Böse Emma – Gutes Spiel Fehlentscheidungen Fußball in Norwegen

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Böse Emma – Gutes Spiel Fehlentscheidungen Fußball in Norwegen
 Ausgabe 02/2008 Der Spielmacher 1. April 2008 Böse Emma – Gutes Spiel Fehlentscheidungen Fußball in Norwegen Max und Moritz zu Gast beim HSV Auf dem Weg zum perfekten Fußball? Der lange Winter ist vorbei Der Spielmacher, 1. April 2008 2 Intro ‐ Das Vorwort‐
Von Moritz Pfefferkorn Liebe „Spielmacher“ ‐ Leser, Inhalt
Sie halten nun bereits die zweite Ausgabe unseres noch jungen Magazins in den Händen. Wir möchten uns aber auch für die überraschend gute Rückkopplung bedanken, die uns im ersten Quartal erreichte. Doch nicht nur im Bereich des Internets fanden der „Spielmacher“ Beachtung, denn auch im Bereich der etablierten Print‐Medien fand bereits die Erstausgabe in einem kleinen Kommentar Erwähnung. Die „Kollegen“ der 11Freunde waren jedoch nicht ganz so begeistert und bemängelten an der „prinzipiell netten Idee“ den „statischen“ Stil, was an einem traditionellen durchaus nicht Magazins verwunderlich ist. Eine Kleinigkeit muss ich jedoch korrigieren, denn obwohl vier Blogs an diesem Projekt mitwirken, sind jedoch fünf Redakteure ständig dabei, an neuen Artikeln zu arbeiten. Nichtsdestotrotz sind wir immer über konstruktive Kritik dankbar und so haben wir uns für Sie wieder daran gemacht, unsere Lochkarten zu stanzen, damit diese Ausgabe wieder pünktlich erscheinen konnte. 2 Intro In diesem Sinne wünsche ich Ihnen wieder einen angenehmen Lesegenuss, 3 Titel: PREMIEREs Spagat – zwischen Quotendruck, leeren Versprechen und den anspruchsvollen Kunden 3 Direkter Kurs Richtung Eisberg 7 17 Jahr’, graues Haar 15 Bundesliga 15 Böse Emma – Gutes Spiel 19 Auf dem Weg zum perfekten Fußball? 20 International 20 Norwegen: Der lange Winter ist vorbei 24 England: Zuhause ist es immer noch am schönsten 27 Internes: Bestes Spiel des Quartals 29 Impressum Das Wort der Ausgabe
„Was Rafael da macht, ist der Goethe Gedächtnislauf. So hat sich der Dichter den Osterspaziergang vorgestellt“ Premiere‐Kommentator Hansi Küpper am Ostersonntag bei der Partie Hertha BSC – Schalke 04. Ihre Redaktion Ausgabe 02/2008 Der Spielmacher, 1. April 2008 3 Titelthema Direkter Kurs Richtung Eisberg
Der Pay-TV Sender PREMIERE versucht mit einer eigenartigen Strategie den
Spagat zwischen wirtschaftlicher Rentabilität und Programmvielfalt zu meistern.
Auf die zahlenden Abonnenten wird dabei am wenigsten Rücksicht genommen
Von Felix Flemming
Die Story von der Titanic,
die auf ihrer Jungfernfahrt
von Belfast nach New York
im Atlantik gegen einen
Eisberg stieß und dann
unterging, dürfte bekannt
sein.
Auch
wenn
PREMIERE
nun
schon
mehrere Jahre auf Sendung
ist und vor allem seit 2003
durchaus
erfolgreiche
Strukturen im Unternehmen
geschaffen wurden, fehlt im
Moment nicht mehr viel,
dass
auch
PREMIERE
zumindest bedrohlich in die
Nähe
eines
Eisberges
schippert. Das Unternehmen
aus Unterföhring befindet
sich alles andere als im
ruhigen Fahrwasser. Ganz
plötzlich scheint man dies
auch
in
den
Vorstandsetagen
mitbekommen zu haben und
fährt seit ein paar Monaten
eine
Strategie
der
Kostensenkung vor allem zu
Lasten der Abonnenten und
der
programmatischen
Vielfalt.
In den letzten zwei Jahren
gab es Höhen und Tiefen in
der Unternehmenspolitik von
PREMIERE, ständig neue
Schlagzeilen, Gerüchte und
Ankündigungen. Dass in
diesem
ganzen
Durcheinander
von
Personalentscheidungen,
Programmreformen,
Ausgabe 02/2008 Preisanpassungen
und
Übernahmespekulationen
überhaupt noch ein Pay-TV
Sender
mit
über
vier
Millionen
Abonnenten
halbwegs auf Kurs gehalten
werden kann, hat man wohl
überschätzt
und
sich
einfacher vorgestellt. Im
August
2006
gab
es
erstmals seit 15 Jahren
keine Bundesliga mehr bei
PREMIERE, überraschend
hatte Arena sich die Rechte
geschnappt. Bei PREMIERE
schrillten die Alarmglocken,
es
gab
massive
Investitionen
in
den
Programmbereich,
neue
Sportarten,
Serien
und
Filmrechte wurden gekauft.
Die
Abonnenten
waren
Der Spielmacher, 1. April 2008 4 Titelthema begeistert,
die
Kündigungsquoten konnten
im
Rahmen
gehalten
werden. Seit Sommer 2007
produzieren die Münchener
wieder
die
BundesligaBerichterstattung, seitdem
fliegen
zahlreiche
Programmbestandteile, die
in den vergangenen Jahren
große Resonanz bei den
Abonnenten
gefunden
haben, wieder aus den
Gedankenspielen
eines
knallharten Sanierers, des
neuen PREMIERE - Chefs
Michael Börnicke. Alles
muss sich der Bundesliga
unterordnen, dabei sollte
auch
PREMIERE
mittlerweile erkannt haben,
dass man ganz gut ohne
nationalen
Fußball
ein
erfolgreiches
Programm
aufbauen kann. Neben den
Veränderungen
im
Programmbereich hat sich
auch
im
Unternehmen
einiges getan. Es gibt immer
wieder Übernahmegerüchte
durch den französischen
Medienkonzern
Vivendi,
Medienmogul
Rupert
Murdoch hat fast 20%
Premiere
Aktien
bekommen und mit Michael
Börnicke hat PREMIERE
jetzt
ein
langjähriges
Mitglied
aus
dem
Finanzvorstand
als
Vorstandsvorsitzenden. Als
weitere Schwierigkeit gelten
immer noch die HackerAngriffe auf das Programm,
über
eine
neue
Verschlüsselung
soll
demnächst
eine
Entscheidung fallen. Der
Jahresabschluss für 2007
sei
im
Rahmen
der
Erwartungen
formulierte
man in Februar 2008. Man
zählt
3,651
Millionen
eigenen Abonnenten, seit
Jahren herrscht in diesem
Bereich so gut wie kein
Wachstum. Und PREMIERE
- Chef Börnicke glänzt dann
mit
solchen
Aussagen:
„Unsere
strategische
Position ist ausgezeichnet:
Premiere ist mit Abstand
Marktführer, alle PremiumPay-TV-Rechte liegen bei
uns und wir erreichen über
alle
wichtigen
Verbreitungswege
95
Prozent der deutschen TVHaushalte.“ Aber was nützt
es, wenn die besten und
umfangreichsten
Rechtepakete
bei
PREMIERE liegen und sie
nicht ausschöpfend genutzt
werden?
Und
zählen
eigentlich RTL Crime und
Passion sowie 1.2.3-TV
eigentlich auch zu den
Premium-Produkten, in die
zuletzt ja soviel investiert
worden sein sollte? Man
kann also nicht behaupten,
dass es um PREMIERE in
den letzten Jahren ruhig
geworden ist. Und das ist
eher negativ zu werten.
Seit diesem Jahr hat
PREMIERE seine Strategie
massiv verändert. Alles, was
keine zufrieden stellenden
Quoten mehr erreicht und zu
keinen
großen
Kündigungswellen
führt,
schmeißt Unterföhring aus
dem Programmbouqet. Und
es trifft alle Interessen, die
Musik-Fans,
die
Filmliebhaber,
die
Fußballverrückten und die
Motorsportbegeisterten. Für
PREMIERE zählt nur noch
Quote und Rentabilität, die
Anzahl verkaufter Abos oder
eventuelle
Neukunden
Ausgabe 02/2008 scheinen nebensächlich zu
sein. Und die Art und Weise,
wie PREMIERE bei den
Programmkürzungen
vorgegangen ist, wirft die
Frage auf, was für einen
Stellenwert die zahlenden
Abonnenten noch haben,
scheinbar gar keinen mehr.
Heimlich, still und leise
entfernt
man
Programminhalte aus dem
TV - Guide, streicht lang
angekündigte
Übertragungen. Merken soll
es die große Masse nicht.
Von PREMIERE wurde viel
versprochen und am Ende
wenig
gehalten,
exemplarisch soll auf den
Fußballbereich
kurz
geschaut
werden.
„Mit
insgesamt weit über 200
Live-Übertragungen aus der
höchsten
englischen
Spielklasse
können
Abonnenten des Münchner
Abo-Senders sogar deutlich
mehr
Partien
live
im
Fernsehen verfolgen als die
Zuschauer
in
England
selbst“,
verkündete
Premiere im August 2007.
Am Ende kommt man auf
160
Spiele,
weil
seit
Wochen
Übertragungen
gekürzt werden. Gleiches
gilt für die Übertragungen
der Primera Division, die
nahezu halbiert wurden –
und
für
die
anderen
europäischen Ligen, für
Motorsport,
GolfÜbertragungen
der
European
Tour
und
Vorberichterstattungen bei
der Formel 1. Einzig und
allein bei der DEL geht man
seit dieser Saison immer
schon fünf Minuten früher
auf Sendung als bisher.
Der Spielmacher, 1. April 2008 5 Titelthema Man
kann
natürlich
einerseits
nachvollziehen,
dass auch Unternehmen
wirtschaftlich
rentabel
arbeiten
müssen
und
schwach
nachgefragte
Programminhalte
gekürzt
werden,
nur
bei
den
Streichungen,
die
PREMIERE
seit
Jahresbeginn vorgenommen
hat, bekommt man als
Abonnent den Eindruck,
dass
„Deutschlands
schönstes
Fernsehen“
vorher nur Müll gezeigt hat,
der jetzt endlich mal schön
entsorgt werden kann. Die
meisten
Einnahmen
bekommt PREMIERE immer
noch durch die zahlenden
Abonnenten. Man darf sich
also schon fragen, ob die
jetzt
eingeschlagene
Strategie
der
Programmkürzungen
die
richtige ist. Wenn man
schon jeden Cent zweimal
umdrehen muss, kann man
ja vielleicht auch mal
überlegen, ob man auf die
eine
oder
andere
Werbekampagne verzichten
kann.
Neuabonnenten
scheint es ja ehe kaum zu
geben. Dann sollte man
wenigstens versuchen die
jetzt schon vorhandenen
Abonnenten
mit
einem
guten
Programm
ein
wichtiges Argument für eine
Vertragsverlängerung
zu
geben. Nun ist Deutschland
im europäischen Vergleich
wahrlich kein Land mit
einem ausgeprägten Bezug
zum Pay-TV und preislich
gesehen bewegen wir uns
für die Programme von
PREMIERE europaweit an
der unteren Grenze.
„Knallharte Sanierer“: Geschäftsführer Michael Börnicke
(oben) und der Verantwortliche für Sport und New Business,
Carsten Schmidt (unten).
Ausgabe 02/2008 Der Spielmacher, 1. April 2008 6 Titelthema Teilweise ist es also auch
ein Jammern auf hohem
Niveau, was aber nicht für
die
schlechte
Kommunikationspolitik von
PREMIERE entschuldigen
soll. PREMIERE hat es aber
auch
trotz
zahlreicher
Programmreformen
nicht
geschafft einen vernünftigen
Kompromiss zu schaffen
zwischen
den
gelegentlichen Zuschauern
und den „Freaks“, deren
Minderheiteninteressen
durch
Pay-TV
seitens
PREMIERE
jahrelang
bedient wurden. Heute zählt
nur noch die große Masse,
Nischeninteressen spielen
keine Rolle mehr. Vielleicht
wäre es ja mal eine
Überlegung wert, Basic- und
Premium-Pakete
für
einzelne Programmbereiche
einzuführen. Die, die mehr
Filme zuerst, mehr Fußball
und Sport exklusiv sehen
wollen, zahlen einfach mehr
und bekommen dann auch
ein
umfangreicheres
Programmangebot.
So
könnten
die
hohen
Produktionskosten
auch
entsprechend
gedeckt
werden.
PREMIEREs
Spagat
zwischen Quotendruck, teils
leeren Versprechungen über
Programminhalte und die
durchaus anspruchsvollen
Abonnenten ist sicherlich
auch eine Herausforderung.
PREMIERE hat bis jetzt
aber
kein
Konzept
gefunden, dass alle drei
Bereiche
vernünftig
berücksichtigt und das den
zahlenden
Abonnenten
immer noch als oberste
Priorität ansieht. Interessant
bleibt abzuwarten, wie weit
PREMIERE bereit ist diesen
Spagat zu gehen. Das hängt
dann auch davon ab,
inwieweit die Vergabe der
Bundesliga-Rechte ab 2009,
die
sich
durch
die
Untersuchungen
des
Kartellamtes
ja
weiter
verzögert, die Geldbeutel in
Unterföhring belastet. Für
die Abonnenten bedeutet
dies wohl keine guten
Nachrichten, denn bis dahin
wird weiter jeder Cent
umgedreht.
Und
auch
zukünftig dürfte man keine
Wunder mehr erwarten.
