Wenn die Erstsprache die Zweitsprache ist, Wien
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Wenn die Erstsprache die Zweitsprache ist, Wien
Wenn die Erstsprache die Zweitsprache ist, oder umgekehrt!? Panel III: Unter „Fremden“ und „Zweiten“. Begriffsexplorationen Sprachfördermaßnahmen, die DEUTSCHförderung meinen, Erst-, Zweit- und Fremdsprachler_innen – Fachtermini machen nicht nur einen differenzierten Austausch möglich, sie (re-)produzieren auch die symbolischen Ordnungen der (Migrations-)Gesellschaften. Welche Bedeutungen und „(K)Erben“ (Arndt/Ofuatey-Alazard 2011) tragen die Begriffe, mit denen wir operieren? Welche Dilemmata sind dem Feld inhärent, welche Alternativen sind denkbar? Prof. Dr. Anja Wildemann unter Mitarbeit von Lena Bien & Muhammed Akbulut Universität Koblenz-Landau Deutsch als Zweitsprache – Standardsprache – Deutsch als Fremdsprache- Deutsch als Erstsprache – Standard vs. Nichtstandard - Native vs. Non-Native – deine Sprache - Zielsprache Deutsch – Deutsch als Muttersprache – Fremdsprache – Minderheitensprache – Einzelsprache – Germanistik – Dialekt – Familiensprachen – Mischsprache – Mehrheitssprache – das Sprachliche – zweisprachig – Deutsch-Dialekt – muttersprachig – mehrsprachig – nichtdeutsch – Erstsprachler_in – einsprachig – Sprache(n) – Drittsprache – Translanguaging – Schweizerdeutsch – bilingual – Umgangssprache – Auslandsgermanistik – Herkunftssprache – Migrationssprache – Bildungssprache – Unterrichtssprache - fremdsprachig –andere Sprachen 11.-12.09.2015 Normative Grundlagen und reflexive Verortungen im Feld DaF und DaZ * Universität Wien 2 1. Sichtweisen auf Sprachen – ein Kaleidoskop 2. Erkenntnisse aus zwei Forschungsprojekten 3. Wissenschaft zwischen Stigmata und Neuformierung? … Mit meinem Papa sprech‘ ich manchmal Türkisch, wenn ich ein Wort nicht so richtig weiß, kann ich das auf Deutsch sagen. Mit meiner Mama Türkisch, manchmal Türkisch und manchmal Deutsch und mit meiner Schwester manchmal Deutsch und manchmal Türkisch. (Edda, 2. Klasse) 11.-12.09.2015 Normative Grundlagen und reflexive Verortungen im Feld DaF und DaZ * Universität Wien 3 1. Sichtweisen auf Sprachen – ein Kaleidoskop 11.-12.09.2015 Normative Grundlagen und reflexive Verortungen im Feld DaF und DaZ * Universität Wien 4 Definitionen von Migrationshintergrund im Vergleich (aus Wenning 2015, S. 76) 11.-12.09.2015 Normative Grundlagen und reflexive Verortungen im Feld DaF und DaZ * Universität Wien 5 Lehrpläne – zwei Extreme… Lehrplan PLUS Grundschule Bayern, 2014: Bildungsplan Deutsch Hamburg 2011: „Zur Familiensprache, auch zu ihrer Mundart, haben Kinder einen starken emotionalen Bezug. […] Schülerinnen und Schüler mit nicht deutscher Erstsprache erhalten Begleitung und Unterstützung beim Erwerb der deutschen Sprache.“ (S. 20) „Für viele Schülerinnen und Schüler ist die deutsche Sprache nicht die erste und nicht die Familiensprache. Sie verfügen dadurch z.T. über andere sprachliche Erfahrungen und Kompetenzen als einsprachige Schülerinnen und Schüler.“ (S. 10) 11.