Trotz Einkommen kein Auskommen
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Trotz Einkommen kein Auskommen
geld Trotz Einkommen kein Auskommen In der Schuldenfalle ist man schnell Wer nicht aufpasst, tappt bei den zahlreichen Verlockungen schneller als früher in die Schulden- tipp Wer Schulden hat und auf die Dienste eines Schuldensanierers setzt, muss aufpassen. Unter den vielen Anbietern gibt es nämlich auch schwarze Schafe: Treuhandbüros und Sanierungsbüros, die kommerziell arbeiten und hohe Sanierungskosten verlangen, arbeiten mit ganz unterschiedlicher Qualität. Manche Ein Haushaltsbudget für die persönlichen Finanzen schützt vor Überraschungen. Allerdings muss es sich auf zwei Pfeiler stützen: Ehrlichkeit und Disziplin. falle. So sind in diesem Jahr die Privatkonkurse so zahlreich wie zuletzt vor zehn Jahren. Waren Schulden für unsere Eltern und Grosseltern noch tabu, so schrecken mittlerweile selbst Jungendliche nicht davor zurück, ihr Leben auf Pump zu finanzieren. Dies belegen auch andere Zahlen: In den letzten fünf Jahren haben Konsumkredite und Schulden aus Leasing um fast 30 Prozent zugelegt. Inkassofirmen, also professionelle Geldeintreiber, haben dementsprechend alle Hände voll zu tun. Reno Sami von der Budget- und Schuldenberatung Plusminus kennt diese Entwicklung: «Durch das veränderte Finanzverhalten und aufgrund neuer Konsummöglichkeiten verlieren immer mehr Leute die Übersicht über ihre Finanzen. Das gilt für alle Bevölkerungsschichten, sodass es heute den typischen Schuldner gar nicht gibt», erklärt Sami. Wichtig sei, dass sich jeder Haushalt darüber im Klaren ist, wo und wie viel Geld er ausgibt. Damit unerfreuliche Überraschungen am Monatsende ausbleiben, lohnt sich die Aufstellung eines Budgets. Eine Übersicht über die ei genen Finanzen zu erstellen ist nicht schwierig. leisten gute Dienste, manche zocken ab. Wer deren Dienste schon in Anspruch genommen hat, sollte sich so schnell wie möglich trennen und den Auftrag widerrufen. Die Fachstellen für Schuldenfragen (www.schuldenberatung.ch, www.schulden.ch, www.plusminus.ch) geben Auskunft über seriöse und weniger seriöse Treuhänder und Schuldensanierer. Haben Sie weitere wirksame, vielleicht auch originelle Vorschläge, wie man die Ausgaben in den Griff bekommt? Schreiben Sie uns eine E-Mail (panorama@ raiffeisen.ch) oder schicken Sie uns eine Postkarte an: Raiffeisen Schweiz, Panorama, Raiffeisenplatz, 9001 St. Gallen. 20 Ende Jahr Überblick verschaffen Hilfe gibt es bei den Budgetberatungsstellen, wo Musterbudgets für verschiedene Einkommen und Familiensituationen bereit liegen. «Für massgeschneiderte Budgets und bei komplizierteren Fällen wie etwa im Konkubinat oder nach einer Trennung empfehlen wir aber eine persönliche Beratung», unterstreicht Reno Sami. Ausserdem könnten nicht nur verschuldete Haushalte von den Diensten der Budgetberatungen profitieren; denn oft bringt so eine Beratung mehr Geld in die Kasse am Monatsende. Gerade das Jahresende bietet eine gute Gelegenheit, die eigenen Finanzen in den Griff zu bekommen. Steuern, Versicherungen, Krankenkassen, TV-Empfang, Gas, Strom etc. – die Rechnungen eines ganzen