TÄ G L I C H E N L E B E N S O B R A U C H T – U N D S E H E N D A B E I A U C H N O C H S E H R G U T A U S
Redaktion K I M DA N G
Fotos D O U G L A S M A N DR Y
B
Brit-Chic
Taschenmodelle
von Fotoreportern
der sechziger und
siebziger Jahre
standen Pate für eine
kleine Taschen-Linie
von Sir Paul Smith.
A
Italians do it better
Der sportive
Herren-Klassiker
ist auf der Unterseite
mit den typischen
Tod’s-Gumminoppen
versehen.
«Tote Fishing
Bag», Kalbsleder,
in verschiedenen
Farben erhältlich
(etwa 1400 Fr.),
von Paul Smith
«Script Bag
Large», Veloursund Glattleder
(1400 Fr.),
von Tod’s
C
Nordisches Design
In der Tradition der
skandinavischen
Designsprache
entwirft die dänische
Marke Mismo
geradliniges,
funktionales und
langlebiges Gepäck.
D
Pariser Flair
Das ikonische
Monogramm-Dessin
von Louis Vuitton
beschränkt sich bei
diesem Herrenmodell
ganz dezent auf die
Henkel.
«East West Tote»,
Taurillon-Leder,
Monogramm-Canvas
(3850 Fr.), von
Louis Vuitton
Produkte
«M/S Stanchion»,
wasserabweisender
Canvas, vegetabil
gegerbtes Leder
(etwa 390 Fr.),
von Mismo
14
ZEITGEIST
Z
Nackte Tatsachen
Nie zeigt man Fremden hierzulande so viel Haut wie in den Sommermonaten; wie beruhigend, wenn
diese gut gepflegt, glatt und ebenmässig ist. Das gilt natürlich auch fürs Gesicht: Ein sanftes Make-up
korrigiert Unregelmässigkeiten, und etwas Farbe für die Augen lässt diese noch mehr leuchten
Texte M A L E N A R U D E R , K A R I N Z W E I DL E R
1
Unsichtbar
Die flüssige
Foundation von
Dior ist sehr
leicht, zaubert
aber trotzdem ein
gleichmässiges
Hautbild.
«Nude Air Sérum
de Teint»,
SPF 25 (75 Fr.),
von Dior
2
Pflegend
Getönte Crèmes
verschönern
die Haut mit einer
Extraportion
Pflege.
«Crema Nuda
Supreme Glow
Reviving
Tinted Cream»
(329 Fr.), von
Giorgio Armani
Streifenfrei
Gesund für die Haut ist Bräune nicht, das weiss man längst,
aber trotzdem sieht man sonnengeküsst so herrlich vital aus.
Selbstbräuner gibt es en masse, aber streifenloses Auftragen?
Schwierig. Die Produkte von St. Tropez versprechen genau
das. Jules Heptonstall, der Skin-Finishing-Experte der Marke,
unter anderem verantwortlich für die Teints von Blake Lively
oder Sienna Miller, gibt Tipps: Vorher peelen, trockene Stellen mit der Aloe-vera-Pflege eincrèmen, den Bräuner dann
mit Handschuh-Applikator auftragen – immer gegen unten
und in Kreisen. Und tatsächlich: Das funktioniert.
Selbstbräunungs-Produkte von St. Tropez (von etwa 7 Fr. bis
etwa 69 Fr.) sind zum Beispiel bei Manor erhältlich
Schönheit
Illustration A L I C E T Y E
3
Intensivierend
Die «Naked»EyeshadowPaletten der
Marke Urban
Decay sind Kult.
Die Nr. 3 bietet
zwölf rosige
Nude-Nuancen.
«Naked 3»,
(65 Fr.), von
Urban Decay
4
Glättend
Elektrorasierer
eignen sich
besonders gut
für empfindliche
Haut. Diesen
kann man auch
unter der Dusche
verwenden.
«HP 6370/00»
(70 Fr.), von
Philips
Wie riecht denn das?
«Das ist sicher teuer.» – «Eine schicke alte Dame, die kleine
Kinder immer in die Wangen kneifen will.» – «Frische
Wäsche.» – «Ein alteingesessener Porzellanladen, der nur
ganze Service verkauft.» – «Angenehm seifig.» – «Ein sehr
erwachsener Duft, keiner, der zu kindlichen Assoziationen
animiert.» – «Ich weiss nicht, wie Magnolien riechen. Aber
so stelle ich mir ihren Duft vor.» – «Fruchtsorbet.» – «Ein
klassisches Seidenfoulard.» – «Recht elegant, trägt aber
dennoch nicht dick auf.»
«Le Jardin de Monsieur Li», Eau de Toilette,
Unisex (etwa 92 Fr. für 50 ml), frisch-aromatisch,
Noten: Kumquat, Minze, Jasmin, von Hermès
armanibeauty.com
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PROFUMO, the new intensity
16
MANUFAKTUR
TEXT F L O R I A N Z O B L
Z
FOTOS B E N T L E Y, M I C H A E L G E B H A R D T
Wo die Königin Kundin ist
Von Queen Elizabeth bis zum Anwalt in Zürich: Bei Bentley ist die Klientel so unterschiedlich wie die
gefertigten Fahrzeuge selbst. Was die Freunde des Hauses im britischen Crewe vereint, ist ihre
Liebe zu Luxus und altem Handwerk. Zu Besuch bei einem der exklusivsten Autohersteller der Welt
Über der Hecke taucht ein Herrenhaus auf:
«Willkommen in Downton Abbey», scherzt
Mike, ein Uniformier ter, der uns vom Flughafen Manchester eine Stunde südlich in
den grünen Gür tel von Crewe chauf fier t
hat – standesgemäss in der Luxuslimousine
«Mulsanne». Eine halbe Million Franken auf
vier Rädern? Selbst verständlich, schliesslich werden wir wenig später das Werk von
Bentley besuchen! Die Auf fahr t zum Herrenhaus über eine Allee scheint einem erstklassigen Ölgemälde entsprungen zu sein. Crewe
Hall selbst aber, das Hotel, ist an wildem
Bric-à-brac kaum zu überbieten. Löwen,
Drachen, Kronen, ein Meer aus Klinkern,
Türmchen, so weit das Dach reicht – erbaut im frühen 17. Jahrhunder t, verdekorier t
zur Zeit Königin Viktorias, ein schaurigschöner Wirr warr. Und gleichwohl, noch
auf den letzten Metern, als die Limousine
knirschend über den Kies rollt, wähnt man
sich angesichts dieses Schlosses angekommen in Bentleys herrschaf tlichen Sphären.
Zwischen Crewe Hall und dem Stammsitz der noblen Autoschmiede liegt eine
20-minütige Strecke. Wer meint, jene Kleinstadt, von der aus seit fast 10 0 Jahren feinste
Limousinen ihren Weg in die Welt der Reichen
antreten, entspreche selbst der britischen
Noblesse der Fahrzeuge, der irr t. Crewe war
bedeutend für die Eisenbahnindustrie, einer
der wichtigsten Verkehrsknotenpunk te des
Königreichs obendrein. Von der einst blühenden Wir tschaf t ist zwar in dem 70 0 0 0 Einwohner zählenden Or t wenig geblieben. Ihre
industriellen Wurzeln aber sieht man der
lustlos versprengten Arbeiterstadt an jeder
drit ten Ecke, an jedem zweiten Gebäude an.
Die Fahr t ins Werk bestreiten wir in einem rostigen Renault Kangoo. Der Taxifahrer
quit tier t das Trinkgeld mit zahnlosem Lä-
OBEN LINKS Die
Karosserien werden
von Hand poliert.
OBEN Hände am
Steuer: Barry Carless
näht Leder im
Kreuzstich zusammen.
LINKS 80 bis
100 Jahre altes
Wurzelholz für
Furniere.
Bentley
Z
cheln – willkommen im Herzen Crewes, «good morning»,
Bentley-Land! Die Fabrikhallen, Backsteingebäude aus
den dreissiger Jahren, und die Grösse des Geländes beeindrucken. Bentley ist mit gut 3 6 0 0 Mitarbeitern neben
dem Kreisspital wichtigster Arbeitgeber der Region. Als
Volkswagen 19 9 8 übernahm, waren es weniger als die
Hälf te. Bald sollen dor t über 450 0 Menschen Arbeit finden, denn im Herbst star tet der Hersteller mit einem Volumen versprechenden Nobel-SUV durch.
«Hiermit sind auch Sie of fiziell Näher bei Bentley»,
sagt Noel Thompson, ganz Gentleman. Es folgt lautes, weniger nobles Lachen. «Nein, wirklich, das Lenkrad sieht doch schon gut aus.» Er sagt, ich sei Schneider bei Bentley? Thompsons Kompliment kommt einem
Rit terschlag gleich, Bentley ist Hoflieferant. Vielleicht
haben wir gerade an Queen Elizabeths Neuem herumgepfuscht. Immerhin, zwei, drei Minuten lang dür fen
wir ausprobieren, was der Facharbeiter und seine Kolleginnen den lieben langen Tag machen: Nähen. Mit dem
Unterschied, dass es bei uns achtmal so lange dauer t.
Wobei das Nähen nicht alles ist. Jeder Arbeiter von
Thompsons 20-köpfigen Teams muss zuvor aus Sets die
passende Lederschnit t form heraussuchen und an der
richtigen Stelle des Lenkradskelet ts mit Spezialkleber
fixieren. Dabei will das Leder sorgfältig gespannt sein,
soll es doch viele Jahre halten. Und wehe, es bilden
sich Falten: Ausschussware, zurück an den Star t. Damit
nichts durcheinandergerät – in diesem Atelier kommen
viele Lenkrad-Typen unterschiedlicher Automodelle zusammen –, hat man alle Komponenten vom Steuerrad bis
zum Lederschnit t formen-Set mit Packzet teln und Strichcodes versehen. Erst wenn das Leder am Rad, das auf
einer Werkbank fixier t ist, angeleimt ist und man die
Ränder mit Löchern (allein 3 6 0 auf der Lenker-Innenseite) versehen hat, beginnt die Arbeit mit Nadel und Faden.
Die rechte Hand hält die eine, die linke parallel eine
zweite Nadel. Mit viel Fingerspitzengefühl entsteht peu
à peu ein so dekorativer wie funktionaler Kreuzstich,
der die Lederkanten zusammenhält. Der reissfeste,
wasserresistente Faden besteht aus einem BaumwollPolyester-Gemisch. Äusserste Präzision ist gefragt.
Es gibt Anfer tigungen, deren Räder mehr farbig genäht
werden. Hinzu kommen Sonder wünsche: Hier sind es
MANUFAKTUR
Wappen, die ins Leder eingestickt werden, dor t ist es
eine Comicfigur oder ein Äf fchen – natürlich, guter Geschmack ist relativ, absolut aber bleibt der König, und
der ist selbst verständlich stets der Kunde. Immer wieder werden auch Lenkrad-Modelle bekleidet, die aus
Holz und Leder bestehen. In diesem Fall wechseln sich
Furnier- und Näh-Prozesse ab. Vor allem gilt es, kleinste Fehler zu vermeiden. Leimflecken haben keinen Platz
in einem Bentley. Gibt es doch eine Unregelmässigkeit,
lässt sich diese mit einer Ar t Bügeleisen wegzaubern. So
entsteht in rund 4,5 Stunden allein die Bekleidung eines
einzigen Lenkrads, auf zwei bis drei bringt es ein Mitarbeiter, macht insgesamt bis zu 5 0 am Tag.
«Jedes Leder ist anders», sagt Thompson, der die
Nadeln schon wieder ansetzt. Man spüre es beim Beziehen, man spüre es beim Nähen. «Leder ist organisch, keine künstliche, tote Materie.» Was sein Kollege Guy Davenpor t nur bestätigen kann. Er ist Dekorateur. Wünscht
jemand Sichtnähte, zum Beispiel in Bordeaux im Kontrast
zu schwarzem Leder, aber passend zur Aussenfarbe des
Wagens, dann ist Davenpor t gefragt. Und da sich das Dekor vom Lenkrad hinweg über die Sitze, Kopfstützen und
Armlehnen wie ein roter Faden durch den Wagen ziehen
soll, verbringt er mehrere Tage an einem Interieur.
Dass Leder keine künstliche Ware ist, wird uns auch
an anderer Stelle demonstrier t: Thompson, sein Team,
Davenpor t und alle im Haus, die damit zu tun haben, arbeiten nicht an x-beliebigen Tierhäuten. Vielmehr stammen
diese von süddeutschen und skandinavischen Bullen,
Rindern, die für geschmeidigste, aber auch ex trarobuste
Qualität bürgen. Nur eine sehr feine Auslese des Mate-
Immer wieder gibt es Sonderwünsche. Hier
sind es in Leder gestickte Wappen, dort ist es
ein Äffchen – guter Geschmack ist relativ.
Bentley
17
OBEN LINKS Furniere
im Wert von rund
300 000 Franken
lagern in einem
klimatisierten Raum.
OBEN RECHTS Jonty
Williams ordnet die
Blätter aus Holz
nach den passenden
Maserungen.
UNTEN Im «Living
Room» fasst der
Kunde nach der
Werksbesichtigung
beim Tee seine
Wünsche zusammen.
18
MANUFAKTUR
Z
rials schaf f t es bis zu den Werkbänken. Und
von diesem fällt viel an, werden im Interieur
je nach Automodell doch durchschnit tlich 16
rund 5 Quadratmeter grosse Lederbahnen
verarbeitet. Spezialisten prüfen zuvor auf
Leucht tischen die kuhfellgrossen Flächen
mit Argusaugen auf Fehler. Hier ein Mückenstich, schon markier t ein Arbeiter die Stelle
mit gelber Kreide, dor t eine andere klitzekleine Verletzung, nun wird sie mit blauer
Kreide umrandet.
Ein Computer rechnet danach aus, wie
die verschiedenen Schnit t formen die verbliebene, fehler freie Leder fläche optimal ausschöpfen können. Das Ausschneiden er folgt
vollautomatisch, so präzise und schnell würden es nicht einmal die routinier testen Profis bewerkstelligen. Was aber passier t mit
den Resten? «Die werden nach China exportier t», erklär t uns ein Mitarbeiter. Dor t gebe
es Unternehmen, die sie zermahlen, einen
leimigen Brei beimischen und später mit dem
getrockneten Material zweitklassige Lederwaren produzieren würden. «Dass die Reste
zu Rolls-Royce gehen, ist ein Gerücht.» Der
Mann lächelt, wir erleben ein Déjà-vu. Den
gleichen Witz hat ten wir schon einmal in der
Rolls-Royce-Manufaktur von Goodwood gehör t: «Der Rest geht zu Bentley, haha, nur ein
Joke. Bit te nicht weitererzählen!»
Die über knapp acht Jahrzehnte andauernde Beziehung zwischen Bentley und
Rolls-Royce ist von gegenseitigem Respekt,
Liebe und Abneigung geprägt. Walter Owen
Bentley gründete seine Automarke 1919.
