Aneignung der Kunstgeschichte
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Aneignung der Kunstgeschichte
Aneignung der Kunstgeschichte Strategien der Wiederholung bei Gerhard Richter und Sigmar Polke Inauguraldissertation der Philosophisch-historischen Fakultät der Universität Bern zur Erlangung der Doktorwürde vorgelegt von Julia Gelshorn Deutschland Bern, August 2003 Von der Philosophisch-historischen Fakultät auf Antrag von Prof. Dr. Oskar Bätschmann und Prof. Dr. Victor I. Stoichita angenommen. Bern, den 7.11.2003 Der Dekan: Prof. Dr. Reinhard Schulze Inhaltsverzeichnis Einleitung......................................................4 Annäherung.....................................................22 1. Gerhard Richters Verkündigung nach Tizian ................ 22 2. Sigmar Polkes Original + Fälschung ....................... 29 Legitimation...................................................39 1. Destruktionen ............................................ 39 2. Wahlverwandtschaft und Wettstreit ........................ 44 Revision.......................................................48 1. Gattungen ................................................ 48 2. Stile .................................................... 55 3. Bildkonzepte ............................................. 63 Bild-Diskurse..................................................71 1. 2. 3. 4. Bilderstreit ............................................. 71 Künstlerische Handschrift ................................ 83 Geniebegriff ............................................. 91 Bildermacht .............................................. 97 Paradoxien....................................................104 1. Macht und Verschwinden des Künstlers .................... 104 2. Parallelitäten .......................................... 110 Vom Vorbild zum Nachbild......................................119 1. 2. 3. 4. Intermedialität ......................................... 119 Doppelte Zitate ......................................... 126 Kollektive Vorbilder .................................... 136 Affirmation versus Provokation .......................... 152 Funktionswandel...............................................163 1. Avantgarde des Alten – Wiederholung statt Fortschritt? .. 163 2. Kritik am 'reinen' Bild – Erweiterte Referenzen? ........ 178 3. Eine Kunstwelt für sich ................................. 189 Glossar ......................................................198 Abbildungsverzeichnis.........................................205 Zitierte Literatur............................................210 Einleitung In einem abbruchreifen Düsseldorfer Ladenlokal hatten Gerhard Richter und Sigmar Polke im Mai 1963 ihre erste gemeinsame Ausstellung.1 Der Kommentar in der lokalen Presse lautete damals: "Betrachtet man die ausgestellten Dinge, so ist von ihnen bis zur Kunst jedenfalls noch ein weiter Weg – vorausgesetzt, dass er überhaupt zu diesem Ziel hinführt und nicht mit Siebenmeilenstiefeln in die entgegengesetzte Richtung."2 Drei Jahre später konterten Richter und Polke anlässlich ihrer Doppelausstellung in der Galerie h in Hannover mit der Ankündigung: "Wir können uns nicht darauf verlassen, dass eines Tages gute Bilder gemalt werden, wir müssen die Sache selbst in die Hand nehmen."3 Dass diese Aussage, eingebettet in eine gemeinsam für den Katalog geschaffene Textcollage,4 durchaus nicht als reine Provokation gemeint war, sondern vielmehr einer tiefen Skepsis gegenüber sämtlichen damals etablierten Stilrichtungen der Kunstwelt Ausdruck verlieh, zeigt sich in Richters späterer Erklärung gegenüber Dietmar Elger: "Wir waren uns damals schnell darüber einig, dass das alles Quatsch war um uns herum. Wir wussten, dass das so nicht geht."5 In einer Situation, als die Malerei von der Aktionskunst, der Objekt- und Konzeptkunst sowie den so genannten 'neuen Medien' von ihrer 'Vormachtsstellung' in der Kunstwelt verdrängt wurde, suchten Richter und Polke nach eigenen Positionen und fanden die- 1 2 3 4 5 Die Ausstellung war auf ihre eigene Initiative entstanden und fand gemeinsam mit ihren Studienkollegen Manfred Kuttner und Konrad Lueg statt; vgl. Elger 2002, S. 74-77. Friedrichs 1963. Polke/Richter 1993, S. 39. Polke und Richter setzten eigene provokative Aussagen zwischen scheinbar willkürliche Ausschnitte aus einem Perry Rhodan-Sciencefiction Roman und mischten hier und da ihre Namen zu denen der Romanfiguren. Dabei entstand eine absurde Textcollage ohne logischen Erzählstrang, die die Künstler – vielleicht symbolisch – auf einer Expedition in einer fremden Welt zeigte. Elger 2002, S. 53. 4 se gerade im Festhalten am Medium der Malerei.6 Richter hatte sich nach seiner Übersiedlung aus der DDR in den Westen im Jahr 1961 mit Malerei unter Anleihen bei Giacometti, Fautrier, Dubuffet und Fontana beschäftigt, was ihm nach seinem klassischen Studium an der Kunstakademie in Dresden und den strengen Vorgaben des 'sozialistischen Realismus' eine radikale Kehrtwende ermöglichte.7 Doch offenbar hatte er eine genaue Vorstellung davon, wie "gute Bilder" beschaffen sein mussten, denn bereits 1962 präsentierte er seine informelle Malerei zum letzten Mal der Öffentlichkeit und verbrannte anschliessend alles, was ihm aus der Distanz "falsch" erschien.8 Schliesslich begründete er mit dem Gemälde Tisch ein neues Oeuvre, das er sodann fortlaufend nummerierte (Abb. 1). Dieser Akt ist in mehreren Hinsichten bemerkenswert: Einerseits zeigt sich hier die selbstbewusste Planung einer Künstlerkarriere, deren Beginn durch den eigens hergestellten Catalogue raisonné ebenso festgelegt wird wie ihre folgende Rezeption.9 Andererseits kann das Bild, das Richter explizit zum Ausgangspunkt für seine westliche Karriere ernannte, geradezu programmatisch verstanden werden. Was zunächst wie der misslungene Versuch eines Gemäldes wirkt, erweist sich als Beschäftigung mit ursprünglich gegensätzlichen malerischen Positionen, die Richter wiederholte 6 7 8 9 Zur Situation der Kunst in den sechziger Jahren vgl. Utopien 1990. Dass Richters und Polkes Hinwendung zu einer 'neuen' Malerei Teil einer grösseren Bewegung in Deutschland war, zeigen Ausstellungen wie Krens/Govan/Thompson 1989 oder Refigured Painting 1989. Die neuen Vorbilder der abstrakten Malerei hatte Richter anlässlich der documenta II 1959 kennen gelernt, deren Besuch ihn nach eigenen Erzählungen mit zur Flucht aus der DDR bewogen haben soll, vgl. Buchloh 1993c, S. 123; Elger 2002, S. 36-39. Vgl. Harten 1986b, S. 14. - Seine informellen Gemälde zeigte Richter 1962 zum letzten Mal in der Galerie Junge Kunst in Fulda, vgl. Elger 2002, S. 51. Vgl. Richter 1993, Bd. 3. Dabei ist nicht zu vergessen, dass es sich bei dem angeblich chronologisch geordneten Werkverzeichnis um ein fiktives Konstrukt handelt, insofern als die Bilder entsprechend ihrer nachträglich befundenen Wichtigkeit und Bedeutung eingeordnet werden, vgl. Storr 2002a, S. 29. – Ein ähnliches Anliegen manifestiert sich in dem nach und nach vom Künstler zusammengestellten Atlas als Dokumentation seiner Vorlagen, verworfenen Projekte und Arbeitsmethoden, vgl. Zweite 1989 und Friedel/Wilmes 1997. 5 und in direkter Überlagerung miteinander konfrontierte.10 Dass es sich bei der Darstellung des Tisches um eine abgemalte Fotografie aus den Medien handelte, sollte zudem für Richter zum entscheidenden Charakteristikum seiner Arbeit werden. Richters abrupter Übertritt von der Doktrin des 'sozialistischen Realismus' der DDR in die fast beliebig erscheinende Mannigfaltigkeit der künstlerischen Ausdrucksformen des Westens veranlasste ihn zu einer eingehenden Prüfung, "was mit Malerei zu machen" sei.11 Dabei griff er auf das zurück, was die Geschichte an Bildern hervorgebracht hatte, einerseits durch eklektisches Nachahmen konkreter historischer Positionen der Kunst und andererseits durch eine nach Gattungen, Stilen und theoretischen Modellen geordnete 'Revision' all dessen, was Malerei heissen und sein konnte. Entsprechend bemerkte Sigmar Polke in der gemeinsamen Textcollage von 1966: "Du hast mit Raffael so viel zu tun wie mit den Surrealisten, mit den Impressionisten, Höhlenmalern, mit Zero, mit Picasso, mit Fluxus und mit den Millionen armen Teufeln, die ihre Familien fotografieren."12 Richter lernte Polke 1962 anlässlich seiner zweiten Ausbildung an der Kunstakademie Düsseldorf kennen, wo beide die Klasse von Karl Otto Götz besuchten. Polke war bereits 1953 als Jugendlicher mit seiner Familie aus dem Osten übergesiedelt und hatte in Düsseldorf zunächst eine Glasmalerlehre angefangen, bevor er 1961 sein Studium an der Akademie begann. Als Studenten arbeiteten Richter und Polke sehr eng miteinander zusammen, wobei sie sich auch mit anderen Kollegen wie Konrad Lueg und Manfred Kuttner in einer informellen Gruppierung zusammenschlossen. Dass die Freundschaft von Richter und Polke darin jedoch einen Sonderstatuts einnahm, belegt eine spätere Aussage von Richter über die 10 11 12 Dass Tisch nicht wirklich den Neuanfang nach der informellen Malerei bildete, ist jedoch bekannt, vgl. Wood 1994, S. 185; Elger 2002, S. 60-64. – Eine derartige Setzung durch Richter betont umso stärker ihren programmatischen Charakter. Richters Aussage im "Interview mit Amine Haase 1977", in: Obrist 1993, S. 85-88, hier S. 85. Polke/Richter 1993, S. 47-48. 6 Situation von 1966: "Zu der Zeit, als wir den Text machten, war ich mit Polke so eng wie nie mit jemand zuvor."13 Der "Kontakt mit gleichdenkenden Malern"14 war für beide Künstler nicht nur existentiell wichtig, um sich in der Kunstwelt zu orientieren und um Selbstvertrauen für ihren eigenen Weg zu finden, sondern er entfachte in der Zusammenarbeit auch eine enorme Konkurrenz, wie Hubertus Butin und Dietmar Elger in ihren biografischen Untersuchungen zu den Künstlern zeigen konnten.15 Dass diese Konkurrenz sich einerseits als "fruchtbare Herausforderung" und "gegenseitiger Ansporn" auswirkte, und sich andererseits auch in einer Ähnlichkeit der Werke und Konzepte niederschlug, formuliert Butin als "enge motivische und konzeptionelle Verzahnung" der frühen Bilder beider Künstler.16 Diese "Verzahnung" lässt sich auch dann noch beobachten, als die Freundschaft und somit auch die Zusammenarbeit von Richter und Polke nach 1971 abbricht,17 und sie spiegelt sich nicht zuletzt in Richters privater Notiz von 1985: "Polke, wie immer, stelle ich freudig fest, tut Vergleichbares."18 Eben diese Vergleichbarkeit wird hier zum Anlass genommen, die beiden Künstler einander gegenüber zu stellen, wobei in den ähnlichen Ansätzen, Topoi und Verfahren, die sich in den Werken beider zeigen, gerade auch die Unterschiede und Abweichungen 'fruchtbar' gemacht werden sollen. So arbeitete Polke die Geschichte der Kunst nicht wie Richter systematisch in einzelnen Werkgruppen durch, sondern griff in scheinbar spielerischer Weise Motive, Stile und Positionen aus der Kunstgeschichte auf, und zeigte sie in Kombination mit Trivialmotiven und unüblichen Me- 13 14 15 16 17 18 Richters Aussage im Gespräch mit Dietmar Elger: Elger 2002, S. 132. Gerhard Richter, "Notizen 1964", in: Obrist 1993, S. 19-20. Butin 2002b, bes. S. 5 u. 8; Elger 2002, S. 141. Butin 2002b, S. 5. Vgl. dazu Butin 2002b, S. 8; Elger 2002, S. 230. – Richter erklärte das Ende der Freundschaft gegenüber Robert Storr mit den sich unterschiedlich entwickelnden Lebenssituationen beider Künstler: "I can only say that that's the way it was. Polke drifted away into the psychedelic direction and I into the classical", Storr 2002c, S. 300. "Notizen 1985", in: Obrist 1993, S. 110-115, hier S. 112. 7 dien oder Techniken aus einem neuen, oft ironischen Blickwinkel. Polke selbst charakterisierte sein Verfahren der Wiederholung selbstironisch als "Auftragsmalerei": "Das solcherart unmittelbar erfahrene Wirken tiefster Bestimmung auch im scheinbar Zufälligen bestärkte mich in der Überzeugung, dass alles schon vorgezeichnet ist und es mein Auftrag sei, dies nunmehr auszumalen. So ist meine Malerei in ihrem tiefsten Wesen eine Auftragsmalerei, und ich schmeichle mir, immer nach Vorlage gemalt zu haben […]."19 Nachdem im 20. Jahrhundert schon einige vermeintlich "letzte Bilder" gemalt worden waren und die Kunsttheorie das "Ende der Malerei" ausrief,20 nutzten Richter und Polke die Geschichte der Malerei als Fundus, deren Paradigmen sie durchspielten und auf ihre Gültigkeit überprüften. Diese Bezüge beider Künstler auf die Geschichte der Kunst und, wie zu zeigen sein wird, auch auf die Kunstgeschichte als Disziplin stehen im Zentrum des Interesses der vorliegenden Arbeit. Dabei werden einerseits die Werke untersucht, welche sich als eindeutige Referenzen auf einzelne Kunstwerke nachweisen lassen, und andererseits jene, welche aufgrund einer visuellen Ähnlichkeit auf traditionelle Bildtypen, Stile, Gattungen oder Modelle der Malerei verweisen.21 Richters und Polkes Verfahren einer Rückbezüglichkeit auf die Geschichte der Kunst kann zudem stellvertretend für einen erheblichen Zuwachs an künstlerischen Referenzen auf die eigene Tradition seit den sechziger Jahren des 20. Jahrhunderts betrachtet werden. 19 20 21 Heubach 1997, S. 289. Vgl. dazu Weibel/Meyer 1991; Crimp 1996b; Meinhardt 1995; Meinhardt 1997; Neumeier/Pühringer 1999. Die Untersuchung umfasst Werke beider Künstler aus allen Schaffensphasen seit den sechziger Jahren, wobei es nicht um Vollständigkeit geht. Da Richter sich seit etwa Mitte der achtziger Jahre verstärkt den 'Abstrakten Bildern' widmete, liegt in Bezug auf ihn der Fokus auf den 60er und 70er Jahren. – Die Identifikation der Vorbilder, auf die sich die Künstler beziehen, ist in den meisten Fällen durch die Titel der Bilder, durch den allgemeinen Bekanntheitsgrad oder durch die Forschung bereits geschehen und steht somit nicht im Vordergrund. Für einige wenige Fälle konnte der noch ausstehende Nachweis des Vorbildes jedoch noch erbracht werden. 8 Dieses für die Kunst im 20. Jahrhundert immer wichtiger werdende Prinzip der Wiederholung in Form von Zitaten, Kopien, Paraphrasen, Hommagen oder 'Demontagen' erklärt sich wohl zum Teil durch die zunehmende 'Verfügbarkeit' von Kunst in technischen Reproduktionen, durch den Einsatz technischer Reproduktionsverfahren auch in der Kunst und durch eine verstärkte Reflexion über die sich wandelnden Bedingungen des Kunstschaffens und das Verhältnis von Kunst und 'Nicht-Kunst'. Katrin Sello brachte 1979 die in den sechziger Jahren wachsende Anzahl von Zitaten in der Kunst in ihrer Einführung zur Ausstellung Nachbilder. Vom Nutzen und Nachteil des Zitierens für die Kunst mit dem "Auftreten des Neuen Realismus" in Verbindung: "Je politischer sich die Realisten verstanden haben, desto intensiver hat sich ihre Beschäftigung mit der Geschichte, also auch der Kunstgeschichte niedergeschlagen."22 Diese Beobachtung geht jedoch davon aus, dass alle zeitgenössischen Kunstbezüge einem 'Realismus' verpflichtet und politisch motiviert seien, was durchaus nicht der Fall ist. Überzeugender in Bezug auf die spezifisch deutsche Situation ist der Ansatz Benjamin Buchlohs, der das Vakuum der Moderne im Nachkriegsdeutschland dafür verantwortlich macht, dass die "NeoAvantgarde" quasi von aussen auf die Moderne zurückgeblickt und deren Ausdruck durch Zitate beziehungsweise visuelle Strategien der Aneignung und Ironisierung angenommen habe. Darin vergleicht er die Methode der deutschen Künstler zudem mit jener ihrer amerikanischen Zeitgenossen, insofern als auch dort die europäischen Strategien der Moderne, wie etwa der Dadaismus, wieder entdeckt worden seien.23 Das in Europa und Amerika gleichermassen zunehmende Interesse der Kunst an ihrer eigenen Tradition, spiegelt sich auch in zahlreichen Ausstellungen und Publikationen seit den siebziger Jahren, in denen die zeitgenössische Kunst der Wiederholung als eigen- 22 23 Sello 1979, S. 14. Buchloh 1982b, S. 31-32. 9 ständiges Phänomen und seit den achtziger Jahren auch als neue Kunstform behandelt wurde. Während Ausstellungen wie D'Après. Ommaggi e dissacrazioni nell'arte contemporanea 1971, Nachbilder 1979 oder Hommage-Démontage 1988 vor allem die Bezugnahme auf ein 'Vorbild' thematisierten, hob die amerikanische Schau Art About Art 1978/79 in den Zitaten und Paraphrasen der amerikanischen Pop Art besonders den Aspekt der Selbstbezüglichkeit von Kunst hervor.24 Dass dabei die zeitgenössischen Kunst-Referenzen bereits auf eine lange Tradition des "Nachdenkens der Kunst über sich selbst"25 zurückgehen, ist auch Ausgangspunkt für Christoph Zuschlags Meta-Kunst. Kunst über Kunst nach 1960, in der er die Selbstreflexion der Kunst-Bezüge explizit mit Bezug auf Viktor I. Stoichitas Begriff der Metamalerei zu deuten versucht.26 Während Leo Steinberg in seiner Einleitung zum Ausstellungskatalog Art About Art die Wiederholungen der Pop Art innerhalb einer bereits langen Tradition des Zitierens, Kopierens und Paraphrasierens in der Kunst situiert,27 postulierte im Gegensatz dazu Evelyn Weiss in ihrem Aufsatz "Kunst in Kunst – Das Zitat in der Pop Art" bereits 1970: "Mit der Konsolidierung der amerikanischen Pop Art in den sechziger Jahren nimmt die Beschäftigung mit den alten Meistern eine neue Wendung."28 Auch Hans Belting beobachtete 1982 in den Historien von Larry Rivers "ein anderes Verhältnis" zur Tradition als dies etwa noch bei Picasso der Fall gewesen sei, insofern, als die zeitgenössische Kunst die ältere aus "einer kaum einholbaren Distanz" reflektiere.29 In einem ähnlichen Sinne hatte Evelyn Weiss in den Wiederholungen der Pop Künstler eine radikale und erbarmungslose "Entmythisierung der 24 25 26 27 28 29 D'Après 1971, Ahrens/Sello 1979, Bohnen 1988a, Lipman/Marshall 1978. Stoichita 2002. Vgl. Georgel/Lecoq 1982; Zuschlag 2001; Zuschlag 2002; Stoichita 1993. – Auch Hermann Ulrich Asemissen und Gunter Schweikhart sahen in den "Bilder nach Bildern" die Malerei als Thema der Malerei, Asemissen/Schweikhart 1994; vgl. dazu auch Mai/Wettengl 2002 und darin besonders Stoichita 2002. Steinberg 1978. Weiss 1971, S. 219. Belting 1982, S. 82; vgl. auch Belting 1995, S. 185-187. 10 Vergangenheit" beobachtet, die sich nicht für das Original interessiere, sondern Kunst nur noch durch die Medien wahrnehme und kenne.30 Udo Kultermann und Ekkehard Mai versuchten hingegen 1980 und 1981 das verstärkte Interesse der Kunst an ihrer Geschichte als neuen "Historismus" zu erklären, der sich in Verehrung der Tradition zur "grossen Kunst" zurückwende.31 Diese Auffassung der zeitgenössischen Wiederaufnahmen von Vorbildern im Sinne eines klassischen Verfahrens, das es in der Geschichte der Kunst immer gegeben habe, wurde in ähnlicher Weise von Ausstellungen wie Dialoge. Kopie, Variation und Metamorphose alter Kunst in Graphik und Zeichnung vom 15. Jahrhundert bis zur Gegenwart 1970 in Wien, Copier-Créer 1993 in Paris oder Encounters 2000 in London vertreten.32 Trotz der unterschiedlichen Erklärungs- und Einordnungsversuche herrscht Einigkeit darüber, dass die 'Aneignung von Bildern' eines der kennzeichnenden Verfahren der Kunst nach 1960 ist. Vor allem mit der Formation der so genannten 'Appropriation Art' im New York der achtziger Jahre, welche die fotografische Aneignung einer bestehenden Bildlichkeit zu einer eigenständigen Kunstform gemacht hat, ist die künstlerische Wiederholung zum Paradigma der Kunst in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts und damit zum viel besprochenen und analysierten Thema avanciert.33 Die in den Wiederholungen beobachteten Verschiebungen und Umwertungen von traditionellen Wertmassstäben der Kunst wie Originalität, Kreativität, 'Meisterlichkeit' oder Aura, welche sich auch in den Ausstellungs- und Publikationstiteln niederschlagen,34 waren 30 31 32 33 34 Weiss 1971, S. 233-234. Kultermann 1980, S. 36; Mai 1981, bes. S. 49. Vgl. Schmidt 1970, Copier-Créer 1993, Rosenblum 2000. - Der Versuch, eine Tradition der Rückbezüglichkeit zu rekonstruieren, zeigt sich auch bei Horàny/Sitt 1993, wobei sie jedoch für die zeitgenössische Kunst den Begriff des Zitats ausschliessen. Vgl. zur 'Appropriation Art' Buchloh 1982a; Crimp 1984; Ferrer 1985; Nelson 1996; Crimp 1996a; Rebbelmund 1999; Römer 1997; Römer 1999a, 2001; Groys 2001; Appropriation Now 2002. Vgl. Art and its Double 1987; Fake 1987; Bohnen 1988a; Huber 1989; Fake 1990; EchtFalsch 1991; Konstruktion Zitat 1993; Seipel 1993, darin 11 zugleich Anlass für rege Diskussionen um eine 'postmoderne' oder 'posthistorische' Kunst, in der die Wiederholungen eine entscheidende Rolle zu spielen schienen.35 Richter und Polke haben mit ihren Wiederholungen in derartigen Ausstellungen und Diskussionen bereits Beachtung gefunden, sind dabei jedoch bisweilen einer generalisierenden Sicht unterzogen worden, die eine klare Abgrenzung und Charakterisierung ihrer Verfahren gegenüber denen anderer 'Aneignungskünstler' vernachlässigte.36 Inzwischen ist das Thema der 'Kunst über Kunst' auch in akademischen Forschungsarbeiten aufgegriffen worden, von denen mehrere versucht haben, einen Überblick über die Kunstbezüge des gesamten 20. Jahrhundert zu geben.37 Christian Krausch, Romana Rebbelmund, Stefan Römer und Christoph Zuschlag haben in ihren Arbeiten entweder den Wiederholungen Richters oder jenen Polkes ein Kapitel gewidmet.38 Es gelingt dabei aber einzig Stefan Römer, die Arbeit Polkes nicht nur für seine eigene These gewinnbringend einzusetzen, sondern vor allem auch einen wichtigen Aspekt von Polkes Zyklus Original + Fälschung herauszuarbeiten. Innerhalb der Überblicke von Krausch, Rebbelmund und Zuschlag fungieren die Werke Richters oder Polkes als Beispiele für ein beobachtetes Kunstphänomen, werden aber durch diesen Kontext nicht neu analysiert, sondern in aller Kürze quasi monografisch behandelt.39 In rein monografischen Untersuchungen zu den Künstlern wurde das Thema der Rückbezüge auf die Kunst bisher oft der all- 35 36 37 38 39 bes. Amelunxen 1993; Madill 1994; Aura 1994, darin bes. Brüderlin 1994; Deecke 1999b, darin Deecke 1999a; Stremmel 2000. Vgl. dazu das Kapitel "Avantgarde des Alten – Wiederholung statt Fortschritt?" Vgl. zum Beispiel die Ausstellungen Ahrens/Sello 1979; Deecke 1999b. Vgl. Krausch 1995; Rebbelmund 1999; Schmidt 2000b. Vgl. Krausch 1995; Rebbelmund 1999; Römer 2001; Zuschlag 2001. – Dabei ist zu bemerken, dass nur Römer und Zuschlag dem Werk Polkes wirklich gerecht werden. Zuschlag macht dabei sehr wohl den Versuch, Polkes Werk innerhalb seiner Untersuchung einer neuen "Meta-Kunst" zu erhellen; die Spezifik von Polkes Wiederholungen im Gegensatz zu jenen der anderen besprochenen Künstler wird dabei jedoch, abgesehen von unterschiedlichen Themen oder Motiven, nur bedingt deutlich. – Bei Krausch und Rebbelmund greifen die Analysen der ausgewählten Werke von Polke und Richter in jeder Hinsicht zu kurz. 12 gemeineren Frage nach ihrer Reproduktion vorgefertigter Bilder in Form von Fotografien untergeordnet. Einzelne Analysen der KunstBezüge beider Künstler finden sich selbstverständlich in den umfangreichen Forschungen von Benjamin Buchloh, Martin Hentschel, Hubertus Butin und Jürgen Harten, welche hier ebenso diskutiert werden, wie Artikel von Dierk Stemmler, Carla Schulz-Hoffmann, Klaus Krüger oder Ellen Heider, die das Thema der Wiederholung bei Richter oder Polke anhand exemplarischer Werke aufgreifen.40 Ein grundlegendes Problem in der Beschreibung und Analyse wechselseitiger Bildbeziehungen ist die begriffliche Benennung und Unterscheidung der künstlerischen Verfahren. Bereits 1978 hatte Leo Steinberg in seiner Einleitung zur Ausstellung Art About Art beanstandet, "that we have plenty of bad-mouthing caconyms for the phenomenon under discussion, but no decent name."41 Dieses Manko zeigt sich auch in den bisherigen Beschreibungen der Bezüge Richters und Polkes: Krauschs Begriff des "Bildzitats" greift genau jene Bezeichnung auf, die bei Steinberg für die Kunst als unangemessen empfunden wird, insofern als sie ihre Bezugnahme im Gegensatz zur Literatur nicht markieren könne.42 Während Polkes Arbeiten von Krausch als "ironische Zitate",43 anderweitig oft auch als "Parodien",44 "parodistische Aneignungen"45 oder "ironische Anverwandlungen"46 beschrieben werden, behauptet Frederic Ja- 40 41 42 43 44 45 46 Buchloh 1976; Buchloh 1982b; Buchloh 1993b; Buchloh 2002; Buchloh 2000a; Hentschel 1991; Hentschel 1992b; Hentschel 1997; Hentschel 2000; Butin 1993; Butin 1994; Butin 1997; Butin 1999; Harten 1986b; Stemmler 1974; Schulz-Hoffmann 1992; Krüger 1995; Heider 2000. – Daneben werden selbstverständlich zahlreiche weitere Forschungsansätze und Deutungen berücksichtigt, die an entsprechender Stelle aufgeführt sind. Vgl. auch die Ausstellungskataloge Harten 1986a; Richter 1993; Elger 1998b; Storr 2002b; Adriani 2000; Holm 2001; Polke 1976; Polke 1997; Polke 1995 Steinberg 1978, S. 20. Vgl. Steinberg 1978, S. 21-23. – Es wird im Kapitel "Intermedialität" jedoch gezeigt werden, durch welche Mittel dies dennoch möglich ist. Krausch 1995, S. 212. Power 1996, S. 108. Buchloh 1982b, S. 34. Hentschel 1997, S. 70-71. 13 meson, in der 'postmodernen' Kunst könne es nach dem 'Tod des Subjekts' keine Parodien mehr geben, sondern lediglich noch "Pastiches" als "blanke Parodien", die jeder Ironie beraubt seien.47 Ingeborg Hoesterey entwickelt entsprechend eine ganze Theorie zum "postmodern pastiche" als "cultural critique" in Kunst, Literatur und Film, ohne sich allerdings dazu zu äussern, inwiefern Ironie diesem Begriff noch eigen sei.48 Stefan Römer greift den Begriff des "Pastiche" in Anlehnung an Gérard Genettes Intertextualitätstheorie auf und grenzt sich von dem der "Parodie" nur insofern ab, als Parodien nach Genette nur in einem direkten Zitatverhältnis möglich seien, nicht aber als Nachahmungen. Was Buchloh oder Power als Parodien bezeichnen, würde entsprechend bei Römer zu Persiflagen.49 Für Richters Wiederholungen stellt sich diese Frage insofern nicht, als seine Bezugnahmen auf Kunstwerke nicht ironisch aufzufassen sind. Dennoch scheint etwa die bei Rebbelmund verwandte Bezeichnung der "Kopie als Kunstform" nicht in allen Belangen zutreffend. Sowohl Rebbelmund, als auch Krausch, Hoesterey, Zuschlag und Römer haben sich in ihren Arbeiten bereits auf unterschiedliche Weise um eine Systematisierung der Begriffe bemüht.50 Dass dabei Bezeichnungen gewählt wurden, die zum Teil untereinander nicht kompatibel sind, belegt die Heterogenität, der Begriffe für Bildbeziehungen, welche entweder dem allgemeinen Sprachgebrauch, der älteren imitatio-Theorie oder den Theorien zu Textbeziehungen entlehnt sind.51 Zwar gibt es bereits Ansätze, eine "Interikonizi- 47 48 49 50 51 Jameson 1983, S. 113-114. Hoesterey 2001. Vgl. Römer 2001, S. 58-60. - In der Unterscheidung zwischen direkten und indirekten Bezugnahmen ordnet Gérard Genette die Parodie den direkten Bezugnahmen zu und stellt ihr als indirektes, ebenso satirisches, Pendant die "Persiflage" gegenüber. Dabei macht er darauf aufmerksam, dass der Begriff der Parodie immer 'missbraucht' werde und sich diese Gewohnheit kaum ausmerzen lasse, Genette 1993, S. 41-42. – Vgl. zur Unterscheidung der Begriffe bei Genette den Glossar im Anhang. Auch im Katalog Diskurse der Bilder wird der Versuch unternommen, die Begriffe zu definieren, Seipel 1993. Vgl. zur imitatio etwa Pochat 2001. 14 tät" oder "Interpikturalität" in Anlehnung an die Intertextualitätstheorien als spezifisches Bezugssystem von Bildern zu entwickeln;52 eine Systematik der denkbaren Beziehungen und Ebenen steht dabei aber noch aus, da es sich hierbei lediglich um eine 'Umbenennung' des literaturwissenschaftlichen Phänomens handelt. Es lässt sich zudem bezweifeln, dass eine umfassende Theorie für die wechselseitige Beziehung von Bildern überhaupt zu bewältigen ist, da bereits die verschiedenen Ansätze der Intertextualitätstheorien gezeigt haben, dass ein Begriffssystem immer von seiner Betrachtungsweise abhängt.53 Entscheidend ist lediglich das Vorhaben, die ältere Quellen- und Einflussforschung durch eine Untersuchung aktiver, markierter und bedeutungskonstituierender Bezugsmomente zu ersetzen.54 52 53 54 Der Begriff der 'Interikonizität' ist in der Literatur noch nicht zu finden; Christoph Zuschlag verweist auf einen unpublizierten Vortrag von Matthias Bleyl über "Interikonizität bei Joseph Beuys", Zuschlag 2001, S. 28. – In Bezug auf den Begriff der 'Interpikturalität' vgl. Rosen 2003, die den Begriff in einigen wenigen kunsthistorischen Untersuchungen aufspürt und in Parallelität zu Intertextualitätstheorien zu definieren versucht. Der spezifischen Eigenschaft von Bildern im Gegensatz zu Texten wird hier jedoch noch nicht Rechnung getragen. An dieser Stelle sei Valeska von Rosen dafür gedankt, dass sie mir das Manuskript des im Druck befindlichen Lexikonartikels zur Verfügung stellte. Julia Kristeva, die den Begriff der 'Intertextualität' 1969 für die Literaturwissenschaft prägte, bezeichnete damit ein allumfassendes, universales und ahistorisches Konzept, in dem die Bezüglichkeit zu einer Eigenschaft aller Texte wurde, Kristeva 1969. – Manfred Pfister argumentiert dagegen, dass somit Intertextualität kein besonderes Merkmal bestimmter Texte mehr sei und plädiert stattdessen dafür, die Phänomene einer "Skalierung" zu unterwerfen, derzufolge sich Intertextualität "nach Graden der Intensität" des intertextuellen Bezugs differenzieren und abstufen liesse; Pfister 1985, bes. S. 25. In diesem Sinne entwerfen Pfister und Ulrich Broich einen eingeschränkten, kommunikativ-semiotischen Begriff der Intertextualität, der auf "markierte" Bezüge zwischen Texten und deren Funktionen im Textganzen abhebt, Broich/Pfister 1985, bes. S. 31-47. – Gegen diese "intentionale Explizität" des enger gefassten Intertextualitätsbegriffes wehrt sich zum Beispiel Ernest Hess-Lüttich, der die von den Poststrukturalisten ausgerufene subjektlose Produktivität des Textes rezeptionsästhetisch umwertet und den Leser im Zusammenspiel mit der Struktur des Textes über Bedeutung und Gewicht der Intertextualität entscheiden lässt, HessLüttich 1987, bes. S. 10. – Diese Gegensätzlichkeit der Ansätze liesse sich ohne weiteres auf die wechselseitigen Beziehungen zwischen Bildern übertragen. Vgl. dazu auch Minor 1998, bes. S. 132-133, und zur Kritik der 'Einfluss-Forschung' Baxandall 1990, S. 102-105. 15 Insofern wird hier weder der Versuch gemacht, ein Begriffsystem zu entwerfen, noch Bezeichnungen festzulegen oder zu erfinden. Es soll lediglich versucht werden, Richters und Polkes einzelne Bezüge auf die Kunst so genau wie möglich zu benennen und die Begriffe dabei klar von einander zu trennen. Gerade der Vergleich ihrer ähnlichen und doch abweichenden Methoden sollte dabei hilfreich sein. Stefan Römers Versuch, Gérard Genettes Intertextualitätstheorie Palimpseste als Begriffsgrundlage für Bildbezüge zu nutzen, wird hier insofern für Richter und Polke übernommen, als Genette den Versuch gemacht hat, einzelne Bezugsformen schematisch abzugrenzen und funktionale Register von "ernsthaft" über "spielerisch" bis "satirisch" zu benennen, mit welchen sich die unterschiedlichen Verfahren Polkes und Richters gut veranschaulichen lassen. Genettes Begriffssystem kann jedoch aus zwei Gründen nur als grobes Ordnungsschema dienen: Erstens ist seine grundsätzliche Unterscheidung zwischen Transformation und Nachahmung, also zwischen direkter und indirekter Bezugnahme nicht immer eindeutig auf Bilder übertragbar, zweitens erweisen sich Polkes und Richters Gemälde als mehrfache Bezugnahmen einerseits auf künstlerische Vorbilder, andererseits auf fotografische Vorlagen und schliesslich auf eine diskursive Ebene, so dass sie sich in einem einzigen Begriff oft nicht fassen lassen. Die hier gewählten möglichst allgemeingültigen Bezeichnungen der "Aneignung" und "Wiederholung" sind somit für jedes einzelne Werk zu spezifizieren. Der Glossar im Anhang versucht insofern lediglich, die Verwendung der Begriffe zumindest offen zu legen und zugleich einen Überblick darüber zu verschaffen, wie künstlerische Bezugnahmen, insbesondere in der Gegenwartskunst, bisher bezeichnet wurden. Dem Vorgehen von Richter und Polke wird sich hier in einem ersten Schritt durch die Analyse zweier exemplarischer Serien 'angenähert', in welchen beide Künstler Gemälde 'alter Meister' aufgreifen und in ihrer jeweils spezifischen Weise wiederholen. Anhand dieser Einzelanalysen können die weiteren zu untersuchenden Problematiken herausgestellt werden. 16 Zunächst steht die Frage nach der Motivation für die Bezugnahmen auf bestimmte Kunstwerke im Vordergrund. Sowohl die demonstrative Abgrenzung von einer Tradition als auch der Bezug auf anerkannte Vorbilder waren in der Geschichte der Kunst immer Möglichkeiten der Legitimation des eigenen künstlerischen Schaffens. Ausgehend von der Rezeption der Werke Richters und Polkes in der zeitgenössischen Presse werden die Stichworte der 'Destruktion', der 'Wahlverwandtschaft' und des 'Wettstreits' als herkömmliche Motivationen von künstlerischen Bezugnahmen, wie sie einerseits die Praxis der 'Klassischen Moderne' und andererseits die ältere der imitatio vorgeben, auf Richters und Polkes Wiederholungen bezogen. Das zunächst scheinbar planlose Aufgreifen von Kunstwerken verschiedenster Epochen lässt sich als eine 'Revision' von kunsttheoretischen und -historischen Kategorien und Modellen verstehen und ordnen. Anhand einzelner Bildanalysen können die Werke nach ihren Bezügen auf Gattungen der Malerei, auf Stile der 'Klassischen Moderne' und auf Grundelemente des Tafelbildes und seine theoretischen Konzepte systematisiert werden. Die Ordnung der Werke erfolgt anhand ausgewählter Beispiele, die auf den jeweiligen speziellen Bezugspunkt hin analysiert werden, wobei es lediglich um die Präsentation einer möglichen Lesart in der Untersuchung dieses spezifischen Kontextes gehen soll. Bereits an dieser Stelle wird deutlich, dass die Bezugnahmen als 'reflektierte' Wiederholungen zu verstehen sind, die in einer "diskursiven Ästhetik"55 sowohl auf kunsthistorische Modelle wie auch auf Bedingungen ihrer eigenen Medialität und Rezeption referieren. Dass dabei auch theoretische und gesellschaftliche Wertmassstäbe der Kunst aufgegriffen und in ihrer ideologischen Ausrichtung beleuchtet und kritisiert werden, soll im Kapitel 'BildDiskurse' anhand einzelner Topoi gezeigt werden: dem zeitgenössischen 'Bilderstreit' um eine herrschende Bildsprache, der künstlerischen 'Handschrift' als Ausdruck des Künstlersubjekts, der 55 Brüderlin 1996. 17 Vorstellung vom Künstler als 'Originalgenie' sowie dem Glauben an eine 'Macht' der Bilder.56 Innerhalb des Rückgriffes auf künstlerische Vorbilder nehmen die Künstler somit nicht nur zu den wiederholten Werken, sondern vor allem zu 'Dispositiven' der Kunstwelt und Gesellschaft Stellung.57 Material für die Aufdeckung jenes Zusammenspiels sind neben ausgewählten Gemälden Richters und Polkes, entsprechende Werke anderer Künstler, sowie Ausstellungen, zeitgenössische Pressestimmen, kunsttheoretische Schriften und die Aussagen der Künstler, die jedoch nicht als Interpretationsanweisungen, sondern selbst als interpretierbare künstlerische Produkte gelesen werden. Dabei wird davon ausgegangen, dass der Diskurs als "eine institutionell verfestigte Redeweise"58 im Sinne Michel Foucaults das gesamte Feld des Wissens und Handelns bestimmt, also sowohl das Alltagswissen, welches über Medien und alltägliche Kommunikation vermittelt wird, wie auch das durch die Wissenschaften produzierte Wissen einschliesst.59 Die Gemälde Richters und Polkes können in diesem Sinn als "Vergegenständlichungen" eines diskursiven Kontextes verstanden werden, wobei sich in der Analyse die Werke und ihr Kontext wechselseitig erhellen.60 Es lässt sich zudem zeigen, dass die Stellungnahmen zu diesen Kontexten keineswegs immer eindeutig sind. Die Widersprüche und Paradoxien, welche die Künstler in ihren vielfältigen Bezügen aufwerfen, werden hier als Teil ihrer künstlerischen Strategie analysiert. Während sich beide in den Wiederholungen von Bildern einerseits einer kreativen Schöpfung zu entziehen versuchen und damit den Topos des 'verschwindenden' Künstlersubjekts zu bestä- 56 57 58 59 60 Vgl. zu derartigen Topoi auch Wyss 1996. Zum Begriff des 'Dispositiv' als "Zusammenspiel diskursiver Praxen (=Sprechen und Denken auf der Grundlage von Wissen), nichtdiskursiver Praxen (=Handeln auf der Grundlage von Wissen) und 'Sichtbarkeiten' bzw. 'Vergegenständlichungen' (von Wissen durch Handeln/Tätigkeit)", vgl. Jäger 2001, hier S. 82. Link 1983, S. 60. Foucault 1986; vgl. auch Jäger 2001, S. 81. - Zur gesellschaftlichen Kontrolle der Produktion des Diskurses vgl. Foucault 2001. Zu "Sichtbarkeiten/Vergegenständlichungen" als eine der drei "Durchgangsstationen" des Dispositiv vgl. Jäger 2001, bes. S. 106-110. 18 tigen scheinen, lassen sich ihre Bezüge auf bekannte Vorbilder und das Streben nach einer 'Bildermacht' zugleich als Versuche der Legitimation ihrer eigenen Tätigkeit deuten. Diese Widersprüchlichkeit ihrer Positionen lässt sich auch auf der sprachlichen Ebene beobachten: Richter und Polke entziehen sich in paradoxen sprachlichen Kommentaren der Verpflichtung, das eigene Werk analysieren zu müssen. Stattdessen entwerfen sie in ihren Texten und Interviews ein paralleles System zu den Kunstbezügen, indem sie auch sprachlich verschiedenste Topoi des Kunstdiskurses wiederholen und ironisieren. Für diesen Ansatz, die Kunstwerke als konzeptuelle Stellungnahmen zu deuten, muss im folgenden Kapitel der Nachweis erbracht werden, inwieweit diese Lesart in den Gemälden selbst angelegt ist. Die Frage nach dem medialen Verfahren der Künstler in der 'Verwertung' von Vorbildern soll dabei ermöglichen, die Werke aus einem anderen Blickwinkel zu analysieren, der für sie selbst nur 'Mittel zum Zweck' ist. Wie die Intertextualitätstheorie nach 'Markierungen' von Bezugnahmen fragt, muss entsprechend hier untersucht werden, inwiefern die Nachbilder Richters und Polkes ihre eigene Referenzialität überhaupt indizieren. Eine solche 'Markierung' lässt sich in ihrem Rückgriff auf die Kunst über fotografische Vorlagen als 'Intermedialität' beschreiben und in einem weiteren Schritt mit Boris Groys' Formel des "doppelten Zitats" vergleichen. Daraus ergibt sich die Frage, welche Funktion der Rückgriff auf die Kunst über eine medial differente 'Zwischenstation' haben könnte, und inwiefern darin auch ein 'kollektives Bildgedächtnis' reflektiert wird. So können die Wiederholungen in ihrem Bezug auf kollektive Bilder auch als eine Kategorie der 'Erinnerung' gedeutet werden. In einer abschliessenden Gegenüberstellung sollen schliesslich die Übertragungsverfahren von Richter und Polke zusammenfassend miteinander verglichen werden, wobei die Begriffe der 'Affirmation' und 'Provokation' der Polarisierung ihrer unterschiedlichen Haltungen dienen. Das letzte Kapitel der Arbeit fragt danach, inwiefern sich in den Wiederholungen Richters und Polkes, im Vergleich auch mit an19 deren zeitgenössischen 'Aneignungskünstlern', ein Funktionswandel erkennen lässt. Während die traditionellen künstlerischen Zitate und Paraphrasen vor allem als formale oder ikonografische Aneignungen von Vorbildern zu verstehen sind,61 erscheint bei Richter und Polke die Wiederholung eines bestehenden Bildes vor allem als Mittel, um in ihrer Redundanz oder Manipulation auf einen Kontext zu verweisen. Das Interesse am Vorbild ist damit weniger in dessen Eigenschaften als in einer künstlerischen Reflexion seines Funktionierens begründet. Es stellt sich die Frage, ob die künstlerische Stellungnahme zum Kunstdiskurs nicht auch wieder auf diesen selbst zurückwirkt und sich somit ein System wechselseitiger Beziehungen ergibt. Die Rezeption der Werke in Kunstkritik und Kunsttheorie muss insofern als kontextueller Rahmen der Werke mitbedacht und analysiert werden. So wurde das Phänomen einer Wiederholung und konzeptuellen 'Verwertung' von Vorbildern in verschiedener Hinsicht als Indiz für einen Paradigmenwechsel in der Kunst rezipiert, wobei die Kunstwerke gerne als evokative Belege für geschichtsphilosophische Modelle wie die 'Postmoderne' oder 'Posthistoire' vereinnahmt wurden. Timothy J. Clark hat im Zusammenhang mit dem Werk Edouard Manets festgestellt, der Wert eines Kunstwerks sei letztlich nicht abhängig von seiner Brauchbarkeit für eine bestimmte Ideologie, denn Malerei könne den "Halbwahrheiten des Augenblicks überaus hündisch ergeben sein und dennoch nicht weniger stark".62 In diesem Sinne soll es hier nicht darum gehen, die Werke Richters und Polkes zu bewerten, sondern vielmehr aufzuspüren, inwiefern ihre ideologische Vereinnahmung für die These einer 'postmodernen Kunst' in ihnen angelegt ist. So folgerte Clark, es spiele 61 62 So beschreibt George Kubler in The Shape of Time 1962 etwa die Kunstgeschichte als "System formaler Beziehungen" und geht davon aus, dass sämtliche Kunstwerke als graduell veränderte Lösungsansätze verschiedener Problemstellungen in "formalen Sequenzen" betrachtet werden können: "Die genaueste Definition der formalen Sequenz, die wir bis jetzt geben können, lautet, dass sie ein historisches Maschenwerk von graduell veränderten Wiederholungen desselben Merkmals ist", Kubler 1982, bes. S. 69-104, hier S. 76. Clark 1985, S. 78. 20 durchaus eine Rolle "aus welchen Materialien ein Kunstwerk bestehe", auch wenn das "bildnerische System" etwas anderes und letztlich wichtiger sei.63 Nachdem die 'bildnerischen Systeme' in ihren Funktionen und Verfahren bereits analysiert wurden, soll im Kapitel 'Funktionswandel' also untersucht werden, inwiefern die Wiederholungen sich etwa der modernen Idee des Fortschritts widersetzen und ob die konzeptuelle Referenzialität als 'Mehrwert' betrachtet werden kann, welcher die Kritik an einer 'reinen' Ästhetik implizieren würde.64 Im Vordergrund steht in den letzten drei Kapiteln somit der Zusammenhang der Werke mit ihrer Rezeption, wobei zum Schluss gefragt wird, ob es sich dabei um ein 'geschlossenes System' handelt, in dem Richters und Polkes Wiederholungen gerade als Reflexion der ideologischen Vereinnahmung von Kunst gedeutet werden, um damit wiederum genau die Erwartungen einer kritischen Haltung der Kunst zu erfüllen. 63 64 Clark 1985, S. 78. Zum Begriff des "kritischen Bildes" vgl. Didi-Huberman 1999, S. 159190. 21 Annäherung 1. Gerhard Richters Verkündigung nach Tizian 1973 malte Gerhard Richter eine Serie von fünf Gemälden unter dem Titel Verkündigung nach Tizian. Das Vorbild war Tizians Verkündigung von 1520 in der Scuola Grande di San Rocco in Venedig (Abb. 2). Zwar weichen die Gemälde Richters (Abb. 3-7) in den Massen nicht stark von dem des italienischen Meisters ab,65 das Motiv der Verkündigung ist jedoch nur im ersten Bild der Serie zu erkennen. In den anderen vier Gemälden wird die Historie durch die starke Verwischung der Farbe in eine 'abstrakte' Darstellungen verwandelt. In einem Interview von 1991 behauptete Richter, er habe Tizians Meisterwerk in Venedig gesehen und es kopieren wollen, um "ein schönes Bild zu Hause" und "damit ein Stück dieser Zeit" zu besitzen. Da ihm seine Kopie jedoch misslungen sei, habe er mit seiner Serie zeigen wollen, dass sich ein solches Bild heute nicht mehr malen lasse.66 Ein Blick auf Richters übriges Werk verrät, dass der Künstler mit seiner Aussage irreführen wollte. Seine Werke offenbaren eine technische Versiertheit, die es ihm sicher erlaubt hätte, eine 'akademische' Kopie anzufertigen.67 Inso- 65 66 67 Mit 125 x 200 cm sind ersten beiden Werke der Serie um ein Viertel kleiner als Tizians Gemälde, während die letzten drei mit 150 x 250 cm nur 16 cm in Höhe und Breite vom Original abweichen. Gerhard Richter, "Interview mit Jonas Storvse 1991", in: Obrist 1993, S. 212-220, hier S. 215. – Diese Aussage bestätigte er in gleicher Form in einem Telefongespräch mit der Verfasserin vom 26. März 2001. Die Kopie war an den Kunstakademien ein wichtiger Bestandteil der Ausbildung zum Künstler. Albert Boime beschreibt, wie an der Pariser Académie des Beaux-Arts die Schüler durch das Kopieren alter Meister nicht nur ihre Technik schulen, sondern ausserdem Erfindungskraft, Phantasie und kompositionelle Ideen entwickeln sollten. Dabei bestand die akademische Leitung darauf, dass nur eine exakte Kopie diesen Nutzen für die Ausbildung des Künstlers haben könne, Boime 1971, S. 4243; zur Beurteilung und Wertung der Kopie im 18. und 19. Jahrhundert vgl. Bätschmann 1996, S. 26-28. - Auch Richters Studium an der Kunstakademie in Dresden beinhaltete in den ersten drei Jahren das Kopieren alter Meisterwerke und eine "strenge akademische Ausbildung mit Akt- 22 fern muss es ihm bei der Beschäftigung mit dem Thema um etwas anderes gegangen sein als das getreue Kopieren eines "schönen Tizian".68 Entscheidend sind dabei zwei Faktoren: Richter hat seine Serie nicht vor dem Original in Venedig gemalt und dort auch keine Studien angefertigt, sondern mit der Vorlage einer Postkarte gearbeitet, die er dann wieder annähernd auf die Originalmasse des Gemäldes vergrösserte.69 Die dabei entstandene Serie zeigt zwar die Verwandlung des Motivs in ein 'abstraktes' Farbenmeer, bricht aber die Chronologie der Serie auf, indem das scheinbar 'letzte' Bild an die zweite Stelle gesetzt ist.70 Sowohl die absichtliche Wahl einer Reproduktion als Vorlage, als auch die Manipulation der Reihenfolge der Bilder scheinen somit aussagekräftig. Das erste Bild in Richters Serie lässt den Rückschluss auf das Vorbild Tizians auch ohne den Hinweis im Titel zu. Das Motiv der Verkündigung ist hier entsprechend der Vorlage gestaltet, lediglich die Details und Konturen gehen durch die starke Unschärfe verloren. Die Verkündigungs-Szene spielt auf der Terrasse einer Renaissance-Architektur ab, in der rechts Maria vor dem aufgeschlagenen Alten Testament kniet, während von links oben der Engel in wehendem roten Gewand mit der Lilie in der linken Hand und dem Zeigegestus der rechten herab schwebt. Maria nimmt mit der Säulenarchitektur hinter ihr die rechte Bildhälfte ein, während der Engel die linke füllt; den Mittelpunkt des Gemäldes bildet ein rotes Tuch, das über einer Balustrade drapiert ist, über die man in eine Landschaft im Bildhintergrund blickt. Diese Landschaft verschwindet bei Richter in der Unschärfe, ebenso wie das 68 69 70 zeichnen, Stillleben und Landschaften, Figurenmalen", Richters Aussage in: Courts 1987, S. 4. Zitat Richters in: Nabakowski 1974, S. 3. Richter erklärte in einem Telfongespräch mit der Verfasserin vom 26. März 2001, er habe sich in Venedig um eine möglichst schöne Vorlage bemüht und auch selber Fotos gemacht, zu Hause aber festgestellt, dass eine Postkarte ihm ebenso dienen konnte. Die Serie wird durch die Nummerierung der Werke zweigeteilt, indem die ersten beiden Bilder gleichen Masses die Nummern 343/1+2 tragen, während die letzten drei (ebenfalls gleichen Masses) unter den Nummern 344/1-3 zusammengefasst sind. 23 im Bildvordergrund vor Maria stehende Nähkörbchen, der Apfel und das Rebhuhn, das über den Marmorboden läuft.71 Die christliche Ikonografie und ihre Symbole werden somit von Richter offenbar nicht für wichtig erachtet. Auch die Gesichter beider Figuren sind bei ihm nur schemenhaft zu erkennen. Bereits in dieser Version seiner Verkündigung scheint er sich vor allem auf die Wiedergabe der Farben zu konzentrieren. Die trotz der Unschärfe gut zu identifizierende biblische Historie ist im zweiten Bild der Serie Richters jäh verschwunden. Einzig das Rot des Engelsgewandes und des über die Brüstung fallenden Tuches ist als dominante Farbe übrig geblieben und wird in der linken Bildhälfte mit schwach weisslichen Farbschleiern vermischt, während es in der Mitte und an den Bildrändern in dunkle Brauntöne übergeht. Die Farben lassen sich somit entfernt auf die ursprüngliche Komposition zurückführen, bilden aber nun ein 'ungegenständliches' Bild, das nur noch in seinem nebulösen Farbauftrag an das erste erinnert. Die stetige Auflösung des Verkündigungsmotives kann in den letzten drei Bildern der Serie nachvollzogen werden. Im ersten ist die Komposition Tizians noch schwach durch die Verteilung und Proportion der Farbfelder erkennbar. Die beiden Figuren mit der Balustrade und dem roten Tuch darüber, sowie die Lichtstrahlen sind noch zu erahnen, Richter hat sie jedoch mit breiten und deutlich sichtbaren Pinselstrichen so verwischt, dass keine Umrisse und somit auch keine klaren Gegenstände oder Figuren mehr auszumachen sind. Im zweiten Bild verstärkt er dieses Verfahren. Noch deutlicher sind die wirren und groben Pinselstriche erkennbar, während die ursprüngliche Komposition fast völlig verschwunden ist. Zurück bleibt eine informelle Malerei, die farblich noch entfernt an Tizians Vorlage erinnert.72 Gleiches gilt für das 71 72 Zur Symbolik vgl. Wethey 1969, S. 70, und Ost 1992, S. 76. Der rote Farbfleck des Tuches bleibt dabei in der Mitte des Bildes wie ein Orientierungspunkt erhalten. 