beaufort_julesvernes_d

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beaufort_julesvernes_d
Jacques Vapillon/BPCE
Beaufort
Die Jules Verne Trophy – eine
Angelegenheit der Peyrons
Vier der acht schnellsten Weltumsegelungen gehen auf das Konto der Brüder Peyron. Die zwei
haben sich der Geschwindigkeit verschrieben. Doch nicht nur sie, auch das Waadtländer Brüderpaar
Ravussin segelt am liebsten schnell. Bei den beiden letzten Rekordfahrten segelten die zwei jeweils
als Wachführer mit den Peyrons.
Text : Walter
Rüegsegger
fotos : BPCE
45 Tage, 13 Stunden, 42 Minuten und
53 Sekunden, fast drei Tage schneller als
die alte Bestmarke – das ist seit Anfang
dieses Jahres die neue Rekordzeit für die
Welt­umrundung mit einem Segelboot. Eine
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fantastische Zeit, aufgestellt von Loïck
Peyron, einem der besten Offshore-Segler
der Welt. Mit Banque Populaire V, dem
grössten Trimaran der Welt und einer
­eingespielten 13-köpfigen Crew gelang
ihm der Husarenritt über die Weltmeere.
Doch schon wird von einer Verbesserung
dieser Limite gesprochen, davon, dass die
Schallmauer von 40 Tagen in absehbarer
Zeit durchbrochen werden könnte.
Die Jules Verne Trophy hat also einen neuen
Besitzer: Loïck Peyron. Der Name Peyron ist
mit diesem Pokal eng verbunden. Denn die
Hälfte von acht erfolgreichen Versuchen
(siehe Kasten) gelang den Peyrons. Loïcks
Bruder Bruno schrieb sich drei Mal als Rekordmarina.ch februar 12
halter ein. Und die beiden Brüder waren auch
dabei, als sich vor knapp zwanzig Jahren, am
13. August 1990, die damals weltbesten Offshore-Segler zu einer Sitzung trafen, um diese
Trophy zu begründen. Robin Knox Johnston
war dabei, Florence Arthaud, die bekannte
französische Seglerin, und die neuseeländische
Segler-Legende Peter Blake. «Les Accords de
la Jatte» wurden die Abmachungen benannt,
auf die sich die Segler verständigten. Denn so
heisst der Quai in Neuilly-sur-Seine, an dem
das Hausboot befestigt war, auf dem sich die
Segler getroffen hatten. Die Jules Verne
­Trophy sollte demjenigen gehören, der die
Welt am schnellsten umsegelt, auf einem Boot
ohne Limiten. Und auch punkto Routenwahl
sind die Auflagen rudimentär: Es müssten
­lediglich die drei berühmten Kaps (Kap der
Guten Hoffnung, Kap Leeuwin und Kap
Hoorn) passiert werden. Den Namen Jules
Verne wählten die Segler in Anlehnung an das
weltbekannte Buch des französischen Autors
februar 12 marina.ch
von «In 80 Tagen um die Welt». Vor zwanzig
Jahren galt die Zeit von 80 Tagen als realistischer Wert für ein solches Segelvorhaben. Acht geglückten Rekorden stehen 16 gescheiterte Versuche gegenüber. Selbst der dreifache
Trophy-Gewinner Bruno Peyron musste drei
Mal abbrechen. Olivier de Kersauson, TrophyHalter 1997, scheiterte nicht weniger als sieben
Mal. Und 2003 zwang ein Mastbruch die berühmte Ellen MacArthur zur Aufgabe – es
sollte ihr einziger Versuch bleiben. Wer in
­Rekordzeit durchkommt, kann mit Recht auf
Ein Tri der Superlative
wr. VLP – diese drei Buchstaben stehen für den erfolgreichsten Architekten der
G-Klasse, der «Giant» oder «Géant» genannten Super-Maxi-Yachten, die jeweils
bei den Rekordfahrten zum Einsatz kommen. Vincent Lauriot-Prévost hat mit
Groupama 3 und Banque Populair V die beiden letzten Rekordhalter gezeichnet.
Während Groupama 3, der Tri von Franck Cammas, 30 Meter lang ist, weist
Banque Populaire V eine Länge von über 40 Metern auf. Dafür ist der neue
­Rekordhalter mit knapp 25 Tonnen fast sieben Tonnen schwerer als sein
­Vorgänger. Laut Architekt ist der grössere Tri bei Winden unter 15 Knoten
zwar langsamer als das Boot von Cammas, dafür aber besser geeignet, um in
schwerer See zu segeln und kann deshalb weiter in den Süden vorstossen.
