Erstveröffentlichung im - Praxis für Endodontie und Zahnerhaltung

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Erstveröffentlichung im - Praxis für Endodontie und Zahnerhaltung
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Wie würden Sie entscheiden?
Auflösung des Falls von Seite 25
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


Wie lauten die Diagnosen?
Welche Therapieoptionen kommen in Betracht?
Für welche Option würden Sie sich entscheiden?
Welche Risiken und Probleme sind dabei zu berücksichtigen?
„„ Diagnosen
Auf Grundlage der erhobenen Befunde wurden folgende Diagnosen gestellt:
 Zustand nach orthogradem Behandlungsversuch
und Wurzelspitzeresektion ohne retrograden
Verschluss des Wurzelkanals.
 Symptomatische Parodontitis apicalis.
„„ Therapieoptionen
„„ Entfernung des Zahns und Anfertigung
einer Brücke
Der Vorteil dieser Lösungsmöglichkeit wäre die rasche
Beseitigung des ursächlichen Problems und die Vermeidung eines Rezidivs. Als Nachteile stehen die relativ hohen Kosten sowie die Notwendigkeit des Beschleifens
der nahezu gesunden Nachbarzähne gegenüber.
„„ Extraktion des Zahns und
Implantatversorgung regio 36
Auch bei dieser Therapievariante wären die Beschwerden schnell und sicher beseitigt, jedoch muss
unter Umständen eine längere Zeit bis zur kompletten Heilung des Knochens verstreichen. Anschließend kann möglicherweise eine Augmentation des
Implantatbetts erforderlich werden. Ein solch hoher
chirurgischer Aufwand birgt auch Gefahren in sich.
Die häufigste Komplikation stellen Wundheilungsstörungen dar1. Da der Patient an einem Diabetes
Typ I leidet, stellt dies einen Risikofaktor für Periimplantitis dar2. Nach klinisch und röntgenologisch
erfolgreicher Einheilung können bei Patienten mit
Diabetes mellitus im Vergleich zu Gesunden auch
im späteren Verlauf noch vermehrt Komplikationen
auftreten. Dennoch kann nach heutigem Kenntnisstand von einer durchschnittlichen Überlebensrate
der Implantate bei Diabetes mellitus Typ I von knapp
86 % nach 6,5 Jahren ausgegangen werden3.
Ralf Günther
Dr. med. dent.
Böblinger Strasse 8/1
71088 Holzgerlingen
E-Mail:
dr.rguenther@gmx.de
„„ Erneute Wurzelspitzenresektion
Eine weitere Therapiemöglichkeit wäre die erneute
Wurzelspitzenresektion mit retrograder Wurzelkanalfüllung. Die Erfolgsquote einer zweiten Wurzelspitzensektion nach Misserfolg eines ersten chirurgischen Eingriffs wird mit einer deutlich geringeren
Erfolgsquote beschrieben4. Der Zahnfilm in Abbildung 1 zeigt eine inhomogene und nicht randständige Wurzelkanalfüllung. Aller Wahrscheinlichkeit
nach war aufgrund des geringen präparierten Konus innerhalb des Wurzelkanals eine ausreichende
Spülung bis zum Apex nicht möglich. Die häufigste
Ursache für Misserfolge nach einer endodontischen
Primärbehandlung sind im Wurzelkanalsystem verbliebene Bakterien5. Ohne vorherige gründliche
Desinfektion des Wurzelkanalsystems wäre daher
eine erneute Resektion der Wurzelspitzen nicht
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Manuskript
Eingang: 20.11.2010
Annahme: 04.01.2011
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Abb. 1 Zustand vier Monate nach alio loco
durchgeführter Wurzelspitzenresektion an
Zahn 36.
Abb. 2 Zustand nach Revision der Wurzel­
kanalbehandlung und Wurzelkanalfüllung mit
Guttapercha, AH Plus und apikalem MTA-Plug.
sinnvoll oder Erfolg versprechend. Das Einbringen
eines alleinigen retrograden Verschlusses würde den
Austritt von Bakterien oder deren Endotoxine nicht
zuverlässig verhindern können, da die Dichtigkeit
retrograder Füllungen unter diesen Umständen nicht
optimal sein kann6.