-12.09.2015 Normative Grundlagen und reflexive Verortungen im Feld DaF und DaZ * Universität Wien 6 Aus einer Lehrer(innen)befragung „Ich kann nur sehr, sehr schwer Vorteile sehen. Ich sehe, dann dadurch diese Mehrsprachigkeit, die ja bedeutet, dass die deutsche Sprache nicht genügend beherrscht wird, so sehe ich das hauptsächlich, wir eine Retardierung im Fortschritt des Lernens haben, die ist enorm.“ (Pünter 2011, S. 74) 11.-12.09.2015 Normative Grundlagen und reflexive Verortungen im Feld DaF und DaZ * Universität Wien 7 Aus einem Schüleraufsatz aus dem Hauptschulprojekt BEN (Wildemann & Hoodgarzadeh 2011, Hoodgarzadeh & Fornol 2013) Alvin, 9.Klasse 11.-12.09.2015 Normative Grundlagen und reflexive Verortungen im Feld DaF und DaZ * Universität Wien 8 Transkriptauszug aus einer mehrsprachigen Interaktion zwischen zwei primär deutschsprachigen Kindern 11.-12.09.2015 Normative Grundlagen und reflexive Verortungen im Feld DaF und DaZ * Universität Wien 9 Mythos Einsprachigkeit Die absolut „einsprachigste Form von „Einsprachigkeit“ unter den befragten Volksschulkindern sieht somit folgendermaßen aus: Es wird ausschließlich Deutsch in der Familie gesprochen und Englisch in der Schule gelernt; […] Die absolut „einsprachigste Form von „Einsprachigkeit“ unter den Kindern mit einer anderen Familiensprache als Deutsch ist diese: Es wird ausschließlich eine einzige Sprache (Beispiele: Bosnisch/Krotatisch/Serbisch oder Romanes oder Türkisch oder Kurdisch) in der Familie gesprochen und Englisch sowie natürlich Deutsch in der Schule gelernt; […] http://www.oeaw.ac.at/dinamlex/Multilingual-Cities_Wien-2009_Endbericht-V1Stand20111111.pdf 11.-12.09.2015 Normative Grundlagen und reflexive Verortungen im Feld DaF und DaZ * Universität Wien 10 2. (Vorläufige) Erkenntnisse aus zwei Forschungsprojekten Metasprachliche Interaktionen in mehrsprachigen Lernsettings als Prädiktor für Sprachbewusstheit und deren Bedeutung für sprachliches Lernen im Deutsch-, Fremdsprachen- und Herkunftssprachenunterricht Kurztitel: Sprachkompetenzen und Sprachbewusstheit 2013-2016 2013-2016 Einblick in das Projekt „Sprachkompetenzen und Sprachbewusstheit“ Wildemann, Reich, Bien, Akbulut Stichprobe 23 Schulen in Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg 511 Kinder, davon 229 mit Deutsch als Primärsprache 76 mit Deutsch und Türkisch 51 mit Deutsch und Russisch 155 mit Deutsch und einer anderen Sprache 11.-12.09.2015 Normative Grundlagen und reflexive Verortungen im Feld DaF und DaZ * Universität Wien 12 Personenbezogene Daten: Erstsprachen nach Angaben der Kinder 250 229 200 157 150 100 76 51 50 0 Türkisch 11.-12.09.2015 Russisch Deutsch Normative Grundlagen und reflexive Verortungen im Feld DaF und DaZ * Universität Wien andere Sprachen 13 Andere bzw. weitere Sprachen 50 45 40 35 30 250 229 25 20 19 15 150 15 10 22 200 20 7 5 100 157 15 12 9 6 76 5 2 50 51 2 1 4 2 2 4 0 0 Türkisch 11.-12.09.2015 Russisch Deutsch Normative Grundlagen und reflexive Verortungen im Feld DaF und DaZ * Universität Wien andere Sprachen 14 Geburtsort – Kitabesuch – Herkunftssprachunterricht Statistik (Mehrsprachigkeit) n= 284 Geburtsort Deutschland 88,7% Ausland 11,3% Besuch einer Kita in Deutschland Ja 92,8% Nein 7,2% Besuch v. Herkunftssprachenunterricht Türkisch 61,5% Russisch 26,8% and. Sprachen 33,6% Alphabetisierung in der „Herkunftssprache“ Türkisch 80,3% Russisch 56,6% and. Sprachen 67,7% 11.