24 letzte Bild der Serie, hier wirken lediglich die Farben durch ihre starke Vermischung noch nebulöser. Der Gedanke liegt nahe, Richter habe die Verwandlung eines Tizians in ein 'abstraktes' Gemälde demonstrieren wollen. Diese Überlegung wäre aber in ihrer Linearität verfälscht, steht doch jenes Werk, in welchem die 'Auflösung' des Originals am weitesten getrieben ist, nicht am Schluss, sondern nur als Möglichkeit der annähernden Kopie gegenüber.73 Neun Jahre nach der Entstehung dieser Serie malte Gotthard Graubner, der wie Richter nach einem Studium an der Dresdner Kunstakademie aus der DDR geflohen war, dann in Düsseldorf studierte und dort auch Professor wurde,74 eine Hommage an Tintoretto (Abb. 8), die in ihren roten Farbnebeln an das zweite Bild der Richter-Serie erinnert.75 Es ist überliefert, dass Graubner sich mit seiner Hommage auf die Gemälde Tintorettos in der Scuola Grande di San Rocco bezog, ob es sich um ein bestimmtes Vorbild handelte, ist nicht bekannt.76 Claudia Hattendorff beschreibt, wie die Erinnerung an Tintorettos "marianisches Rot" bei Graubner 73 74 75 76 Im Interview mit Gislind Nabakowski sagte Richter dazu: "Nach dem 1. Bild habe ich mir das letzte – so, wie es vielleicht werden könnte – bereits vorgestellt. Doch musste ich die drei dazwischen 'probieren', ablaufen lassen, um dahin zu kommen. Das heisst aber nicht, dass das letzte dann ein Abschluss wäre, eine Lösung, ein Resultat", Nabakowski 1974, S. 3. Gotthard Graubner wurde 1930 in Erlbach (Vogtland) geboren, studierte 1947/48 an der Hochschule der Künste Berlin (West), von 1948-1951 an der Staatlichen Kunstakademie Dresden und verliess nach zwei Zwangsexmatrikulationen 1954 die DDR, um dann zwei Jahre an der Staatlichen Kunstakademie Düsseldorf zu studieren. Richter absolvierte seine Studien in Dresden und Düsseldorf jeweils zwei Jahre nach Graubners Austritt. Ab 1976 waren beide gleichzeitig Professoren in Düsseldorf (Richter war bereits 1971 ernannt worden). Graubners Gemälde entstand als einer seiner "Farbraumkörper" für die XL. Biennale in Venedig 1982. Wie alle "Farbraumkörper" Graubners ist auch die Hommage à Tintoretto auf dem Boden liegend gemalt, wobei unter der Leinwandbespannung eine dicke Lage Synthetikwatte angebracht ist, die die in die Leinwand geriebene, dünnflüssige Ölfarbe zum Teil aufsaugt. Durch den Auftrag vieler dünner Farbschichten, entsteht eine subtile Vielfarbigkeit, die in der Hommage à Tintoretto von hellrot bis violett reicht; vgl. Bleyl 1991, S. 9-10. Vgl. Bleyl 1991, S. 32 und Hattendorff 1998, S. 162. Bleyl schlägt als direktes Vorbild die Heimsuchung von 1588 vor, da sich deren Bildaufbau mit dem von Graubner erwähnten "dreieck-förmigen Bildgerüst" decke, "in dem die Farbe zu kreisen beginnt", Bleyl 1991, S. 32. 25 "ganz in der Materie Farbe und im künstlerischen Akt ihres Auftrags" aufgehe.77 Graubner selbst hatte 1975 zu seiner Verwendung von Farbe geäussert: "Ich benutze Farbe nicht als Illustration von literarischen Themen. Farbe ist mir selbst Thema genug."78 Genau diese sich ausschliessenden Möglichkeiten stehen bei Richter einander gegenüber. Während sich Graubner ab 1957 radikal von seiner 'gegenständlichen' Malerei abgewandt und zum "Eigenleben der Farbe" bekannt hatte,79 liess Richter sich beide Möglichkeiten offen: Im ersten Bild der Serie steht die Farbe im Dienst des Sujets, im zweiten hat sie keinen Bezug mehr zu gegenständlichen Motiven und betont vielmehr das Bild selbst als Gegenstand.80 Die drei letzten Bilder zeigen genau den Schwebezustand zwischen diesen beiden Möglichkeiten als Übergang. Hier wird Abstraktion im wörtlichen Sinne als 'Loslösung' demonstriert, wobei nicht Formen von den Motiven losgelöst werden, sondern ihre Farbe. Diese Isolation des Elements der Farbe kann auch als Reflexion über das colorito, das den Diskurs um Tizians Malerei beherrscht hat, verstanden werden.81 Die durch die Forschung bekannt gewordene Tatsache, dass venezianische Renaissancemaler Tintoretto ihre Leinwände oft mit 77 78 79 80 81 Hattendorff 1998, S. 162. In Graubners weiteren Künstler-Hommagen wie Rosa Atem – Hommage à Turner (1961, Mischtechnik auf Leinwand, 160 x 130 cm, Köln, Privatbesitz) und der Hommage à Monet (1984/85, Acryl und Öl auf Leinwand über Synthetik auf Leinwand, Sammlung Lenz Schönberg) kommt es in ähnlicher Weise zu einer Verselbständigung der farblichen Charakteristika der Vorbilder. So erinnert die Hommage à Monet sowohl in der Farbwahl als auch im Farbauftrag stark an Monets späte Nymphéa-Gemälde, vgl. Hofmann 1975, S. 22-23, und Roters 1988, Kat.Nr. 17/6. Hofmann 1975, S. 86. Nabakowski 1973, S. 3-7. Hier zeigt sich bereits die Unzulänglichkeit und Schwierigkeit der begrifflichen Unterscheidung verschiedener künstlerischer Ansätze, die später noch aufgegriffen wird. Zur Bedeutung, die dem Phänomen der Farbe in der Erforschung der Venezianischen Malerei und im besonderen der Malerei Tizians beigemessen wurde vgl. Hills 1999 und Hetzer 1920; vgl. auch den Skandal um das "Venetian Secret" in England Ende des 18. Jahrhunderts als Beleg für das enorme Interesse an der Farbe der venezianischen Malerei, in: Gage 1993, S. 213-214. 26 rot-brauner Farbe grundierten,82 eröffnet dabei einen weiteren Zusammenhang: Symbolisiert die Auflösung des Motivs in rote Farbnebel den Rückweg der künstlerischen Werkgenese an ihren Ausgangspunkt?83 Und hat Richter versucht, damit zur ursprünglichen Idee oder zum ersten Gedanken zurückzufinden wie in einer kopierenden Skizze?84 Oder konfrontiert er den Betrachter vielmehr wie Frenhofer seine Freunde in Honoré Balzacs Novelle Le chef d'oeuvre inconnu mit einem "formlosen Nebel" aus "Farben, Tönen und unbestimmten Nuancen" und demonstriert mit der kontinuierlichen Zerstörung des Motivs die Unmöglichkeit des "vollkommenen Meisterwerks"?85 Vielleicht war es diese "malerische Verkündigung", die Jürgen Harten ansprach, als er in Richters Farb-Verwischung die Auflösung einer "ikonologischen Verkündigung" in eine rein malerische sah.86 Walter Grasskamp hingegen stützt seine Analyse der Serie auf die kabbalistische Legende vom vergesslichen Engel, der die Botschaft vom Messias auf die Erde bringen soll, diese aber unterwegs vergisst und sich zur Strafe dafür im Moment seines Erscheinens auflöst. In Analogie zu dieser Legende behauptet Grasskamp, Richter habe nach seiner Flucht aus dem Osten jegliche Botschaft 82 83 84 85 86 Vgl. Bleyl 1991, S. 34. - Paul Hills erwähnt, dass die rote Grundierung bei Tizian seit Jahren eine bekannte Annahme sei, stellt sie aber in Frage, Hills 1999, S. 222. Zu dieser Beobachtung passt Coosje van Bruggen Feststellung, der Prozess des graduellen Verschwindens des Bildes kehre den Verlauf der Entwicklung eines Polaroid Fotos um, Bruggen 1985, S. 83. Seit dem 16. Jahrhundert wurde die Skizze des kopierenden Künstlers als erste und ursprüngliche Äusserung der künstlerischen Idee und damit als Reduktion auf den "ersten Ausdruck" des anderen Künstlers gewertet, Bätschmann 1996, S. 27. Honoré de Balzac, "Das unbekannte Meisterwerk", in: Balzac 1997, S. 196-263, hier: S. 239-40. Harten 1986b, S. 53. – Im Interview mit Gislind Nabakowski betonte Richter sein Interesse am Verkündigungsmotiv, wobei offenbar die biblische Geschichte nicht im Vordergrund stand: "Mich hat ausser der Sache mit der Qualität, die ich vorhin erwähnte, auch etwas oder auch – sehr – das Motiv interessiert, z.B. dass der Frau etwas verkündet wird, etwas ganz Tolles – und uns wird nichts verkündet", Nabakowski 1974, S. 4. 27 verloren und dies durch die Auflösung des Engels verbildlichen wollen.87 Demonstriert nun Richter mit seiner verschwommenen Auflösung der Verkündigung Tizians die Unmöglichkeit eines Meisterwerks und einer entsprechenden Botschaft,88 oder kann man seine Serie vielmehr als Untersuchung eines Werks der Kunstgeschichte auf seine Darstellungsmittel verstehen, die Richter vom eigentlichen Motiv loslöste? Schon im ersten Bild lenkte Richter die Aufmerksamkeit vom Bildinhalt auf seine Bedingungen, indem er die Unschärfe einführte, welche, statt die Illusion der Darstellung zu fördern, die medialen Eigenschaften der fotografischen Vorlage betont. Während Johannes Meinhardt die von Richter eingeführte Unschärfe als Zeichen der Beliebigkeit des Sujets und der Nichtsubjektivität und Nichtintentionalität deutet,89 kann sie aber vor allem als Betonung der von Gottfried Boehm in die Kunstgeschichte eingeführten "ikonischen Differenz" verstanden werden.90 Die Verwischung der Farbe betont die "Opazität", das Materielle des Gemäldes91 und arbeitet somit gegen eine Vorstellung von Malerei, in der die Differenz zwischen Bild und Realität so weit wie möglich aufgehoben wird.92 Indem Richter mit der Fotografie aber gleichzeitig genau jenes Medium kopiert, das sich als das perfekte Abbild der Realität erweist, erreicht er eine hohe "ikonische Spannung" zwischen "Opazität" und "Transparenz". Das Bild lebt von 87 88 89 90 91 92 Grasskamp 1986, S. 45-52. Dieser Gedanke Grasskamps liesse sich dadurch ergänzen, dass Richter 1963/65 schon einmal einen sich auflösenden Engel gemalt hatte (Werk-Nr. 48-7). Zum Begriff des "unmöglichen Meisterwerks" vgl. Belting 1998, S. 153157. Meinhardt 1997, S. 181. Boehm 1989, S. 17-19, und Boehm 1994, S. 29-36. Zum Gegensatz von Transparenz und Opazität vgl. Danto 1984, S. 241243: Der Transparenztheorie zufolge strebe die Kunst danach, einen Illusionismus zu erzeugen. Im Gegensatz dazu benennt Danto die Tendenz, derzufolge das Kunstwerk nichts anderes ist, als das Material, aus dem es gemacht ist, mit dem Gegenbegriff "Opazitätstheorie"; vgl. auch Junod 1976, der die Transparenz der Mimesis und Opazität der poiesis zuordnet. Zum Bild, das sich in extremis selbst verleugnet, um die "perfekte Repräsentation" einer Sache zustande zu bringen vgl. Boehm 1994, S. 34-35. 28 der "doppelten Wahrheit: etwas zu zeigen, auch etwas vorzutäuschen und zugleich die Kriterien und Prämissen dieser Erfahrung zu demonstrieren".93 Die Wahrnehmung der ikonischen Differenz öffnet dem Betrachter somit den Blick auf grundsätzliche Qualitäten und Möglichkeiten des Kunstwerks.94 In diesem Licht offenbart sich Richters Werk als Weiterentwicklung einer Tradition metapikturaler Bildverfahren, bei denen nach Klaus Krüger "die Reflexion auf die Differenz zwischen Medium und Darstellung zu einem eigenen Diskurs des Werkes wird, der sich konsequent in dessen fiktionale Struktur einschreibt".95 Der malerische Rückverweis auf die fotografische Vorlage bis hin zur Auflösung derselben in roten Farbschleiern, welche die Idee des 'reinen Sehens' aufgreifen, weist darauf hin, dass sich Richter nicht nur für das Werk Tizians und dessen Qualitätsmerkmale interessierte, sondern vor allem für dessen Bedingungen der Rezeption.96 2. Sigmar Polkes Original + Fälschung Während es bei Richter um die serielle Bearbeitung und Untersuchung eines Einzelbildes geht, ist Sigmar Polkes Zyklus Original + Fälschung aus dem selben Jahr thematisch zusammengesetzt, kreist aber ebenfalls um alte 'Meisterwerke'. Für seine Ausstellung im Westfälischen Kunstverein Münster hatte sich Polke 1973, angeregt durch die Affäre um ein gestohlenes Gemälde Rembrandts, dem Thema 'Kunstdiebstahl' widmen wollen. Nachträglich erweiterte 93 94 95 96 Boehm 1994, S. 35. Vgl. Boehm 1987, S. 9. – Axel Müller weist darauf hin, dass der Betrachter durch die ikonische Differenz von etwas angezogen werde, das sich gleichermassen zeige wie entziehe und darüber hinaus selbständig und unabhängig gegenüber jedem fixierenden Sehen und deshalb nur prozesshaft da sei, Müller 1997, bes. S. 13. Krüger 1995, S. 164. – Zur Tradition dieser Bildverfahren und ihren Wirkungsweisen bereits im 17. Jahrhundert in Holland vgl. Stoichita 1993. Dass es dabei nicht um Klischees von Meisterwerken und deren Rezeption ging, zeigt die Tatsache, dass Richter nicht – wie gleichzeitig die Vertreter der amerikanischen Pop Art – auf popularisierte Werke wie Leonardo da Vincis Mona Lisa zurückgriff; vgl. z.B. die verschiedenen Varianten von Andy Warhols Mona Lisa aus dem Jahr 1963, in: McShine 1989, S. 230-233, Kat.-Nr. 235-238. 29 er sein Projekt jedoch in Zusammenarbeit mit dem Künstler Achim Duchow zum Themenkreis "Kunst, Kunstnachahmung, Kunstfälschung, Kunstzerstörung, Kunstdiebstahl" und gab der Ausstellung den Titel Original + Fälschung.97 Einige Arbeiten aus früheren Jahren wurden in den Zyklus integriert, konzipiert und ausgearbeitet wurde das Projekt aber im März/April 1973.98 Es setzt sich zusammen aus 186 kleinen Farb- und Schwarzweissfotografien, welche die Wörter "Original + Fälschung" bilden, 24 Gemälden, von denen neun nach gestohlenen Gemälden alter Meister entstanden und 14 Collagen auf schwarzem Karton, die als Begleit- oder Kommentarbilder zu den Gemälden dienen.99 Begleitend zur Ausstellung erschien die Publikation Franz Liszt kommt gern zu mir zum Fernsehen, die wie das gesamte Projekt eine Gemeinschaftsproduktion von Polke und Achim Duchow war.100 Wenn auch das gesamte "skurrile Szenario" des Zyklus',101 sowie die dazugehörige Publikation auf verschiedenen Ebenen das Thema der Kunstproduktion, -reproduktion und -rezeption umkreisen, so sind doch hier vor allem die neun Gemälde interessant, die sich direkt auf Werke alter Meister beziehen, 97 98 99 100 101 Vgl. Honnef 1973, S. 216-217. Vgl. Honnef 1973, S. 222. Jedem Gemälde ist eine Collage zugeordnet, die das Hauptbild thematisch begleitet oder dessen Themenkreis erweitert. Ausnahmen bilden die neun Gemälde nach alten Meistern (Original + Fälschung 5-13), die Werke Original + Fälschung 16 u. 17, sowie Original + Fälschung 18 u. 19, welche durch je ein Kommentarbild zusammengefasst werden. In Münster wurden zwischen den sehr hoch gehängten Gemälden und den Collagen zusätzlich noch kleine runde Dekorationsspiegel angebracht. Zudem wurde die gesamte Installation durch 15 farbige Leuchtstoffröhren in ein diffuses Licht getaucht, während die Gemälde von hellen 'Spots' angestrahlt waren, vgl. dazu Honnef 1973, S. 222-223, und Honnef 2003, S. 6. Polke/Duchow 1973; zur Konzeption des Buches vgl. Honnef 1973, S. 220222. - Der gesamte Zyklus wurde nach einer gemeinsamen Ausstellungsbesichtigung mit dem Künstler in Münster von Hans Grothe für seine Sammlung erworben und befindet sich heute in Duisburg, vgl. Fuchs 1999, S. 104-105. Während der Betrachter sich auf dem ersten der 24 Gemälde mit zwei in Ölfarbe gemalten motorradfahrenden Affen in einem Porzellanladen konfrontiert sieht, staunt er im letzten Bild über eine kitschige Blumentischdecke, die den Bildgrund für eine aufgemalte zeitgenössische Paradiesszene darstellt. Auch die Clowns, Fernseher und halluzinatorischen Darstellungen von Cannabis-Rauchern oder Trinkern in den anderen Gemälden scheinen als Sujets ebenso wenig in den Kunstkontext zu gehören wie Tischdecken und Kleiderstoffe als Bilduntergründe oder Glassteine und Glitzerspray als Techniken eines Malers. 30 welche zu jener Zeit als gestohlen gemeldet waren.102 Als Vorlage für seine Nachahmungen wählte Polke die schwarzweiss reproduzierten Abbildungen der Gemälde in den Interpol-Steckbriefen.103 In der kommentierenden Collage zu den neun Gemälden wird das Thema Kunstdiebstahl erweitert um die Frage nach dem Wert der Kunst, ihrer Wertung und ihrer Vermarktung (Abb. 9). Die schwarze Tafel präsentiert links eine Aufstellung von zwölf Schwarzweissreproduktionen gestohlener Kunstwerke unter dem Titel "Les 12 oeuvres d'art les plus recherchées – The 12 most wanted works of art".104 Ergänzt wird diese Aufstellung rechts durch eine Seite aus der Zeitschrift Stern über die "Bestseller an Auktionen". Diese Darstellung der Kunst als Ware wird in der Mitte durch eine Werbeanzeige für Silbermedaillen mit Motiven von Rembrandt-Gemälden "pour immortaliser les chefs-d'oeuvre" ironisch weitergeführt und mit dem darüber geklebten Markenetikett eines "Rembrandt-Kranzes" in der Übertragung des kunstgeschichtlichen Markennamens 'Rembrandt' auf ein Gebäck "nach altholländischem Rezept" travestiert.105 Provokativ stellt Polke in diesem Begleitbild den 'wahren Wert' und den Warenwert der Kunst einander gegenüber, und fragt nach ihrem Zusammenhang.106 102 103 104 105 106 Dabei ist sicher Klaus Honnef recht zu geben, wenn er die isoloerte Interpretation der Gemälde als eine Verkürzung betrachtet, Honnef 2003, S. 9. Aus einem in der Publikation reproduzierten Brief vom Landeskriminalamt Nordrhein-Westfalen wird deutlich, dass Polke gerne Zugang zu den polizeilichen Fahndungsunterlagen erhalten hätte, was ihm aber als Privatperson nicht ermöglicht werden konnte, Polke/Duchow 1973, [S. 2]. Auf diese Weise konnte Polke einige der Vorlagen für seine Gemälde in die Ausstellung integrieren; der Rest der Vorlagen wurde weder in der Ausstellung noch in seiner Publikation präsentiert. Vgl. Stemmler 1974, [S. 16]. – Vgl. in diesem Zusammenhang Robert Watts' aus einer Neonröhre gefertigte Signatur Rembrandt von 1965 (Leuchtstoffröhre, 40 x 90 cm, Aachen, Neue Galerie-Sammlung Ludwig). Dass Polke mit dieser Auseinandersetzung eine sehr aktuelle Thematik aufgriff, zeigt der ein Jahr zuvor erschienene Beitrag Hans-Heinz Holz' im Katalog der documenta IV, der den Warencharakter des Kunstwerks in den kapitalistischen Produktionsverhältnissen hervorhob, Holz 1972, bes. S. 1.65-1.68, Kapitel 5.2: "Warencharakter der Kunst". Möglicherweise diente der Artikel Polke gar als Anregung. – Polkes Beschäftigung mit den "12 most wanted works of art" kann zudem als Teil eines Prozesses verstanden werden, der 1993 in dem von Komar & Melamid 31 Ohne die Auflistung einiger Vorbilder in der Collage wäre eine Identifikation jener Meisterwerke in Polkes spielerischen Nachahmungen kaum möglich. Die Bilder Original + Fälschung 5-13 beziehen sich auf Vorlagen verschiedener Künstler, Epochen, Gattungen und Stile, deren Gemeinsamkeit einzig in der Tatsache liegt, dass sie offenbar begehrt genug waren, um gestohlen zu werden. Polkes Wahl der Vorbilder fiel auf fünf Porträts, drei sakrale Mehrfigurenbilder und eine Landschaft.107 Dem Vorbild am nächsten kommt Original + Fälschung 6 (Abb. 10), in dem Polke Henri de Toulouse-Lautrecs Porträt Marcelle von 1894 (Abb. 11), eine der maison close-Szenen, nachahmte. Das Brustbild der im Profil gezeigten Prostituierten mit hochgestecktem schwarzen Haar ist mit schnellen Pinselstrichen in blau, violett, hellgrün und schwarz nachgezeichnet, wobei kleine Abweichungen sicher auf die schlechte Vorlage zurückzuführen sind. Diese offenbart eine ebenfalls rasche Malweise des Originals, Polkes Nachahmung ist jedoch weniger ausgearbeitet und lässt zahlreiche Stellen offen. Die Bezeichnung des Ortes, welche bei Lautrec sehr diskret geschieht, fällt bei Polke gänzlich weg. Was sich im Original als Bett identifizieren lässt, auf dem die Dargestellte sitzt,108 verwandelte Polke in beliebige Farbfelder und -flecken. Da Toulouse-Lautrec 107 108 realisierten Projekt People's Choice gipfelte. In detaillierten Umfragen ermittelten die beiden Künstler die Vorlieben und Abneigungen verschiedener Nationen bezüglich der Malerei, realisierten aufgrund der jeweiligen Ergebnisse das nationale "most Wanted" und "most Unwanted painting" und führten so die bei Polke anklingende Frage nach dem Meisterwerk und seiner Beliebtheit ad absurdum, Komar/Melamid 1994. Es werden hier vier der neun Gemälde exemplarisch für die anderen vorgestellt. Die nicht näher besprochenen Gemälde sind: Original + Fälschung 7, Öl auf Leinwand (nach Peter Paul Rubens, Bildnis eines jungen Mannes, Montreal, Museum of Fine Arts, gestohlen am 4.9.1972), Original + Fälschung 8, Öl auf Leinwand (nach Jan Bruegel d. Ä., Landschaft mit Häusern, Mühle und Wagen, Montreal, Museum of Fine Arts, gestohlen am 4.9.1972), Original + Fälschung 9, Öl und Goldfarbe auf Leinwand (nach Rembrandt Harmensz von Rijn, Die Flucht nach Ägypten, 1627, Musée des Beaux-Arts de Tours, gestohlen am 22.12.1971), Original + Fälschung 10, Öl und Goldfarbe auf Leinwand (nach Giovanni Antonio Bazzi, gen. Il Sodoma, Die Heilige Familie, Montepulciano, Museo Comunale, gestohlen am 23.12.1970), und Original + Fälschung 13, Öl, Goldfarbe und Glimmer auf Leinwand (nach Corneille de la Haye, gen. Corneille de Lyon, Bildnis Kardinal de Lenoncourt, Bayonne, Musée Bonnat, gestohlen am 16.6.1965). Vgl. Toulouse Lautrec 1964, S. 66, Nr. 54. 32 im Gegensatz zu Zeitgenossen wie Degas und Bernard die Prostituierten nicht als Karikaturen, sondern mehrheitlich als Individuen darstellte und nur selten ihre Tätigkeit zur Schau stellte,109 mag es Polke durchaus nicht interessiert haben, dass es sich bei Marcelle um eine Darstellung aus dem Milieu handelt. Der anrüchige Ruf, der den Milieu-Studien zur Zeit ihrer Entstehung anhaftete, ist damit Polkes Bearbeitung nicht mehr zu entnehmen. Eher hat man den Eindruck, er demonstriere die skizzenhafte Technik Toulouse-Lautrecs, mit wenigen Mitteln und Linien eine Person zu charakterisieren. Durch die verbleibenden Leerstellen wirkt die Darstellung Polkes wie eine Ideenskizze, die zeitlich vor dem Original entstanden sein könnte. Die Dimensionen von Entwurf, Idee und Original, Kopie und Replik gleiten somit ineinander.110 Dem Eindruck der Ideenskizze entgegengesetzt ist die Wirkung von Original + Fälschung 5 (Abb. 12): Auch Thomas Gainsboroughs Bildnis des Brigadier General Sir Robert Fletcher von ca. 1771 (Abb. 13), das sich ehemals im Montreal Museum of Fine Arts befand, wird nur in groben Umrissen wiedergegeben. Diese erscheinen jedoch nicht skizzenhaft, sondern wie eine Nachzeichnung, eine nachträglich angefertigte Schablone des Originals. Als wolle Polke eine schrittweise Loslösung vom Original demonstrieren, hat er die Figur verdreifacht. Eine äusserst undeutliche Annäherung an das Vorbild, deren Konturen mit dem Hintergrund fast verschwimmen, ist von den schablonenhaften Umrissen des Porträtierten in zwei unterschiedlichen Massstäben überlagert, wobei die grosse weisse Umrisslinie farblich wie das Negativ der kleineren rotbraunen erscheint.111 Das Gesicht wird dabei immer stärker abstrahiert und nähert sich der Erscheinung einer Harlekinmaske an. Die 'süssliche' Farbwahl für die Kleidung der Figur und den Hinter- 109 110 111 Vgl. Thomson 1991, S. 408-410. Vgl. Stemmler 1974, [S. 20]. Dierk Stemmler verweist auf die Verwirrung durch die nicht folgerichtig eingehaltene Verkleinerung der Figur mit zunehmender Entfernung. In der Verunsicherung der Orientierung gehe das Bildnis als Projektion des Persönlichen verloren bzw. bleibe in seiner Konstruktion dem Betrachter vorbehalten, Stemmler 1974, [S. 18]. 33 grund hat nichts mit der Uniform des Porträtierten gemein und erinnert an eine geschmacklose Reproduktion, wie man sie von populären Postern kennt, die bekannte Meisterwerke in 'gefällige' Kaufhauskunst verwandeln. Vom Porträt eines Regimentführers und Parlamentsmitglieds112 bleibt somit nur 'kitschige' Massenware.113 Offenbar spielt Polke damit auf die unzähligen Reproduktionen von Kunstwerken in Kalendern, auf T-Shirts und Souvenirs an, die einem grossem Publikum geläufiger sein dürften als die jeweiligen Originale. Auf eine andere Art der Reproduktion verweist Original + Fälschung 11 (Abb. 14). Der starke Hell-Dunkel-Kontrast von Antonello da Messinas Bildnis eines Mannes (Abb. 15) wird von Polke so gesteigert, dass das Bild in seiner Zweifarbigkeit und Abstraktion an einen Holzschnitt erinnert. Aus dem einheitlich dunkelblauen Hintergrund mit aufgestreutem Glimmer sticht maskenartig ein weisses Gesicht mit weissem Kragen hervor, dessen Konturen und Schattenwürfe im gleichen dunkelblau nachgezeichnet sind. Der gängige Bildtyp einer gemalten Porträtbüste im Dreiviertelprofil vor dunklem Hintergrund wird so zu einer Chiffre für das gesamte Gemälde,114 ein Wiedererkennungswert ist aber nicht vorhanden. Gerade die von der Forschung hervorgehobene Errungenschaft Antonellos, die Eigenart einer Person in ihrem Gesichtsausdruck und in der Gestaltung von Augen und Mund manifestieren zu können,115 wird 112 113 114 115 Vgl. Sammlung Montreal 1966, S. 20, Nr. 35. Ähnlich kitschig ist die Farbwirkung in Original + Fälschung 8, einer Landschaft nach Jan Bruegel d. Ä., die am selben Tag aus demselben Museum gestohlen wurde wie Gainsboroughs Porträt. Himmel und Erde fliessen hier in pastellfarbener Verwischung ineinander, die Staffage ist in weissen Negativformen offen geblieben und erfordert vom Betrachter eine eigenständige Vervollständigung. In der Tat hat Antonello da Messina zahlreiche Porträts dieses Typs gemalt, die unter dem Titel Bildnis eines Mannes oder Bildnis eines jungen Mannes geführt werden, vgl. die Auflistung seiner Porträts in: Antonello 1981, S. 106-127. - Zum Bildtyp der ersten selbständigen gemalten Bildnisse in Venedig, die einem der Büste angenäherten Darstellungsschema folgen, vgl. Boehm 1985, S. 51. Vgl. Pope-Hennessy 1971, S. 60-61, und Barbera/Zappia 1981, S. 105. Gottfried Boehm sieht zwar noch eine Differenz zwischen den frühen Porträts Antonellos und seiner endgültigen Lösung, der Reiz dieser frühen Bildnisse, z.B. desjenigen in Pavia, liege aber gerade in sei- 34 in Polkes Wiederholung ignoriert. Der Vergleich von Polkes Nachahmung mit dem Vorbild im Interpolsteckbrief macht deutlich, dass Polke lediglich festhält, was in der kontrastreichen Reproduktion von Antonellos Werk noch übrig geblieben ist. Ein anderes Vorgehen zeigt sich in Original + Fälschung 12 (Abb. 16), nach der Heiligen Familie mit der Heiligen Elisabeth und dem Johannesknaben von Correggio (Abb. 17), die gleichzeitig mit dem Gemälde von Antonello gestohlen wurde. Die ursprüngliche Bildkomposition verschwindet bei Polke gänzlich in verlaufenden rot-gelb-grün-blauen Farbzonen, in denen sich die Figuren aufzulösen scheinen. Nur schemenhaft sind das lächelnde Gesicht der Maria, eine helle Andeutung der Kinder auf ihrem Schoss sowie links ein Teil des Kopfes von Josef zu erkennen; von der hl. Elisabeth fehlt jede Spur.116 Zudem wird die Komposition von willkürlich platzierten Schnitten in die Leinwand überlagert, welche durch aufgesprühte Goldfarbe zusätzlich markiert sind. Die Schnitte deuten einerseits auf das Thema der Kunstzerstörung durch Vandalismus hin,117 andererseits kann man sie als zeitgenössischen Querverweis auf die Tagli Lucio Fontanas aus den fünfziger Jahren verstehen, in denen die Zerstörung der Leinwand als Bildmittel eingesetzt wurde.118 Die Heilige Familie Correggios erhält somit in Polkes Variation die stärkste Verfremdung, wobei 116 117 118 nem "insularen Affektausdruck", einer "Frühe des Ausdrucks", Boehm 1985, S. 147-149. In seiner starken Farbigkeit kommt das Gemälde der Ausführung von Original + Fälschung 10 nach Il Sodomas Heiliger Familie nah. In dieser sind die Umrisse und Konturen der Figurengruppe jedoch klarer erkennbar. Vgl. Gamboni 1998, bes. die Kapitel "Herabwürdigung von Kunst im öffentlichen Raum" und "Anschläge in Museen und Pathologie der Täter", S. 177-220 (beispielhaft ist der Anschlag von Gerard Jan van Bladeren auf Barnett Newmans Who's Afraid of Red, Yellow and Blue 1986 im Amsterdamer Stedelijk Museum, bei dem das Gemälde mit einem Fahrtenmesser von einer Seite zur anderen aufgeschlitzt wurde); vgl. auch die Collagen und Beiträge zum Thema "Kunstzerstörung" in Polke/Duchow 1973, [S. 4, 64-82]. Vgl. Fontana 1996, S. 172 u. Kat.-Nr. 119-120 u. 129-156. 35 das Motiv an sich verloren geht und die Beschäftigung mit dem Kontext des Kunstwerks in den Vordergrund tritt.119 Die neun Gemälde Original + Fälschung 5-13 verknüpfen die Aspekte 'Diebstahl' und 'Fälschung', 'Bildidee' und deren 'Aneignung' sowie 'Rezeption' und 'Wertung' der Kunst, welche auch in den anderen Gemälden des Zyklus' wieder zu finden sind. Dort werden in absurden Assoziationen Aspekte des Fälschens von Kunst, des Reproduzierens und Verfremdens von Bildern mit Mythen des Alltags vermengt. Metamorphosierende Darstellungen scheinen dabei ebenso auf die Täuschungsmanöver und Tricks der visuellen Repräsentation hinzuweisen wie die auf den Kopf gestellte Kopie einer Grafik. Die bissige Ironie Polkes kommt zum Ausdruck, wenn er den Topos der künstlerischen Inspiration in der Fotogeschichte über einen Hobbymaler karikiert oder den bayrischen Landtag in Form von Bierkrügen und Rehbockgeweihen repräsentiert, dabei aber den berühmten Kunstfälscher Elmyr de Hory als Urheber ausgibt. In ähnlich grotesker Weise greift auch die zugehörige Publikation Franz Liszt kommt gern zu mir zum Fernsehen verschiedenste Varianten der Kunst- und Künstlertopoi auf. Der Titel der Publikation verweist auf einen Spiegel-Artikel über das englische Musikmedium Rosemary Brown, die von Franz Liszt und anderen Komponisten aus der Vergangenheit nicht nur Inspiration, sondern angeblich auch "persönlichen Besuch" erhalten haben soll,120 und zeigt den Rahmen auf, in dem Polke seine Verbindung zu den 'alten Meistern' der Kunst sehen möchte, zumal er selbst elf Jahre später 1984 von einem mysteriösen Treffen mit Francisco Goya berichten sollte.121 119 120 121 Möglicherweise hat Polke vom in der Literatur beschriebenen schlechten, also von der Zeit 'zerstörten' Zustand des Bildes gewusst und diesen Umstand als Anlass zur mutwilligen Zerstörung genommen, vgl. Gould 1977, S. 269. Dierk Stemmler weist darauf hin, dass die Erneuerung und Aneignung von Kunst auch die "geistige Zerstörung" des Bestehenden mit einschliesse. In Polkes Original + Fälschung 12 sieht er die Gegensätze "Akzeptieren (Aneignen) und Verstossen (Zerstören)" von Kunst bildlich vereint, Stemmler 1974, [S. 32]. Polke/Duchow 1973, [S. 1]. "Eines Tages kam doch der Goya, der Luciente zu mir […]", in: Polke 1983; vgl. Steihaug 2001, S. 24; vgl. dazu auch Polkes Telepatische 36 Anstatt für die Unsterblichkeit der verlorenen Gemälde zu sorgen, wie es die Rembrandt-Silbermedaillen der Werbeanzeige versprechen, dokumentiert Polke mit seinen schablonen- oder skizzenhaften Andeutungen der klassischen Werke vielmehr ihren Verlust und die Transformationen, welche sich in den Kopien der InterpolSteckbriefe überliefern. Anstelle der Qualitätsmerkmale der Originale bleiben schemenhafte Umrisse und Linien oder aufgesprühte Flecken und Punkteraster zurück, die an kitschige Reproduktionen oder an bis zur Unkenntlichkeit zerstörte Kunstwerke denken lassen. Betrachtet man die miserable Qualität der Reproduktionen jener Werke im Interpol-Steckbrief, so wird deutlich, dass Polke genau die hier charakteristischen Fehlstellen zum Ausgangspunkt seiner Nachahmungen nimmt. Stefan Römer betrachtet die künstlerische Praxis Polkes als Pastiche, als spielerische Nachahmung "aus traditionell malerischem Ausdruck und industrieller Produktionsweise", wobei das Malerische selbst "bis an seine Grenzen getrieben und persifliert" werde.122 Statt von 'Fälschungen' der Originale lässt sich somit eher von 'Verfälschungen' sprechen, indem die Vorlage durch unangemessene Farben, Flecken und Schnitte verfremdet werden. Die zur Schau gestellte Wertlosigkeit von Materialien und Sujets der Massenkultur kollidiert hier mit der Erinnerung an die wertvollen Originale. Die Auseinandersetzung mit dem Wert des Meisterwerks und dem Zusammenhang mit seinen wahren Qualitäten wird überführt in die Untersuchung dessen, inwiefern es sich hier um 'bleibende Werte' handelt.123 Es ist die Frage nach der Rezeption von Kunst, nach den unendlichen Deformationen, hin und wieder auch Destruktionen, welcher die Werke durch die Vielfalt von Blickwinkeln, Erinnerungen und den Verlauf der Zeit aus- 122 123 Sitzung II mit William Blake, in: Holm 2001, S. 47, Nr. 13, und Polke 1997, S. 151. Römer 1999b, S. 145-146 und Römer 2001, S. 60. Christian Krausch weist in anderem Zusammenhang darauf hin, dass im Fall der gestohlenen Mona Lisa bereits im Verlust eine Wertsteigerung zu beobachten war, da sie dem Diebstahl einen ungeheuren Popularitätsschub zu verdanken hatte, Krausch 1995, S. 215. 37 gesetzt sind.124 Indem die Betrachter sich in der Originalfassung vor den Bildern noch zusätzlich selbst in den kleinen Rundspiegelchen sehen konnten, wurde ihnen ihr subjektiver Blickwinkel im wörtlichen Sinne vor Augen geführt. 124 Vgl. dazu Honnefs Aussage: "Nicht die Kunst ist es, die Polke und seine Gesellen in der Ausstellung […] zur Zielscheibe ihrer Attacken machen, sondern die Wandlungen, die sie erfährt, sobald der Künstler ihr zum Dasein verholfen hat, die Geschichte und Geschichten, die sich um sie bilden und die mit wachsender Dauer in die bildnerische Aussage verändernd eingreifen", Honnef 1984, S. 147. 38 Legitimation 1. Destruktionen In einer Besprechung der Ausstellung Sigmar Polkes im Westfälischen Kunstverein Münster schrieb Peter Steinhart in der Rheinischen Post vom 10. Mai 1973: "Deformation von Kunstwerken und Kunstbetrieb wie von sonstigen Daseinsformen – so etwa lautet Polkes Ausstellungsmotto."125 Drei Jahre später sprach Amine Haase in der gleichen Zeitung anlässlich der Ausstellung von Polke und Andy Warhol in der Düsseldorfer Kunsthalle gar vom "Wahn der Kunst-Zertrümmerer".126 Auch die Kunst Gerhard Richters wurde und wird in diversen Presseberichten mit Begriffen wie "Dekomposition"127 oder "Dekonstruktion"128 beschrieben, während Viola Herms Draht den Künstler 1989 wie selbstverständlich als "Ikonoklast" betitelte.129 Derartige Feststellungen legen es nahe, die beispielhaft gewählten Serien Richters und Polkes zu Kunstwerken alter Meister als Akte der Zerstörung zu betrachten. Ob sich hinter Richters Auflösung der Verkündigung Tizians und Polkes Klischees gestohlener Gemälde aber tatsächlich ein aggressives Potential gegenüber den Vorlagen verbirgt, ist zu überprüfen. Dario Gamboni konnte in seiner umfassenden Studie zum Ikonoklasmus im 20. Jahrhundert zeigen, wie neben der ständigen Präsenz von Vandalismus gegen Kunstwerke im öffentlichen Raum mit der Avantgarde auch zerstörerische Akte in die Kunstproduktion selbst Einzug hielten.130 Das ikonoklastische Potential dieser 125 126 127 128 129 130 Steinhart 1973. Haase 1976. Dass diese Sicht noch immer aktuell ist, zeigt Ellen Heiders im Jahr 2000 erschienener Aufsatz zur Ausstellung der Sammlung Froehlich, in dem sie Polke als "dadaistischen Bilderstürmer" bezeichnet, Heider 2000, S. 138; zur Ausstellung vgl. Adriani 2000. Pickhaus 1977. Schmidt 1992. Herms Draht 1989, S. 22. Gamboni 1998, bes. Kapitel XIII: "Moderne Kunst und Ikonoklasmus", S. 265-297. 39 Zerstörungskunst äusserte sich dabei entweder in einem tatsächlichen Akt des Auslöschens, Zertrümmerns oder Vernichtens von Gegenständen, Kunstwerken und deren Reproduktionen oder in einer metaphorischen und ironischen Manipulation des Vorbildes, die dessen Sinn verkehrte oder in Frage stellte.131 Ziel und Zweck derartiger Kunstwerke lagen und liegen in einer gewollten Abgrenzung des Künstlers, einer Kritik oder einer spielerischen Auseinandersetzung mit anderen Kunstwerken, die paradoxerweise in manchen Fällen auch als besondere Würdigung des zitierten Künstlers verstanden werden kann.132 Oskar Bätschmann deutet die Entwicklung mit der Feststellung, der Ikonoklasmus habe sich im Selbstverständnis der Künstler festgesetzt und sei zur Legitimation und Bedingung der reflektierten künstlerischen Tätigkeit geworden.133 Eine paradigmatische Funktion für diesen Prozess schreibt Dario Gamboni Marcel Duchamps L.H.O.O.Q. von 1919 zu (Abb. 18). Duchamp hatte mit Bleistift auf eine Postkarte von Leonardos Mona Lisa gezeichnet und 1964 dazu geäussert: "Diese Mona Lisa mit Schnauz und Bärtchen ist eine Kombination von Readymade und ikonoklasti- 131 132 133 Jean Tinguely, der von der Idee besessen war, die Mona Lisa durch eine Granate zu zerstören, entschied sich schliesslich gegen einen solchen Akt, da er der metaphorischen Zerstörung durch Duchamp einen höheren Status zuschrieb. Anhand dieses Beispiels verweist Gamboni auf den Unterschied zwischen "geistvoller" und wörtlicher Kunstzerstörung, Gamboni 1998, S. 283. Gamboni nennt als Beispiel Hans Haackes Broken R.M. …, 1986 (Emailleplakette, vergoldete Schneeschaufel mit abgebrochenem Griff, Philadelphia Museum of Art), das zwar Kritik an gesellschaftlichen Vorgängen übte, dazu aber manipulierte Nachahmungen von Duchamps Readymades verwendete und damit ausdrücklich Haackes Würdigung der Arbeit Duchamps zum Ausdruck brachte, Gamboni 1998, S. 288. Bätschmann 1998, S. 26. Bätschmann bezieht sich auf den typischen Habitus des modernen Künstlers, sich mit seiner Kunst gegen Bestehendes zu wenden, um selbst Neues schaffen zu können. Auch Gamboni zitiert beispielhafte Aussagen Picassos und Mondrians bezüglich dieser kreativen Funktion der Zerstörung, wobei es nicht nur um die Abwendung von Bestehendem ging, sondern auch um ein selbstzerstörerisches Vorgehen bei der Herstellung des Kunstwerkes, Gamboni 1998, S. 274. - In diese Tradition stellte sich auch Gerhard Richter mit seiner Aussage: "Lieber durch Destruktion zur Konstruktion", "Interview mit Peter Sager", in: Obrist 1993, S. 62-66, hier S. 66 und Königer 1993, S. 6; vgl. auch Richters Beschreibung seiner Bildherstellung im "Interview mit Wolfgang Pehnt 1984", in: Obrist 1993, S. 105; das Ergebnis dieser Methode nannte Richter selbst ein "Zerstörungswerk", Richters "Notizen 1989", in: Obrist 1993, S. 167. – Vgl. zu der Thematik auch Weibel 1991, Meinhardt 1995 u. Meinhardt 1997. 40 schem Dadaismus. Das Original, ich meine das originale Readymade, ist ein billiger Chromdruck 20 x 13, auf dem ich unten vier [sic] Buchstaben hinschrieb; wie Initialen auf französisch ausgesprochen, ergeben sie einen riskanten Witz über die Gioconda."134 Im Ausstellungskatalog Duchamps von 1973 erscheint L.H.O.O.Q. als "Rectified Readymade"135, ein Begriff, den Duchamp in seinen Aufzeichnungen selbst geprägt und mit der Umschreibung "Einen Rembrandt als Bügelbrett benützen" definiert hatte.136 Das Beispiel zeigt, dass Werke mit ikonoklastischem Potential nicht zwangsläufig die härtesten Angriffe auf künstlerische Konventionen bedeuten, sondern durchaus als ironische und witzige Stellungnahmen verstanden werden können.137 Gleiches gilt für Robert Rauschenbergs Erased de Kooning Drawing von 1953 (Abb. 19). Rauschenberg hatte Willem de Kooning, einen der gefeierten Abstrakten Expressionisten, um eine Zeichnung gebeten, die er dann unter Einwilligung von de Kooning ausradierte. Anschliessend setzte er sie in ein Passepartout, das mit seinem Namen und dem Titel versehen war, und erwarb einen blattvergoldeten Rahmen für 134 135 136 137 Vortrag im City Art Museum von St. Louis, Missouri, am 24.11.1964, in: Duchamp 1981b, S. 246. - Die Reihenfolge der Buchstaben ist in französischer Aussprache gleichlautend mit: "elle a chaud au cul"; eine Betrachtung des Werks in seinem Kontext findet sich bei Belting 1998, S. 319-328. Harnoncourt/McShine 1973, S. 289, Nr. 131. Duchamp 1981a, S. 100 (103): "Reziprokes Readymade = Einen Rembrandt als Bügelbrett benützen"; vgl. auch Dictionnaire 1938: "Readymade réciproque – Se servir d'un Rembrandt comme planche à repasser (M.D.)", S. 23. - In der deutschen Übersetzung der Arbeit Gambonis erscheint der Begriff als "umgekehrtes Readymade", Dieter Daniels übersetzt ihn mit "berichtigtes Readymade", an dem kleine Veränderungen vorgenommen wurden, Daniels 1992, S. 331, Anm. 59; im gleichen Sinne erklärt auch Hans Belting den Begriff, Belting 1998, S. 327. - Die Idee des "umgekehrten Readymades" betrachtet Gamboni als wegweisend für die Entwicklung einer Zerstörungskunst einerseits und für die grundsätzliche "ästhetische Nutzbarmachung vorhandener Kunstwerke" andererseits, Gamboni 1998, S. 274. - Der Schweizer Daniel Spoerri setzte Duchamps Definition 1964 in ein konkretes Werk um, indem er statt eines Rembrandts ein Bild der Mona Lisa auf das provisorische Bügelbrett spannte und damit auf L.H.O.O.Q. verwies; Daniel Spoerri, Einen Rembrandt als Bügelbrett verwenden (Marcel Duchamp), 1964, Assemblage, 86 x 73 x 40 cm, Mailand, Sammlung Arturo Schwarz; vgl. Gamboni 1998, S. 272-273. Vgl. Harnoncourt 1973, S. 36. 41 'sein' Werk.138 1976 erklärte Rauschenberg, er habe sich von der Lehre "reinigen" und zugleich ein "monochromes Nichtbild" herstellen wollen.139 Der Zerstörungsakt ist damit nicht Ausdruck von Missachtung gegenüber de Kooning,140 sondern eher eine Emanzipation von seinen Lehrern,141 eine Art tabula rasa, womit sich Rauschenberg nach dem scheinbar übermächtigen Erfolg der Abstrakten Expressionisten in einem Neuanfang versuchte.142 Vergleicht man diese Werke mit den hier vorgestellten Serien von Richter und Polke, so muss festgestellt werden, dass letztere sich durch zwei Aspekte von der 'Zerstörungskunst' unterscheiden: ihnen fehlt sowohl die metaphorische Aggression, als auch die Ironie.143 Zwar kann man in beiden Serien die Verwandlung von Meisterwerken in nebulöse Farbschleier und unkonventionelle Bildtechniken beobachten, die nur noch wenig mit dem Vorbild gemeinsam haben, doch ist vor allem bei Richter keine ironische Stellungnahme oder konsequente Abgrenzung zu erkennen. In Polkes Zyklus zur 'Modernen Kunst' lässt sich die nachgeahmte Kunst deutlicher als Zielscheibe ironischer Angriffe ausmachen. So vereint Polke im Gemälde Moderne Kunst von 1968 (Abb. 20) sämtliche Elemente, die im Volksmund mit 'moderner Kunst' assoziiert werden wie 'Kleckserei' oder 'Kinderzeichnung'; es fehlt der "ironischen Anverwandlung" allerdings ein konkreter Referent.144 Akt mit Geige aus dem gleichen Jahr (Abb. 21) spielt mit 138 139 140 141 142 143 144 Vgl. Gamboni 1998, S. 278-279, und Hopps/Davidson 1998, S. 262. Hopps/Davidson 1998, S. 262. Susan Davidson sieht darin gar eine "Hommage" an de Kooning, Davidson 1998, S. 44. Vgl. Schimmel 1993, S. 30. Aus einer ähnlichen Haltung entstanden wohl seine White Paintings 1951 (auch in Bezugnahme auf Barnett Newmans The Name II) und die schwarzen Tafeln, in denen Collagen nachträglich schwarz übermalt wurden und er somit die pastose Textur von Gemälden nachahmte, vgl. Stuckey 1998, S. 36. Zwar fügte Polke der Leinwand von Original + Fälschung 12 eigenhändig Schnitte zu, doch lassen sich diese kaum als persönliche Abneigung gegen das Vorbild deuten, sondern vielmehr als Auseinandersetzung mit dem Thema Vandalismus. Martin Hentschel vermeidet aus diesem Grund die Bezeichnung "Parodie" und greift mit "ironische Anverwandlung" auf einen Begriff zurück, der 42 dem Titel direkter auf das kubistische Werk von Pablo Picasso und Georges Braques an. Die Ausführung, welche jedoch nicht annähernd versucht, den Stil jener Künstler nachzuahmen, scheint eher darauf hinzuweisen, dass Polke hier die Sicht des breiten Publikums über jene Art von Kunst persifliert.145 Eine Äusserung von ihm aus dem Jahr 1984 bezüglich seiner Haltung zur französischen Kunst, lässt allerdings noch andere Rückschlüsse zu: "Die sind alle Braque-geschädigt, von Gitarren verseucht, und von Stilleben betäubt, wenn sie wenigstens noch mit Gift gemalt wären, die Orangen! Die grossen Einluller, die Schnuller, Picasso und Luller, Frikasso."146 Im Zusammenhang mit dieser Stellungnahme lässt sich aus der Serie zur 'Modernen Kunst' auch eine Kritik an der Bedeutung lesen, die den Künstlern der so genannten 'klassischen Moderne' und damit der Entwicklung zur 'Abstraktion' heute beigemessen wird, wenn diese auch eher spielerisch präsentiert ist.147 Bei Richter hingegen ist es gerade die Ernsthaftigkeit seiner Auseinandersetzung mit dem Vorbild und das Fehlen von Ironie, die seine Tizian-Serie von der 'Zerstörungskunst' unterscheiden. Richter präsentiert in seiner Serie durch die Manipulation der Bildreihenfolge absichtlich kein Endergebnis und somit auch keinen metaphorisch zerstörten Tizian.148 Eine Kritik am Vorbild ist 145 146 147 148 sich durch "ein umfassendes Interesse an allen Dingen und allen Formen" kennzeichnet, Hentschel 1997, S. 70-71; zur Definition der "ironischen Anverwandlung" vgl. Japp 1983, S. 195. Vgl. Zbikowski 2000, S. 122. - Akt mit Rauten von 1966 (Öl auf Leinwand, 80 x 60 cm, Stuttgart, Sammlung Froehlich) übernimmt hingegen für die Darstellung des Aktes Elemente der kubistischen Simultanperspektive, die beigefügten Rauten haben jedoch – auch im Titel – keinen Zusammenhang mit kubistischen Werken und sind eher als Affront gegen die Kunstrichtung zu verstehen, vgl. dazu Heider 2000, S. 142. – Die absichtsvoll dilettantische Malweise der Bilder in billiger Dispersionsfarbe bestätigt scheinbar Vorurteile wie "Das kann doch jeder" und "Das ist doch keine Kunst", vgl. dazu Scholz 1999, S. 353. Curiger 1990, S. 12. David Campbell sieht in Moderne Kunst ein parodistisches Meta-Bild, das den Zynismus der jüngeren Künstlergeneration gegenüber der Hegemonie des Abstrakten Expressionismus ausdrücke, Campbell 1996, S. 20-22. Sein 1963 gemeinsam mit Konrad Lueg initiiertes Happening "Leben mit Pop - Demonstration für den kapitalistischen Realismus" war dagegen sehr von ironischen Anspielungen und absurden Aktionen und Präsentationen geprägt, vgl. Küper 1992 und Strelow 1991. Richter selbst äusserte zu dieser Aktion später, sie hätten damit erkunden wollen, "wie 43 ebenso wenig auszumachen, wie eine kritische Thematisierung von dessen Kontext. 