„„ Orthograde Revision
Während der orthograden Revision bestünde die
Möglichkeit, nach Entfernung der vorhandenen
Wurzelkanalfüllung eine chemomechanische Präparation des gesamten Wurzelkanalsystems vorzunehmen. Sollte anschließend der dichte Verschluss
des „Neoapex“ durch MTA (Mineral Trioxide Aggregate) gelingen, so ist eine Heilung der periapikalen Gewebe möglich7. Mehrere Studien belegen
die Fähigkeit von MTA, die Regeneration von Fibroblasten des Parodontalligaments und die Apposition
Zementoblasten ähnlicher Zellen zu fördern sowie
eine Knochenneubildung zu induzieren8.
Mit dieser Behandlung könnten zudem bisher
unentdeckte Wurzelkanäle aufgefunden und gereinigt werden. Aufgrund der guten Übersichtlichkeit
der verkürzten Wurzelkanäle kann von einer problemlosen Applikation des apikalen MTA-Verschlusses
ausgegangen werden.
Als nachteilig muss die bis heute ungewisse Prognose gesehen werden. Da diese Therapiemethode
erst durch Einführung des Dentalmikroskops möglich
wurde, liegen zum heutigen Zeitpunkt lediglich Fallpräsentationen jedoch noch keinerlei Studien vor9.
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Abb. 3 Deutliche Größenzunahme der Aufhellung mesial und Rückgang an der distalen
Wurzelspitze.
„„ Therapieentscheidung
Der Patient wurde über alle genannten Therapiemöglichkeiten ausführlich aufgeklärt. Er äußerte dabei bereits den Einwand, dass er keinerlei weitere
Wurzelspitzenresektion wünsche, für ihn stünde
aber der Zahnerhalt an oberster Stelle!
Die Entscheidung fiel unter diesen Umständen
zugunsten einer orthograden Revision und des Versuchs, einen apikalen Verschluss der Wurzelkanäle mit
MTA zu bewerkstelligen. Als mögliche Komplikationen wurden das Überpressen von Wurzelkanalfüll­
material, der Spüllösungen und des MTA über den
Neoapex hinaus aufgeklärt. In diesen Fällen wäre
wiederum eine chirurgische Intervention notwendig.
„„ Therapie
Nach Isolierung des Zahns mit Kofferdam wurde unter Lokalanästhesie die vorhandene Teilkrone entfernt und das koronale Leakage durch einen adhäsiven Kompositaufbau beseitigt.
Die vorhandene Wurzelkanalfüllung konnte
durch Einsatz von Handinstrumenten, Gates Bohrern
und Ultraschall aus allen drei Wurzelkanälen entfernt werden. Das Wurzelkanalsystem wurde chemomechanisch präpariert und für eine Woche mit
Kalziumhydroxid versorgt. Als Wurzelkanalfüllungsmaterialien wurden anschließend MTA (ProRoot,
Dentsply DeTrey, Konstanz), Guttapercha und AH
Plus (Dentsply DeTrey, Konstanz) verwendet. Der
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Abb. 5 Entferntes Granulationsgewebe mit
enthaltenen Resten der Wurzelfüllung.
okklusale Verschluss erfolgte durch lichthärtendes
Komposit (Abb. 2).
Ein Jahr später meldete sich der Patient erneut
mit Beschwerden und einer deutlich sichtbaren Fistel sowie einer erneuten Schwellung im Bereich der
mesialen Wurzelspitze. Der daraufhin angefertigte
Zahnfilm zeigte eine deutliche Größenzunahme der
apikalen Läsion an der mesialen Wurzelspitze, während die Aufhellung an der distalen Wurzelspitze
verschwunden zu sein scheint (Abb. 3).
Der Patient wurde daher erneut über die Notwendigkeit der Wurzelspitzenresektion oder der Entfernung des Zahns mit anschließender Implantation
aufgeklärt. Er lehnte jedoch zum wiederholten Mal
sowohl die Wurzelspitzenresektion als auch die Extraktion ab.
Hierzu muss bemerkt werden, dass die Selbstbestimmung von Patienten ein Grundrecht darstellt
und im Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland verankert ist. Im Sinne dieser Selbstbestimmung
sind Behandlungsmaßnahmen nur zulässig, wenn
der Patient diesen zustimmt. Eine Behandlung gegen
den Willen des Patienten ist rechtswidrig und kann
als strafbare Körperverletzung gemäß Strafgesetzbuch gewertet werden. Dem Aufklärungsgespräch
kommt daher eine ganz besondere Bedeutung zu.