-12.09.2015 Normative Grundlagen und reflexive Verortungen im Feld DaF und DaZ * Universität Wien 15 Design der Studie Experimentelle Studie mit zwei Messzeitpunkten: MZP 1: Erfassung personenbezogener Daten, kognitiver Leistungen (CFT-20) und Erstellung von Sprachprofilen in der „Erst- und Zweitsprache“ MZP 2: Erfassung metasprachlicher Interaktionen (Videografie) anhand des mehrsprachigen Computerprogramms „My first stories“ (Oldenbourg Verlag) 11.-12.09.2015 Normative Grundlagen und reflexive Verortungen im Feld DaF und DaZ * Universität Wien 16 Erste quantitative Befunde aus den Sprachprofilanalysen Die alltagssprachlichen Deutschkompetenzen von primärsprachlich deutschen und zwei-/mehrsprachigen Schüler/innen am Ende der dritten Jahrgangsstufe unterscheiden sich lediglich geringfügig voneinander. Zwischen der deutsch-türkischen und der deutsch-russischen Gruppe gibt es starke und in den meisten Kategorien hochsignifikante Unterschiede in Bezug auf das Verhältnis der Erst- und Zweitsprache. Diese korrespondieren mit den Möglichkeiten, die Familiensprache auch außerhalb des familiären Umfelds zu benutzen. Bei allen Kindern der Gesamtstichprobe sind intralinguale Dispositionen nachweisbar, die nicht durch zweisprachigen Sprachkontakt, sondern entwicklungsbedingt und sprachtypologisch erklärbar sind. Die Sprachtransfers von der vermeintlichen Erstsprache in die vermeintliche Zweitsprache Deutsch sind geringer als die Sprachtransfers vom Deutschen in die vermeintliche Erstsprache. (vgl. Wildemann; Akbulut & Bien, in review) 11.-12.09.2015 Normative Grundlagen und reflexive Verortungen im Feld DaF und DaZ * Universität Wien 17 Transfererscheinungen Deutsch Russisch (N=45) Ebene Verwendete Form „Standard“ Linguistische Erklärung Häufigkeit lexikalisch дети сделали фотку от него (dt. wörtl. Kinder machten Foto von ihm) Дети сфотографировали его (dt. wörtl. Kinder fotografierten ihn.) Übertragung der deutschsprachigen Kollokation „ein Foto von j-m. machen“ wörtlich ins Russische. 3/ 45 Были папа и дети (dt. wörtl. Waren Papa und Kinder) Жили-были папа и дети (dt. wörtl. Lebten und waren Papa und Kinder) Übertragung der deutschsprachigen Kollokation „es war einmal“ ins Russische. 1/ 45 Эти дети были разочарованы этим фотопаратом (dt. wörtl. Diese Kinder waren enttäuschet von diesem Fotoapparat) Этим детям этот фотоаппарат не понравился (dt. wörtl. Diesen Kindern hat dieser Fotoapparat nicht gefallen) Übertragung aus dem Russischen 1/ 45 Я меня туда положу (dt. wörtl. Ich lege mich dort hin) Я туда лягу (dt. wörtl. Ich dorthin mich lege) Transfer aus dem Russischen. Im Russischen wird die Reflexivität durch entsprechende Suffixe markiert, nicht durch Possessivpronomen wie im Deutschen 1/ 45 Code-Mixing Oн сказал садитесь на на Bank (Er sagte, setzt euch hin auf die Bank) сидиит euch dorthin (setzt euch dorthin) Он говорил ети Kinder чё они на Bank ем шли (Er sagt diesen Kindern, dass sie auf die Bank gehen sollen) лежит на красивой Blumenwiese (liegt auf schöner Blumenwiese) 21/ 45 Ebene Verwendete Form „Standard“ Linguistische Erklärung Häufigkeit morphologisch Один отец (dt. ein Vater) отец 9/ 45 одна девочка