Zudem sei die Crew auf Banque Populair V besser geschützt. Die Kosten des
Rekordschiffes dürften bei mindestens zwölf Millionen Euro liegen.
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FrauSicht
Beaufort
Champagner und Seebärenbrunz
Benoit Stichelbaut/BPCE
Die intensive Zeit des Champagner Trinkens ist vorbei, die Flûtes
stehen längst wieder sauber im Schrank, die leeren Flaschen sind
in den Glascontainern verschwunden. Hoffentlich konnten Sie die
Fest- und Feiertage gebührend geniessen und sind gut ins 2012
gestartet. Ich wünsche es Ihnen von Herzen… Nicht nur, weil 2012
angeblich unser letztes Jahr auf dieser Welt sein wird – am
21. Dezember endet ja bekanntlich nach dem Langzeitkalender
der Maya die aktuelle menschliche Zivilisation. Sondern weil auch
im neuen Jahr wieder Gefahren durch nicht beachtete Seemansregeln lauern. Kürzlich leider durch eine verheerende Katastrophe
bewiesen und anschliessend schwarz auf weiss bestätigt: «In den
italienischen Medien wird die ‹Costa Concordia› als Schiff
Thierry Martinez/BPCE
­beschrieben, das unter einem schlechten Stern stehe. Bei ihrer
Taufe im Hafen von Genua 2005 blieb die
Champagnerflasche heil, die gegen die Schiffsflanke geschleudert wurde» (aus meiner
­Papier-Lektüre «NZZ am Sonntag»).
Mit all den seemännischen Dos und Don’ts
ist das Sich-Bewegen auf dem nautischen
Parkett wirklich äusserst anspruchsvoll. Aber
ein getauftes Schiff ohne zerborstene
­Champagnerflasche… undenkbar. Ebenso
Die Crew, die Geschichte
undenkbar, dass bei uns ein Törn ohne einen
schrieb (oben). Mit dabei:
Schluck Rum beginnen würde – natürlich
Loïck Peyron (rechts) und Yvan
kriegt auch Neptun einen ab, um uns freund-
Ravussin (rechte Seite).
schaftlich und versöhnlich gesinnt zu sein.
Und selbstverständlich pfeifen wir niemals
eine grosse seglerische Leistung zurückblicken
– so wie Stève und Yvan Ravussin. Die Brüder
waren Wachoffiziere auf den beiden letzten
erfolgreichen Rekordfahrten: Stève unter
­Skipper Franck Cammas auf Groupama 3,
Yvan auf Banque Populaire V. Die beiden
Waadtländer lernten auf dem Lac Léman das
Segeln von ihrem Papa. Seither sind sie fast
ausschliesslich auf Mehrrumpf-Booten unterwegs. Während Yvan der Perfektionist ist und
Bisher acht Rekordhalter
wr. Bruno Peyron, der ältere Bruder des neuen Rekordhalters, war der erste
Inhaber der Jules Verne Trophy. Drei der bisher erfolgreichen Rekordfahrten
gehen auf sein Konto.
1993: Bruno Peyron (FRA), 79 Tage 6 Std. 15 Min. / Katamaran, Crew: 5
1994: Peter Blake (NZL), 74 Tage 22 Std. 17 Min. / Katamaran, Crew: 8
1997: Olivier de Kersauson (FRA) 71 Tage 14 Std. 22 Min. / Trimaran, Crew: 7
2002: Bruno Peyron (FRA) 64 Tage 8 Std. 37 Min. / Katamaran, Crew: 13
2004: Olivier de Kersauson (FRA) 63 Tage 13 Std. 59 Min. / Trimaran Crew: 11
2005: Bruno Peyron (FRA) 50 Tage 16 Std. 20 Min. / Katamaran, Crew: 14
(Mitglied der Crew war der Schweizer Bernard Stamm)
2010: Franck Cammas (FRA) 48 Tage 7 Std. 44 Min. / Trimaran, Crew: 10
(Mitglied der Crew war der Schweizer Stève Ravussin)
2012: Loïck Peyron (FRA) 45 Tage, 13 Std. 42 Min. / Trimaran, Crew: 14
(Mitglied der Crew war der Schweizer Ivan Ravussin)
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sich eher zurückhaltend gibt, geht dem jüngeren Stève nicht selten das Temperament durch.
