Präsentation von Frau Prof.Dr. Krell
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Geschlechterverhältnisse in Führungspositionen verstehen und verändern Gertraude Krell Impuls zur Veranstaltung „Leadership ist weiblich – Frauen in Führungspositionen“ JGU Mainz 30. Oktober 2012 Prof. Dr. Gertraude Krell - Universitätsprofessorin a.D. - gertraude.krell@fu-berlin.de 1 Geschlechterverhältnisse in Führungspositionen verstehen und verändern Ein provokativer Auftakt Leadership ist noch immer männlich! Im Folgenden geht es darum, warum das so ist und was dagegen getan werden kann Prof. Dr. Gertraude Krell - Universitätsprofessorin a.D. - gertraude.krell@fu-berlin.de 2 Geschlechterverhältnisse in Führungspositionen verstehen und verändern Gliederung 1 „Schwarzer Peter“ oder „Puzzle“? 2 Bilder von Organisationen 3 Diskriminierungs- und Gleichstellungspotenzial der Personalpolitik 4 Was (noch) tun? 5 Was nicht getan werden sollte! 6 Quellen Prof. Dr. Gertraude Krell - Universitätsprofessorin a.D. - gertraude.krell@fu-berlin.de 3 Geschlechterverhältnisse in Führungspositionen verstehen und verändern 1 „Schwarzer Peter“ oder „Puzzle“? Die Suche nach Erklärungen der Geschlechterungleichheiten in Führungspositionen erinnert oft an „Schwarzer Peter“ An „die Frauen“ geht dieser, wenn ihnen Defizite bzw. Mängel attestiert werden, wie z.B.* Mangelnde Verfügbarkeit wegen Vereinbarkeitsproblemen Mangelnde Führungskompetenz (Können) Mangelnde Aufstiegskompetenz (Können) Mangelnde Aufstiegsmotivation (Wollen) * Vgl. dazu die bei Krell (2012) angegebenen Quellen. Prof. Dr. Gertraude Krell - Universitätsprofessorin a.D. - gertraude.krell@fu-berlin.de 4 Geschlechterverhältnisse in Führungspositionen verstehen und verändern 1 „Schwarzer Peter“ oder „Puzzle“? Bsp. 1: Den von der German Consulting Group (2005) befragten männlichen Führungskräften zufolge sind: Teamfähigkeit, soziale Kompetenz, Begeisterungsfähigkeit u.Ä. für den Aufstieg ins mittlere Management erforderlich für das Top-Management unerlässlich: Entschlussfähigkeit, Durchsetzungskraft, Risikobereitschaft u.Ä. => Die für das mittlere Management relevant erachteten Merkmale werden als „typisch weiblich“, die für das Top-Management relevant geltenden als „typisch männlich“ kategorisiert Prof. Dr. Gertraude Krell - Universitätsprofessorin a.D. - gertraude.krell@fu-berlin.de 5 Geschlechterverhältnisse in Führungspositionen verstehen und verändern 1 „Schwarzer Peter“ oder „Puzzle“? Bsp. 2: „Drei Mentalitätsmuster“ der von Wippermann (2010) befragten männlichen Führungskräfte: 1. „Konservative Exklusion“: Frauen in Führungspositionen werden prinzipiell abgelehnt (Begründungen: fehlender familiärer Hintergrund, verbissene Einzelkämpferin oder „wertvolle Arbeitsbiene“; Frau im Vorstand wäre Störfaktor …) 2. „Emanzipierte Grundhaltung“: aber: „Vorstand, das ist eine andere Sportart“; die dafür notwendige Härte gelte bei Frauen als „unweiblich“, weiblicher Ehrgeiz als „suspekt“ 3. „Radikaler Individualismus“: Geschlecht heute egal, aber: Frauen fehle die notwendige berufliche Kontinuität, sie seien als Führungs(nachwuchs)kräfte „nicht authentisch“, weil sie versuchten, die (Rollen der) Männer zu imitieren => „Zwickmühle“ bzw. Inter-Rollen-Konflikt für Frauen Prof. Dr. Gertraude Krell - Universitätsprofessorin a.D. - gertraude.krell@fu-berlin.de 6 Geschlechterverhältnisse in Führungspositionen verstehen und verändern 1 „Schwarzer Peter“ oder „Puzzle“? Bsp. 3: Weibliche Führungskräfte zu Aufstiegshindernissen: (Generation CE♀/forsa 2007) (1) Dominanz männl. Netzwerke (70%) (2) Sorge der Vorgesetzten vor familienbedingten Auszeiten und eingeschränkter Verfügbarkeit von Frauen (63%) (3) Ausgeprägte Ellenbogenmentalität männl. Kollegen (54%) (4) Vorbehalte der Geschäftsleitungen oder Inhaber gegen Frauen in Top-Führungspositionen (33%) (5) Mangelnder Ehrgeiz der Frauen (22%) Prof. Dr. Gertraude Krell - Universitätsprofessorin a.D. - gertraude.krell@fu-berlin.de 7 Geschlechterverhältnisse in Führungspositionen verstehen und verändern 1 „Schwarzer Peter“ oder „Puzzle“? … damit geht der Schwarze Peter an „die Männer“ als „Hüter der Gläsernen Decke“ (Wippermann 2010) als Hindernisse aufbauend nicht nur im Beruf, sondern auch im Privatleben => Karrieren von Frauen als „Hürdenläufe in Partnerschaft und Arbeitswelt“ (Cornelißen/Rusconi/Becker 2011) Prof. Dr. Gertraude Krell - Universitätsprofessorin a.D. - gertraude.krell@fu-berlin.de 8 Geschlechterverhältnisse in Führungspositionen verstehen und verändern 1 „Schwarzer Peter“ oder „Puzzle“? Aus der Forschung wissen wir: Soziale Majoritäten bzw. „Etablierte“ verteidigen generell ihre Privilegien gegenüber sozialen Minoritäten bzw. „Außenseitern“, und zwar durch „Soziale Schließung“ durch Benennung irgendeines Merkmals als Ausschlusskriterium „Distinktion“ bzw. „Lobklatsch“ Her(aus)stellen von eigenen Vorzügen „Stigmatisierung“ bzw. „Schimpfklatsch“ Her(aus)stellen von Defiziten/Handicaps der Anderen * Vgl. Krell (2010; 2011a) mit Bezug auf Weber (1922), Bourdieu (1987), Goffman (1975) und Elias/Scotson (1993) sowie die zahlreichen Beispiele in Girst (2009). Prof. Dr. Gertraude Krell - Universitätsprofessorin a.D. - gertraude.krell@fu-berlin.de 9 Geschlechterverhältnisse in Führungspositionen verstehen und verändern 1 „Schwarzer Peter“ oder „Puzzle“? „Think manager, think male“ (Schein/Davidson 1993) Dass der Prototyp einer („guten“) Führungskraft eine Person mit als maskulin geltenden Eigenschaften bzw. eine Mann ist, benachteiligt Frauen Da von Managerinnen sogar mehr stereotyp männliche Attribute erwartet werden als von Managern: „doppelter Benachteiligungsmechanismus“ (Gmür 2004) Weil Frauen dann aber, wie Wippermann (2010) gezeigt hat, als „nicht authentisch“ oder „unweiblich“ stigmatisiert werden: dreifacher Benachteiligungsmechanismus (Krell 2011a; 2012) Prof. Dr. Gertraude Krell - Universitätsprofessorin a.D. - gertraude.krell@fu-berlin.de 10 Geschlechterverhältnisse in Führungspositionen verstehen und verändern 1 „Schwarzer Peter“ oder „Puzzle“? Hinzu kommt: Der Status weiblicher (Top-)Führungskräfte als Minderheit bzw. „Token“ bewirkt nach Kanter (1977): Seitens der Mehrheit der männlichen Kollegen werden ihre Person und ihr