Jahres liegen auf dem Tisch und können in monatliche Ausgaben umgerechnet werden. Zusammen mit den Aufwendungen für Miete und den Rückstellungen bekommt man so einen guten Überblick über die festen Verpflichtungen (vgl. Musterbudgets auf Seite 23) und Sparmöglichkeiten. Allerdings muss sich ein aussagekräftiges Budget auf zwei Pfeiler stützen können: Ehrlichkeit und Disziplin. Denn das beste Budget nützt nicht viel, wenn nicht danach gelebt wird oder es auf falschen Angaben beruht. Es empfiehlt sich deshalb, systematisch vorzugehen. Erster Pfeiler: Ehrlichkeit Der erste Schritt ist ein Ausgabenplan, also eine Übersicht über sämtliche Ausgaben. Um eine solche Übersicht zu erstellen, müssen jedoch alle Ausgaben wahrheitsgemäss aufgelistet werden; es besteht nämlich die Gefahr, dass man punkto persönlicher Ausgaben nicht ganz ehrlich zu sich selber ist. Ausserdem sind sich viele Leute oft gar nicht über alle laufenden Ausgaben im Klaren; so werden etwa beim Auto, einem der grössten Ausgabenposten, die Kosten für Unterhalt, Vignette, Reifen und dergleichen oft vergessen. Und noch viel seltener wird die Amortisation, also der Wertverlust, ins Budget miteingerechnet. Damit fehlt aber das Geld, wenn ein neues Auto gekauft werden muss. Verschulden oder verzichten heissen dann die Alternativen. Für einen korrekten Ausgabenplan müssen also sämtliche Ausgaben berücksichtigt werden. Pa n o r a m a R a i f f e i s e n 8 / 0 6 Fotos: Keystone W arum bleibt am Ende des Geldes noch so viel Monat übrig? Diesen Stossseufzer kennen mittlerweile viele Singles und Familien. Dabei ist es oft nicht einmal so, dass zu wenig Geld hereinkommt. Die Krux liegt im Umstand, dass viele Leute einfach ihre Ausgaben nicht genau kennen und darum am Monats- oder Jahresende eine böse Überraschung erleben. Das hat vor allem mit dem Umgang mit Geld zu tun, der sich in den letzten 30 Jahren sehr verändert hat. Die 70er-Jahre galten noch als die Zeit der so genannten Cash-Gesellschaft, wo Rechnungen meistens sofort in bar oder am Postschalter bezahlt wurden. Heute kauft man auf Pump – und dies ist längst nicht mehr ein US-amerikanisches Phänomen. Konsum- oder Überziehungskredite sowie Abzahlungskäufe sind zu normalen Erscheinungen des täglichen Lebens geworden. Sie machen es allerdings viel schwieriger, die Übersicht über die persönlichen Finanzen zu behalten. Bei Beträgen, die nur ein bis zwei Mal pro Jahr anfallen, rechnet man einen entsprechenden Teil davon unter den monatlichen Ausgaben mit ein. Zudem sollte auf der Ausgabenseite zusätzlich ein weiterer Betrag pro Monat eingeplant werden für Extra-Ausgaben wie grössere Anschaffungen, Geschenke oder Ferien. Vor allem bei den variablen Kosten ist es etwas schwieriger, die genauen Beträge zu ermitteln. Am besten notiert man sich während mehrerer Wochen jede Ausgabe, mit Betrag und Verwendungszweck. Nun werden die einzelnen Ausgaben zusammengefasst, beispielsweise zu Posten wie Fahrkosten, Kleider, Körperpflege. Wenn auf diese Weise der gesamte Ausgabenplan erstellt wurde, hat man eine Datenbank über die Ausgaben, in der alle regelmässigen Verpflichtungen aufgelistet werden. Mit einer