Doch das Konzept «Race on Sunday, sell on
Monday» (Sonntags Rennen fahren, montags verkaufen) konnte der Rennfahrer trotz
finanzieller Unterstützung adliger Freunde
dauerhaf t nicht halten. Walter Owen und seinen betuchten, rennspor tbesessenen «Bentley Boys» ging das Geld aus, 19 3 8 übernahm
Rolls-Royce. Der ebenfalls auf Luxusautomobile und Zwölfzylinder-Motoren spezialisierOBEN LINKS Auch bei
Bentley laufen in
den Fertigungshallen
Autos über Bänder.
MITTE LINKS In
aufwendiger
Handarbeit wird
eine Mittelkonsole
mit Leder bezogen.
500 Stunden Arbeit
stecken zum Beispiel
in der Limousine
«Mulsanne».
OBEN Farbmuster im
Showroom. Es stehen
120 Töne für die
Autolackierung zur
Wahl, Sonderwünsche
exklusive.
LINKS Furniere aus
bestem Walnussholz,
feinstes Leder, von
Hand vernäht: das
fertige Interieur
der Luxuslimousine
Bentley «Mulsanne».
Bentley
Z
MANUFAKTUR
te Hersteller liess mit der Fusion das bis heute bestehende Stammwerk in Crewe bauen.
Nach langer Ehe folgte 19 9 8 mit den Übernahmen von Rolls-Royce durch BMW und
Bentley durch Volkswagen die Scheidung.
Und während die Bayern im südenglischen
Goodwood aus dem Nichts den Neuanfang
wagten, sitzt man in Crewe noch heute auf
einem reichen Rolls-Royce-Archiv. Die Pläne
der ewigen Konkurrenten hütet man wie den
Heiligen Gral.
Ein Schatz sind auch die Holzvorräte des
Hauses. «Woodshop» nennt sich das Atelier, in dem Edelhölzer zu Verkleidungen im
Wageninneren ver wandelt werden. Es wird
gesägt, gebohr t, geschlif fen, lackier t. Wochenlang liegt das Holz zum Trocknen im Lager. Die Schnit t formen sind penibel sor tier t,
breitet man sie nebeneinander aus, spiegeln
sich die Maserungen wider wie in einem
Kaleidoskop. Diesen Spiegeltrick wird man
später auch im fer tigen «Mulsanne» oder
«GT Continental» bewundern können.
Das für Bentley ur t ypische Holz kommt
von 8 0 bis 10 0 Jahre alten Walnussbäumen: «Manch eine Wurzel ist älter als unser
Haus», sinnier t unser Guide Nigel Stoodend
und führ t uns ins Furnierlager. «Liquid Amber», «Olive Asia», «Madeira», weiss der
Schreiner: Mehr als zwei Dutzend Holzar ten
und Blät ter im Wer t von 3 0 0 0 0 0 Franken liegen sauber sor tier t in Regalen, gebündelt, in
dünnen Schichten, Tabakblät tern gleich. Man
meint, in einer Zigarrenfabrik zu stehen. Gut
5 Millionen Franken sei alles Furniermaterial
wer t, das gerade im Werk im Umlauf ist. Zum
Bentley
OBEN Die Lackierung
übernimmt bei
Bentley eine
computergesteuerte
Anlage – so präzise
würde es Handarbeit
nicht hinbekommen.
Abschluss wird das Holz sorgfältigst polier t:
«Die Arbeit muss so tadellos verrichtet werden, dass man in der Spiegelung des Holzes noch eine Zeitung lesen kann», erklär t
Stoodend. Intarsien setzen der Meisterarbeit die Krone auf.
Handgenähtes Leder, Dekorationskunst
am Edelholz, selbst die Karosserien werden
von Hand polier t. Dazwischen stösst man
aber auch auf Fliessbandarbeit und Computer-Hightech – so übernimmt eine automatische Spritzanlage die Lackierung. Fabrik
trif f t auf Atelier trif f t auf Manufaktur. Viel
Handarbeit, Ja, alles Handarbeit, Nein: Irgendwann müssen die jährlich gut 10 0 0 0
verkauf ten Autos schliesslich fer tig werden.
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06. Juni 2015
13. Juni 2015
20. Juni 2015
28. Juni 2015
19
3
2
4
1
Nachdem er 1919 seine eigene
Firma in London gegründet
hatte, präsentierte Walter Owen
Bentley 1921 den ersten «Bentley»-Sportwagen. Seitdem ziert
die noblen Automobile das
weltberühmte «Flying B», umrahmt von Flügeln, frei nach
dem Motto: Nur Fliegen ist
schöner. Nach finanziellen Engpässen verkaufte Bentley 1938 an
den Konkurrenten Rolls-Royce,
worauf mit höheren Kapazitäten das heutige Stammwerk in
Crewe entstand. Bentley kreierte Klassiker wie den «8 Litre»
oder «Mark VI». Seit der Übernahme durch Volkswagen 1998
geht es mit dem Haus aufwärts.
«Mulsanne», «GT Continental»,
ab Herbst ein neuer SUV: Über
10 000 Autos pro Jahr sind viel
für eine Luxus-Automarke.
bentleymotors.com
20
IM GESPRÄCH
Z
Zaha Hadid
Die Architektin Zaha Hadid ist bisher die einzige Frau, die den Pritzker-Preis
erhalten hat. Sie führt in London ein Büro mit mehr als 300 Angestellten. Derzeit
baut sie Museen, Sportstadien und Firmenhauptsitze von Abu Dhabi bis Peking
INTERVIEW D AV I D S T R E I F F C O R T I
Zaha Hadid
FOTO S T E V E D O U B L E
Z
IM GESPRÄCH
21
Wann und weshalb haben Sie sich
entschieden, Architektin zu werden?
Ich war ein Kind, und wie jedes Kind hatte ich einen
Berufswunsch. Ich wusste, dass es darum ging, Häuser zu
bauen. Aber eine konkretere Vorstellung von Architektur
hatte ich nicht.
Inwiefern profitieren Sie von Designprojekten für
Kunden wie Bulgari?
Man kann dabei Ideen
testen.
Künstler,
Designer oder
gar Schauspieler
drängen sich in
die Architektur,
Architekten in
die Gefilde der
Mode oder des
Industriedesigns.
Halten Sie dies
für eine gute
Entwicklung?
Von Michelangelo bis zum Bauhaus gab es Leute,
die alles gemacht haben. Das ist keine neue
Entwicklung. Wenn du eine Design-Philosophie
hast, die man auf verschiedene Massstäbe
anwenden kann, ist das doch phantastisch.
Was fasziniert Sie bis heute an der Architektur?
?
Sie verändern
unsere generelle
Vorstellung von
Raum. Warum
Raum
Menschen sollen vor
allem unterschiedliche Erfahrungen
machen dürfen und
eine Idee davon
erhalten, wie wir die
Zukunft sehen. Und
nicht zuletzt geht es
in der Architektur
auch ums Wohlbefinden. Man soll sich
glücklich fühlen.
zu schaffen.
Was muss ein Gebäude oder ein Objekt
aufweisen, damit es Ihr Interesse gewinnt?
Das kann ich so nicht beantworten.
Mein Geschmack ändert sich auch von Zeit zu Zeit.
Doch die Momente, in denen man eine
ausserordentliche Erfahrung machen darf, sind selten.
Inwiefern hat sich Ihre architektonische Vision verändert?
Menschen entwickeln sich, so hoffe ich
zumindest. Anfangs ging es mir bestimmt
in erster Linie um Abstraktion und minimale Linien. Aber ich war schon immer auch
ambitioniert, fliessenden Raum zu schaffen.
Inzwischen hat sich unser Repertoire, diese
Fluidität zu ermöglichen, extrem vergrössert.
Welche Ihrer
Gebäude liegen
Ihnen besonders
am Herzen?
Ich habe einige persönliche Favoriten, weil sie bahnbrechend waren zu der Zeit, in der sie entstanden sind.
Die Vitra Fire Station oder das
Maxxi Museum in Rom.
Das waren die Jahre, in denen ich
jeweils vier Nächte in Folge
nicht geschlafen habe oder manchmal
auch eine ganze Woche nicht.
Darf Architektur politisch oder
gesellschaftlich sein?
Ich schaffe Bauten, die der Öffentlichkeit zugänglich sind, und ich kümmere mich darum,
wie man mit öffentlichen Räumen umgeht. Das hat etwas Politisches an sich. Man muss es
aber nicht jedes Mal in Worte fassen, wenn man ein politisches Statement setzt.
Zaha Hadid
22
IM GESPRÄCH
Work
Z
Life
ZAHA HADID
Schwarzes Cape
von
Issey Miyake
Schwarzes
Cape von
Yohji
Yamamoto
Outfit
600–1800 Fr., je nach Modell,
isseymiyake.com
Etwa 1700 Fr.,
yamamoto.com
From 9 to 5
Skulptur
«Grief and Reason
(for Walter)»
von Richard Serra
Installation
«Serpenti» für
Wandteppich
«Abdu»
von Gerhard
Richter
Bulgari,
Mailand
Museo nazionale delle arti del
XXI secolo (Maxxi), Rom
Kosmetik
62 Fr.,
tomford.com
Lippenstift
«Bruised Plum»
vo n To m Fo r d
62 Fr., tomford.com
Ernährung
Wasser,
Orangen,
Birnen, Mangos
und Eier
Espresso,
Espresso,
Espresso . . .
×
nach Mitternacht
MAD MEN
Juni 2015
FOTOS: KEYSTONE, AMC, ROBERT MCKEEVER / COURTESY CAGOSIAN GALLERY / PRO LITTERIS, IWAN BAAN, 123RF, PD ; ILLUSTRATION: 123RF
Lippenstift «Violet Fatale»
von Tom Ford
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REDAKTION F L O R I A N Z O B L
FOTOS H A R T M U T N Ä G E L E
Auto
FOTO-ASSISTENZ G R E G O R T H E U N E , V I O L A E P L E R
25
PORSCHE, MODELL MODELL
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es ist und so, ob es Tex t hier ein zwei Wor te
hier ein Tex t der sich auch.
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HUBR AUM 3 4 5 0 xyz HUBR AUM 3 4 5 0 xyz SDER
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x yz DER PREIS 3 4 5 0 xyz
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(6 3 8 42 FR. inkl. Premium- und Swiss-net to-Bonus) AUDI
Auto
ZÄSUR
FOTO: KURT SCHORER / FOTO­NET
STILK RITIK
Männer in Uniform
Tex t M A L E N A R U D E R
AUSGEWOGEN
Paulo Sousa findet
die perfekte
Balance zwischen
Sportsgeist und
Autorität.
Wenn Menschen Uniformen
tragen, dann gibt es stets ei­
nen, der den anderen sagt, was
zu tun ist. Ihn tex til zu markie­
ren, ist eine Herausforderung:
Es muss erkennbar sein, dass
er zur Gruppe gehör t, gleich­
zeitig aber deutlich werden,
dass er der Leit wolf ist. Wäh­
rend im Militär genaue Regeln
herrschen, was die Anzahl der Streifen oder Sterne
angeht, hat ein Fussballtrainer es deutlich schwerer.
Die Uniform seiner Mannschaf t, Trikots, Shor ts,
Stulpen, kommt für ihn nicht infrage. Selbst die abge­
schwächten Varianten dieses Tenues, welche et wa
die Fans tragen, sind tabu: Wer sich am Spielfeldrand
bewegt, dar f keinesfalls so aussehen, als dür fe man
ihm einen Ball zuspielen.
Die meisten Trainer lösen dieses Dilemma, indem
sie sich der klassischen Uniform vieler Berufstätiger
bedienen: des Anzugs. König dieser Disziplin ist Joa­
chim Löw, Trainer der deutschen Nationalmannschaf t,
der den Spielfeldrand in einen Laufsteg für Mass­
bekleidung ver wandelt hat – mit dem interessanten
Nebenef fekt, dass die Berufsgat tung der Fussball­
trainer nun unter modischer Beobachtung
steht wie keine andere, die hauptsächlich
aus Männern besteht.
In einem Anzug distanzier t man sich
aber nicht nur von seiner Mannschaf t,
sondern auch von den Fans – schliesslich
ist Fussball ein Freizeit vergnügen, und
zwar traditionell eines der Arbeiterklasse.
Spor tkleidung zeigt: Ich bin einer von
euch, bereit, mitzurennen, mitzufiebern,
mitzuleiden. Basels Trainer Paulo Sousa hat sein Out­
fit zum Meisterschaf tsspiel im Mai gut gewählt. Ganz
in Schwarz, schaf f t er Distanz zum Rot­Blau der
Mannschaf t. Das Polohemd ist die per fekte Mischung
aus Freizeit­und Geschäf tskleidung und in Büros am
Casual Friday erlaubt. Schuhe und Hose betonen sei­
nen Spor tsgeist, stellen aber auch ganz deutlich klar,
wer hier das Sagen hat: Modehistorisch gesehen, tra­
gen nämlich nur Buben Shor ts. Lange Hosen sind den
Männern vorbehalten.
M A L E N A R U D E R lei t e t das Magaz i n « Z » und schr eib t
über M ode , S ch muck und S chönhei t . S ie in t er es sier t sich
nich t nur f ür das , w as M enschen t r agen , s on der n vor allem
da f ür, w ar um s ie es t un .
K LEIDERORDNUNG
Auf Capri mit Pucci
Tex t B A R B A R A V I N K E N
Il lus t r a t ion J E A N - M I C H E L T I X I E R
«Wenn bei Capri die rote Sonne im Meer
versinkt» – diese Song­Zeile, auf der Man­
doline begleitet, wurde in den fünfziger
Jahren zur Kurzform des Fernwehs. Sein
Inbegrif f war nach wie vor das Land, in
dem die Zitronen blühn. Zu der Zeit ent­
war f die deutsche Modeschöpferin Sonja
de Lennar t von der Bluse bis zum Rock
eine Capri­Kollektion, von der nur die
Fischerhose überlebt hat. Die Capri­Hose,
von aller Welt getragen, bekam bei Audrey
Hepburn ihre moderne, arabeske Linie. Sie
erlebt gerade ein spek takuläres Come­
back. Ingo Maurers kristalline Lichtinstal­
lation «Lacrime del Pescatore» ist ein
Nachklang der Sehnsucht nach südlichen
Meeren, Wärme, sternklaren Nächten.
Sehnsucht nach anderem Leben und ande­
rem Lieben. Nach Sinnlichkeit und Schön­
heit der antiken Göt ter, die sich dor t in den
einfachsten Leuten gehalten hat.
Mario Testino hat den My thos Capri
für diese Saison neu inszenier t. Ein Paar
von klassischer Schönheit in weissen Ba­
dekostümen vor weiss­ragenden Felsen,
lichtblaue Augen, dunkle Haare, goldene
Haut vor dem glitzernden Meer und dem
A zur des Himmels. Man weiss sofor t: Das
ist Capri, obwohl die ikonischen Faraglioni
ausgespar t sind. Die Göt ter sind zu den
Sterblichen herabgestiegen, ein Augen­
blick der Ewigkeit ist Gegenwar t. Das Sze­
nario erbebt von Anklängen: antike Göt ter,
römische Kaiser, Malapar te und seine Vil­
la, auf deren Treppe Brigit te Bardot him­
melwär ts steigt.