2. Wahlverwandtschaft und Wettstreit Gamboni macht in seiner Studie zum Ikonoklasmus deutlich, dass die ästhetische Nutzbarmachung vorhandener Kunstwerke oft dem Versuch entspringe, einem künstlerischen Vorgänger gleichzukommen, ihn zu übertreffen oder zu annullieren.149 Zu den Kriterien der Wertschätzung und Ablehnung in der künstlerischen Auseinandersetzung mit anderen Kunstwerken gehört also auch die Möglichkeit des 'Kräftemessens' zwischen 'Vorbild' und 'Nachbild'.150 So forderte Jörg Immendorff in einer seiner frühesten Arbeiten auf Papier 1964 den Betrachter explizit auf: "Vergleichen sie mit meinen Arbeiten die folgenden Bilder" (Abb. 22). Die Grafik zeigt eine Zusammenstellung von dreissig Reproduktionen bekannter Gemälde der modernen Kunstgeschichte, die zusätzlich mit dem jeweiligen Künstlernamen versehen sind.151 Indem Immendorff seine Aufforderung zum Vergleich in der Überschrift vermerkte und damit zugleich eine Standardmethode der Kunstgeschichte persiflierte, stellte er sich als noch junger Maler in die Tradition der aufge- 149 150 151 weit man gehen könne mit der Destruktion von Kunst": "Interview mit Hans-Ulrich Obrist 1993", in: Obrist 1993, S. 240-260, hier S. 243. Die Aktion stand nach seiner eigenen Aussage in engem Zusammenhang mit der Fluxus-Bewegung und blieb Richters einziges Happening dieser Art. Die beissende Ironie, die hier Ausdruck von Abgrenzung und Versuch der Zerstörung war, findet sich in Richters Malerei nicht in dieser Form wieder. Gamboni 1998, S. 292. Die Idee des Übertreffens und Wetteiferns ist bereits in den Begriffen der superatio oder aemulatio aus der imitatio-Theorie überliefert, vgl. dazu Pochat 2001. Die imitatio ist seit der Antike als eine Nachahmung von textlichen (im weitesten Sinne künstlerischen) Vorbildern bekannt; in der Literatur der Renaissance wird sie zu einem entscheidenden Prinzip, das die Nachahmung literarischer Vorbilder der Antike bezeichnet, vgl. Warning 1982a, S. 169; vgl. auch De Rentiis 1992-. Francesco Petrarca, der selbst nach diesem Prinzip schuf, forderte in seiner eigenen imitatio-Theorie für die Nachahmung von Literaturen zugleich eine Neu- und Bessergestaltung (superatio). Wie die Bienen in Senecas Bienengleichnis, den Blütennektar in Honig verwandelten, so müsse der Dichter etwas Eigenes und Neues schaffen, vgl. Gmelin 1932, S. 98-173, bes. S. 121-123. Vgl. Kort 1994, S. 44-45. 44 führten Künstler und trat absichtlich, wenn auch nicht ohne Ironie, in einen Wettstreit mit den anerkannten Meistern. Das Beispiel zeigt, dass der künstlerische Konkurrenzkampf, wie er seit der Antike überliefert ist, sich nicht nur zwischen Künstlern in direkter Gegenüberstellung oder in institutionalisierten Wettbewerben und Ausschreibungen abspielt.152 Durch das Kopieren, Zitieren und Nachahmen anderer Kunstwerke kann der Künstler auch einem Vorbild seine Reverenz erweisen oder sich an anderen Kunstwerken und Kunstformen messen.153 Albert Boime berichtet in seiner Untersuchung zur französischen Malerei des 19. Jahrhunderts, dass an der Académie des Beaux Arts in Paris von den Schülern erwartet wurde, die Werke älterer Meister beim Kopieren durch Aneignung der jeweils besten Eigenschaften ihrer Vorbilder zu übertreffen.154 Dies habe oft gar zu einer Haltung der Überlegenheit der Kopisten gegenüber ihren Vorbildern geführt, sobald sie in deren Werken Fehler oder Schwächen aufdecken konnten.155 In diesem Zusammenhang könnte Richters zunehmend verschwimmende Darstellung des Tizian-Gemäldes zwar als Illustration der 'Unmöglichkeit' eines solchen Gemäldes in der damaligen Kunstwelt verstanden werden,156 eine Demonstration künstlerischer Überlegen- 152 153 154 155 156 Zur Geschichte des künstlerischen Wettbewerbs vgl. Sachs 1965 und Middeldorf Kosegarten 1980. Vgl. Mai/Wettengl 2002. Boime 1971, S. 125. – Dieser Gedanke ging bereits auf die Nachahmungstheorie der Literatur der Frührenaissance zurück. Schon bei Dante wurde im Zusammenhang mit der imitatio der antiken Autoren der Wettstreit erwähnt und Petrarca empfahl eklektische Anleihen bei den grossen Dichtern mit dem Ziel, etwas Neues und Besseres zu schaffen. So stand die Vorstellung der imitatio immer in engem Zusammenhang mit der aemulatio und der superatio, vgl. Gmelin 1932, bes. S. 89 u. 123 und Zilsel 1972, S. 211-239. Als Ende des 15. und Anfang des 16. Jahrhunderts die bildende Kunst sich nach und nach vom Handwerk löste, wurde das imitatio-Ideal samt der Idee des Wetteifers, um das zu jener Zeit zwischen den Literaten intensive Diskussionen geführt wurden, auch bei den Künstlern zum Thema und fand entsprechende Befürwortung oder Ablehnung, vgl. Zilsel 1972, S. 240-249. Boime 1971, S. 124-126. Vgl. hierzu Thomas Bernhards Erzählung Alte Meister von 1985, in der der Musikkritiker Reger über die Gemälde im Kunsthistorischen Museum in Wien sagt: "Die alten Meister, wie sie jetzt schon seit Jahrhunder- 45 heit gegenüber Tizian lässt sich darin allerdings nicht erkennen.157 Eher scheint sich darin der Verlust einer bestimmten Bildtradition auszudrücken, den Richter 1986 in einem Interview mit Benjamin H.D. Buchloh andeutete: "[…] ich sehe mich als Erben einer ungeheuren, grossen reichen Kultur der Malerei, der Kunst überhaupt, die wir verloren haben, die uns aber verpflichtet".158 In diesem Sinn veranschaulichte Richter 1998 in einer Grafik mit dem Titel Übersicht eine grosse Traditionslinie der westlichen Kultur von der Antike bis heute (Abb. 23). Die Übersicht präsentiert in tabellarischer Form eine Auswahl von bildenden Künstlern, Architekten, Komponisten, Philosophen und Schriftstellern in chronologischer Reihenfolge, jedoch ohne eine Hierarchie, Wertung oder vermeintliche 'Beeinflussungen' der einzelnen Künstler untereinander zu suggerieren. Dieter Schwarz stellt die These auf, Richter präsentiere hier weniger seine persönliche Auswahl, als einen gesellschaftlichen Konsens, der in der Gegenwart notwendigerweise schwächer werde, wodurch die Anzahl der aufgelisteten Namen von links nach rechts zunehme.159 Tatsächlich birgt die Tatsache, dass Richter sich und seine Zeitgenossen Polke, Baselitz, Warhol u. a. in eine Tradition mit Leonardo, Tizian, Delacroix und Picasso stellt, im Gegensatz zu Immendorffs Herausforderung der 'modernen Meister' kaum noch provokatives Potential, da Richter zu diesem Zeitpunkt bereits zu den bedeutendsten Künstlern der Gegenwart gehörte. Schwarz sieht in Richters Grafik daher eher ein Zeichen für eine kulturelle Tradition und gegen ein Verständnis des Kunstwerks "als Funktion von Marktposition und Verwertbarkeit".160 In jedem Fall setzt sich Richter als Erben 157 158 159 160 ten genannt werden, halten nur einer oberflächlichen Betrachtung stand, betrachten wir sie eingehend, verlieren sie nach und nach, und am Ende, wenn wir sie wirklich und wahrhaftig und das heisst, so gründlich wie möglich und die längste Zeit studiert haben, lösen sie sich auf, sind sie uns zerbröckelt […]", Bernhard 1985, S. 67. Im Interview mit Gislind Nabakowski über seine Verkündigungs-Serie bestritt Richter auch, dass es um eine "Kraftprobe" mit Tizian gegangen sei, Nabakowski 1974, S. 4. Buchloh 1993c, S. 137. Richter 2000, S. 10. Richter 2000, S. 10. 46 einer Wahlverwandtschaft ein, die sich aus seiner Bestimmung eines Kanons der wichtigsten Vorbilder in den Künsten zusammensetzt. Sigmar Polke zeigte sich 1973 provokativer als Richter. In diversen Varianten thematisierte er im Zyklus Original + Fälschung sein Verhältnis zu alten Meistern, sei es im Titel der Ausstellung, in der Geschichte um Rosemary Browns konspirative Treffen mit den grossen Komponisten aus dem Jenseits oder in zahlreichen anderen oft grotesken Beiträgen der Begleitpublikation. Unter anderem integrierte er dort auch eine Grafik von 1969 mit dem Titel Konstruktionen um Leonardo da Vinci und Sigmar Polke (Abb. 24).161 In einem pseudowissenschaftlichen Experiment regte Polke darin zu einer Verknüpfung seiner eigenen Biografie mit der Leonardo da Vincis an.162 Dafür werden mittels der Methode des Goldenen Schnitts auf einer Zeitachse die wichtigsten Lebensdaten Leonardos ermittelt. Weiter schlägt Polke vor, nach seinem Tod von einer Drittperson seine eigenen wichtigsten Lebensdaten mittels der gleichen Methode ermitteln zu lassen. Dadurch könne die in den ersten drei Jahrzehnten weitgehend unbekannte Biografie Leonardos durch seine Daten ergänzt werden, was wiederum einem besseren Verständnis von Leonardos Werk diene. Wenn auch die Selbstironie Polkes in seiner "Symbiose Leonardo–Polke" nicht zu übersehen ist, so muss der Beitrag dennoch als Provokation verstanden werden. Polke, der zu jener Zeit als Künstler noch bei weitem nicht die ihm heute zugeschriebene Bedeutung erlangt hatte, forderte nicht nur wie Immendorff zu einem Vergleich seiner Werke mit denen Leonardos auf; er erklärte sich durch die Vermengung der Biografien gleich selbst als dem Meister ebenbürtig.163 161 162 163 Zuerst in: Wedewer/Fischer 1969. Die "Konstruktion" basiert auf dem Faktum, dass Polke und Leonardo beide am 14. Februar geboren wurden. Damit griff er eine Haltung auf, die sich bereits bei den jungen Kopisten der Kunstakademien gegenüber ihren grossen Vorbildern gezeigt hatte, vgl. dazu Boimes Beschreibung: " […] the mechanical practice of copying possibly led to a disrespect on the part of the pensioners toward their models. They often considered themselves equal of Renais- 47 Revision 1. Gattungen In einer Notiz aus dem Jahr 1964 erinnerte sich Gerhard Richter an seinen Versuch einer radikalen Abwendung von der übermächtigen Tradition der Malerei und ihren Konventionen. Sein erstes 'Photobild', die Kopie eines Fotos von Brigitte Bardot, erklärte er mit den Worten: "Ich hatte die Scheissmalerei satt, und ein Foto abzumalen schien mir das Blödsinnigste und Unkünstlerischste, was man machen konnte […]".164 Im Rückgriff auf jegliche Art von Fotos und Bildreproduktionen bot sich dem Künstler ein schier unendlich grosser Fundus an Bildern, die er malen konnte, ohne sie selbst entwerfen und komponieren zu müssen.165 Zugleich hatten viele der Fotografien durch ihren Erinnerungswert den Status von 'Reliquien' und waren so bereits mit Bedeutung aufgeladen. Auch die Kunstwerke, die Richter in seinen Werken zitiert, gehören zu jenem vorgefertigten Motivfundus und wurden aus eben diesem Grund 164 165 sance masters", Boime 1971, S. 126. - Martin Hentschel sieht ausserdem in Polkes Konstruktion einen zeitgenössischen Seitenhieb gegen die Methoden der Konzeptkünstler, da die Grafik ursprünglich für einen Katalog über Konzeptkunst konzipiert war, Hentschel 2000, S. 370. – Vgl. in Bezug auf die "Ebenbürtigkeit" auch Polkes Gemälde Goethes Werke von 1963 (Lack auf Leinwand, 30,5 x 50,5 cm, Udo und Anette Brandhorst), dem er 1969 Polkes gesammelte Werke (Lack auf Nessel, 40 x 150 cm, Lise Spiegel Wilks) folgen liess, das statt den fünf Buchrücken Goethes 17 gleich gestalte Buchrücken mit der Aufschrift "Polke" präsentierte. Gerhard Richter, "Notizen 1964", in: Obrist 1993, S. 18. 1986 drückt Richter diesen Vorgang in einem Interview mit Christiane Vielhaber etwas gewählter aus: "Ich war Student, und da lehnt man sich an kunstgeschichtliche Vorbilder an, und die waren unbefriedigend. Dann entdeckte ich, dass in den Fotos ist, was mir in den Bildern gefehlt hat, nämlich, dass sie sehr viele Aussagen haben, sehr viele Inhalte", Vielhaber 1986, S. 41-42. Vgl. Richters Notiz von 1964/65: "Wissen Sie, was prima war? –Zu merken, dass solch eine blödsinnige, absurde Sache wie das simple Abmalen einer Postkarte ein Bild ergeben kann. Und dann die Freiheit, malen zu können, was Spass macht. Hirsche, Flugzeuge, Könige, Sekretärinnen. Nichts mehr erfinden zu müssen, alles vergessen, was man unter Malerei versteht. Farbe, Komposition, Räumlichkeit, und was man so alles wusste und dachte", in: Obrist 1993, S. 28. – Die Fotomalerei bedeutete somit für Richter eine Befreiung von seinem Frühwerk, seiner Ausbildung und vom Kunstbetrieb, vgl. dazu Bätschmann 1998, S. 24. 48 von der Kunstkritik meist unter Richters "Fotomalerei" subsumiert. Richters Methode deuteten die Kritiker in diesem Zusammenhang meist als Ausdruck einer Beliebigkeit des Motivs166 oder als medienkritische Demonstration einer Wirklichkeitswahrnehmung, welche nur noch "vermittelt" durch den Filter der Medien möglich sei.167 Die zitierten Kunstwerke wurden in derartigen Deutungen als Teile der wahrgenommenen Wirklichkeit zu beliebigen Fundstücken – ein Sonderstatus oder eine spezifische Auswahl wurde ihnen selten zugesprochen.168 Eine genaue Betrachtung von Richters Oeuvre-Katalog im Vergleich mit seinem Atlas, dem Katalog der von ihm gesammelten Vorlagen, ermöglicht aber noch eine andere Sicht auf Richters Methode: In seinen Gemälden wiederholt Richter auf anachronistische Weise einzelne Gattungen der Malerei nach ihrer klassischen Einteilung in 'Historie', 'Porträt', 'Landschaft', 'Stillleben' und 'Genre',169 übernimmt die Vorlagen jedoch, wie der Atlas zeigt, meist aus den Medien, aus Familienalben oder aus seiner Sammlung 166 167 168 169 Vgl. z.B. Sager 1974, S. 118; Schreier 1991, S. 288-291; Osborne 1992, S. 105; Spies 1993; und Hentschel 1999, S. 45. Vgl. z.B. Thomas-Netik 1986, S. 33; Krüger 1995, S. 161; Honnef 1997, S. 66-67, Gronert 2002, S. 43. - Bezüglich dieser These notierte sich Richter 1964/65: "Wenn ich ein Photo abmale, gehört das zum Arbeitsprozess und ist nie ein Merkmal, das die Anschauung in dem Sinne charakterisiert, dass ich anstelle der unmittelbaren Wirklichkeit deren Reproduktion, die Second-Hand-World, anbiete. Ich benutze die Photographie wie Rembrandt die Zeichnung oder Vermeer die Camera obscura zu einem Bild", "Notizen 1964-1965", in: Obrist 1993, S. 25-33, hier S. 29. Vgl. Zacharopoulos 1985, S. 32-33: "Eher gehört Tizian mit der 'Verkündigung' der Wirklichkeit an […]. Die Abstraktion entdeckt das Bild – Tizians 'Verkündigung' - einfach als ein 'Stück Wirklichkeit'"; vgl. auch Rebbelmund 1999, S. 113. Eine der Ausnahmen bildet z.B. Krüger 1995. Der Begriff der Gattung wird hier als Klassifizierungsbegriff verwendet, wie er sich aus der zunehmenden Spezialisierung der Künstler auf bestimmte darzustellende Gegenstände seit der Renaissance entwickelt hatte. Durch die Konzentration der Künstler auf einzelne Bereiche der Malerei hatten sich seit dem 15. Jahrhundert die fünf Disziplinen: Historie, Porträt, Genre, Landschaft und Stillleben herausgebildet, vgl. dazu Gaehtgens 1996, S. 16. Dass diese Unterteilung neben dem pragmatischen Vorgang der Arbeitsteilung auch konzeptionell bedingt war, da sich gleichzeitig eine unterschiedliche Bewertung der künstlerischen Aufgaben entwickelte, die zu einer Hierarchie der Bildgattungen führte, spielt in diesem Zusammenhang keine Rolle. 49 eigens hergestellter Fotografien. Viele der nach derartigen Vorlagen entstandenen Bilder rufen Erinnerungen an bestimmte Bildtypen oder an ganz konkrete Gemälde wach, obwohl sie gerade nicht nach Reproduktionen von Kunstwerken entstanden sind.170 Der Verweis auf das vermeintliche künstlerische Vorbild geschieht dabei über visuelle und ikonografische Analogien. Beispielhaft hierfür sind die Varianten von S. mit Kind,171 welche auf den sakralen Bildtyp der Madonna mit Kind verweisen, oder die Darstellungen von Kerzen, Totenschädeln und Blumensträussen, welche an niederländische Stillleben des 17. Jahrhunderts erinnern. Paul Wood weist jedoch darauf hin, dass Richter, wenn er einen Totenkopf male, keineswegs eine zeitgemässe Repräsentation von 'Vergänglichkeit' und 'Tod' liefere, sondern vielmehr den Verlust einer solchen Bildform in der heutigen Zeit aufzeige.172 Dies scheint insofern überzeugend, als es sich bei den Stillleben Richters um die einzigen Bilder handelt, in denen er die Gegenstände für eine Fotografie 'arrangiert', um sie dann anschliessend vom Foto abzumalen. In Bezug auf die Landschaften scheint Richter anders vorzugehen: Der Atlas offenbart, dass einige wenige Landschaftsbilder nach Postkarten entstanden sind, die meisten jedoch nach Fotografien, die von Richter selbst stammen. Die Übertragung der Fotografien in die Gemälde beweist, dass Richter seine Vorlagen keineswegs 'schönt', sondern die Erinnerung an die klassische Gattung der Landschaftsmalerei offenbar mit dem Fotoapparat in der 'Natur' vorfindet und schlicht wiederholt. Aufgrund der Wahl seiner Landschaftsmotive und der schematischen Bildteilung mit tiefem Horizont erinnern die Gemälde häufig an die "sakrale Natur"173 170 171 172 173 Vgl. Richters Kl. Badende (Werk-Nr. 815-1) und Ingres Grosse Badende im Louvre, Richters Venedig – Treppe (Werk-Nr. 586-1) und Seurats Une Baignade, Asnières oder Richters Lesende (Werk-Nr. 804) und Vermeers Brieflesendes Mädchen; zum letzten Vergleich vgl. Krüger 1995, S. 156157. Werk-Nr. 827-1 bis 827-8. Vgl. Wood 1994, S. 195. Belting 1999, S. 65. 50 der romantischen Landschaftsmaler und insbesondere an Caspar David Friedrich. Sowohl Richters Seestücke, wie auch seine Wolken, Eisberge oder die sonstigen Landschaften sind aufgrund ihrer Komposition und ihrem Ausdruck entsprechend als Referenzen auf die "deutschen Ikonen"174 Friedrichs verstanden worden, obwohl die bei Friedrich so wichtigen Rückenfiguren fehlen.175 Auch wenn Hubertus Butin davon ausgeht, die Kunsthistoriker brüteten hier "Kuckuckseier" aus, die Richter ihnen ins Nest gelegt habe, da die Natur in seinen Bildern keineswegs geheimnisvoll überhöht oder sublimiert werde wie bei Friedrich,176 muss dennoch nach der Funktion der offensichtlichen Analogien zwischen Richters und Friedrichs Landschaften gefragt werden.177 Die im Atlas dokumentierten architektonischen Entwürfe Richters (Abb. 25), in welchen er Landschaftsausblicke in überdimensionale Innenräume montiert, scheinen hier einen Erklärungsansatz zu liefern: Butin selbst gesteht ein, dass Richter in diesen Visionen "den verlorenen Möglichkeiten einer solchen malerischen Praxis von Friedrich durchaus nachzutrauern" scheine, indem er darin, allerdings ohne die Religiosität Friedrichs, ebenso eine Ästhetik des Erhabenen entwerfe.178 Entscheidender als Richters 'Nachtrauern' ist aber wohl, dass er eben keine romantischen Landschaften malt, sondern Typen und Paradigmen der Gattung wie den Regenbogen, den Eisberg, das Seestück, den Wasserfall, den niedrigen Horizont, die Wolken und die 174 175 176 177 178 Belting 1999, S. 67 Robert Rosenblum hatte in seiner Beschreibung einer "nordischen" Tradition auch Gerhard Richters Malerei als Anknüpfung an die romantische Landschaftsmalerei dargestellt, Rosenblum 1975, S. 129. Am ausführlichsten befassen sich mit dieser Thematik Wedewer 1975; Criqui 1993; Friese 1994; Butin 1994; Butin 1995; Antoine 1995; Bätschmann 1998. Wie anachronistisch diese Beschäftigung Richters ist, zeigen Werke wie Piepmeier 1980 und Boehm 1980. Butin 1993, S. 48 und zu den "Kuckuckseiern": Buchloh 1993c, S. 153. Vgl. dazu Richters Aussage in einem Brief an Jean-Christophe Ammann im Februar 1973: "Ein Bild von Caspar David Friedrich ist nicht vorbei, vorbei sind nur einige Umstände, die es entstehen liessen, zum Beispiel bestimmte Ideologien; darüber hinaus, wenn es 'gut' ist, betrifft es uns, überideologisch, als Kunst, die wir mit einigem Aufwand verteidigen (wahrnehmen, ausstellen, machen). Man kann also 'heute' wie Caspar David Friedrich malen", in: Obrist 1993, S. 74. Butin 1994, S. 22. 51 scheinbar unendliche 'Weite' der Natur aufgreift und somit die Landschaft als Kategorie von Bildermacht und ästhetischem Erleben reflektiert. Gerade die geplanten 'Ausblicke' aus den imaginierten Räumen zeigen, wie Richter die sublime Erfahrung der romantischen Landschaftsbilder in seinen Visionen noch potenziert. Betrachtet man hingegen die Atlas-Tafel 150 (Abb. 25, rechts), so wird deutlich, dass Richter den scheinbaren 'Ausblick' in die Natur zugleich als Dekoration einer Wandfläche entlarvt und eher den 'abstrakten' Feldern der Malerei eines Piet Mondrian annähert als der Aussicht durch ein Fenster. So wird in dieser Montage gerade an jener Gattung, welche das ästhetische Erlebnis repräsentiert, der Übergang zur Abstraktion vollzogen. Dies gilt ebenso für einzelne Landschaftsbilder wie etwa die Grosse Teyde-Landschaft von 1971 (Abb. 26) oder das Parkstück aus dem gleichen Jahr (Abb. 27), in welchen die Darstellung der Landschaft, wie in der Verkündigung nach Tizian (Abb. 3-7) durch 'Verwischung' der Farben oder durch grobe Pinselstriche einer 'abstrakten' oder 'informellen' Malerei angenähert wird.179 Die Landschaft stellt also hier gerade in Bezug auf ihre Tradition des Erhabenen das Musterbeispiel für die Entwicklung der Malerei zur 'reinen' Empfindung in Form der Abstraktion dar. Wolfgang Ullrich bemerkt, dass aufgrund der Unschärfe die Stillleben, Akte oder Landschaften nie in ihrem Genre aufgehen, sondern in ihrer leichten Verfremdung eher wie Zitate oder indirekte Reden erscheinen. In Analogie zum 'uneigentlichen Sprechen' nennt er sie daher 'uneigentliche' Akte oder Stillleben, was ebenso auf die Landschaften übertragbar ist.180 Diese unzeitgemässe Annäherung an die Gattung, den Bildtyp oder gar an ganz konkrete Gemälde geschieht bei Richter jeweils über das Motiv und die Komposition, die zwar häufig von einer fotografischen Vorlage kopiert werden, aber ein künstlerisches Paradigma imitieren. 179 180 Vgl. dazu auch die Analyse des Seestücks See-See im Kapitel "Bilderstreit". Ullrich 2002, S. 102. 52 Es ist das Gattungsgefüge als "System medialer Ausgrenzungen und Korrespondenzen",181 in welchem Richter verschiedene BildTypologien im Zusammenspiel von Medium und Form zu untersuchen scheint. Dies wird besonders deutlich in seiner Beschäftigung mit der Akt-Malerei: Richters Ema - Akt auf einer Treppe (Abb. 28), ein Gemälde, das sowohl im Titel als auch motivisch auf Marcel Duchamps Nu descendant un escalier von 1911 und 1912 verweist (Abb. 29), bildet innerhalb der Rückbezüge auf paradigmatische Kunstwerke eine Ausnahme. Es handelt sich zwar um die Bearbeitung eines konkreten Vorbildes, die als Vorlage gewählte Fotografie von Richters Frau, wie sie unbekleidet und schwanger die Treppe heruntersteigt, hat jedoch mit Duchamps Bild keine grosse Ähnlichkeit.182 In diesem Fall ist es also nicht die Komposition eines kunsthistorischen Musters, die Richter anhand einer Reproduktion aufgreift, sondern lediglich dessen Titel und Motiv. Dass Richter trotz des direkten Verweises auf Duchamp eine gänzlich andere Darstellung wählt und die kubistische Lösung Duchamps nicht übernimmt, weist auf eine klare Gegenposition zu seinem Vorbild hin. Während bei den Landschaften nach Friedrich der zeitgenössische Kontext des Vorbildes weitgehend ausgeblendet werden konnte, scheint er in diesem Sonderfall durchaus eine Rolle zu spielen. Duchamp hatte seine kubistischen Gemälde als 'letzte Bilder' verstanden, da sich für ihn in ihnen die Möglichkeiten einer referenziellen, an das Abbild gebundenen Malerei erschöpften.183 Nachdem das Bild 1912 vom Salon des Indépendants in Paris abgelehnt worden war und ein Jahr später in der Armory Show in New 181 182 183 Vgl. die Definition eines "Gattungsgefüges" im Zusammenhang mit den Begriffen "Bild" und "Medium" bei Gottfried Boehm, in: Boehm 1999, S. 169. Vgl. dazu im Atlas auch Richters Nachahmung der Technik der Chronofotografie, auf welche Duchamp sich wohl mit seinem Nu bezogen hatte. Richter erreicht den Effekt der scheinbaren Bewegung jedoch anhand von Überblendungen der Fotografie seiner Frau, in: Friedel/Wilmes 1997, Tafel 68. Vgl. Meinhardt 1997, S. 27 und die Aussagen Duchamps in: Harnoncourt/McShine 1973, S. 256-258. 53 York einen Skandal auslöste, blieb es tatsächlich eines der letzten Bilder Duchamps, der seinen Kunstbegriff anschliessend radikal umkehrte.184 Die Bedeutung, die dem Bild Duchamps in der Kunstgeschichte daher zukommt, scheint für die Rezeption durch Richter nicht unerheblich. Auf den ersten Blick erscheint Richters Variation des Aktes auf der Treppe als anti-modernistische Rehabilitation der seit Duchamp ganz und gar unzeitgemässen Bildkategorie des Aktes und der 'illusionistischen' Darstellungsweise. Benjamin Buchloh spricht daher von einer "doppelten Negation" einerseits bezüglich der Position Duchamps und andererseits in Bezug auf Richters aktuelle Kunstsituation, in welcher Aktmalerei nur noch mit den "lebenden Pinseln" eines Yves Klein möglich gewesen sei.185 Daraus folgert Buchloh, Richter manövriere sich mit Ema in eine "praktisch unhaltbare Ambivalenz" zwischen der historischen Avantgarde im Rückgriff auf Duchamp, der Neoavantgarde in Abwendung von Klein und dem Neoklassizismus, der seiner eigenen 'Prägung' durch die "speziell deutschen, nationalsozialistischen und sozialistischen Realismen" Ausdruck verleihe.186 Die scheinbar reaktionäre "elegische Qualität" des Bildes,187 wird jedoch in dem klaren Verweis auf den fotografischen Ursprung des Gemäldes unterlaufen und erhält in der 'unzeitgemässen' Wirkung subversives Potential.188 Dabei kann auch ein Zusammenhang mit den ein Jahr später entstandenen 'Akten' nach pornografischen Fotografien nicht übersehen werden, welcher sich auch durch Titel 184 185 186 187 188 Vgl. Daniels 1992, S. 27-41. Benjamin Buchloh, "Ema (1966) oder ein Akt in der Neoavantgarde", in: Buchloh 1993b, S. 19-27. Benjamin Buchloh, "Ema (1966) oder ein Akt in der Neoavantgarde", in: Buchloh 1993b, S. 26. Buchloh sieht diese in der Luminosität und hochdifferenzierten Skala des Inkarnats angelegt: Benjamin Buchloh, "Ema (1966) oder ein Akt in der Neoavantgarde", in: Buchloh 1993b, S. 19-27, hier S. 26. Auch Duchamp hatte in seinem Gemälde mit der Vorlage fotografischer Bewegungsstudien gearbeitet, die als Medium ebenso betont wurde wie bei Richter. In seinem Fall hatte aber gerade die Existenz der Fotografie dazu geführt, dass er sich in der Malerei von der 'illusionistischen' Darstellung des Sujets meinte abwenden zu müssen. 54 wie Olympia (Abb. 30) oder Badende189 in der Anspielung auf weltbekannte Akte der Kunstgeschichte bestätigt. Ähnlich wie im Tizian-Zyklus wird hier der Verlust einer Bildkategorie bzw. deren aktuelle Möglichkeit aufgezeigt. Der Akt als einstige Kategorie der Hochkultur wird in den pornografischen Bildern als Ausdruck der Massenkultur reflektiert. Diese These liesse sich durch Richters spätere Gemälde der Brigid Polk (Abb. 31) von 1971 stützen: Als wollte er die unterschiedlichen Bildtraditionen hier in ihrem Zusammenhang aufzeigen, stellte er die Porträtierte in pornografischen Posen vor seinem eigenen Aktbild Badende dar oder malte eine Überblendung beider ab und führte somit die eine Darstellung auf die andere zurück.190 Polke greift zwar in seinen Gemälden ebenfalls verschiedene Gattungen wie Porträts, Stillleben, Historienbilder und Landschaften auf, sein Vorgehen ist jedoch weit weniger systematisch und enzyklopädisch als das von Richter. Meist sind die Motive in heterogenen Kombinationen zusammengestellt, die eine eindeutige Klassifizierung und mediale Typologisierung der Bilder nach Gattungen gerade unterlaufen. Stattdessen sind es zahlreiche Einzelmotive wie die Vase, die Reiher, das Liebespaar, oder Möbelstücke, die in immer neuen Variationen dargestellt und kombiniert werden. Die Motive sind dabei als wiederkehrende Elemente verschiedenster, auch trivialer Bildtypen zu werten.191 2. Stile Wenn hier davon ausgegangen wird, dass Richter und Polke mit ihrer Malerei neben verschiedenen Gattungen auch unterschiedliche Stile aufgreifen, so ist dies nicht im Sinne des "Stilbruchs" ge- 189 190 191 Werk-Nr. 154. Vgl. auch die Werk-Nr. 306-308. Martin Hentschel spricht der Vase ebenso wie der Palme und den Reihern in Polkes Werk den Stellenwert von "moules" zu. Damit bezieht er sich auf Werner Hofmanns Aufsatz "Ars combinatoria", in dem Hofmann den Ausdruck "moule" von Delacroix übernimmt, um damit eine "Elementarstruktur" zu kennzeichnen, die "prozesshaft in verschiedene Variationsabläufe" überführbar sei, Hentschel 1991, S. 245 u. 249; Hofmann 1976, S. 14. 55 meint, den Kunsthistoriker und –kritiker beiden Künstlern in diversen Presseberichten und Analysen immer wieder unterstellt haben. Die äusserliche Heterogenität im Werk der beiden Künstler wurde vielfach als "willkürlich erscheinender Wechsel der Stile"192, als "nennerlos" oder als "signifikante Nichtsesshaftigkeit"193 beschrieben. Den interpretatorischen Ausweg fand die Kunstkritik in der Ansicht, Richter und Polke hätten sich den "Stilbruch zum Stilprinzip"194 und "den Widerspruch der Stilrichtungen" zu einer "Stilart" gemacht.195 Dagegen zeigt David Thistlewood, der Herausgeber der Publikation des Polke Critical Forum in der Tate Gallery Liverpool, dass bei Polke zwar das "Problem of Multiple 'Signature Styles'" im Vordergrund stehe, der Künstler sich aber durch seine ironischen Kommentare den Stilen, die er zitiere, selbst entziehen könne.196 Es geht bei Richter und Polke gerade um die Verneinung eines 'Personalstils' und damit nicht um ein authentisches 'Annehmen' und 'Brechen' von Stilen.197 Vielmehr werden Stile als mögliche Bildsprache, als historiografische Kategorie, oder als Ausdruck einer Ideologie reflektiert, nicht aber in ihrer Tradition fortgeführt.198 Während Richter den originalen Kode verschiedener Sti- 192 193 194 195 196 197 198 Kipphoff 1993. Müller 1984. Honnef 1969; vgl. auch Elger 1998a, S. 8, und Elger 2002, S. 206. Herms Draht 1989. Dies wurde beiden Künstlern mehrfach als Strategie ausgelegt, sich den Bedürfnissen des Kunstmarktes bestmöglich anzupassen, vgl. Diederichsen u. a. 1994, S. 121-141; Anthony Thwaites spricht in Bezug auf Richter gar von "kaltem Opportunismus", Thwaites 1969; Jed Pearl warf Richter anlässlich seiner grossen Retrospektive im Museum of Modern Art in New York vor, nicht nur in den Stilwechseln, sondern auch in seiner Thematisierung der deutschen Geschichte eine marktkonforme Ausrichtung zu betreiben; Perl 2002; vgl. dazu auch Gelshorn 2003, S. 118. Thistlewood 1996, S. 1-4. Vgl. Polkes und Richters Kommentar zum Thema "Stil" in ihrer Textcollage von 1963: "'Weißt du Elly', sagte er ganz ruhig, ‚man darf nur das lieben, was keinen Stil hat, z.B. Wörter, Fotos, die Natur, mich und meine Bilder!'", Polke/Richter 1993, S. 36; vgl. auch Tøner 2001. Vgl. dazu die Parodie sämtlicher Stilbegriffe auf der Einladungskarte zur bereits erwähnten ersten Ausstellung der beiden Künstler (gemeinsam mit Konrad Lueg und Manfred Kuttner) in Düsseldorf 1963. Der Offsetdruck zur Demonstrativen Ausstellung (21 x 20,5 cm) wurde jeweils mit einem unterschiedlichen Zeitschriftenausschnitt in der Mitte be- 56 le kommentarlos wiederholt, werden sie bei Polke subversiv unterlaufen. Die Imitation und scheinbare Annahme der Stilmittel ist dabei für beide Künstler eine Grundbedingung, um ein Wiedererkennen des Vorbildes und Entziffern des Nachbildes gewährleisten zu können.199 In Polkes Frühwerk tritt mehrfach das traditionelle Stilllebenmotiv der Vase auf.200 Dabei beschäftigte sich Polke aber nicht nur mit der Gattung des Stilllebens, sondern vor allem mit deren unterschiedlichen stilistischen Ausformungen, zu denen sich ein jeweiliger Kontext rekonstruieren liesse. Den 'Stil' eignet er sich dabei als existierendes formelles Repertoire an. So findet sich bei Polke die Vase als gerastertes Trivialmotiv in Pop ArtManier,201 in der laienhaften Malweise eines Hobbymalers in Kombination mit den exotischen Motiven eines Dekorationsstoffes202 oder kombiniert mit geometrischen Formen als Verweis auf die Abstraktion der 'Klassischen Moderne'.203 Wie komplex sich derartige Stilzitate gestalten können, zeigt Polkes Gemälde Konstruktivistisch von 1968 (Abb. 32). Auf den ersten Blick ist das Bild eine Nachahmung des konstruktivistischen Stils in der Tradition Piet Mondrians, auf den auch der Ti- 199 200 201 202 203 klebt (5,4 x 5,9 cm) und zeigte eine Aneinanderreihung von Schlagwörtern des damaligen Kunstbetriebs, sämtlich mit Fragezeichen versehen: "Imperialistischer Realismus? Antikunst? Know-Nothing Genre? Pop Art? Naturalismus? Junk Culture? New Vulgarismus? Nouveau-Réalisme? Pop Around? Neo Dada? Kinetische Malerei? Vexierbild? Optische Täuschung? Volkskunst? Common Object Painting?" (Auflage unbekannt); vgl. das Exemplar in der Kunstakademie Düsseldorf, Archiv: Bestand: [Gerhard Richter]; vgl. auch Becker/Osten 2000, S. 10-11, Nr. 1. Vgl. dazu Buchloh 1982b, S. 34: "To remain recognizable or to be deciphered as parody, the simulacrum has to follow the outlines of the code and must ultimately remain within its limits." Vgl. neben den Gemälden auch die drei Zeichnungen Ohne Titel: 1963, Kugelschreiber, Aquarell und Lack auf Papier, 29,7 x 21 cm, Privatbesitz; 1965, Kugelschreiber und Aquarell auf Papier, 1965, Privatbesitz; und 1965, Kugelschreiber auf Papier, 29,7 x 21 cm, Privatbesitz. Sigmar Polke, Tisch, 1963, Dispersion auf Leinwand, 170 x 119 cm, Privatbesitz, und Sigmar Polke, Vase II, 1965, Dispersion auf Bibertuch, 90 x 75 cm, Düsseldorf, Kunstmuseum. Sigmar Polke, Ohne Titel (Vase), 1971, Dispersion auf Dekostoff, 150 x 121 cm, Bonn, Kunstmuseum. Sigmar Polke, Vase I, 1965, Plaka und Kasein auf Leinwand, 100 x 90 cm, Köln, Sammlung Garnatz. 57 tel verweist.204 Das vom Niederländer entwickelte kompositionelle Ordnungsschema übernimmt Polke aber nur dem Anschein nach, tatsächlich wird die harmonische und rationale Anordnung der Elemente beliebig manipuliert.205 Die Tatsache, dass die Farbfelder zudem in Rasterpunkte aufgelöst sind, ist in diesem Fall kein Polke-spezifisches Bildmittel, sondern nimmt Bezug auf Roy Lichtensteins Imitationen von Gemälden Mondrians in Form von Rasterdarstellungen (Abb. 33). In Non-objective I + II unterwarf Lichtenstein die Vorlage Mondrians, wie fast alle seiner Motive, einer einheitlichen Rasterung mit dem Ziel, althergebrachte Sehmodelle zu revidieren und den "Kommerzialisierungseffekt" zu bewirken.206 Polke verwendete zwar das gleiche Verfahren, erreichte aber dabei keineswegs die gleiche Präzision wie Lichtenstein und hob durch absichtliche Unregelmässigkeiten in seiner Darstellung die mechanische Wirkung der Werke Lichtensteins wieder auf.207 Barbara Reise sieht, wie auch Gerlinde Gabriel, in Konstruktivistisch neben den Stilzitaten zusätzlich eine Anspielung auf die nationalsozialistische Vergangenheit Deutschlands. Die Farben schwarz, rot und weiss assoziieren beide mit der NS-Fahne, während sie in den sich kreuzenden schwarzen Linien ein angeschnittenes Hakenkreuz erkennen.208 Diese nicht ganz von der Hand zu weisende Beobachtung eröffnet zusätzlich eine politische Dimension für die Betrachtung des Stilzitats. In Anbetracht der Tatsache, dass die Konstruktivisten zu den Künstlern gehörten, welche von den Nationalsozia- 204 205 206 207 208 Im gleichen Jahr entsteht noch ein weiteres Gemälde unter diesem Titel (Öl auf Leinwand, 40 x 50 cm), das sich in Stuttgart in der Sammlung Froehlich befindet. In der Version der Sammlung Froehlich bringt Polke das konstruktivistische Konzept sogar zum Scheitern. Die sich kreuzenden schwarzen Linien bilden hier in der Mitte ein Dreieck und richten sich völlig gegen das orthogonale Ordnungsprinzip Mondrians, vgl. Heider 2000, S. 140. Vgl. Solomon 1966, S. 38-39; zu Lichtensteins Composition II vgl. Zänker 1991, S. 113. Vgl. Heider 2000, S. 141, und Reise 1984, S. 52. Gabriel 1996, S. 84, und Reise 1984, S. 52. – Wenn es sich tatsächlich um ein Hakenkreuz handeln soll, so wäre es allerdings seitenverkehrt abgebildet. – Auch in Polkes Gemälde Paganini von 1982 finden sich mehrere kleine Hakenkreuze, die allerdings nicht seitenverkehrt ausgerichtet sind. 58 listen in der Münchner Ausstellung Entartete Kunst 1937 unter der Betitelung "Verrückt um jeden Preis" geächtet wurden, erhält diese Vermengung allerdings einen geradezu makaberen Beigeschmack.209 Den rationalen konstruktivistischen Formen wird darin ebenso wie der unpersönlichen wie "kommerzialisierten" Darstellung Lichtensteins eine Ideologie 'untergeschoben', die ihrer ursprünglichen Konzeption und der realen politischen Lage deutlich widerspricht. Indem Polke seine Anklage gegen jegliche Form von Ideologie in ein stilistisches Zitat 'verkleidet', findet er nicht nur eine formalistische Verschleierung für eine provokative politische Aussage, sondern persifliert auch fast bösartig die stilistischen Modelle, die er zitiert. Polke demonstriert hier eine vehemente Aversion gegenüber jeglicher Form von Ideologie, die sich für ihn auch in Stilbegriffen wie dem 'Konstruktivismus' verbirgt. Eine derart starke Anklage, deren Vermengung zweier wohl kaum vergleichbarer Phänomene schon fast verfehlt scheint, lässt sich vielleicht nur durch die ideologisch gefärbte euphorische Förderung der abstrakten Kunst in der Nachkriegszeit erklären.210 Gerhard Richter verfährt in seinen grauen Gemälden (Abb. 34) sehr viel weniger provokativ: In ihrer reinen Monochromie scheinen sich die Grauen Bilder perfekt in die Tradition monochromer Bilder im 20. Jahrhundert einzureihen.211 Die Farbwahl eines Grautons, mit dem Richter in eigenen Aussagen "Indifferenz, Meinungslosigkeit, Aussageverweigerung, Gestaltlosigkeit" assoziierte,212 verneint jedoch jeden psychologisch-emotionalen Ausdruckswert ebenso wie den Anspruch einer spirituellen Dimension oder Materialität, auf welche die Monochromie des 20. Jahrhunderts abgezielt 209 210 211 212 Vgl. die Fotografie des Raumes 5 mit den 'Abstrakten Werken' und die Auflistung der Künstler in: Barron 1991, S. 60-61. Vgl. dazu das Kapitel "Bilderstreit". Zur Monochromie im 20. Jahrhundert vgl. Epperlein 1997, Gassen 1998, Heusinger von Waldegg 1998. – Vgl. auch Buchloh 2002, S. 22: "So sehr wir also Richters Acht Grau in der Geschichte der Monochromie sehen wollten, so sehr müssen wir diese Gruppe eben auch in der Geschichte einer bildnerische Reflexion auf das Epistem des Fensters situieren." "Aus einem Brief an Edy de Wilde 23.2.1975", in: Obrist 1993, S. 7677, hier S. 77. 59 hatte.213 Zwar wird mit der Darstellung von opaker Gegenständlichkeit und einer "Ästhetik der Absenz"214 die Idee vom "letzten Bild"215 und vom "Ende der Malerei"216 scheinbar aufgegriffen, die Betrachtung des Stellenwerts dieser 'blinden Fenster' in Richters Gesamtwerk als eines Zyklus' unter vielen führt aber die totale Negation eines Ad Reinhardt217 wieder ad absurdum.218 Richter verwendet den Kunststil als Vorlage, wie er Fotos als Vorlage verwendet. Die kunstgeschichtliche Reminiszenz zielt dabei keineswegs auf Ironisierung und schon gar nicht auf Satire, eher auf eine Thematisierung und Blosslegung (im Gegensatz zu Blossstellung) des Bildes.219 Polkes Vorgehen ist dagegen persiflierend: In Höhere Wesen befahlen: rechte obere Ecke schwarz malen! (Abb. 35) ironisiert er gezielt Stilrichtungen wie den Suprematismus, den Abstrakten Expressionismus oder die "Hard-Edge-Malerei" eines Ellsworth Kelly, indem er deren Anspruch auf einen transzendenten Ursprung der Bilder karikiert.220 Das schwarze Dreieck auf weissem Grund ist hier nur ein überspitzter Verweis auf die Farbfeldmalerei, lässt den Betrachter aber über genaue Vorlagen im Unklaren. Der integrierte Bildtitel ermöglicht es Polke nicht nur, sich von 213 214 215 216 217 218 219 220 Vgl. Butin 1993, S. 46 und Butin 1999, S. 126. Butin 1993, S. 46. Die Tradition der Idee eines 'letzten Bildes' beginnt bereits zu Beginn des 20. Jahrhunderts bei Duchamp (vgl. Kapitel 4.1) und Alexander Rodtschenko (The Last Painting (Pure Red Color, Pure Yellow Color and Pure Blue Color), 1921, Öl auf Leinwand, 79 x 70,5 cm, Moskau, Rodschenko und V.F. Stepanova Archiv) und reicht bis zu Ad Reinhardt; vgl. zu dieser Tradition Meinhardt 1997, S. 26-37 (3. Kapitel: "Letzte Bilder, Reine Bilder und Ur-Bilder: Monochromie und Gitter"). Meinhardt 1995, Meinhardt 1997; vgl. auch Crimp 1996b. Im Interview mit Phylisann Kallick hatte Reinhardt sein Ziel vom "last painting anyone can paint" kundgegeben, Kallick 1967, S. 272. Vgl. hierzu die Chronologie der Werke im Catalogue raisonné, Richter 1993, Bd. III, bes. Werk-Nr. 341-1 bis 345-2; vgl. auch Richters Notiz vom 27.12.1985: "Der Vorzug meiner Grauen Bilder ist, dass sie alle übrigen Setzungen, gegenständliche oder abstrakte, als Ersetzungen und als beliebige zu entlarven scheinen", in: Obrist 1993, S. 114. Vgl. Schneckenburger 1975, S. 15. – Dass die Grauen Bilder keineswegs ironisch aufgefasst wurden, sondern geradezu auratisch, beweist ihre Platzierung in der Wiener Ausstellung Aura 1994 in einem Raum mit Josef Albers, Imi Knoebel, Robert Ryman, Blinky Palermo u.a., vgl. Aura 1994, S. 112. Vgl. Campbell 1996, S. 22, und Power 1996, S. 102. 60 den Darstellungsmitteln zu distanzieren, sondern gleichzeitig deren Ideologie zu 'untergraben'. Die gleiche Funktion übernimmt der Titel Carl André in Delft, der in vergrösserter Schreibmaschinentype auf eine gemalte Umrandung in das Gemälde von 1968 eingefügt ist (Abb. 36). Statt den zitierten Stil überspitzt nachzuahmen wie in den zuvor genannten Beispielen, verwendet Polke hier eine parallele Struktur, die stilistisch gesehen das Gegenstück zur Kunst des Minimal Art-Vertreters Carl André darstellt. Polke hatte im Oktober 1967 bei der Eröffnung der Galerie von Konrad Fischer in Düsseldorf erstmals Gelegenheit gehabt, Werke von André zu sehen. Eines der ausgestellten Werke war das 5 x 20 Altstadt Rectangle, eine Installation aus gleich grossen quadratischen Stahlplatten ohne künstlerische Bearbeitung des Materials.221 Wie André bediente sich auch Polke eines vorgefertigten Produkts, indem er einen Dekorationsstoff mit dem Imitat von Delfter Kacheln zugleich als Grundlage und Bildmotiv wählte. Damit ist Polkes Anspielung nach Martin Hentschel doppelt lesbar: Andrés Werk wird einerseits durch den Hinweis auf reale Delfter Kacheln und andererseits durch deren "kitschiges Derivat" auf einem Dekorationsstoff persifliert.222 Die Entsprechung zu Andrés Arbeit liegt einzig in der Quadratform in alternierendem Muster begründet,223 der Illusionismus der Delfter Kacheln, die ihrerseits noch auf einem Musterstoff abgebildet sind, steht jedoch in krassem Widerspruch zu der reduzierten Form Andrés, die alles andere will, als abbilden oder dekorieren.224 Auch hier bringt Polke auf ironische, ja fast böswillige Weise die Ernsthaftigkeit eines 221 222 223 224 Vgl. Hentschel 1991, S. 306, Hentschel 1996b, S. 134, und Hentschel 1997, S. 69; David Campbell erwähnt, dass die Kunsthalle Düsseldorf im Januar 1968 die Ausstellung Minimal Art eröffnete, bei der auch eine Installation von 6 x 6 Stahlplatten zu sehen war, welche Polke gesehen haben dürfte, Campbell 1996, S. 37. Hentschel 1991, S. 308, und Hentschel 1992b, S. 135. Martin Hentschel weist allerdings darauf hin, dass Polke damit in gewisser Weise Andrés eigener Arbeit vorgreife, da André erst nach 1969 mit zwei und mehreren Materialien arbeitet und das alternierende Muster benutzt, Hentschel 1991, S. 307-308, und Hentschel 1992b, S. 135. Hentschel räumt ein, dass immerhin sowohl die Stahlplatte als auch die Kachel jegliche persönliche Handschrift leugnen und somit auch im Gegensatz eine Gemeinsamkeit liege, Hentschel 1997, S. 70. 61 formalistischen Vorgehens ins Wanken, Martin Hentschel spricht gar von der "Destruktion der Intention Andrés".225 Indem Polke scheinbare Parallelen zwischen zwei Werken aufzeigt, steigert er nur ihre Diskrepanz und verkehrt so Sinn in Unsinn. Gerhard Richters Stilzitaten fehlt dieser eindeutige Referent und die scherzhafte Polemik Polkes. Seine späten Farbtafeln von 1973/74 erscheinen als direkte Bezugnahmen auf die so genannten 'grids', die 'Gitterstrukturen' Ellsworth Kellys. Das Werk 1024 Farben (Abb. 37) wirkt gar wie ein wörtliches Zitat von Kellys über zwanzig Jahre zuvor entstandenem Gemälde Spektralfarben, zufällig verteilt von 1951-53 (Abb. 38). Auch Richters Bildherstellung, bei der regelmässige Farbfelder nach dem Zufallsprinzip in einer orthogonalen Gitterstruktur verteilt werden, entspricht der Methode Kellys.226 Dennoch gibt Richter weder im Titel, noch in seinen zahlreichen Äusserungen einen Hinweis darauf, dass sein Farbtafel-Zyklus aus einer Beschäftigung mit dem Werk Ellsworth Kellys hervorgegangen sei.227 Es ist anzunehmen, dass Richter Kel- 225 226 227 Hentschel 1991, S. 308, und Hentschel 1992b, S. 135. Nach den frühen Farbtafeln der späten sechziger Jahre entwickelte Richter 1973/74 ein System, das von drei Grundfarben plus Grau (und später Grün) ausging, die nach speziell errechneten Verhältnissen miteinander vermischt wurden und so eine bestimmte Anzahl verschiedener Farbtöne ergaben. Die Anordnung der Farbtöne auf den gleichmässigen Feldern wurde per Losprinzip ermittelt, vgl. "Katalogtext für Gruppenausstellung im "Palais des Beaux Arts", Brüssel 1974 - 1024 Farben in 4 Permutationen", in: Obrist 1993, S. 75; vgl. auch Harten 1986b, S. 36-38.- Ellsworth Kelly hatte sich nach für ihn nicht befriedigenden Erkundungen des Automatismus 1951 einem Gestaltungsprinzip zugewandt, das in der Tradition von Theo van Doeburgs Composition arithméthique und der daraus folgenden 'programmierten Kunst' von Max Bill und Richard-Paul Lohse stand. In der Erkenntnis, dass das Ungeordnete des Zufalls nur in Erscheinung tritt, wenn man ihm eine strikte Ordnung entgegensetzt, entwickelte er mit dem 'Gitternetz' ein streng organisiertes System, innerhalb dessen der Zufall der Komposition entgegen wirken konnte. Zunächst ordnete er darin schwarze und weisse Felder an, deren Verteilung dem Zufallsprinzip unterlag, später entwickelte er mehrfarbige Collagen nach dem gleichen Prinzip. Spektralfarben, zufällig verteilt von 1951-53 blieb dabei das einzige aus diesen Collagen hervorgegangene Gemälde, vgl. Bois 1992, S. 23-27; vgl. auch Rompza 1992. – Zum Paradox des 'Grids', das in seiner Einschränkung und Unflexibilität dem Künstler zugleich eine 'freie' Gestaltung erlaubt, vgl. Krauss 2000, S. 51-66. Bezüglich seiner Grauen Bilder weist er im Interview mit Buchloh eine Verbindung mit Kelly klar zurück, vgl. Buchloh 1993c, S. 144. 62 lys Werk kannte,228 und dass ihm dessen Erforschung des Zufallsprinzips, analog zu seiner Verwendung von Fotovorlagen, als interessante Strategie erschien, um sich einem gestalterischen Eingriff bei der Bildherstellung soweit als möglich zu enthalten. Das direkte Vorbild für Richters Farbtafeln waren jedoch Lackmusterkarten, deren Erscheinungsbild stark vergrössert imitiert wurde. Auch Ellsworth Kellys Spektralfarben mögen in der Erinnerung an den auf Albert H. Munsells Farbenlehre beruhenden rasterförmigen Farbenatlas entstanden sein, den sein Lehrer am Pratt Institute verwendete,229 sie bilden jedoch zugleich eine schematisierte Spiegelung der Wirklichkeit, indem sie die Farben des mediterranen Lichts am Ort ihrer Entstehung, dem provenzalischen Sanary, repräsentieren.230 Eine solche direkte Referenz der Farbtafeln auf die Wirklichkeit entfällt bei Gerhard Richter, dennoch kann auch er entsprechende Assoziationen des Betrachters nicht ausschliessen. Es bleibt somit bei Richter bei der unkommentierten Nachahmung bekannter Stile, wobei sowohl der Verweis auf ein eindeutiges Vorbild wie auch eine bildinhärente Stellungnahme ausbleiben. 