Verhalten nicht als individuell wahrgenommen (Frau XY), sondern stereotypisiert: als (proto-)typisch für eine weibliche Führungskraft Sie steht als einzige Frau im „Rampenlicht“ Sie wird zum „Testfall“ gemacht, argwöhnisch beobachtet, darf sich keine Fehler leisten Sie soll in verschiedenen Zusammenhängen „die Frauen“ repräsentieren bzw. für „die Frauen“ sprechen Prof. Dr. Gertraude Krell - Universitätsprofessorin a.D. - gertraude.krell@fu-berlin.de 11 Geschlechterverhältnisse in Führungspositionen verstehen und verändern 1 „Schwarzer Peter“ oder „Puzzle“? Streiflichter auf verwobene/vertrackte Verhältnisse: Nach Allmendinger (2009) ist „ganz nach oben zu kommen“ für junge Frauen genauso erstrebenswert wie für junge Männer. Aber: Die jungen Männer werden in einer Weise gefördert, „dass viele von ihnen berufliche Ambitionen entwickeln, die ihnen früher nicht eigen waren“ Nach Bischoff (2010) senkt die ungleiche Vergütung* die Aufstiegsmotivation weiblicher Führungskräfte. Deshalb: Leistungsgerechte Vergütung als „‚Selbsthilfeinstrument’ zur Gewinnung von Frauen für Top-Positionen“ * Mehr zu Entgeltungleichheit in Führungspositionen bei Krell (2010; 2011b) Prof. Dr. Gertraude Krell - Universitätsprofessorin a.D. - gertraude.krell@fu-berlin.de 12 Geschlechterverhältnisse in Führungspositionen verstehen und verändern 2 Bilder von Organisationen Nach der Coaching-Expertin Edding (2002; 2009; 2010) Bei Frauen oft Bild der Organisation als „gute Herrschaft“, wo fachliche Kompetenz und Leistung zählen und irgendwann auch belohnt werden. Daraus folgt: Wenn ihre Leistung nicht anerkannt wird, dann strengen sich die(se) Frauen noch mehr an, besuchen noch eine Fortbildung … Realistischer und Erfolg versprechender als Handlungsgrundlage: Bild der Organisation als Arena politischen Handelns bzw. als Kräftefeld, wo alle versuchen, mittels Strategien und Taktiken eigene Interessen durchzusetzen Prof. Dr. Gertraude Krell - Universitätsprofessorin a.D. - gertraude.krell@fu-berlin.de 13 Geschlechterverhältnisse in Führungspositionen verstehen und verändern 2 Bilder von Organisationen Bild der Organisation als Arena (mikro-)politischen Handelns bzw. als Kräftefeld lenkt den Blick auf bzw. schärft ihn für (vgl. z.B. Edding 2009; Bertelsmann 2010; die Beiträge zum Projekt „Mikropolitik und Aufstiegskompetenz von Frauen“ in Freie Assoziation Heft 3-4/2011; Cornils/Rastetter 2012) Wie steht es um meine mikropolitischen Kompetenzen?* Wer verfolgt welche Interessen bzw. Ziele? Von wem ist (potenziell) mit Widerstand zu rechnen? Wer sind (potenzielle) Verbündete? Welchen Statusfaktor** haben Rollen, Aufgaben, Projekte? … * Kann ich erkennen, dass und wie Andere mikropolitisch agieren, und kann ich dies auch selbst tun? ** In Bertelsmann (2010) findet sich auch eine aufschlussreiche Aufzählung von Fallen, in die „Statusblinde“ tappen können. Prof. Dr. Gertraude Krell - Universitätsprofessorin a.D. - gertraude.krell@fu-berlin.de 14 Geschlechterverhältnisse in Führungspositionen verstehen und verändern 2 Bilder von Organisationen Bild der Organisation als Markt lenkt den Blick auf