и одна мальчик (dt. ein Mädchen und ein Junge) девочка и мальчик Artikeltransfer (Das Russische kennt keine Artikel. Für die Kasus-, Genus- und Numerusmarkierung werden an den Wortstamm Pluralendungen angefügt) Дэткэн (dt. Kinder) детки Übertragung der deutschen Pluralendung -en ins Russische (statt der russischen Endung и (-i)) 1/ 45 syntaktisch Когда он их фотографировать хотел, он упаль. (dt. wörtl. Als er sie fotofrafieren wollte, er fiel hin). Когда он хотел их фотографировать, он упаль (dt. wörtl. Als er sie wollte fotofrafieren, er fiel hin) Transfer der Wortstellung im Nebensatz (Im Russischen wird die Wortstellung Subjekt, finites Verb, Objekt auch in Nebensätzen beibehalten). 7/ 45 Они хотели verschiedene фотки сделать (dt. wörtl. Sie wollten verschiedene Fotos machen) Они хотели сделать verschiedene фотки (dt. wörtl. Sie wollten machen verschiedene Fotos) Transfer der Satzklammer (im Russischen werden das finite und das infinite Verb nicht getrennt). 7/45 Хотите вы тут сесть? (dt. wörtl. Wollt ihr euch hier hinsetzen?) Вы хотите тут сесть? (dt. wörtl. Ihr wollt euch hier hinsetzen?) Im Russischen gilt die Satzstellung SubjektVerb, Objekt auch in Fragesätzen. Fragen werden durch Intonation als solche gekennzeichnet. 2/ 45 Transfererscheinungen Russisch Deutsch (N=60) Ebene Verwendete Form „Standard“ Linguistische Erklärung Häufigkeit morphologisch Und dann machen sie Foto… Und dann machen sie ein Foto Das Russische kennt keinen Artikel. Hier wird der Null-Artikel auf das Deutsche übertragen. 1/60 lexikalisch …stolpert er hinter ein Zaun …stolpert er über einen Zaun Das Verb споткнуться (dt. stolpern) wird in der Umgangssprache häufig mit der Präposition „за“ (dt. hinter) verwendet. Hier ist höchstwahrscheinlich eine Übertragung dieser Präposition ins Deutsche erfolgt. 1/60 Transfererscheinungen Deutsch Türkisch (N=65) Ebene Verwendete Form (Beispiele) „Standard“ Linguistische Erklärung Häufigkeit morphologisch ondan fotoğraf çekiyor (Ablativ) bzw. onu fotoğraf ediyor/yapıyor (Akkusativ) onun fotoğrafını çekiyor (Genetiv) (dt. er macht ein Foto von ihm/ihr) Kasustransfer 34/65 çok çiçekler çok çiçek (dt. viele Blumen) Übermarkierung des Plurals 5/65 Baba geliyor. (dt. Der Vater kommt.) Babası geliyor. (dt. Sein/Ihr Vater kommt.) Possessivtilgung 8/65 syntaktisch Bir adam iki çocuğa diyor: „Siz oraya oturun ben sizin fotoğraf çekmek istiyorum.“ Bir adam iki çocuğa „Oraya oturun fotoğrafınızı çekmek istiyorum“ diyor. (dt.: Ein Mann sagt zwei Kindern: „Setzt euch, ich möchte euch fotografieren.“) Transfer der Wortstellung der direkten Rede 29/65 semantisch o zaman (dt. dann: konditional bzw. damals) ondan sonra (dt. dann: temporal) bzw. o sırada (dt. da: temporal) Etablierung eines temporalen Universalkonnektors für Sukzessivität und Simultanität 23/65 14/65 kamera (dt. die Videokamera) fotoğraf makinesi (dt. der Fotoapparat) Entlehnung 8/65 Babası çocuğa otur söyledi. Babası çocuğa: „Otur“ dedi. (dt. Der Vater sagte zum Kind: „Setz dich.“) Im Türkischen gibt es für die direkte und indirekte Rede unterschiedliche verbi dicendi (demek/söylemek). Code-Mixing O zaman da bu Bild geldi. (dt. Und dann kam dieses Bild.) 5/65 Code-Switching Kızı da fotoğraf makisi… Ähm, ich kann das Satz nicht wirklich sagen. (dt. Und seine Tochter hat den Fotoapp… Ähm, ich kann das Satz nicht wirklich sagen.) 