3. Bildkonzepte Richters indifferenter Gebrauch von Farben, die er weder deutlich emotional belegt noch als Mittel geistiger Sublimierung einsetzt, lässt ebenso wie seine zahlreichen Studien zur Erforschung von 228 229 230 Jürgen Harten und Hubertus Butin sind die einzigen, die Richters Farbtafeln überhaupt mit Kelly in Zusammenhang bringen, wobei Harten eine Bezugnahme Richters jedoch verneint, Harten 1986b, S. 38 und Butin 1993, S. 32-33; Richter wird Kellys Arbeit aber durch diverse Ausstellungen und entsprechende Medienpräsenz in den USA und Europa, vor allem durch den Biennale-Auftritt im amerikanischen Pavillon in Venedig, 1966, seine Einzelausstellung in der Galerie Denise Rene-Hans Mayer in Düsseldorf, 1972, und die grosse Retrospektive im Museum of Modern Art in New York und anderen Stationen in dem Jahr, als Richter mit den späten Farbtafeln begann, gekannt haben, vgl. Ausstellungsverzeichnis in: Bois/Cowart/Pacquement 1992, S. 91-96. Albert H. Munsell, A Grammar of Color, New York: Van Nostrand, 1969; vgl. Cowart 1992, S. 37. Der Zusammenhang von den Gitterstrukturen mit Lichtreflexen in der Natur zeigt sich auch in Seine (1951, Öl auf Holz, 41,9 x 114,9 cm, Besitz des Künstlers), wo Kelly bereits im Titel den Bezug zu einem natürlichen Bildmotiv andeutet, vgl. Cowart 1992, S. 42. 63 Farbbeziehungen231 darauf schliessen, dass er sich in seinen Farbtafeln nicht nur mit einem malerischen Stil auseinandersetzte, sondern auch mit einem grundlegenden Mittel der Bildherstellung. In einem Brief an Jean-Christoph Ammann schrieb Richter im Februar 1973: "[…] es hat lange gedauert, bis ich mich auf mein Werkzeug besinnen konnte, mit dem ich alles herstellen kann, RotBlau-Gelb (und Licht = Weiss), Bilder, die aus dem Prozess entstehen".232 Aus dieser Aussage wurde bisher geschlossen, Richter mache in seiner Werkgruppe der 'abstrakten Bilder' die Methode zum Inhalt des Malens.233 Vielleicht könnte man statt der 'Methode des Malens' aber eher von grundlegenden Elementen und Prinzipien des Bildes sprechen, die Richter voneinander isolierte und untersuchte. Die 'Verselbständigung', die dabei in den Farbtafeln das Element Farbe erfährt, indem es nur sich selbst nach dem Vorbild von Farbmusterkarten repräsentiert, wird im Werk Sigmar Polkes noch potenziert. Analog zu Richter sprach Polke in einem Interview mit Bice Curiger 1984 von seiner Rückbesinnung auf das bildnerische Grundelement: "Da fing ich an, über Farbe nachzudenken und über die Handhabe. Aber ich reflektierte auch darüber, beispielsweise wie der Hinduismus Farbe erklärt und benutzt oder, wie die Australier die Farbe benutzen. Wie sie die Farbe gewinnen und was Farbe ist".234 Vor diesem Hintergrund entstanden 1986 für die Gestaltung des Deutschen Pavillons an der XLII. Biennale in Venedig verschiedene Bilder, die unter dem Titel Athanor zusammengefasst wurden.235 Zu der Installation gehörten neben sechs Lack- und elf Grafitbildern im Mittelraum auch vier monochrome Mineralfarben- 231 232 233 234 235 Sämtliche Studien Richters zur Farbe befinden sich in Aachen in der Sammlung Ludwig, vgl. Harten 1986b, S. 36 u. 60. "Brief an Jean-Christophe Ammann, Februar 1973", in: Obrist 1993, S. 72-74, hier S. 74. Schneckenburger 1975, S. 14. Curiger 1990, S. 8. Der Begriff "Athanor" stammt aus der Alchemie und bezeichnet einen Fixierungsofen, der über längere Zeit brennen kann, ohne dass neues Holz nachgelegt wird. Insofern spielt Polkes Titel auf den Prozess an, in dem sich die ausgestellten Werke ohne Eingriffe von Seiten des Künstlers befinden, vgl. dazu Hentschel 1991, S. 411. 64 bilder, die jeweils nach ihren Pigmenten benannt wurden (Realgar, Malachit, Azurit und Auripigment).236 Mit den Titeln der Bilder und ihrer stark sichtbaren Pinselführung wurde die Farbe als Materie präsentiert, gesteigert durch die Tatsache, dass drei der verwendeten Farben in Handbüchern als giftig eingestuft sind.237 Dieser Umstand lenkte die Aufmerksamkeit der Betrachter auf die Stofflichkeit der Farbe. Für Polke war aber ausserdem der Faktor der Unbeständigkeit der ausgewählten Farben entscheidend, da er so eine "Interaktion der Farben" inszenieren konnte.238 Martin Hentschel legt ausführlich dar, dass zwei der verwendeten Farben sich unter gewissen Umständen in eine der anderen zwei umwandeln könnten, während die Hängung der Tafeln als Polyptychon über einen sehr langen Zeitraum durch die unverträgliche Verbindung von Kupfer- und Schwefelfarben zur Bildung von schwarzem Kupfersulfid führe.239 Die Dauer dieses Vorganges würde zwar ein Menschenleben überschreiten, war aber wohl dennoch als Möglichkeit von Polke angelegt. Für den Betrachter direkt nachvollziehbar war hingegen der Wandlungsprozess der Farbe, den Polke mit seiner HydroWandmalerei in der Konche des Pavillons ausgelöst hatte (Abb. 39+40). Durch die Verwendung von Kobalt-II-Chlorid, einer hygro- 236 237 238 239 Michael Oppitz zeigt, dass die vier Gemälde mit drei weiteren Werken dieser Art die Farbenlehre des tibetanischen Gelehrten Sum-pa mkhan-po illustrieren, Oppitz 1988, S. 25-27. Vgl. Haxthausen 1997, S. 198. – Hans Dickel stellt fest, dass dementsprechend offen bleibe, wer hier über was verfüge, der Künstler über die Materialien oder das Material über ihn, wenn etwa giftige Dämpfe oder Rauschmittel die Bildfindung beeinflussen, Dickel 1991, S. 64. Im Gegensatz zu Joseph Albers Farbenlehre Interaction of Color (New Haven und London: Yale University Press, 1963) handelte es sich statt einer visuellen Interaktion der Farben um eine materielle, vgl. Dickel 1991, S. 74. – Die technischen und chemischen Kenntnisse für die von ihm beabsichtigten 'zufälligen Veränderungen' entnahm Polke diversen Fachbüchern zu Farben, Mineralien und Malerei, vgl. Hofmeister 1995, S. 59. Realgar (rötlich-gelbes Arsensulfid) kann sich unter gewissen Umständen in Auripigment (gelbes Arsensulfid) verwandeln, während Azurit in Malchit umschlagen kann. Durch die Anordnung der Tafeln und ihren Farbauftrag mit einem "wässrigen Bindemittel (gummi arabicum)" kommen ausserdem Schwefel- und Kupferfarben miteinander in Berührung, was sehr langfristig zur Bildung von schwarzem Kupfersulfid führt, das sich unter gegebenen Bedingungen fortschreitend von den Rändern der Bilder in ihr Inneres entwickeln könnte, vgl. dazu Hentschel 1991, S. 415-416. 65 skopischen Farbe, die sich bei feuchter Luft rötet und bei trockener Luft in einen bläulichen Ton wechselt, initiierte Polke eine ständige Metamorphose des Farbtons im Tagesverlauf. Die Eigendynamik der Farbe erreicht in dieser Arbeit ihren Höhepunkt: Einerseits wird jedes Element wie Bindemittel oder Pigment "in seiner Identität bewahrt und seiner Materialität getreu konkret vorgeführt",240 andererseits wirkt die Farbe in ihrer Metamorphose am Moment der Bildentstehung mit, obwohl paradoxerweise der Künstler selbst abwesend ist.241 Sowohl Richters Graue Bilder und Farbtafeln, wie auch Polkes monochrome Gemälde nehmen auf die moderne Tradition der Reduktion des Bildes auf seine Grundbedingungen Bezug. Dass neben der Farbe als Grundelement des Bildes auch ihr Träger, die Bildfläche thematisiert wird, ist somit im Rückblick auf die Tradition der Moderne selbstverständlich.242 Gerhard Richters wörtliche Umsetzung von Leon Battista Albertis frühneuzeitlicher Vorstellung vom Bild als Fenster in seinen 4 Glasscheiben (Abb. 41) untersucht die Frage nach möglichen Bildkonzepten jedoch auf konzeptuellere Weise. Alberti hatte 1540 in De Pictura dem Bild die Funktion eines Fensters zugeschrieben, durch welches der "Vorgang" im Bild betrachtet werden könne.243 Dieses Bildverständnis setzte Richter in einer Installation um, die das Prinzip des Tafelbildes auf seine 240 241 242 243 Haxthausen 1997, S. 199. - Zu den von Polke verwendeten Materialien vgl. auch Szeemann 1984a, S. 11-12. – Hans Dickel bemerkt, dass es in der Geschichte der Malerei schon mehrere Versuche gegeben habe, den Farben selbst semantische Qualitäten abzugewinnen. Wie es bei Turner und einigen seiner Zeitgenossen nicht mehr um die Nachahmung der Natur gegangen sei, sondern um "die innere, produktive Übereinstimmung des Malers mit den Wirkkräften der Natur", so habe der Romantiker Philipp Otto Runge mit seiner Farbenlehre die theoretische Autonomie der Farbe begründen wollen. Er habe versucht, die Farbe aus ihrer dienenden Darstellungsfunktion zu befreien, indem er den darzustellenden Inhalt selbst einer jeweils vorrangigen Farbe zuordnete, Dickel 1991, S. 71; vgl. auch Draxler 1987, S. 203 und Matile 1972, S. 120-123. Zu dieser Prozesshaftigkeit des Bildes vgl. Dieter Roths Schimmelgrafik von 1969 (Handgeschöpftes Büttenpapier von D.R. mit verschiedenen Flüssigkeiten behandelt, 107,5 x 79,2 cm, Sammlung Cremer) und Yves Kleins Kosmogonien, der Witterung ausgesetzte Bilder, die anschliessend Spuren von Regen, Wind, Licht und Hitze zeigten, vgl. Szeemann 1999, S. 71-75. Vgl. dazu auch Buchloh 2002. Bätschmann/Schäublin 2000, S. 224-225. 66 Grundvoraussetzungen reduziert. Der Rahmen ist hier nicht mehr schmückendes Beiwerk, sondern Voraussetzung für die Anschauung eines klar umrissenen Tafelbildes, das keines mehr ist. Die Bildproduktion wird dem Betrachter überlassen. Durch Drehen der Fensterscheiben kann er sich im wahrsten Sinn des Wortes 'ein Bild machen' und den von Alberti zitierten "Vorgang" selber auswählen.244 Diese Reduktion des Angebots an den Betrachter ist zugleich als 'Seitenhieb' auf Marcel Duchamps "Travestie des Meisterwerks" 245 in seinem Grossen Glas zu verstehen. In einem In- terview mit Hans-Ulrich Obrist gab Richter 1993 zu, er habe sich gegen die "Pseudokomplexität" Duchamps wenden wollen: "Dieses Geheimnisvolle mit Staub und kleinen Linien und noch allerlei Zeug darauf. Ich mag das produzierte Geheimnis nicht."246 Damit demonstrierte Richter einerseits die Absurdität seiner Tätigkeit im Anti-Bild und andererseits eine Rückbesinnung auf die simplen Funktionsweisen des Bildes. Mit seinem Tropenwald von 1992 (Abb. 42) scheint auch Sigmar Polke das Grosse Glas von Duchamp als 'produziertes Geheimnis' zu entlarven, indem er das feingliedrige Gefüge aus Glas, Draht, Blei und Ölfarbe durch 'Abfälle' von Holzfurnier ersetzt, die in ihrer Anordnung und Form auf dem durchscheinenden Polystergewebe, durch das der Spannrahmen sichtbar wird, gerade keinen Sinn ergeben. In ihren zufälligen Formen greifen die Holzfurnierstücke allerdings jene der zugeschnittenen Holzlineare in 3 Stoppages Étalon von 1913/14 auf, welche Duchamps pseudowissenschaftliches Experiment zum Zufall dokumentieren.247 Diese konstruierte Zufälligkeit von Duchamps Experiment wird in den Fundstücken Polkes gera- 244 245 246 247 Vgl. Butin 1997, S. 301. Belting 1992. "Interview mit Hans-Ulrich Obrist 1993", in: Obrist 1993, S. 240-260, hier S. 258. – Die Unmöglichkeit, ein solch endgültiges Statement zu entwickeln, empfindet Richard Cork entsprechend als "tabula rasa", Cork 1991, S. 19. Duchamp hatte 1913/14 drei Schnüre von einem Meter Länge aus einer Höhe von einem Meter auf drei präparierte Leinwände fallen lassen, die zufällige Form fixiert und anschliessend in drei entsprechend zugeschnittenen Holzlinearen dokumentiert. - Zu Duchamps 3 Stoppages Étalon vgl. Schwarz 2000a, S. 594-596, Nr. 282. 67 de veralbert, und in der Übertragung auf das Grosse Glas als wieder erkennbare Anspielung lesbar gemacht. Zugleich befragte auch Polke mit seinen durchscheinenden Leinwänden das traditionelle Bildkonzept des Fensters: Indem er die Leinwand mit Harzen durchtränkte, erschien sie im Licht fast transparent und wurde entsprechend von Hans Belting "Fensterbild" genannt.248 Sein Gemälde Fensterfront von 1994 (Abb. 43) greift den Topos des Fensters ganz direkt auf, indem es in einem grossen Querformat zwei identische geschlossene Fenster mit roten Gardinen und einem Ausblick auf eine Landschaft mit Palme präsentiert. Während der Vorhang René Magrittes Bild Les mémoires d'un saint von 1960 entnommen zu sein scheint, zitiert das Sprossenfenster Marcel Duchamps Fresh Widow von 1920.249 Tatsächlich handelt es sich aber nicht um eine gemalte Zusammenstellung, sondern um einen vorgedruckten Dekorationsstoff, in dem Polke den Bezug zu den Werken Magrittes und Duchamps als Readymade vorfand. Indem Polke den dekorativen Ausblick in die Landschaft jedoch in der Sichtbarmachung des Keilrahmens durch das Polyestergewebe stört, unterläuft er gerade Albertis "Ausblick" durch das Fenster. Statt der Raumillusion der aufgedruckten Fenster zu erliegen, verfängt sich der Betrachterblick zwischen Motiv, sichtbarem Keilrahmen und der durchschimmernden Wand und erlebt das Gemälde als flachen Gegenstand. Die durchscheinende Leinwand spielt aber zugleich mit Albertis Vorschlag, für die perspektivische Zeichnung einen halbtransparenten Stoff, das velum oder Fadengitter zu verwenden, welches Dürer in der zweiten Auflage von seiner Underweysung der messung 248 249 Belting 1997, S. 137-138. – Es scheint nicht unbedeutend, dass sowohl Richter wie Polke sich auch mit der direkten Darstellung von Fenstern in ihren Gemälden auseinandergesetzt haben: vgl. Richters Werk-Nr. 203-205, 207, 210-3 und Polkes Front Window von 1994. – Benjamin Buchloh zeigt in seiner Analyse der 4 Glasscheiben Richters bereits eine typologische Linie von Fensterdarstellungen im 20. Jahrhundert auf, angefangen mit Robert Delaunay über Francis Picabia und Ellsworth Kelly bis zu Bruce Nauman, Buchloh 2000a, S. 373. – In Bezug auf Polkes Interesse an einer transparenten Malerei muss sicher seine begonnene Ausbildung als Glasmaler (1959-60) berücksichtigt werden. Vgl. Shah 2002a, S. 46-47. 68 1538 illustrierte.250 Polke verwandelt den Stoff allerdings von der planimetrischen Projektionsfläche in den Bildträger. Zusätzlich bemalt er ihn in zahlreichen seiner Gemälde noch beidseitig, was zur simultanen Sicht von Vorder- und Rückseite führt und gerade das von Dürer und Alberti illustrierte, perspektivische Sehen und die illusionistische Konstruktion eines Bildraumes irritiert.251 Am stärksten konnte Polke diese Wirkung in seiner Installation der Laterna Magica ausnutzen: Ein Wechselspiel von Opazität und Transparenz, sowie eine grotesk-komische Verwebung von beidseitigen unzusammenhängenden Bildnarrationen führt den Betrachter zu einer Reflexion des eigenen Sehens.252 Im Gespräch mit Martin Hentschel erzählte Polke zu seiner Transparenzmalerei: "Ich wollte mit Lack einen Spiegel erzeugen, wo du davor stehst und siehst, was sich hinter dir befindet […]".253 Genau dieses metaphorische Spiel mit den Sehgewohnheiten des Bildbetrachters und mit dem Abbild der Wirklichkeit griff Gerhard Richter in seinen Spiegeln ganz konkret auf. Leonardo da Vinci hatte in seinem Trattato della pittura den Spiegel zum "Lehrmeister" der Maler erklärt, da dieser in seiner "Fläche wahre Malerei" enthalte, indem er wie das Bild "das Abbild der Dinge" zeige.254 Seither war der Spiegel bei zahlreichen Theoretikern und Künstlern als Metapher der Repräsentation erschienen, besonders 250 251 252 253 254 Bätschmann/Schäublin 2000, 31-32, S. 246-253, und Albrecht Dürer, Der Zeichner mit Fadengitter und quadriertem Papier, Holzschnitt, in: Albrecht Dürer, Underweysung der messung, 2. Aufl., Nürnberg 1538, fol. Q 3v; vgl. auch Bätschmann 2000, S. 65-72. Martin Hentschel bemerkt, dass Polke quasi den Blick durch das "offene Fenster" derart verkürzt, dass dieser sich in der Fensterscheibe verfange, Hentschel 1995, S. 45. Vgl. Hentschel 1995, S. 42-45. – Mit dem Begriff der "Laterna Magica" verwies Polke zudem auf einen im 17. Jahrhundert vom Holländer Ch. Huygens und von Th. Walgenstein entwickelten Vorführapparat, der Bilder mit Hilfe von künstlichem Licht auf einen Vorhang projizieren konnte, vgl. 'Laterna Magica', in: Lexikon der Kunst, hrsg. von Harald Olbrich u. a., 7 Bde., Leipzig: E.A. Seemann Verlag, 1987-1994, Bd. 4, 1992, S. 236. Polkes Bilder sind nicht durch Licht projiziert sondern direkt auf den Stoff aufgetragen, erhalten aber ihren 'Zauber', da sie durch die beidseitige Bemalung zwei Bilder ergeben, die gleichzeitig sichtbar sind. Hentschel 1995, S. 44. Vinci 1882, S. 202-203, Nr. 406-407. 69 im 17. Jahrhundert wurde dieser alte Topos wieder aufgegriffen und der Spiegel als Synonym der Mimesis betrachtet.255 Richter liess nun in seinen Spiegeln das Gemälde selbst mit seiner Metapher verschmelzen, so dass das "Abbild der Dinge" im 'Bild' konkreter nicht sein könnte und sogar den direkten Kontext des Werks impliziert. Auch der vor dem Spiegel stehende Betrachter "ist im Bild"256 und kann wie Narziss sein eigenes Spiegelbild bewundern. Im Sinne Albertis erinnerte Richter den Betrachter somit an den "Erfinder der Malerei", der sein Bild auf der "Oberfläche des Quellteichs" umarme,257 – diese Aufgabe des Malers ist hier dem Rezipienten selbst überlassen, indem er selbst sein Ebenbild im Spiegel festhält. 255 256 257 Zum Spiegel als Metapher und Hilfsmittel der Malerei seit Alberti vgl. Stoichita 1993, S. 203-204; vgl. auch Baltrušaitis 1996. Der Buchtitel Wolfgang Kemps zu den 1992 von ihm herausgegebenen rezeptionsästhetischen Studien wird bei Richter wörtlich vorweggenommen. Indem der Betrachter selbst zum Bildgegenstand wird, schafft Richter die extremste Möglichkeit, den Betrachter in das Bild mit einzubeziehen, Kemp 1992. – Für das Interesse Richters und seiner Zeitgenossen (Roy Lichtenstein, Richard Artschwager, Robert Smithson u. a.) am Thema des Spiegels muss die lange Tradition des Spiegels in Malerei und Architektur (Spiegelarchitektur und Spiegelkabinette) bis zu Skulpturen und begehbaren Installationen der Gegenwartskunst bedacht werden, vgl. dazu etwa Meyer zu Eisen 1980 und Baltrušaitis 1996. Bätschmann/Schäublin 2000, 26, S. 236-237; vgl. auch Bätschmann 2000, S. 31-32, und Barbieri 2000. 70 Bild-Diskurse 1. Bilderstreit Anlässlich der Ausstellung Ausgebürgert im Dresdner Albertinum schilderte Peter Sager im Zeitmagazin vom Oktober 1990 eine 40 Jahre zurückliegende Begebenheit an der Dresdner Kunstakademie: Ende der 50er Jahre, "als in der DDR sogar französische Impressionisten bereits der Dekadenz verdächtigt wurden", habe dort "ein junger Künstler namens Gerhard Richter" in der Studentenmensa gesessen und "eine Käseplatte mit etwas Tomate als Mondrian-Motiv arrangiert", um das in der DDR herrschende Abstraktionsverbot zu parodieren. Sager selbst räumte ein, dass es sich bei dieser Begebenheit möglicherweise um eine Künstler-Anekdote handle, berichtete aber weiter, wie Richter 1961 die Konsequenz aus der doktrinären Bevormundung der sozialistischen Kunstpolitik gezogen und die DDR verlassen habe.258 Die Situation, die Richter tatsächlich 1961 bei seiner Ankunft im Westen antraf, war die genaue Umkehrung der Lage im Osten: Die 'abstrakte Kunst', welche in der DDR verpönt und verboten war, erlebte im Westen nicht nur eine Blütezeit, sondern wurde gerade in Abgrenzung vom 'Sozialistischen Realismus' ebenso mit Ideologien belegt und gefördert, wie im Osten ihr Gegenteil.259 Entsprechend bildete sich in der Kunstkritik der Nachkriegszeit der aus dem Alten Testament stammende Begriff des "Abbildungsverbots" für die Vorherrschaft der 'Abstraktion', heraus, welche jede Form von 'Abbildung' im Sinne von 'gegenständlicher Malerei' kategorisch ablehnte.260 Der Begriff der 'Abstraktion' fungierte in diesem Zusammenhang mit all seinen Bedeutungsfacet- 258 259 260 Sager 1990, S. 47. Vgl. Hermand 1984, Glozer 1981, S. 172-211, bes. S. 178, Growe 1985, Warnke 1985 und Wollenhaupt-Schmidt 1994, S. 120. Vgl. z.B. den Gebrauch des Begriffs in: Benjamin Buchloh, "PandoraMalerei: Vom Versagen der Abstraktion zur heroischen Travestie", in: Buchloh 1993b, S. 73-78, hier S. 77. 71 ten als Synonym für sämtliche Utopien und Provokationen der Kunst des 20. Jahrhunderts. Bereits Richters erste Konfrontation mit westlicher Nachkriegskunst an der documenta II in Kassel 1959, die ihn letztlich zur Auswanderung bewog, eröffnete ihm zwar einerseits ungeahnte Freiheiten und Möglichkeiten des künstlerischen Ausdrucks,261 machte jedoch ebenfalls deutlich, dass die so genannte 'gegenständliche Kunst' ausgedient hatte und den modernen Ansprüchen von Fortschritt, Universalität und Freiheit nicht gerecht werden konnte.262 Werner Haftmann beschrieb in der Einführung zum documenta-Katalog den "Weg zur Abstraktion" mit pathetisch aufgeladenen Worten als "schrittweise Ausmerzung und Ersetzung gerade jener im direkten Bezug auf das Auge einfallenden Wirklichkeitsbilder", mit dem Ziel, die Kunst gänzlich "von ihrer reproduktiven, beschreibenden und interpretierenden Funktion zu befreien".263 Diese Sicht einer notwendigen und gesetzmässigen Entwicklung der Kunst zur Abstraktion stammte nicht von ihm selbst, sondern war bereits vor dem Krieg vielfach thematisiert worden. So liess Alfred H. Barr Jr. 1936 in seinem berühmten Schema zu den Stilentwicklungen der Kunst zwischen 1890 und 1935264 die grossen, hauptsächlich europäischen Entwicklungsströme der modernen Kunst in die zwei Pole der "geometrischen" und der 261 262 263 264 Vgl. Richters Aussage zu seinem documenta-Besuch im Interview mit Benjamin Buchloh: "Ich kannte ja nichts; nicht Picabia, nicht Man Ray oder Duchamp. Ich kannte nur Künstler wie Picasso oder Guttuso, Diego Rivera und natürlich die Klassiker bis zu den Impressionisten, denn alles danach war in der DDR als bürgerliche Dekadenz diffamiert. Und derart naiv besuchte ich 1958 [sic] die documenta in Kassel und war ungeheuer beeindruckt von Pollock und Fontana", Buchloh 1993c, S. 123. Vgl. Haftmann 1959, S. 12-14; vgl. auch Glozer 1981, S. 178. – Als Beispiel für die Koppelung von 'abstrakter Moderne' und Fortschritt im Westen können die Juni-Nummer des Jahres 1959 der Zeitschrift Magnum, in der zeitgenössische Kunstwerke mit technischen und Gesellschaftlichen Phänomenen in Verbindung gebracht wurden, und die Ausstellungen Modern Art in Your Life, 1949, im New Yorker Museum of Modern Art, sowie Mensch und Form unserer Zeit, 1952 in der Städtischen Kunsthalle Recklinghausen anlässlich der Ruhrfestspiele angeführt werden, vgl. Glozer 1981, S. 173-174. – Oskar Bätschmann charakterisiert die von Richter vorgefundene Situation als Diskrepanz zwischen der "unbegrenzt beliebigen künstlerischen Tätigkeit" und der "Diktatur des Trends", Bätschmann 1998, S. 24. Haftmann 1959, S. 13. Titelblatt von Barr 1936. 72 "nicht-geometrischen" Abstraktion münden, die er als Ausgangslage für die amerikanische Avantgarde auffasste. Bereits hier wurde sowohl die begriffliche Schwierigkeit bei der Beschreibung des Phänomens 'Abstraktion' deutlich, wie auch die Idee der Polarisierung zweier gegenläufiger "Stilrichtungen",265 mit der sich auch Haftmann in seiner Unterscheidung verschiedener "Verhaltensweisen" der "abstrakten Kunst" konfrontiert sah.266 Die Polarisierung ging wiederum auf theoretische Ansätze vom Beginn des 20. Jahrhunderts zurück. Noch bevor der Begriff der 'abstrakten Kunst' im Gebrauch war, hatte Wilhelm Worringer 1908 in seiner Dissertationsschrift Abstraktion und Einfühlung die zwei im Titel genannten Gegenpole moderner Ästhetik unterschieden.267 Dabei bezog er sich nicht auf die Abstraktionstendenzen der zeitgenössische Kunst, sondern auf die Ornamentik der Antike, auf die ägyptische Kunst und auf ausgewählte Beispiele aus Architektur und Plastik bis in das Mittelalter. Die von Worringer erörterten Stränge einer absoluten und einer relativen Abstraktion,268 gelangten aber in der Folgezeit 265 266 267 268 Schneemann 2001, S. 8. Haftmann 1959, S. 13. Worringer 1910, S. 3: "Wie der Einfühlungsdrang als Voraussetzung des ästhetischen Erlebens seine Befriedigung in der Schönheit des Organischen findet, so findet der Abstraktionsdrang seine Schönheit im lebensverneinenden Anorganischen, im Kristallinischen oder allgemein gesprochen in aller abstrakten Gesetzmässigkeit und Notwendigkeit". "Abstraktion" war für Worringer der am Anfang jeder Kunst stehende Drang, "den Dingen der Aussenwelt ihre Willkür und Unklarheit im Weltbilde zu nehmen, ihnen einen Notwendigkeitswert und Gesetzmässigkeitswert zu geben." Es sei der "stärkste Drang" der "Naturvölker" gewesen, "das Objekt der Aussenwelt gleichsam aus dem Naturzusammenhang, aus dem unendlichen Wechselspiel des Seins herauszureissen […], es seinem absoluten Wert zu nähern", S. 18-20. – In dieser Beschreibung zeigt sich die Nähe von Worringers Definition zum philosophischen Terminus technicus abstractio, der von Boethius als Übersetzung des griechischen Wortes Aphairesis eingeführt wurde: Der Begriff bezeichnet hier die "Wegnahme eines ausgewählten Teils", eine gedankliche "Ausklammerung" bestimmter Fakten und im Mittelalter auch die Operation des Trennens, vgl. Aubenque u. a. 1971-1998, Sp. 42-43. Für das abstrakte "Kunstwollen" unterschied Worringer zwischen einer "absoluten" oder "reinen Abstraktion", die unter Ausschluss jeder Naturwiedergabe in der Gesetzmässigkeit der geometrischen Linien gegeben sei, und einer relativen Abstraktion, welche die Dinge auf ein anorganisches, jener geometrischen Gesetzmässigkeit möglichst angenähertes lineares Abstraktum reduziere, Worringer 1910, S. 1-54. 73 sowohl zu einer praktischen Umsetzung, als auch zu einer begrifflichen Weiterentwicklung.269 Dabei nahmen vor allem Wassily Kandinsky und Piet Mondrian mit den Mitgliedern der Künstlergruppe De Stijl einen Pionierstatus ein, indem sie theoretische und praktische Grundlagen für weitere Entwicklungen der "abstrakten" oder "Konkreten Kunst"270 und ihrer Abgrenzung von der so genannten "Realistik", der "gegenständlichen Kunst" 271 oder der "figura- tiven Kunst" schufen.272 Begleitet wurden diese Entwicklungen von einer öffentlichen Auseinandersetzung für und wider die moderne Kunst, die seit dem Beginn des Jahrhunderts andauerte, in der Rassentheorie der Kunst im Nationalsozialismus pervertiert wurde, und sich nach dem Krieg um so intensiver in zahlreichen Schriften 269 270 271 272 In der 1959 erschienenen Neuauflage seiner Dissertation schrieb Worringer im Vorwort: "Ja, man darf wohl sagen, dass dieser Teil der Gedankengänge sogar in dieser Zwischenzeit von Jahrzehnt zu Jahrzehnt immer mehr an solcher aktuellen Lebendigkeit zugenommen hat. Und zwar durch jene totale Richtungswendung, die in diesen Jahrzehnten in der künstlerischen Praxis unserer Tage vor sich gegangen ist. Denn wenn auch in den rein geschichtlichen Untersuchungen meiner Jugendschrift kein Wort von moderner Kunstproblematik steht, so ist doch ein innerer, nicht nur zeitlich äusserer Zusammenhang zwischen den beiden Tatsachenkomplexen deutlich zu spüren. Unbewusst und unbeabsichtigt sind meine Gedankengänge zu einer theoretischen Initialzündung für die grundlegende Wendung geworden, die in der Praxis unserer Gegenwartskunst vor sich gegangen ist", Worringer 1996, S. 16. Vgl. auch Böhringer/Söntgen 2002. Theo van Doesburg hatte 1930 versucht, den Begriff der "abstrakten Kunst" durch den eher noch missverständlicheren der "konkreten Kunst" zu ersetzen, Doesburg 1930. - Auch Wassily Kandinsky erklärte 1938, er ziehe es vor, die "abstrakte Kunst" "konkrete Kunst" zu nennen, vgl. die Aufsätze "Konkrete Kunst" (1938) und "abstrakt oder konkret?" (1938), in: Kandinsky 1955, S. 117-221 u. 223-225. Wassily Kandinsky hatte 1912 in seinem Aufsatz "Über die Formfrage" zwischen den zwei Polen der "grossen Abstraktion" (dem "Reinkünstlerischen") und der "grossen Realistik" (dem "Gegenständlichen") unterschieden, Kandinsky 1973, S. 27; vgl. auch Kandinsky 1952, S. 127. – In völlig anderer Verwendung der Begriffe erklärte Piet Mondrian 1917 in seinem Aufsatz De Nieuwe Beelding in de Schilderkunst für die Zeitschrift De Stijl die "neue Gestaltung" als "abstrakt-reale Malerei", womit er eine "Gestaltung des Universalen" unter Ausschluss des Individuellen ("Natürlich-Konkreten") beschrieb, Mondrian 1987a, bes. S. 35-40. In "Plastic Art and Pure Plastic Art" unterschied Mondrian 1936 "figurative" und "nicht figurative" Kunst, wobei sich die letztere aus der ersten entwickelt habe, Mondrian 1987b – Zu den Beiträgen der "de Stijl"-Gruppe in ihrer gleichnamigen Zeitschrift vgl. Jaffé 1967. – Zu den verschiedenen künstlerischen Ansätzen in der Entwicklung einer wie auch immer benannten "abstrakten" Kunst vor allem in Europa vgl. Abstraction 1980. 74 und Diskussionen fortsetzte.273 Wenn nun dennoch nach 1945 sowohl in Europa als auch in Amerika die 'abstrakte Kunst' eine neue Blütezeit erlebte, so deshalb, weil sie als Ausdruck von Freiheit und Fortschrittsglaube ein identitätsstiftendes Moment bildete und der "Idee einer Weltkultur eine gewisse Wirklichkeit" gab.274 In Europa ging die Bewegung der 'abstrakten Kunst' nach dem Krieg vor allem von Paris und den dort im Exil tätigen Künstlern aus,275 war aber, wie die Präsentation der documenta II zeigt, entsprechend ihrem Ruf als "Weltsprache" bald omnipräsent.276 Vergleicht man die polarisierenden Stellungnahmen in diesem als "Bilderstreit" ausgerufenen "Widerstreit der entscheidenden Energien im Ringen um das Bild unserer Zeit"277 mit der Aussage 273 274 275 276 277 Vgl. Gohr/Gachnang 1989, bes. Belting 1989, Wollenhaupt-Schmidt 1994, S. 125-255, und Held 1992; vgl. auch als ausführliche Dokumentation einer der zahlreichen Diskussionen von Künstlern, Kunsthistorikern, Kunstkennern und Vertretern anderer Wissenschaften die Publikation zum so genannten "Darmstädter Gespräch" von 1950, Evers 1950. Haftmann 1959, S. 14. – Peter J. Schneemann kann aufzeigen, dass im Entwurf der Abstraktion als Weltsprache die Frage nach der nationalen Leistung und Identität der Kunst keineswegs hinfällig wurde, Schneemann 2001, S. 9. Insofern leistete die "Abstraktion" als Erkenntnismodell, politischer 'Kampfbegriff' und künstlerische Ausdrucksform Standortbestimmungen verschiedenster Art. – Die Entwicklung in Amerika verlief parallel dazu und fand in Clement Greenberg ihren wichtigsten Interpreten und Förderer. – Vgl. auch zur französischen Situation Weber-Schäfer 1997. Vgl. dazu die wichtige Wanderausstellung Französische abstrakte Malerei von 1948 mit Stationen in Stuttgart, München, Düsseldorf, Hannover, Frankfurt a. M., Kassel, Wuppertal und Hamburg. – Vgl. auch die 1950 erfolgte Bildung eines "Atelier d'Art abstrait" in Paris, dessen propagandistische Ankündigung in der Zeitschrift Art d'aujourd'hui "la marche à l'abstraction" als "but essentiel" der Geschichte der Kunst nannte, welche sich gegen "l'art figuratif tout entier" wandte, Dewasne/Pillet 1950. Die erste documenta 1955 hatte sich noch mit einer 'Aufarbeitung' der so genannten 'klassischen Moderne' vor dem Krieg befasst, welche dann 1959 als Grundlage für die Entwicklungen einer 'neuen' Abstraktion erkannt werden konnte. In Amerika wurde diese zunächst mit "Action Painting" und später mit dem allgemeineren Ausdruck "Abstract Expressionism" umschrieben, während man in Europa von Frankreich ausgehend entsprechende Begriffe wie "Tachisme", "Informelle Malerei" oder "lyrische Abstraktion" prägte; zu den Begriffen der amerikanischen Avantgarde vgl. Schneemann 2001, S. 8, zu den europäischen vgl. Frese/Gercke/Zuschlag 1998 und Warnke 1985. Vgl. die einführenden Worte von Siegfried Gohr und Johannes Gachnang im Katalog ihrer umstrittenen Ausstellung Bilderstreit - Widerspruch, Einheit und Fragment in der Kunst seit 1960 in: Gohr/Gachnang 1989, S. 8. – Die Ausstellung präsentierte auch Gemälde von Richter und Polke. 75 Richters und Polkes in ihrer gemeinsamen Textcollage von 1966: "[…] man darf nur das lieben, was keinen Stil hat […] denn Stil ist Gewalttat und wir sind nicht gewalttätig und … ‚und wollen keinen Krieg […] niemals mehr einen Krieg",278 so wird die Skepsis deutlich, die beide Künstler, mit gewisser Ironie, einer derartig ideologischen Vereinnahmung von Kunst entgegenbrachten.279 Entsprechend fremd war beiden die Vorstellung der "formalen Notwendigkeit" einer gesetzmässigen Entwicklung der Kunst,280 der sie sich in der Konsequenz durch die viel beschriebene Heterogenität ihrer Werke zu entziehen suchten. Benjamin Buchloh deutet diese Heterogenität bei Richter als Versuch, sich mit seiner Malerei gegen das von der "Orthodoxie der Abstraktion" verhängte 'Abbildungsverbot' zu wenden. Indem Richter die gesamte "Geschichte der Abstraktion" einer "neuerlichen Inspektion unterwerfe", und die Glaubwürdigkeit sämtlicher Strategien durch die Opposition ihres jeweiligen Gegenpols in Frage stelle, führe er die "Anamnese der Abstraktion" vor.281 Dem widerspricht Regine Prange, die in Richters Werk vielmehr eine Verdichtung und Reflexion der "Ambivalenz der Avantgardegeschichte zwischen Abstraktion und Figuration" sieht. Prange entzieht sich der gängigen Diagnose des "Stilpluralismus" und fordert eine synthetische Sichtweise für ein Werk, in 278 279 280 281 Polke/Richter 1993, S. 37. Besonders Richter, der seine Ausbildung zum Künstler in Dresden unter genau entgegengesetzten doktrinären Zwängen absolviert hatte, zeigte ein enormes Misstrauen gegenüber jeder Form von Ideologie: "Ideologien haben, heisst Gesetze und Richtlinien haben, heisst die umbringen, die andere Gesetze haben. Wozu soll das gut sein?", Hülsmann 1966a. – Vgl. auch Richters Antwort auf Benjamin Buchlohs Frage: "Also, Deine Abstraktion war eher ein Angriff auf die europäische Abstraktionsgeschichte?" GR: "Angriff gegen die Falschheit und die Gläubigkeit, wie Abstraktion zelebriert wurde, mit verlogener Ehrfurcht – Andachtskunst, diese Quadrate, Kirchenkunstgewerbe", Buchloh 1993c, S. 131. Auf Benjamin Buchlohs Frage: "Die Gründe [für künstlerische Entwicklungen bei Pollock und Fontana] hast Du dann immer existentiell vermittelt gesehen, nie als formale Notwendigkeit oder als nächste Schritte in der langen Entwicklung, die vorbereitet war in den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts oder als Überlegungen zu bildnerischen Problemen? Das ist eine Denkweise, die Dir vollkommen fremd war?" antwortete Richter im Interview 1986: "Und fremd geblieben ist", Buchloh 1993c, S. 124. Benjamin Buchloh, "Pandora-Malerei: Vom Versagen der Abstraktion zur heroischen Travestie", in: Buchloh 1993b, S. 73-78, bes. S. 76-78. 76 dem "die Alternative zwischen gegenständlicher und ungegenständlicher Kunst" gleichsam gegenstandslos scheine. Ihre These, die sie in der Kopräsenz von 'Figuration' und 'Abstraktion' in Richters Werk begründet sieht, wird noch durch einen weiteren Faktor bestärkt: Richter hebt die vermeintlichen Gegensätze nicht nur in seinem Gesamtwerk auf, sondern manifestiert die Synthese bereits innerhalb einzelner Werke, denen Prange somit eine "Scharnierfunktion" zuschreibt.282 Während Gemälde wie Tisch (Abb. 1) und Eisläuferin von 1962 oder Landschaften wie Welle, abstrakt von 1970 und Venedig von 1986 den "Bilderstreit" noch direkt thematisieren, indem sie zwei konträre künstlerische Positionen in einem Bild gegeneinander stellen,283 zeigen Kunst-Bezüge wie die Serie nach Tizian oder die Bezugnahme auf Duchamps Akt, dass Richter eine Historie genauso in ein 'abstraktes' Bild transformiert, wie ein kubistisches Gemälde in eine 'traditionelle' Akt-Darstellung. Am eindrücklichsten sind in diesem Zusammenhang jene Arbeiten, welche diese Übergänge nicht mehr als solche erkennen lassen, sondern das Bild in der Schwebe zwischen 'Figuration' und 'Abstraktion' belassen: Eine eingehende Betrachtung der Seestücke (See-See) von 1970 (Abb. 44) offenbart, dass der Bildtyp des Seestücks, den Richter etliche Male bearbeitet, hier in eine Montage verwandelt wird, die statt des Himmels über dem Meer eine zweite Ansicht des Meeres quasi als Spiegelung präsentiert. Dabei erinnert die Wellenstruktur so sehr an Wolkenformationen, dass die Täuschung der Konstruktion zunächst kaum sichtbar ist. Die entsprechende Vorlage im Atlas (Abb. 45) zeigt jedoch, dass Richter von zwei fotografischen Meeresansichten die Partie des Himmels abgeschnitten und 282 283 Prange 1994, S. 564. - Dietmar Elgers bemerkt, Richter habe "beide malerischen Methoden nicht nur im Wechsel mit einander erprobt, sondern auch immer wieder gegeneinander ausgespielt", Elger 1998a, S. 14. Werk-Nr. 1, 2, 246 und 606-2 u. -3. – Zu Werk-Nr. 1 vgl. Elger 1998a, S. 14, u. Henatsch 1998, S. 57-58. – Zur "dialectical structure" im allgemeinen vgl. Ellis 1992, S. 59. 77 die verbleibenden Teile übereinander geklebt hat.284 Was zunächst wie das Zitat eines erhabenen Landschaftsbildes wirkt, entpuppt sich letztlich als konstruierte Täuschung. Die Wellenstruktur ist damit 'ungegenständliches' Muster und mimetisches Abbild der Natur zugleich. Regine Prange weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass Richter sich hier auch motivisch in eine über Friedrich und Courbet bis Mondrian reichende Bildtradition einreiht, an der sich "die Genese der Abstraktion" vollzogen hat.285 Noch programmatischer markiert Richter diese Synthese in einigen seiner Spiegel, welche statt aus Spiegelglas aus transparenten Glasscheiben gefertigt sind, die auf der Rückseite monochrom farbig beschichtet werden (Abb. 46). Zwar bildet die Scheibe im wahrsten Sinne des Wortes in 'illusionistischer' Manier den ihr gegenüberliegenden Raum mit dem Betrachter und im komplexesten Fall noch mit anderen Werken des Künstlers ab, rein technisch gesehen, sieht sich der Betrachter aber mit einem monochromen Gemälde konfrontiert.286 Den gleichen Effekt kann Richter auch in seine Gemälde übertragen: Richters Vorhang-Trompe-l'oeils von 1965 und 1967 greifen die berühmte von Plinius überlieferte Anekdote vom Wettstreit zwischen Zeuxis und Parrhasios auf: Zeuxis, der mit seinen gemalten Trauben die Vögel täuschen und anlocken konnte, wurde von Parrhasios überlistet, dessen Gemälde nichts 284 285 286 Entscheidend ist dabei der Hinweis von Jürgen Harten, Richter sei es nie um eine "gestaltende" Verfremdung gegangen. Der Eingriff entspringe vielmehr der Hoffnung, "dass dem Abbild oder dem Nicht-Bild noch ein anderes 'Bild' zu entlocken sei, Harten 1986b, S. 42. Prange 1994, S. 572. – Vgl. in diesem Zusammenhang auch die zur gleichen Zeit entstandenen 'Seestücke' von Roy Lichtenstein, in denen er eben diese Tradition aufgreift und die Landschaftsmalerei in stark simplifizierte Rasterdarstellungen oder Montagen verschiedener Materialien transponiert, die zugleich als 'abstrakte Formen' wirken (z.B. Ohne Titel, 1965, Öl auf Leinwand, 48'' x 68'', Coll. Victor Langen, und Electric Seascape #1, 1967, Collage: Rowlux und Papier, 55,9 x 71,1 cm, New York, Solomon R. Guggenheim Museum); vgl. Waldman 1993, S. 131-137. In ähnlicher Weise konnte Jasper Johns 1955 in Werken wie White Flag oder Green Target in der Doppelung von monochromen Gemälden und weltlichen Motiven zwei Gegensätze miteinander vereinen. Johns lieferte dabei allerdings auch einen ironischen Kommentar auf Barnett Newmans Ausrufung eines 'subject matter' in seinen Werken, vgl. Rosenthal 1996, S. 160-161; vgl. auch Varnedoe 1997a, S. 13, und Varnedoe 1997b, S. 144-145, Nr. 12 u. 13. 78 weiter darstellte als einen Vorhang. Zeuxis verlangte, man solle den Vorhang vom Bild nehmen, damit er es begutachten könne, musste feststellen, dass er selbst getäuscht wurde und gab sich geschlagen.287 Seither ist der Vorhang Inbegriff des Trompe-l'oeil, indem er durch seine täuschende Illusion mit der Grenze zwischen dem Betrachter und dem Raum der gemalten Fiktion spielt, und diese zugleich betont.288 Bei Richter nun ist das Gemälde auf diese Grenze beschränkt, da der Vorhang ebenso wenig wie bei Parrhasios eine gemalte Fiktion verdeckt. Dargestellt in höchster Mimesis erscheinen seine Falten jedoch zugleich als 'abstrakte' Form, die auf nichts referiert und nichts bedeutet. Diesen Eindruck verstärkt Richter in einigen Varianten, indem er den unteren Abschluss des Stoffes aus dem Bild verbannt (Abb. 47), so dass lediglich die mehr oder weniger regelmässigen vertikalen Streifen des Faltenwurfs sichtbar bleiben. Dadurch erreicht er ein Changieren zwischen 'illusionistischer' Darstellung und 'abstrakter' Struktur, in dem die Gegensätze aufgehoben werden.289 Gerade in dieser Nähe abstrakter Formen zur illusionistischen Darstellung scheint sich zudem ein Seitenhieb auf die visuellen Effekte der 'Op-Art' zu verbergen, an deren Formen die Vorhangfalten erinnern. Sigmar Polke geht in seiner Thematisierung des "Bilderstreits" grundsätzlich anders vor. Was Richter als Übergang markiert, wird bei Polke in einer an Picabia und Rauschenberg erinnernden 'Schichtung' der Bildelemente übereinander geblendet. Im Gemälde Blauer Boucher von 1994 (Abb. 48) ist die Leinwand von 287 288 289 Plinius 1978, S. 54—55. Wie dieses Bildmittel vor allem in den niederländischen Stillleben des 17. Jahrhunderts eingesetzt wurde, zeigt Victor Stoichita, vgl. Stoichita 1993, bes. Kapitel III.4, S. 69-78, und Kapitel VIII.6, S. 267287. Vgl. Butin 1997, S. 299. – Stephen Ellis erörtert, Richter habe (wie auch Cy Twombly) die strenge Unterscheidung zwischen "Abstraction as image and image as abstraction" "niedergerissen", Ellis 1992, S. 59. Dies belegt Ellis zwar nicht an einzelnen Bildern, beobachtet aber diese Abwendung von einer "single imperative direction" wie sie "for the moderns" noch gegolten hatte, grundsätzlich in der "Gegenwartskunst". 79 scheinbar unkontrollierten Pinselstrichen in bläulichen Farbtönen bedeckt, die an 'informelle' Malerei denken lassen. Darüber setzt Polke eine sehr grob gerasterte schwarze Darstellung einer Reproduktion von François Bouchers Léda et le cygne von 1742.290 Als wolle er aber gerade den genüsslichen Blick auf die von Boucher übernommene verführerische Szene zweier Frauen mit dem Schwan erschweren, lässt er sie in der starken Rasterung fast verschwinden. In Kombination mit den wirren Pinselstrichen ergeben die Punkte so ein neues, 'ungegenständliches' Motiv.291 Auf diese Weise sind 'Abstraktion' und 'Figuration' nicht als krasse Gegensätze gegeneinander gestellt wie in einigen bereits erwähnten Bildern Richters, vielmehr verschmelzen beide Ausdrucksformen in ihrer 'Überblendung' zu einer neuen Einheit, an der sie gleichen Anteil haben. In Gemälden wie So sitzen Sie richtig (nach Goya) von 1982 (Abb. 49) produzieren derartige 'Schichtungen' eine sehr viel absurdere Wirkung: Über einen Dekorationsstoff mit Hundemotiv, das in seiner repetitiven Struktur bereits zwischen figürlicher und ornamentaler Darstellung schwankt, setzt Polke in flächiger Übermalung graue, weisse, blaue und gelbe Farbfelder, die in der linken Bildhälfte ein Rechteckmuster in Anlehnung an die Tradition der 'Konkreten' Malerei bilden. Über diese Farbfelder zeichnet er mit feinen Pinselstrichen grafische Motive sowohl aus Goyas 26. Capricho: Sie haben schon ihren Platz, als auch aus Max 290 291 François Boucher, Léda et le cygne, 1742, Öl auf Leinwand, 60 x 74 cm, Stuttgart, Nationalmuseum, vgl. Ananoff 1976, Bd. 1, S. 335, Kat.-Nr. 222. Dass die Rasterdarstellung sich auch ohne Kombination mit gestischen Pinselstrichen einer 'abstrakten' Darstellung annähern kann, zeigen Rasterbilder wie Menschenmenge von 1969 (Dispersion auf Leinwand, 180 x 195 cm, Kunstmuseum Bonn) oder Der Herzog und die Herzogin von Windsor (1965, Acryl auf Leinwand, 35 x 42,5 cm, Helen van der Meij). Die Kopie einer stark gerasterten Vorlage lässt zwar aus der Entfernung ein Motiv erkennen, gleichzeitig können die Punkte aber als schwarzweisse Flecken einer 'Allover'-Struktur gelesen werden. In diesem Fall gelingt es Polke ebenso wie Richter, sein Bild in der Schwebe zwischen zwei scheinbar gegensätzlichen Ausdrucksformen zu gestalten. - Zur Mikrostruktur des "Allover von Punktereihen" im allgemeinen, vgl. Hentschel 1991, S. 139-140. Interessant ist in diesem Zusammenhang auch Hentschels Feststellung, dass bei Polke die ornamentale Struktur des Punktrasters bildgenetisch seiner mimetischen Funktion vorausgehe, vgl. Hentschel 1991, S. 152-153. 80 Ernsts 1934 erschienenem Roman Semaine de bonté.292 Die Figuren aus beiden Vorlagen überschneiden einander in unterschiedlichen Proportionen und ohne ersichtlichen narrativen Zusammenhang. Nicht nur der absurde Titel als wörtliche 'Verdrehung der Tatsachen' und die groteske Motivkombination erschweren das Lesen des Bildes, auch das 'Verschmelzen' der verschiedenen Bildebenen lässt die einzelnen Elemente beliebig erscheinen. Gestische Pinselstriche, geometrische Formen, kopierte Motive und der bedruckte Dekorationsstoff werden zu einem neuen Ganzen vereint, in dem es keine Hierarchie der einen oder anderen Ausdrucksform gibt.293 Dass Polke diese 'Überlagerungen' auch für satirische Zwecke verwendete, zeigt die Arbeit Dr. Berlin von 1969-74 (Abb. 50). Auf eine Variante des besprochenen Gemäldes Konstruktivismus setzte Polke 1974 mit Dispersionsfarbe, Lack und Spray gelbe Wellenlinien und darüber in Blau und Rot eine Clown-artige Fratze mit einem Telefonhörer am Ohr. Die Hörmuschel ist in nervenähnlichen Strängen mit aufgesprühten und gemalten Punkten und Blasen verbunden, welche zum Teil wiederum in Noten und grinsende Gesichter verwandelt sind, die auf groteske Weise mit Nase, Mund und Augen verschmelzen.294 Es ist nicht mehr nachvollziehbar, ob Polke hier auf ein aktuelles, möglicherweise medienhistorisches oder politisches Ereignis anspielte. Aufgrund der Kombination mit dem angeschnittenen Hakenkreuz auf dem ursprünglichen Gemälde, ist jedoch anzunehmen, dass die aufgemalte Fratze sich zum darunter liegenden Bild nicht beliebig verhält. Auch die Suche nach 292 293 294 Vgl. Wix 1991, S. 102-103. Polkes Vorliebe für groteske Kombinationen von Bildmotiven spiegelt sich auch in den bevorzugten Vorlagen aus der Druckgrafik. Die phantastischen, oft jenseits von Logik oder Rationalität angesiedelten Grafiken Grandvilles, Goyas oder Max Ernsts schienen Polke offenbar besonders geeignet für seine im wahrsten Sinne des Wortes 'vielschichtigen' Überlagerungen; zu Polkes Bezugnahme auf Grandville vgl. Garrels 1991 u. Haxthausen 2000, zu den Arbeiten mit Zitaten nach Ernst vgl. Wix 1991. – Charles W. Haxthausen stellt in diesem Zusammenhang die Behauptung auf, Polke verwende ältere Kunstwerke fast ausschliesslich in Form von Druckgrafik, während er mit Ausnahme Bouchers keine Gemälde zitiere, vgl. Haxthausen 1997, S. 195. Die vorausgehenden Kapitel dürften diese Aussage widerlegt haben. Die 'Blasen' könnten aus dem geöffneten Mund austretend als sprichwörtliche "Luftblasen" oder als "Schaum vor dem Mund" gesehen werden. 