bzw. schärft ihn für (vgl. z.B. Edding 2002; Bertelsmann 2010) Wer sind meine (potenziellen) Konkurrent_innen und wie ist deren Marktposition? Was sind meine Stärken? Was habe ich besonderes anzubieten? Wie biete ich es erfolgreich an? („Der Wurm muss dem Fisch schmecken, nicht der Anglerin“) … Prof. Dr. Gertraude Krell - Universitätsprofessorin a.D. - gertraude.krell@fu-berlin.de 15 Geschlechterverhältnisse in Führungspositionen verstehen und verändern 2 Bilder von Organisationen Bild der Organisation als Theater lenkt den Blick auf bzw. schärft ihn für (vgl. z.B. Rastetter 1993; Edding 2002; Bertelsmann 2010) Wichtig ist nicht nur, was auf der Vorderbühne gespielt wird, sondern auch das Geschehen auf der Hinterbühne! Nicht (nur) Leistung zählt, sondern (auch) Leistungsinszenierung, Selfmarketing, Impression Management* * Aber Achtung Drahtseilakt: Auch davon brauchen Frauen mehr als Männer, um erfolgreich mitzuspielen, dann jedoch Gefahr, dass ihr Verhalten als unangemessen für eine Frau (ab-)gewertet wird (Funken/Stoll/Hörlin 2011). Prof. Dr. Gertraude Krell - Universitätsprofessorin a.D. - gertraude.krell@fu-berlin.de 16 Geschlechterverhältnisse in Führungspositionen verstehen und verändern 3 Diskriminierungs- und Gleichstellungspotenzial der Personalpolitik Vergütung Personalauswahl Leistungsprozesse Personalbeurteilung Personalentwicklung Der „Human Resource Cycle“ nach Tichy/Fombrun/Devanna (1982) Prof. Dr. Gertraude Krell - Universitätsprofessorin a.D. - gertraude.krell@fu-berlin.de 17 Geschlechterverhältnisse in Führungspositionen verstehen und verändern 3 Diskriminierungs- und Gleichstellungspotenzial der Personalpolitik Prüfung des Diskriminierungspotenzials: Können Kriterien, Verfahren und Praktiken der Personalpolitik bewirken dass Beschäftigte aufgrund ihres Geschlechts (oder auch anderer Zugehörigkeiten/Zuschreibungen) unmittelbar oder mittelbar* diskriminiert werden? Prüfung des Gleichstellungspotenzials: Können Kriterien, Verfahren und Praktiken der Personalpolitik – über eine diskriminierungsfreiere Gestaltung hinaus – zu mehr Chancengleichheit beitragen? * Lt. § 3 AGG liegt ein unmittelbare Geschlechtsdiskriminierung bzw. Benachteiligung vor, wenn eine Person aufgrund ihres Geschlechts „eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation erfährt, erfahren hat oder erfahren würde“. Eine mittelbare (Geschlechts-)Diskriminierung bzw. Benachteiligung „liegt vor, wenn dem Anschein nach neutrale Vorschriften, Kriterien oder Verfahren Personen wegen eines in § 1 genannten Grundes (u.a. Geschlecht, GK) gegenüber anderen Personen in besonderer Weise benachteiligen können, es sei denn, die betreffenden Vorschriften, Kriterien oder Verfahren sind durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt und die Mittel sind zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich“ (s.a. Schiek 2011) Prof. Dr. Gertraude Krell - Universitätsprofessorin a.D. - gertraude.krell@fu-berlin.de 18 Geschlechterverhältnisse in Führungspositionen verstehen und verändern 3.1 Diskriminierungspotenzial der Auswahl von Führungskräften Bei der Suche und (Vor-)Auswahl durch Personalberatungen i.d.R. keine systematische Eignungsprüfung (Hartmann 2002) Anteil des „intuitiven Wissens“ bzw. der „Menschenkenntnis“ an der Auswahlentscheidung 80-90% (Kleebaur 2004) Je höher eine Position in der Hierarchie angesiedelt ist, desto intransparenter Kriterien und Verfahren der Auswahl (Erfurt 2012) Intransparente Prozesse mit hohen Spielräumen für die Beteiligten (i.d.R. Männer) erhöhen die Wahrscheinlichkeit, dass es ein Mann wird (aus verschiedenen Gründen: bspw. Kanter 1977: Homosoziale Reproduktion; Rastetter 1996: „prototype bias“; Erfurt 2012: Pfadabhängigkeit) Aber auch formalisierte Verfahren lassen bei der eigentlichen Auswahlentscheidung Spielraum für unbewusste Urteilsverzerrungen („unconscious bias“) sowie bewusste Interessenpolitik Ob eine Frau oder ein Mann ausgewählt wird, hängt auch vom Geschlecht der Entscheidenden ab (Kay 2007) Prof. Dr. Gertraude Krell - Universitätsprofessorin a.D. - gertraude.krell@fu-berlin.de 19 Geschlechterverhältnisse in Führungspositionen verstehen und verändern 3.2 Gleichstellungspotenzial der Auswahl von Führungskräften Gleichstellungs- bzw. Diversity-Kompetenz zu einer Anforderung an Führungskräfte machen und dieses Auswahlkriterium … … bei der Gewinnung von Führungskräften kommunizieren … durch die Auswahlverfahren prüfen … bei der schlussendlichen Auswahlentscheidung nicht „unter den Tisch fallen“ lassen! Prof. Dr. Gertraude Krell - Universitätsprofessorin a.D. - gertraude.krell@fu-berlin.de 20 Geschlechterverhältnisse in Führungspositionen verstehen und verändern 3.3 Diskriminierungspotenzial der Beurteilung von Führungs(nachwuchs)kräften Bei der (Leistungs-)Beurteilung als potenziell Diskriminierte identifiziert werden generell (Krell 2011c) - Frauen in männerdominierten Tätigkeiten/Bereichen - teilzeitbeschäftigte Frauen und Männer (s.a. KIT 2010) d.h. doppelt betroffen: weibliche Führungs(nachwuchs)kräfte in Teilzeit Auch hier gelten unstrukturierte Verfahren als besonders diskriminierungsanfällig Zu ungunsten von Frauen wirken (können) neben dem „Teilzeiteffekt“ der „Similar-to-me-“, der „Hierarchie-“ und der „Kleber-Effekt“ An der Schnittstelle von Beurteilung und Beförderung werden Frauen und Männer z.T. mit zweierlei Maß gemessen (Krell 2010; 2011a) Prof. Dr. Gertraude Krell - Universitätsprofessorin a.D. - gertraude.krell@fu-berlin.de 21 Geschlechterverhältnisse in Führungspositionen verstehen und verändern 3.4 Gleichstellungspotenzial der Beurteilung von Führungs(nachwuchs)kräften Kriterien: Einstellungen, Verhalten und/oder Erfolge in Sachen Chancengleichheit bzw. Diversity Verfahren: z.B. Zielvereinbarungen oder auch merkmalsorientierte Einstufungsverfahren Beurteilungsrichtungen: Ergänzung der klassische Abwärtsbeurteilung (Vorgesetzte beurteilen Mitarbeiter_innen) durch eine Aufwärtsbeurteilung (Mitarbeiter_innen beurteilen Vorgesetzte) - u.U. bis hin zu einer umfassenden 360-Grad-Beurteilung (d.h. bei personenbezogenen Dienstleistungen auch Beurteilung durch Kund_innen) Konsequenzen: Leistungsbezogene Vergütung, (Nicht-)Beförderung Prof. Dr. Gertraude Krell - Universitätsprofessorin a.D. - gertraude.krell@fu-berlin.de 22 Geschlechterverhältnisse in Führungspositionen verstehen und verändern 3.5 Diskriminierungspotenzial der Entwicklung zu und von Führungskräften Lt. Befragungen werden Männer eher angesprochen/aufgefordert (Ruppert/Voigt 2009; 2012) Eine Ursache: Männliche Vorgesetzte schätzen i.d.R. Karrieremotivation und -eignung von Frauen geringer ein und investieren deshalb weniger in deren Weiterbildung und Aufstieg (Domsch 2005; Wippermann 2010) Und: Kinder und Teilzeit werden – v.a. von männlichen Vorgesetzten – als Barrieren oder Ausschlusskriterien für die Beförderung in eine Führungsposition oder den weiteren Aufstieg konstruiert & gehandhabt (Koch 2008; Nickel/Hüning/Frey 2008; KIT 2010) Männer „machen vielfach nicht den Marsch durch die betrieblichen Curricula“, sondern Karrieresprünge (Wippermann 2010) Nicht nur formale, sondern auch informelle Kriterien und Verfahren können Frauen benachteiligen (Matthies 2006: „informelle Substruktur“, wichtig ist gutes Verhältnis zum Chef oder anderen „VIPs“; Erfurt 2012: Interne Rekrutierung bzw. Kooptation von TopFührungskräften als pfadabhängiger Prozess) Prof. Dr. Gertraude Krell - Universitätsprofessorin a.D. - gertraude.krell@fu-berlin.de 23 Geschlechterverhältnisse in Führungspositionen verstehen und verändern 3.6 Gleichstellungspotenzial der Entwicklung zu und von Führungskräften Beförderungen - auch von den Ergebnissen gleichstellungs- bzw. diversity-orientierter Beurteilungen abhängig machen - bzw. im (internen) Assessment Center Gleichstellungskompetenz und -motivation prüfen Trainings zur Erhöhung der Gleichstellungsmotivation und -kompetenz (dazu ausführlicher: Gieselmann/Krell 2011) Prof. Dr. Gertraude Krell - Universitätsprofessorin a.D. - gertraude.krell@fu-berlin.de 24 Geschlechterverhältnisse in Führungspositionen verstehen und verändern 4 Was (noch) tun? Das Zusammenspiel vieler Faktoren zu erkennen, bedeutet: Weibliche Führungs(nachwuchs)kräfte nicht behindern und de-motivieren, sondern unterstützen – über Vereinbarkeit hinaus z.B. durch Diskriminierungsfreiere Kriterien, Verfahren und Praktiken der Personalpolitik Aktivieren des Gleichstellungspotenzials der Personalpolitik Erhöhung der Gleichstellungsmotivation und -kompetenz der (überwiegend männlichen) Führungskräfte Prof. Dr. Gertraude Krell - Universitätsprofessorin a.D. - gertraude.krell@fu-berlin.de 25 Geschlechterverhältnisse in Führungspositionen verstehen und verändern 4 Was (noch) tun? Das Zusammenspiel vieler Faktoren zu erkennen, bedeutet: Weibliche Führungs(nachwuchs)kräfte nicht behindern und de-motivieren, sondern unterstützen – über Vereinbarkeit hinaus z.B. durch Veränderungen der Personalpolitik und der Führungskultur nicht nur auf der „Vorderbühne“, sondern auch auf der „Hinterbühne“ Quotierungen auf gesetzlicher/betrieblicher Ebene Gesetzliche Verpflichtung zur Überprüfung und Beseitigung von Entgelt(un)gleichheit – mittels geeigneter Verfahren* * Dazu mehr bei Krell (2011d) und Krell/Tondorf (2011) Prof. Dr. Gertraude Krell - Universitätsprofessorin