Sollte PREMIERE wirklich
alles auf eine Karte setzen
für deutlich mehr Exklusivität
bei der Bundesliga, wird
interessant zu sehen sein,
ob
man
viele
neue
Abonnenten gewinnen kann.
Sollte dies nicht geschehen,
was
man
durchaus
befürchten kann, geht die
ganze Show weiter. Denn
höhere
Ausgaben
plus
weniger
Einnahmen
bedeuten
automatisch
Ausgabe 02/2008 weitere
Kürzungen
am
Programm. Und dann sind
dies nicht mehr nur die
Stellen, die für den Großteil
der
Abonnenten
nicht
auffallen oder verkraftbar
sind. Oder man versucht als
Ausgleich den Kompromiss
und leitet das fertig gestellte
Berichterstattung der DFL
einfach nur durch, zahlt
weniger Geld und kann
andere Programmbereiche
ausweitern. PREMIERE hat
in den letzten Monaten
durch
seine
Kommunikationspolitik viel
Vertrauen
bei
den
Abonnenten verloren. Ein
Sprichwort heißt, dass wer
nicht wagt, verliert. Aber
man
kann
es
auch
übertreiben.
PREMIERE
geht einen riskanten Weg.
Noch ist Zeit für Börnicke
das Ruder umzudrehen,
doch je länger man stur auf
dem
Kostensenkungsdampfer
fährt und dabei nur am
Programm kürzt, ist der
Eisberg immer bedrohlicher.
Aber man kann ja zur Not
auch ausweichen und eine
begonnene Strategie wieder
teilweise
zurücknehmen.
Kompromisse sind immer
schwer, aber notwendig. Nur
dürfen sie niemals einseitig
zu Lasten der Abonnenten
gehen. Das hat PREMIERE
noch nicht verstanden.
Der Spielmacher, 1. April 2008 7 Titelthema 17 Jahr’, graues Haar
Ein 17. Geburtstag ist normalerweise kein Anlass für große Werbekampagnen
oder lautstarkes Feiern. PREMIERE sieht das offenbar anders. Gibt es aktuell
überhaupt noch Grund dazu?
Von Marco Reinberg
„17 Jahre Bundesliga bei
PREMIERE“
lautet
der
Slogan,
zu
dem
im
Sportportal derzeit allerhand
unterhaltsame Szenen aus
dem Archiv der BundesligaÜbertragungen
gezeigt
werden.
Ein
bisschen
wehmütig machen einen die
damit
erweckten
Erinnerungen schon: Das
„Topspiel der Woche“ mit
Michael Pfad, Ernst Huberty,
Reinhold Beckmann oder
einem
1991er
Patrick
Wasserziehr
ohne
Augenringe, dafür aber mit
voller Haarpracht!
PREMIERE kann mit Fug
und Recht behaupten, in
Deutschland den aktuellen
Standard für Fußball LiveÜbertragungen definiert zu
haben. Superzeitlupen und
Kameras hinter dem Tor
oder auf der Gegenseite hat
der
deutsche
Fernsehzuschauer vor 1991
nicht gekannt. Mit jungem
und erfrischendem Personal
vor der Kamera hat man
zudem
den
HeribertFaßbender-Muff aus den
Wohnzimmern verscheucht,
und
so
standen
konsequenterweise
beide
heutigen Moderatoren der
ARD-Sportschau, Reinhold
Beckmann
und
Monica
Lierhaus, lange Jahre in den
Diensten von PREMIERE.
Zudem schmücken zwei
Deutsche Fernsehpreise die
Vitrine in Unterföhring.
Doch so beeindruckend
diese
Leistungen
der
Vergangenheit auch sind,
aktuell mehren sich die
kritischen
Stimmen
zur
Bundesliga-Übertragung.
Ruht man sich zu sehr auf
seinen Lorbeeren aus? Hat
man sich in den letzten
Jahren zu wenig weiter
entwickelt oder vielleicht
sogar einen Schritt zurück
gemacht? Jeder Zuschauer
hat wohl unterschiedliche
Ansprüche, aber so richtig
rund
läuft
es
aktuell
irgendwie nicht.
Am 24. Februar dieses
Jahres
bot
sich
exemplarisch
eine
gute
Gelegenheit, Anspruch und
Wirklichkeit einer kritischen
Prüfung zu unterziehen. An
jenem Sonntag stand am
21. Spieltag der Bundesliga
das Spiel des FC Bayern
München
gegen
den
Hamburger SV auf dem
Programm. Spätestens seit
den frühen 80er Jahren ist
das ein Klassiker. Diesmal
Platz 1 gegen Platz 3, 43
Punkte gegen 37 Punkte,
Nord gegen Süd, Isar gegen
Elbe.
Eine
gute
Ausgangslage also für einen
spannenden
und
unterhaltsamen
FußballNachmittag!
Ausgabe 02/2008 Vorberichte:
Es ist 16:30 Uhr und die
Vorfreude erreicht ihren
Höhepunkt,
denn
die
Vorberichterstattung
beginnt. Doch wie das mit
Höhepunkten so ist, danach
geht es oft steil bergab. So
auch hier, denn PREMIERE
hat heute den charismabefreiten Dieter Nickles ins
Glitzer-Studio
gestellt.
Dieser macht in seinen
Sendungen häufig ohnehin
den Eindruck, als schlafe er
zuhause
in
FC-BayernBettwäsche und bekommt
heute zu allem Überfluss
noch den „Kaiser“ Franz
Beckenbauer
zur
Seite
gestellt.
PREMIERE beweist hier
alles andere als ein gutes
Händchen.
Bei
einem
solchen Topspiel erwarte ich
als
Zuschauer
TopPersonal! Dieter Nickles ist
mit Abstand der Schwächste
der
vier
BundesligaModeratoren. Bayern - HSV,
da
gehört
eigentlich
Sebastian Hellmann vor die
Kamera. Wenn der - warum
auch immer – an diesem
Tag nicht verfügbar war,
müssen zumindest Patrick
Wasserziehr
oder
Jan
Henkel eingesetzt werden.
Beckenbauer als Gast bietet
sich dagegen an - er ist
neben seiner Funktion als
Der Spielmacher, 1. April 2008 8 Titelthema Präsident des FC Bayern
auch
ehemaliger
HSVSpieler und dabei, das muss
man ihm zu Gute halten, in
der Beurteilung von BayernSpielen meist recht fair.
Man kann das „Experten“Konzept
allerdings
grundsätzlich
in
Frage
stellen. Meist sind die Gäste
nicht
viel
mehr
als
phrasendreschende
Sidekicks.
Rühmliche
Ausnahme
ist
Matthias
Sammer, der zusammen mit
Sebastian
Hellmann
vielleicht das qualitativ beste
Moderations-Duo bildet.
Gerade Franz Beckenbauer
allerdings
offenbart
vor
allem
bei
Champions
League
Übertragungen
erschreckend oberflächliche
Kenntnisse
über
internationale
Mannschaften. Da muss
man sich dann schon
fragen, welchen Mehrwert
der Zuschauer durch seine
Präsenz hat.
Warum interviewt man nicht
beispielsweise stattdessen
vor dem Spiel einen Mann
aus den eigenen Reihen,
der
die
Ligaspiele
kommentiert und sich gut
auskennt? Wolff Fuss oder
Marco Hagemann liefern da
mit
Sicherheit
über
englische
Teams
interessantere Informationen
für den Zuschauer als Franz
Beckenbauer
oder
Dampfplauderer
Lothar
Matthäus.
Doch zurück zur Bundesliga
und Bayern - HSV.
Der Vorlauf konzentriert sich
wie leider in dieser Saison
üblich, überwiegend auf den
FC Bayern und dessen
Spieler. Als ehemaliger und
vermutlich auch zukünftiger
PREMIERE-Experte genießt
Ottmar Hitzfeld eine für
Nicht-Bayern-Fans teilweise
ermüdende
Sonderbehandlung. So gibt
es nun eine Schalte in die
Allianz-Arena, wo der als
Fieldreporter im Einsatz
befindliche Jan Henkel ein
Interview mit Hitzfeld führt.
Jan Henkel hat seinen
Einsatz vor Ort heute
vermutlich
seinen
ausgezeichneten
italienischen
Sprachkenntnissen
zu
verdanken, die ihm nach
dem Spiel ein Interview mit
Luca
Toni
ermöglichen
würden,
sollte
dieser
irgendwie zum Matchwinner
avancieren.
Hitzfeld
ist
PREMIERE-konform
gekleidet
(dunkelblauer
Anzug und die auch von
Henkel
und
Nickles
getragene
dunkelrote
Moderatorenkrawatte) und
erklärt, warum Ribery nicht
von Anfang an spielt und
kramt ein bisschen in der
Floskel-Mottenkiste.
Wir
sind als Zuschauer genauso
schlau wie vorher, aber das
geht einem nach TrainerInterviews ja meistens so.
Wieder im Studio wechselt
man jetzt (16:48 Uhr) das
Thema zum HSV und
schaltet auf den Rasen der
Allianz-Arena,
wo
Jan
Henkel das Vergnügen hat,
Huub Stevens ein paar
Sätze aus der Nase zu
ziehen. Wir erfahren, dass
Van der Vaart nicht von
Anfang an spielt, aber
vielleicht für 20 Minuten
Ausgabe 02/2008 oder eine halbe Stunde am
Ende eingewechselt wird.
Zur Taktik des HSV entlockt
Henkel
dem
Coach
faszinierende
Details:„Im
Fussball ist das ganz
einfach: Wenn der Gegner
den Ball hat, muss man
verteidigen.
Wenn
man
selber den Ball hat, muss
man angreifen. Dazwischen
gibt es nichts.“ Schön, dass
wir das geklärt haben.
Anschließend (16:51 Uhr)
widmet man sich der
zweiten Begegnung des
heutigen Nachmittages: 1.
FC Nürnberg – Energie
Cottbus.
Das
ist
Abstiegskampf
pur.
Beckenbauer liefert eine
wenig erhellende Analyse im
Sinne von „wenn man kein
Glück hat, kommt auch noch
Pech dazu“. Der wie immer
erfrischend
direkte
Rolf
Fuhrmann ist in Nürnberg
vor Ort und interviewt
Thomas von Heesen, der
ein paar Duchhalteparolen
klopft.
Um 16:55 Uhr ist der Vorlauf
beendet. Bilanz: 18 Minuten
FC Bayern, 3 Minuten HSV
und 4 Minuten NürnbergCottbus
Eine
ausgeglichene
Berichterstattung
sieht
anders
aus.
Davon
abgesehen gab es weder
besonders
interessante
Interviews noch ergänzende
Berichte,
die
auf
die
Besonderheit dieses Derbys
und
seine
besondere
Atmosphäre eingehen. Der
hier
abgespulte
08/15Vorlauf war also eine
ziemliche Enttäuschung.
Der Spielmacher, 1. April 2008 9 Titelthema 1. Halbzeit:
Man schaltet in die Stadien,
das Hauptspiel des Abends
wird
(entsprechende
Unterhaltungselektronik und
Abo vorausgesetzt) in HD
ausgestrahlt.
Ein
Minderheitenthema,
aber
eine schöne Sache, denn
das Bild ist hier im
Gegensatz zu den oft
schrecklichen SD-Feeds im
Kabel
wirklich
vom
allerfeinsten.
Die Freude über das gute
Bild währt allerdings nur
sehr
kurz.
Am
Kommentatoren-Mikrofon
begrüßt uns nämlich der
nächste Bayern-Fan: Fritz
von Thurn und Taxis.
Gerüchten
zufolge
soll
dieses Vorurteil zwar nicht
stimmen (wahlweise wird er
auch mit 1860 oder dem
Club
in
Verbindung
gebracht),
meine
persönliche
TuT-Historie
allerdings verheißt aus Sicht
eines
HSV-Anhängers
nichts
Gutes
für
die
kommenden 90 Minuten.
Thurn und Taxis hat seine
besten
Momente
bei
Europacup-Spielen, wo die
einseitigen und parteiischen
Kommentare nicht weiter
stören
und
seine
Emotionalität
durchaus
Spaß
bringt.
In
der
Bundesliga fällt einfach zu
oft auf, dass er fachlich nicht
immer auf der Höhe ist und
auch seine Fähigkeit, ein
Spiel zu lesen, schwach ist.
Das Thema Kommentatoren
ist, zugegeben, schwierig
und würde hier den Rahmen
sprengen.
Der
Chefkommentator
Marcel
Reif jedenfalls hat seinen
Zenit
wohl
überschritten. Seine
Unfähigkeit,
Fehleinschätzungen
korrigieren
und
opportunistischer
selbstgerechter
Kommentarstil nervt
nur noch.
längst
völlige
eigene
zu
sein
und
häufig
Der vor allem beim jüngeren
Publikum sehr populäre
Wolff Fuss kommt leider zu
selten
als
Einzelspielkommentator in
der Bundesliga zum Einsatz,
er
macht
überwiegend
„Container-Dienst“ für die
Konferenz
oder
die
Topspiele der englischen
Premier League. Noch kann
er sich also nicht aus dem
großen Schatten von Reif
und TuT herausbewegen,
aber seine Zeit wird mit
Sicherheit kommen. Wer
weiß, vielleicht geht er ja
aus
einem
potenziellen
Personalkarussel 2009 als
großer Sieger hervor, wenn
die Bundesliga tatsächlich
zentral produziert werden
sollte.
Wie dem auch sei, für heute
jedenfalls müssen wir uns
mit
dem
blaublütigen
Österreicher
am
Mikro
arrangieren. „Krombacher“
wünscht uns unvermeidlich
noch eine schöne erste
Halbzeit,
was
mich
wehmütig an die T-HomeZeiten 2006/2007 erinnert,
als die Bundesliga komplett
werbefrei übertragen wurde.