81 einer Erklärung im Titel muss scheitern, da dieser erst anlässlich der Ausstellung 1997 in Bonn entstand.295 Immerhin offenbart dieser Titel aber eine Parallele zum Gemälde Dr. Bonn von 1978, mit dem Polke einen politischen Kommentar zum mysteriösen Tod der Terroristen Baader, Ensslin und Raspe abgegeben hatte, was wiederum auf eine provokativen Aussage von Dr. Berlin verweist.296 Eine klare Anspielung oder Aussage ist jedoch nicht lesbar. In dieser Überblendung verschmelzen die verschiedenen Ausdrucksformen keineswegs zu einem neuen Motiv, lassen die aufgesprühten Motive doch eher an ikonoklastische Attacken auf ein Kunstwerk oder an Graffiti-Kunst denken. Polke nutzt hier die eigenen Setzung, um sie in verschiedenen Arbeitsphasen in neue Zusammenhänge zu überführen und damit eine eigene Sequenz fortzuführen. Mark Rosenthal präsentierte in seinen Ausstellungen Abstraction in the Twentieth Century und Critiques of Pure Abstraction von 1995 und 1996 auch Werke von Gerhard Richter und Sigmar Polke.297 Beide wurden mit Künstlern in Zusammenhang gebracht, die Mitte der sechziger Jahre die grundlegenden Voraussetzungen der Abstraktion, sowie Schlüsselbegriffe ihrer ideologischen 'Befrachtung' wie "Reinheit der Form" oder "Universalität" in Frage stellten. Diese Bewegung eines kritischen "Dialogs" mit der "Abstraktion" sieht Rosenthal bei Robert Rauschenberg und Jasper Johns eingeleitet, welche sowohl die "Attacke" der Pop Art als auch die der Konzeptkunst vorbereiten.298 In Rosenthals Katalogtexten figuriert Polke als europäisches Beispiel für parodistische Angriffe auf die Strategien der "Abstrakten Kunst". Richters Methode, die 'Abstraktion' als einen "Stil" unter vielen zu behandeln, wird als "vorsichtige" Dekonstruktion der Abstraktion 295 296 297 298 Martin Hentschel berichtete in einem Telefongespräch mit der Verfasserin vom 15. März 2001, der Titel sei assoziativ während des Aufbaus der Ausstellung 1997 in Bonn in Anlehnung an ein privates Gespräch entstanden; vgl. zur Ausstellung Polke 1997. Vgl. Hentschel 1997, S. 79-80. Rosenthal 1995 und Rosenthal 1996, bes. S. 225-236. Rosenthal 1995, S. 9-10 und Rosenthal 1996, S. 225-226. – Dabei betont Rosenthal, dass die 'Abstraktion' seit ihrer Entstehung bereits hinterfragt und attackiert wurde, Rosenthal 1995, S. 10. 82 gedeutet, wenngleich Rosenthal diese Aussage später aufgrund der fehlenden Ironie zugunsten einer tendenziellen "Kritik" relativiert.299 Auch Anja Thomas-Netik hatte in ihrer Dissertation 1986 bereits eine "Kritik" Richters am 'Informel' behauptet und dies was zunächst erstaunlich erscheinen mag – gerade an den 'abstrakten Werken' Richters verdeutlicht. Die wichtige Feststellung, dass seine "sich tachistisch gebenden Bilder" tatsächlich mimetische Nachbildungen von kleinen Skizzen sind, von denen fotografische Reproduktionen auf die Leinwand projiziert und abgemalt werden,300 führte sie zu verschiedenen Deutungsansätzen, die von einem postulierten "Primat des Illusionismus" bis zur "Ironisierung des Informel als 'hohle Geste'" reichten. Wirklich überzeugend ist dabei lediglich die Feststellung, Richter wende sich gegen den "Ausschliesslichkeitsanspruch jedweder Stilrichtung".301 Dies gelingt ihm nicht nur durch eine Entwertung der für die Kunst des 20. Jahrhunderts so zentralen Dialektik von "Abstraktion und Realistik",302 sondern auch in der absichtlichen Vermeidung eines Personalstils sowie einer 'persönlichen Handschrift'. 2. Künstlerische Handschrift 1967 erschien in der Zeitschrift Das Kunstwerk ein Artikel "Mechanische Malerei", in dem der Kunstkritiker Pierre Restany die Beziehung von Fotografie und Malerei und den Einzug technischer Reproduktionsverfahren in die Malerei untersuchte. Richter und 299 300 301 302 Rosenthal 1995, S. 14, und Rosenthal 1996, S. 226-232. Als Beispiele können die Werk-Nr. 432-7 und 439 oder 432-9 und 446 dienen; zu Richters Vorgehen bei den "weichen Abstrakten" vgl. auch Harten 1986b, S. 55 und Benjamin Buchloh, "Richters Faktur: Zwischen Synekdoche und Spektakel", in: Buchloh 1993b, S. 59-65, hier S. 62-63. – Ulf Erdmann Ziegler deutet die "Täuschung" des "Informel" gar als "Verhöhnung" der "Meisterschaft", was wohl zu weit geht und die übliche Methode der Bildherstellung Richters durch Vergrösserung ausser Acht lässt, Erdmann Ziegler 1991. Thomas-Netik 1986, S. 147-155. – Thorsten Scheer schliesst sich der Meinung Thomas-Netiks an und folgert, Richter nutze das Medium selbst zu seiner Kritik und reaktiviere es als kritisches Potential, indem Tradition und Moderne in ihm als produktiv konkurrierend erscheinen, Scheer 1992, S. 159. Butin 1999, S. 125. 83 Polke, die nur mit je einem Satz bedacht wurden, erschienen unter dem Kapitel "mec-art" in Europa, in dem es um "mechanische Malerei" ging. Während Restany für Künstler wie Bertini, Pol Bury und Serge Béguier noch erläuterte, dass sie die Fotografie nur als Hilfsmittel gebrauchten, um Bilder herzustellen, erwähnte er mit keinem Satz, dass Richter und Polke eben keine "mechanische Malerei" betrieben, sondern "mechanische" Medien wie Fotografie und Druckreproduktion nur malerisch imitierten.303 Entsprechend ist seine Schlussfolgerung, derartige Werke klammerten alle malerischen Elemente aus und "könnten mit Leichtigkeit in grossen Mengen hergestellt werden", in Bezug auf Richter und Polke falsch. Die Art und Weise, in welcher die beiden Künstler den hier angesprochenen Diskurs aufgegriffen hatten, wurde von Restany offenbar gar nicht verstanden: 1957 hatte Robert Rauschenberg das Bilderpaar Factum I und Factum II (Abb. 51+52) gemalt, zwei zum Verwechseln ähnliche Arbeiten mit collagierten Elementen und praktisch identischen Zeichenspuren. Robert Rosenblum bemerkte ein Jahr später über die Ausstellung der Bilder in der Castelli Gallery: "Factum I for example, is a seemingly random assemblage […] united by equally random paint daubs […] But when one discovers its twin, Factum II, […] one is forced to admit that the same combination of impulse and discipline that produces more conventional pictures is also operating here."304 Dieser Kommentar Rauschenbergs zur malerischen Geste und der Möglichkeit des Künstlers, Spontaneität und Improvisation vorzutäuschen, richtete sich in didaktisch konzeptueller Weise an die Maler der 'New York School'. Deren Vorstellung, den Spuren künstlerischer Handschrift wohne eine Inspiration inne und ihr damit verbundener Glaube an eine 'reine' Geste als spontaner Ausdruck der Künstler-Seele, wurde durch Rauschenbergs eindrückliche Illustration der Proble- 303 304 Zudem verwechselte er beide Künstler noch, indem er behauptete, Polke habe sich der "systematischen Analyse von Fotos gewidmet, die er anhand von Bildern aus Familienalben durchführe, Restany 1967, S. 19. Rosenblum 1958, S. 61. 84 matik entlarvt.305 Als "proto-Pop"-Künstler306 führte er damit die in der Pop Art gegen den Kult der malerischen Geste eingesetzten Reproduktionsverfahren ein, die, wie auch Restany feststellt, zu einer "vollständigen Objektivation" des Bildes führen sollten.307 Die Ablehnung der Tradition einer künstlerischen Handschrift als eigentümliche Besonderheit des Künstlers gipfelte in Andy Warhols provokanter Äusserung: "The reason I'm painting this way is that I want to be a maschine […]"308 und der Tatsache, dass er 1962 sein Atelier in eine "Factory" umfunktionierte.309 Eine entsprechende Haltung drückte sich in Roy Lichtensteins Verwendung der Benday-Rasterpunkte aus, die er in den meisten seiner Bilder imitierte. In seinen verschiedenen Varianten der monumentalen Brushstrokes in Form von Comicstrips nahm auch Lichtstein direkt Bezug auf die transzendentale Überhöhung des Pinselstrichs bei den Abstrakten Expressionisten (Abb. 53).310 Indem er den "spontanen" Prozess der Bildherstellung (von Harold Rosenberg als "action" oder "event" bezeichnet) von seinem Endprodukt (dem "record") trennte, relativierte er das Mysterium des künstlerischen Schöpfungsaktes.311 Zudem sah Lichtenstein seine Brushstrokes noch 305 306 307 308 309 310 311 Vgl. Schimmel 1993, S. 30. – Vgl. in diesem Zusammenhang auch Jean Tinguelys Zeichenmaschinen, von denen die erste 1955 entstand, und die Metamatics von 1959 als europäisches Beispiel für ein parodistisches Gegenstück zur Vorstellung einer individuellen Geste, vgl. Tinguely 1982, S. 47-48, Nr. 51-53, und S. 93-102, Nr. 113-124. Schimmel 1993, S. 22. Restany 1967, S. 4. – Die Kontroverse zwischen den zwei oppositionellen Dimensionen einer mechanischen und einer organischen Seite malerischer Produktion zieht sich jedoch bereits durch die gesamte Geschichte der 'modernen Malerei'. Einerseits feierte man die "Pinselführung als Geste symbolischer Befreiung unbewusster Kräfte" und den "Pinselstrich als unmittelbares Werkzeug und Aufzeichnung von Expressivität", andererseits wurde diese Position "in zyklischem Wechsel mit der gleichen leidenschaftlichen Überzeugung von den Gegnern als Verrat und Verfälschung der Mittel und Aufgaben der modernen Malerei verdammt", Benjamin Buchloh, "Richters Faktur: Zwischen Synekdoche und Spektakel", in: Buchloh 1993b, S. 59-65, hier S. 59. Zitat Warhols in: Swenson 1963, S. 26. Vgl. Celant 1998. Vgl. Lichtensteins Äusserungen dazu in: Coplans 1967a, S. 15/ Coplans 1967b, S. 36. Waldman 1993, S. 151. - Die 'Handschrift des Künstlers' wird in Bezug auf die Malerei mit den "Spuren, die der technische Prozess des Malens mit Pinsel, Hand oder Spachtel hinterlässt" umschrieben, vgl. "Hand- 85 in einem grösseren Zusammenhang der malerischen Tradition seit der Renaissance,312 deren grundlegendes Darstellungselement er isolierte und zum Inhalt des Bildes erhob. Gerhard Richter griff unter direkter Bezugnahme auf Lichtenstein fünf Jahre später den Diskurs anhand seiner Ausschnitte auf. Sowohl die verschiedenen Varianten der Ausschnitte in den Jahren 1970 und 1971, als auch die Gemälde, Rot, Gelb (Abb. 54) und Blau von 1973 zeigen ins Monumentale vergrösserte Pinselstriche, wobei die Spuren der einzelnen Pinselhaare wie bei Lichtenstein zu breiten Bahnen aufgebläht und farbig aufgefüllt werden. Da Richter den Pinselstrich aber nicht vor einem einheitlichen Hintergrund isolierte, sondern tatsächlich "Ausschnitte" von Pinselspuren zeigte, wirken seine Gemälde eher wie überdimensionierte mikroskopische Aufnahmen. Das Verfahren beider Künstler ist indes das gleiche: Während Lichtenstein Acetatfilme bemalte, diese dann auf die Leinwand projizierte und die abgebildeten Strukturen nachmalte,313 übertrug Richter fotografische Aufnahmen eines monochromen Pinselstrichs mit der gleichen Methode auf grosse Leinwände.314 Unter der Akribie des imitatorischen Vorgangs verschwindet so jede Spontaneität; die individuelle Geste erstarrt zur Formel. Was bei Richter aber die fotorealistisch nachgemalten Vergrösserungen der Mikrostruktur von Farbfluss oder Farbkruste sind, ist bei Lichtenstein deren ornamentale Umdeutung zum Cartoon, in dem jede handwerkliche Machart verneint wird.315 Hierin liegt nun gerade der entscheidende Unterschied, den Pierre Restany übersah: Richter arbeitet zwar mit einem mechanischen Verfahren der Übertragung, stellt jedoch dann mit grossem analytischen 312 313 314 315 schrift", in: Lexikon der Kunst, Westberlin: Verlag Das Europäische Buch, 1983, Bd. 2, S. 201. Eben diese Unmittelbarkeit des Ausdrucks wurde bei den Pop Artisten umgangen. Äusserung im Gespräch mit Diane Waldman im August 1992, Waldman 1993, S. 151. Vgl. Hentschel 1991, S. 319-320, und Waldman 1993, S. 370. Vgl. Harten 1986b, S. 42. – Jürgen Harten sieht die Ausschnitte daher als "Vermittler" zwischen den Fotobildern und den "fotografisch vermittelten 'weichen Abstrakten'". Vgl. Prange 1994, S. 574. 86 Aufwand die Illusion von Malerei her, in der das Handwerk geradezu vorgeführt wird.316 Noch deutlicher wird dies in den zwei architekturalen Wandbildern Strich (auf Blau) und Strich (auf Rot)(Abb. 55), die Richter 1979 und 1980 für die Börde-Schule in Soest malte. Mittels zahlreicher fotografischer Detailaufnahmen wurden die beiden Pinselstriche minuziös rekonstruiert und auf Leinwände von 190 x 2000 cm Grösse übertragen. Indem die Gemälde den einzelnen Pinselstrich zum Motiv erheben und vor einem einheitlichen Hintergrund isolieren, kommen sie Lichtensteins Brushstrokes näher als die Ausschnitte, offenbaren aber zugleich ihre Differenz noch deutlicher. Die 'illusionistische' Malweise erzeugt den Anschein, Richter habe einen einzigen grossen Pinselstrich auf ein monochromes Gemälde gesetzt.317 Zudem erweist sich die pastos scheinende Bildoberfläche aus der Nähe ebenfalls als Täuschung, sind doch Schatten und Farbaufwürfe nur malerisch imitiert.318 Damit halten Richters Striche sich in der Schwebe zwischen der ornamentalisierten Geste Lichtensteins, Rauschenbergs Demonstration von "mechanischer" Bildherstellung in seinem ebenfalls grossformati- 316 317 318 Benjamin Buchloh erklärt den "Prozess der Vermittlung eines ursprünglichen, direkten und organischen malerischen Tuns […] durch verschiedene Stufen und Praktiken der mechanischen Konstruktion eines Bildzeichens" zum "offensichtlichen Thema von Richters Abstrakten Bildern", Benjamin Buchloh, "Richters Faktur: Zwischen Synekdoche und Spektakel", in: Buchloh 1993b, S. 59-65, hier S. 62. - Insofern verhalten sich die 'abstrakten Werke' Richters analog zu seinen Fotomalereien, die ebenfalls den "Anschein einer organischen Prozessualität des Malens nur vortäuschen", Stöhr 1994, S. 102. In kleinformatigen Reproduktionen wird diese Illusion noch verstärkt. Vgl. Scheer 1992, S. 157. - Dabei muss allerdings bedacht werden, dass die Bilder für eine aussergewöhnlich hohe Platzierung im Raum konzipiert waren, so dass sich ihre Grösse vom Betrachterstandpunkt aus relativierte. – Mit einer ähnlichen aber noch provokativeren 'List' arbeitete 1979 die Künstlergruppe Art & Language, als sie im Portraits of V. I. Lenin with Cap, in style of Jackson Pollock I zwei sich gegenseitig ausschliessende Paradigmen verband. Während das Bild aus der Nähe in der ungesteuerten Tropftechnik Pollocks ausgeführt zu sein scheint und somit ein informelles Gemälde bildet, lässt sich aus der Entfernung darin, wie in einem Vexierbild, ein Porträt Lenins als Anspielung auf den 'sozialistischen Realismus' entdecken, vgl. Harrison 1991, S. 129-149. 87 gen Automobile Tire Print von 1953319 und der spirituell befrachteten Präsentation von Farbe in Yves Kleins monumentalen Wandbildern für das Foyer des Theaters in Gelsenkirchen von 1958/59.320 Eben diese Vermengung verschiedener Paradigmen, konnte in sehr viel kleinerem Rahmen auch Sigmar Polke 1967 und 1968 in seinen Streifenbildern (Abb. 56) erzeugen. In Analogie zu Lichtenstein setzte Polke einzelne Pinselstriche vor einen gleichförmigen Hintergrund, wobei die scheinbar unkünstlerisch aufgetragenen Farbbahnen den Eindruck einer "eingefrorenen" Gestik hinterlassen.321 Polkes Streifen sind jedoch keine monumentalisierten Imitationen von Pinselstrichen, sondern tatsächliche Spuren der Hand des Künstlers. Im Kontrast mit dem 'glatten' Farbfond sieht Martin Hentschel die Überlagerung zweier gegenläufiger Paradigmen: einer an der individuellen Gestik orientierten Malerei und einer "unpersönlichen Malerei, die auf jede Gestik verzichtet". Damit greife Polke den von Clement Greenberg beschriebenen Paradigmenwechsel vom "painterly" zum "non-painterly" auf, wobei jedoch beide Paradigmen unerfüllt bleiben.322 Ähnlich komplex ist Polkes Verwendung des Rasters, mit dem er zwar auch die Rasterbilder Warhols und Lichtensteins aufgriff,323 zugleich jedoch durch eine andere Herstellungstechnik eine divergierende Haltung demonstrierte. In einem Interview mit Dieter 319 320 321 322 323 Robert Rauschenberg, Automobile Tire Print, 1953, Malerfarbe auf zwanzig Papierblättern, auf Stoff aufgezogen, 41,9 x 671,8 cm, Besitz des Künstlers. – Das Werk entstand bei einer perfomance-artigen Aktion in Zusammenarbeit mit John Cage: Cage fuhr dabei sehr langsam mit dem Auto, während Rauschenberg schwarze Malerfarbe auf einen Hinterreifen auftrug. Dieser rollte dann über einen etwa 6,70m langen Papierstreifen aus zwanzig Einzelblättern, vgl. Fine 1998, S. 378, und Young 1998, S. 554; vgl. auch Adriani 1980, S. 58-59. Vgl. Stich 1994, S. 107-129 und Szeemann 1999, S. 151. Hentschel 1991, S. 319. Hentschel 1991, S. 319; vgl. auch Greenberg 1997d. Andy Warhol und Roy Lichtenstein integrierten bereits seit 1961 das Raster in ihre Bilder, Warhol in Form von Serigrafien und Lichtenstein als "formale Versatzstücke" im Pochoir-Verfahren, vgl. Buchloh 1976, S. 141; zu Lichtenstein vgl. auch Waldman 1993, S. 21-42. - Martin Hentschel weist darauf hin, dass auch Polkes Lehrer an der Kunstakademie Düsseldorf, Karl-Otto Götz zwischen 1959 und 1961 eine Reihe von Rasterbildern produziert habe, Hentschel 1991, S. 118-119 u. 121-125. 88 Hülsmann bemerkte Polke 1966: "Sehen Sie, die Notwendigkeit für mich Rasterbilder zu machen, rührt von einer meiner Eigenschaften her, nämlich von meiner Liebe zum rein Technischen, zum Unpersönlichen".324 Damit schien er grundsätzlich einig zu sein mit Lichtensteins Äusserung: "I want my painting to look as if it has been programmed. I want to hide the record of my hand".325 Während aber Lichtenstein und Warhol durch Pochoir- und Siebdruckverfahren bei der Herstellung der Rasterpunkte die Tätigkeit der Hand weitgehend "mechanisierten",326 übertrug Polke zunächst jeden Punkt des Motivs einzeln auf die Leinwand. Mit dem RadiergummiEnde eines Bleistifts stempelte er die der Vorlage entsprechende Anzahl Punkte freihändig auf den Bildgrund.327 Erst später beschleunigte er das Verfahren, indem er einerseits die Vorlage direkt auf die Leinwand projizierte und andererseits zum PochoirVerfahren überging, wobei er die Struktur aber nach wie vor mit dem Pinsel überarbeitete.328 Als habe er die Praxis Lichtensteins und Warhols völlig missverstanden, erhob er das Reproduktionsverfahren somit selbst zum Motiv der Darstellung.329 Lichtenstein verwendete die Benday-Punkte hingegen als ornamentale Textur, mit 324 325 326 327 328 329 Hülsmann 1966b. Coplans 1967a, S. 12/Coplans 1967b, S. 34. Andy Warhols Rasterdarstellungen wurden auf fotomechanischem Weg übertragen, wobei die Punkte wie beim Zeitungsbild im Dienst des Motivs stehen und aus der Entfernung kaum erkennbar sind (z.B. in der Serie Thirteen Most Wanted Men von 1963). Lichtenstein begann 1961 die Übertragung der Benday-Punkte mit Hilfe einer handgefertigten MetallLochscheibe, durch die die aufgerollte Farbe mit einer Scheuerbürste in die Leinwand gerieben wurde. 1963 ersetzte er die Lochscheibe durch ein Fabrikerzeugnis und stellte einen Assistenten an, der ihm die Arbeit der Übertragung grösstenteils abnahm. Ein Jahr später arbeitete er mit Lochscheiben aus Papier, die er speziell für sich anfertigte, vgl. Waldman 1993, S. 369-370. Vgl. Hofmeister 1995, S. 64, Hentschel 1997, S. 51, und Zbikowski 2000, S. 119. – Die Punktzahl der Vorlage zählte Polke dabei mit der Lupe ab, vgl. Hofmeister 1995, S. 65. Dabei verwendete er ein Lochblech und sprühte die Farbe mit einer Spritzpistole auf. Da er das Raster anschliessend mit einem Pinsel nachmalte, spricht Sabine Hofmeister von "Rasterpinselzeichnungen", Hofmeister 1995, S. 64. Im Hinblick auf den erforderlichen Aufwand werden diese Arbeiten Polkes von Buchloh und Haxthausen mit der Technik des Neoimpressionismus Georges Seurats verglichen, Buchloh 1976, S. 140, u. Haxthausen 1997, S. 191. 89 der er die Flächen innerhalb gemalter Konturlinien füllte, und thematisierte so vor allem die "gebrauchsgrafischen" Modalitäten der Rasterdarstellung.330 Dabei erreichten seine Darstellungen eine Regelmässigkeit und technische Exaktheit, welche in Polkes manuellem Verfahren gerade unterlaufen wird. Wie die bereits angesprochenen Stillleben Tisch von 1963 und Vase II von 1965 zeigen, setzte Polke sogar absichtlich Flecken als scheinbare 'Druckfehler' ein oder liess zufällige Unregelmässigkeiten als solche stehen.331 So präsentierte er nicht nur handwerkliche Interventionen in einem mechanisch hergestellten Muster, sondern setzte vor allem ein Zeichen des Einmaligen in einem Prozess der standardisierten Wiederholung.332 Bezüglich dem Diskurs der künstlerischen Handschrift zeigen sowohl Polke als auch Richter eine ambivalente Haltung: In ihrem Katalogtext von 1966 betonten sie: "Bilder müssen nach Rezept hergestellt werden. Das Machen muss ohne innere Beteiligung geschehen, so wie Steine klopfen oder Fassaden streichen. Das Machen ist kein künstlerischer Akt."333 Einerseits wird entsprechend eine persönliche malerische Geste demonstrativ umgangen und der Ausweg in 'mechanischen' Verfahren der Bildherstellung gesucht, andererseits führen beide Künstler immer wieder den handwerklichen Aspekt ihrer Arbeiten vor Augen. Ähnlich wie im Bezug auf die Dialektik von 'Abstraktion' und 'Figuration' erscheinen ihre Werke doppeldeutig, indem sie scheinbar unvereinbare Positionen in sich vereinen. 330 331 332 333 Erst in der Serie der Rouen Cathedral von 1969 verwendete Lichtenstein das Raster in seiner drucktechnischen Funktion, wo es direkt Anteil an der Hervorbringung von gegenständlichen Formen hatte, vgl. Waldman 1993, S. 146. Vase II demonstriert zudem beispielhaft, wie das Raster auch bei Polke ornamentale Qualitäten annimmt, was hier durch die Unterlage eines gepunkteten Dekorationsstoffes betont wird. Martin Hentschel sieht in dem daraus entstehenden Übergang zwischen Ornament und Abbild das Raster gleichsam als produktives Mittel der Malerei ausgewiesen, vgl. Hentschel 1991, S. 152-158. – Zu den "Druckfehlern" und Sprühnebeln bei nicht richtig aufliegender Schablone vgl. Hofmeister 1995, S. 6465. Vgl. Haxthausen 1997, S. 191. Polke/Richter 1993, S. 43. 90 3. Geniebegriff Ein Bericht Gerhard Richters über ein unverwirklichtes Projekt der Künstlerfreunde Richter, Polke und Lueg in den sechziger Jahren rückt die von ihnen gepriesene 'Liebe zum Unpersönlichen' in einen bisher unbeachteten Zusammenhang. In einem Interview mit Hans-Ulrich Obrist schilderte Richter 1993 das starke Interesse der Gruppe an der Pop Art und an Happenings wie der "Demonstration des Kapitalistischen Realismus" und kommentierte: "Das ist das, was uns damals am meisten fasziniert hat; zum Beispiel waren wir einmal sehr besessen von der Idee, eine Ausstellung mit Lichtenstein-Bildern zu machen, die wir selber herstellen wollten. Aber das war uns dann doch zuviel Arbeit."334 Pierre Restanys in Bezug auf Richter und Polke relativierte Behauptung, "mechanische" Bilder liessen sich "mit Leichtigkeit in grossen Mengen" herstellen, erhält in diesem Kontext noch eine ganz andere Dimension: Eine demonstrative Ausstellung deutscher 'LichtensteinFakes'335 hätte jede traditionelle Vorstellung von Originalität und künstlerischem Schöpfertum satirisch unterlaufen und damit dem Selbstverständnis jener Künstlergeneration, die die Kunst der fünfziger Jahre vornehmlich bestimmt hatte, klar widersprochen. 1947 hatte Willi Baumeister in seiner Schrift Das Unbekannte in der Kunst noch formuliert: "Das originale Produzieren beruht nicht auf vergleichbarem Können, der originale Künstler kann in diesem Sinne im hohen Zustand nichts. Er produziert seine bedeutenden Werke ohne Lehrgut, ohne Erfahrung, ohne Nachahmung. Nur auf diese Weise findet er bisher Unbekanntes, Originales. Das Genie 'kann' nichts und damit alles."336 Baumeister berief sich auf den alten Topos des "Originalgenies", der im späten 18. Jahrhundert vornehmlich durch englische Abhandlungen zum Geniebegriff 334 335 336 "Interview mit Hans Ulrich Obrist 1993", in: Obrist 1993, S. 240-260, hier S. 242; vgl. auch Elger 2002, S. 90. Nach der begrifflichen Unterscheidung von Stefan Römer hätte es sich dabei nicht um Fälschungen, sondern um "Fakes" gehandelt, da die Bilder selbst auf ihren gefälschten Charakter hingewiesen hätten, Römer 2001, S. 9-18. Baumeister 1947, S. 155. 91 seine Impulse erhalten hatte.337 Im "Originalgenie" vereinten sich die in der Antike wurzelnden Vorstellungen des Ingeniums, einer gottgewollten, hervorragenden Naturanlage, und der Inspiration, einer göttlichen Einwirkung auf das Werk.338 Diese Vorstellung hatte sich seit der Renaissance in einem langen Prozess entwickelt, bis sie in der so genannten "Genieperiode" des 18. Jahrhundert ihren Höhepunkt fand.339 Edward Young, einer der Hauptvertreter der englischen Genielehre, umschrieb die Idee des "Originalgenies" 1759 sehr metaphorisch: "An Original may be said to be of vegetable nature; it rises spontaneously from the vital root of a Genius; it grows, it is not made."340 Diesem Diktum wusste Sigmar Polke 1976 eine klare Position entgegenzusetzen: "Wenn es überhaupt so etwas gibt, auf das all jenes zutrifft, was immer am Künstler diskutiert wird: Innovationsfreude, Kreativität, Spontaneität, das Schaffen ganz aus sich heraus, usw. – dann ist es die Kartoffel: wie sie da im dunklen Keller liegend ganz spontan zu keimen beginnt, in schier unerschöpflicher Kreativität Keim um Keim innoviert, ganz hinter ihrem Werk zurücktretend bald hinter ihren Trieben verschwindet und die wunderbarsten Gebilde schafft! – […] nein, das ist doch wahres Schöpfertum."341 Die bissige Ironie Polkes, mit der er die "vegetable nature" des Originals 337 338 339 340 341 Vgl. Warning 1974, bes. S. 284, und Ortland 2001, S. 690-691. Wenn es auch in der Antike noch keine einheitliche Leitidee des Geniebegriffs gab, so waren doch wesentliche Fragmente des Begriffs bereits ausgebildet. Sowohl die Würdigung einer "angeborenen Begabung", die sich als "Erfindungsgabe" und "Schöpfergeist" bewährte, als auch die ursprünglich priesterliche Idee des Enthusiasmus, einer "Gottbesessenheit", aus der die Vorstellung einer göttlichen Inspiration hervorging, waren bereits angelegt, Zilsel 1972, bes. S. 7- 106; vgl. auch Ortland 2001, S. 665-670. - Zilsel weist darauf hin, dass aufgrund der Geringschätzung der Handarbeit in der Antike diese Vorstellung noch nicht auf die bildenden Künste übertragen wurde, da sie noch als Handwerk galten, Zilsel 1972, bes. S. 144-158 u. 240-248. Diese Anerkennung wurde erst möglich, als die Kunsttheorie der Renaissance die "Idea" zur fundamentalen Voraussetzung allen künstlerischen Schaffens erklärte und ihr den Vorrang vor den materialen Werken gab. Damit sei der Gedanke vom Menschen entstanden, der als "altro dio" in sich Spiegelungen der ursprünglich göttlichen Schönheit trage, die er aussen in Kunstwerken verwirkliche, vgl. dazu Panofsky 1960, S. 43 u. 70-71; vgl. auch Blumenberg 1957, S. 269-270, und Zilsel 1972, S. 283-287. Vgl. zu dieser Entwicklung Ortland 2001 und Warning 1974. Young 1966, S. 12. Heubach 1997, S. 293. 92 gleich wörtlich nahm, kann hier stellvertretend für eine neue Künstlergeneration stehen, die eben jene der fünfziger Jahre ablöste und die Idee vom Künstlergenie und seinen originären Meisterwerken in verschiedensten Varianten unterlief.342 Andy Warhol schrieb 1975 in seiner Philosophy of Andy Warhol: "When Picasso died I read in a magazine that he had made four thousand masterpieces in his lifetime and I thought, 'Gee, I could do that in a day' […]. You see, the way I do them, with my technique, I really thought I could do four thousand in a day. And they'd all be masterpieces because they'd all be the same painting".343. Mit dieser provokativen Äusserung führte Warhol die Vorstellung vom Meisterwerk als Original und Unikat strategisch ad absurdum. Der Künstler zeichnete sich für ihn nicht mehr durch seine Kreativität aus, sondern durch seine Produktivität, also die Quantität der Bilder, die er in der Wiederholung hervorbrachte. Eine Aussage Richters aus der Textcollage von 1966 scheint in eine ähnliche Richtung zu weisen: "Alle Maler und überhaupt alle sollten Fotos abmalen. Und zwar in einer Weise, wie ich es tue (auch was die Auswahl betrifft). Dann sollten diese Bilder hängen, in den Wohnungen, den Gaststätten und Büros, in Bahnhöfen und Kirchen, also überall. Dann würden grosse Preismalereien veranstaltet werden, die Juroren würden Thema, Wiedergabe und Schnelligkeit bewerten und Medaillen verleihen. Jeden Tag würde im Fernsehen und im Funk über die neuesten Bilder berichtet. Nach einiger Zeit könnten Gesetze in Kraft treten, so dass diejenigen bestraft werden, die nicht genügend Fotos abgemalt haben. Das müsste ca. 400 Jahre so gehen, und dann müsste das Abmalen von Fotos in Deutschland verboten werden."344 Wie Warhol unterlief auch Richter die Authentizität des schöpferischen Künstlers. Das 'Künstlergenie' verwandelte sich in seiner Vision in einen 'Bild- 342 343 344 Vgl. Schmidt 1995. Warhol 1975, S. 148. Polke/Richter 1993, S. 42. – Vgl. hierzu wieder Warhols Aussage: "I think it would be great if more people took up 'Silkscreens', so that nobody would know whether my picture was mine or somebody else's", Swenson 1963, S. 26. 93 produzenten', der für sein Tempo bewertet wurde, während seine Hervorbringungen nur als "Wiedergaben" interessierten, also in der absurden Demonstration, dass eigentlich keine Malerei mehr möglich sei. Indem Richter aber trotzdem weitermalte und dies auch von anderen forderte, demonstrierte er eine typische Wendung gegen den bestehenden künstlerische Trend. Im Interview mit Wolfgang Pehnt erklärte er 1984: "Wer malte, war sowieso nicht auf dem richtigen Dampfer […] So war das Malen ein Versuch, die Möglichkeiten zu erproben, was Malerei überhaupt noch kann und darf, und der Trotz, trotzdem zu malen, obwohl es scheinbar nichts bringt."345 Nach seiner Absage an die Vorstellungen von Ingenium und Inspiration, blieb ihm somit nur der Trotz als Ersatz für eine Legitimation seiner künstlerischen Tätigkeit.346 Sigmar Polke hingegen fand den Ausweg gerade in einer Parodie dieses Inspirationsbegriffs. Im gleichen Jahr, als Richter alle Menschen aufforderte, Fotos abzumalen, erklärte Polke in seinem Vitrinenstück (Abb. 57): "Ich stand vor der Leinwand und wollte einen Blumenstrauss malen. Da erhielt ich von höheren Wesen den Befehl: Keinen Blumenstrauss! Flamingos malen! Erst wollte ich weiter malen, doch dann wusste ich, dass sie es ernst meinten." Die Befehle, welche die "höheren Wesen" Polke erteilt haben sollen, wirken indes so absurd,347 dass der erhabene Inspirationsgedanke, den er zitiert, bereits stark profaniert erscheint. Indem Polke in der Vitrine einen Katalog der documenta I mit einem Porträt von Max Beckmann und dem Foto der Jury der Künstlerbundausstellung von 1952 in Köln präsentierte, deutete er zusätzlich eine reale Existenz jener Wesen an, welche über das Schicksal von 345 346 347 "Interview mit Wolfgang Pehnt", in: Obrist 1993, S. 105-110, hier S. 106. Vgl. Bätschmann 1998, S. 26. – Dieser Trotz scheint sich auch in der sinnlosen Ankündigung auszudrücken, nach 400 Jahren müsse "das Abmalen von Fotos in Deutschland verboten werden". Abgesehen vom Auftrag, Flamingos zu malen, ist auf einem Maschinenskript zu lesen, man habe Polke dazu gezwungen, sich Untertassen an die Ohren zu halten (was durch ein Foto in dieser Haltung belegt wird), die Schwefelkuppen von Streichhölzern abzuschaben, sich das Rauchen abzugewöhnen, obwohl er angeblich nie geraucht habe, eines seiner Bilder zu zersägen und anderes Obskure mehr. 94 Kunst und Künstlern verfügten.348 Damit rief Polke das Inspirationstheorem zwar einerseits zu seiner Legitimation als Künstler an und schrieb die Verantwortung für seine Werke "höheren Wesen" zu, andererseits machte er es durch Parodie und Modifikation wieder unglaubwürdig.349 In späteren Werken wie Höhere Wesen befahlen: rechte obere Ecke schwarz malen! oder im ein Jahr zuvor entstandenen Aquarell Höhere Wesen befahlen: Winkel malen!350 konnte er auch den Legitimationsansatz der jeweils paraphrasierten abstrakten Kunststile ironisieren.351 Es bleibt die Frage, was Richter und Polke der Idee vom privilegierten Künstler und seiner höheren Inspiration entgegenzu- 348 349 350 351 Vgl. Hentschel 1991, S. 262-265, Hentschel 1996a und Hentschel 1997, S. 66. – Max Beckmann, der im Dritten Reich als entartet beschimpft worden war, wurde erst 1955 durch die documenta I als Künstler rehabilitiert. Insofern war sein Foto ein Hinweis auf die Willkür, der der Künstler in seiner Beurteilung durch die Kunstpolitik und den Kunstmarkt ausgesetzt ist. Vgl. Hentschel 1991, S. 278. – Martin Hentschel verweist zurecht auf zahlreiche weitere Arbeiten Polkes, die sich mit dem Inspirationsgedanken und der Legitimation künstlerischer Tätigkeit auseinandersetzen. Der Geniebegriff wird hier regelmässig ad absurdum geführt, vgl. Polkes Tibertücher (Szeemann 1984b, S. 18-19), in denen er den Topos der künstlerischen Invention am Beispiel des Komponisten Berlioz theoretisiert, seine Telepatischen Sitzungen mit den Künstlern Max Klinger und William Blake (vgl. Polke 1997, S. 151 u. 340), welche wohl in engem Zusammenhang mit der Geschichte um das Musikmedium Rosemary Brown stehen oder die Mappe "… Höhere Wesen befehlen", edition 10, Galerie René Block Berlin, vgl. auch Becker/Osten 2000, S. 22-29, Kat.-Nr. 8. Durch den Titel wird sämtlicher darin präsentierter Nonsens als notwendig und irrtumsfrei gekennzeichnet, da er von "höheren Wesen" inspiriert ist. Zudem geht jede einzelnen Grafik auf ihre Weise auf den Topos des Genies und seine göttlichen Inspiration ein. Aquarell und Schreibmaschine auf Papier, 1968, 20,9 x 14,7 cm, München, Sammlung Prinz Franz von Bayern. Dabei spielte Polke ausserdem in ironischer Brechung mit dem bei Novalis vorgeprägten Gedanken des Über-Ich, das als vermittelndes Medium gottähnlich wirkt. Novalis hinterliess in seinen "Fragmenten und Studien 1797-1798" seine Vorstellung von "gewissen Dichtungen in uns, die einen ganz anderen Charakter, als die übrigen zu haben scheinen, denn sie sind vom Gefühle der Notwendigkeit begleitet […]. Es dünkt dem Menschen, als sei er in einem Gespräch begriffen, und irgend ein unbekanntes, geistiges Wesen veranlasse ihn auf eine wunderbare Weise zur Entwicklung der evidentesten Gedanken. Dieses Wesen muss ein höheres Wesen sein, weil es sich mit ihm auf eine Art in Beziehung setzt, die keinem an Erscheinung gebundenen Wesen möglich ist – […]. Dieses Ich höherer Art verhält sich zum Menschen, wie der Mensch zur Natur, oder wie der Weise zum Kinde. Der Mensch sehnt sich, ihm gleich zu werden […]", in: Schulz 1969, S. 377; vgl. dazu Schulz-Hoffmann 1992, S. 2324. 95 setzen hatten. Richters Erwartung, "dass eben etwas entsteht, was ich nicht kennen, nicht planen konnte, was besser, klüger ist als ich, was dann auch allgemeiner ist",352 scheint nicht allzu weit entfernt von der Vorstellung einer höheren Eingebung. Ähnliche Kräfte beschwor Robert Rauschenberg mit seiner Aussage: " I don't want a painting to be just an expression of my personality. I feel it ought to be much better than that."353 Durch eine Zurücknahme der eigenen Persönlichkeit erhofften sich die Künstler eine äussere Einwirkung auf die Bildentstehung, die der Legitimationsinstanz der göttlichen Inspiration in Objektivität und Allgemeinheit entsprechen konnte. Diese Rolle überschrieben sie dem Zufall, dem sie möglichst grossen Anteil an der Entstehung des Bildes zukommen liessen.354 Sowohl Polkes Hydromalerei, die Lack-, Schütt- und Mineralbilder und Collagen, als auch Richters Farbtafeln und sogar seine Foto-Kopien und abstrakten Bilder entstanden "[…] in der Erwartung, dass sich da ein Bild einstellt",355 wobei sich die Künstler einer Steuerung so weit als möglich zu entziehen suchten. Richters Glasscheiben und Spiegel zeigen diesen Versuch am deutlichsten: Der Anspruch einer persönlichen, an Autorschaft gebundenen Form von Kreativität wurde zugunsten eines Prozesses der Bildentstehung verneint, der den Betrachter als bild- 352 353 354 355 Aussage Richters in: Buchloh 1993c, S. 145. Tomkins 1965, S. 204. Dass die Tradition des Zufalls als ästhetische Kategorie der Kunst bis in die Antike zurückzuführen ist, kann Horst W. Janson in seiner Untersuchung zum Zufall in der Kunst der Renaissance zeigen, vgl. Janson 1961. In den Anfängen wurde der Zufall als Anregung genutzt, erst im 18. und 19. Jahrhundert wandelte er sich zur Methode, nämlich dort, wo er die Technik betraf und ihm absichtlich Einlass in die Entstehung des Kunstwerks gewährt wurde, vgl. dazu Holeczek 1992, bes. S. 15-17. Die absichtliche Nutzbarmachung des Zufalls für die Entstehung von Kunstwerken fand ihren Höhepunkt jedoch im 20. Jahrhundert ausgehend vom Dadaismus und später dem surrealistischen Automatismus, vgl. dazu Holeczek/Mengden 1992. – Als zeitgenössische Parallele zu Polkes und Richters Bemühungen kann vor allem die Gruppe der "Nouveaux Réalistes" betrachtet werden. Mit den Schussbildern Niki de Saint-Phalles, den Zeichenmaschinen Tinguelys, den Antropometrien und Kosmogonien Kleins, den "Abrissen" von Hains, Villeglé, Rotella und Dufrêne und den Fallenbildern Spoerris entwickelten sie mannigfaltige Methoden, durch Ausnutzung des Zufalls eine kreative Werkschöpfung zu umgehen oder die Idee einer solchen zu parodieren, vgl. Fath 1986; Spoerri 1998; vgl. auch Janecke 1995und Schilling 1992, S. 41-44. Aussage Richters in: Buchloh 1993c, S. 146. 96 konstituierendes Subjekt bestimmte.356 Heinrich Wölfflins Feststellung, die "schöpferische Arbeit der Kunst" lasse "sich nicht gut mit einer Abspiegelung vergleichen", da "der Spiegel an sich immer wieder von anderer Struktur gewesen" sei,357 wurde von Richters Spiegeln gezielt ins Wanken gebracht, da diese nichts anderes tun, als den umgebenden Raum direkt "abzuspiegeln". Dem entsprechen Sigmar Polkes Thermobilder im Musée d'Art Moderne de la Ville de Paris von 1988, deren Farben auf Strahlungswärme und Wärmeübertragung durch Berührung reagierten und diese in einer reversiblen Farbveränderung gleichsam abbildeten.358 Da der Künstler selbst diesen Prozess jeweils nur initiieren konnte, verkündete Polke gegenüber Paul Groot, er zeige ein "Kräftespiel", über das er keine Kontrolle habe; das Bild bestimme sein Schicksal selbst.359 4. Bildermacht Wie eine Fortführung dieses Ausspruchs mutet Polkes Bemerkung im Interview mit Bice Curiger von 1985 an. Auf die Frage, warum er denn wolle, dass sich seine Bilder dauernd veränderten, antwortete er: "Weil sich alles dauernd verändert. […] Bei meinen Bildern musst Du sehr schnell gucken, Sie beobachten […]. Es gibt gar keine Bilder, die nicht auf irgendeine Weise behandelt werden wollen. Ein Bild wird erst zum Bild, wenn man das seinige dazutut. […] Wenn ein Bild nicht geliebt wird, dann holt es sich seine Liebe. Ein Bild kommt immer dahin, wo es hin muss; ein Bild holt sich seine Opfer."360 In der letzten Formulierung klingt noch Polkes und Richters Phantasie der gefährlichen Bilder an, die sie 1964 in einem von Polke verfassten fiktiven Interview zwischen 356 357 358 359 360 Butin 1999, S. 301-302. Heinrich Wölfflin, "Nachwort: Eine Revision (1933)" zu seinen Kunstgeschichtlichen Grundbegriffen, in: Wölfflin 1991, S. 276. Vgl. Hofmeister 1995, S. 57-58 u. 70. – Vgl. dazu Meinhardts Begriff der "Selbstzeugung" des Gemäldes, in: Meinhardt 1997, S. 199. Groot 1988, S. 67. – Zur Produktivität des Zufalls in Polkes Werk vgl. grundsätzlich Hentschel 1991, S. 344-387, Hofmeister 1993, Hofmeister 1995, Hentschel 1997, S. 71-79, und Zbikowski 2000, S. 124-128. Curiger 1990, S. 15. 97 dem Kunsthistoriker Anthony Thwaites und Gerhard Richter entwickelten. Polke liess Richter hier von seinen Bildern berichten, die so gut seien, dass sie "Terror, Angst und Schrecken" verbreiteten. Die Wirkung der Bilder oder ihrer blossen Erwähnung reiche vom Nervenschock des Betrachters über Haarausfall und Zeugungsunfähigkeit bis zum direkt eintretenden Tod. Demzufolge seien verschiedene seiner Werke zur Massenvernichtung oder Folterung in Konzentrationslagern und zur politischen Machtausübung verwendet worden.361 Walter Grasskamps Analyse von Richters Verkündigung nach Tizian, in der er einen "visuellen Sadismus" entdeckt, macht deutlich, dass die Phantasien der beiden Künstler, wenn sie sich in ihrer Überspitzung auch ins Absurde abwichen, nicht ganz ohne Realitätsgehalt waren. Grasskamp nennt Richter und im Vergleich auch Georg Baselitz zwei extreme Beispiele einer Malerei, die den Sehsinn sabotiere und damit das Auge des Betrachters quäle. Während Baselitz durch die malerische Umkehrung seiner narrativen Motive Intellekt und Sehsinn des Betrachters zwinge, inkongruent zu agieren, behindere Richter die normale Funktionsweise des Auges durch seine Einführung der Unschärfe. In seinem Bestreben, das Bild so zu fokussieren, dass das Motiv 'scharf' werde, lasse Richter dem Betrachter keine Chance und setze ihn so einer "Augenfolter" aus.362 Die Gleichsetzung der Bildmittel von Baselitz und Richter erscheint zwar fragwürdig, Grasskamps Beobachtung der Bildwirkung ist hingegen für die Rezeption von Richters Werk grundlegend. Unter Bezugnahme auf Benjamin Buchlohs Feststellung, die Rastertechnik Polkes und die Verwischungstechnik Richters basierten auf denselben Postulaten,363 kann Grasskamps These zudem auf Polkes 361 362 363 Polke 1993, S. 22. – Vgl. die Entsprechung zu dieser Phantasie der schrecklichen Bildermacht in der Warnung des amerikanischen Abstrakten Expressionisten Clyfford Still: "Therefore, let no man undervalue the implications of this work or its power for life; - or for death, if it is misused", [Letter to Gordon Smith], in: Smith 1959, [S. 6-8]. Grasskamp 1986, S. 55-56. Buchloh 1976, S. 139. 98 Rasterpunkte übertragen werden. Bereits an der Beschreibung von Polkes Blauem Boucher konnte gezeigt werden, wie das von Boucher übernommene Motiv sich in der groben Rasterung aufzulösen scheint. Charles W. Haxthausen beobachtet, wie die grobe Rasterung die normale Wahrnehmung umkehre: je näher man bei der Betrachtung an das Bild herantrete, um so undeutlicher werde das Objekt, bis es sich schliesslich unter einem abstrakten Netz von Punkten aufzulösen scheine. Somit werde das reproduktive Medium von dem, was es vermittle allmählich getrennt, bis es dessen Wahrnehmung verhindere.364 Der Begriff einer "Augenfolter" ist vielleicht gar zu melodramatisch und liesse sich durch Laszlo Glozers "beständige Bildstörung" ersetzen,365 zeigt aber klar die Verbindung zur Phantasie der gefährlichen Bilder auf.366 1844 hatte Grandville in Un autre monde einen Holzstich über den aggressiven Wettbewerb unter den Bildern und ihre Attacke auf die Besucher einer Bildergalerie publiziert (Abb. 58). Die Kampfmittel der Bilder waren darin Obszönität, Verführung, aggressive Übergriffe, blendendes Licht sowie der Illusionismus real werdende Früchte, die aus dem Bild hervorquollen. Dargestellt war der Kampf um die Aufmerksamkeit des Betrachters im aggressiven Wettbewerb des Kunstmarktes, aus dem gefährliche Bilder hervorgehen, vor denen die Galeriewärter die Besucher schützen müssen.367 Sigmar Polke integrierte 1973 in seiner Publikation Franz Liszt kommt gern zu mir zum Fernsehen eine kurze Bildergeschichte von D. Martin (Abb. 59), die den 'Angriff' eines Bildes auf den Betrachter in einen Witz verwandelte: Eine in der "Hall of Fame" ausgestellte Büste eines Farley J. Fonebone (1810-1873), der als "Father of the practical joke" ausgewiesen wird, spritzt dem Bet- 364 365 366 367 Haxthausen 1997, S. 189. – In seiner Marienerscheinung (1994, Kunstharz und Lack auf Polyestergewebe, 300 x 500 cm, Privatsammlung) macht Polke das Verschwinden des Motivs in der Rasterung zum Thema des Bildes, da ausser einem hellen Fleck (ähnlich einer spiritistischen Emanation) nichts zu erkennen ist. Glozer 1994. Grasskamp stellt diese Verbindung indes nicht her. Vgl. Bätschmann 1997, S. 133. 99 rachter unvermittelt aus einer Blume am Revers Wasser ins Gesicht. Die Belustigung des Betrachters schlägt in Schrecken um, der seine Gliedmassen zucken lässt und damit die Wirkung des Bildes beweist. Thematisiert wird hier auf scherzhafte Weise der Topos der Bildermacht, welche quasi als lebender Organismus den Betrachter in ihren Bann zieht und bestimmte Reaktionen provoziert.368 Wenn sich Polke und Richter auch als Schöpfer aus dem Entstehungsprozess ihrer Werke zurückziehen, so wollen sie sich doch einer Wirkung ihrer Kunst beim Publikum versichern.369 Im Gespräch mit Sabine Hofmeister gab Polke 1993 zu, er habe schon Ausstellungen erlebt, als er noch "hinten" gemalt habe, während "vorne" die Besucher gekommen seien: "Ja, da schaut man, was kommt denn für Publikum, dann gibt man dem Bild noch schnell die oder die Richtung, alles legitim."370 Die Anpassung des Werkes auf das Publikum scheint also eine Möglichkeit, die Macht des Bildes über seinen Betrachter abzusichern, die Aggressivität der Bilder eine andere. Diese Möglichkeiten griff Polke auch auf, als er sich gegenüber Bice Curiger über die in Rotterdam vorgenommene Platzierung eines seiner Bilder an der Decke äusserte: "Es unter die Decke zu hängen, beinhaltet auch physiologische Taktiken: Wenn Du den Kopf in den Nacken wirfst, bist du gleich hypnotisiert."371 In 368 369 370 371 Zur Thematik der "Bildermacht" und einer genauen Untersuchung der verschiedenen Wirkungsweisen der Bilder vgl. vor allem Freedberg 1989. Ernst Ullmann untersucht, wie die Reformation die Bildproduktion entscheidend beeinflusst hat, um die Macht der Bilder für ihre Zwecke nutzbar machen zu können, vgl. Ullmann 1983. Georg Kauffmann versucht für die Moderne zu zeigen, dass die Macht des Bildes sich in der "modernen Welt" kaum noch auf die "alte Bildmagie oder die Dämonie des Amuletts" stütze – wie sie auch von Freedberg erörtert wird, vgl. Kauffmann 1988. – Dagegen zeigt Oskar Bätschmann gerade die Rückbesinnung auf die magische Bildwirkung und das entsprechende Interesse an primitiver Kunst bei zahlreichen Künstlern zu Beginn des 20. Jahrhunderts und auch am Beispiel der Abstrakten Expressionisten, die durch Berufung auf das "Sublime" eine neue Bildermacht zu begründen versuchten, Bätschmann 1997, bes. S. 173-178 u. 198-202. Vgl. Polkes Aussage: "Das wichtigste ist doch für einen Künstler das feed-back, oder wie? Ich möchte mal wissen, warum Leute malen, das möchte ich mal wissen", Curiger 1990, S. 14-15. Hofmeister 1995, S. 70. Curiger 1990, S. 9. 