Emilio Pucci war der Designer, dessen
Name wie kein zweiter mit Capri verknüpf t
ist. Er zog die Reichen und Schönen, die
sich dor t trafen, um der Kälte des Nordens
zu ent fliehen, mit der Collection Croisière
an. Seidenjersey, anschmiegsam und fe­
derleicht, brachte die Haut zum Leuchten
und verzier te die Körper mit strahlenden
Arabesken. Daran trug man nicht, damit
schmückte man sich. Berühmt wurde Puc­
ci durch seine Kosmaten, mit telalterliche
Einlegearbeiten, die Arabiens Wunder auf
Kirchenböden zauberten. Guerlain hat 2012
seine berühmten Puderperlen mit dem
Emilio­Pucci­Look versehen, Ladurée hat
Macarons in Pucci verpackt. Auf Capri,
mit Pucci, zog sich der Westen ein Stück
Orient an, um schön wie antike Göt ter zu
werden.
Man folgte damit dem Mann, der Rom,
dem Mit telpunkt der alten Welt, den Rü­
cken gekehr t hat te, um auf der Ziegeninsel
in seinem Arkadien einen anderen Lebens­
stil, andere Lüste zu pflegen, t yrannisch
got tgleich zu herrschen. Die Zeitgenossen
haben Tiberius diese Flucht ins Arkadi­
sche als Orientalisierung übelgenommen.
Der Kaiser als grösster Römer, so Tacitus
und Sueton, habe auf Capri alles tugend­
haf t Römische abgelegt, um als alter, gei­
ler, sadistisch t yrannischer Ziegenbock zu
vergriechen. Das wurde die Kurzformel für
27
«alles orientalisch». Inbegrif f dieser Ver­
griechung waren die Kinder, die der Kaiser
dazu abrichten liess, wie die Fischlein sei­
ner Lust zu dienen. Der Kaiser kehr t Rom
den Rücken, um auf Capri seine Caprices
zu pflegen und die arkadische Insel zum
perversen Lustor t zu machen. Der Anfang
vom dekadenten Ende des tugendhaf ten
Westens beginnt ex territorial, auf Capri.
Heute suchen nicht mehr nur Kaiser,
sondern alle Welt sucht ein anderes Leben
und anderes Lieben. Und schmiegt sich,
um schön wie Göt ter zu werden, in Puccis
Arabesken. E x oriente lux: Dekadent fin­
det das fast keiner mehr.
B A R B A R A V IN K E N is t P r o fes sor in f ür A llgemeine
L i t er a t ur w is senscha f t und R omanische P hilo l o ­
gie an der L M U in M ünchen . E in br ei t es P ub l ik u m
e r r e i ch t e s i e m i t i h r e n Ü b e r l e g u n g e n z u r
deu t schen F am i lienpol i t ik und zur M ode .
ZÄSUR
WAHRGENOMMEN
Spirale der Gier
Tex t J OA C H I M S C H I R R M A C H E R
schnell wie Aktienkurse an der Börse. Wer
als Hotelier nicht mitmacht, steht bald
ohne Gäste da. Unter Privathoteliers geht
die Frage um: Wer macht als Nächster zu?
Beim sogenannten «Revenue- oder
Yield Management» geht es längst nicht
mehr nur darum, den Preis der Belegung
und der Konkurrenzsituation anzupassen.
Horden von Managern und Informatikern
arbeiten, wie in anderen Branchen auch,
am Echtzeit-Marketing mit persönlicher
Ansprache und individuellen Preisen. Wie
diese künf tig zustande kommen, ist ein
grosses Geheimnis. Es hängt wohl von Bewer tungen und Kommentaren, vom Wet ter
und aktuellen Ereignissen, dem eigenen
Standor t und Betriebssystem sowie dem
bisherigen Buchungsverhalten und dem
Bewegungsprofil im Internet ab. Inklusive
zahlreicher Sanktionen und Verlockungen:
Buche ich schnell, zahle ich mehr, bin ich
unentschlossen, gibt es einen Bonus. Zu
allem Übel kommt hinzu, dass all die Preisroboter auch mit sich selbst beschäf tigt
sind und auf gegenseitige Änderungen reagieren. Das Chaos ist komplet t.
Sicher, einige Rabat te sind nachzuvollziehen. So, wie Kuchen und Brot vom
Vor tag billiger sind, ist es auch ein Hotelzimmer per Last-Minute-App. Doch beim
«Dynamic Pricing» geht es ja weniger dar-
Kauft Kunst von Frauen!
Künstlerinnen geht es wie Frauen in der
Wirtschaft: Selbst wenn sie wohl mehr echte Freiheiten haben, bleiben sie in ihrem
Tätigkeitsfeld am Rand. Ein erstes Abbild
davon zeigt sich auf Wikipedia mit einer
erschreckend kleinen Präsenz von Künstlerinnen. Im Mai letzten Jahres startete deshalb Art+Feminism eine Kampagne, die das
verzerrende Medienecho über weibliche
Kunstschaffende korrigieren sollte. Seither
gibt es, wie die Zeitschrift «ARTnews» berichtet, 101 Wikipedia-Seiten mehr – ein
kläglicher Erfolg.
Jetzt hat die 1911 im Glarnerland geborene Lill Tschudi einen Wikipedia-Eintrag
in englischer Sprache, der allerdings sehr
rudimentär ist. Der Ar tikel von Sylvie Fleur y, die in Genf lebt, ist einige Zeilen länger
und hat eine (!) Abbildung. Diese mageren
Informationen genügen natürlich nicht, um
ihr übermütiges Werk kennenzulernen,
welches Geschlechterrollen, Luxus und
Weltpolitik mit pelzbesetzten Raketen
oder lippenstif t farbenen Schrot tkarossen
herausforder t. Besser steht Angelika
Kaufmann da, die im 18. Jahrhunder t gelebt hat. Ihre Seite besitzt zahlreiches
Bildmaterial und sogar Quellenangaben.
um, Bet ten noch in letzter Minute zum Deckungsbeitrag zu verkaufen. Vielmehr ist
das Ziel schlicht und einfach, den Gewinn
zu maximieren. Auf Konferenzen loben die
Marketingleute die Macht der ver wöhnten
«Digital Natives» und illoyaler «Educated
Decision Makers», hinter den Kulissen
aber versuchen sie mit allen Tricks, die
Kunden in die Irre zu führen. Das Ziel ist,
die Preise undurchschaubar und intransparent zu machen. Die Folge all des Wirrwarrs sind Misstrauen und Missgunst.
Wir tschaf tsinformatiker mögen die
vollautomatisier ten Rechenmodelle verstehen, der Gast ist über forder t. Er empfindet die «Best Available Rate» vom Dumpingpreis bis zum 10-fachen Messepreis
als willkürlich. Folglich sind wir wütend, ja
zornig, weil wir ohnmächtig den Systemen
ausgeliefer t sind, Fairness vermissen.
Stat t einem kalkulatorischen Wer t vertrauen zu können, sucht der provozier te
Gast nach dem billigsten Deal, um sich für
die unverfrorene Abzocke zu rächen. Eine
Abwär tsspirale der Gier.
J O A C HI M S C HI R R M A C H E R is t als C r ea t i ve
C onsul t an t i n den B er eichen M ode und Design
t ät ig. In seiner A rbei t verbindet er W ir t schaf t
u n d D e s i gn , F or schu ng un d P r a x i s , V i s ue l l e s
und Ver bale s .
Tex t S U S A N N W I N T S C H
Schweizer Künstlerinnen stellen weltweit aus, doch in
die Sammlung eines Museums schaffen es nur wenige. Das
schmälert ihre kulturelle Wertschätzung
Wer die aktuelle Kunstagenda konsultier t,
kann leicht erkennen, dass weit mehr
Schweizer Künstlerinnen welt weit ausstellen, als Wikipedia überhaupt kennt.
Temporäre Ausstellungen sind aber keineswegs ein Garant, um in den Kanon der
Kunstgeschichtsschreibung einzugehen.
Eine international bekannte Künstlerin erzählte mir kürzlich, dass keines der vielen
renommier ten Häuser, in denen sie ihre
Arbeiten bisher gezeigt habe, jemals eine
davon angekauf t habe. Nicht was Museen
ausstellen, sondern was sie ankaufen, ist
einer der Schlüssel für die kulturelle Wer tschätzung. Genau aus diesem Grund heben Künstler-Biografien Ankäufe der öffentlichen Hand besonders hervor.
Natürlich gibt es Lichtblicke, wie Ankaufslisten von Schweizer Museen zeigen.
So hat et wa das Solothurner Kunstmuseum
im Jahr 2014 ein bedeutendes Werk der
Künstlerin Silvie Defraoui angekauf t, das
Kunstmuseum St. Gallen eine grosse Werkgruppe der gebür tigen Libanesin Mona
Hatoum (Bild). Doch es gibt auch Häuser,
welche den blinden Fleck heuer nicht
wahrzunehmen scheinen, allen voran das
Zürcher Kunsthaus, das in einer Auswahl
28
FOTO: ELA BIALKOWSKA
Eigentlich wollen wir ja nur in Ruhe übernachten. Aber die Hotelpreise sind zum
Glücksspiel geworden. Stat t der Vor freude auf das schöne Stammhaus oder das
besondere Boutique-Hotel herrscht der
Stress, einen guten Deal zu finden. Trotz
allen Schnäppchen bleibt das Gefühl, beim
Preispoker ständig zu verlieren. Irgendwer
zahlt bestimmt weniger, so die Vermutung.
Hinzu kommt, dass, wie et wa beim Bahnstreik, die Preise über Nacht um 10 0 Euro
erhöht werden. Früher war das unmöglich.
Inzwischen ändern sich Hotelpreise so
Il lus t r a t ion J E A N - M I C H E L T I X I E R
«Paravent», Mona Hatoum, 2008.
der wichtigsten Ankäufe 2014 nur Männernamen, darunter Lanfranco, Pollock oder
Giacomet ti, aufzählt. Wenn wir die Welt
ändern wollen, wie «ARTnews» schreibt,
braucht es nicht nur einige Einträge mehr,
sondern das Bewusstsein der öf fentlichen
Hand für die Gleichstellung. Auf eine Quoten-Diskussion wie in der Wir tschaf t hof f t
im Kunstbetrieb schliesslich niemand.
S U S A N N W IN T S C H is t K ur a t or in und E di t or in
von «Tr eib s and , C on t empor ar y A r t S pace on
D V D » . Die B än de über E x- Jugo s law ien , Teher an ,
Is t anbul zeigen v iele Wer ke von K üns t ler innen .
ZÄSUR
Mein Freund, das Fett
Tex t R I C H A R D K Ä G I
Il lus t r a t i on C R I S P I N F I N N
Ein Stück Fleisch mit zünftig Fett daran, darauf schwört Food-Scout
Richard Kägi. Das Filet beachtet er nicht. Lieber gibt er Tipps für das
nächste Gespräch mit dem Metzger des Vertrauens
Freundschaf t ist Liebe mit Verstand,
und gute Freunde sind wie die selbstgekochten Suppenfonds im Tiefkühler: Man muss sie nicht immer
sehen, aber sie sind da, wenn man sie
braucht. Ein solcher Freund ist mir
das Fet t. Der wöchentliche Liter
Olivenöl für den Salat. But ter, dick
aufs Brot, pfundweise in den Kar toffelstock und in den Pistazienkuchen.
Mein Lieblingsfet t aber ist jenes im
und am Fleisch: das Mark im Knochen
mit seiner galler tigen Schwabbeligkeit, auf vulgäre Ar t deliziös. Eine
dicke Fet tschicht um das Steak. Oder
gar das schlüpfrig-schmelzende Fet tauge im Innern der Côte de bœuf –
wer will, nein: kann da widerstehen?
Ungesund? Ach was. Mein Herz
schlägt langsamer als der Puls eines
Bären im Winterschlaf, und mein
Hausarzt eicht seine Messgeräte
mithilfe meiner Blutdruckwer te. Ich
weiss, ich werde alt wie ein Stein.
Ein guter Freund ist auch mein
Metzger. Jeder sollte einen Metzger
zum Freund haben. Nicht bloss auf
Facebook, einen aus Fleisch und Blut,
der uns nichts als die Wahrheit sagt
darüber, was er uns anbietet, und der
uns die besten Stücke besorgt. Aber
bit te kein Filet. Gibt es ein langweiligeres Teil vom Tier als diesen saf tund kraf tlosen Klumpen ohne richtiges Fet t? Die Sauce dazu bleibt einem
AUS DEM AUGENWINK EL
vielleicht in Erinnerung, meist in
schlechter. Nein, ich meine Tomahawk-Steaks, aus dem Hohrücken geschnit ten, mit langem Knochen, mein
Lieblingsteil, medium rare gegrillt.
Dann meiner besten Freundin beim
gierigen Ver tilgen zuschauen, das ist
mein persönlicher voyeuristischer
Höhepunk t. Oder der Nierenzapfen,
auch Steak-Onglet oder Hanger-Steak
genannt; Kalbs- und Rinderbrust; eine
Sieben-Stunden-Lammschulter
am
Knochen – wunderbare Stücke zum
Schmoren. Dar f es gar Pluma, Presa
oder Segreto sein, Preziosen aus dem
Nacken der Pata-Negra-Schweine?
Ihr Freund in der blutigen Schürze
wird es Ihnen richten. Das Fet t, das
diese Stücke bereicher t, macht sie
nicht zur Augenweide in der Vitrine,
darum sieht man sie fast nirgends
mehr. Die Metzger essen sie gerne
selber, oder sie enden, durch den
Wolf gedreht, in einer Wurstpelle.
Beides trif f t mich mit ten ins Herz.
Der Schlüssel zum besten Steak ist
nicht nur der gelungene Dreiklang aus
animalischem Geschmack, gewünschter Konsistenz und triefender Saf tigkeit. Diese Hauptcharakteristika sind
ihrerseits abhängig von Rasse, Haltung, Schlachtung, Reifeprozess und
von den handwerklichen Fähigkeiten
des Metzgers. Mit vier Fragen an ihn
schaffen Sie Klarheit. 1. Welcher Ras-
Tex t un d F o t o gr a f ie BI C E C U R I G E R
HD ohne Ende
BI C E C U R I GE R is t k üns t ler ische Dir ek t or in der F on da t ion V incen t v an G o g h
A r l e s u n d C he f r e dak t o r i n de r K u n s t p ub l i k a t i o n « P ar ke t t » .
Z u vor w ar s ie w ähr end 2 0 Jahr en K ur a t or in am K uns t haus Z ür ich .
29
se entstammt das Stück? (Es gibt nicht
nur Simmental.) 2. Wovon ernährte
sich das Tier? (Grasende Rinder sind
leider die Ausnahme.) 3. In welchem
Alter wurde das Tier geschlachtet?