Komplette Werbefreiheit ist
in
den
regulären
Verbreitungswegen
sicherlich illusorisch, aber
der Umfang der Werbung
bei den Bundesliga und
Champions
League
Übertragungen ist in den
Ausgabe 02/2008 letzten Jahren kontinuierlich
gewachsen. Bislang sind wir
bei der Bundesliga noch von
Gewinnspielen
verschont
geblieben,
eine
letzte
Grenze, die hoffentlich nicht
fallen
wird!
Bei
der
Champions League ist sie
es leider schon, und so
erinnern
die
teilweise
grenzdebilen
Quizfragen
leider allzu häufig an UEFACup Übertragungen im DSF.
Zum über Jahre hinweg
entwickelten
„PremiumImage“ jedenfalls passt so
etwas nicht!
Über die von Sportcast
produzierten Bilder beim
Spiel Bayern - HSV gibt es
nichts zu meckern. Die
Kameraführungen
sind
sauber, ebenso wie die
Zeitlupen und Studien. Da
hat man mittlerweile ein
durchgehend hohes Niveau
in der Bundesliga erreicht.
Hintertor-Kamerakräne wie
zu Zeiten des „Topspiels der
Woche“ gehören allerdings
der Vergangenheit an. Dies
ist wohl in erster Linie den
veränderten
baulichen
Gegebenheiten
in
den
modernen Fußball-Arenen
geschuldet,
die
einfach
keinen Platz mehr für diese
Konstruktionen bieten. Eine
Spielerei, auf die man auch
gut verzichten kann, denn
stattdessen sind heutzutage
Mini-Weitwinkelkameras im
Tor montiert. Bei Topspielen
kommen gelegentlich auch
Steadycams
an
der
Seitenlinie zum Einsatz die
für interessante dynamische
Perspektiven
sorgen,
ebenso wie auf zu eine zu
besonderen
Anlässen
montierte Spidercam über
dem Spielfeld.
Der Spielmacher, 1. April 2008 10 „So macht man sich seinen guten
Ruf sicherlich kaputt.“
Felix Flemming über die aktuellen
Entwicklungen bei Premiere
Dass ein Wirtschaftsunternehmen
sparsam mit seinem Geld umgehen
muss, kann ich nachvollziehen. Was
mich bei PREMIERE in den letzten
Monaten sehr geärgert hat, sind drei
Aspekte. Zum einen sind dies die
einseitigen
Kürzungen
am
Programm. Wenn man schon sparen
muss, dann bitte auch in allen
Bereichen.
Zweitens
die
Kommunikationspolitik
von
PREMIERE. Man veräppelt die
Abonnenten,
kündigt
LiveÜbertragungen an und streicht sie
dann wieder. Und drittens die
Vorgehensweise im Kontakt mit den
Abonnenten. Eigentlich sollte für ein
Pay-TV Unternehmen das Wohl der
Abonnenten an oberster Stelle
stehen. Bei PREMIERE hat man in
den letzten Wochen immer mehr den
Eindruck bekommen, dass ihnen der
Abonnent völlig egal ist, solange er
nur zahlt. Von Service, von einem
Kümmern um die Meinungen der
Abonnenten, geschweige denn einer
ehrlichen Kommunikation seitens
PREMIERE
bezüglich
des
Vorgehens bei den Kürzungen kann
keine Rede sein. Es ist schade, dass
sich
ein
Unternehmen
wie
PREMIERE
nicht
traut
den
Abonnenten
ehrlichen
Wein
einzugießen. So macht man sich
seinen guten Ruf längerfristig
sicherlich kaputt.
Letztere ist bei der heutigen
Begegnung allerdings nicht
vorhanden.
Die ersten 30 Minuten sind
mittlerweile vorbei, das Spiel
war bis dato recht ruhig,
entsprechen
kommentiert
Fritz von Thurn und Taxis
bis dato recht zurückhaltend
und liefert dem Zuschauer
keine
sonderlich
interessanten Erkenntnisse.
Er zeigt sich unzufrieden mit
dem Spiel („zu wenig für ein
Spiel 1 gegen 4“) und
kritisiert vereinzelt BayernSpieler (Schweinsteiger) bei
individuellen Fehlern.
In der 39. Minute „hofft“ er
auf die zweite Halbzeit, in
der die Bayern der Statistik
nach besser sind. Wenn den
Hamburgern
die
Kraft
ausgehe,
können
die
Münchener vielleicht das
Spiel entscheiden. Warum
ausgerechnet
den
Hamburgern allerdings eben
jene Kraft ausgehen soll,
verrät uns Fritz nicht.
Stattdessen
kritisiert
er
Schiedsrichter Lutz Wagner,
der in einigen Situationen
nicht zur Zufriedenheit der
Herren Hitzfeld und Hoeneß
gepfiffen hat.
Als er zwei Minuten später
konstatiert, eine Führung für
die Bayern wäre durchaus
verdient,
teilt
er
dem
Zuschauer leider auch nicht,
woran
er
das
denn
ausgerechnet
jetzt
festmacht. Das wäre schon
interessant, denn seit ca. 10
Minuten spielt der HSV
merklich besser und beide
Teams sind auf Augenhöhe.
Ausgabe 02/2008 Halbzeitpause:
Zunächst geht es in den
ersten Werbeblock, bevor
Nickles und Beckenbauer
uns mit einer belanglosen
Halbzeitanalyse langweilen.
Es ist, zugegeben, aber
auch nicht viel passiert in
München und Nürnberg. Auf
der Agenda steht: Ein
Interview mit Oliver Bierhoff
in der Allianz-Arena und
eine kurze Schalte nach
Nürnberg zu Rolf Fuhrmann
und
Club-Sportdirektor
Martin Bader zum ebenfalls
torlosen Kick dort.
Eine Halbzeit für den
Zuschauer interessant zu
gestalten hängt sicher auch
von den Spielverläufen ab,
die sterile Studioatmosphäre
jedenfalls macht es nicht
einfacher.
2. Halbzeit:
Der zweite Werbeblock steht
vor der zweiten Halbzeit.
Man hat es gerade noch
rechtzeitig
wieder
nach
München geschafft, denn
das Spiel wird 2 Sekunden
später bereits angepfiffen.
Gutes Timing, das aber
nicht immer klappt.
Das Spiel geht deutlich
munterer los als in Hälfte
Eins. Auf einen zumindest
rotverdächtigen EllenbogenCheck von Van Bommel
gegen Guerrero geht Von
Thurn und Taxis trotz
mehrfacher
Wiederholung
der
Szene
nicht
ein.
Schwach. Stattdessen stellt
er
anlässlich
einer
vergebenen Chance fest,
dass Klose nicht mehr der
Der Spielmacher, 1. April 2008 11 „Eine von Binsenweisheiten und
rotierenden Monitoren lebende
Berichterstattung“
Miro Born über die aktuellen
Entwicklungen bei Premiere
Mensch, was hatte ich mich im
Sommer 2007 gefreut, als bekannt
wurde, PREMIERE würde wieder die
Bundesliga zeigen. Die häufig
grausige Berichterstattung von arena
sollte ein Ende haben, nun war der
Fußball wieder „zu Hause“. Dass es
letztlich nicht ganz so schön sein
sollte, wie es in den unzähligen
Werbespots von PREMIERE zu
hören war, ist inzwischen vielen
Abonnementen deutlich geworden.
So hat PREMIERE sukzessive die
Berichterstattung des internationalen
Fußballs zurückgefahren. Aus der
Primera
División
zeigt
man
mittlerweile nur noch zwei Spiele pro
Spieltag,
Fußball
aus
den
Niederlanden,
Portugal
oder
Frankreich findet man im Programm
des Münchner Medienkonzerns fast
überhaupt nicht mehr. Hinzu kommt
die häufig von Binsenweisheiten und
rotierenden
Monitoren
lebende
Berichterstattung. Sicherlich, man
muss auch die andere Seite der
Medaille
sehen.
Ich
kann
nachvollziehen,
dass
bei
so
manchem Spiel der Ligue 1 oder
Primera División Kosten und Nutzen
in keinem Verhältnis standen, vor
allem wenn in diesem Jahr wichtige
Rechte wie die Champions League
und die Bundesliga vergeben
werden und man daher bei
PREMIERE jeden Cent zweimal
umdrehen muss. Doch wenn selbst
Massenblätter wie Axel-Springers
Sport BILD eine Verkürzung des
Sportprogramms konstatierten, muss
man sich doch ernsthafte Gedanken
über PREMIERE machen. Nicht,
dass man bald auch jeden
Abonnenten zweimal umdrehen
muss.
ist, „wie wir ihn lieben
gelernt haben“. Also ich
habe ihn noch nie geliebt
und das dürfte wohl den
meisten
Nicht-BayernAnhängern ähnlich gehen.
Sei es drum, in der 60.
Minute schießt Olic das 1:0
für den HSV nach einem
katastrophalen Abwehrfehler
von Lucio. Nun gehen mit
Fritz ein wenig die Pferde
durch. Er macht das gleich
mal zur „ersten Möglichkeit
überhaupt“ für den HSV.
Das stimmt zwar nicht, aber
Dramatisierungen dieser Art
ist man von ihm gewohnt. Er
macht sich Sorgen, wie
Bayern
den
Rückstand
aufholen kann und teilt uns
mit, dass vielleicht Podolski
als
Ersatz
für
den
schwachen Klose für die
letzten 30 Minuten ein guter
Wechsel
wäre.
Lucios
kapitaler Bock wird noch mal
in Zeitlupe gezeigt. „Muss
ein schreckliches Gefühl
sein für einen Fußballer.“
Bestimmt. Kurz darauf kann
er aber die Tempos wieder
einstecken - das 1:1 durch
Ze Roberto kann bejubelt
werden. Thurn und Taxis
fantasiert sofort von 3
Punkten, mit denen sich die
Bayern von den Bremern
absetzen könnten. Vielleicht
sollte ihm mal jemand
sagen, dass es für ein
Unentschieden nur einen
Punkt gibt. Das Spiel geht
recht unterhaltsam weiter,
um dann am Ende noch mal
seine unerfreuliche Seite zu
zeigen, als Van Bommel die
Gelb/Rote-Karte für das
Applaudieren
bekommt.
Obwohl
Van
Bommel
bekanntlich später für die
„obszöne Geste“ 3 Spiele
gesperrt werden wird, sieht
Ausgabe 02/2008 Fritz keinen Grund für eine
glatt rote Karte, sondern
scheint mit der Ampelkarte
einverstanden.
Eine
Fehleinschätzung, die sich
ein
Top-Kommentator
eigentlich nicht erlauben
kann. Gerade in solchen
Situationen erwarte ich eine
neutrale und regelkonforme
Auflösung der Situation und
keine subjektiv gefärbte
Verharmlosung.
Das Spiel ist jedenfalls
vorbei und ohne weitere
Interviews geht es fast
unmittelbar nach Abpfiff in
die Werbepause. Auch das
ist schade, gerne hätte man
noch
etwas
Stadionatmosphäre
mitbekommen, unterlegt mit
dem einen oder anderen OTon eines Spielers.
Alle Spiele – Alle Tore:
Die
„Sportschau“
von
PREMIERE beginnt. Die
Sendung ist vielleicht der
Höhepunkt
der
Übertragungen am Samstag und
Sonntag: eine werbefreie
und
kompakte
Zusammenfassung
aller
Spiele, die mit Interviews
und Analysen angereichert
wird.
Und so geht es ohne große
Einleitung los mit der
Zusammenfassung des TopSpieles, kommentiert von
Kai
Dittmann.
Dieser
zeichnet sich wie üblich
durch eine sachliche und
fachkundige
Spielanalyse
aus, ein absoluter SpitzenMann bei PREMIERE. Im
Gegensatz zu TuT
Der Spielmacher, 1. April 2008 12 „Das Angebot verursacht noch
nicht den Drang, zum Hörer zu
greifen.“
Moritz Pfefferkorn über die aktuellen
Entwicklungen bei Premiere
Bis vor einem halben Jahr kannte ich
Premiere selbst nur aus der Werbung
und der Tatsache, dass der Sender
die Sportschau verschieben will. Bis
dahin bestand auch keinerlei Wunsch
sich ein Abonnement anzuschaffen,
da es mir für meine Fernsehgewohnheiten
zu
teuer
und
unpassend erschien. Ich konnte mir
einfach nicht vorstellen, dass es einen
Qualitätsunterschied geben sollte, der
dies rechtfertigt. Doch nachdem ich
einige Male die Champions League
Übertragung bei Max geschaut habe,
war
der
Unterschied
durchaus
sichtbar. Insgesamt ist die Dichte an
guten Kommentatoren und Experten
auch durch den Nimbus der
Exklusivität bei Premiere einfach
merklich höher bzw. die Spitze breiter
und so die Qualität durchaus besser
als im freiempfangbaren Fernsehen,
das es - zwar bis auf einige
Ausnahmen oft mehr unterhaltsam bis
komisch
als
mit
glänzenden
Sachverstand - trotz allem versteht
Fußball herüberzubringen. Dies stellt
für mich neben der Programmvielfalt
sicherlich den größten Reiz am
Bezahlangebot dar. Wobei dafür
allerdings der im restlichen deutschen
Programm
weniger
vertretene
internationale Fußball ausschlaggebend wäre , vor allem die langsam
im Hintergrundrauschen versinkende
Ligue 1. Doch das ganze Angebot
verursacht bei mir bisher noch nicht
den Drang, zum Hörer zu greifen. Und
so werde ich wohl weiter unbeteiligt
zuschauen und auf den Moment
warten, an dem Premiere mich
überzeugen
könnte.
Der
eingeschlagene Weg deutet jedoch
daraufhin, dass dies immer länger
dauern wird. analysiert er auch die Van
Bommel Szene korrekt.
Schade, dass er nur in der
Konferenz eingesetzt wurde.