100 dieser Hoffnung warnte auch Markus Lüpertz sein Publikum: "Hütet Euch vor meinen Bildern, hängt sie ab, dreht sie mit dem Gesicht zur Wand, bedauert die Wand."372 Richters Verwischungen und Polkes Rasterung sind in diesem Zusammenhang als ungefährlich einzustufen. Zwar verweigern sich die Bilder dem direkten Zugriff des Betrachters, sie verhindern aber lediglich eine Einfühlung und ungehinderte Betrachtung des Dargestellten, ohne den Betrachter anzugreifen. Polkes Grosses Schimpftuch hingegen, auf dem etliche Schimpfwörter zu lesen sind, die der Betrachter gezwungenermassen auf sich beziehen muss, sowie auch Polkes Peitsche aus der Mappe "… Höhere Wesen befehlen", an deren Enden Passfotos mit Grimassen Polkes befestigt sind,373 deuten die Möglichkeit eines Angriffs auf den Betrachter sehr direkt an. Bice Curiger vermutete auch in Polkes Verwendung giftiger Farben eine Bedrohung für den Betrachter. Tatsächlich brachte dies Polke im Interview auf die aberwitzige Idee, durch die Wirkung des Gifts könnten dem Betrachter vor seinem mit Auripigment gemalten Bild die Haare ausfallen. Somit schlug er selbst den Bogen zurück zu den gefährlichen Bildern Richters im fiktiven Gespräch mit Thwaites. Interessant ist vor allem Polkes Bemerkung, ein solcher Vorfall würde auf das Bild zurückwirken und ihm eine Bedeutung geben, die "brauchbar" wäre. Überhaupt müsse das Malen von Bildern "plausibel" und eine "Notwendigkeit" sein.374 Eine ähnliche Erwartung, dass man mit der Kunst "irgendetwas ausrichten könnte, etwas sagen, irgendeine Sehnsucht ausdrücken könnte […] Nach verlorenen Qualitäten, nach besserer Welt – nach dem Gegenteil von Elend und Ausweglosigkeit […]. Ich kann auch Erlösung sagen. Oder Hoffnung – dass ich mit der Malerei doch etwas bewirken kann" 372 373 374 Müller 1984. Die Peitsche ist mit der Anleitung versehen: "An den Riemen befinden sich Bilder, mit denen man das, was man will, auspeitschen kann", in: Becker/Osten 2000, S. 23 u. 39. Dabei fügte er hinzu, Gift könne ausserdem in kleinen Mengen auch zur "Heilung und Besserung" führen, entsprechend habe er eines seiner Bilder benannt, Curiger 1990, S. 8-9. 101 äusserte auch Richter.375 Auf dessen ungläubige Frage, ob es ihm also "vollkommen recht" wäre, wenn jemand vor seinem Bild – "wie Rothko es für sich gefordert hat – auf die Knie fällt und in Tränen ausbricht?" reagierte Richter mit Bedauern, da er eine solche Wirkung nur der Musik zutraue, nicht aber der bildenden Kunst.376 Und Polke bekundete die gleiche Sorge: "Gift hat eine Auswirkung, Kunst hat keine. Es sei denn eine schleichende."377 Es ist der ewig aktuelle Topos der Relevanz von Kunst, der hier angesprochen wird. Auch hinter den auf den ersten Blick unpolitischen Kunstbezügen Richters und Polkes scheint sich somit die alte Sehnsucht nach einer gesellschaftlichen Wirkung der Kunst und einer Effizienz der künstlerischen Mittel zu verbergen. Ebenso können sicher die anti-ideologische Haltung beider Künstler, sowie ihre ambivalente Stellungnahme zu den auch politisch behafteten Fragen von Abstraktion und Figuration nach dem Zweiten Weltkrieg als Versuche betrachtet werden, die Kunst am gesellschaftlichen Leben teilhaben zu lassen. Dass die Wirkung der Bilder offenbar dennoch nicht ausblieb, zeigt eine Meldung in der Rheinischen Post vom 21. Januar 1996: "Polke-Gemälde in Amsterdam beschmiert". Ein unbekannter Besucher des Stedelijk Museums hatte sich durch Polkes Kunst offenbar ge- 375 376 377 Buchloh 1993c, S. 147. Buchloh 1993c, S. 148-149. – Buchlohs ungläubige Frage ist verständlich, da Richter doch gerade eine 'Einfühlung' des Betrachters in seine Bilder und eine entsprechende emotionale Wirkung verhinderte, indem er ihre Medialität betonte. Richters Antwort belegt jedoch, dass er die erwünschte "Wirkung" des Bildes auf anderem Weg zu erreichen suchte; vielleicht eben durch eine Brechung jenes Moments der Einfühlung. Vgl. dazu eine ähnliche Aussage von Markus Lüpertz in seinem Londoner Vortrag von 1981: "Unsere Sozialstruktur sieht die Kunst […] nur noch als Therapie, als Spielwiese, als Freizeitgestaltung in der Qualität und Höhe eines Kaffekränzchens […]. Der Künstler ist darauf angewiesen, in dieser Zeit der Dekadenz seine Vitalität, Aggressivität und zwingende Notwendigkeit selbst zu motivieren. Das ist der totale Verzicht auf Begreifen, Anerkennung und Liebe. Seine kommerzielle Situation erklärt sich aus seiner Fähigkeit, aus seinem Geschick, die Welt und die Umwelt zu manipulieren, zu faszinieren. Jede Scharlatanerie ist erlaubt, notwendig und – wenn sie geistreich ist – zu begrüssen", in: Lüpertz 1983, S. 20 u. 22. 102 nug provozieren lassen, dass er eines seiner Gemälde mit dem Wort "crap" (Schund) beschmierte.378 378 dpa 1996. – David Freedberg zeigt in seiner Untersuchung zur "Bildermacht", dass vandalistische Akte gegen Kunst nicht nur durch gesellschaftliche, politische oder religiöse Gründe motiviert sind, sondern auch in der direkten sinnlichen Wirkung der Bilder begründet liegen, Freedberg 1989, bes. S. 378-428, Kapitel 14: "Idolatry and Iconoclasm". - Einen früheren ikonoklastischen Vorfall, bei dem in Paris ein Gemälde Polkes gar aufgeschnitten worden war, nahm Polke als "Künstlerrestaurator" zum Anlass, die "wie ein Fontana" aufgeklappte Leinwand mit Kunststoffsiegel zu befestigen, "weil es ja zum Thema passt". Die Reaktion zeigt, dass ihm eine Provokation der Betrachter zu derartigen Aktionen offenbar durchaus gefiel: "Ich kann verstehen, dass es jemanden verlockte, da reinzuschneiden, es forderte auf, diese Angelegenheit", Hofmeister 1995, S. 73. 103 Paradoxien 1. Macht und Verschwinden des Künstlers Während die Künstler in der demonstrativen Wiederverwertung vorhandenen Bildmaterials und der direkten Infragestellung des Genie-Topos ihre Abkehr von einer kreativen Werkschöpfung zur Schau stellen und als Künstlersubjekte in den Hintergrund treten wollen, offenbart sich in ihrer Steuerung der Bildrezeption und den Stellungnahmen zu gesellschaftlichen und künstlerischen Fragen ein dazu widersprüchlicher 'Machtanspruch'. Eben dieser Widerspruch deutet sich auch in Polkes Dürerschleifen (Abb. 60) an: Für die XLII. Biennale 1986 übernahm Polke aus Dürers Holzschnitt Triumphwagen Kaiser Maximilians I. von 1522 die den Tugenden zugeordneten kalligrafischen Schleifen und monumentalisierte sie in acht Einzelbildern, die er nach der jeweiligen Tugend benannte. Indem er die Ornamente aus ihrem Zusammenhang löste und zugleich mit abstrakten Titeln belegte, schuf er geradezu magische Symbole, die er ursprünglich in erhöhter Position auf der Galerie als Fries anbringen wollte.379 Paul Groot deutet diese Einbettung der Dürersymbole in Polkes venezianische Installation als Versuch "to reinstate the mystery of painting"380 und spricht damit eine "Ikonisation" an, die bei Oskar Bätschmann als "moderner Begriff" für die Rückgewinnung der Bildermacht erklärt wird.381 Die Ornamente Dürers unterlegte Polke mit aufgestreutem Silberoxid-, Grafit- und Aluminiumpulver auf weisser Dispersionsfarbe, welche er teilweise mit schillerndem Firnis fixierte. Die dadurch ausgelösten chemischen Reaktionen hinterliessen zufällige Wolkenformen, während sich das Silberoxid an der Luft langsam in 379 380 381 Dieses Vorhaben konnte jedoch nicht verwirklicht werden, da die Bilder auf diese Weise für den Betrachter nur schlecht sichtbar gewesen wären, vgl. Glozer 1991, S. 74; Hofmeister 1995, S. 62. Groot 1988, S. 66-67. Bätschmann 1997, S. 175. 104 reines Silber zersetzen sollte.382 Das transitorische, metamorphische Moment der Bildwerdung in den chemischen Stoffen stand somit im Widerspruch zur Präzision und Ordnung der kopierten Schleifenornamente. Erst diese Loslösung von einer gestalterischen 'Stellungnahme' zu seinem Vorbild erlaubte es Polke zu behaupten, die veränderlichen Bildgründe beeinflussten das Bildgeschehen interpretatorisch.383 In seiner Bezugnahme auf Dürer demonstrierte er einmal mehr seine Verwertung von vorhandenem Bildgut und zog sich als Schöpfer hinter der durch die Materialien ausgelösten Prozessualität des Bildes zurück; gleichzeitig meldete er jedoch den Anspruch an, sich in eine vorhandene Tradition einzureihen, deren Ruhm auch seinen eigenen Werken zu einer entsprechenden Wirkung verhelfen sollte.384 Der Widerspruch zwischen dem "offenen Kunstwerk", das dem Rezipienten ein "Feld interpretativer Möglichkeiten" vorschlägt,385 und Polkes Bemühung, die Rezeption des Werkes entweder durch eine modernistische Mystifizierung der Materialien oder aber in anderen Fällen durch eine die Wahrnehmung störende Rasterung zu steuern, deutet das Paradox vom Verschwinden des Künstlers und seiner gleichzeitigen 'Machtbezeugung' an. Gerhard Richter notierte 1965 als noch junger Maler: "Ich will keine Persönlichkeit sein, keine Ideologien haben. Ich will so sein, wie alle sind".386 Die Notiz erinnert an Andy Warhols visionären Wunsch, "everybody looks alike and acts alike, and we're getting more and more that way. I think everybody should be a machine."387 Diese Formulierung Warhols scheint Richter dann 1973 in seiner Vision, "eine Reaktionsmaschine sein, labil, indifferent, 382 383 384 385 386 387 Vgl. Hofmeister 1995, S. 66. Vgl. Zitat Polkes in Stemmler 1986, nicht paginiert. Carla Schulz-Hoffmann sieht in den Dürerschleifen sowohl eine ironische Abgrenzung Polkes, in der er die Dürer'schen Werte nur noch als "aufgeblasene Worthülsen" präsentierte, als auch eine "pathetische Aneignung" jener grossartigen Thematik für die Biennale, Schulz-Hoffmann 1992, S. 11-12, u. Schulz-Hoffmann 1998, S. 13. Eco 1998; vgl. auch den Ausstellungskatalog Franz 1992. "Notizen 1964-1965", in: Obrist 1993, S. 25-33, hier S. 33. Warhols Aussage in: Swenson 1963, S. 26. 105 abhängig. Sich aufgeben für die Objektivität",388 direkt aufzugreifen. Von Polke berichtet Klaus-Peter Schuster in perfekter Entsprechung zu diesen Ideen, dass dieser es liebe, sich "mit kalkulierter Mimikry" "im stark gemusterten Freizeitdress […] als aufgekratzter Jedermanntourist zu tarnen". Und Christian Kämmerling schildert 1995 unter dem Titel "Polke, Tourist" im Magazin der Süddeutschen Zeitung, dem Künstler sei kein Look recht, der ihn auch bloss im entferntesten als Künstler, geschweige denn als Avantgardisten kenntlich mache.389 Wie Richter und Warhol bevorzugte Polke die Tarnung im Gewöhnlichen und Anonymen, in der er seine Persönlichkeit verschleierte.390 Warhol liess seine Vision 1985 in seiner eigenen Präsentation als Invisible Sculpture im New Yorker Nachtclub Area gipfeln,391 und Richter schickte 1972 als Beleg seines Verschwindens an Wulf Herzogenrath anlässlich einer Künstler-Vortragsreihe unter dem Titel Selbstdarstellung bezeichnenderweise anstatt eines angeforderten Fotos von ihm eine Aufnahme von Herrn Schmettka, dem Pförtner der Düsseldorfer Kunstakademie, mit den Worten "endlich das versprochene Foto von mir".392 Polke hingegen demonstrierte in einer Einlage zum Katalog seiner Ausstellung in Rotterdam und Bonn 1983/84 eine "Künstlerrückzüchtung" (Abb. 61):393 Unter dem genauen Titel Die sechzehn bedeutendsten zeitgenössischen Künstler und ihre Rückzüchtung wurden auf der ersten Seite 16 fotokopierte Kontaktabzüge präsen- 388 389 390 391 392 393 Gerhard Richter, "Notizen 1973", in: Obrist 1993, S. 72. Kämmerling/Von Nagel 1995, S. 36. Vgl. dazu Graw 1993, S. 85: "Polkes Unerreichbarkeit ist legendär. Will man mit ihm in eine Verbindung treten, dann wird einem empfohlen, eine Postkarte zu schreiben – Briefe würde er gar nicht erst öffnen". Dass es sich bei Polke geradezu um einen Kult des Selbstentzugs handelt, macht Christian Kämmerling im Magazin der Süddeutschen Zeitung deutlich, Kämmerling/Von Nagel 1995, S. 35-36. - Vgl. auch Richters Aussage in der mit Polke erstellten Textcollage von 1966: "Ich bin durchschnittlich gesund, durchschnittlich gross (172 cm), durchschnittlich hübsch. Ich erwähne dies, weil man so aussehen muss, um gute Bilder malen zu können", Polke/Richter 1993, S. 43. Vgl. Bätschmann 1997, S. 214-215. Herzogenrath 1973. Polke 1983, 12 Seiten zwischen S. 16 u. 17; vgl. auch Becker/Osten 2000, S. 202-203, Nr. 58. 106 tiert, die alle das Gesicht Polkes mit jeweils anderer Mimik zeigten. Alle Kopien sind zeichnerisch bearbeitet und vervielfachen sich auf den folgenden Seiten, wobei die zeichnerische Mutation zunehmend groteske Formen annimmt. Aus 16 Künstlern werden durch verkleinerte Vervielfältigung 96, bzw. 192 und schliesslich 288 Porträts, die nur noch mikroskopisch klein zwischen dem zeichnerischen Liniengewirr, das schliesslich eine Fratze bildet, erkennbar sind. Das Deckblatt der Serie gibt Aufschluss über die eigenartige Mutation: Es zeigt eine Ansammlung von Methylomonasclara-Bakterien, 12500fach vergrössert und trägt die Überschrift: "Lernen sie unseren kleinsten Mitarbeiter kennen".394 Damit verweist Polke auf seine künstlerische Methode, mit Materialien zu arbeiten, die durch chemische Prozesse quasi selbsttätig arbeiten. Die "Künstlerrückzüchtung" erweist sich somit als witzige Paraphrase dieses Konzepts und bringt nach Hentschels Meinung "den noch heute schwelenden Diskursen über das Verschwinden des Autors […] das Lachen bei".395 Hentschel bezieht sich auf die These Rainer Warnings, der behauptet, das Verschwinden des Autors sei immer schon "Gegenstand der Selbstinszenierung" gewesen.396 Bezugspunkt jenes Diskurses ist Roland Barthes Text La mort de l'auteur von 1968, nach dem der moderne Autor erst mit dem Text geboren werde anstatt ihm "wie der Vater dem Kind" vorauszugehen. Der Autor tritt bei Barthes zugunsten des Rezipienten zurück, welcher durch seine Loslösung von der Idee des kreativen Künstlerindividuums die Pluralität der Bedeutungen und Zitate des Werkes selbst erfassen kann.397 Im ein Jahr darauf entstandenen Text Qu'est-ce qu'un auteur? von Michel Foucault scheint die Beschreibung der "Verwischung der individuellen Züge des schreibenden Subjekts" genau die Visionen der Künstler zu spiegeln, "wie je- 394 395 396 397 Vgl. Hentschel 2000, S. 390. Hentschel 2000, S. 390. Warning spricht statt vom Verschwinden des Autors von einer "Dezentrierung des Subjekts" und bezieht sich damit auf Mallarmé und Baudelaire, Warning 1982b, S. 293. "La mort de l'auteur" (1986), in: Barthes 1993-1994, Bd. 2, S. 491495. – Vgl. Burke 1998. Vgl. zur Verortung von Richter in der 'Konstruktion' des verschwindenden Autors Owens 1992b. 107 dermann" sein zu wollen und damit im Leben wie im Werk 'zurückzutreten'.398 Besonders offensichtlich wird die Kritik Richters und Polkes an der Autorschaft paradoxerweise in der Strategie ihrer Texte: Während Richter 1971/72 seine Absage auf eine Einladung Wulf Herzogenraths zur Künstler-Vortragsreihe "Selbstdarstellung" in einem absurden Brief voller sprachlicher Bruchstücke als 'Selbstentzug' inszenierte,399 demonstrierte Polke die Verweigerung der Autorschaft gar 1976 in seinem autobiografischen Text Frühe Einflüsse, späte Folgen oder Wie kamen die Affen in mein Schaffen? und andere ikono-biografische Fragen. Als Autor des Textes wird daher Friedrich Wolfram Heubach angegeben, der jedoch den Bericht in der Ich-Form im Namen Polkes formulierte. Die Verwirrung ist perfekt, wenn am Schluss zu lesen ist: "Damit möchte ich meine Ausführungen zu Werk und Leben abschliessen, es konnten beileibe nicht alle Fragen geklärt werden, - insbesondere nicht solche der Autorschaft dieses Textes" und schliesslich: "Das im Voranstehenden verwandte autobiografische Material wurde mit Hilfe eines Encephalofons sowie eines Libidografens erhoben, für deren freundliche Überlassung ich ihrem Erfinder, Herrn Diplompsychologen Dr. Fritz Heubach hiermit meinen Dank ausspreche."400 Peter Weibel zeigte in seiner Ausstellung Das Bild nach dem letzten Bild, dass das zentrale Motiv vom 'verschwindenden' Autor in Literatur und Kunst der Moderne parallel verlaufe.401 Während Mallarmé den "Eigenwert der Worte" betonte, erklärten Künstler 398 399 400 401 Vgl. Foucault 1974, bes. S. 12. – Dabei geht Foucault davon aus, dass das "Zurücktreten", "Verschwinden" oder der "Tod des Autors" in Kritik und Philosophie "schon seit geraumer Zeit" zum "alltäglichen Thema" geworden seien, vgl. S. 7 u. 12. Vgl. den abgedruckten Brief in Herzogenrath 1973. Heubach 1997, S. 294. – In krassem Gegensatz zu dieser demonstrativen Leugnung einer Autorschaft, stehen Werke wie das Sternenhimmeltuch, in denen er den eigenen Namen, nach Foucault das letzte Indiz der Anwesenheit des Autors, wiederum verherrlich; vgl. zum Autornamen als "Äquivalent" für eine Beschreibung und als "klassifikatorische Funktion", Foucault 1974, S. 15-18. Weibel 1991, bes. S. 187-188; vgl. auch die Beispiele, die Hubertus Butin zum Thema des verschwindenden Autors erwähnt, in: Butin 1993, S. 27. 108 und Kunstkritiker die Autonomie des Kunstwerks gegenüber der Intention seines Autors. Richter und Polke griffen den "Tod des Autors" durch annähernd mechanische Bildherstellung und Wiederverwertung vorhandenen Bildmaterials als Modell auf und inszenierten ihn in der Anonymisierung ihrer Persönlichkeiten nicht ohne Selbstironie.402 In Polkes Künstlerrückzüchtung zeigte sich aber paradoxerweise gleichzeitig der Hang des Künstlers zum Grössenwahn. Die angegebenen 16 bedeutendsten Künstler werden alle von Polke in Personalunion verkörpert. Wie er Richter in seinem fiktiven Interview mit Anthony Thwaites auf dessen Frage, ob er an Gott glaube, hatte antworten lassen: "Ja, ich glaube an mich, ich bin der Grösste, ich bin der Allergrösste",403 spann er hier, wie auch in seinen Fotodrucken Der Doppelgänger und Korrektur der Handlinien auf parodistische Weise den Mythos vom Künstler weiter, der als omnipotenter und omnipräsenter Schöpfer Gott gleichkommt.404 1968 bewiesen Richter und Polke in einer gemeinsamen Edition der Galerie Block in selbstironischer Konzeption ihre Allmacht als Künstler: Eine Sequenz von fünf fotografischen Aufnahmen eines alpinen Gebirgsmassivs, das durch die Manipulation bei der Reproduktion immer stärker seine Konturen verliert und schliesslich eine kugelähnliche Form annimmt, unterschrieben sie mit der nüchternen Legende: "5 Phasen einer von Polke und Richter vorgenommenen Umwandlung. Das Massiv wurde am 26. April 68 für die Dauer von 2 402 403 404 In klassischer Inszenierung des verschwindenden Autors gibt Polke sogar für seine autobiografischen Textfragmente Friedrich Wolfgang Heubach, der ihm wohl bei er Abfassung geholfen hat, als Autor an, Heubach 1997. Polke 1993, S. 23. Vgl. zum Topos des divino artista Kris/Kurz 1980, S. 64-86. - Vgl. dazu auch Polkes Installation Wiederbelebungsversuch an Bambusstangen, 1968, in: Polke 1997, S. 150, den Fotodruck Polke entlaubt einen Baum aus dem gleichen Jahr, in: Becker/Osten 2000, S. 37, und die Erweiterung des Planetensystems um einen 10. Planeten (1968, Kugelschreiber, Radiograf und Aquarell, 29,7 x 21,1 cm, Privatbesitz), in dem sich Polkes Name zu den neun der unsterblichen Götter gesellt. - Dem entsprechen die megalomanischen Architekturentwürfe Richters von 1970, in denen riesige Bilder als Ausblicke ins Universum erscheinen, vgl. Harten 1986b, S. 42 (Abb. 24) u. S. 51. Vgl. auch Bätschmann 1998, S. 25. 109 Stunden in eine Kugel verwandelt" (Abb. 62).405 Indem Benjamin Buchloh die Umwandlung auf eine Fotografie von Jean Tinguely und Yves Klein von 1958 bezieht, in der Klein bewies, dass er sich jederzeit dematerialisieren konnte,406 zeigt sich zugleich wieder die paradoxe Verbindung zum Verschwinden des Künstlers an. Richter und Polke spielen die beiden Modelle in ihrer ironischen Überspitzung gegeneinander aus: Künstlerische und gesellschaftliche Ohnmacht wird in Machtdemonstration überspielt, und der Künstler tritt hinter dem Werk zurück, um sich gleichzeitig seinen Ruhm zu sichern. 2. Parallelitäten Für Gerhard Richter brachte das Jahr 1993 den Ruhm in Form einer ganzen Serie öffentlicher Auftritte und Publikationen, mit denen er auf internationalem Parkett präsentiert wurde. Hubertus Butin veröffentlichte mit Gerhard Richter. Editionen das kommentierte Verzeichnis von Richters Druckgrafiken, Fotografien und Auflagenobjekten, und anlässlich der grossen Retrospektive Richters in Paris, Bonn, Stockholm und Madrid erschien ein dreibändiger Katalog mit dem Werkverzeichnis der Gemälde.407 Im gleichen Jahr hatte bereits Hans-Ulrich Obrist eine Auswahl von Schriften und Interviews des Künstlers unter dem schlichten Titel: Gerhard Richter. Text herausgegeben.408 Die kurze, im Singular verwandte Betitelung 405 406 407 408 Vgl. Block 1971, S. 133, P 3, und S. 146, R 10; Butin 1993, S. 69, Nr. 11 und Becker/Osten 2000, S. 20-21, Nr. 7. – Richter zeigte in seiner Ausstellung Sils 1992 im Nietzsche-Haus neben der Grafik auch eine silberne Stahlkugel, die zu einer Auflage von elf Exemplaren gehörte. Jede der Kugel war durch Gravur signiert, datiert und mit Titeln versehen, die jeweils einen bestimmten Berg im Engadin bezeichneten, vgl. Richter 1992, Abb. 13; somit erbrachte Richter "den scheinbar materiellen Beweis, dass die Umwandlung doch keine Fiktion war", Butin 1993, S. 40. – Jürgen Harten und Hubertus Butin deuten die Umwandlung als Demonstration der eigentlichen gesellschaftlichen "Ohnmacht" des Künstlers, Harten 1986b, S. 29-30, und Butin 1991, S. 54; auch Richter selbst erwähnt die "ohnmächtige Seite der Kunst", die es zu überwinden gilt, "Text für den Katalog 'Beuys zu Ehren'", in: Obrist 1993, S. 158. Buchloh 1976, S. 150, Fussnote 6. Butin 1993 u. Richter 1993. Obrist 1993. 110 "Text" für eine Sammlung von Interviews, Notizen, Briefen und eigenhändigen Katalogtexten erhält im Zusammenhang mit den anderen grossen Publikationen desselben Jahres den Charakter einer Gattungsbezeichnung – der Text des Künstlers erscheint somit gleichberechtigt neben seinen Gemälden und Editionen. In ihrem Umfang und ihrer Mannigfaltigkeit können die Aufzeichnungen und Aussagen Richters, ähnlich wie die von Joseph Beuys oder Andy Warhol, tatsächlich als eigenständiger Teil des Werkes aufgefasst werden, der sich bei genauer Untersuchung als paralleles System zu den Kunstwerken erweist: Wie Richters Gemälde sich als reflektierte Wiederholungen von Bildern und deren Topoi erweisen, werden auch in den sprachlichen Äusserungen diverse künstlerische Positionen und Künstlermythen aufgegriffen sowie Diskurse zitiert. Dabei gleiten Ernsthaftigkeit, Provokation und Verschleierung derart ineinander, dass der Rezipient in gleichem Masse aufgeklärt wie irregeführt wird. Diese Wirkung von Richters Text-Strategie zeigt sich etwa in Martin Hentschels Artikel "Auf wechselndem Terrain" in der Kunstzeitschrift Noëma von 1999. Hentschels Untertitel lautete: "Wie sollen wir die abstrakten Bilder Gerhard Richters betrachten? Diese Frage harrt noch einer überzeugenden Antwort". Sein Problem war in diesem Fall jedoch nicht nur die schwer verständliche Bildsprache der abstrakten Werke Richters, sondern vielmehr die Sprache des Künstlers selbst: "Paradigmatisch hat der Dialog mit Benjamin H.D. Buchloh aus dem Jahr 1986409 offen gelegt, dass zwischen dem Diskurs des Künstlers und dem des Kritikers eine unüberbrückbare Kluft besteht. Sie ist bis heute nicht geschlossen, insofern als Buchlohs Kommentare die Rezeptionsformen der Werke über Jahre hinweg geprägt haben. Kurz gesagt, es geht um den Widerspruch zwischen der Konstruktion einer modernistischen und einer postmodernistischen Haltung."410 Während Buchloh Richters abstrakten Gemälden eine Rhetorik der Abstraktion, und damit die an- 409 410 Gemeint ist Buchloh 1993c. Hentschel 1999. 111 gesprochene postmodernistische Haltung, unterstelle, beschreibe Richter in eigenen Aussagen seine Bilder als Modelle oder Gleichnisse gesellschaftlichen Zusammenlebens, was Hentschel wiederum als "antizipatorischen Impetus der Moderne" deutet. Er zitiert zahlreiche Äusserungen Richters, die er mit Malewitsch und anderen Künstlern der Moderne in Verbindung bringt, zeigt sich aber gleichzeitig verwirrt über Begriffe wie "Indifferenz, Aussageverweigerung" und "Gestaltlosigkeit" in Richters Beschreibung seiner Grauen Bilder, welche wiederum im Sinne Buchlohs als Destruktion von modernen Paradigmen der Abstraktion verstanden werden können. Hentschels Fall ist insofern interessant, als er Richters Äusserungen als Zeugnisse seiner Intention liest und dabei nicht beachtet, wie zahlreich die Aussagen Richters sind, die entweder die eine oder die andere, modernistische oder postmodernistische, Lesart seiner Bilder ermöglichen. So beobachtet Gertrud Koch in Richters bereits zitierter Aufforderung, jeder solle Fotos abmalen, die man in allen Gaststätten, Bahnhöfen, Büros und Kirchen aufhängen könne, eine Bezugnahme auf Walter Benjamins Darstellung des Films als Paradigma eines 'aurazerstörenden' technischen Reproduktionsverfahrens: "Unsere Kneipen und Grossstadtstrassen, unsere Büros und möblierten Zimmer, unsere Bahnhöfe und Fabriken schienen uns hoffnungslos einzuschliessen. Da kam der Film und hat diese Kerkerwelt mit dem Dynamit der Zehntelsekunde gesprengt, so dass wir nun zwischen ihren weit verstreuten Trümmern gelassen abenteuerliche Reisen unternehmen."411 Koch behauptet nun, Richter pflichte Benjamin bezüglich dem Verlust der erhabenen und einmaligen Aura durch die mechanische Reproduktion bei, demonstriere aber sowohl in seiner Aussage wie auch in seinen Bildern im Gegensatz zu Benjamin eine Befürwortung dieser Situation. Er suche nicht wie Benjamin nach der "unmittelbaren Wirklichkeit" als "Blume im Land der Tech- 411 Benjamin 1996, S. 35-36; vgl. auch Koch/Lang/Antoine 1995, S. 136-137. – In Benjamins These, die technische Reproduktion zerstöre die Aura des Kunstwerks, übernimmt der Film als reproduzierbares Massenprodukt eine paradigmatische Rolle; vgl. auch Spangenberg 2000, S. 404-412. 112 nik",412 was er auch in seiner Serialisierung der Natur im Atlas und in Montagen wie dem Seestück (See-See) unter Beweis stelle.413 In der Tat deutet Richters Notiz "Photografien sind kurzlebige Abbilder dieser Vermittlung [des Lebens] wie die Bilder, die ich nach den Photos abmale",414 eine Auseinandersetzung mit Benjamins Gegensatz von "Einmaligkeit und Dauer" des Kunstwerks und "Flüchtigkeit und Wiederholbarkeit" der Reproduktion an. Auch 1982 bekannte Richter sich mit dem Statement "Seit Duchamp werden nur noch Readymades hergestellt, auch wenn sie gemalt sind", kokett zu seiner Technik der Wiederholung.415 Dem gegenüber betonte er aber auch eine "kultische Funktion" der Fotografie: "Jeder hat seine 'Andachtsbilder' selbst hergestellt – das sind die Abbilder der Verwandten und Freunde, andenkend konserviert".416 Was dabei anklingt, ist die Wiederanbindung der Reproduktion an eine transzendentale Überhöhung: "Wenn ich ein Urinoir ausstellte, so wäre das legitim, denn ich demonstrierte damit nicht Antikunst, sondern stellte es auf als Altar und Objekt der Kunst und Gläubigkeit." Entsprechend wertete Richter die Kunst als "Religionsersatz" und beschrieb sie noch Jahre später in einer 'modernistischen' Koppelung mit der Transzendenz 412 413 414 415 416 Benjamin 1996, S. 31. Damit demonstriere Richter genau das von Benjamin beschriebene "Habhaft werden" des Gegenstandes und die "Überwindung des Einmaligen" durch die Reproduktion, Benjamin 1996, S. 15; vgl. Koch/Lang/Antoine 1995, S. 137-138. Gerhard Richter, "Notizen 1964-1965", in: Obrist 1993, S. 25-33, hier S. 27. Gerhard Richter, "Notizen 1982", in: Obrist 1993, S. 93. – Bereits im Wort "hergestellt" deutet sich an, dass mit "Readymade" nicht mehr ein aufgefundener Gegenstand gemeint ist, der selbst zum Kunstwerk erklärt wird, sondern dass dieser Gegenstand vom Künstler reproduziert und damit zur Kunst gemacht wird. Gerhard Richter, "Notizen 1964-1965", in: Obrist 1993, S. 25. - Diese fast kultische Funktion hatte auch Walter Benjamin der Porträtfotografie noch zugestanden: "Keineswegs zufällig steht das Portrait im Mittelpunkt der frühen Photographie. Im Kult der Erinnerung an die fernen oder die abgestorbenen Lieben hat der Kultwert des Bildes die letzte Zuflucht. Im flüchtigen Ausdruck eines Menschengesichts winkt aus den frühen Photographien die Aura zum letzten Mal", Benjamin 1996, S. 21. 113 als "Sehnsucht nach 'Gott'",417 um sich im nächsten Moment bereits wieder davon loszusagen: "Keine Religion, kein Glaube, kein Sinn, keine Phantasie, keine Kreativität, keine Hoffnung"418, "es ist kein Heil mehr möglich".419 Wie Richters Bilder zwischen Readymades und dem von Benjamin verloren geglaubten "schönen Schein" schwanken,420 dessen "Verlogenheit" zudem sofort wieder in der Unschärfe enttarnt wird, ist auch in Richters Äusserungen nichts kohärent.421 Dass diese Paradoxien nicht aus Unachtsamkeit entstehen, sondern beabsichtigt sind, belegt Richters Praxis der Interview-Überarbeitung, in der er die scheinbare Authentizität durch überlegte Setzung und Korrektur seiner Äusserungen verdrängt.422 Hierin ähnelt Richters Strategie derjenigen Polkes. Während Richter seine Äusserungen jedoch in aller Ernsthaftigkeit vorträgt, provoziert Polke in Interviews absurde Dialoge und verfasst seine Texte in Entsprechung zu den Bildern als groteske Collagen. Die Erklärung dazu lieferte er 1984 im Gespräch mit Bice Curiger: "Ein Interview ist dann gut, wenn es innerhalb des Interviews eine eigene Logik gibt, wenn das Interview eine Kunst- 417 418 419 420 421 422 Gerhard Richter, "Notizen 1964-1965", in: Obrist 1993, S. 25-33, hier S. 32, und "Notizen 1988", in: Obrist 1993, S. 160-164, hier S. 160. – Derartige Äusserungen reihen sich nahtlos in das Gedankengut der 'Moderne' ein, vgl. dazu auch Rosenthal 1996, S. 227: "Many of Richters statements about art echo the view of early abstractionists. […] He believes that art has a quasi-religious mission, with a "moral function" to affect society.". – Vgl. auch die Verbindung zu den Abstrakten Expressionisten bei Bätschmann 1998, S. 25. Gerhard Richter, "Notizen 1985", in: Obrist 1993, S. 110-115, hier S. 113. Richters Aussage in: Lebeer 1973. Benjamin 1996, S. 27: "Nichts zeigt drastischer, dass die Kunst aus dem Reich des 'schönen Scheins' entwichen ist, das solange als das einzige galt, in dem sie gedeihen könne". Vgl. Richters Aussage: "Ich hatte Lust, etwas Schönes zu malen" im "Interview mit Rolf Gunther Dienst 1970", in: Obrist 1993, S. 55-59, hier S. 59, und im Gegensatz dazu die Notiz: "Meine Landschaften sind ja nicht nur schön oder nostalgisch, romantisch oder klassisch anmutend wie verlorene Paradiese, sondern vor allem 'verlogen'", Gerhard Richter, "Notizen 1986", in: Obrist 1993, S. 115-121, hier S. 115. Diese Information verdanke ich Christof Lichtin und Dieter Schwartz, die mir einen Einblick in die vom Künstler mehrfach überarbeiteten Unterlagen zum Interview Richters mit Dieter Schwarz für Schwarz 1999b gewährten. 114 form wird."423 Polke verfolgt ähnlich wie Warhol eine Strategie der Dissimulation. In einem ständigen Rollenspiel vermeidet er den Zugriff auf seine Persönlichkeit. So berichtet Barbara Reise im Zürcher Ausstellungskatalog selbstironisch über ihren Atelierbesuch bei Polke: "Während ich noch in die Winkel spähte, ob irgendwo ein 'richtiger' Künstler lauerte, traf ich auf einen exzellenten Maler, einen Photografen, Regisseur, Schauspieler und auf einen hervorragenden Schriftsteller und mehr: Ich fand einen Hexenmeister und Magier, einen Trickser und Galgenstrick, einen Meister und einen oft ziemlich lästigen, rotznasigen Possenreisser, Narr am eigenen Königshof".424 Polkes bevorzugtes Mittel, sich einer eindeutigen Aussage über seine Kunst zu entziehen, ist das Herstellen von Beziehungen zwischen scheinbar zusammenhangslosen Phänomenen. So beschrieb er die palmenverzierte Verpackung eines billigen Kokosnuss-Fetts als wesentlichen Anstoss seiner künstlerischen Initiation, fand die Verbindung der Palme mit seinem Namen in ägyptischen Hieroglyphen wieder425 und führte den Verlust der Expressivität in der Malerei auf die Einwegflasche zurück.426 In ähnlich grotesker Weise veralberte Polke in seinen autobiografischen Aufzeichnungen die manieristische Bildformel der figura serpentinata und deren Weiterentwicklung in William Hogarths "Line of Beauty" als Zeichen für ein schöpferisches Weltprinzip427 mit der Beschreibung der "morphologischen Einheit" einer "hochsignifikanten Krümmungscharakteristik" von Flamingos, Schneeglöckchen, Affenschwänzen und Nierentischen.428 Parallel gelangten jene pseudo-theoretischen Betrachtungen in zahlreichen seiner Gemälde und Zeichnungen von Reihern, Flamingos, Palmen, 423 424 425 426 427 428 Curiger 1990, S. 15. Reise 1984, S. 54. – Bezeichnenderweise tragen auf dem Foto über dem Abdruck des Interviews von Bice Curiger und Polke in Parkett 1990 beide Interview-Partner eine Maske, als ginge es nicht um eine authentische Unterhaltung, sondern ein Rollenspiel, vgl. Curiger 1990, S. 6. Vgl. Heubach 1997, S. 286-287, Abb. 1. Vgl. Curiger 1990, S. 10. Hogarth 1753. – Vgl. auch Baumgärtel 1997, S. 292. Heubach 1997, S. 290-291, bes. S. 291, Abb. 3. 115 Kartoffelköppen und ähnlich geschwungenen Gebilden zur Realisation. In Entsprechung zu diesem Vorgehen führte Polke in der mit Richter verfassten Textcollage 1966 Wassily Kandinskys Überlegungen zu den Grundelementen der Malerei ad absurdum. Seine Feststellung "Wo ein Punkt ist, passiert was! Punkt – Grundgebilde der Geometrie, Schnittpunkt zweier Linien, ohne Ausdehnung. – Satzzeichen"429 schloss sich scheinbar Kandinskys Theorie der Elemente in Punkt und Linie zu Fläche an.430 Noch im gleichen Text verkehrte Polke jedoch die scheinbare Logik und Kandinskys Definition des Punktes als "selbständiges Wesen"431 in Unsinn: "'Sie können es mir glauben oder nicht, aber ich sehe meine Umwelt wirklich gepunktet'. Ich liebe alle Punkte. Mit vielen Punkten bin ich verheiratet. Ich möchte, dass alle Punkte glücklich sind. […] Ich bin auch ein Punkt. Früher haben wir immer zusammen gespielt, heute geht jeder seine eigenen Wege. Wir treffen uns nur noch zu Familienfesten und fragen uns: wie geht's".432 Und Kandinskys Legitimation der Künstlertätigkeit aus einer "inneren Notwendigkeit"433 wird ironisiert in der wiederholten Aussage: "Ich muss rastern! […] Ich muss nur rastern."434 Bereits 1964 hatte Polke mit seinem 5 Punkte Bild(Abb. 63) Kandinskys Illustration 9 Punkte im Aufstieg (Betonung der Diagonale d-a durch Gewicht)435 in Erinnerung gerufen. Die analytische Anordnung wurde jedoch von Polke jeder gesetzmässigen Logik beraubt und als beliebiges Muster auf einen Dekorationsstoff gemalt, wobei in einem Fall das Verlaufen der Farbe die Vorstellung des "ideellklein[en]" und "ideellrund[en]" Punktes zum Scheitern 429 430 431 432 433 434 435 Polke/Richter 1993, S. 45-47. Kandinsky 1955, bes. S. 21-56. Kandinsky 1955, S. 25. Polke/Richter 1993, S. 36. Kandinsky 1952, S. 85, 120, 128 u. 136-137. Polke/Richter 1993, S. 45. Kandinsky 1955, S. 172-173, Abb. 3 [Punkt]. 116 brachte.436 Auch Polkes Sternenhimmeltuch von 1968 könnte als Persiflage auf Kandinskys Demonstration des auch in der Natur vorhandenen Punktes als "ein in sich gekehrtes Wesen voller Möglichkeiten"437 verstanden werden. Kandinskys Illustration des Sternhaufens im Herkules mutiert bei Polke zu einem Sternbild, das seinen Namenszug zeigt.438 Als 'Zwischenstation' der Bezugnahme können dabei auch Francis Picabias "Punkte-Bilder" betrachtet werden, die er 1949 in Paris und ein Jahr später in New York unter dem Titel "Picabia, Point" ausstellte.439 Picabias vereinzelte Punkte auf einer pastosen Monochromie werden meist als Reaktion auf die Vorherrschaft der Abstraktion und direkte Paraphrase auf den Farbauftrag eines Jean Fautrier, als Darstellung von Leere oder als "Schlusspunkt" in der Frage nach Tod und Überleben der Malerei gedeutet.440 Laszlo Glozer erkennt in Picabias "Punkt-Bildern" hingegen eine "werkhafte Annäherung an die Prototypen der informellen Kunst" und eine "ausdrucksstarke Malerei".441 In Polkes Übertragung der Punkte auf einen Stoff mit Blümchenmuster ging sowohl die gesetzmässige Anordnung Kandinskys als auch Picabias scheinbare Bedeutungsschwere verloren. Er selbst führte in Aufzeichnungen seine Beschäftigung mit den Punkten und der Rasterung schlicht auf seine Kurzsichtigkeit zurück.442 Einmal mehr muss der Versuch, ihn auf eine eindeutige Position festlegen zu wollen, scheitern. 436 437 438 439 440 441 442 Zu Kandinskys Beschreibung der Punktform vgl. Kandinsky 1955, S. 2829. Kandinsky 1955, S. 39. Sternenhimmeltuch, 1968, Filztuch, Klebeband, Kordeln, Pappscheiben, 250 x 240 cm, Privatsammlung; vgl. Kandinsky 1955, S. 39-40 u. Bild 5. – Im gleichen Jahr entstand My Name As Though It Were Written on the Surface of the Moon (Neonröhren in 4 Teilen, 27,9 x 518 x 5,1 cm, Schaffhausen, Hallen für neue Kunst) von Bruce Nauman, vgl. Benezra/Halbreich 1994, S. 60, Abb. 9. Picabia, Point, Galerie des Deux-Îles, Paris, Dezember 1949, und Picabia, Rose Fred Gallery, New York, Februar/März 1950. – Vgl. zu den Points auch Pagé 2002, S. 378-423. Pierre 1997, S. 30, und Wilson 1988, S. 41-42. Glozer 1981, S. 140. Heubach 1997, S. 285. 117 Es ist genau die paradoxe Aufhebung von ernsthaften Gegensätzen herrschender Diskurse, in der sich die Schriften von Richter und Polke als parallele Gattung zu ihren Kunstwerken erweisen. Der von Erwin Panofsky 1920 geprägte Begriff vom Künstlertext als "Parallelphänomen" zum Werk erhält hier also ausdrücklich Aktualität.443 In diesem Sinne kann auch Gerhard Richters Notiz "Über Malerei reden, das hat keinen Sinn. Indem man mit der Sprache etwas vermittelt, verändert man es. Man konstruiert solche Eigenschaften, die gesprochen werden können, und unterschlägt die, die nicht ausgesprochen werden können, die aber immer die wichtigsten sind"444 nicht verwundern, wenn sie auch inmitten eines 277 Seiten umfassenden Bandes mit Kommentaren zur Malerei absurd erscheinen mag. 443 444 Panofsky 1992, S. 32-33. Gerhard Richter, "Notizen 1964-1965", in: Obrist 1993, S. 25-33, hier S. 33. 118 Vom Vorbild zum Nachbild 1. Intermedialität Martin Hentschels Artikel über die abstrakten Gemälde Gerhard Richters und seine Verunsicherung über die gegensätzliche Deutung Benjamin Buchlohs wirft jedoch nicht nur die Frage nach den paradoxen sprachlichen Äusserungen des Künstlers auf, sondern ebenso die nach der Bildsprache, welche ein solch dialektisches Verständnis der Werke ermöglicht. Entsprechend muss auch dargelegt werden, inwiefern die hier vorgestellte Lesart von Richters und Polkes Kunstbezügen als Referenzen auf kunsthistorische und gesellschaftliche Diskurse medial angelegt ist. Die Gegenüberstellung beispielhafter Werke wie Richters Philipp Wilhelm aus dem Jahr 1964 (Abb. 64) und Polkes Ruhe auf der Flucht nach Ägypten (nach Hoogstraten) von 1997 (Abb. 65) lässt noch einmal deutlich werden, wie der Bezug auf Gemälde der Kunstgeschichte bei beiden Künstlern über eine im Gemälde sichtbar gemachte Reproduktions-Vorlage geschieht. Sowohl Richter als auch Polke betonen und thematisieren medial die technische "Vermitteltheit" des künstlerischen Vorbildes:445 Wie alle 'figurativen' Gemälde Richters ist auch das Porträt des pfälzischen Kurfürsten Philipp Wilhelm in der üblichen Verwischung der Farbe wiedergegeben. Als eines der frühen Gemälde Richters ist es in Grautönen gehalten und erinnert so an eine unscharfe Schwarz-WeissFotografie. Nur schemenhaft stechen die hellen Partien der Darstellung wie Gesicht, Hände und Kragen aus dem diffusen Dunkel des Porträts hervor. Gesichtszüge und Kleidung des Porträtierten oder Details des Darstellungsraumes sind in der Farbverwischung kaum auszumachen. Klaus Honnef bemerkte bereits 1973, dass die Schwierigkeit der Wahrnehmung des Motivs durch Richters Unschärfe die Aufmerk- 445 Honnef 1997, S. 66-67 und Gronert 2002, S. 43. 119 samkeit des Betrachters auf die malerische Behandlung der Motive lenke. Das Bild werde somit als eigenständige Wirklichkeit, als Ding begriffen.446 Michael Wetzel bezeichnet diesen Vorgang als "Oszillieren zwischen dem indexikalischen und dem ikonischen Sinn der Bilder",447 und auch Wolfgang Ullrich, der die "Geschichte der Unschärfe" vom frühen 19. Jahrhundert bis in die Gegenwart untersucht, kommt zu dem Schluss, dass die Verschleierung des Sujets bei Richter als Bildstörung wirke und damit die Wahrnehmung der Medialität des Bildes unvermeidbar mache.448 Eben diese Tatsache wurde hier bereits im Zusammenhang mit Richters Paraphrase auf Tizians Verkündigung als Betonung der 'ikonischen Differenz' beschrieben und mit Polkes Verwendung von Rasterpunkten parallelisiert.449 In Polkes Gemälde ist das Motiv der Ruhe auf der Flucht nach Ägypten (nach Hoogstraten), das auf eine Zeichnung von Ferdinand Boll zurückgeht, während es in der von Polke verwandten Reproduktion wohl Samuel van Hoogstraten zugeschrieben wurde,450 in grober und kaum noch entzifferbarer Rasterung auf ein durchscheinendes, von Lacken getränktes Polyestergewebe übertragen. Möglicherweise 446 447 448 449 450 Honnef 1997, S. 66-67. – Dies hinderte jedoch Robert Storr nicht daran, in seinem ausführlichen Essay des Katalogs zur amerikanischen Retrospektive Richters 2002/03, die Verwischung der Farbe themenspezifisch zu deuten, da sie keinesfalls immer die gleiche Wirkung erzeuge, Storr 2002a; zur Problematik jener Deutungen vgl. Gelshorn 2003, S. 116-117. Wetzel 1997, S. 209. Ullrich 2002, S. 101. Stefan Gronert lieferte kürzlich für diese Parallelisierung einen weiteren Beleg, indem er in einigen Offsetdrucken Richters eine zu Polke analoge Beschäftigung mit Rasterpunkten oder –linien entdeckte, vgl. Gronert 2002, S. 43. Die im Kunstmuseum Düsseldorf befindliche Zeichnung Ruhe auf der Flucht nach Ägypten wird von Werner Sumowski Ferdinand Boll zugeschrieben, Sumowski 1979, Bd. 1, S. 454, Nr. 215: "Rest on the Flight to Egypt, Pen and brown ink and brown washes, Oil spots 12,9 x 20,2 cm, Düsseldorf, Kunstmuseum". - Der Eintrag weist jedoch daraufhin, dass die Zeichnung von Eckhard Schaar noch Samuel Van Hoogstraten zugeschrieben und entsprechend als solche in Ausstellungen in Essen 1958 und Düsseldorf 1968 und 1969/70 präsentiert wurde. – Der Düsseldorfer Ausstellungskatalog könnte entsprechend Polkes Quelle gewesen sein: Schaar 1968, S. 26, Nr. 53, Abb. 34. – Aufgrund der Rasterung des Motivs in seinem Gemälde, kann aber auch vermutet werden, dass die direkte Vorlage in einer Zeitung reproduziert war. 120 haben Polke die auffälligen Ölflecken auf dem Original, welche auch von Werner Sumowski erwähnt werden, gerade auf diese Zeichnung aufmerksam gemacht und zu seiner ebenfalls 'fleckigen' Umsetzung angeregt.451 Die Ölflecken selbst werden bei Polke jedoch in die Rasterdarstellung übernommen und sind somit bei ihm vom dargestellten Motiv nicht mehr zu unterscheiden, was das (Wieder)Erkennen des Sujets umso mehr erschwert. Die gezielte Irritation der Bild-Lektüre durch jene 'Bildstörung' lenkt ebenso wie Richters Unschärfe die Wahrnehmung vom dargestellten Motiv auf das Medium der Vorlage, nämlich die reproduzierte Zeichnung. Indem die Faktur zum eigentlichen Thema wird, sabotiert sie den Illusionismus452 und nähert sich im 'all-over' der Punkte einer abstrakten Darstellung an. Bereits auf medialer Ebene manifestiert sich somit unabhängig vom Sujet der Bilder der bereits erörterte ambivalente Kommentar der Künstler zur zeitgenössischen Diskussion um die visuellen Ausdrucksmittel zwischen 'Abstraktion' und 'Figuration'. Der Verweis auf eine Bildvorlage aus den Massenmedien geschieht aber, wie das Beispiel von Richters Porträt zeigt, nicht nur durch die Einführung von Unschärfe oder Rasterpunkten, sondern in einigen Fällen ebenso durch eine Übernahme von Schriftelementen und oftmals durch die in die Gemälde übertragenen weissen Rahmungen der Vorbilder. Während der weisse Rahmen in Philipp Wilhelm signalisiert, dass Richters Gemälde kein authentisches Porträt ist, sondern ein bereits reproduziertes Bild wiederholt, ist die weisse Rahmung etwa in Polkes Carl André in Delft (Abb. 36) das entscheidende Mittel, dem als Readymade verwendeten Stoff mit Kachelmuster überhaupt erst eine bildliche Erscheinung zu verleihen.453 In beiden Fällen steht die Rahmung für ein grundle- 451 452 453 Für diese Anregung und die grosse Hilfe bei der Identifikation der Zeichnung Ferdinand Bolls danke ich Gregor J. M. Weber (Staatliche Kunstsammlungen Dresden, Gemäldegalerie Alte Meister). Vgl. Ullrich 2002, S. 101. Stefan Gronert macht in seinem Artikel "Die Bildlichkeit des Abbildes" eine Aufstellung der Gemälde Richters, die einen weissen Rand aufweisen, Gronert 2002, S. 41. 