solchen Übersicht ist der Weg zum aussagekräftigen Bud- get nicht mehr weit. Zunächst vergleicht man einfach die Ausgaben mit den verfügbaren Einnahmen, in den meisten Fällen dem persönlichen Nettoeinkommen; wer allerdings regelmässige Zahlungen erhält, beispielsweise aus Vermögen in Aktien oder Obligationen, darf diese Erträge zum Nettoeinkommen hinzuzählen. Zweiter Pfeiler: Disziplin Jetzt folgt die Stunde der Wahrheit: Sind die Ausgaben höher als die Einnahmen, besteht natürlich Handlungsbedarf. Stellt sich heraus, dass das Geld jeweils nicht bis Ende Monat reicht, müssen Prioritäten gesetzt werden. Welche Budgetposten sind in welcher Höhe absolut zwingend? Wo können Einsparungen gemacht werden? Entscheidend ist sicher, dass die laufenden Rechnungen bezahlt werden, beispielsweise die Miete, sonst droht die Schuldenfalle. Also erst Fixkosten 1939 gab ein Haushalt 40 Prozent des Einkommens für Nahrungsmittel aus, heute sind es noch gut 12 Prozent . . . 8 / 0 6 Pa n o r a m a R a i f f e i s e n überweisen, dann die Restsumme verwalten. Aber Ausgaben wie Kleider und Telefon müssen nötigenfalls etwas zurückgestutzt werden, auch wenn dafür Disziplin nötig ist. Niemand muss seinen Teebeutel zweimal verwenden, um weniger auszugeben. Allerdings gibt es einige Spartipps, die helfen können, dass das Geld bis zum Monatsende reicht. Sehr einfach sparen kann man bei Aktionen oder durch antizyklisches Einkaufen – Wintersachen im Sommer und Sommersachen im Winter. Die Ferien im eigenen Land verbringen, Jugendherbergen statt Hotels buchen oder bei eBay (www.ebay.ch) einkaufen. Wichtig ist auch, dass Konsumausgaben nicht mit Krediten finanziert werden, denn dieses Geld ist sehr teurer. Selbst seriöse Kreditinstitute verlangen Zinsen bis zu 15 Prozent. Falls der Schuldner eine Rate nicht bezahlt, wird innert kürzerster . . . auch für Schuhe und Bekleidung strapazieren wir das Budget heute weniger: nur noch mit 5 Prozent statt 15 Prozent. 21 geld Zeit der gesamte Kredit fällig. Wer dann aus der Not einen weiteren Kredit aufnimmt, löst keine Probleme. Die Schuldenfalle hat zugeschnappt! Auch beim Leasing lauern Gefahren. Denn Leasingnehmer sind nicht Besitzer, sondern nur Nutzer des Fahrzeugs. Zu der – oft sehr günstig erscheinenden – Rate kommen noch weitere Kosten hinzu. Zum einen müssen die Leasingnehmer die Kosten für Instandhaltung und Reparatur übernehmen. Und der Abschluss einer Vollkaskoversicherung ist obligatorisch, was ebenfalls ins Geld geht. Worauf kann verzichtet werden? Der Vergleich des Budgets mit dem Ausgabenplan zeigt, wo sich auffällig hohe Ausgabenposten verstecken. Nur durch das Aufstellen eines Budgets ändert sich nichts, es muss auch die Lebensführung kritisch überprüft werden. Welche Ausgaben sind tatsächlich nötig, welche sollen gekürzt werden? Diese Entscheidung muss jeder Haushalt selber fällen. Eine Auflistung ist schnell gemacht, aber nur wer das Budget auch zahlengetreu umsetzt, profitiert davon. Disziplin ist also gefragt, die mit geeigneten Massnahmen unterstützt werden soll. Hilfreich kann es beispielsweise sein, mehrere Bankkonten zu führen: Das Lohnkonto für die monatlichen Rechnungen wie Miete oder Krankenkasse, ein Konto für Haushaltsausgaben sowie ein Konto für Rückstellungen oder Unvorhergesehenes. Dazu kommen kann noch ein Sparkonto und/oder ein Vorsorgekonto. Allerdings braucht auch die Verwaltung von mehreren Konten Disziplin. Die Versuchung ist da, vom Steuerkonto etwas für die Ferien abzuzweigen. PATRICK HERGER Budgetbeispiel Familie 2 Kinder (14 Jahre/12 Jahre) Netto-Einkommen Total CHF 7800.