Im
Rahmen
der
Zusammenfassung
wird
Ottmar Hitzfeld von Jan
Henkel interviewt, leider
bleibt
das
Gespräch
oberflächlich
und
Jan
Henkel weit unter seinen
journalistischen
Möglichkeiten.
Unter
Kollegen geht man halt nett
miteinander um.
Da
HSV-Verantwortliche
nicht auf der Payroll des
Pay-TV-Senders stehen und
entsprechend keine dieser
Krawatten
im
Schrank
haben,
bekommt
der
Zuschauer leider zunächst
kein Interview mit einem
Hamburger zu sehen.
Im Studio darf Beckenbauer
erstmal seine Einschätzung
zum Spiel und zur Situation
in der Meisterschaft zum
Besten geben. Nun darf
zumindest mal ein HSV
Spieler etwas sagen, Jan
Henkel führt ein Interview
mit Frank Rost. Es wird das
einzige
mit
einem
Hamburger bleiben. Ein
bisschen dürftig für ein Spiel
von diesem Kaliber, da
erwarte ich als Zuschauer
mehr.
Bis 2005/2006 gab es die
etablierten „Trainerrunden“
nach dem Spiel, bei dem die
Trainer gemeinsam mit dem
Moderator
das
Spiel
analysierten.
Mit
der
Einführung des zentralen
„Glitzer“-Studios sind diese
entfallen, was ich sehr
bedauerlich
finde.
Unvergessen
die
legendären Zoff-Runden mit
Ausgabe 02/2008 Matthias Sammer (damals
noch in Diensten des BVB)
und Sebastian Hellmann.
Nach dem Verlust der
Bundesliga-Rechte hat man
dann aus Kostengründen
das zentrale Studio für die
Moderation der T-Home
Übertragungen genutzt. Für
die wenigen Zuschauer hat
es sich wohl schlicht nicht
gelohnt, ein mobiles Studio
im Stadion aufzubauen um
dort diese Interviews und
Analysen
durchzuführen.
Das
war
damals
verständlich, die Situation ist
aber heute nach dem Ende
der
kurzen
Arena-Ära
wieder eine andere. Die
doppelten Kosten für das
Studio in München und ein
kleines Studio im Stadion
will man aber wohl nicht
tragen. Schade, hier hat
PREMIERE definitiv einen
Schritt zurück gemacht und
einen wesentlichen und
etablierten
Teil
ihrer
Bundesliga-Übertragung
mutmaßlich dem Rotstift
geopfert.
In der heutigen Sendung
geht es weiter mit der
soliden Zusammenfassung
des
zweiten
Spiels
Nürnberg-Cottbus
von
Martin Groß. Ein kurzes
Interview
mit
dem
Cottbusser
Torschützen
Sörensen
und
ein
angenehm
ausführliches
Gespräch zwischen Rolf
Fuhrmann mit Thomas von
Heesen schließen sich an.
Auch hier aber insgesamt
etwas dünn, ein paar mehr
Stimmen von Spielern oder
auch
dem
Cottbusser
Trainer
hätten
nicht
geschadet.
Der Spielmacher, 1. April 2008 13 „Was die Königsklasse angeht, bin
ich
bis
heute
mit
der
Berichterstattung sehr zufrieden.“
Max Schoob über die
Entwicklungen bei Premiere
aktuellen
Es war schon seit vielen Jahren eine
Überlegung für die Zukunft, ein
Premiereabonnement
abzuschließen.
Seit
Premiere
Anfang des
21.
Jahrhunderts intensiv für die Bundesliga
wirbt, ringe ich mit mir, ob ich mir diesen
Luxus leisten soll. Nach der FussballWM 2006 war es dann soweit.
Kurioserweise allerdings bestellte ich
„Deutschlands schönstes Fernsehen“,
nachdem
Premiere
die
Bundesligarechte verloren hat. Denn:
Abgesehen von der Qualität der
Übertragung der Bundesliga im FreeTV, bin ich mit deren Umfang durchaus
zufrieden. Schmerzlich aber war die
Tatsache, dass Sat.1 aus der der
Champions
League-Berichterstattung
ausgestiegen ist, und nun Premiere die
Topspiele übertragen würde. Da die
Königsklasse für mich aber das
Nonplusultra im Vereinsfussball ist,
musste eine Lösung her. In Einklang mit
der neuen Paketstruktur flatterte Anfang
August ‚06 eine Smartcard ins Haus. Bis
heute bin ich mit der Berichterstattung
sehr zufrieden, was die Königsklasse
angeht.
Angesichts
von
großem
Zeitmangel und einem erfüllenden
Wochenendjob, tangieren mich die
Kürzungen
im
internationalen
Fussballprogramm momentan nicht so
sehr. Das einzige, was ich schon ein
bisschen vermisse, sind die durchaus
attraktiven, torreichen und spannenden
Spiele
aus
der
niederländischen
Eredivise. Nichtsdestotrotz habe ich
mein Abo für den Sommer gekündigt,
allerdings nur, weil ich die neue
Preisstruktur und eventuelle günstige
Angebote
nach
24-MonateVertragslaufzeit abwarten will. Bisher ist
mein Leitspruch: Ich wähle jenes Paket,
welches ich mindestens buchen muss,
um den besten Wettbewerb der Welt zu
sehen. Mal sehen, was Premiere da aus
dem Hut zaubert.
Im
Studio
zieht
man
langsam die Bilanz des
Spieltages. Während die
Tabelle eingeblendet ist,
wird noch ein kurzes Statement von Huub Stevens zu
den Meisterschaftschancen
ein-gespielt. Es ist völlig
unverständlich, dass dieses
Interview
nicht
komplettgezeigt wird. Die
damit gesparte Sendezeit
nutzt man stattdessen für Uli
Hoeneß, der nun von Jan
Henkel ausführlich zum
Spiel befragt wird. Das ist
Prioritätensetzung
à
la
PREMIERE 2008.
Die seit Jahren etablierte
„Top 11“ schließt die
BundesligaBerichterstattung ab. Die
„Top 11“ ist ein nettes Fazit
des Spieltages mit teilweise
unterhaltsamen
Höhepunkten
aus
den
Interviews (wie an diesem
Spieltag der Gomez/Franz
Konflikt). Trotzdem wirkt sie
langsam etwas angestaubt.
Eine neue Rubrik steht am
Ende der Sendung, die
„Meinungsmacher“.
Dort
werden
Sportjournalisten
interviewt. Diesmal darf
Rainer Holzschuh bei Jan
Henkel auf dem Rasen
Werbung für seinen „Kicker“
machen.
Zumindest
im
Hinblick
auf
die
Van
Bommel Szene beweist er
ein gutes Gespür, als er
vermutet, dass der DFBKontrollausschuss
hier
ermitteln wird und eine
längere Sperre ausspricht.
Unter dem Strich ist diese
neue Rubrik in dieser Form
dennoch relativ überflüssig.
Wer
schlaumeiernde
Zeitungsjournalisten sehen
Ausgabe 02/2008 will, schaut
„Doppelpass“.
den
DSF
Ebenfalls überflüssig ist die
nun
folgende
Zusammenfassung
eines
Premier
League
Spiels
zwischen Tottenham und
dem FC Chelsea. Was hat
das in einer BundesligaSendung zu suchen? Diese
Art von Cross-Promotion
hätte man sich schenken
können, stattdessen hätte
ich lieber mehr Interviews
mit Spielern und Trainern
gesehen.
Fazit:
Das war er dann auch, der
Bundesliga-Sonntag des 21.
Spieltages bei PREMIERE
und es war bestenfalls
durchschnittlich, was man
hier abgeliefert hat. Der
Großteil der Sendung wirkte
lustlos heruntergeleiert, von
der Fußball-Begeisterung,
für die PREMIERE mal
stand, war hier nicht viel zu
sehen. Besonders störend
ist die Fokussierung auf den
FC Bayern, die sich sowohl
personell
(Nickles,
Von
Thurn und Taxis) also auch
inhaltlich (Aufteilung der
Sendezeit, Interviewpartner,
Art der Interviewfragen)
extrem unangenehm durch
die
komplette
Sendung
zieht. Ähnliches lässt sich
jedes
Wochenende
verfolgen, da bildete die
Sendung des 24. Februar
keinesfalls eine Ausnahme.
Wer wissen will, wohin eine
DFL-gesteuerte
zentrale
Produktion
der
Bundesligaübertragungen
journalistisch führen kann,
darf bei PREMIERE also
schon mal reinschnuppern.
Der Spielmacher, 1. April 2008 14 Titelthema Dank „Arena“ wissen wir,
dass es noch deutlich
schlechter
geht,
aber
PREMIERE selbst hat vor
Jahren schon bewiesen,
dass es auch deutlich
besser geht! Ich verfolge
seit 1992 die Bundesliga bei
PREMIERE und war sogar
in der T-Home Saison
2006/2007 dabei. Schade,
dass
man
aktuell
offenkundig nur möglichst
schlank und preiswert die
letzten knapp eineinhalb
Jahre der laufenden Rechteperiode heruntersenden will,
ohne sich dabei groß
weiterzuentwickeln oder zu
bewährten Elementen zurückzukehren (Trainerrunden).
Halbherzig umgesetzte Neuerungen wie den zweiminütigen
„Meinungs-
macher“ kann man sich
getrost schenken. Wenn
man strukturierte Analysen
mit anderen Journalisten
führen will, warum dann
nicht ein eigenes Format
dafür entwickeln? „Meinungsmacher“
als
30minütige Sendung, immer
sonntags um 19:30 Uhr mit
Jan Henkel und einem Gast
aus der schreibenden Zunft
oder auch mal einen TVKollegen von ARD oder
ZDF? Wobei man eigentlich
keine
externen
Gäste
braucht, man hat doch das
geballte
Know-How
im
eigenen
Haus.
Warum
macht man also nicht
beispielsweise einen runden
Tisch, bei dem immer drei
bis
vier
PremiereModeratoren und Kommentatoren einen 30- oder 60-
minütigen Spieltagsrückblick
oder eine Spieltagsprognose
machen? Vielleicht sogar
alles ein bisschen lockerer
gestylt, ohne Krawatten und
Anzüge?
Wo
ist
die
Kreativität und Experimentierfreude aus den früheren
Jahren, wo ist der Begeisterungsfunke, der aus dem
Fernseher überspringt? Es
gäbe so viele Möglichkeiten
für PREMIERE zu beweisen, dass sie wirklich
das
„Zuhause“
der
Bundesliga sind und dass
eine Bundesliga ohne sie ab
2009 ein großer Verlust
wäre.
Liebe
PREMIEREVerantwortliche, nutzt diese
Chance doch bitte auch,
sonst ist der 18. Geburtstag
vielleicht der letzte und das
wäre wirklich schade.
Der Verfall der Viererkette – Das Unheil der Spielanalyse im Free-TV
Mit der Weltmeisterschaft
1998 setzte die ARD eine
Ausrufezeichen, was die
Analyse
von
FußballLänderspielen
anging:
Erstmals
erfreuten
sich
Millionen Fans an den
Gesprächen von Günter
Netzer und Gerhard Delling.
Deren in jedem Fall sehr
eigenwilliger Stil war lange
Zeit lustig, revolutionär,
durchaus auch treffsicher
was die Analysen anging.
Doch spätestens seit dem
Ausraster von Rudi Völler im
Jahr
2003
bei
Waldi
Hartmann, der auf eine
schwache
Analyse
der
Muppet-Show
zurückzuführen war, ist klar:
Das Duo Netzer/Delling hat
jedwede Grenze des guten
Geschmackes überschritten.
Phrasendrescher
Delling
stellt sinnlose Fragen an
einen Netzer, der immer
mehr den Eindruck macht,
dass er den Sport selbst
nicht mehr Ernst nimmt.
2005 revolutionierte das
ZDF mit dem Quartett
Beckenbauer/Kerner/Klopp/
Maier
unter
dem
Kunstnamen
„Viererkette“
alte Strukturen. Die Vier
machten bei ConfedCup und
WM06 einen tollen Job.
Schon zur Weltmeisterschaft
aber war mir aufgefallen,
dass Urs Maier neben
Beckenbauers
sinnleeren
Phrasen das schwächste
Glied der „Viererkette“ war.
Sicher schätze er zwar
Spielsituationen mit dem
gekonnten
Blick
eines
jahrelangen FIFA-Referees
ein, doch er traute sich
nicht, die Schwelle der Kritik
an seinen Ex-Kollegen zu
übertreten.
Selbst
bei
glasklaren
Fehlentscheidungen stellte
Ausgabe 02/2008 sich Maier hinter den
Unparteiischen,
was
irgendwann dann nur noch
lächerlich war. Leider hat er
diese Schwäche – so
sympathisch er auch wirkt –
bis heute nicht abgelegt.
Franz
Beckenbauer
ist
glücklicherweise
kein
Mitglied mehr des ZDFTeams. Denn es reicht
schon, wenn sich JBK
immer mehr an BeckmannNiveau
angleicht.
Nur
oberflächliche Fragen, ein
eklatanter
Hang
zum
Sensationsjournalismus und
schwache Vorbereitung auf
die Spiele. Einzig der nach
wie vor fröhliche und
wortgewandte Jürgen Klopp
hebt
die
ZDF-AnalyseMannschaft auf ein Level,
dass diese Truppe weiterhin
die beste seiner Art im
deutschen Free-TV ist.