Nach ausführlicher, dokumentierter Aufklärung
fiel die Entscheidung für eine intentionelle Replantation des Zahns. Nach der Extraktion sollte die Wurzelspitze extraoral inspiziert und eine befundgemäße
Therapie (beispielsweise Nachpräparation, retrograder Verschluss) durchgeführt werden. Dabei sollte
dem Wunsch des Patienten nach Erhalt des Zahns
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Abb. 4 Extrahierter Zahn 36 mit Granulationsgewebe an der mesialen Wurzel.
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Abb. 6 Retrograde Präparation des Zahns 36;
der Isthmus zwischen den beiden mesialen
Wurzelkanälen ist gut zu erkennen.
nachgekommen werden, im Falle des Misserfolgs
könnte immer noch die Extraktion vorgenommen
werden.
13 Monate nach der orthograden Revision erfolgte daher unter Lokalanästhesie die vorsichtige
Extraktion des Zahns (Abb. 4). Das an der mesialen
Wurzel anhängende Granulationsgewebe wurde
sorgfältig entfernt (Abb. 5). Der Zahn wurde weiterhin in der Extraktionszange fixiert und der Resektionsquerschnitt mit rotierenden Präparationsdiamanten von retrograd unter optimaler Sicht unter
Zuhilfenahme eines Dentalmikroskops (Pro Ergo,
Zeiss, Oberkochen) angefrischt. Um das parodontale
Gewebe vital zu erhalten, wurde der Zahn ständig mit
physiologischer Kochsalzlösung feucht gehalten. Die
Präparation der circa 3 mm tiefen retrograden Kavitäten erfolgte mit diamantierten Ultraschallansätzen (Abb. 6). Anschließend wurden die retrograden
Kavitäten durch MTA verschlossen, der Zahn ohne
weitere Maßnahmen in die vorige Extraktionsalveole
retransplantiert und ein postoperatives Röntgenbild
angefertigt (Abb. 7 und 8). Der Zahn wurde nicht
geschient, lediglich für eine Minute über den Kaudruck einer Watterolle in die Alveole gedrückt. Die
postoperative Medikation bestand aus Clindamycin
300 für sieben Tage, Chlorhexidin (CHX) 0,2 % und
Ibuprofen 600.
Einen Tag später zeigte sich vestibulär eine
leichte Schwellung bei nur leichten Beschwerden.
Sechs Wochen nach der Replantation war der Patient vollkommen beschwerdefrei, die Heilung schien
wahrscheinlich und der Lockerungsgrad des Zahns
reduzierte sich merklich (Abb. 9).
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Abb. 7 Zustand nach retrogradem Verschluss
des Zahns 36, auch der Isthmus ist mit MTA
verschlossen.
Abb. 8 Postoperative Röntgenkontrolle nach
intentioneller Replantation.
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Abb. 9 Zustand des Zahns 36 sechs Wochen
post OP.
Abb. 10 Starke Resorptionen an der mesialen
Wurzel des Zahns 36.
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b
Abb. 11 a und b Zustand nach Begradigung der Resektionsfläche und Abtrag der Resorptionslakunen.
Vier Monate nach dem Eingriff erschien der
Patient zu einer Routineuntersuchung in der Praxis.
Dabei zeigte sich vestibulär des Zahns 36 eine
erneute Schwellung mit angrenzender Fistel. Bei
Palpation entleerte sich Pus.
Der Patient wurde deshalb zum wiederholten
Male über die Erforderlichkeit der Zahnentfernung
aufgeklärt. Nach wie vor war er allerdings nicht von
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Abb. 12 Zustand nach vertiefter retrograder
Präparation und Spülung mit 5 % NaOCl.
der Notwendigkeit der vorgeschlagen Therapie zu
überzeugen. Dies nahm der Autor zum Anlass, die
vorherige intentionelle Replantation noch einmal genau zu überdenken und dabei eventuell vorhandene
Fehlerquellen zu identifizieren und auszuschalten.
Die überarbeitete OP-Planung für eine wiederholte intentionelle Replantation mit extraoraler Bearbeitung der Apikalregion sah daher Folgendes vor:
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Abb. 13 Retrograder Verschluss mit MTA.
Abb. 14 Reimplantation des Zahns 36 nach
Entfernung des Blutkoagulums.
Abb. 15 Röntgenkontrolle nach Replantation.
Abb. 16 Recall vier Wochen post OP.
Abb. 17 Recall 15 Monate nach der zweiten OP.
Abb. 18 Recall 27 Monate nach intentioneller
Replantation. Das Röntgenbild zeigt eine fast
vollständige Reossifikation der periradikulären
Läsionen.
 Starke Exkochleation des Alveolenbodens nach
der Extraktion.