(Schon mal Fleisch einer 15-jährigen
Kuh probiert?) 4. Auf welche Art und
Weise und wie lange wurde das Fleisch
gelagert? (Der My thos des haut goût.)
Ausführliche Antworten sowie meine
Rezepte für das perfekte Steak und
ein Sieben-Stunden-Lamm finden Sie
unter untenstehendem Link. Ebenso
das für einen Pistazienkuchen sowie
die Namen meiner Lieblings-Fleischrestaurants in New York, London, Sydney, Buenos Aires und Kapstadt.
R I C H A R D K Ä GI i s t F ood- Scou t bei Globus .
A u f der Suche nach de m w ahr ha f t Gu t en
r ei s t er f ür die Delica tessa um die ganze
Wel t . In f os und T ipps zum T hema F leisch au f
w w w. gl obus .ch / f oo dscou t
ZÄSUR
Die Gemüse-Epidemie
Tex t und Illus t r a t i on A L F R E D O H Ä B E R L I
An der Hochzeit Clooney/Alamuddin war das Bankett strikt
vegan. Was einem Argentinier selten gut bekommt
Vor kurzem hatte ich einen Traum. Als ge­
bürtiger Argentinier muss ich es vielleicht
eher als Albtraum bezeichnen. Ich war ein­
geladen. Zur Hochzeit von Amal Alamuddin
und George Clooney. Das Banket t in Vene­
dig war strikt vegan. Viele von George
Clooneys Kumpels waren nicht da – sie
fehlten nicht et wa deshalb, weil sie mit
trendigen Elektroautos aus Kalifornien an­
gereist waren und in Venedig nicht einrei­
sen dur f ten, sondern sie waren schlicht­
weg deshalb nicht erschienen, weil sie
noch zu den ewiggestrigen Fleischessern
gehör ten.
Ich hatte bereits ein nicht allzu teures
Geschenk für das Brautpaar ersteigert:
Eine Alfred­Hofkunst­Gemüse­Swatch. Klar,
Omega wäre sicher nicht sehr erfreut dar­
über gewesen, aber sowohl das Gemüse als
auch die Hausmarke passten hervorragend.
Woody Allen kam als Riesengurke.
Seine Festkleidung hat te er vermutlich in
den Film­Requisiten von «Sleeper» aufge­
stöber t. Angelina Jolie erschien mit riesi­
gen, von Agent Provocateur gesponser ten
Radieschen. Brad Pit t dagegen knabber te
immer noch an einem Knochen. Sir Mick
Jagger legte ein Rüebli in seine Leggings,
und dabei war er.
Ich hingegen wurde nicht einmal ein­
gelassen! Mit der höhnisch tickenden Ge­
müse­Uhr in der Hand wurde ich vom
mächtigen Bodyguard weggewiesen und
fühlte mich unverstanden, hat te ich mich
doch ex tra für den Grossanlass dazu
durchgerungen, Veganer zu werden – und
das als Argentinier . . .! Was hat mich wohl
verraten, grübelte ich . . .?
Nachdem ich schweissgebadet und
geräder t er wacht war, stand ich sofor t auf
und buchte einen Flug nach Mendoza in
die Weingegend unterhalb der Anden. Ich
werde bestimmt Mate und Trauben trin­
ken! Und vielleicht ist ja in Ojo de Vino je­
mand da, der nicht Veganer ist und mich
zum Asado einlädt.
A L F R E D O H Ä B E R L I gi l t als der in t er na t ional
er f o lgr eichs t e S ch w ei zer Designer der
Gegen w ar t . 2 0 14 ehr t e ihn das Bunde sam t
f ür Kul t ur mi t dem Schweizer Grand Pr i x Design .
F ür s Magaz i n « Z » se t z t er sich illus t r a t i v
mi t den moder nen Sei ten des Seins auseinander.
30
32
IM BILDE
Z
OBEN «Cayman GT4», Sechszylinder-Boxer-Mit telmotor, 3 8 0 0 cm³, 3 85 PS bei
74 0 0 U. /min, 420 Nm, 6-Gang-Schaltgetriebe, V max. 2 95 km/h, Sprint von 0 auf
10 0 km/h in 4, 4 s, 13 4 0 kg Leergewicht, 10, 3 l Verbrauch (12 3 74 0 FR.) PORSCHE
L INKS «Discover y Spor t 2.2 SD4 HSE», Vierzylinder-Reihe, 2179 cm³, 19 0 PS
bei 35 0 0 U. /min, 420 Nm, ZF-9-Gang-Automatik, V max. 18 8 km/h, Sprint in 8,9 s,
1775 kg Leergewicht, 6, 3 l Verbrauch (6 4 6 0 0 FR.) L AND ROVER
UN T EN UND COV ER «Huracán L P 610 - 4», V-Zehnzylinder-Saugmotor, 520 4 cm³,
610 PS bei 8 0 0 0 U. /min, 5 6 0 Nm, 7-Gang-Doppelkupplung, V max. 325 km/h,
Sprint in 3, 2 s, 142 2 kg Trockengewicht, 12,5 l Verbrauch (24 9 0 0 0 FR.)
L AMBORGHINI BEI SCHMOHL AG, ZÜRICH
Auto
Z
IM BILDE
OBEN RECH TS «NX 20 0 t F Spor t», Vierzylinder-Twin-Scroll-Turbo, 19 9 8 cm³, 2 3 8 PS bei 4 8 0 0 – 5 6 0 0 U. /min, 35 0 Nm,
6-Gang-Automatik, V max. 20 0 km/h, Sprint von 0 auf 10 0 km/h in 7,1 s, 1810 kg Leergewicht, 8,1 l Verbrauch (85 4 0 0 FR.)
LE XUS BEI EMIL FRE Y AG, BASEL
UN T EN «MX-5 Skyactiv-G 131 Ambition», 16-V-Vierzylinder mit zwei obenliegenden Nockenwellen, 14 9 6 cm³,
131 PS bei 70 0 0 U. /min, 15 0 Nm, 6-Gang-Schaltgetriebe, V max. 20 4 km/h, Sprint in 8, 3 s, 105 0 kg Leergewicht,
6,0 l Verbrauch (3 3 5 0 0 FR.) MA ZDA BEI AUTOHAUS WEDERICH, DONÀ AG, MUT TENZ
Mode S/S 2015
33
34
IM BILDE
Z
IM BILDE
L INK E SEIT E «695 Biposto», 16-V-Vierzylinder T-Jet, 13 6 8 cm³, 19 0 PS bei 55 0 0 U. /min, 25 0 Nm,
5-Gang-Dogring-Schaltung, V max. 2 3 0 km/h, Sprint von 0 auf 10 0 km/h in 5,9 s,
9 97 kg Trockengewicht, 6,1 Liter Verbrauch (79 6 0 0 FR.) ABARTH
UN T EN «Huracán LP 610-4», V-Zehnzylinder, 520 4 cm³ Hubraum, 610 PS bei 8 0 0 0 U. /min, 5 6 0 Nm,
7-Gang-Doppelkupplungsgetriebe, V max. 325 km/h t, Sprint von 0 auf 10 0 km/h in 3, 2 s
(auf 20 0 km/h in 9,9 s), 142 2 kg Trockengewicht, 12,5 l Verbrauch (24 9 0 0 0 FR.) L AMBORGHINI
Auto
L INKS «Cayman GT4» Sechszylinder-BoxerMit telmotor, 3 8 0 0 cm³, 3 85 PS bei 74 0 0 U. /min,
420 Nm, 6-Gang-Schaltgetriebe, V max. 2 95 km/h,
Sprint von 0 auf 10 0 km/h in 4, 4 s, 13 4 0 kg,
10, 3 l Verbrauch (12 3 74 0 FR.) PORSCHE
UNTEN «M5 Limousine», V-Achtzylinder Twin-PowerTurbo, 4 3 95 cm³, 575 PS bei 6 0 0 0 U. /min, 6 8 0 Nm,
7-Gang-Doppelkupplungsgetriebe, V max. 25 0 km/h,
Sprint von 0 auf 10 0 km/h in 4, 2 s, 19 4 5 kg,
9,9 l Verbrauch (125 5 0 0 FR.) BMW
Mode S/S 2015
Z
37
L INKS «M X-5 Skyak tiv-G 131 Ambition», 16-V-Vierzylinder, 14 9 6 cm³,
131 PS bei 70 0 0 U. /min, 15 0 Nm, 6-Gang-Schaltgetriebe,
V max. 20 4 km/h, Sprint von 0 auf 10 0 km/h in 8, 3 s, 105 0 kg Leergewicht,
6,0 l Verbrauch (3 3 5 0 0 FR.) MA ZDA
Auto
38
ZENIT
Z
Viermal Heimat
Speckofen statt Spa, Lokalkolorit statt Limousine: Eine neue Generation von Hotels bietet ihren Gästen das Erlebnis, in der Fremde
heimisch zu werden. K leine Häuser wie das «Nühüs» im Safiental oder das «Paradies» in Ftan, aber auch Ketten wie Ace Hotels oder
25hours hotels setzen auf lokale Produkte und Kultur, arbeiten mit den Menschen vor Ort und schaffen so eine neue Form des Reisens
TEXT N I C O L E A LT H A U S , R A P H A E L G Ü L L E R , D AV I D S T R E I F F - C O R T I , R O B E R T O Z I M M E R M A N N
FOTOS L E A M E I E N B E R G , H E I K O P R I G G E , GI A N PA U L L O Z Z A , S I M O N TA N N E R , D E B O R A M I T T E L S TA E D T, S T E P H A N L E M K E , P D
Die Nacht hoch über dem Safiental ist schwarz und
riecht nach Regen. Es ist so still, dass man das
Holz des 200 Jahre alten Walserhauses arbeiten
hört. Nichts. Nur Nacht. Sie ist vielleicht der gröss­
te Luxus, den das Kleinhotel mit den sechs Dop­
pelzimmern bietet. Denn wer im «Nühus» (walse­
risch für «neues Haus») übernachtet, bekommt
keinen Fünfgänger serviert und nichts zu seiner
Unterhaltung geboten. Er teilt den Tisch mit ande­
ren Gästen, Wanderern etwa, Bikern oder Urbanis­
ten auf Digitalentzug, und er isst, was gerade auf
dem Menuplan steht. Im Zimmer gibt es keinen
Fernseher und auf der Sonnenterrasse Brusch­
galeschg auf 1636 Metern über Meer ausser Natur
und Büchern keine Zerstreuung. Wer im «Nühus»
absteigt, sucht das Elementare: Abgeschiedenheit,
Einfachheit, Authentizität.
Das «Nühus» trifft den Nerv einer neuen Gene­
ration von Reisenden, die ihre Destination nicht
nur besuchen, sondern erfahren wollen. «Wir le­
ben im Safiental und vom Safiental», sagt Dagmar
Steinemann, Besitzerin und Gastgeberin, «und das
tun auch unsere Gäste.» Butter und Joghurt stam­
men von Kühen auf der Weide, das Ei auf dem
Salat aus dem Garten legte eines der Hühner, über
das man am Nachmittag fast gestolpert war, und
beim Betreten der Zimmer muss man sich ducken,
um sich den Kopf nicht anzustossen. Das 200­jäh­
rige denkmalgeschützte Walserhaus wurde bloss
sanft renoviert, selbstverständlich von einem ein­
heimischen Architekten, der sich im traditionellen
Strickbau auskennt und mit lokalen Handwerkern
sowie Holz aus der unmittelbaren Umgebung
arbeitet. Mehr lokale Verankerung geht nicht. Mit
Bed & Breakfast Nühus, Safien Platz
Dagmar Steinemann, die Besitzerin des
«Nühus», hat das alte Walserhaus in ein
Hotel mit sechs Zimmern verwandelt.
Seit der Eröffnung 2013 ist das Haus zum
Geheimtipp geworden.
safientalferien.ch
Welchen Bezug haben Sie persönlich zum
Safiental?
Dagmar Steinemann Ich habe meine ganze
Jugend in Flims in der Ferienwohnung
meiner Eltern verbracht. Doch habe
ich erst Jahre später mit meinem Mann
das Tal dahinter entdeckt. So haben
wir irgendwann vom Verkauf des
Bauerngutes erfahren, das heute das
«Nühus» ist.
Wie haben Sie den Heimatschutz vom
Umbau überzeugen können?
Der Architekt stammt aus dem Safiental
und kennt sich mit dem traditionellen
Strickbau aus. Wir haben nur sanfte An­
passungen vorgenommen. Wenn wir einen
lokalen Handwerker finden konnten, dann
haben wir ihn engagiert. Der Elektriker
wurde im Dorf geboren, das Holz stammt
aus den heimischen Wäldern. Den Sanitär­
installateur hingegen mussten wir aus­
wärts suchen, weil es im Tal keinen gibt.
Konnten Sie Arbeitsplätze schaffen?
Wir sind zu klein, um Vollzeitstellen zu
schaffen. Aber den Bauern im Safiental
haben wir mit Sicherheit zu mehr Umsatz
verholfen.
Kaufen Sie sämtliche Lebensmittel vor
Ort ein?
Das meiste kaufen wir von benach­
barten Bauern. Käse, Joghurt, Butter,
Eier, Fleisch oder auch Beeren. Gemüse
pflanzen wir selber an. Darunter etwa
die seltene Kartoffelsorte, die aus dem
Safiental stammt. Wir kaufen auch nicht
mehr en gros in der Prodega ein, sondern
im lokalen Genossenschaftsladen, um
dessen Existenz zu sichern.
Das «Nühus» ist vom Naturpark Beverin
ausgezeichnet worden. Was tun Sie zur
Vermittlung der Walserkultur?
Wir haben eine Bibliothek mit umfang­
reicher Literatur über das Tal und seine
Kultur. Ausserdem pflegen wir die münd­
liche Geschichtsvermittlung und laden
regelmässig eine Erzählerin aus Zalön
ein, die den Gästen vom Leben im Safien­
tal der Vergangenheit berichtet.
Interview: Nicole Althaus
Hoteltrend Lokalismus
NÜHUS BED &
BREAKFAST IM
SAFIENTAL
Nicht nur die
Lebensmittel
stammen von benachbarten Bauernhöfen, auch
die Einrichtung
stammt aus dem
Tal. Ausserdem
beschäftigt das
«Nühus» lokale
Bergführer
und lokale Handwerker.
OBEN Keine
Nachbarn, kein
Lärm, keine Autos:
Das Hotel steht
abgelegen auf der
Sonnenterrasse
Bruschgaleschg.
Z
ZENIT
39
Nicht der Pomp von fünf Sternen zählt, sondern
die Pracht eines klaren Sternenhimmels.
GANZ OBEN Die
Bibliothek des
«Nühus» bietet
einen grandiosen
Ausblick.
OBEN Im Stübli
sitzen die Gäste
auf Stabellen und
essen gemeinsam
an den alten
Holztischen.
OBEN RECHTS
Es gibt wenig
Ablenkung. Das
Haus ist ein Ort
zum Innehalten.
LINKS Der
200-jährige
Walser Strickbau
steht unter
Denkmalschutz
und wurde sanft
renoviert.