Max_Schoob
Der Spielmacher, 1. April 2008 15 Bundesliga Böse Emma - Gutes Spiel Nach dem torlosen Remis zwischen Hertha und Bayern München zog es Max und
Moritz dieses Mal nach Hamburg, wo der HSV die Eintracht aus Frankfurt empfing Von Moritz Pfefferkorn
Noch vor der schon relativ
guten Erfahrung, die wir im
Dezember
im
Berliner
Olympiastadion
gemacht
hatten, entschlossen wir uns
bereits dafür, dass ein
weiteres
Vor-Ort-Spiel
folgen sollte. Durch Max
Affinität zum Hamburger SV
stand der Ort bereits fest
und die Semesterferien
gaben auch den Gegner vor,
so dass wir uns auf das
Aufeinandertreffen
der
Hanseaten
mit
der
Frankfurter Eintracht freuen
konnten. Diese Freude stieg
umso mehr, als dass beide
Teams in den ersten
Wochen
des
Jahres
auftrumpften
und
teils
berauschenden
Fußball
zeigten.
Auf Grund der großen
Entfernung
und
der
interessanten Stadt war es
auch keine Frage, dass wir
länger als 90 Minuten in
Hamburg bleiben wollten um
diese über das Wochenende
intensiv kennen zu lernen.
Doch dann schien uns das
Glück zu verlassen, denn
nach
der
mittäglichen
Nachricht an das Hotel am
Vortag der Abreise. Kurz
darauf
begann
ein
Wetterbericht nach dem
anderen sich nicht mehr an
die passende Bauernregel
zu halten und düsterere
Vorschauen zu geben. Ein
Bezirk nach dem anderen
färbte
sich
auf
der
Wetterkarte aus Angst vor
Tief Emma dunkelrot bis am
Abend
kyrillähnliche
Zustände
prophezeit
wurden.
Die
gesamte
Wochenendplanung stand
auf einmal zur Disposition.
Auf der eilig einberufenen
Krisensitzung siegte nach
längerer
Beratung
die
Sicherheit der Passagiere
und des Fahrzeugs klar und
einstimmig, so dass nach
einem kurzen Anruf mit
leichten Sprachproblemen
im
Appartement
den
Ausgabe 02/2008 Samstag im heimischen
verbrachten. Die wagen
Aussagen von offizieller
Seite ließen auch eine Fahrt
am Spieltag selber noch
offen.
Eine extrem windige und
wenig erholsame Nacht
später erwies sich dies
angesichts der Nachrichten
vom
überschwemmten
Fischmarkt und des durch
alle Ecke pfeifenden Windes
als richtige Entscheidung.
Doch am Sonntagmorgen
hatte sich die Lage zum
Glück soweit beruhigt, dass
ein Ankämpfen gegen den
Sturm möglich war und wir
nach Sonnenaufgang die
Autobahn unsicher machen
konnten. Das Steuer fest in
Max Händen brauste unser
kleiner Wagen mehrere
Stunden tapfer gegen den
Wind an und bekam durch
periodisch
einsetzende
Wolkenbrüche gleich ein
saubereres Äußeres.
Der Spielmacher, 1. April 2008 16 Bundesliga Bis
auf
die
üblichen
Ärgernisse auf deutschen
Autobahnen
kamen
wir
erfreulich pünktlich an und
konnten unsere „Suite“ in
Bahnhofsnähe dank vorher
erworbener,
aber
leicht
ausbaufähiger
Ortskenntnisse ins Visier
nehmen.
Kurz
darauf
machten wir das erste Mal
an diesem trüben Tag mit
dem sonnigen Gemüt der
Hamburger Bekanntschaft,
als ein Berliner Frauenparkplatzblockierer im Parkhaus in einen Disput mit
dem Wächter geriet. Im
Hotel angekommen und
eingecheckt, mussten wir
nur noch dem langen Gang
links und links sowie wieder
links folgen um in das
schlicht möblierte Zimmer zu
stolpern, in dem mitten im
Raum
eine
wacklige
Einbaudusche thronte, die
der Beschreibung nach je
nach Wunsch im oder eben
auch nicht im Zimmer ist.
Nichtsdestotrotz ein mehr
als angenehmes und großes
Zimmer für den Preis. Nach
dieser
Verschnaufpause
musste auch dem leiblichen
Wohl gefrönt werden und
ein Bekannter von Max
führte uns zu einem feinen
Schnellrestaurant in der
Bahnhofspassage, in dem
neben
einigen
anderen
Fußballanhängern der Plan
für die angesichts des
entfallen Tages sehr knappe
Tour
durch
die
Stadt
vorgestellt wurde. Dieser
führte unter den letzten
Nachzüglern von Emmas
stürmischem Gemüt an die
Alster an der die Wolken
erneut
ihre
Schleusen
öffneten. Bei einem netten
Plausch über Hamburg ging
es dann weiter am Rathaus
vorbei zum Michel, der trotz
allem im Fokus japanischer
Kameras auftauchte. Die
eigentlich
angedachte
Erklimmung
musste
angesichts
einer
geschätzten Sichtweite von
unter 1.000 Metern auch
ausfallen.
Nach
einem
erneuten kühlen Schauer
führte uns der Weg direkt
zur S-Bahn-Station, von der
es in einer sich immer mehr
mit
Blau-Weiß-SchwarzGekleideten füllenden Bahn
direkt stadtauswärts ging.
machten für Stimmung zu
sorgen.
Sie mussten auch nicht
lange warten, denn ihr HSV
begann von Anfang an das
Geschehen zu beherrschen
und wirbelte die Eintracht
durcheinander.
Mit
wunderbaren
Pressing
erzielten sie bereits nach
fünf
Minuten
den
Führungstreffer, so dass das
Regenwetter angesichts der
Stimmung zur Nebensache
zu werden schien. Auch der
HSV tat sein bestes und
stürmte weiter nach vorne.
Doch danach schien das Tor
trotz guter Chancen wie
vernagelt,
obwohl
die
Defensive der Gäste nicht
die sicherste war.
Angekommen
an
der
richtigen Station schlossen
wir uns dem Strom an, der
sich aufmachte den langen
Fußweg ins scheinbare
Nirgendwo zu absolvieren.
Doch nach dem langen
Marsch entdeckten wir es
am Horizont: das Stadion,
dass sich HSH-NordbankArena nennt. Umgeben von
Parkplätzen und Wald lag es
da und wartete darauf, dass
wir es betraten, was wir
sogleich taten und den
Oberrang betraten. Von dort
erhaschten wir noch einen
kurzen
Blick
auf
die
Kommentatorenplätze
auf
denen
langsam
die
Betriebsamkeit
begann.
Kurz darauf wurden wir vom
grandiosen Blick und den
trockenen
Plätzen
überwältigt, der uns direkt
unter dem Dach erwartete.
In der besten Fernsehperspektive präsentierte sich
uns ein angesichts des
Wetters
gut
gefülltes
Stadion,
in
dem
die
Hamburger
von
der
Nordtribüne sich, angeheizt
von einem stimmungsvollen
Lotto King Karl, bereit
Ausgabe 02/2008 Nach einer Weile ließ der
unbedingte
Wille
nachzulegen
bei
den
Hamburgern nach, während
die Frankfurter Anhänger mit
ihrem
monotonen
Gestampfe
eine
merkwürdige
Atmosphäre
herstellten und sich auch
nicht
von
der
ersten
Torchance
für
ihre
Mannschaft abhalten ließen,
die aus einer Unachtsamkeit
der Hausherren resultiert.
Trotzallem
blieben
sie
bestimmend und konnten
eine Ecke nach der anderen
über den Gästestrafraum
hineinschlagen. Kurz vor der
Pause galt es noch einmal
eine Schrecksekunde zu
überstehen, als Rost im
letzten Moment klärte und
so
den
unverdienten
Ausgleich verhinderte.
Mit der Pause begann es
dann richtig zu regnen,
weswegen wohl auch das
Halbzeitspielchen ausfiel,
Der Spielmacher, 1. April 2008 17 Bundesliga obwohl in die Tore schon
eine Torwand eingehängt
worden
ist.
Auch
die
Bretzelverkäufer
wurden
wieder aktiver und rannten
nun des Öfteren wieder
durch das Blickfeld.
Die Pause hatte dennoch
einen „Höhepunkt“ in petto,
als in der Pause die
Moderatoren
des
vereinseigenen
Radios
interviewt wurden um es
bekannter zu machen sowie
Ausgabe 02/2008 neue Kunden zu gewinnen.
So wurden unter anderem
die Erfahrungen aus dem
letzten Spiel angesprochen
wurden. Dieses Programm
rundete
ein
Videozusammenschnitt aus der
Der Spielmacher, 1. April 2008 18 Bundesliga Fanbox ab, in der sich
einige Hartgesottene zur
Schau stellten.
Zum Glück dauerte die
Pause nur 15 Minuten und
danach konnten wir uns
wieder am Spiel erwärmen,
in dem sich Frankfurt nun
vorgenommen hatte doch
einige Punkte mitzunehmen
und so machten sie auch
mehr fürs Spiel. Dies sollte
allerdings nicht lange halten,
denn der HSV kam wieder,
nachdem
er
kurz
zurückgedrängt worden war
und durch de Jong unter
dem
„TOOOOOOOOR“Schrei von King Karl auf 2-0
davonzog.
Was
einen
kurzen Einsatz der Polizei
im unruhigen Gästeblock
nach sich zog, der sich nach
dem Abzug derselben wie
von Geisterhand immer
mehr zu lichten schien. In
der Folge hatten sie das
Spiel wieder im Griff und
suchten weiter den Weg
nach vorne. Doch mitten in
die Drangphase drängte
sich der Gegentreffer der
Eintracht, der aus einem
Konter resultierte und das
Spiel noch einmal spannend
machte. Doch zum fast noch
größeren Jubel der Fans als
beim eigenen Tor die
Einblendung des Standes
aus dem Parallelspiel, in
dem
Bochum
gegen
Leverkusen in Führung ging.
Doch dieser Anschlusstreffer sollte aber dank des
Gästekeepers nicht lange
halten, der sich nach einem
Freistoß einen Fauxpas
leistete und so für den
Doppeltorschützen Guerrero
auflegte. Nun konnten die
Gastgeber wieder schalten
und walten und schoben das
endgültige 4-1 nach, womit
sich die Stimmung in der
Arena
nun
auf
dem
Höhepunkt befand und das
trübe Wetter vergessen ließ.
Noch lange nach dem
Abpfiff feierten die Fans
ihren HSV und sogar der
Dino schwang sich zu einer
Tanzeinlage auf.
interessantesten Spiele der
damaligen Zeit erwischt zu
haben.
Am nächsten Morgen sollte
sich der Regen noch nicht
verzogen haben, doch das
sollte uns nicht weiter
stören, war doch vor der
Heimfahrt schon von Anfang
an ein Besuch des Miniaturwunderlands
eingeplant,
den uns auch Emma nicht
nehmen
konnte.
So
machten wir uns auf die
wirklich liebevoll gestaltete
Welt der Züge zu erkunden,
in die auch schon der
Osterhase
eingedrungen
war und durch den Grand
Canyon brauste. Neben
vielen anderen sehenswerten
Regionen
war
natürlich auch die HSHArena vertreten, in der der
HSV natürlich im Hamburger
Derby standesgemäß im
Minutentakt gegen St. Pauli
gewann. Nach mehreren
Stunden in dieser Welt voller
Knöpfe
und
sich
bewegender Figuren neigte
sich unser Hamburgaufenthalt auch schon dem Ende
entgegen und wir kehrten
dem immer noch verregneten Hamburg unseren
Rücken zu.
Mit den letzten eingefangen
Impressionen ging es dann
langsam auf den Heimweg,
auf dem eine Gruppe
Nachwuchseintrachtfans ihr
Gesangsrepertoir
übte,
jedoch kaum gegen die
zahlenmäßig
überlegen
Heimfans ankamen auf dem
weiten dunklen Weg zurück
zur S-Bahnstation, vor der
es erstmals an diesem Tag
zu
einem
Stau
kam.
Allerdings sollte sich dieser
schnell lösen und die Fahrt
in der richtigen Bahn in aller
Enge schnell angetreten
werden können. Darin ging
es dann stimmungsmäßig
richtig hoch her, als ein paar
mehr oder weniger unter
Alkoholeinfluss
stehende
Anhänger der Blau-WeißSchwarzen ihre lustigen
Gesänge à la „Wer nicht
hüpft der ist ein Bremer!“
oder „Frankfurt nehmt euch
montags frei, da kommt auf
DSF
Bundesliga
Zwei!“
Nach so vergnügungsvollen
15
Minuten
Bahnfahrt
kamen wir wohl behalten
wieder am Hauptbahnhof an
und marschierten voller
Freude
in
unser
Hotelzimmer, in dem uns
schon das DSF mit der
Spieltagsanalyse erwartete
und das Spiel noch einmal
rekapituliert werden konnte
und unsere Einschätzung
bestärkte
eines
der
Ausgabe 02/2008 Letztendlich war Hamburg
und das Spiel selbst mit
einem
durcheinander
gewehten Organisation eine
Reise wert, die keine Emma
vermiesen konnte. Vor allem
das torreiche Spiel hatte
einen großen Anteil am in
dieser
Hinsicht
sehr
gelungen Ausflugs, so dass
ein Wiedersehen schon
geplant ist. Dann allerdings
im Schutze eines weniger
stürmischeren Sommers.
Der Spielmacher, 1. April 2008 19 Bundesliga Auf dem Weg zum perfekten Fußball?
Warum Fehlentscheidungen auch im modernen Fußball unerlässlich sind
Von Miro Born
Es scheint eine schier
endlose Diskussion zu sein.
Fast wöchentlich entbrennt
eine neue Debatte über
unsere Schiedsrichter und
deren Entscheidungen. Vor
allem die Boulevardpresse
macht dann keinen Halt vor
Hetzartikeln und abstrusen
Verschwörungstheorien.