3/65 Transfererscheinungen Türkisch Deutsch (N=79) Ebene Verwendete Form (Beispiele) „Standard“ Linguistische Erklärung Häufigkeit morphologisch Die Kind hat ein Bild gemacht. Das Kind hat ein Bild gemacht. Im Türkischen gibt es kein grammatisches Geschlecht. 7/79 Der Mann ist in Spielplatz gegangen. Der Mann ist auf den Spielplatz gegangen. Im Türkischen gibt es keine Präpositionen. 2/79 Ein Vater geht mit den Kindern in den Park und schießt Foto. Ein Vater geht mit den Kindern in den Park und schießt ein Foto. Tilgung des unbestimmten Artikels, da das Türkische keine Artikel kennt. 2/79 Und dann macht sie das Foto, was sie fotografiert hat, von der Kamera raus und zeigt. Und dann macht sie das Foto, was sie fotografiert hat, von der Kamera raus und zeigt es. Tilgung des Personalpronomens, da das Türkische eine Pro-DropSprache ist. 4/79 syntaktisch Dann die Kinder setzten sich hin. Dann setzten die Kinder sich hin. Übernahme der SOVWortstellung 2/79 semantisch Fotographiermaschine Fotoapparat (tr. fotoğraf makinesi) Lexikalische Entlehnung 2/79 Und er läuft die ganze Zeit nach hinten und nach hinten. Und er läuft die ganze Zeit rückwärts. (tr. geri geri gitmek) Lexikalische Entlehnung 2/79 Projekt: EASI-science L: Naturwissenschaftliche Bildung in der Kita: Gestaltung von Lehr-Lernsituationen, sprachliche Anregungsqualität und sprachliche sowie naturwissenschaftliche Fähigkeiten der Kinder (Prof. Dr. Astrid Rank, Prof. Dr. Anja Wildemann, Prof. Dr. Andreas Hartinger, Prof. Dr. Sabina Pauen, Megan Bock, Sabrina Sutter) Stichprobe: 240 Elementarkinder, 60 Fachkräfte o 30 Kitas (30 Fachkräfte, 120 Kinder) mit Zertifizierung vom „Haus der kleinen Forscher“ (Gruppe A) o 15 Kitas (15 Fachkräfte, 60 Kinder) mit anderem Nawi-Schwerpunkt (Gruppe B) o 15 Kitas (15 Fachkräfte, 60 Kinder) ohne Qualifizierungsmaßnahmen im Bereich naturwissenschaftlicher Bildung (Gruppe C) • Aus jeder Kita: o Eine pädagogische Fachkraft mit einer Kleingruppe von 4 Kindern (2 Mädchen, 2 Jungen, 2 DaZ, 2 DaM) im Alter von 5-6 Jahren 11.-12.09.2015 Normative Grundlagen und reflexive Verortungen im Feld DaF und DaZ * Universität Wien 23 Ergebnisse der Überprüfung der Zielsprachkompetenzen mit LiSe-DaZ LiSe-DaZ sieht lediglich die Ermittlung eines Förderbedarfs bei ZweitsprachlerInnen vor. Grundsätzlich entspricht aber ein t-Wert unter 40 nicht dem, was zielsprachlich angemessen wäre. Wir haben auch für „die DaM-Kinder“ jeweils eine Variable mit "Förderbedarf ja/nein" angelegt. in einigen Bereichen mehr „DaM-Kinder“, die einen t-Wert unter 40 erreicht haben als „DaZ-Kinder“. 11.