Hoteltrend Lokalismus
ihrem Anspruch auf Authentizität wälzen das
«Nühus» und andere Häuser mit ähnlichem Konzept die Vorstellung, was ein Gasthaus zu sein hat,
um. Sie sprechen die Sprache der «Digital Natives»,
für die das Reisebüro so fremd ist wie eine Schreibmaschine und das E-Ticket so selbstverständlich
wie Airbnb. An dieser Website, welche die Wohnungen lokaler Gastgeber an Reisende vermittelt,
beissen sich die Hoteliers von Zürich bis New York
heute die Zähne aus. Der phänomenale Erfolg von
Airbnb erklärt sich nicht einfach damit, dass eine
Übernachtung in der Privatwohnung billiger ist
als eine im Hotel. Was die Nutzer wirklich schätzen, ist die Möglichkeit, an einem fremden Ort wie
ein Einheimischer zu leben. Therese Lehmann,
stellvertretende Leiterin der Forschungsstelle Tourismus an der Uni Bern, erklärt: «Wir sehen hier
den Gegentrend zum Megatrend der Globalisierung: die ‹Glokalisierung› beziehungsweise Regionalisierung. Es besteht eine Nachfrage nach regional hergestellten Produkten, nach Brauchtum und
so weiter, für die teilweise auch eine höhere Zahlungsbereitschaft besteht.»
Z
ACE HOTEL LONDON
SHOREDITCH
Die Verankerung im
Quartier ist den Ace
Hotels wichtig. Dazu
gehören kulturelle
Anlässe, der Veloverleih
und die Lobby als
öffentlicher Lese- und
Arbeitsraum.
Diese Regionalisierung hat eine neue Genera­
tion von Hotels zu ihrem Geschäftsprinzip erho­
ben. Ob auf dem Land oder in der Metropole, ge­
meinsam ist den Häusern, dass sie als Spiegel der
Gegend funktionieren und dem Gast nicht in ers­
ter Linie ein Bett verkaufen, sondern einen Aus­
gangspunkt bieten, um die Umgebung hautnah zu
erleben. Bei Hotels auf dem Land äussert sich dies
häufig in der Architektur, aber auch im Speiseplan.
«Während man in der Luxushotellerie früher auf
Erdbeeren und Spargel zur Unzeit gesetzt hat, die
von weither kamen, sind es heute die sonnenge­
reiften Erdbeeren aus dem eigenen Garten, die
man anpreist», sagt Marc Aeberhard, Geschäfts­
führer von Luxury Hotel & Spa Management in
Zürich. Aeberhard erkennt selbst bei grossen
Hotelketten einen Wandel: «Sie haben gemerkt,
dass die Uniformitätsformeln komplett überholt
sind, und biedern sich dem jeweiligen Lokalkolorit
der Destination an.» Diese Bemühungen würden
allerdings häufig am fehlenden Gefühl für die
Umgebung scheitern.
Genug Empathie bewies der Amerikaner Alex
Calderwood, der den Trend zur Verankerung im
Lokalen und Regionalen auf internationaler Ebe­
ne lostrat, als er mit zwei Freunden 1999 das erste
Ace Hotel im amerikanischen Seattle eröffnete. In
einer ehemaligen Heilsarmee­Anstalt in Belltown,
damals ein dicht besiedeltes Industriegebiet mit
tiefen Mieten und einer aktiven Künstlerkom­
mune, entwarfen sie ein Hotel, das als Spiegelbild
der Nachbarschaft die «kreative Klasse» anlocken
sollte. 16 Jahre später gibt es das «Ace» auch in
Palm Springs, Portland, New York, London, Pa­
nama und Los Angeles. Der Name steht für un­
komplizierte Hotels, die sehr stark in der Nach­
barschaft verankert sind.
Wer sich im Londoner Ableger an der Shore­
ditch High Street vorbei an parkierten Velos in die
Lobby bewegt, findet sich direkt im Herzstück die­
ser Philosophie wieder. Am langen Gemein­
schaftstisch sitzen junge Entrepreneurs hinter
Laptops aus Cupertino neben Latte schlürfenden
Fashionistas und Medienschaffenden mit Zeitung
und Hornbrille. Ob das Restaurant Hoi Polloi, der
hoteleigene Nachtklub Miranda, der Coffee Shop
Bulldog oder der Sister­Ray­Plattenladen: Das
«Ace» ist ein Spielplatz für die lokale Szene.
Die Ace Hotel Group arbeitet ganz bewusst mit
lokalen Partnern zusammen, sei es für die Archi­
tektur, die Gastronomie oder die Produkte, die
sich überall in den Zimmern und im Shop finden.
Hinter der Fassade aus quartierüblichen Backstei­
nen befindet sich unter anderem der Blumenladen
OBEN LINKS Blick in die
Lobby des Londoner AceHotels.
OBEN Aussicht von der
Terrasse einer Suite auf das
Londoner Finanzzentrum.
LINKS OBEN In der Lobby
sind Kreative aus dem
Quartier anzutreffen.
LINKS UNTEN Das Restaurant
Hoi Polloi ist ein Wurf der
lokalen Restaurateure Pablo
Flack und David Waddington.
Ace Hotel, London
Kelly Sawdon kümmert sich als
Chief Brand Officer der Ace Hotels
um Kooperationen in der Nachbar­
schaft, alle kreativen Belange und
die Entwicklung weiterer Projekte.
Dazu wurde das hauseigene Atelier
Ace gegründet.
tels wird inspiriert von der Stadt,
der Nachbarschaft, dem Gebäude
und dem Gemeinwesen vor Ort.
Die Zusammenarbeit mit Personen
aus unserer Nachbarschaft hilft
uns, selber ein Teil des sozialen
und kulturellen Gefüges vor Ort zu
werden.
acehotel.com
Geht das «Ace» mit den lokalen
Talenten eine längerfristige
Partnerschaft ein?
KS Da wir normalerweise mit
Freunden oder Personen zusam­
menspannen, deren Werk wir
sehr schätzen, arbeiten wir gerne
längerfristig mit ihnen. Zahlreiche
unserer lokalen Veranstaltungen
finden in Serie statt, wodurch sich
viele Gelegenheiten ergeben, sich
auszutauschen und neue Ideen zu
entwickeln.
Warum arbeiten die Ace Hotels
mit lokalen Talenten zusammen?
Kelly Sawdon Kooperation ist der
Kern unseres Tuns. Jedes der Ho­
Hoteltrend Lokalismus
Legt ihr auch bei der Auswahl der
Mitarbeiter einen Schwerpunkt auf
deren lokale Herkunft?
KS Unsere Belegschaft setzt sich
aus verschiedensten Kreativen,
Improvisationskünstlern, Wun­
derkindern und Visionären mit
breitgefächerten Interessen und
Talenten zusammen. Wir arbeiten
mit Menschen jeglichen Hinter­
grunds und jeglicher Herkunft
zusammen. Viele der Mitarbeiter
in Shoreditch sind direkt um die
Ecke aufgewachsen, andere sind
erst um die halbe Welt gereist.
Jede Person bringt etwas Einzig­
artiges mit.
Gibt es – als Ausgleich zum
Lokalen sozusagen – etwas, das in
keinem Ace Hotel fehlen darf?
KS Wir wollen in unseren Hotels
lokale Interessen widerspiegeln,
aber auch nationalem und
internationalem Flair gebührend
Platz einräumen. Unsere öffentli­
chen Räumlichkeiten sind
kulturelle Treffpunkte für Gäste
und Einheimische zugleich.
Wir haben den Anspruch, immer
offen und demokratisch zu sein.
Gleichzeitig halten wir auch
ständig Ausschau nach neuen
Impulsen, um uns weiterzuentwi­
ckeln und zu wachsen.
Interview: Raphael Güller
Z
ZENIT
25hours hotel, Berlin, Hamburg, Zürich
Christoph Hoffmann gründete die Kette
2005 mit drei weiteren Gesellschaftern.
Heute gehören 7 Häuser dazu, die sich
möglichst umfassend in ihre Umgebung
integrieren sollen.
25hours-hotels.com
Wie sah Ihr Konzept in Bezug auf lokale
Verankerung aus?
Christoph Hoffmann Das war von Anfang
an ein natürliches Element unserer Philosophie. Jedes Hotel soll seinen eigenen
Charakter haben. Wir hatten nie vor, uns
die Sache einfach zu machen und etwas
zu kopieren. Weil wir keine grosse Kette
sind, war es naheliegend, sich der Immobilie und dem Umfeld anzupassen. Auch
hat jeder von uns vier Gesellschaftern
Spass daran, bei den Projekten mitzuwirken. Das erste Hotel in Hamburg wurde
41
stark von Kai Hollmann geprägt, jenes in
Berlin von Ardi Goldmann.
Hat diese lokale Vernetzung etwas mit
dem Trend zu Airbnb tun?
Airbnb ist ein anderes Modell, um Lokalität zu spüren. Deshalb ist es auch so
erfolgreich. Der Gast fühlt sich wie ein Teil
der «local community». Das ist eine sehr
spannende und herausfordernde Alternative zur herkömmlichen Hotellerie und für
uns nicht zu unterschätzen. Andererseits,
solange wir einen guten Drink in einer
coolen Bar, Soulfood in einem inspirierenden Restaurant für diejenigen anbieten,
welche den analogen Kontakt zu Menschen aus aller Welt schätzen, müssen wir
uns keine allzu grossen Sorgen machen.
Wie wichtig ist die Verbindung zu lokalen Machern für Ihr Konzept?
Enorm wichtig. Eigentlich verstehen wir
uns als orchestrierendes Element und
Plattform für Kulturschaffende vor Ort.
Wir wollen Nährböden für Kultur bilden.
Es ist spannend, Kooperationen mit
Kreativen herzustellen; ein Hotel kann
nur schön sein, wenn es vielfältig und
von vielen Menschen geprägt ist.
RECHTS Blick vom
«25hours» Berlin
auf die Budapester
Strasse.
UNTEN Von einigen
Zimmern aus
können die Gäste
den Zoologischen
Garten beobachten.
25HOURS HOTEL
BIKINI BERLIN
Auftritte von lokalen
Bands und Literaten,
kostenloser Veloverleih,
Kräutergarten auf dem
Dach: Die deutsche Hotelkette vernetzt sich mit
den Communitys vor Ort.
Wie sehen die Pläne für Ihr zweites Haus
in Zürich aus?
Das Motto des Hauses heisst «Pocket Universe» in Anspielung an die Nationalitäten,
die das Quartier ausmachen. Wir planen
u. a. ein Atelier für einen Artist in Residence, Kooperationen mit Kulturbetrieben
und ein nachhaltiges Mobilitätskonzept.
Interview: Roberto Zimmermann
von Hattie Fox, die zuvor in der Parallelstrasse ihren Shop hatte. Und in den Stockwerken darüber
schmücken Werke von lokalen Strassenkünstlern
die Zimmerwände. Die Gäste freut es, und sie kommen in Scharen.
Die Erlebnisgesellschaft will Authentizität im
Lokalen und keine global normierten Räume. Man
reist ja gerade, um das Andere zu entdecken. Dies
gilt unterdessen sogar für Geschäftsreisende, die
eine Unterkunft mit Charakter in der Stadt dem
anonymen Flughafenhotel vorziehen. Um dieses
Publikum werben auch die sieben Häuser der aus
Deutschland stammenden Gruppe «25hours Hotels». Die Minikette, die vor zehn Jahren entstand,
hat sich den Slogan «real place, real people» auf
die Fahnen geschrieben. «Wir sind eine kleine
Gruppe, bei der Individualität eine wichtige Rolle
spielt», sagt CEO und Mitinhaber Christoph Hoffmann. So wurde etwa das erste Zürcher Haus der
Deutschen komplett vom hier ansässigen Designer
Alfredo Häberli eingerichtet. Zunächst gelangt
man in eine Art «gute Stube» mit Restaurant,
Lounge und Rezeption, wo regelmässig Bands und
DJ aus der Stadt auch lokale Gäste anlocken.
Um diese «Locals» mit dem Hotel vertraut zu
machen, veranstaltet dieses auch regelmässig den
Anlass «Fashionhotel»: Während dreier Tage werden Zimmer zu Pop-up-Stores für lokale Brands,
rund 8000 Neugierige bewegten sich letztmals
durch das Gebäude. Im Foyer warten Velos darauf,
ausgeliehen und durch die Stadt gelenkt zu werden.
Hoteltrend Lokalismus
«Für mich sind Hotels Ausgangspunkte zum Entdecken einer Stadt», sagt Hoffmann. In Berlin, wo
25hours mit der Eröffnung einer Dépendance zwischen Bahnhof Zoo und Olaf-Palme-Platz unter
dem Schlagwort «urban jungle» für Aufsehen sorgte, können sich Gäste den «Freunden von Freunden» anschliessen, einem webbasierten Netzwerk,
das Insidertipps von Berlinern verbreitet. Umgekehrt finden diese auch den Weg ins Hotel, sagt
Hoffmann stolz: «Unsere Monkey-Bar in der zehnten Etage wird zu 80 Prozent von Einheimischen
frequentiert.»
Jedes Haus von 25hours soll eine Geschichte
erzählen, die unmittelbar mit der Umgebung verwoben ist. In Hamburg beispielsweise band Hoffmann den benachbarten Mare-Verlag mit seinem
Zürcher Chef Nikolaus Gelpke ein, der nun im
Hotel in der Hafencity einen rund um die Uhr geöffneten Kiosk betreibt, wo neben Büchern und
Zeitschriften auch Krimskrams aus der Hafenstadt
verkauft wird und Räder verliehen werden. Betrieben wird er von Marten, «einem der bestverankerten Menschen in Hamburg, der weiss, wie man die
Stadt entdecken kann», so Hoffmann.
Auch das Konzept für das zweite Zürcher Hotel, das 2016 zwischen Europaallee und Langstrasse, also mitten im Rotlichtviertel der Stadt, eröffnet wird, schliesst das Quartier ein. «Pocket
universe» lautet das Motto in Anlehnung an das
bunte Viertel. Geplant sind ein offenes Atelier für
ZENIT
42
Z
Alles aus der Region: Lieferanten des Hotels Paradies
1,3 km
Käse aus der
Sennerei in Ftan
70,4 km
«Scampagna» (Schaumwein)
aus Malans
0 km
Joghurt und
Müesli aus
der «Paradies»
Küche
22,8 km
Mozzarella aus
Tschlin
10,6 km
Eier vom
Geflügelhof
in Sent
1,3 km
Brot vom Ftaner
Bäcker
7,4 km
Trockenfleisch
aus Schuls
ILLUSTRATIONEN GIULIO MIGLIETTA
Spätestens am Frühstücksbuffet ist man voll
und ganz im Unterengadin angekommen.
einen Artist in Residence und Kooperationen mit
benachbarten Kulturunternehmen. Auch über einen Nachbarschafts-Stammtisch, wie er bereits in
Zürich-West besteht, denkt Hoffmann nach. Eingerichtet wird das «25hours» an der Langstrasse von
Werner Aisslinger, der schon das Interieur der
Berliner Dépendance verantwortet und von Mateo
Kries, dem Leiter des Vitra-Design-Museums bei
Basel, beraten wird. Das Gebäude wird sich in die
bestehende Architektur an der Europaallee einfü-
GANZ OBEN RECHTS
Die «Chasa da Fö»
auf der Alp Laret im
Unterengadin.