Und
selbst
wenn
die
Schiedsrichter an einem
Spieltag
ohne
entscheidende
Fehler
pfeifen, gönnt man ihnen
kein Lob, vielmehr werden
sie dann ignoriert. Dass
Schiedsrichter oft einen
schwierigen Job haben, wird
gerne vergessen. Und wen
interessiert eigentlich der
potenzielle
jugendliche
Schiedsrichternachwuchs,
der
durch
die
endlos
diffamierende
Berichterstattung
abgeschreckt wird und sich
deshalb
nicht
für
Schiedsrichterlehrgänge
anmeldet. So fehlt es
folglich bei den Verbänden
nicht nur an Quantität,
tausende
von
Spielen
werden wöchentlich ohne
Schiedsrichter angesetzt, da
man eben nicht so viele
Schiedsrichter hat, sondern
auch an Auswahl und
Qualität.
Was an Tagen, an denen
besonders hitzig über die
Schiedsrichter
diskutiert
wird, dann lauter wird, ist
der
Wunsch
nach
Videobeweisen
und
elektronischen Fußbällen.
Fußball wäre dann ein Sport
ohne
größerer
Fehlentscheidungen, könnte
der
Schiedsrichter
bei
strittigen Situationen doch
das Spiel anhalten und sich
auf einem Monitor die
Situation
noch
einmal
ansehen, heißt es bei den
Befürwortern.
Vielleicht
sollte man dann auch für
Stürmer
vor
Eckstößen
„Pausen“
verordnen,
in
denen
sie
sich
dann
anschauen könnten, was sie
in den letzten Situationen
falsch
gemacht
haben.
Selbiges könnte man zudem
auch
für
Verteidiger,
Mittelfeldspieler
und
Torhüter
einführen.
So
wären wir dem „perfekten
Fußballspiel“ noch einen
Schritt näher und das
Fernsehen
hätte
vollkommen
neue
Werbeplätze. Doch was
wäre eigentlich ein perfektes
Fußballspiel? Ein Spiel, in
dem 22 Akteure und, nicht
zu
vergessen,
der
Schiedsrichter, keine Fehler
machen? Wie würden dann
Tore entstehen, würde jedes
Fußballspiel torlos mit einem
Remis enden?
einen Fehler zu begehen.
Vielleicht ist der Fußball
auch daher so populär, weil
er so menschlich ist, so
fehlerhaft wie wir.
Auch wenn eine noch so
kleine Fehlentscheidung, die
vielleicht durch „moderne
Technik“ verhindert werden
könnte, einen Fußballverein
Millionen kosten kann, in
Zeiten, in denen reiche
Amerikaner oder Russen
reihenweise Fußballvereine
kaufen und in so manchen
europäischen Stadien die
Ticketpreise so hoch sind,
dass sich das traditionelle
Publikum
nicht
mehr
regelmäßig den Gang ins
Stadion leisten kann, ist
man doch über jeden
Funken Menschlichkeit, und
den
bekommt
ein
Fußballspiel durch eine
Fehlentscheidung, dankbar.
Eine fehlerlose Maschine
mag
positiv
sein,
ein
Fußballspiel ohne Fehler ist
es nicht. Sicherlich, zu viele
Fehlentscheidungen dürfen
es auch nicht sein, doch
was hätten wir denn sonst
auf dem Weg zur Arbeit zu
besprechen,
wenn
die
Schiedsrichter keine Fehler
mehr
machen
würden.
Womit
würden
die
Fernsehanstalten
ihre
Nachberichterstattung
füllen? Und wem würden die
Trainer dann eigentlich den
schwarzen
Peter
zuschieben?
Ich denke, man merkt, eine
Debatte über ein perfektes
Fußballspiel ist genauso
aberwitzig
wie
eine
Diskussion
über
einen
perfekten Schiedsrichter. Es
gibt
kein
perfektes
Fußballspiel und es wird
niemals
ein
perfektes
Fußballspiel geben. Der
Fußball lebt von Fehlern und
dem Mut, durch eine
risikovolle Aktion eventuell
Ausgabe 02/2008 Der Spielmacher, 1. April 2008 20 International Der lange Winter ist vorbei
Der norwegische Ligafußball steht vor einer neuen Saison
Von Max Schoob
Seit ich im Jahr 1996
erstmals Norwegen besucht
habe, verbindet mich in
vielerlei
Hinsicht
eine
Affinität
zu
dem
skandinavischen Land. Die
großartige
Landschaft,
geprägt von einer enormen
Gegensätzlichkeit, die Ruhe
und Abgeschiedenheit und
das angenehme Flair in den
wahrlich nicht überlaufenen
Städten. Norwegen hat trotz
oder gerade wegen der nur
4,7 Millionen Einwohnern
seinen besonderen Reiz.
Das reichste Land Europas
– zumindest gemessen an
seiner Größe – ist einfach
ein Ort zum Wohlfühlen.
Während mich beim ersten
Urlaub der Fussball noch
nicht
gefesselt
hat,
beobachte ich spätestens
seit
der
zweiten
dreiwöchigen Visite vor drei
Jahren intensiv auch das
Geschehen rund um den
„Norges
Fotballforbund“.
Wenn auch nur via PC und
TV,
ich
drücke
den
Norwegern
immer
die
Daumen, wenn es geht.
Ein großes Problem für die
drei
großen
skandinavischen Länder ist
die Tatsache, dass aufgrund
der
teils
extremen
Witterungsbedingungen im
Winter vielerorts nicht an
Freiluft-Fussball zu denken
ist.
Deshalb
wird
die
„Tippeligaen“ wie in den
Nachbarländern
Finnland
Ausgabe 02/2008 und
Schweden
im
Jahresryhtmus, also etwa im
Zeitraum zwischen April und
Oktober ausgespielt. Die
Norweger selbst haben sich
an diesen Takt gewöhnt, mit
Blick auf die internationale
Wettbewerbsfähigkeit aber
ist das das momentan wohl
größte
Hindernis,
dass
Norwegen in der UEFARangliste
trotz
einiges
vorhandenen Potentials nur
auf dem 18. Platz steht. So
hat auch die Tippeligaen,
deren Namen seit 1990 ein
norwegischer Wettanbieter
ziert, wie fast alle Ligen
außerhalb
der
großen
Nationen bloß den Status
einer Ausbildungsliga: Wer
sich in dieser Spielklasse als
fähig erweist, wird relativ
Der Spielmacher, 1. April 2008 21 International früh
auch
von
den
internationalen
Scouts
entdeckt,
und
alsbald
verlassen
die
jungen
Talente das Land, um die
weite Welt zu erobern.
Nachdem die Norweger
diesbezüglich wohl Ende der
1990er-Jahre
ihren
Höhepunkt erreicht haben,
gab es in den folgenden
Jahren
einen
kleinen
Hänger. Seit zwei, drei
Jahren aber kommen die
exzellenten
Ausbildungszentren,
mit
Branchenführer Rosenborg,
wieder in Fahrt. Wer wusste
eigentlich, dass John Obi
Mikel, heute bei Chelsea in
London hochbezahlt, zwar
nicht
in
Norwegen
ausgebildet wurde, sehr
wohl dort aber für einige Zeit
seine Brötchen verdient hat?
Und John Arne Riise, der
exzentrische Rotschopf mit
dem harten Schuss vom FC
Liverpool, dürfte wohl auch
jedem ein Begriff sein. In
Sachen
Exportschlager
müssen sich die Norweger
eigentlich nicht hinter dem
Nachbarn
Schweden
verstecken.
Damit zunächst ein kleiner
Rückblick in das Jahr 2007,
eine
Saison,
die
überraschenderweise zum
zweiten
Mal
innerhalb
kürzester Zeit durch eine
Schwächephase von Krösus
Rosenborg
Trondheim
geprägt war. Von 1992 bis
2004 holten die SchwarzWeißen 13-mal in Folge den
Titel, ehe sie 2005 einen
größeren Umbruch erlebten,
so dass sich Valerenga Oslo
in einem Fotofinish vor
Aufsteiger Kristiansand den
Titel holen konnte. 2006
Brann konnte sich Stabaek
einreihen. Ein kleiner, relativ
unscheinbarer Verein im
Süden des Landes mit einer
kleinen
8000-ZuschauerArena. Bisher standen nur
zwei Aufstiege sowie ein
Pokalsieg vor zehn Jahren
in der Chronik, doch der
großartige
Erfolg
des
Vorjahres spricht für die
Etablierung der Mannschaft
in
Norwegens
höchster
Spielklasse. Den zweiten
Platz für den UEFA-Pokal
sicherte
sich
Viking
Stavanger, der Verein, bei
dem auch eine nicht ganz
unbedeutende
deutsche
Komponente zum tragen
kommt:
Der
ehemalige
DDR-Nationalspieler
und
jahrelanger
EnglandLegionär
Uwe
Rösler
trainierte die Wikinger im
abgelaufenen Jahr erstmals,
und machte aus dem
einstmaligen
Abstiegskandidaten
ein
Topteam. Überhaupt Uwe
Rösler:
Nach
seinem
Karriereende durch eine
schwere Krebserkrankung
Anfang
dieses
Jahrtausends, machte er
sich seit 2004 auf den Weg,
um
die
norwegischen
Trainerbänke zu erobern.
Zunächst bei Lilleström SK,
nun bei Viking. In Norwegen
ist
Rösler
ein
hoch
angesehener Trainer, der für
Erfolg steht.
aber war wieder alles beim
alten – der Titel ging nach
Mittelnorwegen.
Alle
Beobachter hatten sich nun
bereits
wieder
darauf
eingestellt, dass sie über
Jahre hinweg die Liga
dominieren werden. Doch
dazu kam es nicht, weil der
stark besetzte Kader unter
Trainer Knut Törum nicht zu
einer Einheit wurde. Zwar
spielte Rosenborg in der
Champions
LeagueGruppenphase bis zum
Ende um das Achtelfinale
mit, das aber ging auf
Kosten der Leistung in der
Tippeligaen. Im Endeffekt
stand Anfang November
riesengroße Ernüchterung,
nur der fünfte Tabellenplatz
und damit keine Teilnahme
am Europapokal in der
Spielzeit 2008/2009. Dieser
bleibt Meister Brann Bergen,
Stabaek IF sowie Viking
Stavanger vorbehalten. Die
Mannschaft aus Bergen,
einem wunderschönen Ort
an der Nordmeerküste, wo
in der Vergangenheit auch
schon der Hamburger SV
Station gemacht hat, holte
nach 44 Jahren endlich
wieder den Titel. Wie groß
die Euphorie ist, zeigt die
Zahl,
dass
beim
Saisonfinale bis zu 100.000
Fans in der Innenstadt von
Bergen mitgefiebert haben.
Angesichts
der
relativ
geringen
Größe
des
Ortskerns frage ich mich, wo
diese
Massen
Platz
gefunden
haben,
im
Verhältnis
zur
Einwohnerzahl
der
für
norwegische
Verhältnisse
relativ üppig bewohnten
Stadt müsste fast jeder
Zweite Bergener auf den
Beinen gewesen sein. Hinter
Ausgabe 02/2008 Wenn die zweite Ausgabe
des Spielmacher-Magazines
erscheint, hat Rösler mit
Viking Stavanger bereits
einen Spieltag hinter sich
gebracht,
zum
Auftakt
spielen
sie
gegen
Strömsgodset IF, die wohl
wie auch schon im Vorjahr
Der Spielmacher, 1. April 2008 22 International nur um den Abstieg spielen
werden. Somit besteht für
Viking gleich zum Auftakt
die
Chance,
seine
Ambitionen auf eine sehr
gute
Platzierung
zu
unterstreichen. In seinem
fünften Norwegen-Jahr will
Rösler heuer endlich den
Titel gewinnen, und kann
dabei
auf
einiges
interessantes
Personal
zurückgreifen:
Der
ehemalige
Aachener
Torwart Kristian Nicht hütet
als Ersatz für den länger
verletzten Myhre den Kasten
zum
Saisonauftakt,
außerdem steht der ExHamburger René Klingbeil
auf dem Sprung in die
Abwehr. Im Sturm konnte
Torjäger
Ijeh
gehalten
werden, allerdings nur mit
einer Torprämie von 8000
Euro pro Tor. Der Druck auf
die Mannschaft und Rösler
ist groß, weil die Fans nun
endlich Resultate für die in
den
letzten
Jahren
betriebene
Aufbauarbeit
sehen wollen. Neben Viking
darf
natürlich
auch
Titelverteidiger Brann nicht
vergessen
werden.
Die
kamen
zwar
ohne
spektakuläre
Neuverpflichtung
aus,
kommen aber mit dem
Selbstvertrauen
einer
euphorisch
bejubelten
Meisterschaft
und
dem
Wissen,
einen
breit
besetzten Kader zu haben.
Zudem verbietet sich ein
abwertender Blick auf Brann
schon alleine, weil das
Team in den letzten Jahren
immer
um
den
Titel
mitgespielt hat und immer
wieder gezeigt hat, dass
man auch gut mit Druck
umgehen kann. Auch im
Bergener Kader tummeln
sich
ehemalige
Deutschland-Profis: El Fakiri
(Mönchengladbach)
und
Karadas
(Kaiserslautern)
sind wichtige Bestandteile
der Mannschaft.
das wurde schon bei den
Duellen mit Schalke in der
Champions League deutlich,
die Abwehr. Außer dem
Schweden Stoor setzt man
bei Rosenborg hier auf die
Karte „Erfahrung ist Trumpf“.
Spieler wie Basma und
Kvarme prägt zwar ein
außerordentlich
gutes
Stellungsspiel,
aber
im
Punkt Schnelligkeit ist die
Defensive
schon
ein
Risikofaktor. Hinzu kommt
jetzt
noch,
dass
der
kanadische Goalie Lars
Hirschfeld
Rosenborg
Richtung Cluj (Rumänien)
abgewandert ist, und noch
kein adäquater Ersatz für
den Glatzkopf verpflichtet
wurde. In dieser Hinsicht viel
Arbeit für Coach Trond
Henriksen.