Er ist einer, der gerne Klartext spricht. Doch
beide lieben die Elemente, und beide gelten als
ausgezeichnete, sehr konzentrierte, fokussierte
Segler und exzellente Steuermänner. Kein
Wunder, sind die zwei gesuchte Equipiers.
Die Jules Verne Trophy bleibt also in der
­Familie Ravussin. Das gilt auch für die­
Peyrons. In den Rekordfahrten sind sie zwar
getrennte Wege gegangen, im 34. America’s
Cup aber machen sie gemeinsame Sache.
Mit dem Energy Team möchten sie 2013 in
San Francisco als Challenger antreten. Ihre
­Mehrrumpf-Qualitäten sind unbestritten. Die
schwierigsten Hürden, die sie nehmen müssen,
sind nicht seglerischer, sondern finanzieller
Natur. Das Budget für eine erfolgreiche
­Cup-Teilnahme des Teams Energy ist noch
nicht gesichert. Gemeinsame Sache machen
künftig auch die Ravussins: Beide sind in der
MOD-70-Rennserie engagiert. Nach ersten
Tests im vergangenen Jahr wird in diesem
Sommer eine European Tour gesegelt.
marina.ch februar 12
Caroline
Schüpbach-Brönimann
an Bord. Dies würde Äolus und seine Gehülfen verhöhnen. Doch
es gibt auch Grenzen. Nie nämlich würden wir bei Flaute mit
einem alten Nagel am Mast kratzen. Solche «Dinge» laufen bei
uns familiär unter «Seebärenbrunz»1: Auf der Kreuz einen Besen
in Richtung eines entgegensegelndes Schiffes werfen, um
­dessen achterliche Brise auf das eigene Schiff umzulenken.
Oder: Frauen an Bord bringen Unglück… Alles Seebärenbrunz!
Hingegen wissen wir nicht erst seit der schrecklichen Katastrophe am letzten Freitag dem 13., dass Sonntag ein guter Tag
ist, in See zu stechen, Freitag jedoch Mühe und Unglück bringt.
Also, starten Sie ihre Vorhaben in der uns verbleibenden Zeit
bis zum 21. Dezember immer sonntags, trinken Sie nur noch
Champagner, achten Sie darauf, dass im richtigen Moment die
Flasche zerschellt. Und: Lassen Sie sich nicht auf den Arm
­nehmen und glauben Sie nur noch das, was Sie wollen.
Caroline Schüpbach-Brönnimann, Dr. rer. oec., ist aktive
Seglerin und Motorbootfahrerin. Sie schreibt regelmässig in
«marina.ch», was die nautische Welt aus ihrer (fraulichen)
Sicht bewegt.
«Brunz» ist laut Otto von Greyerz (Berndeutsches Wörterbuch)
ein derber berndeutscher Ausdruck für «Harnstrahl». «Alls Brunz!»
pflegen Berner für «Alles Geschwätz!» zu verwenden.
1
Beaufort
Keine Limiten für
«no limits»?
Der neue Rekord wirft die alte Frage erneut auf: Wie schnell kann
ein Segelboot die Welt umrunden? Gibt es eine Grenze?
Geplante ­Innovationen machen es wahrscheinlich, dass die Zeit von
unter 40 Tagen in naher Zukunft geknackt werden könnte.
Text : Walter
Rüegsegger
Experten und Kommentatoren waren sich
einig: Loïck Peyrons Höllenritt rund um die
Erde war ein fantastischer Rekord, der nicht
zuletzt dank einer langjährigen und minu­
tiösen Vorbereitung zustande kam. Pascal
­Bidégorry war es, der das Projekt sieben Jahre
lang vorantrieb, bis er letzten April völlig
überraschend vom Sponsor entlassen wurde,
angeblich wegen «sportlicher Differenzen».
Immerhin blieb dem Basken die Genugtuung,
2009 mit Banque Populaire V den Atlantik­
rekord gebrochen zu haben. Loïck Peyron
übernahm die eingespielte Mannschaft,
­trainierte den ganzen Sommer lang und gewann nebenbei das Fastnet Rennen in neuer
Rekordzeit. Bei der Jules-Verne-Trophy-­
Rekordfahrt lag das Kunststück des charismatischen Franzosen darin, dass es ihm und
der 13-köpfigen Crew gelang, den Riesen-Tri
intelligent und mit der nötigen Dosierung
durch die Weltmeere zu steuern. Mit den
45 Tagen hat er zweifelsohne eine hohe Latte
gesetzt.