-12.09.2015 Normative Grundlagen und reflexive Verortungen im Feld DaF und DaZ * Universität Wien 24 Unterdurchschnittliche Leistungen in LiSe-DaZ im Vergleich (N=222) / (T-Wert unter 40) DaZ-Kinder (N=101) 11,9 % innerhalb der DaZ-Gruppe 5,4 % der Gesamtgruppe DaM-Kinder (N=121) 20,7% innerhalb der DaM-Gruppe 11,3% der Gesamtgruppe 17,8% innerhalb der DaZ-Gruppe 8,1% der Gesamtgruppe 19,8% innerhalb der DaM-Gruppe 10,8% der Gesamtgruppe 20,8% innerhalb der DaZ-Gruppe 9,5% der Gesamtgruppe Stufe I = 1,0% innerhalb, 0,5% Gesamt Stufe II = 5,9% innerhalb; 2,7% Gesamt Stufe III = 16,8% innerhalb; 7,7% Gesamt Stufe IV = 76,2% innerhalb; 34,8% Gesamt 12,4% innerhalb der DaM-Gruppe 6,8% der Gesamtgruppe Stufe I = 0 % Stufe II = 0 % Stufe III = 6,7% innerhalb; 3,6% Gesamt Stufe IV = 93,3% innerhalb; 50,7% Gesamt Subjekt-VerbKonkurrenz (kein T-Wert) 33,7% innerhalb; 15,4% Gesamt 15,8% innerhalb; 8,6% Gesamt Präpositionen Fokuspartikel Vollverben Modalverben Konjunktionen Kasus 11.-12.09.2015 8,9% innerhalb; 4,1% Gesamt 8,3% innerhalb; 4,5% Gesamt 8,9% innerhalb; 4,1% Gesamt 10,0% innerhalb; 5,4% Gesamt 12,9% innerhalb; 5,9% Gesamt 15,0% innerhalb; 8,1% Gesamt 26,7% innerhalb; 12,2% Gesamt 13,3% innerhalb; 7,2% Gesamt 3,0% innerhalb; 1,4% Gesamt 9,2% innerhalb; 5,0% Gesamt Normative Grundlagen und reflexive Verortungen im Feld DaF 7,9% innerhalb; 3,6% Gesamtund DaZ * Universität Wien 10,0% innerhalb; 5,4% Gesamt Verbbedeutung W-Fragen Negation Satzklammer (kein T-Wert, sondern Niveaustufen von I-IV) Förderbedarf wenn Stufe IV nicht erreicht wird) 25 Panel III: Unter „Fremden“ und „Zweiten“. Begriffsexplorationen Sprachfördermaßnahmen, die DEUTSCHförderung meinen, Erst-, Zweit- und Fremdsprachler_innen – Fachtermini machen nicht nur einen differenzierten Austausch möglich, sie (re-)produzieren auch die symbolischen Ordnungen der (Migrations-) Gesellschaften. Welche Bedeutungen und „(K)Erben“ (Arndt/Ofuatey-Alazard 2011) tragen die Begriffe, mit denen wir operieren? Welche Dilemmata sind dem Feld inhärent, welche Alternativen sind denkbar? 11.-12.09.2015 Normative Grundlagen und reflexive Verortungen im Feld DaF und DaZ * Universität Wien 26 3. Wissenschaft zwischen Stigmata und Neuformierung? „Also zum „Also wenn jemand nicht die Sprache versteht von den anderen, zum Beispiel das Türkisch, dann kann man das auf Deutsch zu dem sagen.“ 11.-12.09.2015 Beispiel Deutsch ist nicht so leicht, aber schon ein bisschen leichter wie zum Beispiel Spanisch“ „Deutsch ist quasi so eine Ausnahme“. Normative Grundlagen und reflexive Verortungen im Feld DaF und DaZ * Universität Wien 27 Heterogenität als normatives Konstrukt „Sie [die Heterogenität] existiert nicht umstandslos, wird konstruiert und kann überall festgestellt werden, wenn dies das Ziel ist.“ (Wenning 2007, S. 24) „Die Wahrnehmung differenter Erfahrungen bleibt also immer fragmentarisch, unvollendet und begrenzt und kann nicht ans Ziel einer als endgültige Wahrheit gedachten Authentizität kommen […].“ (Prengel 1993, S. 182) 11.-12.09.2015 Normative Grundlagen und reflexive Verortungen im Feld DaF und DaZ * Universität Wien 28 Zwei Positionen zum Ausklang 1. „Die Termini Erstsprache und Zweitsprache implizieren die stärkere Position der Erstsprache und verleiten zu der Annahme, die Familiensprachen seien die dominanten Sprachen der Schüler/innen, die Transferbasen zur Verfügung stellen und einen erheblichen Einfluss auf das Deutsche ausüben.“ (Wildemann, Akbulut & Bien, in review) 2. Alle Menschen partizipieren an einer Vielfalt von kulturellen Räumen, insofern sind wir alle in irgendeiner Form ‚Bindestrich‘. […] (Scheer in ihrem Buch «Bindestrich-Deutsche», 2014,S. 12) 11.