OBEN RECHTS Regionales
Frühstücksbuffet.
RECHTS Kochen auf einem
über 100 Jahre alten
Holzherd.
OBEN LINKS Kochschüler
bei der Arbeit.
LINKS Hotel Paradies am
Dorfrand von Ftan.
Hoteltrend Lokalismus
gen, die vom Projektentwickler SBB ganz der
Nachhaltigkeit verschrieben wurde.
Das in den letzten Jahren viel benutzte und
missbrauchte Schlagwort Nachhaltigkeit sollte für
die Tourismusforscherin Therese Lehmann denn
auch ein Kernanliegen regional agierender Hotels
darstellen: «Zum einen die gesellschaftliche Nachhaltigkeit mit der Beschäftigung lokaler Bevölkerung und der Vernetzung mit anderen touristischen Leist u ngst räger n, beispielsweise der
Landwirtschaft. Zweitens die ökologische Dimension mittels guter Erreichbarkeit mit öffentlichem
Verkehr und mit der Verwendung regionaler Baumaterialien.» Drittens müsse das Hotel zur Regionalentwicklung beitragen, indem Vorleistungen
aus der Region bezogen würden und die nahe Bauwirtschaft berücksichtigt werde.
Die letztgenannte Vorgabe ist für das Hotel Paradies im bündnerischen Ftan kein Thema, wurde
das Haus doch vor 100 Jahren er- und in den sechziger Jahren zum Hotel umgebaut. Streng genommen passt das Gebäude nicht ins Ortsbild. Dennoch wirkt sich dies nicht störend aus, der
schlichte Bau fügt sich nahtlos in die Landschaft
ein. Im Innern trifft man neben viel heimischem
Arvenholz und Granit auf alte Bauernschränke
und Kunst aus Graubünden. Und spätestens am
Frühstücksbuffet ist man voll und ganz im Unter-
Z
ZENIT
Hotel Paradies, Ftan
Die Direktorin des Fünfsternehauses,
Meike Bambach, sieht die Kulinarik
als zentrales Element der regionalen
Verankerung. Doch auch die Kunst und
Shop-Artikel sind regionaler Herkunft.
paradieshotel.ch
Auf welche Weise kommt der Gast in
Berührung mit der Umgebung?
Meike Bambach Wir veranstalten regelmässig marktähnliche Begegnungen
– wir laden die lokalen Produzenten zu
uns ins «Paradies» ein. Da kann man
dann die Büffelmilch vom Bauern aus
dem Dorf probieren. Oder Trockenfleisch von unserem Hauslieferanten,
dem bekannten Metzgermeister Ludwig
Hatecke, der uns auch das Fleisch für
unsere Manufaktur «Charn Alpina»
liefert. Generell stammt alles von hier
– Lebensmittel, Dekoration, inklusive
der Keramik, die wir bei der Töpferin
Verena Jordan im Nachbardorf Guarda
extra haben anfertigen lassen.
Und inwiefern kommt die lokale Bevölkerung in Berührung mit dem Hotel?
Die Türen stehen stets offen. Dies äussert sich auch in vielen Projekten. So
haben wir gerade ein eigenes Bier mit
der hiesigen Bio-Brauerei in Tschlin in
Arbeit genommen – es enthält hand-
engadin angekommen. Hausgemachte Konfitüren
aus Früchten, die im Hotelgarten wachsen, Brot
und Bergkäse aus dem Dorf oder Trockenfleisch
aus der unmittelbaren Nachbarschaft werden auf
Teller geladen, die im Engadin getöpfert wurden.
Überhaupt holt man im «Paradies» die Umgebung
über Magen und Gaumen ins Hotel. Das Küchenteam setzt auf die Chadafö Unica, eine moderne Interpretation der Engadiner Küche, die überwiegend auf regionalen Produkten basiert. Man
spannt bewusst mit lokalen Produzenten zusammen und entwickelt gemeinsame Ideen.
43
gepflückte Goldmelisse aus Ftan. Zudem
fördern wir in der Hotel-Boutique das
lokale Handwerk. Die Renner sind derzeit die wunderbaren Lederhandschuhe
von Helen von Albertini aus Ardez sowie
die Arvenholz-Schutzhüllen für Handys
von einer Behindertenwerkstatt aus dem
Oberengadin.
Gehen Sie kulturelle Projekte mit der
Umgebung ein? Wird beispielsweise
lokale Kunst ausgestellt, gesammelt und
gefördert?
Das Hotel Paradies fühlt sich seit je eng
mit der lokalen Bevölkerung verbunden
– sprich: Es war stets ein Ort des Zusammentreffens von Denkern und Künstlern, seit der Gründung durch das Basler
Künstlerehepaar Beyer. Diese Tradition
hat der Besitzer des Hauses, Horst Rahe,
mit dem Kulturpreis Premi Cultural weitergeführt. Immer wieder wurden damit
auch Künstler aus der Region ausgezeichnet und deren Werke im Hotel präsentiert.
Bei uns findet man Kunst von Not Vital,
Leta Peer oder Steivan Chönz.
Seit wann besteht im Hotel das Bewusstsein, dass eine Zusammenarbeit mit der
Region auch dem anspruchsvollen Gast
einen Mehrwert beschert?
Schon sehr lange, denke ich. Konsequent
umgesetzt wird diese Zusammenarbeit,
seit ich 2008 das Ruder in die Hand genommen habe. Ich bin überzeugt: Wer
eine Reise tut, der will etwas erleben
– und zwar dort, wo er gerade ist und
isst. Die Liebe zu einer Region geht nun
einmal auch durch den Magen. Deshalb
ist die Kulinarik ein zentrales Erlebnismoment in unserem Hause. Aber wir
wollen unseren Gästen einen Feriengenuss für alle fünf Sinne bieten – von
A wie Arvenduft bis Z wie Zvieri, dem
«Zmarend» im Stile der Unterengadiner
Zuckerbäcker mit Tees aus handgepflückten Kräutern, auch aus unserem Nachbardorf Guarda.
Interview: David Streiff Corti
Aktiv in die Region involviert wird auch der Hotelgast. Nach einer gut zweistündigen Wanderung erreicht er von Ftan aus die «Chasa da Fö», das Haus
mit der Feuerstelle. Der umgebaute Schweinestall
auf der Alp Laret ist mehr als einfach eine heimelige Kulisse für ein Gourmet-Restaurant auf über
2000 Metern über Meer. Kulinarisch interessierte
Touristen, aber auch Einheimische erwartet hier
vielmehr ein ungewöhnlicher Kochkurs, geführt
von Hotelköchen, die ihre Gäste dazu anhalten, die
Kräuter für den Salat auf der umliegenden Wiese zu
suchen. Die Kurse drehen sich stets um ursprüngliche, teilweise längst vergessene Rezepte aus der
Region und um hochwertige lokale Produkte, die
au f ei nem über 100 Ja h re a lten Hol zherd
verarbeitet werden. Der gemeinsame Genuss des
Gekochten gehört dabei ebenso zum Erlebnis wie
der darauffolgende Abwasch am rustikalen Trog –
beides befriedigt die romantische Sehnsucht des
modernen Reisenden nach Ursprünglichkeit und
Authentizität, die ein Hotel heute mehr auszeichnen
als jede Sternekategorisierung.
Hoteltrend Lokalismus
HOTEL PARADIES IN FTAN
Noch regionaler als die
Kunst ist die Küche.
Das Unterengadin wird
zudem mit lokalen Führern
erwandert.
44
Z
ZUTAT
44
Z
Aprikose
(P R U N U S A R M E N I A C A )
S Ü S S - S A F T I G E V E R S U C H U N G , R E I C H A N V I TA M IN E N U N D M I T E I N E R T E N D E N Z , S C H N E L L Z U E R R Ö T E N
Tex t C H R I S T I N A H U BB E L I N G
F ot o N I C O L E B A C H M A N N
S t y l i ng A L E L I L E A L F Ü R S T U DI O L A R D O
Illus t r a tion P E T E R J A M E S F I E L D
Kulinarisch gesehen, braucht es keine
grossen Worte, um die Vorzüge der
Sommerfrucht hervorzuheben. Wer
einmal eine reife, süsse, saftige Aprikose gegessen hat, wird ihr auf ewig
verfallen sein. Wenn es Schweizer
Aprikosen auf dem Markt gibt, so
stammen diese praktisch immer aus
dem Wallis, genauer gesagt von der
Seite des Kantons, die südlich der
Rhone liegt. Aprikosen schmecken,
wie eigentlich alle Früchte, nur gut,
wenn sie richtig reif sind. Sind sie es
nicht, lagert man sie noch einige Tage
im Kühlschrank. Dann nimmt man
sie am Morgen aus der Kälte. Der
Temperaturunterschied sorgt dafür,
dass die Früchte ihre Säure bis am
Abend in angenehm süssen Fruchtzucker umgewandelt haben.
Wie ein Teenager trägt die Aprikose
einen leichten Flaum auf der Haut und
errötet schnell. Natürlich nicht, weil
ihr irgendetwas peinlich ist, sondern
wegen der Sonne, die ihrer Haut rote
Flecken beschert. Die Aprikose begleitet uns Menschen schon eine sehr lange Zeit. Bereits in der Antike liebte
man die süsse, runde Steinfrucht. Sie
ist sehr reich an Vitaminen (A, C, E sowie verschiedene Vitamine der BGruppe) und enthält eine Vielzahl an
Mineralstoffen. Bei Anhängern der
Naturheilkunde gelten die ebenfalls
nährstoffreichen bitteren Kerne (auch
Aprikosenmandeln genannt) als wahres Wundermittel. Kein Wunder also,
ist die gesamte Frucht ein beliebter
Inhaltsstoff in der Kosmetikindustrie.
Vanille-Aprikosen-Konfitüre
Gebratene Honig-Aprikosen
Zutaten für 1,5 Liter
1 kg Aprikosen, 500 g Gelierzucker (2:1),
Saft von 1 Zitrone, 2 Vanillestengel
Zutaten für 4 Personen
3 EL Olivenöl, 3 EL Akazienhonig, 12 frische
Aprikosen, 6 frische Lavendelzweige
(oder getrockneter Lavendel)
Zubereitung
Aprikosen waschen, halbieren, entsteinen. Mit Zitronensaft in eine Pfanne geben.
Zugedeckt weichkochen. Pürieren, Zucker
beigeben, Vanillestengel der Länge nach
aufschneiden und mit dem herausgekratzten
Mark beifügen. Unter Rühren langsam
aufkochen. Bei mittlerer Hitze 10 Minuten
kochen lassen. Konfitüre sofort in saubere
Einmachgläser füllen, verschliessen und auf
dem Kopf stehend erkalten lassen.
Zubereitung
Olivenöl und Honig in einer Pfanne bei
mittlerer Hitze langsam erwärmen.
Aprikosen waschen, halbieren, Steine
entfernen. Mit der Schnittfläche nach unten
in die Pfanne setzen. Mit den Lavendelblüten bestreuen, langsam anbraten.
Aprikosenkuchen
Zutaten für 1 Springform (28 cm). Für den Teig: 300 g Mehl, 100 g Zucker, 1 Prise Salz, 2 Eier, 150 g kalte Butter in Stücken. Für die Füllung 1 kg Aprikosen,
150 g weiche Butter, 150 g Zucker, 3 Eier, 150 g gemahlene Mandeln, zirka 2 EL Grand Marnier, 1 EL Rohrzucker
1. Für den Teig Mehl, Zucker, Salz
mischen, eine Mulde formen, Eier
hineingeben, vermischen. Butter
hineinkneten, eine Teigkugel
formen, mit etwas Mehl auswallen.
2. Eingefettete Springform mit
dem Teig auskleiden. Backpapier
darauflegen, mit Hülsenfrüchten
beschweren und so 20 Minuten bei
180 Grad blind backen.
3. Aprikosen waschen, halbieren,
entsteinen. Butter, Zucker und
Eier schaumig schlagen. Mandeln
unterrühren. Die Füllung auf den
Teigboden verteilen.
4. Aprikosen mit der Vertiefung
nach oben in die Füllung drücken.
Grand Marnier darüberträufeln, den
Zucker darüberstreuen. Bei
180 Grad zirka 1 Stunde backen.
“Traumhaft schöne Strandferien
”
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46
ZU TISCH
Z
Apéro mit
Björk
C
A
B
D
E
G
F
A
C
B
«Ich bin halb
Kind, halb uralt.»
Karaffe «Tela»
(56 Fr.), von
Silo Studio für
Hay, bei The Chair
«Ich verstehe das
Wort ‹Einsamkeit›
nicht. Ich bin Teil
einer Orgie mit der
Natur.»
Schale «Gletscher»,
Kristallglas,
mundgeblasen
(715 Fr.), von
Sebastian
Menschhorn für
J.&L. Lobmeyr
D
Björk ist durchaus
nicht die
weltfremde Elfe,
als die sie gerne
dargestellt wird,
sie tritt als
engagierte
Feministin auf.
Marble Vase
(24 Fr.), von
House Doctor, bei
Nordish Living
E
«Jeden Freitag
leere ich eine
Literflasche Wodka. Das ist eine
Familientradition.»
Tumbler «Tela»
(22 Fr.), von
Silo Studio für
Hay, bei The Chair
F
«Das menschliche
Handeln entbehrt
jeglicher Logik.»
Glas, Kristall
(10 Fr.), von
Scholten & Baijings
für Hay, bei
Nordish Living
G
Die isländische
Sängerin (geb.
21. November 1965)
wuchs in einer
HippieKommune auf.
Platte «Reversed
Volumes – Ficus
Elastica»,
(80 Fr.), von
Mischer’Traxler
für PCM Design
Madrid, bei
Limited Stock
H
«Ich pflege den Stil
eines Einsiedlers.
Samt Bart und
Pfeife.»
Tablett, Porzellan
(150 Fr.), von
Ryota Aoki, bei
Limited Stock
Im Zuge des
weltweit ersten
App-Albums
«Biophilia» (2011)
lancierte Björk ein
gleichnamiges
Bildungsprojekt
für Jugendliche.
Kerzenständer,
Wachs (165 Fr.),
von Maison Martin
Margiela Line 13,
bei Waldraud
ZU TISCH
Z
47
Tex t M A L E N A R U D E R
F o t o s N I C O L E B AC H M A N N S t y l i ng A L E L I L E A L F Ü R S T U DI O L A R D O
Willkommen, Björk, lassen Sie uns anstossen! Gründe zum Feiern gibt es genug: Ihr
letztes Album «Vulnicura» kam bei der Kritik sehr gut an, die Ausstellung im MoMA
gab zu reden, Ihre Retrospektive «Archives» ebenso, und Sie feiern im November Ihren
50. Geburtstag. Alles Gute wünschen wir – und blühen Sie weiter!
L
H
I
M
J
N
O
K
I
J
«Ein Keyboard
sollte nicht so tun,
als sei es eine
Geige. Es sollte
stolz sein, ein
Keyboard zu sein.»