121 gendes Element der mechanischen Reproduktion, welches in die Malerei transferiert wird, wo es als medialer 'Fremdkörper' ins Auge sticht.454 Der Theaterwissenschaftler Christopher B. Balme beschreibt die Kategorie der Rahmung als "Bestimmungsfaktor medialer Reflexivität".455 Durch einen in der Darstellung integrierten Rahmen werde sich der Betrachter seines Betrachtens bewusst, wodurch sich ein Denk- und Reflexionsraum eröffne. Nach Balme bedeutet Reflexion über Medialität, dass der Kommunikationsprozess zwischen Produktion und Rezeption in den Vordergrund tritt.456 Die in den weissen Rand gemalte Schrift, welche den jeweiligen Schrifttyp der verwendeten Vorlage in Massstab und Form exakt imitiert, kann ebenso als mediale Reflexion und als Verweis auf die Vorlage verstanden werden, wenn sie auch bei beiden Künstlern funktional sehr unterschiedlich eingesetzt wird. Entscheidend ist, dass Richter und Polke ihre künstlerischen Vorbilder in bereits reproduzierter Form aufgreifen, indem sie den spezifischen Code und die typischen Eigenschaften des jeweiligen Reproduktionsmediums malerisch imitieren. Insofern liegt den 'intramedialen' Bezügen zwischen Vor- und Nachbildern innerhalb der Malerei zusätzlich eine 'intermediale' Ebene, zwischen Malerei und Fotografie, zugrunde. Richters und Polkes Wiederholungen können daher mit Bezug auf Irina O. Rajewskys Theorie der Intermedialität als "intermediale Bezüge" charakterisiert werden: Dabei imitiert die Malerei als Objektmedium ein Referenzmedium wie die Fotografie oder deren gedruckte Reproduktion in ihrer medienspezifischen Struktur.457 Die malerische Simulation von Ele- 454 455 456 457 Zudem wird durch die Integration der Rahmung in das Gemälde selbst, ein zum Bild eigentlich "antithetisches" Element, nämlich die Trennlinie zwischen Bild- und Aussenraum in die Darstellung selbst mit einbezogen; zum Rahmen und seinem kunstwissenschaftlichen Diskurs vgl. Belting/Kruse 1994, S. 5-35, 38. Balme 2001. Balme 2001, S. 490. Rajewsky definiert den Begriff "Intermedialität" als "termine ombrellon(ne)" und unterscheidet drei verschiedene Gegenstandsbereiche: 1. die "Medienkombination" als Multimedialität, in der verschiedene Kunst- oder Mediengattungen materiell kombiniert werden; 2. den "Medienwechsel" als Transformation eines medienspezifisch fixierten Pro- 122 menten wie Unschärfe, Rasterpunkten, Beschriftung oder weissen Rändern, die konventionell als von der Malerei distinkt wahrgenommen werden, führt dazu, dass das "kontaktgebende" Medienprodukt, etwa das Bild aus den Massenmedien oder der Amateurfotografie, in seiner Differenz oder Äquivalenz zum Gemälde mit rezipiert wird. Die Gemälde zeichnen sich entsprechend durch ihren "'Als ob'-Charakter" eines quasi 'fotografischen' oder 'druckgrafischen' Malens aus. Dabei machen beide Künstler sowohl Einzelreferenzen auf die jeweilige spezifische Vorlage, als auch so genannte Systemreferenzen auf das imitierte semiotische System.458 Wollte man diese Systemreferenzen genauer benennen, so wären Richters 'Fotomalerei' und Polkes 'Rasterbilder' mit Rajewsky als "simulierende Systemerwähnungen", also als "Systemerwähnung qua Transposition" zu umschreiben.459 Dies bedeutet, dass die Ähnlichkeitsbeziehung zwischen gemaltem und fotografischem bzw. gedrucktem Bild diskursiv, also innerhalb der Struktur des Gemäldes her- 458 459 dukts bzw. Produktsubstrats in ein anderes, konventionell als distinkt wahrgenommenes Medium, wobei nur letzteres medial präsent ist; der sichtbare Bezug zum Prätext bleibt dabei fakultativ; der Zieltext muss nicht notwendigerweise auf die 'Quelle' des Ausgangstextes verweisen; und 3. die "intermedialen Bezüge", ein Verfahren der Bedeutungskonstitution eines medialen Produkts durch Bezugnahme auf ein Produkt (= Einzelreferenz) oder das semiotische System (= Systemreferenz) eines konventionell als distinkt wahrgenommenen Mediums mit den dem kontaktnehmenden Medium eigenen Mitteln; wie beim "Medienwechsel" ist nur letzteres materiell präsent; es werden jedoch Elemente und/oder Strukturen eines anderen Mediums mit den eigenen, medienspezifischen Mitteln thematisiert, simuliert, oder soweit möglich, reproduziert; Rajewsky 2002, bes. S. 6-27. – Rajewsky weist selbst darauf hin, dass die Begrifflichkeit in den Theorien zu intermedialen Phänomene sehr heterogen ist; die von Rajewsky entwickelten Definitionen der Begriffe erweisen sich jedoch in Bezug auf die Verfahren von Richter und Polke als sehr dienlich. Vgl. dazu Rajewsky 2002, S. 79-145. Rajewsky 2002, S. 83-117: Rajewsky unterscheidet auf der Grundlage anderer Intertextualitäts- und Intermedialitätskonzepte zwischen zwei grundlegenden Arten der "Systemreferenz": der "Systemerwähnung" und der "Systemkontamination", in der das Bezugsmedium soweit als möglich aktualisiert wird. Die Systemerwähnung wiederum teilt sich in die "explizite Systemerwähnung" und jene "qua Transposition". Letztere beruht auf einer Evokation, Simulation oder Teilreproduktion des Mediums, auf das Bezug genommen wird. – Richters und Polkes intermediale Bezüge auf Fotografie und Printmedien müssen insofern als Simulationen jener Medien beschrieben werden; eine weitgehende "Aktualisierung" der Bezugsmedien wie in der "Systemkontamination" liegt hingegen nicht vor, da die Malerei Unschärfe, Rasterpunkte und etwa Schreibmaschinentype lediglich imitieren kann. 123 gestellt wird, ohne explizit "erwähnt" werden zu müssen.460 Bedingung ist dabei, dass die intermediale Bezugnahme entsprechend markiert wird.461 Die Referenz auf fremdmediale Systeme geschieht bei beiden Künstlern jedoch meist, indem gerade die Grenzen des jeweiligen Systems in Form der erwähnten 'Bildstörungen' durch Unschärfe oder zu grosse Rasterweite vor Augen geführt werden. In der Übersteigerung des systemtypischen Kodes wird somit die systembezogene Illusion sogleich wieder gebrochen.462 Statt, wie etwa die so genannten Fotorealisten, die malerische Imitation des fremden Mediums in ihrer Perfektion vorzuführen, erweist sich bei Richter und Polke die 'Illusion des Fremdmedialen' absichtlich fehlerhaft. Das ästhetische Verfahren der "Illusionsbildung", wird hier also zugleich in seiner negativen Form, der "Illusionsdurchbrechung", vorgeführt.463 Letztere ist in der ästhetischen Illusion selbst potentiell enthalten und zielt durch Nichterfüllung eines oder mehrerer der illusionistischen Prinzipien auf die Aktualisierung der ästhetisch-rationalen Distanz. Dadurch betont die Illusionsbrechung den Fiktions- oder Artefaktcharakter des Werkes und bewirkt eine Ablenkung des Interesses von der dargestellten 'Welt' hin zu einer Medienreflexion.464 Für die Literaturwissenschaft spricht Werner Wolf auch von illusionsdurchbrechenden Verfahren, die den discours "opak" werden lassen,465 was sich direkt mit dem hier verwendeten Begriff der Opazität des Bildes und der Betonung der "ikonischen Differenz" gleichsetzen liesse.466 Abgesehen davon, dass die intermedialen Bezüge das Augenmerk des Betrachters geradezu wortwörtlich auf die Medialität der Bil- 460 461 462 463 464 465 466 Vgl. Rajewsky 2002, S. 91. Vgl. Rajewsky 2002, S. 115, 200. Nach Wolfgang Ullrich malt Richter "idealisierte Fotos", wenn er den fotografischen Charakter noch verstärke und die Effekte isoliere, Ullrich 2002, S. 100. Zu den Termini "Illusionsbildung" und "Illusionsdurchbrechung", vgl. Wolf 1993, bes. Teil I, S. 21-465, und Wolf 1998. Wolf 1993, bes. S. 211-213. Wolf 1998. Vgl. Kapitel "Richters Verkündigung nach Tizian". 124 der und ihre Funktionsweisen lenken, kann die deutliche Markierung des intermedialen Bezugs, etwa in weissen Rändern, auch als expliziter Rückverweis auf die Quelle in Entsprechung zu den Anführungszeichen eines sprachlichen Zitats gedeutet werden. Leo Steinberg hatte eben diese Fähigkeit, "to credit its source", der bildlichen Bezugnahme in seiner Einleitung zum Ausstellungskatalog Art About Art noch abgesprochen und damit den Begriff des 'Zitats' für die Kunst verworfen: "[…] there is no place in Renaissance pictures for footnotes, credit lines, or quotation marks […] and if quotation by definition requires acknowledgement, then the word had best stay out of art."467 Auch Nelson Goodman sprach in Ways of Worldmaking der Malerei aufgrund ihrer Einmaligkeit die Möglichkeit des direkten Zitats ab: "Da es für Malen und Zeichnen kein Alphabet gibt und kein Notationskriterium für die Selbigkeit der Buchstabenfolge, hat das direkte sprachliche Zitat kein exaktes Analogon in der Malerei." Die einzige Möglichkeit, ein Zitat entsprechend der Sprache in die Malerei zu übertragen, sei "ein gemalter Rahmen als Analogon" für die Anführungszeichen.468 Es soll hier nicht darum gehen, den Begriff des 'Zitats' für die Wiederholungen Richters und Polkes zu beanspruchen, da er eben nur in Ausnahmefällen zutrifft. Entscheidend ist vielmehr die Feststellung, dass es beiden Künstlern durch verschiedene Mittel sehr wohl gelingt, die Quellen ihrer Bezugnahmen sicht- und erfahrbar zu machen und dadurch einen 'ungebrochenen' Blick auf die dargestellten Motive zu verhindern, zumindest aber zu verunsichern. Neben dem abgemalten Rahmen können dies auch andere Eigenschaften der verwendeten Reproduktions-Vorlagen wie Unschärfe, Rasterpunkte oder Imitationen von Schriftzügen sein. Das direkteste Beispiel für dieses Verfahren liefert Polkes Gemälde Fungus Rock nach dem Original von George Whitmore aus der 1. Hälfte des 19. Jahrhunderts (Abb. 66). Polke hatte eine Reproduktion des O- 467 468 Steinberg 1978, S. 22-23. – vgl. auch Goodman 1978, 1990, S. 65-68 . Goodman 1990, S. 66-68. 125 riginals in einer Werbeanzeige der ZEIT gefunden, in welcher die Kunstreproduktion bereits mit einem skizzierten Rahmen versehen war und übertrug diese als 'Bild im Bild' in sein Gemälde, wobei er den skizzierten Rahmen perspektivisch schräg stellte.469 Die widersprüchliche Perspektivität der frontalen Reproduktion auf gemustertem Stoffgrund in Kombination mit dem schräg gestellten Rahmen thematisiert dabei offenbar die immer neuen Blickwinkel, denen das Bild in seinen wiederholten Verwendungen ausgesetzt ist. Richters und Polkes Wiederholungen lenken somit den Fokus nicht nur auf ihren eigenen Status als mediale Übermittler, sondern thematisieren zugleich denjenigen des aufgegriffenen Vorbildes. Entscheidend ist dabei Michael Butors Feststellung in seiner Untersuchung Les Mots dans la Peinture von 1969: "Wir sehen Bilder nie für sich allein, unser Sehen ist nie reines Sehen. Wir hören von den Bildern, wir lesen Kunstkritiken, unser Blick ist umgeben und vorbereitet durch einen ganzen Hof von Kommentaren, selbst bei den neuesten Werken."470 In der expliziten und markierten Wiederholung eines bestehenden Kunstwerks oder auch einer Kategorie von Bild kann das Nachbild sich somit die zum Vorbild gehörenden gesellschaftlichen und kunsthistorischen Diskurse gleich mit aneignen und für den Betrachter erkennbar machen. 2. Doppelte Zitate Das intermediale Bezugssystem, welches Richters und Polkes Strategie der Wiederholung kennzeichnet, entspricht der von Boris Groys in Bezug auf das postmoderne Gemälde entwickelten Formel vom "doppelten Zitat": Das zeitgenössische Bild verweise gemeinhin auf eine klassische Vorlage, ein noch "unkritisch" verstandenes Bild, und zugleich auf das anonyme Design, das die Produktion von Massenverbrauchsgütern oder die Massenmedien kennzeichne. 469 470 Vgl. zu einer detaillierten Beschreibung des Verfahrens Shah 2002b, S. 80-85. Butor 1992, S. 9. 126 Dieses doppelte Zitat unterscheide sich von der ursprünglichen Technik des Readymade, welche noch unmittelbar mit der Massenproduktion arbeite und diese direkt ästhetisiere. Im Gegensatz dazu sieht Groys die Funktion des zeitgenössischen Bildes nur noch in der Aufdeckung des eigenen dinglichen Charakters und dem Verweis auf einen Kontext innerhalb bestimmter Zeichensysteme, nicht jedoch mehr auf einen Referenten.471 Obwohl diese Formulierung in ihrer Verallgemeinerung zu ausschliesslich erscheint, trifft sie bezüglich der Gemälde Richters und Polkes genau zu. Gemeinhin wird Richters und Polkes Bezug auf die Massenmedien als Thematisierung einer "Vermitteltheit" der Realität gedeutet, die sich – vor allem in Bezug auf Richter – im grundlegenden Zweifel "an jeglicher definitiven Wirklichkeitserfahrung"472 oder an der "Erkenntnismöglichkeit jedweder Bildform" begründe.473 Gemäss Hubertus Butin erkundet Richter "die Nichtdarstellbarkeit, das Nichthabhaftwerdenkönnen der Wirklichkeit auf immer neuen künstlerischen und sinnlich vielfältigen Wegen".474 In ähnlichem Sinne schreibt Benjamin Buchloh beiden Künstlern eine dialektische Haltung zu einer Realität zu, "die ihre falschen Ansprüche auf Glaubwürdigkeit, Gültigkeit und Unveränderbarkeit" unausgesetzt in Bildern vortrage. Die dialektische Position der Künstler werde in der malerisch-technischen Umsetzung von Fotos als Wirklichkeitsfragmenten in Bildrealität aus verwischter Farbe oder gemalten Punkten evident.475 Den Arbeiten der Künstler wird somit ein kulturskeptischer, wenn nicht gar kulturpessimistischer Impetus zugeschrieben – eine Deutung, die vor dem Hintergrund der noch andauernden Rede um eine von der Bilderflut verstellte Wirklichkeit und den Verlust eines unmittelbaren Zugangs zur Welt gesehen werden muss. Diese 471 472 473 474 475 Groys 1991, S. 99. Honnef 1997, S. 67. Gronert 2002, S. 43; vgl. auch z.B. Storr 2002a, S. 18. – Auch Polke wird gerne als "Zweifler" und "Skeptiker" betitelt, vgl. etwa Denson 1991. Butin 1991, S. 28. Buchloh 1976, S. 138-139. 127 Auffassung von Bildern als Surrogaten authentischen Erlebens, welche in immer neuen Variationen etwa in Guy Debords Diagnose einer "Gesellschaft des Spektakels",476 Jean Baudrillards Theorie der Simulation477 oder in Vilém Flussers Formel von Bildern als "Wandschirmen" Ausdruck gefunden hat,478 wird somit auch der künstlerischen Praxis Richters und Polkes als Intention unterstellt.479 Craig Owens behauptet etwa, der postmoderne Künstler demonstriere, dass die Realität eine Fiktion sei, welche nur durch ihre kulturellen Repräsentationen bestehe.480 Dabei erweist sich die mit der Ausrufung eines ikonischen Zeitalters einhergehende Widersprüchlichkeit von einer Abwertung des Bildes als manipulierbarer Instanz einerseits, und einer dazu komplementären "Euphorie der Sichtbarkeit" andererseits, welche den Bildern zugleich eine umwälzende Macht – hier im Sinne einer künstlerischen Reflexion ihrer ontologischen Situation - zuschreibt.481 Umso widersprüchlicher erscheint, dass nach Boris Groys gerade die Skeptiker der Bildgesellschaft, insbesondere Jean Baudrillard, in der künstlerischen Strategie der Wiederholung den Verfall des subjektiven künstlerischen Ausdrucks und ein Scheitern jeglicher signifikativen Verankerung der Bilder sehen.482 Insofern werden Richter und Polke in der Rezeption einerseits zu Botschaftern oder Vertretern eines Kulturpessimismus ernannt und andererseits angesichts der vermeintlichen künstlerischen Niederlage gegen die mediale Bilderflut selbst als Symptome jener Situation angeführt. 476 477 478 479 480 481 482 Vgl. Debord 1974. Baudrillard 1978; Baudrillard 1981; Baudrillard 1988. Flusser 1999. Eine Kritik der Behauptung, der Mensch sei heutzutage stärker durch Bilder geprägt als es Menschen zu früheren Zeiten waren, findet sich etwa bei Silverman 1997, S. 41. Owens 1982, S. 21. Vgl. zur Benennung dieses Widerspruchs Holert 2000, S. 18-19; zur Ausrufung einer "ikonischen Wende" bzw. des "iconic" oder "pictorial turn" vgl. Boehm 1994, Mitchell 1994, S. 11-34, dt. Mitchell 1997; eine Kritik jener Diagnosen von Paradigmenwechseln findet sich bei Schade 2001. Groys 2001, S. 179-180. 128 Da die Wiederholungen von Bildern jedoch weder bei Richter noch bei Polke redundant oder insignifikant erscheinen, sondern vielmehr in ein neues Referenzsystem überführt werden, wird hier von einer medienkritischen Lesart der Verweise abgesehen. Die Rückgriffe auf Kunstwerke über die 'Zwischenstation' von Reproduktionsvorlagen aus den Massenmedien können dagegen auch ganz wörtlich als Suche nach verschiedenen Bildarten in ihren jeweiligen gesellschaftlichen Verwendungen und Konnotationen, verstanden werden.483 Diese These bezüglich der Funktion einer doppelten Kodierung der Gemälde lässt sich in Bezug auf Richter am Beispiel der Familie nach altem Meister (Abb. 67) von 1965 verdeutlichen: Wie später bei der Serie nach Tizians Verkündigung ging Richter auch hier von einer Reproduktion des Kunstwerks aus, und zwar nach John Singleton Copleys Porträt The Copley Family von 1776/77(Abb. 68).484 Er kopierte die schwarz-weisse Vorlage, indem er sie auf 4/5 x 2/3 des Originalmasses verkleinerte, die Ränder des Vorbildes leicht beschnitt und durch die starke Verwischung der Farbe die scheinbar 'fotografische' Unschärfe einführte. Die Frage nach Richters konkretem Grund für die Motivwahl ist nur mit Vermutungen zu beantworten: Zwar liesse sich eine biografische Parallele ziehen zwischen der 1774/75 von Boston nach London ins Exil gegangenen Familie Copley485 und Richters Flucht aus der DDR in den Westen, doch sprechen gegen diesen biografischen Ansatz der fehlende Verweis auf Copley im Bildtitel und die in der Unschärfe gestörte Identifikationsmöglichkeit des Originals.486 483 484 485 486 Wie Oskar Bätschmann bemerkt, beinhaltet der Begriff 'Bildarten' im Gegensatz zu 'Stilen' die Aufgaben und Funktionen, Bätschmann 1998, S. 32. In der Literatur zu Gerhard Richter finden sich keine Hinweise über das originale Kunstwerk, welches in Richters Titel nicht genannt wird. Den Verweis auf die Vorlage Copleys verdanke ich Oskar Bätschmann. Vgl. Neff 1996, S. 92. In einem Telefongespräch mit der Verfasserin vom 26. März 2001 behauptete Gerhard Richter, er habe nicht einmal gewusst, dass es sich bei der aus einer Zeitung entnommenen Vorlage um ein Werk Copleys gehandelt habe. 129 Eine Kontextualisierung des Gemäldes in Richters Gesamtwerk erlaubt eine andere These bezüglich der Gründe für den künstlerischen Rückgriff: Die schwarz-weisse Reproduktion von Copleys Porträt, die Richter einer Zeitschrift entnommen hat, findet sich in der Vorlagensammlung des Atlas' auf Tafel 9 inmitten verschiedenster gesammelter Fotografien und Zeitungsbilder (Abb. 69). Darunter lassen sich neben der Copley-Reproduktion fünf weitere frontale Gruppenporträts von Personen in verschiedenen Lebenslagen ausmachen, während die Atlas-Tafeln 1, 2, 3 und 6 sogar ausschliesslich private Porträtfotografien zusammenstellen, von denen einige in Bildausschnitt und Personenanordnung dem Familienporträt Copleys ähneln.487 Untersucht man den aus diesem Fundus entstandenen Werkkatalog der Gemälde Richters, so zeigt sich, dass der Bildtyp einer frontal dargestellten Familie äusserst häufig erscheint, abgesehen von den zahlreichen weiteren frontalen Gruppenporträts von Partybesuchern, Krankenschwestern und sonstigen Personen. Besonders aber das Familienporträt als Inbegriff eines an gesellschaftliche Rituale gebundenen Erzeugnisses scheint Richter als Bildform interessiert zu haben.488 So beobachtet auch Stefan Gronert in einer detailgenauen Einzelanalyse des Gemäldes Familie am Meer: "Obwohl es sich realiter um keine wirkliche Familie handelte, zeigt dies, dass es Richter hier nicht um Authentizität, sondern um das typische einer Familiendarstellung ging."489 Der Rückbezug auf das Familienporträt Copleys steht am Beginn der malerischen Auseinandersetzung Richters mit diesem Bildtyp und scheint für ihn eine paradigmatische Rolle einzunehmen. Dieses Musterbeispiel greift Richter immer wieder auf, imitiert es aber anhand von Laienfotografien, deren Komposition er 1:1 in seine Gemälde übersetzt. 487 488 489 Vgl. die genannten Tafeln in Friedel/Wilmes 1997. Zu Familienporträts mit dem Titel 'Familie XY' vgl. die Werknummern 30, 35, 40, 80-8, 105, 117, 197-2, 295, 302. Zahlreiche weitere Gemälde dieses Typs sind mit den Namen der Dargestellten betitelt, oder mit Bezeichnungen wie "Geschwister", "Scheich mit Frau" u.ä. versehen. – Zum rituellen Charakter der Familienfotografie vgl. Bourdieu 1981b, S. 31-32. Gronert 2002, S. 45. 130 Dass die Fotografie als Medium auf die Darstellungsmodi der Malerei zurückgreift, ist ein Topos, welcher die Geschichte und Theorie der Fotografie immer begleitet hat. So weist auch Roland Barthes in La chambre claire darauf hin, dass die Fotografie noch immer "vom Gespenst der Malerei" heimgesucht werde: "sie hat die Malerei, indem sie diese kopierte oder in Frage stellte, zur absoluten, zur väterlichen Referenz gemacht, so als wäre sie aus dem Gemälde hervorgegangen."490 Richters doppelte Bezugnahmen auf Kunst und Fotografie gehen jedoch über die Erkenntnis hinaus, dass die Fotografie "de[n] gleiche[n] Ausschnitt, die gleiche Perspektive"491 zeigt wie das Gemälde. Sein Vorgehen kann eher als künstlerische Auseinandersetzung mit einem 'kulturellen Blickregime' einerseits und den daraus resultierenden Bildformen und ihren gesellschaftlichen Funktionen andererseits verstanden werden. In zeitgenössischer Entsprechung dazu liesse sich etwa Pierre Bourdieus soziologische Untersuchung Die gesellschaftliche Definition der Fotografie als Erklärungsmodell heranziehen. Bourdieu geht davon aus, dass die "herkömmliche Ordnung des Sichtbaren" die gesamte Tradition der Malerei und die gesamte Wahrnehmung der Welt beherrsche. Ebenso wie die Malerei sei auch die Fotografie in der gängigen Praxis den Kategorien und Regeln der traditionellen Weltdeutung und damit den traditionellen Sichtbarkeitsordnungen unterworfen.492 In der Konsequenz bezeichnet Bourdieu die Fotografie als "eine Kunst, die die Kunst nachahmt":493 "In aller Regel erfassen die Photografen die Welt mit der Kamera so, wie sie diese sehen, d.h. nach der Logik eines Weltbildes, das seine Kategorien und Regeln der Kunst der Vergangenheit entlehnt."494 490 491 492 493 494 Barthes 1989, S. 13. – Dabei wehrt sich Barthes zugleich vehement gegen die Vorstellung, die Maler hätten die Fotografie erfunden "indem sie den Ausschnitt, die Zentralperspektive Albertis und die Optik der camera obscura auf sie übertrugen". Die Erfindung der Fotografie geht für Barthes vielmehr auf die Chemiker zurück, welchen es gelang eine "Emanation des Referenten" einzufangen, Barthes 1989, S. 90. Barthes 1989, S. 13. Bourdieu 1981a, S. 88. Bourdieu 1981a, S. 85. Bourdieu 1981a, S. 87-88. 131 Diese an sich banale Feststellung eines traditionell geprägten Blicks ist bei Bourdieu aber grundlegend für sein Verständnis der unterschiedlichen Gebrauchsweisen von Fotografie sowie für die geschmacklichen Vorlieben und Erwartungen in den einzelnen Gesellschaftsschichten, welche er soziologisch untersucht. Richters Beschäftigung mit der Tradition der Malerei scheint durch ihren sichtbar gemachten Rückgriff auf fotografische Vorlagen ganz ähnlichen Beobachtungen zu folgen. Seine Erprobung der Bildgattung des Familienporträts könnte entsprechend dem Ansatz Bourdieus als Reflexion darüber verstanden werden, weshalb die Porträtfotografie ihre Regeln des Bildaufbaus oft ganz den Kompositionsregeln der traditionellen Malerei angleiche: "In der Sprache aller Ästhetiken bedeutet Frontalität das Ewige, im Gegensatz zur Tiefe, aus der die Vergangenheit wieder eingeführt wird, und die Ebene signalisiert das Wesen oder die Essenz, kurz das Zeitlose. So übernehmen die Bauern, die für das Hochzeitsfoto posieren, das Kompositionsprinzip und die Haltung der Figuren auf byzantinischen Mosaiken und verteidigen sich auf diese Weise gegen die Macht der Fotografie, die Wirklichkeit aufzulösen […]."495 Entscheidend ist dabei, dass Richters Wiederauffindung kompositorischer Muster der Malerei in den zeitgenössischen Fotografien weniger als Ausdruck eines Paragone der Bildmedien zu verstehen ist, sondern vielmehr als Aufdeckung der gesellschaftlichen Konnotationen wie etwa einem "Ewigkeitswert", welchen die Familienfotografie genauso zu übermitteln versucht wie das traditionelle gemalte Porträt. Die bildliche Reflexion führt dabei auf 495 Bourdieu 1981a, S. 87-88. – Hierin klingt zugleich die Idee an, nach welcher der Mensch derart vom Blickregime geprägt ist, dass sein Körper in dem Moment, wo er mit einer realen oder metaphorischen Kamera konfrontiert wird, sich so in "Pose" setzt, dass er bereits zu einem 'vor-fotografischen' Bild erstarrt; vgl. dazu z.B. Owens 1992d. Sowohl Owens als auch Kaja Silverman beschreiben dabei die fotografische Pose im Zusammenhang mit Jacques Lacans Phänomen der "Mimikry" bzw. des "Flecks"; vgl. Silverman 1997, S. 46-50, und Silverman 1996, S. 200216. – Dass das Posieren auch auf nicht-menschliche Kategorien übertragen werden kann, zeigt sich etwa in Siegfried Kracauers Formulierung von der Welt, die sich "ein Photografiergesicht zugelegt" hat, vgl. Kracauer 1999, S. 109. 132 künstlerischer Ebene vor Augen, was Gottfried Boehm für das Verhältnis von Medium und Bild theoretisch formuliert: Nicht ein vorhandenes Medium führt zu bestimmten Bildwerken, sondern, umgekehrt, ein bestimmtes, historisch konditioniertes Hervorbringungsinteresse determiniert das Medium.496 Dass dabei gewisse Bildformeln auch unabhängig vom Medium wirksam bleiben, demonstriert Richter in seiner seriellen Auseinandersetzung mit dem Familienporträt. Insofern steht nicht die jeweilige Familie als äusserer Referent im Zentrum des Interesses, sondern die Blosslegung von Eigenschaften, Inszenierungen und Funktionen vorgefundener Bilder, sowohl in der Kunst als auch in der Laienfotografie.497 In einem weiteren Schritt erarbeitet sich Richter jene Modelle anhand eigener Fotografien, welche Entsprechungen jener Bildformeln in der 'Natur' gezielt suchen und dann ebenso in die Malerei übertragen.498 Eine in der Wochenzeitung DIE ZEIT erschienene, vom Künstler Thomas Struth gemachte Fotografie der Familie Richters anlässlich seines 70. Geburtstages kann wie die ironische Bestätigung dieser These gelesen werden (Abb. 70): Richter wird hier mit seiner Familie für den Fotografen in zeitgenössischer Entsprechung zu Copleys Porträt der Künstlerfamilie und den im Atlas gesammelten Erinnerungsfotos präsentiert.499 In einem demonstrativen Spiel mit den Bildmedien erscheint die Fotografie der Familie damit als Rückverwandlung von Richters Gemälden in die von ihm verwendete fotografische Bildvorlage. 496 497 498 499 Boehm 1999S. 168. Vgl. hierzu Peter Osbornes Analyse von Richters "photo-paintings" als "interrogation of the photograph as a cultural form": "Photo-painting acts to add a moment of cognitive reflection, of historical and representational self-consciousness, to the experience of the photographic image", Osborne 1992, S. 107. In den Stillleben mit Kerzen, Totenschädeln, Äpfeln und Flaschen werden die Gegenstände allerdings nicht vorgefunden, sondern für die Fotografie arrangiert, vgl. dazu Zweite 1989, S. 15-16. Dass dabei im Hintergrund an der Wand ein von Richter selbst gemalter Totenschädel erscheint, ist wohl nicht als Zufall zu werten, sondern vielmehr in Anlehnung an Memento mori Darstellungen in Künstlerporträts zu verstehen. 133 Die Kunstwerke erhalten in diesem Verfahren keineswegs den Status bedeutungsloser 'Fundstücke', sondern bilden vielmehr die Muster, um sich 'ein Bild zu machen'.500 Dass sich dies ebenso an Richters Landschaften, Stillleben, Akten oder Einzelporträts nachvollziehen lässt, wurde bereits im Zusammenhang mit Richters Revision der Bildkategorisierung in Gattungen angedeutet.501 Eben an dieser Stelle wurde auch festgestellt, dass Sigmar Polke in seiner Malerei zwar ebenfalls verschiedene Gattungen aufgreift, dabei jedoch keinesfalls mit der Richter'schen Systematik vorgeht. In diesem Sinne unterscheidet sich auch der doppelte Verweischarakter von Polkes Gemälden von demjenigen Richters. Was sich bei Richter als Suche nach einer Tradition von visuellen Analogien gestaltet, wird bei Polke zu einer Demonstration von Brüchen oder enigmatischen Konfrontationen.502 Beispielhaft kann hierfür die 1988/89 entstandene Serie Polkes zur Französischen Revolution herangezogen werden, in welcher er vor allem auf Druckgrafiken der Revolutionszeit zurückgreift.503 Bei den Vorlagen handelt es sich bereits um traditionelle Massenkunst, welche Polke durch die malerische Wiederholung der Umrisslinien ins Gemälde überträgt oder gar in die übliche Rastertechnik transformiert und damit suggeriert, die Bilder entstammten aktuellen Massenmedien. Die Motive, welche Polke in seinem Zyklus aufgreift, sind keine wieder erkennbaren Meisterwerke, keine darstellerischen Paradigmen und keine Kompositionen, welche auf eine Sicht- 500 501 502 503 Damit soll die Formel des 'sich ein Bild Machens' genau die geschlechtsspezifische, kulturelle und auch technologische Positionierung des Blicks übermitteln, welche Tom Holert ihr im Rahmen seiner Beschäftigung mit "Visueller Kultur" zugewiesen hat, Holert 2000, S. 27-28. Vgl. Kapitel "Gattungen". Dabei muss hier Isabelle Graw Recht gegeben werden, die ab Beginn der neunziger Jahren eine Abnahme der subversiven Brüche und eine Zunahme ästhetischer Aspekte in Polkes Werk beobachtet, Graw 1993. Allerdings bezieht sie sich vorrangig auf die 'Schüttbilder', während hier die doppelt codierten Gemälde betrachtet werden. Anita Shah weist darauf hin, dass Polke die meisten Reproduktionen historischen Abhandlungen und vor allem einer populärwissenschaftlichen Publikation anlässlich der Zweihundertjahrfeier der Französischen Revolution entnommen habe, Shah 2002b, S. 15. Zur Identifikation der einzelnen Quellen vgl. auch Chevalier 2001. 134 barkeitsordnung verweisen. Auch ist der historische Moment meist ebenso wenig identifizierbar wie die Orte der dargestellten Szenen. Anstelle von Historienbildern präsentiert Polke oft makabre Einzelmotive, die er aus den Vorbildern isoliert und somit zu rätselhaften Ikonen eines geschichtlichen Bildgutes stilisiert. In der anachronistischen Kombination jener Ausschnitte mit billigen Dekorationsstoffen, Farbgüssen und lackgetränkten Leinwänden wird der Verweis auf das geschichtliche Ereignis zudem mehrfach gebrochen. Nicht die Historie als äusserer Referent wird damit überliefert, sondern die Vielschichtigkeit von unzusammenhängenden Bildern und Assoziationen, welche sich im Verlauf der Zeit dazu gebildet haben und welche in der Überlagerung der Materialien ihren geradezu wörtlichen Ausdruck finden. Die groteske Wirkung des synthetischen Verfahrens wird dadurch verstärkt, dass Polke mit der Druckgrafik auf ein Medium zurückgreift, das selbst bereits makabre und satirische Transformationen des geschichtlichen Ereignisses liefert.504 Dass die von Polke gewählten Ausschnitte als verschiebbare und sich überlagernde Grössen eines Bildkosmos zu verstehen sind, demonstriert er 1989 im Gemälde Monopoli (Abb. 71): Hier wurde neben anderen Stoffen ein Karnevalsstoff mit aufgedrucktem Brettspielzubehör wie Karten, Würfeln und Spielfiguren mit einem weissen Farbfleck übergossen, auf welchen verschiedenste Revolutionsmotive als gerasterte 'Bilder im Bild' gemalt sind. Es handelt sich bei jenen Bildern um die aus Polkes eigenen Gemälden des Zyklus' bekannten Versatzstücke, welche nun den Spielkarten und Würfeln gleich in planloser Ausrichtung auf dem Bildgrund verteilt sind. Somit führt Polke seinen eigenen Zyklus bereits demonstrativ jener Bilderwelt zu, in der sich historische Erinnerungen und kulturelle wie massenmediale Erzeugnisse in immer neuer (Un-)Sinnbildung überlagern. 504 Antia Shah spricht von einem "ambivalenten Moment", das die Vorlagen kennzeichne. Die Groteske werde damit zum entscheidenden bildnerischen Mittel, mit der das Urbild der Revolution demontiert werde, Shah 2002b, S. 146. 135 Dass in dieser scheinbaren Willkürlichkeit einzelne Bildmotive aber auch Symbolwirkung annehmen, wird in Rouleaux papier motifs Révolution ironisch vorgeführt (Abb. 72): Nicht die Druckgrafik der Revolutionszeit liefert Polke hier die Motive der Revolution, sondern ein Werbekatalog für die Ausstattung und Dekoration von Geschäften anlässlich des Jubiläumsjahrs der Revolution 1989.505 In den banalen Sinnbildern und Accessoires der Revolution findet Polke das "doppelte Zitat" quasi als Readymade vor: der gallische Hahn, eine Kreppblume in Nationalfarben und Geschenkpapier mit den Namen von Revolutionshelden und berühmten Zitaten sowie Fragmenten der tricolore symbolisieren formelhaft alles, was Frankreich mit der Revolution und seinem Nationalstolz verbindet. Polkes schlichte Wiederholung dieses bestehenden Bildrepertoires zur Darstellung des historischen Ereignisses erweist sich damit als Reflexion darüber, wie das Bild der Revolution durch das kulturelle Bildgedächtnis selbst bereits in trivialen Formeln demontiert wurde. 3. Kollektive Vorbilder Im November 1968 erging auf Initiative der Albrecht-DürerGesellschaft in Nürnberg an ausgewählte zeitgenössische Künstler die Einladung, sich anlässlich des bevorstehenden Dürer-Jahrs 1971 und einer geplanten Hommage-Ausstellung, mit Werken des Renaissance-Meisters auseinander zu setzen.506 Polke gehörte zwar nicht zu den aufgerufenen Künstlern, griff aber dennoch zwischen 1968 und 1994 in seinen inzwischen bekanntesten Kunst-Paraphrasen dreimal auf Albrecht Dürers Feldhasen aus der Wiener Albertina zurück.507 Die Werke Dürer-Hase, 1968, Gummibandbild Dürer-Hase, 1970, und Handtücher, 1994 (Abb. 73-75), thematisieren auf ähn- 505 506 507 Vgl. die Abbildung des Werbekatalogs in Chevalier 2001, S. 115. Den Künstlern wurde dabei freigestellt, ein Dürer-Motiv zu variieren, ein Dürer-Thema neu zu gestalten oder ihm eine thematisch passende Arbeit zu widmen, vgl. Berninger 2002, S. 23; vgl. auch Bongard/Mende 1971, S. 7. Zusätzlich entstanden 1991 anlässlich der XLII. Biennale in Venedig seine Dürer-Schleifen. 136 lich ironische Weise wie später das Gemälde Rouleaux papier motifs Révolution die Vermarktung und 'Vernutzung' eines nationalen Bildmotivs, wie sie sich nicht zuletzt auch in der Nürnberger Einladung zum Dürer-Jahr ausdrückt. Dass gerade Dürers Aquarell des Hasen zu den bekanntesten und beliebtesten Kunstwerken gehört, bewies eine grosse Umfrage der populären Kunstzeitschrift Art aus dem Jahr 1989, bei der Dürers Feldhase direkt hinter der Mona Lisa und Spitzwegs Der arme Poet zum "beliebtesten Kunstwerk der Deutschen" gewählt wurde (Abb. 76).508 Zweifellos entsprach dieses Ergebnis der Situation von 1968, als Polke in diesem Bewusstsein die Umrisse von Dürers Hasen einschliesslich seines Monogramms in schwarzer Farbe auf einen Dekorationsstoff malte.509 Der Umriss des beliebten Motivs wurde so zur Formel eines Kunstwerks, das zu jener Zeit bereits zwischen Kunst und Trivialität angesiedelt war.510 1970 steigerte Polke diese Andeutung, indem er die gleichen Umrisse mit Nägeln und einem Gummiband auf Stoff spannte. Die ursprünglich notwendige und fest komponierte Form wurde dadurch zu einem veränderlichen, im wahrsten Sinne des Wortes, dehnbaren Begriff.511 Was Polke in diesen Werken in parodistischer Manier andeutete, erreichte in Handtücher 1994 seinen Höhepunkt. Das Motiv des Kunstwerkes wurde nicht mehr vom Künstler auf Dekorationsstoff übertragen, sondern mutierte selbst zur Dekoration des Gebrauchsgegenstandes Küchenhandtuch. Diese Metamorphose vom Kunstobjekt zum dekorativen Element wurde dadurch unterstrichen, dass der Dürer'sche Hase mit einer Ente und diversen Trivialmotiven auf den anderen Handtüchern in einem Patchwork 508 509 510 511 Art-Umfrage 1989. In Düsseldorf war der Hase zudem durch die Aktionen von Joseph Beuys zu einem in jener Zeit sehr populären Motiv der Kunst geworden, vgl. z.B. Beuys' Aktion Wie man dem toten Hasen die Bilder erklärt am 26. November 1965, 20 Uhr, anlässlich der Eröffnung der Beuys-Ausstellung … irgend ein Strang in der Galerie Schmela in Düsseldorf. Vgl. Gabriel 1996, S. 86. Martin Hentschel weist darauf hin, dass das Bild dem Betrachter sogar die Möglichkeit offen lasse, seinen eigenen Dürerhasen zu kreieren, vor allem weil Polke durch sein Material auch auf die Gummibandbilder seines Zeitgenossen Dieter Roth verweise. Roth forderte in seinen Werken explizit zur Mitgestaltung des Kunstwerkes auf, Hentschel 1991, S. 301 und Hentschel 1997, S. 69. 137 gleichgesetzt wurde. Wieder fand Polke in diesem letzten der drei Werke das "doppelte Zitat" als Readymade vor: Nicht seine Malerei verweist in zweifachem Sinne auf ein Kunstwerk und auf die Massenmedien, sondern der Gegenstand der Massenkultur selbst greift auf ein Objekt der Kunstgeschichte zurück. Es scheint, als richte sich die Ironie Polkes hier weniger gegen Dürers Kunst als gegen deren 'Vernutzung' und damit gegen die Mechanismen der Kunstvermarktung und den Publikumsgeschmack. Ellen Heider stellt jedoch in Anlehnung an Martin Hentschels Dissertation von 1991 die These auf, Polke habe absichtlich ein Werk gewählt, dessen Ruhm in seiner illusionistischen Wirkung begründet liege. Seine Nachahmung sei als eine scharfsinnige ironische Bezugnahme auf die Mimesis zu verstehen, zu der sich die "dehnbare Vorstellung" der Gummiband-Version "oppositionär" verhalte.512 Was Polke allerdings vorrangig in den verschiedenen Versionen aufgreift, ist nicht das originale Vorbild des deutschen Renaissancekünstlers in seinen formalen Eigenschaften und historischen Erkenntnissen, sondern das gewandelte und entstellte Produkt, welches das globale Bildgedächtnis im Verlauf der Zeit hervorgebracht hat. Ulrike Berninger weist darauf hin, dass die stetig anwachsende Reproduktionsflut den Dürer-Hasen bis weit in die 1960er Jahre zu einem der beliebtesten Wandschmucke kleinbürgerlicher Haushalte gemacht und das Meisterwerk der Hochkunst damit, ungeachtet seines historischen Wertes, zum modischen 'Sofabild' degradiert habe.513 Dass gerade in den sechziger Jahren eine künstlerische Rezeption des Feldhasen rasant zunahm, ist offensichtlich als Reaktion auf diese kleinbürgerliche Verehrung des Kunstwerks und auf die gleichzeitige Zunahme von populären Mer- 512 513 Hentschel 1991, S. 300, und Heider 2000, S. 140. Vgl. Berninger 2002, S. 24. Auch Ellen Heider erwähnt, dass Tier- und Jagddarstellungen sogar bis in die siebziger Jahre zum beliebtesten Wandschmuck kleinbürgerlicher Haushalte gehörten, Heider 2000, S. 139. - Vgl. in diesem Zusammenhang auch Polkes Bild Reh (Dispersion auf Wolldecke, 90 x 75 cm, Udo und Anette Brandhorst), das Franz Marcs berühmtes Motiv in ähnlich parodistischer Weise wiedergibt, und Gerhard Richters Hirsch, 1963 (Werk-Nr. 7). 138 chandising-Artikeln zu verstehen.514 Dabei muss mitbedacht werden, dass die ideologische Vereinnahmung Dürers und seines 'Deutschtums' durch den Nationalsozialismus sein Werk für die Nachkriegszeit zusätzlich gebrandmarkt hatte und man sich nach 1945 erst langsam wieder um einen neuen Zugang bemühen konnte.515 Gerade diese Inbesitznahmen der Dürer'schen Kunst scheinen somit Anlass für die Künstler zu sein, sich wieder vermehrt auf Dürers Werk zu beziehen und die ihm anhaftenden Klischees aufzudecken. Die Versuche der Dürer-Gesellschaft sowie der Tourismusbranche, das Dürer-Bild anlässlich der Veranstaltungen zum Jubiläum 1971 durch eine Popularisierung und Aktualisierung neu zu verorten,516 fanden entsprechend ihre Spiegelung in der ästhetischen Trivialität der künstlerischen Bezugnahmen. Dass sich touristische Vermarktung und künstlerische Rezeption dabei gegenseitig bedingen, zeigt sich bis heute in der Protagonistenrolle, die Dürers Feldhasen auf beiden Sektoren zukommt: Touristische Attraktionen wie die grossen Nürnberger Feierlichkeiten unter dem Slogan "Der Hase wird 500" im Jahr 2002 oder die zeitgleiche Werbeaktion der Wiener Albertina, in welcher der Hase zum Bittsteller für Spenden umfunktioniert wurde, sorgen nicht nur für die Fortschreibung des profanen Kultes um Albrecht Dürer, welchen die Kunst rezipiert, sondern machen sich selbst wiederum die umfangreiche künstlerische Rezeption zunutze.517 514 515 516 517 Entsprechendes widerfuhr anderen populären Werken der Renaissance wie Raffaels Putten aus der Sixtinischen Madonna und Leonardos Mona Lisa. Nicht nur war Dürers Stich Ritter, Tod und Teufel zum Sinnbild des wehrhaften Deutschen ernannt und sowohl 'künstlerisch' wie auch in den Reden Goebbels' zitiert worden, sondern Dürer wurde als offizieller Lieblingskünstler Hitlers und 'urdeutscher' Maler von den Nationalsozialisten rege gesammelt; vgl. Thoma 1909; vgl. zum Verhältnis Dürer und Hitler auch Hofmann 1999, S. 97. Im Bemühen, ein "entstaubtes Dürerbild" zu präsentieren, prägten neben einigen wissenschaftlich fundierten Projekten und Ausstellungen vor allem gezielt populäre Aktivitäten das Bild der Nürnberger Festivitäten. Von frechen überregionalen Werbekampagnen über "Dürerhostessen" und "Dürerschnitzel" mit Monogramm aus Mayonnaise bis hin zum ausgestopften "Streichelhasen" wurde der Tourismusfaktor Dürer voll ausgeschöpft, vgl. Schmidt 2000a. Nicht nur zu den Festivitäten des Dürer-Jahrs 1971 wurden Künstler eingeladen, Dürers Werk aufzugreifen, auch 2002 stand in einer "kul- 139 Es ist jenes besonders im kleinbürgerlichen Motiv des Hasen zum Tragen kommende Kollektivereignis Dürer, welches Polke in seinen Persiflagen aufgreift. Im Gegensatz zu Klaus Staeck, der zur gleichen Zeit wie Polke in verschiedenen Plakaten die Popularität der Werke Dürers als Projektionsfläche und provokatives Potential für politische Statements verwandte und durch minimale Eingriffe veränderte,518 stehen für Polke jedoch der Dürerkult und seine Vermarktung selbst im Vordergrund. Dabei stilisiert er aber nicht, wie Toni Burghart 1971, den Feldhasen ästhetisch als PopIkone519 oder inszeniert, wie Walter Schreiber in seinem Hasenstall 1970, die 'Karnickel-Vermehrung' in mehrfachen Reproduktionen des Werkes hinter Hasengitter.520 Vielmehr bietet Polke in den ersten beiden Versionen seines Dürer-Hasen ironisch die leere Hülle des Kunstwerks in Form der blossen Umrisse an. Das Monogramm Dürers erscheint dabei als Markenzeichen, während die Umrisse des Bildes nur den 'dehnbaren Begriff' und die verselbständigte Formel für jenes kollektive Bild darstellen, welches sich aus so zahlreichen Facetten zusammen setzt. Weder die Kommerzialisierung der Kunst als Ware, noch ihr Kult werden dabei direkt angesprochen, ebenso wenig wie das Motiv als Sinnbild des geistigen Deutschtums gekennzeichnet ist. Dennoch weisen subtile Details wie der kleinkarierte Stoffuntergrund, das MarkenzeichenMonogramm, die formelhaften Umrisse als eine Art Logo und schliesslich das Gummiband darauf hin, dass der Dürer-Hase inzwischen genauso ein Bild der Deutschen, des Kleinbürgers, des Konsums und der Trivialität geworden ist, wie eines der Kunstgeschichte. Anstatt seinen eigenen Blick zu thematisieren, demonst- 518 519 520 turhistorischen Ausstellung" die künstlerische Rezeption des Werks in Geschichte und Gegenwart im Vordergrund und wurde in spezifischen Projekten gefördert, vgl. dazu Berninger 2002. Gemeint sind die Werke Zur Konfirmation (Betende Hände), 1970, Sozialfall, (Dürer-Mutter), 1971, Zum Welttierschutztag (Dürer-Hase), 1987, und Das grosse Rasenstück, 1987, welche zum Teil empörte Reaktionen hervorriefen; vgl. Bongard 1971, S. 8-9, Unterdörfer 2000, S. 34-37; vgl. auch Hofmann 1999, S. 88. Vgl. Berninger 2002, S. 25. Vgl. Bongard/Mende 1971, S. 68, und Berninger 2002, S. 24. 140 riert Polke, wie in seinem Zyklus Original + Fälschung, in welcher Weise der kulturelle Wandel ein Meisterwerk deformiert. Noch deutlicher wird dies in seiner Auseinandersetzung mit Leonardo da Vincis Anbetung der Könige (Abb. 77). In seiner Serie Lappländische Reise I-V aus dem Jahr 1984 tragen die Bilder III-V die Untertitel Anbetung der Könige: vor Leonardo, Anbetung der Könige: nach Leonardo und Leonardo (Abb. 78-80).521 Anbetung der Könige: vor Leonardo ist auf einen Dekorationsstoff gemalt, dessen vertikal verlaufendes Ornament neben einigen hellen Farbzeichnungen von einer in dominantem Schwarz aufgemalten Holzmaserung überdeckt ist. Zusammen mit dem Untertitel "vor Leonardo" verweist Polke hier auf den Bildträger des Meisterwerks und damit auf den Moment vor der Bildentstehung. In seinem eigenen Gemälde verschmelzen hingegen diese isolierten Momente, da der Dekorationsstoff als Bildträger zugleich Teil des Bildmotivs und der Komposition ist. Bilduntergrund, industrieller Druck und Farbauftrag des Künstlers sind in Polkes Gemälde kaum mehr voneinander zu unterscheiden.522 In Anbetung der Könige: nach Leonardo zeigt Polke den Moment des fertigen Bildes, ohne dass aber sein Werk tatsächlich die Motive oder die Komposition des Meisterwerks aufgreifen würde. Lediglich die dunkelbraunen Farbspuren auf hellbraunem 521 522 Der Zusammenhang des Serientitels mit der Bezugnahme auf Leonardos Meisterwerk ist nicht direkt erschliessbar: Möglicherweise besteht er im Motiv der Hl. Drei Könige, welche der biblischen Überlieferung nach eine Reise auf sich nahmen, um ihre Geschenke zu überbringen. Das erste Bild der Serie zeigt ein Rentier und einen Reiter mit einem grossen Sack, der hingegen eher an die heutigen Mythen der Weihnachtsgeschichte denken lässt. – In einem Telefongespräch mit der Verfasserin vom 15. März 2001 erklärte Martin Hentschel, dass die Zusammenfassung der fünf Bilder in einer Serie seiner Meinung nach für die Bilder nicht vorteilhaft gewesen sei, und er Polke anlässlich der Ausstellung in Bonn 1997 überzeugen konnte, die Bilder I/II und III/IV/V von einander zu trennen, vgl. das Abbildungsverzeichnis in Polke 1997 (nur I, II und III waren ausgestellt, jedoch nicht mehr unter dem gleichen Serientitel). Möglicherweise war es das vertikale Muster des Dekorationsstoffes, das Polke an eine Holzstruktur erinnerte und zu deren Imitation anregte. Martin Hentschel bemerkt in anderem Zusammenhang, dass Polke schon seit der frühesten Verwendung von bedruckten Stoffen in den 60er Jahren vom Stoffmuster ausgehend zu einer Bildfindung gelangte, die ihrerseits auch den alltäglichen Gebrauch des Stoffes reflektierte. Auf diese Weise können Bildgrund und Bildmotiv vielfältige Verbindungen eingehen, Hentschel 1995, S. 22. 141 Grund erinnern an das Gemälde Leonardos, motivisch ist aber keine Annäherung zu erkennen.523 Eher wird die zeichnerische Geschwindigkeit Leonardos vorgeführt, wobei die überwiegenden Leerstellen das Unvollendete des Originals demonstrieren. Ob Polke mit den schwarzen Flecken im unteren Teil des Gemäldes auf die zum Teil sehr dunklen Partien des Originals anspielt, die durch die verschiedenen Arbeitsphasen Leonardos entstanden waren, oder ob er – wie auch mit den helleren, kaum erkennbaren Zeichenspuren - den zeitlichen 'Verfall' des Meisterwerkes andeuten wollte, lässt sich nur vermuten.524 Im Zusammenhang mit Polkes Farbexperimenten berichtet Katharina Hegewisch, dass er eine Sammlung von Fotos alter Kunstwerke besitze, deren ursprünglicher Zustand sich durch Verschmutzung, Austrocknung oder Verfärbung gewandelt habe, da nach seinem Urteil diese Bilder dadurch noch eindrucksvoller geworden seien.525 Dieses spezielle Interesse Polkes liesse die Deutung zu, dass er mit der Anbetung der Könige: nach Leonardo ein Meisterwerk vorführt, dem der Wandel der Zeit anzusehen ist. In der Tatsache, dass dabei vom ursprünglichen Motiv nichts mehr zu erkennen ist, schwingt ebenso Ironie mit wie in der Demonstration, dass es sich bei dem weltbekannten Meisterwerk um ein unvollendetes Bild handelt. Dass Polke damit einen gängigen Topos der Leonardo-Rezeption aufgreift, der mit Vasaris Vita seinen Anfang genommen hat,526 ist sicher kein Zufall. Nur wenige Monate nach der Entstehung von Polkes Serie erhielt Andy Warhol die Einladung, eine Bilderserie nach Leonardos 523 524 525 526 Mit viel Phantasie könnte man aus Polkes Linien noch eine Anspielung auf Leonardos Dreieck-Komposition der Madonna mit Kind und den knienden Königen erkennen. Die Überlegungen zur Zeichentechnik und den verschiedenen Arbeitsphasen Leonardos gehen auf Anregungen eines Vortrages von Johannes Nathan in Bern über Leonardo da Vinci und ein anschliessendes Gespräch mit ihm zurück. – Vgl. auch Baldini 1992, Kemp 1981, S. 66-79, Arasse 1997, S. 349-362. Hegewisch 1985, S. 57. Vasari 1832-49, Bd. 3, 1. Abteilung, 1843, S. 16: "Eine Tafel mit der Anbetung der Könige wurde von diesem Meister angefangen; es ist viel Schönes darin, besonders an Köpfen; sie stand im Hause von Amerigo Benci, der Loge der Peruzzi gegenüber, blieb aber unvollendet, wie seine andern Arbeiten." 142 Abendmahl in Mailand auszustellen.527 Hans Belting weist darauf hin, dass es für Warhol kein besseres Thema hätte geben können: Hier habe er sich mit einem Werk konfrontiert gesehen, das im "kollektiven Gedächtnis" mit einer Deutlichkeit präsent gewesen sei, welche dem schlechten Zustand des Originals eklatant widersprochen habe.528 Entsprechend habe sich Warhol daran gemacht, in diversen Varianten jenes "Bildklischee" herauszufinden, das sich vom Herkunftswerk schon völlig abgelöst hatte.529 Die Veranschaulichung dieser Ablösung und des gleichzeitigen Verfalls des Originals kulminierte schliesslich im Camouflage Last Supper, in dem er das Original hinter Tarnfarben verschwinden liess. Polke versuchte im Gegensatz zu Warhol nicht, das Leonardo-Klischee in sein Werk zu übersetzen, sondern überliess in den Leerstellen die ohnehin selbständig gewordene Erinnerung an das Original dem Betrachter. Konsequenterweise verwies er im letzten Bild seiner Serie wieder auf einen Moment vor der Bildentstehung. Das Gemälde Leonardo spielt mit seinen ineinander fliessenden Flecken aus verschiedenfarbigem Lack offensichtlich auf Leonardos Theorie der Bildfindung an. Leonardo hatte in seinem 1651 gedruckten Trattato della pittura jedem Künstler geraten, sich bei der Bildfindung von den verschiedenartigen und vielfarbigen Flecken und Steinen der Wand zu Motiven inspirieren zu lassen. In diesen liessen sich ganze Landschaften, Gesichter und Schlachten entdecken, die den Geist stimulieren könnten.530 In Polkes Gemälde sind die von Leonardo zitierten Flecken vom Künstler selbst in verschiedenen Techniken und Lacken möglichst zufällig übereinander geschichtet worden. So verschmilzt auch hier die Anspielung auf einen Moment vor der Bildentstehung mit dem seiner Vollendung. Die Bildfindung wird dem Betrachter überlassen, der nun in den Lackspuren Formen 527 528 529 530 Vgl. Schulz-Hoffmann 1998. Belting 1998, S. 441. Warhol legte Wert darauf, entweder nach einer SchwarzweissReproduktion aus dem 19. Jahrhundert, nach der Umrisszeichnung in einem Kinderbuch oder nach einer billigen Devotionalie in Steinguss zu arbeiten, um die verschiedenen Bildklischees aufzudecken, vgl. dazu Belting 1998, S. 442. Vinci 1882, S. 57, Nr. 62. 