Gerade
die
Trainer-Personalie könnte in
der ersten Hälfte der Saison
für Unruhe sorgen. Nach
dem verpassten Titel trat
Knut Törum im Herbst
zurück.
Seitdem
agiert
Henriksen
als
Interimstrainer, im Juli wird
Erik
Hamrén
den
Trainerposten übernehmen.
Hamrén
jedoch
ist
momentan noch als Coach
beim
dänischen
Verein
Aalborg BK eingebunden
und wird seinen Vertrag dort
bis zum Sommer erfüllen.
Aber
trotz
aller
Negativerlebnisse in 2007
führt auch im neuen Jahr
der Weg an einem Namen
nicht vorbei: Rosenborg ist
wieder einmal der Favorit
schlechthin auf den Titel. Es
wäre dann der 21. Gewinn
der höchsten Spielklasse
des
Landes.
Die
Trondheimer haben sich gut
verstärkt, mit Pelu, Miller
und Savolainen Spieler vom
skandinavischen
Markt
verpflichtet und sind so erst
einmal wieder weg vom
Kurs,
den
Kader
mit
internationalen
Spielern
aufzuwerten. Selbst jedem
Laien in der NorwegenSzene stechen zwei Namen
sofort ins Auge: Roar Strand
und Steffen Iversen, zwei
Alt-Internationale, die jetzt
das
Gerüst
dieser
Mannschaft sind. Beide
haben
eine
lange,
erfolgreiche Karriere mit
allerdings völlig anderen
Vorzeichen
hinter
sich:
Während
Strand
in
Norwegen mit Rosenborg
fleißig
Meisterschaften
gewonnen
hat,
führte
Iversen der Weg nach
England zu Tottenham, wo
er sieben Jahre gespielt hat.
Um diese beiden erfahrenen
Spieler
tummeln
sich
hoffnungsvolle
Nachwuchsspieler,
wie
Fredrik Stoor, Per Skjelbred
oder die drei Afrikaner
Konan, Traore und Koné.
Größter Schwachpunkt ist,
Ausgabe 02/2008 Wenn man an norwegische
Klubs im Europapokal denkt,
fällt
zwangsläufig
auch
immer der Name von
Rosenborg. Seit der tollen
Titelserie in den 1990erJahren qualifizierten sie sich
häufig
dann
in
einer
Zwischenspielrunde sogar
für die Gruppenphase der
Champions League. Dabei
hielten sie sogar für einige
Der Spielmacher, 1. April 2008 23 International Zeit den Rekord der meisten
Teilnahmen in Folge, sieben
waren es seinerzeit, ehe
Manchester United zum
unentbehrlichen Inventar der
Königsklasse wurde. Vor
einigen Jahren bekam dabei
sogar Bayern München zu
spüren, wie unangenehm
sich norwegische Teams
spielen lassen: Taktisch
immer
einwandfrei
eingestellt, diszipliniert, auf
Konter lauernd. Es war
jenes Jahr, als Rosenborg
sogar die Gruppenphase
überstanden hat, und sich
mit Bayern in der damals
noch
existierenden
Zwischenrunde
duellierte.
Der deutsche Rekordmeister
war das einzige Team,
gegen
welches
die
Norweger
in
dieser
Zwischenrunde
Punkte
holen konnten. In dieser
stattfindet. Das Produkt
dieser Überlegungen ist seit
dem
Jahr
2004
die
sogenannte „Royal League“,
eine königliche Liga für drei
Königreiche. Vier Vereine
jeder Liga duellierten sich im
Zeitraum von November bis
Februar, die ersten drei
Auflagen des Wettbewerbs
gingen
jeweils
nach
Dänemark – weil dort die
stärksten
Mannschaften
spielen.
Noch
genauer:
Jeder Titelträger kommt aus
Kopenhagen. Nach den
Siegen
vom
FC
Kopenhagen 2005 und 2006
triumphierte 2007 Bröndby.
Die Klubs aus Norwegen
spielten jeweils ordentlich
mit, bissen sich aber an der
starken Konkurrenz aus
Südskandinavien die Zähne
aus. Das Ziel, nämlich im
Winter Wettkampfpraxis zu
Saison machte ein junger
Stürmer, der auf den Namen
John Carew hört, auf sich
aufmerksam.
Ehe
sich
Rosenborg
umsehen
konnte, war er auch schon
nach Valencia gewandert
und trat seinen bis heute
erfolgreichen
EuropaFeldzug an. Nach diesem
großen Erfolg wurde es
einige Jahre sehr leise um
Rosenborg, auch von den
anderen
Vereinen
des
Landes
kamen
keine
Impulse im Europapokal.
Umso erfreulicher, dass die
aktuelle Saison 2007/2008
diesbezüglich eine kleine
Wiederauferstehung
darstellt: Bis zum letzten
Spieltag hatte Rosenborg
die Chance, das Achtelfinale
der Champions League zu
erreichen,
und
Brann
Bergen landete zumindest
im Sechzehntelfinale des
UEFA-Pokals. Dort wurden
sie zwar mit 0:2 und 1:6 von
Florenz deklassiert, aber es
war
zumindest
ein
Ausrufezeichen, dass auch
abseits
der
„Trondheim=Norwegen“
Gleichung
noch
Vereinsfussball im Norden
Europas exisitert.
erhalten, ist nicht verfehlt
worden. Der starke Auftritt
der Kopenhagener in der
Champions
League
2006/2007
oder
von
Rosenborg und Brann in
dieser Saison. Leider fand
die Royal League bei den
Zuschauern
nicht
den
erwünschten Anklang, was
sicher noch zu verkraften
wäre, Besuche von 3000 bis
5000 Zuschauern ließen
sich verkraften. Was aber
wesentlich schwerer wiegt,
ist das daraus resultierende
Desinteresse
potentieller
Sponsoren. So fand die
Royal
League
im
vergangenen Winter keine
Fortsetzung. Zwar sind alle
Verbände und auch die
Vereine
an
einer
Weiterführung des Formates
interessiert, ob sich das
jedoch realisieren lässt, ist
fraglich.
Ausgabe 02/2008 Um
eine
internationale
Wettbewerbsfähigkeit
der
skandinavischen Vereine zu
erzielen, setzten sich die
Fussballverbände
aus
Norwegen, Schweden und
Dänemark zusammen. Die
Idee: Eine Liga für die im
Europapokal
beteiligten
Vereine, also die besten
Mannschaften
jedes
Landes, die während der
Spielpause im Winter
So müssen sich die drei
Königreiche neue Ideen
einfallen lassen, um auf
mittel- und langfristige Sicht
ihre
Wettbewerbsfähigkeit
zu erhöhen. Die Norweger
machen
sich
keine
Illusionen – ihr Land und die
Liga wird im FussballBereich auf absehbare Zeit
nur die Anfangs- und
Zwischenstation der besten
Wikinger sein. Die Frage ist
aber, wie man aus dem
großen Reservoir talentierter
Nachwuchsspieler in der
Zukunft auch einen Nutzen
für das Fortschreiten der
Qualität der Tippeligaen
uiehen kann. Hier stecken
die ruhigen Norweger mitten
im Entwicklungsprozess, der
aber
gerade
auf
internationaler Ebene immer
mehr Anerkennung findet
Der Spielmacher, 1. April 2008 24 International Die wahre englische Liga? Nachdem die Premier League in den letzten Jahren sukzessive kommerzieller
wurde, findet die 2. englische Liga, wie hier bei Charlton Ahtletic, immer mehr begeisterte Zuschauer.
.
Zuhause ist es immer noch am schönsten
In der 2. englischen Fußballliga bleibt man trotz Zuschauerrekorden und Mega-TVDeals traditionell und bodenständig – sehr zur Freude der Fans. Und die Liga wird
immer stärker.
Von Felix Flemming
Anfang Februar verkündete
der Chief Exekutive der
Premier League, Richard
Scudamore,
dass
die
Premier League plant einen
zusätzlichen
Spieltag
einzuführen, der komplett im
Ausland, vorzugsweise in
Asien, gespielt werden soll.
„Wir
werden
nur
da
hingehen, wo wir auch
willkommen
sind“,
so
Scudamore. Vor allein bei
den heimischen Fans stieß
der
Plan
auf
große
Geschäftsangelegenheiten
der Vereine involviert. Bis
jetzt kann man sich aber
allen Tendenzen nach einer
totalen Kommerzialisierung
noch verweigern, auch wenn
der
Getränkehersteller
Coca-Cola Namenssponsor
der Championship ist. Man
spielt Fußball immer noch
hauptsächlich
für
die
eigenen Fans, nicht mehr,
aber eben auch nicht
weniger.
Ablehnung. „Dies ist erneut
ein weiteres Beispiel in der
Premier League, das die
Tradition unseres Spiels
bedroht wird, lediglich aus
der Gier nach Geld“, sagte
zum Beispiel Malcom Clarke
von der Football Supporters’
Federation. In der zweiten
englischen Fußballliga, der
Championship, nahm man
die Pläne nur im Hintergrund
wahr. Doch auch hier wird
mit
immer
größeren
Summen aus TV-Deals
hantiert, sind immer mehr
Investoren
in
die
Ausgabe 02/2008 Dabei
kann
die
Championship noch auf eine
Der Spielmacher, 1. April 2008 25 International sehr
junge
Historie
zurückblicken. Sie entstand
zu Beginn der Saison
2004/2005 und ging aus der
Football
League
First
Division hervor. Mittlerweile
ist die neu gegründete
Championship
in
ihrer
vierten Spielzeit zu einer
echten
Erfolgsgeschichte
geworden.
24
Teams
kämpfen jede Saison um
den Aufstieg in die Premier
League, damit gibt es 46
Spieltage in der Liga, fast
neun Monate dauert eine
Saison. Die beiden besten
Mannschaften steigen direkt
in die Premier League auf,
die Plätze drei bis sechs
spielen in den Playoffs den
letzten Kandidaten aus. Das
Finale steigt im Wembley
Stadion. Die Championship
öffnet
sich
dann
ausnahmsweise mal für die
ganz große Fußballbühne.
Es zeigt aber auch den
immer höher werdenden
Stellenwert der zweiten
englischen Liga. Auch wenn
von
den
Ausgangsbedingungen, finanziell wie
logistisch, die Vereine der
Championship eine sehr
heterogene Truppe darstellen,
ist
die
Liga
spielerisch
sehr
ausgeglichen und stets sehr
spannend. In der Saison
2006/2007, als Sunderland
unter Roy Keane den
Aufstieg in die Premier
League schaffte, lagen nur
13 Punkte zwischen den
ersten sechs Plätzen. In der
aktuellen
Saison
liegen
sechs Spieltage vor Schluss
nur 10 Punkte zwischen
Platz Eins und Platz Zehn,
Stoke und Bristol City gehen
als Favoriten für den
direkten Aufstieg in die
Premier League in die
letzten Spieltage, dahinter
kämpfen noch acht Teams
um die Teilnahme an den
Playoffs, unter anderem
Traditionsvereine wie West
Bromwich Albion, Watford
und
Crystal
Palace.
Gleichzeitig müssen aber
auch
noch
acht
Mannschaften sich in akuter
Abstiegsgefahr wähnen. Für
die Fans wird also einiges
geboten. Und die Fans
kommen zahlreich, ob nun
ins Hillsborough zu Sheffield
Wednesday mit seinen fast
40.000 Plätzen oder an die
Layer Road zu Colchester
United mit gerade mal
knapp 7.000 Plätzen. In der
Liga trennen die beiden
übrigens nur zwei Plätze.
Colchester
ist
Tabellenletzter,
Sheffield
Wednesday nur zwei Plätze
davor. Auch das macht die
Championship so attraktiv
und spannend. Mit über 10
Millionen Zuschauern ist die
Championship nach der
Premier
League,
der
Bundesliga und der Primera
Division die Liga mit dem
viertbesten
Zuschauerzuspruch.
Rücken. Charlton Athletic
mit Trainer Alan Pardew
haben
dagegen
die
Einflussnahme
von
Investoren abgelehnt. Auch
in der Championship fließt
viel Geld, doch hier ist es
noch eher Mittel zum Zweck,
soll die Liga für die eigenen
Fans,
die
regelmäßig
samstags um 16.00 Uhr in
die Stadien kommen, noch
attraktiver
und
stärker
machen. Die ersten Früchte
der harten Arbeit in der
Championship waren zuletzt
sehr eindrucksvoll im FACup,
dem
englischen
Pokalwettbewerb, zu sehen,
wo jetzt neben dem FC
Portsmouth
drei
Mannschaften
aus
der
zweiten Liga im Halbfinale
stehen.
Besondere
Erwähnung verdient der FC
Barnsley, der in der zweiten
Liga noch gegen den
Abstieg spielt, aber im Pokal
Liverpool und den FC
Chelsea rausgeworfen hat
Die Stärke und Attraktivität
der
Coca-Cola
Championship
haben
mittlerweile auch einige
bekannte Trainer erkannt,
die
sich
in
der
Championship
niedergelassen haben. Prominentestes Beispiel ist der
Walliser Chris Coleman, der
nach seinen Tätigkeiten bei
Fulham und Real Sociedad
jetzt versucht Coventry City
vor dem Abstieg in die
League One zu bewahren.