-12.09.2015 Normative Grundlagen und reflexive Verortungen im Feld DaF und DaZ * Universität Wien 29 Und zu guter Letzt „Ich kann leider keine idealen begrifflichen Alternativen anbieten, aber ich denke, wir sollten uns ernsthaft auf die Suche danach begeben.“ (Sökefeld 2007, S. 55) 11.-12.09.2015 Normative Grundlagen und reflexive Verortungen im Feld DaF und DaZ * Universität Wien 30 Bayerisches Staatsministerium für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst (Hrsg. (2014): LehrplanPLUS Grundschule. Lehrplan für bayerische Grundschule. München. Clahsen, H. (1986): Die Profilanalyse. Ein linguistisches Verfahren für die Sprachdiagnose. Berlin. Dirim, İnci; Gogolin, Ingrid; Knorr, Dagmar; Krüger-Potratz, M.; Lengyel, D.; Reich, Hans H.; Weiße, Wolfram (Hrsg.) (2015): Impulse für die Migrationsgesellschaft. Bildung, Politik, Religion. Münster: Waxmann. Freie und Hansestadt Hamburg, Behörde für Schule und Berufsbildung (Hrsg.) (2011): Bildungsplan Grundschule, Deutsch. Hamburg. Hoodgarzadeh, Mahzad & Fornol, Sarah (2013): Multikulturelle Identitäten in Schulklassen – ein Einblick in Schulpraxis und Forschungsethik. In: Wildemann, Anja & Hoodgarzadeh, Mahzad (Hrsg.): Sprachen und Identitäten. Innsbruck: StudienVerlag, S. 197-212. Kutsch, Stefan (1989): Sprachreflexive Fähigkeiten im Zweitspracherwerb. In: Osnabrücker Beiträge zur Sprachtheorie (OBST), 40. S. 143-159. Pünter, Mathias (2011): Mehrsprachigkeit im Deutschunterricht aus der Sicht von Lehrkräften. Einstellungen, Erfahrungen und Wünsche. Eine empirische Untersuchung an einer niedersächsischen Grundschule. (unveröffentlichte Masterarbeit). Prengel, Annedore (1993): Pädagogik der Vielfalt. Opladen: Leske +Budrich. Scheer, Monique (Hrsg.) (2014): Bindestrich-Deutsche? Mehrfachzugehörigkeit und Beheimatungspraktiken im Alltag. Tübingen: TVV Verlag. Sökefeld, Martin (2007): Zum Paradigma kultureller Differenz. In: Johler, Reinhard u.a. (Hrsg.): Europa und seine Fremden. Die Gestaltung kultureller Vielfalt als Herausforderung. Bielefeld: transcript, S. 41.58. Wenning, Norbert (2007): Heterogenität als Dilemma der Bildungseinrichtungen. In: Boller, Sebastian; Rosowski, Elke & Stroot, Thea (Hrsg.): Heterogenität in Schule und Unterricht. Handlungsansätze zum pädagogischen Umgang mit Vielfalt. Weinheim, Basel: Beltz, S. 21-31. Wenning, Norbert (2015): Heterogenitätsvorstellungen und empirische Wirklichkeit. Am Beispiel der Kategorie Migrationshintergrund. In: Budde, Jürgen; Blasse, Nina; Bossen, Andrea & Rißler, Georg (Hrsg.): Heterogenitätsforschung. Empirische und theoretische Perspektiven. Beltz Juventa: Weinheim und Basel, S. 63-93. Wildemann, Anja (2010): „Eigentlich spreche ich nur Kurdisch und Deutsch“. 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Wildemann, Anja; Reich, Hans H.; Akbulut, M. & Bien, Lena (i.V.): Metasprachliche Interaktionen in mehrsprachigen Lernsettings – ein Projekt zur Sprachbewusstheit im Grundschulalter. (erscheint in: ide, 2015). https://www.uni-koblenz-landau.de/landau/fb5/bildung-kind-jugend/grupaed/mit/profs/wildemann/projekte 11.-12.09.2015 Normative Grundlagen und reflexive Verortungen im Feld DaF und DaZ * Universität Wien 31