– plus 13. Monatslohn Budgetvorschlag für Alleinstehende Netto-Einkommen Total CHF 5200.– plus 13. Monatslohn nach Richtlinien der Arbeitsgemeinschaft Schweizerischer Budgetberatungsstellen ASB (Schweizerischer Durchschnittswerte) nach Richtlinien der Arbeitsgemeinschaft Schweizerischer Budgetberatungsstellen ASB (Schweizerischer Durchschnittswerte) Feste Verpflichtungen (R = mtl. Rückstellungen) Feste Verpflichtungen Wohnkosten inkl. Nebenkosten und Garage 1850.– Elektrisch, Gas Wohnkosten inkl. Nebenkosten 70.– R Telefon: Anschluss/Internet/Gespräche/Handy Elektrisch, Gas (dreimonatlich 120.–) 200.– Radio, Fernsehen (Billag 112.60 dreimonatlich) Telefon: Anschluss/Internet/Gespräche/Handy 38.– R Steuer, inkl. Bundessteuer (12 000.– ) 1000.– R Krankenkasse: Mann/Frau je 270.– Kinder 70.– 680.– 1200.– 40.– 150.– Radio, Fernsehen: Billag (dreimonatlich 112.60.–) 38.– Hausrat- Privathaftpflichtversicherung 30.– Zeitung, Zeitschriften, Beiträge 30.– Hausrat Privathaftpflichtversicherung 40.– R Zeitungsabo, Vereinsbeiträge 45.– R Krankenkasse 270.– Autokosten: Steuer, Versicherung, Unterhalt 350.– R Steuer, inkl. Bundessteuer (jährl.7200.–) 850.– Benzin 120.– Autokosten: Steuer, Versicherung, Unterhalt. 350.– Amortisation12% v. Neuwert ca. 200.– R Benzin 150.– 200.– ÖV, Abos 60.– Amortisation Kinder: Musikschule, Sport 65.– R 4718.– Haushaltkosten Nahrung, Getränke (ohne Alkohol) 1150.– Nebenkosten: Wasch-Putzmittel, Körperpflege, Entsorungsgebühren, diverse Kleinigkeiten 250.– Besuch, Wein, Haustier auswärtige Verpflegung (berufsbedingt) Nahrung, Getränke (ohne auswärtige Verpflegung) 500.– Nebenkosten: Wasch-, Putzmittel, Drogerie, Körperpflege, Porti 100.– 50.– 1460.– Kleider, Wäsche, Schuhe 150.– Frau Mann Taschengeld, Freizeit 250.– Kleider, Wäsche, Schuhe 100.– 100.– Coiffeur, Körperpflege Coiffeur, Freizeit, Taschengeld 200.– 200.– Kultur, Sport, Geschenke Bildung, Kultur, 30.– 30.– Freizeit m. Kindern, Eintritte 20.– 20.– Rückstellungen 350.– 350.– 700.– Arzt, Selbstbehalt, Franchise, Zahnkontrolle, Optiker 50.– 2 Kinder: Kleider 120.– Taschengeld 40.– 160.– Unvorhergesehenes / kleinere Anschaffungen 50.– Persönliche Ausgaben/Taschengeld Rückstellungen Arzt Selbstbehalt, Franchise, Zahnkontrolle 1680.– 140.– R Geschenke (Geburtstage, Weihnachten) 600.– 50.– Unvorhergesehenes / kl. Anschaffungen / Reparaturen 100.– R 650.– Persönliche Ausgaben/Taschengeld –.– 1820.– Haushaltkosten Besuche, Alkohol (individuell) 60.– 1488.– 290.– Ferien/Reserve/Anschaffungen jährlich 5664.– plus 13. Monatslohn 472.– 50.– 150.– 600.– 100.– Rest für Ferien/Sparen jährlich 6504.– plus 13. Monatslohn 542.– Totalausgaben 5200.– Totalausgaben 8 / 0 6 Pa n o r a m a R a i f f e i s e n 7800.– 23