Viel Geld und große Stadien
sind
hier
noch
keine
Garantien für sportlichen
Erfolg. Ein Lied davon
können die Queens Park
Rangers singen, die seit
August 2007 in den Händen
von Bernie Ecclestone und
Flavio Briatore liegen. Die
beiden Zugpferde aus der
Formel 1 brachten aber
noch nicht den totalen
Erfolg. Auch andere Teams,
wie Southhampton oder
Crystal
Palace,
habe
zugkräftige Investoren im
Ausgabe 02/2008 Und sportlicher Erfolg sorgt
auch für höhere Einnahmen
und neue TV-Verträge, die
in den nächsten Jahren
unter
den
Rahmenbedingungen
der
Vereine
in
der
Der Spielmacher, 1. April 2008 26 International Championship gigantische
Summen in die Kassen der
Vereine spülen. Momentan
ist der Pay-TV-Sender Sky
Sports
exklusiver
Fernsehpartner und zeigt
einige Spiele live. Ab der
Saison 2009/2010 bekommt
die Championship auch eine
deutlich höhere Präsenz im
Free-TV mit 10 Live-Spielen
bei der BBC, zudem zeigt
Sky Sports weiter Spiele aus
der Championship, darunter
auch
alle
PlayoffBegegnungen
um
den
Aufstieg in die Premier
League. 400 Millionen Euro
werden den Vereinen der
Championship
und
den
unterklassigen Ligen für drei
Jahre damit gezahlt, neue
Einnahmen
durch
Sponsoring aufgrund der
neuen TV-Präsenz noch gar
nicht
mit
eingerechnet.
Damit
bekommen
die
Teams der zweiten bis
vierten
englischen
Liga
soviel Fernsehzeit wie noch
nie. Da hat sich der Erfolg
der letzten Jahre schon mal
positiv ausgezahlt.
Noch fünf Spieltage sind es
bis zum Saisonende. Dann
klärt sich, welche zwei
Mannschaften
direkt
aufsteigen und welche vier
Teams in den Playoffs den
weiteren Kandidaten küren.
In den letzten Jahren gab es
in
Fußball-England
die
Theorie,
wonach
die
Absteiger aus der Premier
League in den nächsten
Jahren stets auch wieder
erneut aufsteigen, weil in
der höchsten englischen
dann möglicherweise bald
nach Sydney um gegen den
FC Chelsea zu spielen.
Fußballliga eben doch mehr
Geld eingenommen wird,
dass die Vereine dann auch
in die 2. Liga mitnehmen
und mehr für neue Spieler
investieren können. Letzte
Saison stiegen Sunderland
und Birmingham nach nur
einem Jahr Abstinenz aus
der Premier League direkt
wieder auf. Auch diese
Saison
mischen
die
Absteiger
Watford
und
Charlton
wieder
im
Aufstiegsrennen mit. Es
bleibt abzuwarten, ob dies
sich
längerfristig
noch
verschärfen wird. Für die
Aufsteiger in die Premier
League bedeutet dies vor
allem mehr Einnahmen,
aber eben auch der Tanz
auf
der
großen
Fußballbühne. Es ist eine
andere Welt. Vorher müssen
aber noch die Playoffs
absolviert werden. Dabei
empfängt der Tabellendritte
den Sechsplatzierten, der
Fünfte spielt gegen den
Vierten
der
Abschlusstabelle. Es gibt
dabei Hin- und Rückspiel,
aber ohne die Regelung,
wonach bei Torgleichheit
auswärts erzielte Treffer
doppelt zählen. Das Finale
findet dann zum zweiten
Male im Wembley Stadion
statt, quasi als Einstimmung
darauf, was die Vereine ab
der kommenden Spielzeit
dann
möglicherweise
erwartet. Wenn es blöd
kommt, hat man bis dato
immer vor seinen 15.000
Zuschauern
gegen
den
Verein aus der näheren
Region gespielt und muss
Ausgabe 02/2008 Natürlich kann das viele
Geld
zukünftig
auch
verführerisch machen, zu
einem
immer
neuen
Konkurrenzkampf um neue
Einnahmen führen, aber bis
jetzt konzentriert sich die
Championship immer noch
ganz auf den Sport. Denn
auch nur so hat man eine
Chance neben der Premier
League zu existieren und
wahrgenommen zu werden.
Und wenn die Milliardäre
eine Liga weiter oben sich
immer weiter von den
Bedürfnissen
und
Wünschen
der
Fans
verabschieden,
kann
vielleicht
auch
die
Championship
davon
profitieren. Das kann aber
auch nur gelingen, wenn
man so bleibt, wie man jetzt
ist.
Auf
den
Sport
konzentriert, bodenständig,
sehr heterogen von den
Rahmenbedingungen, aber
homogen
von
der
sportlichen
Klasse.
Mit
Einsatz, Leidenschaft und
dem Aufopfern für den
eigenen Verein kann man
auch die etwas reicheren
und
besser
besuchten
Vereine in Schach halten.
Die Championship ist auf
einem guten Wege, den
Erfolgsweg der letzten Jahre
fortzusetzen.
Der Spielmacher, 1. April 2008 27 Internes Das Spiel des Quartals
In unserer neuen Kategorie beschrieben die fünf Blogger ihr „Lieblingsspiel“ des
letzten Quartals
Premier League: FC Liverpool – FC Middlesbrough 3:2 23. Februar 2008 ‐ 15.00 Uhr, Anfield Road Es gibt Spiele, bei denen weiß man schon von
Anpfiff, dass sie spannend und torreich werden
können. Und dann gibt es Begegnungen, von
denen man hofft, dass sich solche zu einem
tollen Spiel entwickeln, obwohl man eher
skeptisch ist. In letztere Kategorie fällt die
Partie die Reds gegen Boro Ende Februar an
der Anfield Road. Aufgrund der bisherigen
Auftritte von Pool hatte ich mit keinem großen
Spiel gerechnet, zumal beide Teams auch
gehörig unter Druck standen, Benitez war mal
wieder in der Kritik und Gareth Southgate
taumelte Richtung Abstieg. Umso erstaunter
war ich dann zu sehen, dass Liverpool
erfrischenden Offensivfußball angeboten hat
und sich Middlesbrough auswärts keineswegs
versteckte. Middlesbrough ging früh in
Führung, doch Fernando Torres brachte mit
einem Dreierpack seine Mannschaft auf die
Siegerstraße. Doch trotz des Rückstandes
spielte Middlesbrough weiter mutig nach vorne,
konnte aber nur noch eine der zahlreichen
Chancen für ein Tor nutzen. Am Ende war es
ein Spiel mit Richtungscharakter für beide.
Liverpool begann mit einem überragenden
Fernando Torres eine Siegesserie und auch
Middlesbrough gewann neues Selbstvertrauen.
Hat sich also für beide Mannschaften und auch
mich vor dem TV mehr als gelohnt.
Felix_Flemming
g
Premier League: Tottenham Hotspur – FC Chelsea 4:4 19. März 2008 – 20.00 Uhr, White Hart Lane Eigentlich hatte ich am 19. März meinen
Beitrag für diese Kategorie längst geschrieben,
doch aufgrund des grandiosen Nachholspiels
an der White Hart Lane, entschied ich mich,
diesen Artikel noch einmal zu verfassen.
Während es für die Spurs rund zehn Spieltage
vor Saisonende um nichts mehr ging, für den
UEFA Cup waren sie durch einen Sieg
(außgerechnet gegen die Blues) im Carling
Cup Finale schon qualifiziert, musste der FC
Chelsea im Norden Londons unbedingt
gewinnen,
um mit dem Tabellenzweite
Arsenal gleichzuziehen. Es entwickelte sich ein
rassiges,
intensives,
zweikampfbetontes,
spannendes
und
hochdramatisches
Fußballspiel, in dem die Spurs nach einem 1:3
Rückstand und einem 3:4 Rückstand noch
einmal spektakulär zurückkamen. Nach dem
„Wundertor“ von Robbie Keane in der 88.
Minute hatte Berbatov in der letzten Minute der
Nachspielzeit sogar noch einmal die Chance,
das 5:4 für Tottenham zu erzielen, doch er
scheiterte an Chelseas Ersatztorhüter Cudicini.
Letztendlich war es für mich das beste Premier
League Spiel, das ich live gesehen habe. Vor
allem durch die unglaubliche Moral der Spurs.
Miro_Born
Ausgabe 02/2008 Der Spielmacher, 1. April 2008 28 Internes Bundesliga: VfB Stuttgart – Werder Bremen 6:3 8. März 2008 – 15.30 Uhr, Gottlieb‐Dailmler Stadion 9 Tore, 1 rote Karte, Bremen verliert - was will
man mehr? Beide Teams stellten eindrucksvoll
unter Beweis, dass sie über fantastische
Offensivspieler verfügen und speziell Stuttgart
versprühte kurz wieder den Glanz der
Meisterschaftssaison. Selten wird man 90
Minuten so gut unterhalten wie bei diesem
Fußballspiel!
Marco Reinberg
Ligue 1: Racing Strasbourg – FC Metz 2:3 08. März 2008 ‐ 20.00 Uhr, Stade de la Meinau Dass ich dieses Spiel zu dem des Quartals
auswählen würde, hätte ich nach der ersten
Halbzeit sicher nicht gedacht. Es lief im
Grunde wie immer in dieser Saison: Die
Lothringer halten im Grunde für ihre
Verhältnisse gut mit, um sich dann jedoch
leichtfertig ein Gegentor einzuhandeln. Doch
anders als sonst gelang es ihnen das Spiel
nach der Pause mit einer Leidenschaft und
Engagement, das man bisher nur in
Pokalspielen gesehen hatte, zu übernehmen
und so sogar in Führung zu gehen. Doch damit
nicht genug, denn das Spiel sollte sich noch
mehrfach überschlagen. Fünf Minuten vor
Schluss sah der leidgeprüfte Anhänger alle
Felle davon schwimmen, als ein zweifelhafter
Elfmeter sicher zum Ausgleich verwandelt wird
und Metz in Folge einer Gelb-Roten Karte in
Unterzahl
erneut
einer
Tragödie
entgegensieht. Doch wenigstens dieses eine
Mal war der Fußballgott ein Grenat, als er
ihnen für ihren Einsatz in der Schlussminute
ebenfalls einen Strafstoß überlässt, der zum
endgültigen Siegtreffer führt. Einem der
wenigen in dieser Saison - hätten sie doch nur
öfter
so
gespielt
wie
in
diesem
Herzschlagfinale, das die ganze Bandbreite an
Stimmungen_bereithielt.
Moritz_Pfefferkorn
Bundesliga: Hamburger SV – Eintrachtfrankfurt 4:1 2. März 2008 – 17.00 Uhr, HSH Nordbank Arena Seit Jahren schwillt mein Sympathiebonus für
den Hamburger SV, mittlerweile beobachte ich
den Bundesliga-Dino von der Elbe so intensiv,
dass ich mich in gewissem Maße schon als
Fan bezeichnen möchte. So war es an der
Zeit, doch einmal dem fernen Ort einen
Besuch abzustatten. Wie sich jetzt herausstellt,
haben wir dabei das beste Rückrundenspiel
der Hamburger erwischt. An diesem Tag
passte einfach alles: Die Atmosphäre, obwohl
der Volkspark nicht ganz ausverkauft war, die
Spielweise – Hamburg kontrollierte vom Anpfiff
an die Partie – und natürlich das Ergebnis.
Alles weitere zu diesem Spiel stellt Moritz ja in
einem
gesonderten
Artikel
in
dieser
Spielmacher-Ausgabe dar, aber dieser Tag
stachelt dazu an, einen Besuch in der dazu
noch äußerst sehenswerten Hansestadt zu
wiederholen.
Max Schoob
Ausgabe 02/2008 Der Spielmacher, 1. April 2008 29 Impressum Impressum
Herausgeber: Kooperation von vier Blogs,
die sich unter anderem mit der Welt des
Sports befassen
Wichtige Termine in den nächsten Wochen: 1. und 2. April Champions League Viertelfinale (Hinspiele) Chefredakteur: Moritz Pfefferkorn
12./13. April Werder Bremen – Schalke 04 (Bundesliga) Redakteure: Marco Reinberg, Miro Born,
Felix Flemming, Max Schoob
19. April DFB Pokal Finale in Berlin Layout: Miro Born
22. und 23. April Champions League Halbfinale (Hinspiele) Korrektur: Felix Flemming
26. April Bayern München – VfB Stuttgart (Bundesliga) Besonders bedanken möchten wir uns bei
Dennis Grebe, der uns bei den Arbeiten
am Titelbild unterstützte.
8. und 9. April Champions League Viertelfinale (Rückspiele) 29. und 30. April Champions League Halbfinale (Rückspiele) Dieses Blogmagazin stellt keine Zeitung
im Sinne des deutschen Presserechts
dar, sondern ein Magazin, das in
regelmäßigem Abstand Texte von uns
veröffentlicht, in denen wir uns mit
Themen des Sports beschäftigen, die wir
für interessant halten. Die Texte geben
ausschließlich die Meinungen der
jeweiligen Autoren wieder.
11. Mai 38. Spieltag in der Premier League 14. Mai UEFA Cup Finale in Manchester 17. Mai 34. Spieltag in der Bundesliga 18. Mai 38. Spieltag in der Primera División 18. Mai 38. Spieltag in der Serie A Verantwortlich für den Text sind ihre
Urheber, die bei allen Texten genannt
werden.
21. Mai Champions League Finale in Moskau 27. Mai Deutschland – Weißrussland (Länderspiel) Bildnachweis: info.premiere.de (Seite 3
und 5). Die restlichen Bilder und Grafiken
wurden ausschließlich von den Autoren
erstellt.
31. Mai Deutschland – Serbien (Länderspiel) 7. Juni – 29. Juni Europameisterschaft 2008 in Österreich und der Schweiz Kontakt: der-spielmacher@gmx.de
Die genauen Kontaktdaten der
Redakteure finden Sie auf den jeweiligen
Blogs.
Redaktionsschluss war der 22. März
2008.
Die nächste Ausgabe des Spielmachers erscheint bereits am 1. Juni 2008
Abenteuer‐Fussball der‐kommentator
medien‐sport‐politk Ausgabe 02/2008 Passivsportler