Doch die Jules Verne Trophy könnte spätestens in ein paar Jahren an einen neuen Be­
sitzer übergehen. Denn in den Bereichen
Meteo (Routenwahl) und im Bootsbau sind
Verbesserungen möglich. Davon ist beispiels80
weise Marcel van Triest überzeugt, der vom
Land aus Loïck Peyron als Routier assistierte.
Punkto Wetterprognosen habe man in den
letzten Jahren, so der Holländer, einige Rückschläge in Kauf nehmen müssen. Die grossen
Frachtschiffe etwa würden sich heute nicht
mehr die Mühe nehmen, ihre Beobachtungen
zum Zustand der Meere weiter zu geben.
Ausserdem sei der amerikanische Satellit, der
Anhand des Seegangs die Windstärke berechnet, seit zwei Jahren ausser Betrieb. Man
müsse nun auf die Daten eines europäischen
Satelliten ausweichen, der weniger effizient
sei. Mit einer höheren Auflösung wäre es
­zudem möglich, im Südpazifik die Eisberge
­besser zu erkennen. Er habe mit einer Karte
von 500 x 500 km arbeiten müssen, was eine
Auflösung von 100 Metern ergebe. Das sei
das Minimum, um Eisberge zu sehen. Man
könnte aber auch mit einem Bild von 5 x 5 km
arbeiten, also mit einer Auflösung von einem
Meter. Doch ein solches System belaste das
Budget mit drei bis vier Millionen Euro.
Eisberge im Südpazifik zwangen Peyron die
Fahrt zu verlangsamen. In ein, zwei Jahren
sehe das anders aus, meint van Triest, da die
vielen Eisberge, die noch vom grossen
­Abbruch im Jahr 2002 stammen, wegschmelzen. Das erlaube eine südlichere und
damit kürzere Route zu segeln, ein Zeitge-
winn sei die Folge. Wegen der verlangsamten
Fahrt verpasste Peyrons Crew zudem ein
Wettersystem, das eine schnellere Fahrt
­ermöglicht hätte. Und im Atlantik musste
Peyron das grosse Azorenhoch umfahren. In
der Summe sind also noch Margen für eine
bessere Zeit vorhanden.
Eine kürzere Route ist eine der Voraussetzungen
für einen neuen Rekord. Der zweite Schlüssel
zum Erfolg liegt laut Vincent Lauriot-Prévost
in der Konstruktion einer Yacht, die noch poly­
valenter ist als die Banque Populaire V. Eine
Yacht, die bessere Am-Wind-Fähigkeiten besitze und Seegang mit kurzen Wellen besser
bewältige. Das bedeute, sagt der ­Architekt des
Rekordbootes, dass man ­entweder die Segel,
den «Motor» eines Segelschiffes, verbessere
oder die bremsenden Faktoren verringere.
­Beides könnte sogar mit ­konventionellen Konzepten gelingen, etwa mit Yachten, die bereits
bestehen. Mit etwas ­Wetterglück wäre es
also durchaus möglich, dass die auch Banque
­Populaire V oder die Groupama 3 einen neuen
Rekord aufstellen könnten.
Einen völlig neuen Weg in Sachen Rekordfahrten schlägt das Projekt des Maxi-­
Hydroptère ein. Mit dem «Libryd», einem
30 Meter langen und ebenso breiten Trimaran, der dank Tragflügeln praktisch über die
Weltmeere fliegt, soll es laut Projektleiter
Alain Thébaut dereinst möglich sein, in
­weniger als 40 Tagen um die Welt zu segeln.
Das Boot soll, wenn alles klappt, 2014/15
erste Testfahrten unternehmen. Und wer
weiss, vielleicht gelingt es den Ingenieuren
und Technikern eines Tages sogar, ein starres
Flügelsegel zu konstruieren, das auch in den
grossen Stürmen des Südens kontrollierbar
ist. Eine Utopie? Vielleicht, aber wer hätte vor
ein paar Jahren gedacht, dass der America’s
Cup von einer Yacht mit einer solchen
­Konstruktion gewonnen wird…
marina.ch februar 12
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