 Entfernung des Blutkoagulums vor der Reimplantation.
 Spülung der retrograden Kavität mit 5 % NaOCl.
 Deutlich tiefere Präparation des Isthmus mesial
von mindestens 4 mm.
Fünf Monate nach der ersten OP erfolgte unter Lokalanästhesie die erneute Entfernung des
Zahns 36, wobei die starken Resorptionen mesial
sofort ins Auge fielen (Abb. 10). Die Oberflächen
wurden erneut begradigt und die retrograde Kavität
unter ständiger Spülung mit 5 % NaOCl tief in den
mesialen Isthmus hineinpräpariert (Abb. 11). Es
wurde darauf geachtet, das NaOCl möglichst nicht in
Kontakt mit dem parodontalen Gewebe zu bringen
(Abb. 12). Nach erneuter retrograder Wurzel­füllung
mittels MTA wurde das in der Extraktionsalveole
befindliche Blutkoagulum gründlich abgesaugt, der
Zahn replantiert und eine postoperative Röntgen-
aufnahme angefertigt (Abb. 13 bis 15). Auf eine
Schienung des Zahns wurde aufgrund der sehr guten
Passung des Wurzelstocks innerhalb der Alveole
verzichtet.
„„ Recall
Während der folgenden postoperativen Kontrollen
berichtete der Patient über deutlich weniger Beschwerden als nach der ersten Operation. Es war
keinerlei Schwellung zu erkennen, nach vier Wochen war ein erhöhter Lockerungsgrad kaum noch
zu bemerken und die weitere Heilung verlief vollkommen komplikationsfrei (Abb. 16 und 17). Nach
zwei Jahren und drei Monaten erscheint der Zahn
röntgenologisch und klinisch vollkommen unauf­
fällig (Abb. 18).
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In Anbetracht des Beobachtungszeitraums von deutlich mehr als zwei Jahren ist sicherlich eine abschließende Beurteilung der Behandlung möglich. Die
vollständige Beschwerdefreiheit sowie die röntgenologisch nachweisbare Reossifikation sind als Erfolg
zu bewerten.
Allgemeinanamnestisch leidet der Patient an Diabetes mellitus. Für die Bundesrepublik Deutschland
wird hierfür eine Inzidenz von 4 bis 5 % angegeben10. Dabei wird zwischen dem jugendlichen und
insulinabhängigen Typ-I-Diabetes (3 bis 5 % aller
Fälle) und dem insulinunabhängigen Typ-II-Diabetes
(95 % aller Fälle) unterschieden. In beiden Fällen
handelt es sich um eine schwerwiegende Stoffwechselerkrankung, welche sich durch Störungen des
Protein-, Karbonat- und des Lipidmetabolismus auszeichnet. Das Auftreten von Karies und Parodontopathien ist deutlich erhöht11. Speziell bei Diabetikern
vom Typ I wurde eine deutlich erhöhte Prävalenz
periradikulärer Läsionen nachgewiesen, vor allem bei
längerer Dauer der Erkrankung12. Die Gabe einer
routinemäßigen Antibiose nach chirurgischen Eingriffen wird dagegen unterschiedlich diskutiert13,14.
Nach Georgi und Hülsmann sollte der Patient bei endodontischen Maßnahmen immer auf die reduzierte
Erfolgsaussicht hingewiesen werden9. Eine generelle
Kontraindikation für endodontische Eingriffe besteht
dabei jedoch nicht.
Dennoch stellt sich bei kritischer Betrachtung die
Frage, weshalb im vorliegenden Fall die orthograde
Revision als Therapie der Wahl fehlgeschlagen war.
Generell liegen die Erfolgsraten bei Revisionen
deutlich unter denen einer Erstbehandlung. Es ist
dennoch möglich, durch eine Revision die Qualität
der Wurzelkanalbehandlung zu verbessern15,16. Die
Erfolgsraten nach Revisionen mit apikalen Läsionen
werden in verschiedenen Studien zwischen 36 und
77 % angegeben17,18,19. Bei genaueren Untersuchun­
gen konnte festgestellt werden, dass große apikale
Läsionen in 48 % der Fälle innerhalb von zwei Jahren
vollständig ausheilen. Eine deutliche Verkleinerung
der Läsionen fand man in 30 % der Fälle. In 16 %
der Fälle blieben die apikalen Läsionen völlig unverändert. Eine Vergrößerung der Läsionen konnte in
lediglich 6 % aller Fälle beobachtet werden15. Im
hier dargestellten Fall kann vermutet werden, dass
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„„ Diskussion
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eine wichtige Ursache des Misserfolgs innerhalb
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mesialen Wurzelkanalsystems zu suchen ist.