a.D. - gertraude.krell@fu-berlin.de 26 Geschlechterverhältnisse in Führungspositionen verstehen und verändern 5 Was nicht getan werden sollte! Die Forderung nach mehr Frauen in Führungspositionen mit „Frauen führen besser“ begründen* (Krell 2011a) 1) Keine „gesicherten Erkenntnisse“ zu Geschlechtsunterschieden in Führungseigenschaften, -verhalten, -erfolg 2) Widersprüchliche Botschaften in Ratgebern für Frauen 3) „Frauen führen besser“ = Danaergeschenk Aufforderung, Führungspositionen stereotyp nach Geschlecht zu besetzen, anstatt nach individueller (Nicht-)Eignung Aufwertung von „Weiblichkeit“ um den Preis der Stereotypisierung Effekt der Zusatzanforderung und -belastung für Führungsfrauen Effekt der Ausgrenzung/Stigmatisierung derjenigen Frauen, die als „unweiblich“ bzw. „wie Männer“ wahrgenommen werden * Dies tun bspw. Szebel-Habig (2009) und McKinsey&Company (2010). Prof. Dr. Gertraude Krell - Universitätsprofessorin a.D. - gertraude.krell@fu-berlin.de 27 Geschlechterverhältnisse in Führungspositionen verstehen und verändern 5 Was nicht getan werden sollte! Die Forderung nach Quoten ausspielen gegen bspw. Defizitäre Infrastruktur zur Vereinbarkeit Rückständige Kulturen bzw. nicht weit genug vorangeschrittener Kulturwandel Eignung und Leistung* Probleme der Frauen, die es nötiger haben, als die sowieso schon privilegierten weiblichen Führungskräfte * „Das Killerwort ‚Quotenfrau‘ ist eines der hinterhältigsten Worte, um zu verhindern, dass aus einer realen Quote von 10 zu 90 vielleicht eine von 30 zu 70 wird, dass die Schattenseiten der Karrierepolitik vieler Unternehmen ans Tageslicht kommen – oder zu sichern, dass auch im Schatten weiterhin Politik gemacht werden kann“ (Sattelberger 2011). Prof. Dr. Gertraude Krell - Universitätsprofessorin a.D. - gertraude.krell@fu-berlin.de 28 Geschlechterverhältnisse in Führungspositionen verstehen und verändern 6 Quellen Allmendinger, Jutta (2009): Frauen auf dem Sprung: Die BRIGITTE-Studie, München. Bertelsmann Stiftung (Hg.) (2010): Der Erfolg steht Ihnen gut. Karrierestrategien für Frauen, in Zusammenarbeit mit Cornelia Edding, Verlag Bertelsmann Stiftung (Hörbuch). Bischoff, Sonja (2010): Wer führt in (die) Zukunft? Männer und Frauen in Führungspositionen der Wirtschaft in Deutschland – die 5. Studie, hg. von der Deutschen Gesellschaft für Personalführung e.V., Bielefeld. Bourdieu, Pierre (1987): Die feinen Unterschiede, Frankfurt a.M. Cornelißen, Waltraud/Rusconi, Alessandra/Becker, Ruth (Hg.) (2011): Berufliche Karrieren von Frauen: Hürdenläufe in Partnerschaft und Arbeitswelt, Wiesbaden. Cornils, Doris/Rastetter, Daniela (2012): „…und schon gar nicht Tränen einsetzen“: Gender, Emotionsarbeit und Mikropolitik im Management, in: Krell/Rastetter/Reichel (2012), S. 157-178. Domsch, Michel E. (2005): Auslandseinsatz von weiblichen Fach- und Führungskräften. Präsentation eines Fallbeispiels, in: Krell, Gertraude (Hg.): Betriebswirtschaftslehre und Gender Studies, Wiesbaden, S. 205-228. 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Prof. Dr. Gertraude Krell - Universitätsprofessorin a.D. - gertraude.krell@fu-berlin.de 33