Vase, Glas (35 Fr.),
bei Artiana
P
K
«Fussballspiele
erinnern mich an
Fruchtbarkeitsfeste:
11 Spermien, die
versuchen, das Ei
zu treffen. Der
Torwart tut mir
leid.»
Schale, Handarbeit
aus Tschechien
(72 Fr.), bei Artiana
L
Björk hat einen
Sohn aus der
Beziehung mit
Musiker Þór Eldon
Jónsson und eine
Tochter mit
Medienkünstler
Matthew Barney.
Platzteller (46 Fr.),
von Deshoulières,
bei Aux arts du feu
M
«Die Natur ist
unser Tempel.»
Vase «Delft Blue
No. 12» (570 Fr.),
von Marcel
Wanders für
Moooi, bei
The Chair
2001 gewann Björk
keinen Oscar für
einen Song in Lars
von Triers «Dancer
in the Dark».
Ihr Schwanenkleid
aber blieb
unvergessen.
Kompottschale
«Alpha III»
(215 Fr.), von Hans
Harald Rath für
J.&L. Lobmeyr, bei
Limited Stock
Björk
N
O
«Kaum hatten
Geschäftsmänner
und Anwälte die
Kontrolle über die
Musikindustrie,
kam das Internet
und brachte alles
durcheinander.
Gott segne es.»
Krug «Alpha 28»
(145 Fr.), von Hans
Harald Rath für
J.&L. Lobmeyr, bei
Limited Stock
P
«Ich glaube nicht
an Religionen.
Wenn ich wählen
müsste, dann den
Buddhismus.
Er scheint mir am
nächsten bei den
Menschen.»
Teller (85 Fr.), von
Paola Navone für
Reichenbach, bei
Artiana
«Als Rockmusik
fünfzig wurde,
wurde sie zur
Klassik. Ich finde
das eine sehr
interessante
Entwicklung.»
Dose Treasure
Diamond (38 Fr.),
von Ferm Living,
bei Nordish Living
Neu im NZZ Libro Verlag:
Mit
t
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k
Pla
Michael Furger
Chanchal Biswas
(Herausgeber)
stück
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Der Kult
um
unser
Essen
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Wo es herkommt. Warum es schmeckt.
Wie es uns verführt.
Verlag Neue Zürcher Zeitung
Die Frage, was wir essen sollen, beschäftigt unsere Gesellschaft wie kaum
ein anderes Thema. Jeder Happen könnte unverträglich, ungesund oder ethisch
fragwürdig produziert sein. Ernährungspraktiken werden zum Identitätsmerkmal erklärt. Essen ist zu einem Kult geworden, der zeigt, dass wir das Gefühl
für unsere Nahrung verloren haben.
18 Autorinnen und Autoren der «NZZ am Sonntag» decken auf, wie die Nahrungsmittelindustrie unsere Lebensmittel herstellt, wie sie uns mit Zucker, Salz, Fett
und Zusatzstoffen verführt und über die Werbung unseren Konsum steuert. Sie zeigen,
wie Saatgutkonzerne die landwirtschaftliche Produktion kontrollieren und Forscher
im Labor neue Lebensmittel züchten. Und sie erklären, wie unsere kulinarischen
Vorlieben zustande kommen.
Michael Furger, Chanchal Biswas (Hrsg.)
Der Kult um unser Essen
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ZUGABE
T
49
- D E S TI
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Chinas Zukunftslabor
IN S C H A N GH A I E R F IN D E T S I C H C H IN A TA G F Ü R TA G N E U . S E I T D E N N E U N Z I G E R J A H R E N
HERRSCH T EINE GOL DGR ÄBERS TIMMUNG, W ELCHE DIE ME T ROPOL E ZUM HER Z SCHRIT T M ACHER DES
MODE R NE N C HIN A M A C H T. E IN A UGE NS C HE IN IN DE N T R E NDQ U A R T IE R E N HU A NGP U UND X UHUI
Text M A R T I N A S T R U L
Fotos S E B A S T I A N R E M M E / R E X / DU K A S , M A R T I N A S T R U L , P D
Der Expo-Slogan «Better City, Better Life» versprach 2010 eine
bessere Stadt. Inzwischen ist der Traum von einer höheren Lebensqualität in Schanghai Wirklichkeit geworden. Im Zuge der
Weltausstellung hat sich Chinas Vorzeigemetropole auf Hochglanz poliert und durch den massiven Ausbau des Metronetzes
wurde das Verkehrschaos merklich entschärft.
Die ausgelassene Goldgräberstimmung, die seit den neunziger Jahren das Wachstum der Finanzmetropole vorantreibt, hält
an und weckt Erinnerungen an den kometenhaften Aufschwung
Schanghais während der Kolonialzeit. Damals wurde das Fundament für das moderne China und zugleich der Grundstein für die
heutigen Trendviertel der Stadt gelegt. Nach der Niederlage im
ersten Opiumkrieg 1842 wurde die Regierung der Qing-Dynastie
zum Handel mit dem Ausland gezwungen. Kolonialherren aus aller Welt liessen sich kurz darauf am Ufer des Huangpu nieder.
Eingangs des 20. Jahrhunderts wandelte Schanghai sich von einer unscheinbaren Fischerstadt zu einer Metropole des Orients.
Der Handel mit Tee, Seide und Opium verhalf der Hafenstadt bis
Ende der dreissiger Jahre zu einem Wohlstand, der spätestens mit
der Machtübernahme durch die Kommunistische Partei 1949 in
sich zusammenbrach.
Heutzutage erlebt das koloniale Erbe der Stadt eine Renaissance. Das einst von Briten und Amerikanern besiedelte Gebiet
am Bund sowie die ehemalige Französische Konzession weiter
westlich zählen derzeit zu den hippsten Gegenden der Stadt. Hier
verschmelzen chinesischer Alltag und abendländisches Savoirvivre zu einem Lebensstil, der dem europäischen sehr ähnlich ist.
Die Vorstellung eines guten Lebens besteht im heutigen Schanghai darin, die kapitalistischen Freuden des Alltags hemmungslos
zu geniessen. Die hohe Dichte an gemütlichen Cafés, schmucken
Boutiquen, rustikalen Weinbars und Vintage-Shops in den TrendQuartieren Huangpu und Xuhui zeigt, wie stark der ausländische
Einfluss ist. Ob dieser historisch bedingte Austausch zwischen
Ost und West die Stadt auch in Zukunft mitgestalten wird, ist
allerdings ungewiss – noch immer scheint der rasche Wandel
Schanghais einzige Konstante zu sein.
Schanghai
50
ZUGABE
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CHAN
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G LE R
07
A N FU
STREETFOOD
01
Mit Vorsicht zu geniessen
Typisch Schanghai
Überregionale Spezialitäten
Xiaolongxia
An der Shouning Road
findet man die besten
roten Drachenshrimps
an Chilisauce. Der
Preis wird pro Kilo
berechnet.
Xiaolongbao
Achtung Spritzgefahr:
Zuerst die Spitze der
mit Schweinefleisch
gefüllten Teigtaschen
abbeissen und den Sud
ausschlürfen!
Shengjianbao
Die Teigtaschen mit
Schweinefleisch werden
in einer Riesenpfanne
gebraten. Schanghaier
tunken sie vor dem
Reinbeissen in Essig.
Baozi
Die gedämpften Frühstücksbrote mit Fleisch-,
Gemüse- oder süsser
Füllung findet man den
ganzen Tag über an
jeder Strassenecke.
HOU
ROA
EARLY
BIRDS
In Schanghai lohnt es sich,
das morgendliche Workout in
den Fuxing-Park
( 14 Chongqing South Road,
nahe der Fuxing Middle Road)
zu verlegen, um im Kreise
rüstiger Rentner seine
Muskeln zu stählen: frische
Luft, Sport und ParkRomantik vom Feinsten mit
grossem Unterhaltungswert.
D
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06
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H
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03
04 – Lolo Love Vintage
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IAH
SHOPPING
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Illustration: Giulio Miglietta
XUJ
NG R O A D
HU
L U J I A BA
02 –Power Station of Art
KULTUR
shanghaipropagandaart.com
02 Power Station of Art
Eine der besten
Adressen für Liebhaber
zeitgenössischer
chinesischer Kunst.
powerstationofart.org
03 Literatur und Café
04 Vintage
05 In-Viertel
1984 Bookstore
Ein gut versteckter
Geheimtipp: Der nach
George Orwells Roman
benannte Bücherladen
ist auch ein Café mit
einem erholsamen
Garten. Um in diese
Oase der Ruhe einzutreten, muss man am
metallenen Eingangstor
klingeln.
Lolo Love Vintage
Vintage erlebt auch in
Schanghai einen Boom.
Lolo (Bild oben) ist
die Königin dieser
Retro-Szene, und ihre
Boutique ist ein wahres
Schlaraffenland für alle
Nostalgie-Freunde
und Liebhaber von
gepflegten Unikaten.
2 Yongfu Road,
Tianzifang
Das Quartier gilt als
Marais von Schanghai.
Hier trifft Kunsthandwerk auf eine gemütliche Café-Kultur
– umgeben ist man hier
von Shikumen-Häusern, wie sie für das
Schanghai der ersten
Hälfte des 20. Jahrhunderts typisch sind.
11 Hunan Road
nahe Wuyuan Road
Lane 210, Taikang Road
06 – Water House Hotel
SCHLAFEN
01 Shanghai
Propaganda Art Center
Die weltweit grösste
Sammlung chinesischer
Propagandaposter des
20. Jahrhunderts.
12
Shengjian-Teigtaschen
Scharf
FUZ
ROAD
01 – Propaganda Art Center
TIPP
Um ohne grosse Umwege von
A nach B zu kommen, den
gewünschten Zielort in
Schriftzeichen aufschreiben
lassen – das ist insbesondere
beim Taxifahren von Vorteil!
06 Water House Hotel
An der Uferpromenade Bund wurde
aus dem ehemaligen Hauptquartier
der japanischen Besatzungsarmee ein
einzigartiges Boutique-Designhotel
mit 19 individuell eingerichteten
Zimmern. Es empfiehlt sich, ein
Zimmer mit Blick auf Schanghais
Skyline zu buchen – wer keines
bekommt, kann die Aussicht auch vom
Restaurant The Roof aus geniessen.
The Cool Docks, 1–3 Maojiayuan Road,
nahe Zhongshan South Road,
waterhouseshanghai.com
Schanghai
Gianpaolo Lupori
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E IN TAG IM L EBE N VON GI A NPAOL O L UP OR I ,
R EGIS SEU R UND K A M E R A M A NN
Der gebürtige Italiener lebt seit zehn Jahren
in Schanghai und erstellt seit über sechs Jahren
Werbe- und Kurzfilme. Er hat unter anderem
schon mit Wong Kar-Wai zusammengearbeitet.
08 – Lost Heaven
RESTAURANTS
07 Biologisch
08 Asia-Fusion-Küche
Hunter Gatherer
Hier trifft sich eine
neue, gesundheitsbewusste Generation
von Schanghaiern zum
Lunch oder Diner: Im
«Jäger und Sammler»
werden nämlich
ausschliesslich organisch angebaute
Zutaten verwendet.
Dank dem integrierten
Shop kann man
Ingredienzen zum
Selberkochen oder
fertige Mahlzeiten mit
nach Hause nehmen.
Lost Heaven
Himmlische Gaumenfreuden: Charakteristisch für die in diesem
Restaurant servierte
Mekong-MountainCuisine ist die Verwendung von Zitronengras
und Kokosnussmilch.
Beides verschmilzt hier
mit den Zutaten der
traditionellen chinesischen Küche. Den
Abend auf der Prachtsterrasse mit einem
Cocktail ausklingen
lassen.
behuntergatherer.com
lostheaven.com.cn
«Wenn ich nicht auf dem Set bin, versuche ich,
früh aufzustehen, um mit einem Training im
Park an der Seite von bettflüchtigen Rentnern
wach zu werden. Bei schönem Wetter frühstücke ich mit meiner Freundin auf dem
Balkon und plane den Tag. Steht ein Kundentreffen an, versuche ich das Meeting entweder
im ‹Aroom› 09 oder im ‹1984 Bookstore› 03
abzuhalten. Oft esse ich zum Lunch ein paar
Xiaolongbaos und erledige danach, was am
dringendsten ansteht. Mein Diner besteht
entweder aus nordchinesischer Küche oder
einem westlichen Gericht. Wenn es nicht
regnet, findet man mich abends des Öftern im
‹Dogtown›, einer winzigen Biertheke, wo
früher oder später Freunde von mir auftauchen
und Polizisten im Halbstundentakt vorbeifahren und bitten, die Musik leiser zu drehen.»
AUSGANG
09 – Aroom
TRINKEN
12 Im Untergrund
13 Live-Musik
The Shelter
Angesagt: im umgebauten Bombenkeller bis in
den Morgen tanzen.
Basement of 5 Yongfu Road,
Arkham
Ideal für Anhänger der
alternativen Musikszene und Liebhaber
von Live-Shows.
nahe Fuxing Xi Road
arkhamshanghai.com
07 – Hunter Gatherer
12 – The Shelter
09 Vintage-Café
10 Weinkultur
11 Bier und Drinks
Aroom
Der perfekte Ort, um
der Grossstadthektik
einmal zu entfliehen:
Im «Aroom» trifft
nostalgische auf
europäische Kaffeekultur. Das VintageCafé ist gut versteckt in
einem Hinterhof bei
der Taian Road gelegen.
Le Vin
Im rustikalen Interieur
des «Vin» lassen
sich Touristen und
Einheimische französische Weine und
hausgemachte Tapas
schmecken. Der
gemütliche Hinterhof
ist der perfekte Ort für
laue Sommerabende.
15 Lane 120, Taian Road,
936 Changle Road,
Le Café des Stagiaires
Das Pionierlokal an
Schanghais hippster
Barstrasse, der
Yongkang Road. Hier
kann sich der Feierabend-Drink mit
Leichtigkeit bis um
Mitternacht hinziehen.
Besonders beliebt: die
Pizza sowie die Happy
Hour von 16 bis 20 Uhr.
nahe Huashan Road
nahe Wulumuqi Road
cafestagiaires.com
Schanghai
NACHTAKTIV
Wen spätnachts der
kleine Hunger packt, der
stillt diesen am besten mit
einem leckeren Spiess
vom improvisierten Grill
oder bestellt gebratene
Nudeln bei einer der
raffiniert konstruierten
Strassenküchen
auf Rädern.