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licher mesialer Kanal gefunden (sogenannter middlemesial), präpariert oder gar gefüllt. Dagegen konnte
während der chirurgischen Phase ein sehr tiefer
mesialer Isthmus entdeckt werden. Aufgrund der
Tatsache, dass die häufigste Ursache für einen end­
odontischen Misserfolg verbliebene Bakterien im
Kanalsystem darstellen, muss von einer unzureichenden Desinfektion in diesem Areal ausgegangen
werden5.
Da der Patient von der Notwendigkeit der Extraktion nicht zu überzeugen war, wurde als Mittel
der Wahl die intentionelle Replantation gewählt.
Dabei beschreibt der Begriff „Replantation“ das Rück­
pflanzen eines zuvor entfernten Zahns in dessen
Extraktionsalveole. Der Begriff „intentionell“ steht
für eine gezielte und vorher geplante Behandlungsmaßnahme. Der Aufwand der intraoralen Behandlung sollte aufgrund der ablehnenden Haltung des
Patienten einerseits und des Diabetes andererseits
auf ein Minimum reduziert werden.
Kontraindikationen wie eine ausgeprägte Parodontitis marginalis mit erheblicher Zahnlockerung,
mangelnde Mundhygiene, ungenügende Kooperation oder eine vorhersehbare Fraktur des Zahns bei
der Entfernung lagen nicht vor. Nach schonender
Extraktion des Zahns wurde das Desmodont kontinuierlich mit isotoner Kochsalzlösung benetzt. Bei
längerer Verweildauer außerhalb des Munds wird
das Einlegen in spezielle Zellnährlösungen zur Er­
holung der Desmodontalzellen empfohlen20. Auch
vor der Replantation soll das Replantat intensiv mit
physiologischer NaCl-Lösung gespült und für 20 bis
30 Minuten in Zellnährmedium gelagert werden.
Das fünfminütige Einlegen in Tetrazyklinlösungen
oder die Gabe von Doxycyclin (50 bis 100 mg pro
Tag) können die parodontale Heilung unterstützen
und Resorptionen vorbeugen21. Da während des
gesamten Eingriffs peinlich genau auf Sterilität
geachtet wurde und die Verweildauer des Zahns
außerhalb des Munds nur circa 10 bis 15 Minuten
in Anspruch nahm, wurde auf diese Maßnahmen
verzichtet. Die Gabe von Clindamycin sollte den Anspruch einer Kurzzeitprophylaxe erfüllen.
Trotz momentan erfolgreicher Therapie stellt sich
die Frage nach der Prognose einer solchen Behand-
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ungefähr sieben Jahren angegeben23,24,25.
Trotz einer erfolgreich abgeschlossenen Behandlung und einer nunmehr relativ guten Prognose
soll an dieser Stelle noch einmal ausdrücklich festgehalten werden, dass eine intentionelle Replantation ausdrücklich keine Alternative zur orthograden
Revision oder Wurzelspitzenresektion darstellt! Die
geschilderte Therapie sollte als primär vom Patienten
gewünschte Maßnahme im geschilderten Einzelfall
betrachtet werden, die nicht generalisiert und umstandslos auf weitere Fälle übertragbar ist.
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„„ Literatur
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lungsmaßnahme. Generell erhöht sich die Gefahr
von desmodontalen Schäden mit der Anzahl der
Wurzeln. Als Folge dieser Schädigungen muss während des Einheilungsprozesses mit einer erhöhten
Gefahr von Resorptionen gerechnet werden22. Die
Art der Resorptionen hängt dabei von der Art der
Schädigung ab. Kleine Oberflächenresorptionen, sogenannte transiente externe Resorptionen, bleiben
meist völlig ohne Folgen und werden mit Zement
ausgekleidet. Bei großflächigeren Nekrosen des
parodontalen Ligaments hingegen sind Ersatzresorptionen und damit zum Beispiel Ankylosen die Folge.
Sollten jedoch Areale mit nekrotischem Wurzel­
zement und infiziertem Endodont vorliegen, so werden
progrediente externe Resorptionen die Folge sein.
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Eine Zerstörung des Zahns innerhalb von wenigen Pub
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Monaten ist dabei keine Seltenheit.
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Die durchschnittliche Funktionsdauer von Mola-tes
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ren wird jedoch in den meisten Untersuchungen mit
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