52
ZUGABE
Z
ZU GEWINNEN
Mission: Per fekte Haut
Was die Haut alles leistet, bleibt
uns selbst grösstenteils verborgen. Sie atmet, wird mit dem
täglichen Schmutz fertig und
sie überbringt Nachrichten,
von Zelle zu Zelle. Negative
Einflüsse wie UV-Strahlen können dafür sorgen, dass diese
Nachrichten verfälscht werden
und so zur Überproduktion
von Melanin führen. Das Resultat: Pigmentflecken. Für viele Frauen stellen diese ein weit
grösseres Problem dar als Falten. Das Clarins Mission Perfection Sérum will die Entstehung der Flecken darum mit
einer Kombination der Kraft
aus Natur und Wissenschaft
verhindern: Acerola-Pflanzen-
2
GE W I N N E N S I E E I N E S V O N 3 5 C L A R I N S - S E T S À 14 8 F R A N K E N
1
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CL ARINS MISSION PERFECTION SÉRUM
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CL ARINS UV PLUS ANTI-POLLUTION
Teilnahme schlus s
2 1. J U N I 2 0 15
zu- gew innen @ nz z .ch
IMPRESSUM
Z – Die Substanz des Stils
is t ein Magazin der N Z Z
Chefredak tion
F elix E . Müller (fem.)
Nicole A l thaus (na.)
Redak tionelle Leitung:
Malena Ruder (rud.)
Redak tion
Rober to Zimmermann (roz.)
(Ressor tlei tung S til / Z )
K im Dang (kid.)
Chris tina Hubbeling (chu.)
Peter Keller (kep.)
Oliver Schmuki (ols.)
David S treif f Cor ti (das.)
F lorian Zobl (fzo.)
Karin Zweidler (zwe.)
Autoren
Bice Curiger, Raphael Güller,
A lfredo Häberli, Richard Kägi,
Joachim Schirrmacher,
Mar tina S trul, Barbara V inken,
Susann W int sch, Roger W illemsen
Ar t-Direction
Claudio Gmür (clg.)
L ayout
A lexandra Kojic (akc.)
Produk tionsleitung
Eveline Roth (evr.)
Bildredak tion
A nton J. Erni (aje.)
Korrek torat
Eva Koenig, Irmgard Mat thes,
Barbara S tuppia
Adresse Redak tion
N Z Z am Sonntag
Pos t fach
CH- 8 0 21 Zürich
E-Mail: z @ nz z.ch
w w w. z.nzz.ch
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Falkens trasse 11
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Case pos tale 7 0 8 2
CH-10 0 2 L ausanne
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Telefon + 41 21 317 8 8 0 8
y ves.gumy @ nz z.ch
Einzelhef te können zum Preis
von Fr. 7. 5 0 unter w w w. z.nz z .ch
bezogen werden.
extrakt blockiert die falschen
Nachrichten, das Molekü l
Hexylresorcinol reguliert die
Pigmente. Sanfte Fruchtsäuren
peelen schliesslich und glätten
die Haut an der Oberfläche.
Gut geeignet zum Mischen ist
das Clarins UV Plus Anti-Pollution. Mit SPF 50 schützt es
einerseits vor der allgegenwärtigen Sonneneinstrahlung, andererseits – und das ist insbesondere für Städterinnen von
Vorteil – vor negativen Umwelteinflüssen wie Abgasen. Wir
verlosen 35 Sets im Wert von je
148 Franken. Um zu gewinnen,
schicken Sie Namen und Adresse an zu-gewinnen@nzz.ch.
Viel Glück!
Mitarbeiter der NZ Z AG und der zur Gruppe
gehörenden Betriebe sind zur Teilnahme am
Wet tbewerb nicht berechtigt . Aus den richtigen Einsendungen werden eine Woche nach
Erscheinen des Magazins in der Redak tion die
3 5 Lose gezogen. Die Gewinner werden schrif tlich benachrichtigt . Die Gewinnerlisten werden
nicht öf fentlich publizier t . Der Rechtsweg ist
ausgeschlossen, Mehr fachteilnahmen werden
gelöscht . Teilnahmeschluss für den Wet tbewerb ist der 21. 6. 2 015. Danach eintref fende
E-Mails werden nicht mehr berücksichtigt .
BE ZUGSQUEL L EN
Lithos
S t . Galler Tagblat t AG
Druck
Prinovis
Breslauer S trasse 3 0 0
D- 9 0 471 Nürnberg
Konzept und Creative Direction
Winkreative
www.winkreative.com
Verbreitete Auflage
2 8 0 0 0 0 E xemplare
A lle A r tikel wurden exklusiv
für « Z – Die Subs tanz des S t ils»
geschrieben. A lle Rechte vorbehal ten. Jede Ver wendung der
redak tionellen Tex te (insbesondere
deren Ver vielfäl tigung, Verbreitung,
Speicherung und Bearbei tung)
bedar f der schrif tlichen Zus timmung
durch die Redak tion. F erner is t
diese berecht igt , veröf fentlichte
Bei träge in eigenen gedruck ten
und elek tronischen Produk ten
zu ver wenden oder eine Nu t zung
Dri t ten zu ges tat ten. Für jegliche
Ver wendung von Inseraten is t die
Zus timmung der Geschäf t slei tung
einzuholen.
Unternehmensleitung
Vei t Dengler (CEO)
Projek t verant wor tung
S teven Neubauer
Projek tleitung
L arissa Bieler
ISSN 16 6 2 –15 7 3
© 2 015 Neue Zürcher Zei tung AG
Juni 2015
Abar th
www.abarth.ch
Alaïa
www.alaia.fr
Ar tiana
www.artiana.ch
Audi
www.audi.ch
Autohaus Wederich, Donà
www.autohaus.ch
Aux ar ts du feu
www.auxartsdufeu.ch
BM W
www.bmw.ch
Car tier
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Deshoulières
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Dior
www.dior.com
Emil Frey AG
www.emilfrey.ch
Ferm Living
w w w.fermliving.com
Fogal
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Giorgio Armani
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Hay
www.hay.dk
Hermès
www.hermes.com
House Doctor
www.housedoctor.dk
J. & L . Lobmeyr
www.lobmeyr.at
Jaguar
www.jaguar.ch
L amborghini
www.lamborghini.com
L and Rover
www.landrover.ch
Lexus
www.lexus.ch
Limited Stock
www.limited-stock.ch
Louis Vuit ton
www.louisvuitton.com
Maison Margiela
www.maisonmargiela.com
Manor
www.manor.ch
Mazda
www.mazda.ch
Moooi
www.moooi.com
Mercedes-Benz
www.mercedes-benz.ch
Mismo
www.mismo.dk
Nordish Living
www.nordish.ch
Paul Smith
www.paulsmith.co.uk
PCM
www.pcmdesign.es
Philips
www.philips.ch
Porsche
www.porsche.ch
Porzellanmanufak tur
Reichenbach
www.porzellanmanufaktur.net
Ryota Aoki
www.ryotaaokipottery.com
Schmohl AG
www.schmohl.ch
St. Tropez
www.sttropeztan.com
The Chair
www.the-chair.ch
Tod’s
www.tods.com
Tom Dixon
www.tomdixon.net
Urban Decay
www.urbandecay.com
Waldraud
www.waldraud.com
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ZUGABE
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ROUND TABL E
Redaktion K A R I N Z W E I D L E R
DIE WELT OHNE INTERNET
A N DR EA MON ICA H UG
F L OR I A N F L A IG
Bloggerin und Fotografin; chic-in-zurich.ch
Kulturwissenschaf ter, verliebte sich dank einer Online-Plat t form
«Als Kind der neunziger Jahre bin ich nur offline, wenn ich schlafe. Mein Blog lebt vom
Internet, und Fotografin wäre ich wohl nie geworden ohne die anfänglichen Facebook-Komplimente zu meinen Bildern. Wahrscheinlich
würde ich sonst immer noch bei der Versicherung arbeiten. Privat bedeutet Internet engen
Kontakt mit meinen Freunden – wir schreiben
ständig. Sich zu verabreden, geht schnell, und
mühsames Hin-und-her-Telefonieren ist dank
Gruppenchats passé. Ausserdem lerne ich online oft Leute kennen. Mit denen treffe ich mich
dann auf einen Kaffee. So sind schon Freundschaften entstanden. Klar, Reinfälle gab es
auch. Aber da verabschiedet man sich dann halt
schnell wieder. Würde das Internet auch nur für
einen Tag ausfallen, die Menschen würden
wahrscheinlich wartend vor den Bildschirmen
sitzen und so lange auf ‹Aktualisieren› klicken,
bis es wieder läuft. Oder vielleicht via Brieftaube zu einem riesigen Anti-Internet-Barbecue
laden. Vor allem ältere Generationen verstehen
das ständige Posten oft nicht. Meine Eltern nerven sich zum Beispiel ob meines Internetkonsums. Wenn ich mit ihnen am Tisch sitze, dann
bleibt das Handy in der Tasche.»
«Ohne Internet wäre ich nicht mit meinem Partner zusammen. Unsere
Wege hätten sich ohne die Online-Plattform wohl kaum gekreuzt: er aus
Richterswil, ich aus Basel, beide selten in Zürich. Obwohl Online-Dating für mich damals zuerst undenkbar war. Flirts im realen Leben lagen mir näher, und zu gross schien mir die Auswahl im Netz. Ein Ex
überredete mich dennoch. Die Dating-Seite prüfte mich mit einem psychologischen Test, glich diesen mit möglichen Partnern ab und sorgte
schliesslich für Gemeinsamkeiten und kontroverse Ansichten. Der Online-Kontakt ermöglichte es, zunächst Distanz zu wahren. Wir telefonierten zuerst, nach zwei Tagen folgte dann das erste Treffen – ein gutes,
ich verliebte mich. Genau wie im Alltag kommt es auch im Internet darauf an, wo man sucht. Die von uns genutzte Dating-Plattform zielt ernsthafte Beziehungen an: reales Kennenlernen, nur eben mittels einer anderen Art der Kommunikation. Dank komplizierten Algorithmen fand
ich meinen Mann. Das spricht auf jeden Fall für dieses Medium.»
SEV EN
Gerade mit seinem neuen Album
«BackFunkLoveSoul» auf CH-Tour
«Offline zu leben, wäre unpraktischer, aber gesünder. Wenn alles immer und überall verfügbar ist,
dann sinkt die Wertschätzung, auch von Musik. Früher wartete man vor dem Radio, bis der Lieblingssong gespielt wurde. Eine CD bedeutete den Luxus,
selber bestimmen zu können. Heute holt man sich
Musik kostenlos über Youtube oder Spotify – und
das verstehe ich total. Trotzdem: Dass die Musikbranche nicht mehr nur Cüpli trinkt, ist klar. Das ist
aber okay, denn alle Aqua-Barbie-Girl-Leute, die fürs
grosse Geld in eine Persönlichkeit ohne Ecken und
Kanten geschlüpft sind, sind heute weg. Heute haben
reale Musiker wie Ed Sheeran Erfolg. Auch sonst
bringt die digitale Sache Vorteile: Soziale Netzwerke
bieten Künstlern einen Weg, mit den Fans zu kommunizieren und sie an sich zu binden. Ohne das geht
es nicht mehr. Sucht man eine Band auf Facebook
und das, was dann kommt, ist entweder nicht das
Gesuchte oder doof, dann legt man sein Handy weg
und vergisst den Musiker.»
CH A N TA L M ICH EL
Foto-, Video- und Per formancekünstlerin; chantalmichel.ch
«Ich bin ein sehr einfacher Mensch und bestreite mein
Leben losgelöst von gesellschaftlichen Mustern. Technische Neuheiten und Trends interessieren mich nicht. Ich
besitze weder ein Auto oder ein Handy, noch habe ich Internet. Dass mein Telefonbuch von 2007 noch funktioniert, erstaunt mich selbst immer wieder aufs Neue. Ich
bin aber keine Verweigerin von technischen Dingen. Bereits seit 20 Jahren besitze ich eine eigene Homepage, um
meine Kunst zu präsentieren. Heute zähle ich wohl zu den
Letzten im Lande ohne E-Mail, und so beschränkt sich
meine Kommunikation auf Telefon, Fax und Briefpost.
Meine Philosophie als Mensch und Künstlerin liegt im
Einfachen, Direkten und Persönlichen. Dabei gehe ich
konsequent meinen ganz eigenen Weg. Ich habe es nie
vermisst, dabei zu sein, und ich finde es unerklärlich und
ungerecht, wenn es Menschen gibt, die mich dafür verurteilen. Ich habe mir mein eigenes Netz geschaffen und
mache es zugänglich durch meine Werke. So schreite ich
mit offenen Augen durch die Welt und sauge die Dinge
auf, als wäre ich ein Schwamm. Kein Internet zu haben –
ein kleiner und unspektakulärer Entscheid –, ist für mich
ein klarer Erfolg.»
U LR I K E STÖCK L E
Veranstaltet Digital-Detox-Camps, in denen man bewusst auf Internet
verzichtet
«Die ständige Erreichbarkeit bringt nicht nur Vorteile, so viel ist
klar. Ohne Internet wäre die Welt entschleunigt. ‹Fomo› zum Beispiel, die Angst, etwas zu verpassen, ist ein klassisches
Internetproblem. Konsequenzen sind Unruhe, Nervosität und
schnelle Ablenkung. Das Internet verändert auch die Einstellung
zum Job: Alles soll immer noch schneller gehen und sofort passieren. Viele sind deswegen gestresst oder erleiden ein Burnout.
Letztlich bleibt es aber jedem selbst überlassen, wie er das Internet
nutzt. In der Freizeit keine beruflichen E-Mails abzurufen, hilft;
das Smartphone aus dem Zimmer zu verbannen, bringt besseren
Schlaf. Wer bewusst Pausen macht, ist auf Dauer leistungsfähiger.»
Juni 2015
54
ZUGABE
Z
ZITAT
Ausgesucht und kommentiert von R O G E R W I L L E M S E N
“W A S W I L L I C H IN
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Franz Hessel (1880 –1941)
Auf eine Zeitungsumfrage zum Thema «Warum reise ich gerne?» ant wor tet
der Autor und begnadete Flaneur 1929 mit einem Argument für Stuben­
hocker. Doch es ist wahr: Erst spät taucht in der Geschichte des Reisens
et was auf, vor dem der Anspruch an Bildung und Selbsterneuerung zunich­
te wird, das eigene Gesicht. Da sieht der Reisende aus dem Zugfenster und
erkennt im Spiegel der Scheibe sich selbst, das aller Bewegung entzogene
Bild dessen, der sich gleich geblieben ist. Er kann noch so weit reisen, er wird
doch diesem alten Ich nicht entkommen. Auch das sagt ihm die Kathedrale.
Rasant: Franz Hessel entdeckt im Reisen den unwandelbaren Menschen,
sein Sohn Stéphane schrieb achtzig Jahre später: «Empör t euch!»
nde
lt.»
DIE NEUE
DINERS CLUB ® KARTE
VON CORNÈRCARD.
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Die ideale Begleitung für aktive Menschen, die
leidenschaftlich gerne die Welt erkunden, das
gewisse Etwas schätzen und das Leben mit
seinen vielen Facetten auskosten.
Der Spezialist für Kredit- und Prepaidkarten.
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