143 erkennen und seine Phantasie anregen lassen soll. Die geschürte Erwartung, in den Farbklecksen, ähnlich wie in einem Rorschachbild, identifizierbare Formen entdecken zu können, wird jedoch in den informellen Farbspuren sogleich wieder enttäuscht. So bleibt von Leonardos Meisterwerk bei Polke nach dessen zeitlichem Verfall einzig seine Invention übrig – die Bildwerdung aus den Flecken wird jedoch gerade verhindert. Noch stärker als in den verschiedenen Versionen des Dürer-Hasen oder den Gemälden aus Original + Fälschung muss damit der Betrachter selbst sich an das eigentliche Original erinnern, während die Wiederholung Polkes auf einen Kontext abhebt, der nur noch entfernt mit dem Original zu tun hat. Statt wie im Dürer-Hasen die leeren Umrisse des Originals als triviale Formel zu verwenden, spielt Polke in den Leonardo-Bildern auf die berühmten Topoi an, welche die Rezeption und damit das kollektive Bild von Leonardo bestimmen: die BildErfindung anhand von Flecken auf der Wand, das Unvollendete der Meisterwerke und der schlechte Erhaltungszustand der Originale. Hans Belting umschreibt in Bild-Anthropologie kollektive Bilder als historische Zeitformen einer umfassenden, gemeinschaftlichen Wahrnehmung. Aufgrund der Zeitgebundenheit der Wahrnehmung und ihrem kulturellen Wandel seien auch die kollektiven inneren Bilder - unabhängig von ihren Themen - qualitativen Veränderungen unterworfen, was sich in dynamischen Zeitformen realisiere.531 Polkes Kunst-Paraphrasen greifen genau diese Dynamik der Bilder und ihrer medialen Formen auf und nehmen sie als Ausgangspunkt für die Untersuchung der Metamorphosen einzelner Kunstwerke sowohl in der kollektiven Rezeption wie auch in ihrer zeitlichen Vergänglichkeit. Dieser Wandel der Werke äussert sich dann bei ihm in Überschreibungen und Überlagerungen verschiedenster Bilder, Medien und Klischees, lässt aber zugleich Leerstellen für die individuelle Erinnerung des einzelnen Betrachters. Damit ver- 531 Belting 2001, S. 21, 27. Dieser Ansatz entspricht der kultursemiotischen Theorie von Renate Lachmann, die eine dynamische Konzeption des Kulturgedächtnisses vertritt, welches nicht als passiver Speicher, sondern als dynamischer "Textproduktionsmechanismus" verstanden wird, der ständig Sinn akkumuliert, Lachmann 1993, S. XVII. 144 halten sich Polkes Werke analog zum Gedächtnis, das nach Cordula Meier "das Drehbuch unseres Lebens" fortlaufend umschreibe, etwas ausstreiche, hinzufüge und aus dem Blickwinkel der Gegenwart heraus längst vergangene Szenen mit neuer Bedeutung versehe.532 'Erinnerung' wird somit in den Wiederholungen von Bildern bei Polke zu einer Art temporärer 'Re-Präsentation'. Dass auch Richter mit seinen doppelten Zitaten auf Versatzstücke eines Bildgedächtnisses zurückgreift, konnte bereits an den Familienbildnissen demonstriert werden. Im Gegensatz zu Polkes Überlagerungen von Erinnerungen und Deformationen wiederholt Richter in seiner Malerei jedoch gegebene Bildkonventionen weitgehend unbearbeitet. Entscheidend ist dabei der Akt des Auffindens seiner Vorbilder sowohl in der Kunst, als auch in den Massenmedien oder in seiner 'realen' Umgebung, welche er dann im eigenen Blick durch die Kamera festhält. Inwieweit es Richter dabei tatsächlich um eine Tradition kultureller Konventionen und Codes des Bildes und seiner verschiedenen Zeitformen geht, kann anhand seiner Materialsammlung im Atlas untersucht werden. Im Vergleich mit dem berühmten Vorbild des Kunst- und Kulturhistorikers Aby Warburg von 1929 liesse sich Richters Zusammenstellung von Arbeitsmaterial aus fremden und eigenen Fotos, Presseausschnitten, strukturellen Experimenten, Installationsentwürfen, Farbdiagrammen und Zeichnungen auch als ein Art "Bildgedächtnis" betrachten. Zwar folgt Richters Gruppierung der verschiedenen Materialien nach formalen und thematischen Gesichtspunkten einer gänzlich anderen Systematik als Warburgs Mnemosyne-Bilderatlas, es lassen sich aber dennoch parallele Interessen aufzeigen. Richter hatte 1964 begonnen, seine Materialien zu sammeln und fing vier Jahre später an, alle Fotos, die für seine Malerei wichtig waren, in Tableaux zusammenzufassen. 1972 stellte er die gerahmten Tafeln von standardisierter Grösse erstmals im Utrechter Museum unter dem Titel Atlas der Fotos und Skizzen aus.533 In 532 533 Meier 1996, S. 22. Vgl. Zweite 1989, S. 10. 145 erster Linie ist der Atlas somit als werkreflektierende Praxis zu verstehen, in der Richter, ebenso wie in seinem eigens geführten Catalogue raisonné und seinen Schriften, die Rezeption seines Werkes kontrolliert und steuert.534 Sowohl Julia Schmidt als auch Benjamin Buchloh bezeichnen den Atlas als "Archiv" mit einer mehr oder weniger konsequenten Ordnung nach formalen und thematischen bzw. ikonografischen Kriterien.535 In der Tat lässt sich einerseits eine Ordnung nach einzelnen Bildmedien wie "Albumfotos", "Zeitungsfotos" oder eigenen Fotos erkennen, andererseits sind die Materialien auch nach Kunst-Gattungen und Gattungen der Malerei, nach Verwendungszwecken und Techniken oder schlicht nach Sujets gruppiert.536 Während die gesammelten Album- und Zeitungsfotografien durch ihre unterschiedlichen Formate trotz ihrer orthogonalen Ausrichtung auf den Tafeln eine lebhafte und scheinbar 'bunte Mischung' ergeben, zeichnen sich die Tafeln mit eigenen Fotografien durch eine einheitliche Gestaltung aus, die über eine reine Stoffsammlung hinausgeht und eine eigene Ästhetik gewinnt. Armin Zweite bemerkt, dass in den Tafeln mit Landschaftsfotografien durch die gleiche Perspektive der Bilder und eine häufig durchgehende Horizontlinie zwischen den einzelnen Fotografien Sequenzen erzeugt werden.537 Rein äusserlich liegt hierin der grösste Unterschied zu den Atlas-Tafeln Warburgs, wie sie in Fotografien der letzten Fassung erhalten sind: Während die Tafeln, welche Warburg für Ausstellungen verwandte, noch eine wohlgeordnete Zusammenstellung der Fotografien auf einheitlich zurechtgeschnittenen Passepartouts zeigen, weisen die eigentlichen Atlas-Tafeln in der asymmetrischen Anheftung der Reproduktionen von völlig unterschiedlicher foto- 534 535 536 537 Vgl. dazu und zu ähnlichen Praktiken bei seinen Zeitgenossen Schmidt 1999a, bes. S. 144, und Schmidt 1999b. Schmidt 1999a, S. 144-145; Benjamin Buchloh, "Gerhard Richters Atlas: Archiv der Anomie", in: Buchloh 1993b,S. 7-17. In der Ausstellung des Atlas 1989/90 im Münchner Lenbachhaus und im Kölner Museum Ludwig versah Richter die Tafeln mit Legenden, in denen er selbst Gattungs- und Medienbezeichnungen sowie Sujetbetitelungen verwandte, vgl. Jahn 1989. Zweite 1989, S. 16. 146 grafischer Qualität einen provisorischen Charakter auf (Abb. 81).538 Der zweite direkt sichtbare Unterschied betrifft die Auswahl der Bilder, welche sich bei Warburg zu einem grossen Teil auf Reproduktionen von Kunstwerken aller Epochen und einige Abbildungen aus Astrologie und Kartografie beschränkt, während bei Richter nur eine geringe Anzahl von Kunstreproduktionen in die Sammlung aufgenommen ist. Warburg hatte von 1924 bis zu seinem Tod 1929 an der Zusammenstellung des Atlas gearbeitet, wobei die Anordnung der Bilder ebenso häufig wechselte wie der Titel des Projekts. Die Version "Mnemosyne. Bilderreihen zur kulturwissenschaftlichen Betrachtung antikisierender Ausdrucksprägung bei [der] Darstellung kosmischer und humaner Bewegungsvorgänge im Europa der Renaissance" macht fast alle Anliegen Warburgs deutlich:539 Hervorgegangen aus einer lebenslangen Ausstellungstätigkeit und wissenschaftlichen Forschung untersuchte der Atlas eine "Formenwelt vorgeprägter Ausdruckswerte", welche Warburg auf "Urformen der Gebärdensprache" im heidnischen Kult der Antike zurückführte.540 Das Fortleben der in der Antike geprägten verschiedenen Darstellungstypen emotionsgeladener Gebärden, für die Warburg den Begriff der "Pathosformel" bildete,541 wollte er zunächst in der italienischen Renaissance nachweisen, dehnte sein Unternehmen jedoch schliesslich bis in die Gegenwart aus.542 Dabei ging es nicht um eine abstrakte Motivgeschichte, sondern vielmehr um ein historischanthropologisches Interesse an der Neu- und Umbesetzung tradierter Bildformeln.543 Der Begriff der "Mnemosyne" weist darauf hin, dass es sich in der Bildersammlung um ein kulturelles Gedächtnis handeln sollte; der Soziologe Andreas Schelske grenzt Warburgs 538 539 540 541 542 543 Vgl. Martin Warnkes "Editorische Vorbemerkungen" in: Warnke 2000, S. VII. – Isebill Barta Fliedl berichtet jedoch, dass für den Druck die Fotos in ein einheitlicheres Format und in eine mehr oder weniger symmetrische Anordnung gebracht werden sollten, vgl. Fliedl 1992, S. 169. Vgl. zum Titel Kany 1987, S. 179, und Fliedl 1992, S. 169-170. Fliedl 1992, S. 166, und Warburg 2000, S. 4. Warburg 1979, S. 126. Warburg 2000, bes. S. 4. Vgl. Fliedl 1992, S. 167. 147 Mnemosyne Atlas daher vom Begriff des Archivs ab und betont seine Gedächtnis-Funktion. Seiner Meinung nach sollte Warburgs Atlas nicht dazu verwendet werden, Bilder archivarisch zu erhalten, um in Zukunft eine Vergangenheit als Historie zu dokumentieren, sondern er sollte als ein Gedächtnis wirken, das zur Erinnerung, Nach- und Vorahmung kultureller Formen befähigt. Schelske unterscheidet das Gedächtnis insofern vom Archiv, als es Gegenstände nicht selbst aufbewahrt, sondern von diesen Schemata und Konzeptualisierungen (Zeichen) behält, um eine Erinnerung vergegenwärtigen zu können. Diese lasse nicht das Material, sondern dessen "abstrahierte" Interpretation so wirken, "dass deren Gegenwärtigkeit als eine der Vergangenheit ähnelnde Wiederholung wieder zu erkennen ist."544 Selbstverständlich ist die Ausgangsmotivation für die Zusammenstellung eines Bilderatlasses bei Warburg und Richter grundverschieden. Während Richter Bilder von persönlichem Interesse präsentiert und die Abfolge der Bildgruppen vorrangig von der Chronologie seines eigenen Schaffens bestimmt wird, fusst die Reihenfolge der Bildtafeln Warburgs auf einer "geschichtsphilosophischen Anordnung" von der Astrologie der Babylonier über Griechenland, die Spätantike und die Renaissance bis in die Gegenwart des Jahres 1929.545 Dennoch konstruiert auch Warburg keine ununterbrochenen entwicklungsgeschichtlichen Ketten, sondern bricht in den thematischen Bildgruppierungen die lineare Erzählung einer Stil- und Epochengeschichte auf. Ist nun Richters Atlas als Bildersammlung zu verstehen, in der Codierungen der visuellen Darstellung memoriert werden, wie dies bei Warburg der Fall ist, oder handelt es sich lediglich um einen Bildspeicher regelloser Zusammenstellung, wie dies Benjamin Buchlohs Betitelung als "Archiv der Anomie" suggeriert?546 Buchloh versteht den Atlas als "eigentümliches Archiv", in dem eine "ano- 544 545 546 Schelske 1998, S. 59-60. Kany 1987, S. 180. Buchloh 1993a, S. 71. 148 mische Unordnung" herrsche, und dessen Inhalte infinit und unzusammenhängend seinen, da keine besonderen Kriterien erkennbar seien, auf die sich Einbeziehung oder Ausschluss zurückführen liessen.547 Die Gegenüberstellung von Richters Atlas und seinem daraus entstandenen malerischen Werk erlaubt es hingegen, in Bezug auf den Stellenwert der einzelnen Vorbilder andere Schlüsse zu ziehen: Richters Sammlung von Familienfotos, Einzelporträts, Landschaftsaufnahmen, Städteansichten, Stillleben und anderen traditionellen Bildtypen erweist sich, abgesehen von seiner dokumentarischen Funktion, vor allem in der Umsetzung in die Malerei, auch als Untersuchung eines Fortlebens von Darstellungskonventionen. Die wenigen Kunstreproduktionen nehmen dabei keine beliebige Rolle ein, sondern sind vielmehr der Teil des visuellen Repertoires, auf den sich auch heutige Bildformen zum Teil zurückführen lassen. In der direkten Gruppierung der Kunstreproduktionen mit verschiedenen anderen Bildvorlagen wie Familienfotos, Mannequinbildern oder Fotos aus Werbeanzeigen, werden sowohl Zusammenhänge und Analogien, wie auch Brüche und Abweichungen erfahrbar gemacht (Abb. 69). Dabei sind die Kunstreproduktionen, obwohl sie durch ihre Herkunft aus Zeitschriften qualitativ den anderen Ausschnitten sehr nah kommen, auch ohne Bezeichnung deutlich als Bilder einer anderen Zeit und eines anderen Kontextes zu erkennen. Diese Konfrontation verschiedenster Bildtypen findet sich vor allem in den früheren Atlas-Seiten und tritt in der Präsentation von Richters eigenen Fotoserien in den Hintergrund. Dennoch werden auch dort gefundene Bilder aus der Zeitung oder Postkarten quasi als kollektive Bilder den eigenen gegenübergestellt. Dadurch dass aber nicht nur direkte Bildvorlagen, sondern auch werkbegleitende Produktionsprotokolle oder Projekte im Atlas dokumentiert sind, findet die Reflexion über Darstellungskonventionen noch auf einer weiteren Ebene statt: Oft sind die für Richter vorbildlichen Kunstwerke nicht in Reproduktionen gezeigt, sondern erscheinen in bereits nachgeahmter Form wie etwa in der 547 Buchloh 1993a, S. 72-73. 149 Überblendung der Fotografie seiner Frau Ema, die sie als scheinbare Chronofotografie und in Anlehnung an Duchamps Akt die Treppe heruntersteigend zeigt, in den Wolkenstudien, die Gemälde John Constables fotografisch nachahmen, oder auch im Spiel mit dem traditionellen Bildrepertoire in der Montage von Seestücken.548 Gleiches gilt für die Präsentation von Farbmusterkarten oder den Fotografien der Farbschlieren, die dem Blick des Betrachters bereits wie verkleinerte Reproduktionen von abstrakten Gemälden des Konstruktivismus oder Informel erscheinen.549 Dass dabei ein Bildkosmos entsteht, der unendlich erweiterbar scheint, wie Buchloh dies feststellt, widerspricht nicht einer gezielten Auswahl und entsprechend gestalteten Ordnung der Bilder nach Regeln der Ähnlichkeit von Sujet, Komposition oder Medium. Armin Zweite beobachtet interessanterweise mit Bezug auf Roland Barthes Unterscheidung der Begriffe "studium" und "punctum", dass Richter die Bilder des Atlas, abgesehen von wenigen Ausnahmen, unter dem Gesichtspunkt des "studium", des "ziellosen Interesses", das auf Erfahrung und Erziehung beruht, ausgewählt habe.550 Dieses löst nach Barthes, im Gegensatz zum "bestechenden" Detail des "punctum", eine kulturell vermittelte Reaktion, einen durchschnittlichen Affekt aus.551 Barthes Feststellung, das "studium" bringe "einen weitverbreiteten Typ von Photographie" hervor, "(den meist verbreiteten überhaupt), den man die einförmige Photographie nennen könnte",552 lässt sich in Bezug auf Richters Atlas weiterdenken: Es ist eben dieses Banale und Austauschbare des "studium", das den Atlas so regellos und beliebig erscheinen lässt, das ihn aber zugleich zu einem Fundus der "meist verbreiteten" und damit kollektiven Bilder macht. Eben in dieser Zuwendung zum Unspektakulären, Gewöhnlichen, in dem der bildgenerie- 548 549 550 551 552 Vgl. die Atlas-Tafeln 68, 203-217 und 184-198, in: Friedel/Wilmes 1997. Vgl. die Atlas-Tafeln 275-280 und 92-105, in: Friedel/Wilmes 1997. Zweite 1989, S. 17-18. Barthes 1989, bes. S. 35-37, 50-55. Barthes 1989, S. 50. 150 rende 'Autor' in Form einer Privatwelt oder Alltagskultur auftritt, unterscheidet sich Richter von Andy Warhol. Von diesem behauptet Thomas Weski zwar ebenfalls, er bediene sich "stereotyper Bildformeln", die in einer Kulturgemeinschaft als Kode niedergelegt seien,553 doch sind es bei Warhol Motive, die durch ihren Glamour und ihre Spektakularität eben vielmehr anziehen und bestechen wollen.554 Richters Bildkosmos findet sich eher in Projekten wie Alexander Honorys "Privatem Institut für neuzeitliche Familienfotografie" von 1979555 oder den Bilder-Büchern von Hans Peter Feldmann wieder.556 Dabei ist Buchlohs Äusserung, der Atlas betone eine willkürliche Verbindung zwischen den abgebildeten Objekten und ihrer "universellen Bedeutung", durchaus zutreffend.557 Diese willkürliche Beziehung entspricht in etwa dem, was Stefan Iglhaut mit Bezug auf die "Re-Photography" etwa von Richard Prince als "Entreferentialisierung der Fotografie" bezeichnet.558 Nicht mehr der abgebildete Referent steht im Zentrum des Interesses, sondern die Art und Weise und vor allem der Kontext seiner Darstellung. Eben an dieser Stelle scheinen sich die Interessen Richters und Warburgs zu überschneiden. Beide suchen nach 'Zeitformen' von Bildern, also traditionellen Darstellungskonventionen einerseits und den Neu- und Umnutzungen jener vorgeprägten Bildformen im Wandel der Kultur andererseits.559 Dabei geht es Richter selbstverständlich nicht um bestimmte "Pathosformeln", doch lassen auch Warburgs Ausstellung von Briefmarken, aus deren Motiven er künstlerische Formen ableitete oder seine Sammlung von Zeitungsfotos mit Schiffen, Fliegern, Boxkämpfern, Tänzerinnen, Mördern, 553 554 555 556 557 558 559 Weski 1993, S. 11-12. Vgl. Weski 1993, S. 11-12. – Zum Vergleich von Warhol und Richter vgl. auch Honnef 1997, S. 62-65. Dylla 1992. Lippert 1989, Tatay 2002. Buchloh 1993a, S. 71. Iglhaut 1993, S. 38. Zu dieser Feststellung passt Benjamin Buchlohs Aussage der späten siebziger Jahre, dass Richter die anonymen Alltags-Fotografien wie ein "dictionary of culture" brauche, Buchloh 2000a, S. 378. 151 Kriegsdarstellungen und ähnlichem auf ein weiter gefasstes Interesse schliessen, als dies die ersten Tafeln des Mnemosyne Atlas glauben lassen.560 So zeigen sich in den letzten Tafeln Warburgs schliesslich auch Gegenüberstellungen von Sportfotografien, Werbeanzeigen und Kunstwerken von der Antike bis ins 20. Jahrhundert, welche ein sehr breites Untersuchungsfeld belegen. In diesem Sinne erlangt Jean-Francois Chevriers Behauptung Gültigkeit, dass Richter in seinem Werk die Kulturgeschichte als unvollendeten, fragmentarischen, und doch in die Gegenwart gründenden Prozess des Sich-Erinnerns zeige. Was hier anhand des Atlas aufgezeigt wurde, entspringt bei Chevrier hingegen der Interpretation einer Äusserung des Künstlers selbst, der im Interview mit Irmeline Lebeer erklärte: "Das ist es, was mich von den Hyperrealisten, die die aktuelle Welt mit ihren Wagen, ihren Autobahnen usw. darstellen, unterscheidet. Was mich betrifft. Ich, für meinen Teil, male historische Bilder […] Die Bilder von damals sind immer noch ein Teil unserer Sensibilität. Sonst würden wir sie nicht mehr anschauen. Die Romantik ist noch lange nicht erledigt, ebenso wenig wie der Faschismus."561 4. Affirmation versus Provokation 1997 erklärte Gerhard Richter im Interview mit Dieter Schwarz, er habe in einigen Aquarellen seine eigenen abstrakten Bilder nachgemalt in der Hoffnung, dabei "eine Gesetzmässigkeit zu entdecken, also den abstrakten Bildern auf die Schliche zu kommen."562 In der ursprünglichen Fassung des Interviews, welche Richter nachträglich korrigierte, hatte er diese Äusserung noch verdeutlicht: "Indem ich das nachmalte, im Wesentlichen nachmalte, musste ich dasjenige bewusst malen, was im abstrakten Bild einfach entstanden war." In Analogie zu diesem Verfahren lässt sich auch 560 561 562 Zu Warburgs in Zettelkästen gesammelten Zeitungsfotos sowie der Ausstellung von Briefmarken im Jahr 1927 vgl. Fliedl 1992, S. 166-167. Lebeer 1973, vgl. Chevrier 1993, S. 40. Schwarz 1999a, S. 6. 152 der Effekt des Nachmalens 'fremder' Bilder erklären. 1974 hatte Richter Gislind Nabakowski auf die Frage, was ihn veranlasst habe, sich mit der Verkündigung nach Tizian ein Werk aus dem 15. Jahrhundert [sic] zum Vorbild zu nehmen, geantwortet: "Weil mich bei diesen wie bei allen Bildern ein bestimmter Aspekt reizt, nämlich, dass sie 'gut' sind (wenn sie gut sind) und zwar unabhängig von ihrer damaligen aktuellen Wirkung, von ihrem Anlass und von ihrer Story." Diese Qualität der Bilder nannte Richter eine "wesende Proportion" und antwortete auf die Frage, was das sei: "Vielleicht wollte ich mir diese Frage malend beantworten."563 Es ist das Stichwort des 'Nachmalens', welches das Verfahren Richters wohl am besten charakterisiert.564 Seine Bezugnahmen auf Vorbilder der Kunstgeschichte geschehen in voller Ernsthaftigkeit, auch wenn die aufgegriffenen Modelle und Konzepte oft in ihrem Anachronismus irritieren. Die wenigen konkreten Werke, welche Richter explizit wiederholt, wie etwa Tizians Verkündigung, Philipp Wilhelm oder Copleys Familie des Künstlers werden fast unverändert kopiert; die farblichen Angleichungen an die Reproduktion und der nachträgliche Verweis auf die Fotografie durch die Verwischung bewirken aber dennoch Veränderungen, welche ein Wiedererkennen erschweren. Sehr viel grösser ist die Anzahl an Werken, in denen Richter in seriellen Blöcken Bildgattungen oder Stile aufgreift, die häufig auch an konkrete Vorbilder erinnern, ohne aber direkt auf sie zu verweisen. Kopiert wird lediglich die fotografische Vorlage, welche vielleicht im Sinne von Craig Owens, analog zu den Kunstwerken, als kulturelle Repräsentation 563 564 Nabakowski 1974, S. 3. Johannes Meinhardt nennt das Verfahren Richters eine "kopierende Übermalung" und zeigt, wie sich darin vier Ebenen der Malerei in einem Netz von Beziehungen negativer Determination verknüpfen: das "gefundene" Sujet überkreuze sich mit der ebenfalls gefundenen oder "willkürlichen Flächenorganisation", mit der materiellen Realität des Gemäldes und mit einer annähernd mechanischen Ausführung der Malerei. Auf allen vier Ebenen sieht Meinhardt Strategien der Zerstörung von Subjektivität, Intelligibilität und Idealität der Malerei eingesetzt, Meinhardt 1995, S. 237, und Meinhardt 1997, S. 179-180 153 der Natur verstanden werden kann.565 In der unveränderten Übertragung dieser Bilder in die Malerei – abgesehen von der Markierung durch Unschärfe, weisse Ränder oder Schrift – wird das wiederholte Bild in seinen 'Gesetzmässigkeiten' ebenso nachvollzogen, wie Richter dies für das Nachmalen seiner eigenen abstrakten Gemälde schildert. Sein Vorgehen dabei ist ein affirmatives, liefern die Wiederholungen als Einzelbilder doch oft keinen Hinweis auf Kritik oder Problematisierung des Dargestellten. Erst im Kontext des Gesamtwerks Richters erzeugen die einzelnen Werke untereinander Widersprüche. In Richters Notizen kann diese affirmative Haltung geradezu apologetischen Charakter annehmen, etwa wenn Richter 1983 schreibt: "Überlieferte, so genannte alte Kunstwerke sind nicht alt, sondern aktuell. Sie werden, solange wir sie im weitesten Sinne 'haben', nie überholt sein, und wir stellen ihnen weder etwas Gleichwertiges zur Seite, noch werden wir ihre Qualität erreichen oder überragen. Ihre permanente Gegenwart macht das Andere erforderlich, das wir heute herstellen, das weder besser noch schlechter ist, sondern deshalb anders sein muss, weil wir gestern den Isenheimer Altar gemalt haben."566 Dass sich die 'Nachmalungen' Richters dabei von den Vorbildern, die sie aufgreifen, oft nur geringfügig unterscheiden, hat die Betrachtung der Grauen Bilder gezeigt. Ein Kommentar zum Diskurs der Abstraktion und der Tradition monochromer Malerei ist an den Einzelgemälden nicht eindeutig ablesbar. Richter liefert hier keinen Hinweis auf seine Haltung und erzeugt auch keine Brechung, welche eine konkrete Lesart ermöglichen würde. Die Verwirrung über die Tatsache, dass die verschiedenen Lesarten etwa als 'Rhetorik der Moderne' oder aber als 'modernistische Selbstbezüglichkeit' sich gegenseitig ausschliessen, spiegelte sich nicht zu- 565 566 "In postmodernist art, nature is treated as wholly domesticated by culture; the 'natural' can be approached only through its cultural representation", Owens 1992a, S. 74. "Notizen 1983, 27.1.83", in: Obrist 1993, S. 94. 154 letzt in Martin Hentschels Problematisierung der Frage "Wie sollen wir die abstrakten Bilder Gerhard Richters betrachten?".567 Sigmar Polkes Höhere Wesen befahlen: Rechte obere Ecke schwarz malen bildet den klaren Gegensatz zu den affirmativen Grauen Bildern Richters. Statt einem blosslegenden Nachmalen, haben wir es bei Polke mit einer blossstellenden Manipulation des Vorbildes zu tun. Der diskursive Topos vom abstrakten Bild als Ausdruck höherer Inspiration des genialen Künstlers wird hier mit dem direktesten Mittel, der Schrift, ins Bild übertragen. Indem der sprachlich kommunizierte Inhalt aber eine Abweichung zur visuellen Darstellung der abstrakten Farbfeldmalerei bildet und damit der zitierten Tradition gerade widerspricht, wird Polkes Haltung im ironischen Bruch lesbar. Die Bezugnahme ist somit einer Karikatur oder einer bestimmten Form des Bildwitzes vergleichbar, in welchem die Bildunterschrift die Pointe enthält.568 Die Komik wird, wie auch in Carl Andre in Delft, durch die absurde Kombination von Bild und sprachlichem Kommentar erzeugt, wobei sich Polke die Hintergründigkeit des Bildwitzes zunutze machen kann. Dies bedeutet aber nicht, dass seine Beschäftigung mit der kunstgeschichtlichen Tradition weniger ernst genommen werden kann als diejenige Richters. Seine auf den ersten Blick spassigen Kommentare sind nicht nur provokativ, sondern blossstellend und offenbaren eine durchaus ernsthafte Auseinandersetzung mit den Ansprüchen an die Kunst. Während Schrift bei Polke aber immer subversiv eingesetzt wird, finden wir sie bei Richter als reine Wiederholung des Ausschnitts der entsprechenden Vorlage. Klaus Honnef hat bereits am Beispiel der Kuh von 1964 darauf hingewiesen, dass Richter, im Gegensatz zu Warhol, Schrift tautologisch einsetze.569 Diese Beobachtung bestätigt sich auch für den Bezug auf Kunstwerke wie etwa in Philipp Wilhelm (Abb. 64). Zwar dient die Schrift bei Rich- 567 568 569 Hentschel 1999. Vgl. dazu Röhrich 1977, S. 292-294. Honnef 1997, S. 64. 155 ter einem deutlichen Verweis auf die Reproduktionsvorlage, sie ist jedoch auf inhaltlicher Ebene redundant, da sie die bildliche Darstellung weder entscheidend erweitert noch bricht. Einen Extremfall in der Wirkung dieses Verfahrens stellt Engelskopf von 1963/65 (Abb. 82) dar, da hier die einem Kunstkatalog entstammende Bildunterschrift "Vermutlich Marco d'Oggionno (1460-1549): Mädchen- oder Engelskopf, nach Leonardo; Florenz, Uffizien" den eigenen Akt des Reproduzierens in seiner ganzen Absurdität vor Augen führt: Richter fertigte mit seinem Gemälde die unscharfe Kopie einer gedruckten Reproduktion einer Kopie d'Oggionos nach dem Original von Leonardo an und markierte dies zusätzlich, indem er das der Übertragung dienende Raster in seinem Gemälde nicht übermalte. In der Tatsache, dass das ursprüngliche Motiv Leonardos fast völlig in der Unschärfe ausgelöscht wird, während die Bildunterschrift und die Übertragungsspuren des Raster gut sichtbar gemacht sind, zeigt sich, wie das Nachmalen Richters dennoch Bedeutung erzeugt. Bei Polke ist es jedoch nicht nur der Einsatz von Schrift, mit welchem er einen Bruch zwischen Vor- und Nachbild erzeugt. Wie bereits die künstliche Herstellung irritierender und oft absurder Beziehungen in Bezug auf Polkes Textcollagen festgestellt wurde, können einige seiner Bilder entsprechend als gemalte Collagen verstanden werden. In Bezugnahme auf das von Eberhard Roters für die Collage beschriebene "Prinzip der Heterogenität"570 benennt Martin Hentschel die Überlagerungen Polkes als "Kombinatorik des Heterogenen".571 Wie in Rauschenbergs Combine-Paintings und Stoffbildern wird die Malerei in Polkes Überlagerungen zu einer Art Objekt, das wie das Element einer Collage behandelt und in eine dissonante Komposition integriert wird. So kombiniert Polke gemusterte Stoffe, direkte Zitate aus Malerei und Grafik und Trivialmotive wie Rauschenberg auf einer nicht-hierarchischen 570 571 Roters 1977, S. 3.38. Hentschel 1991, S. 219. - Beispiele hierfür wären Polkes Dürer Hase auf Dekorationsstoff oder das 5 Punkte Bild. 156 Fläche.572 Hentschel unterscheidet zwischen einer "einträchtigen Zwietracht" der einzelnen Elemente bei den 'Überlagerungen', und einer "zwieträchtigen Eintracht" in den 'Überblendungen', in denen die einzelnen Motive aus Malerei und Stoffuntergrund in Parallele zu Francis Picabias Transparences als durchscheinende Elemente behandelt werden.573 Polkes Transparenzen wie So sitzen sie richtig (nach Goya), Blauer Boucher oder Anbetung der Könige: vor Leonardo sind insofern komplexer als seine 'Überlagerungen', als hier die bildlichen Einheiten ihrem jeweiligen Gegenpart wortwörtlich 'eingeschrieben' sind. Gabriele Wix weist darauf hin, dass Polke in So sitzen sie richtig bereits als Vorbild eine Collage Max Ernsts verwendete, diese wieder "dé-coll/agierte" und zu "Collagen von Collagen" potenzierte.574 Jean-François Chevrier vergleicht Polkes Technik des Schichtens und Überschreibens mit Charles Baudelaires Beschreibung des Gehirns als Palimpsest in Der Opiumesser, insofern als sich dort unzählige Schichten von Gedanken, Bildern und Gefühlen ablagerten, wobei alle Schichten einander überdeckten aber jede erhalten bleibe.575 Liest man bei Baudelaire weiter, so findet sich auch die Unterscheidung des herkömmlichen Palimpsest-Begriffes vom Gedächtnis: "Dennoch, zwischen dem Palimpsest, auf welchem eines über dem anderen, eine griechische Tragödie, eine Mönchslegende und ein Ritterroman geschrieben wurden, und dem von Gott erschaffenen göttlichen Palimpsest, das unser unermessliches Gedächtnis darstellt, besteht dieser Unterschied, dass auf dem ersten eine Art phantastisches, groteskes Chaos herrscht, ein Gegen- und 572 573 574 575 Zu Rauschenbergs Collage-Technik vgl. Schimmel 1993, S. 30. – Benjamin Buchloh umschreibt Polkes Methode mit einer "juxtaposition of iconic appropriations from low culture and stylistic appropriations from the signifying practices of high culture", Buchloh 1982a, S. 33; unter Berücksichtigung von Polkes Aneignungen wie Dürers Hasen, Bouchers Leda, Goyas Alten, van Hoogstratens Ruhe auf der Flucht und anderen scheint diese Sicht etwas verkürzt. Zu Picabias Transparences zwischen 1927 und 1931 vgl. Pagé 2002, S. 314-331; vgl. auch Audinet 2002, bes. S. 94. Wix 1991, S. 103. Vgl. Charles Baudelaire, Die künstlichen Paradiese. Opium und Haschisch: Der Opiumesser, in: Kemp/Pichois 1989, S. 103-187, hier S. 174; Chevrier 1993, S. 47. 157 Durcheinander von heterogenen Elementen; während bei dem zweiten das vorherrschende Temperament notwendigerweise einen Zusammenklang zwischen den widerstreitendsten Elementen stiftet."576 Polkes Überblendungen entsprechen einerseits dem grotesken Chaos der übereinander lagernden Schriften des Palimpsestes, können aber andererseits als Kunstwerke, analog dem Gedächtnis, die widerstreitenden Elemente "notwendigerweise" vereinen. Während Richter nach wiederkehrenden Gesetzmässigkeiten der visuellen Konvention sucht, produziert Polke mit den Worten Baudelaires das "Wiedererscheinen alles dessen, von dem der Mensch selber nichts mehr wusste, das er jedoch genötigt war als ihm eigentümlich wiederzuerkennen".577 Wie eine Allegorie seines eigenen künstlerischen Vorgehens mutet daher Polkes Zyklus Die Alten nach Goyas Gemälde Die Zeit oder Die Alten mit Spiegel aus dem Musée des Beaux-Arts in Lille an.578 In zahlreichen Zeichnungen und Fotokopien hatte Polke zwischen 1982 und 1984 versucht, unsichtbaren und verborgenen Elementen in Goyas Gemälde auf die Spur zu kommen, die er aufgrund von gut erkennbaren Pentimenti unter dem Hauptmotiv vermutete.579 Als er 1984 eine Röntgenaufnahme des Gemäldes sehen konnte, bestätigte sich seine Annahme: Unter der Darstellung des sich androhenden Todes kam eine Auferstehung Christi zum Vorschein, eine "discordia concors", die er in der Folge in manipulierten, grossformatigen Detailfotografien des Gemäldes thematisierte.580 Polkes Manipulationen oder Überblendungen von Werken der Kunstgeschichte bewirken meist Verfälschungen des originalen Kodes der Vorbilder, die so ins Grotesk-Komische verkehrt werden. 576 577 578 579 580 Charles Baudelaire, Die künstlichen Paradiese. Opium und Haschisch: Der Opiumesser, in: Kemp/Pichois 1989, S. 103-187, hier S. 174. Charles Baudelaire, Die künstlichen Paradiese. Opium und Haschisch: Der Opiumesser, in: Kemp/Pichois 1989, S. 103-187, hier S. 175. Vgl. Poetter 1990, S. 156-174, und Polke Photoworks 1996, S. 176-191, Nr. 99-109. Vgl. die Vermutungszeichnungen über die Hintergrundmalerei des GoyaGemäldes "Die Alten", in: Polke Photoworks 1996, S. 176-177, Nr. 99100. Vgl. Steihaug 2001; Fuchs 1997; Schimmel 1996, S. 77-78;. 158 Der daraus resultierende Effekt kann anhand von Michail Bachtins Beschreibung des Grotesken und der Lachkultur gezeigt werden: "Das Moment des Lachens, das karnevalistische Weltempfinden, die der Groteske zugrunde liegen, zerstören die beschränkte Ernsthaftigkeit sowie jeglichen Anspruch auf eine zeitlose Bedeutung und Unabänderlichkeit der Vorstellungen von der Notwendigkeit".581 Gerade die notwendige Komposition und Konzeption der gewählten Vorbilder wird somit bei Polke im Sinne Bachtins in Frage gestellt.582 Thomas McEvilley beobachtet dieses Verfahren vor allem für Polkes Werke der sechziger Jahre, in denen er die Kultur zur Kritik an sich selbst verwende, anstatt sie unkritisch sich selbst bestätigen zu lassen.583 In seinem Aquarell Darf man Kinder auslachen? von 1964 (Abb. 83) scheint Polke sein eigenes Prinzip, modernistische Bildstrategien zu persiflieren, ironisch in einem Bildwitz zu befragen. Das "Kind" ist ein rotes Dreieck auf Papier, das Polke durch angesetzte Körperteile buchstäblich in ein "figürliches" Motiv verwandelt. Die darin liegende Ironie gegenüber der Hard-Edge-Malerei eines Ellsworth Kelly oder auch seines Akademie-Kollegen Blinky Palermo wird durch die dem Dreieck eingeschriebene Frage in ihrem komischen Effekt noch potenziert und der ernsthafte Anspruch einer geometrischen Malerei in aller Lächerlichkeit blossstellt. Der mehrfache Verweischarakter der Werke Richters und Polkes in Form "doppelter Zitate" einerseits und in Bezügen auf eine diskursive Ebene andererseits erfordert ein komplexes Begriffssystem, das die jeweiligen Beziehungen zu benennen im Stande ist. Derartige Systematiken sind bisher vor allem von Literaturwissenschaftlern für die Beziehungen von Texten erarbeitet worden, wobei eine Übertragung der dortigen Klassifizierungen auf die Kunst 581 582 583 Bachtin 1990, S. 28. Martin Hentschel führt Bachtins Theorie in der Analyse von Carl Andre in Delft an, Hentschel 1991, S. 310; sie lässt sich aber auch auf Polkes andere Parodien von Kunstwerken und –stilen übertragen. Vgl. dazu den Effekt von Jean Tinguelys verschiedenen Meta-Kandinskys, in: Tinguely 1982, S. 52-57, Nr. 58-64. McEvilley 1991, S. 35 u. 40, 47 u. 52. 159 immer mit Schwierigkeiten verbunden ist. Gerard Genettes Theorie der "Hypertextualität" unter dem Titel Palimpseste bietet sich insofern als Modell für die Unterscheidung der verschiedenen Arten von Bezügen bei Richter und Polke an, als sie versucht, verschiedene Arten von Bezugnahmen begrifflich zu systematisieren584 und dabei drei Register benennt, in welchen die unterschiedlichen Haltungen beider Künstler gut zu verorten sind: das ernsthafte, das spielerische und das satirische Register.585 Genettes grundsätzliche Differenzierung zwischen dem Beziehungsmodell der "Transformation" und dem der "Nachahmung" lässt sich allerdings weniger eindeutig von Texten auf Bilder übertragen. Während die "Transformation" bei Genette im Sinne eines Zitats als direkter Bezug verstanden wird, welcher sich lediglich durch die Abänderung irgendeines Bestandteils des 'Hypotextes' auszeichnet, ist die Nachahmung eine indirekte Transformation.586 Hier wird in einer nicht sichtbaren Zwischenstufe eine Art Modell der Gattung als Vermittlung zwischen dem nachgeahmten 'Hypotext' und dem nachahmenden 'Hypertext' erstellt.587 Der Hypertext erzählt in diesem Fall eine andere Geschichte als der 'Hypotext', lässt sich aber von dessen formalem und thematischem Gattungstypus leiten.588 Stefan Römer hat in seiner Dissertation zum Begriff des Fake bereits darauf hingewiesen, dass zwischen Text- und Bildbezügen insofern eine Differenz bestehe, als bei Bildern nur über den Kontext zu entscheiden sei, ob ein Bild einen einfachen Bezug auf ein Vorbild nehme oder etwas anderes thematisiere, wie es einem Nachahmungsverhältnis entspräche.589 Dennoch lässt sich grundsätzlich festhalten, dass, auf die Bilder Richters und Polkes über- 584 585 586 587 588 589 Vgl. dazu im "Glossar" die tabellarische Ordnung der Begriffe nach Genette. Genette 1993, bes. S. 43-44. – Genette räumt jedoch ein, dass diese Unterteilung der Register recht grob ist und schlägt vor, mit dem Ironischen, dem Polemischen und dem Humoristischen noch drei weitere Nuancen hinzuzufügen, Genette 1993, S. 45-46. Genette 1993, S. 16-18 und 40-47. Genette 1993, S. 14, 18-21. Genette 1993, S. 15-17. Römer 2001, S. 59. 160 tragen, beide Formen der Bezugnahme, die direkte Transformation und die indirekte Nachahmung, angewandt werden. Richter macht direkte Bezugnahmen lediglich in seinen verwischten Kopien von Kunstwerken wie Verkündigung nach Tizian (343-1), Philipp Wilhelm oder Familie nach altem Meister, wo im Sinne Genettes von ernsthaften Transformationen, also "Transpositionen" zu sprechen wäre. Bei Polke erscheinen häufig die einzelnen Elemente des Bildes, wie etwa die Übernahmen aus der Grafik, als direkte Transformationen, also Zitate, welche im Ensemble der Darstellung jedoch derart dekontextualisiert sind, dass die Collage eine völlig "andere Geschichte erzählt" als das Vorbild. Insofern trifft auf viele Kunstbezüge Polkes der Begriff des "Pastiche" als spielerische Nachahmung zu, wobei im "Pastiche" zugleich das collagierte 'Durcheinander' des "Pasticcio" mitschwingt, welches Polkes Arbeiten sehr gut charakterisiert.590 Dies betrifft etwa seinen Blauen Boucher, So sitzen sie richtig (nach Goya) oder seine Gemälde zu Original + Fälschung. Richters Wiederholungen von verschiedenen Bildgattungen und –typen wie den Landschaften, Stilleben, Akten, Farbtafeln etc. sind ansonsten der Inbegriff einer "Nachahmung", da sie im wörtlichen Sinne auf ein Modell der Gattungskompetenz zurückgreifen, wobei ein konkreter Referent allerdings nicht vorhanden ist. Aufgrund der ernsthaften Haltung, die Richters Bezüge charakterisiert, wären sie somit nach Genette als "Nachbildungen" zu benennen.591 Polkes Nachahmungen geben sich selten ernsthaft und tendieren, wie gezeigt werden konnte, meist eher zum Ironisch-Satirischen, insofern sind seine Dürer-Hasen, der Zyklus Moderne Kunst sowie die Verfremdungen der Abstrakten nach Carl André oder der Farbflächenmalerei als "Persiflagen" zu 590 591 Vgl. zum "Pasticcio" Döhmer 1978, S. 76. – Kevin Power, der von Frederic Jamesons Begriff des 'postmodernen' Pastiche ausgeht, das im Gegensatz zur Parodie nicht satirisch sei, sondern vielmehr 'neutral', schliesst für Polke den Begriff des Pastiche aus und besteht auf dem der Parodie. Power unterscheidet allerdings nicht zwischen einem direkten und einem indirekten Bezug wie Genette; Power 1996, S. 108; vgl. auch Jameson 1983, S. 113-114. Es muss dabei jedoch immer bedacht werden, dass das Verhältnis von Malerei und Fotografie ein direktes ist, also einer Kopie entspricht. 161 bezeichnen, was im bildlichen Ausdruck der "Karikatur" entspräche.592 Weniger klar ist die Bezeichnung der Bezugnahmen hingegen bei Werken wie Polkes Anbetung der Könige vor Leonardo und Leonardo oder Richters Vorhängen und Spiegeln sowie den letzten Bildern seines Verkündigungs-Zyklus, insofern als hier kein eindeutiges Verhältnis zwischen Vor- und Nachbild besteht, da entweder ein direktes Vorbild fehlt oder aber das Nachbild so stark abweicht, dass von einer "Nachahmung" nicht mehr zu sprechen ist. In diesen Fällen ist es der Bezug auf einen diskursiven Kontext, der die visuelle Darstellung prägt und das schlichte Vorbild-NachbildVerhältnis verunklärt. Der Bezug auf das Vorbild ist dann zumeist nur noch über den Titel erschliessbar. Spätestens an diesen Beispielen dürfte klar werden, dass eine einfache begriffliche Systematik den verschiedenen Verweisebenen der Werke beider Künstler nicht gerecht wird. Sie kann lediglich dem Versuch einer groben Ordnung dienen. 592 Genette weist darauf hin, dass die Persiflage im bildlichen Ausdruck der Karikatur entspreche, wobei eine Karikatur auch zugleich satirische Transformation sein könne, Genette 1993, S. 40. – Polkes Arbeiten wurden auch schon mehrfach als "Parodien" bezeichnet, was dem dem üblichen Sprachgebrauch entspricht, vgl. z.B. Buchloh 1982b; da die Parodie aber auf einem direkten Verhältnis im Sinne eines Zitats des Hypotextes beruht, scheint die Persiflage als Nachahmung, welche "eine andere Geschichte erzählt" die passendere Bezeichnung für Polkes Bezüge. – Auch Genette ist sich überdies bewusst, dass die Verwendung des Begriffs der Parodie nicht immer seiner eigenen Definition entsprochen habe und im alltäglichen Sprachgebrauch ebenfalls oft ungenau sei, Genette 1993, S. 21-40. 162 Funktionswandel 1. Avantgarde des Alten – Wiederholung statt Fortschritt? Der Kunstkritiker Harold Rosenberg veröffentlichte 1959 seinen Essayband The Tradition of the New, in dem er an verschiedenen Beispielen zu zeigen versuchte, dass der in der Kunst "berühmte moderne Bruch mit der Tradition" sich im 20. Jahrhundert als eine paradoxe "eigene Tradition" herausgebildet habe.593 Genau dreissig Jahre später schlug der Kunsthistoriker Markus Brüderlin für die "postmoderne Kunst" in Abgrenzung von Rosenbergs "Tradition des Neuen" den Begriff einer "Avantgarde des Alten" vor. Brüderlin beschrieb damit das Phänomen des aneignenden Reproduzierens von "Schon-Dagewesenem" als "Parade-Paradigma" für die 'Dialektik' von Moderne und Postmoderne.594 Ziel dieser WiederholungsStrategien, die er zeitlich vor allem in den siebziger und achtziger Jahren ansiedelte, sei es, "traditionelle Kriterien künstlerischer Qualität, nämlich: Einmaligkeit, Autorschaft, Originalität" zu hinterfragen.595 Dabei sei auch der Begriff der "Fälschung", welcher seit der Gewichtung zugunsten einer "Erfindung" im Kunstwerk sehr negativ belegt war, zum künstlerischen Thema erhoben worden.596 Stefan Römer schlug in seiner Dissertation 1998 den Begriff des "Fake" für jene Kunst vor, die sich von vornherein selbst als Fälschung ausweise und sich damit dem ursprünglichen FälschungsKriterium einer betrügerischen Absicht ebenso entziehe wie einer traditionellen Vorstellung von Innovation.597 Als eine der ersten Stationen im Wandel des Fälschungsbegriffs nannte Römer Sigmar 593 594 595 596 597 Rosenberg, 1982 #682}, bes. S. 8-9. Brüderlin 1989, S. 142. Brüderlin 1989, S. 141. Brüderlin 1989, S. 145. – In Brüderlins Zusammenhang wäre allerdings der Begriff der 'Kopie', welche im Gegensatz zur 'Erfindung' negativ belegt war, treffender. Römer 2001. 163 Polkes Original + Fälschung von 1973. Im Titel der Ausstellung sah er einen Hinweis auf die Ambivalenz der künstlerischen Strategie: Polkes Titel suggeriere, dass das "+" sowohl als "und" wie auch als "Plus" gelesen werden könne. Die Arbeiten würden somit als Originale und gleichzeitig als Fälschungen deklariert, wodurch Polke beide Begriffe in ihrem dialektischen Verhältnis zueinander in Frage stelle. Hierin markiere sich der Übergang von der traditionellen Auffassung des originalen Kunstwerks zu einem Status, der als "Doppelphänomen" zu begreifen sei.598 Die im Titel der Ausstellung nur angedeutete ironische Distanz der Künstler zur Original-Fälschung-Dichotomie sprach Achim Duchow in einem seiner Beiträge zum Katalog Franz Liszt kommt gern zu mir zum Fernsehen in aller Direktheit aus: "Alles ist Fälschung, alles ist Originalscheisse […]. Original und Fälschung, es besteht kein Unterschied, da jede Originalfälschung schon dadurch wieder zum Original wird. Man stellt sich die Frage, wie weit geht die Originalität, wo fängt die Fälschung an, wo setzen die Kriterien ein? Setzen sie ein, oder setzen sie sich hin? Ich bin dafür, dass sie sich hinsetzen (MATRATZE)".599 Ausserdem deutete Duchow ein Gegenkonzept an: "Diesen Kult des echten Ölbildes kennen wir alle, Ursprung des Fetischismus ist das Missverständnis zwischen Entdeckung und Erfindung."600 Statt der "Erfindung" eines Werkes verwies Duchow auf das Finden als einen 598 599 600 Römer 2001, S. 41-67, bes. S. 60-61-36, und Römer 1999b, S. 145. – An dieser Stelle deutet sich an, dass das Fake kein Phänomen "im phänomenologischen Sinn" darstellt, da es sich um einen "Sowohl-als-auchZustand" handelt, der aus jeder Perspektive anders aussieht, Römer 2001, S. 61. "Expertise zu Don Martin", in: Polke/Duchow 1973, [S. 39]. - Neben dem Text Duchows wird ein Zeitungsartikel des Handelsblatts über die dendrochronologische Methode zur Datierung von Bildtafeln holländischer Maler des 16. und 17. Jahrhunderts präsentiert, durch die Fälschungen aufgedeckt werden sollen. Diese und ähnliche Methoden werden von Duchow in seiner "Expertise zu Don Martin" veralbert, indem er "mit 100%iger Sicherheit" die Echtheit des Bildes von D. Martin (vgl. Abb. 59) feststellt, die Echtheit von Wetterberichten und dem Papst, sowie den entsprechenden Kriterien diskutiert und absurde Ratschläge zur Fälschung eines Degas liefert; vgl. Polke/Duchow 1973, [S. 39-40]. "Expertise zu Don Martin", in: Polke/Duchow 1973, [S. 40]. 164 künstlerischen Akt, den die beiden Künstler in der Gesamtkonzeption der Ausstellung in allen Variationen durchspielten.601 Die Änderung des Original-Paradigmas lässt sich als Prozess seit Duchamps Einführung des Readymade erkennen:602 Auf die Strategien der Pop Künstler und ihre Verneinung einer künstlerischen Authentizität wurde bereits hingewiesen.603 Dieser Ansatz erhielt jedoch mit der zeitgleichen Kunst einer Elaine Sturtevant in Bezug auf die Frage nach der Originalität eine weitere Zuspitzung. Sturtevant produzierte Kopien und Reprisen von Werken ihrer Zeitgenossen Warhol, Stella und Lichtenstein, sowie von Duchamp und Beuys, die sie mit ihrer eigenen Signatur versah, wobei sie im Werktitel auf den jeweiligen Vorbild-Künstler verwies.604 Interessant ist vor allem, dass die selbst bereits nach dem ReadymadePrinzip arbeitenden Künstler Gefallen an der Idee Sturtevants fanden und dass Warhol ihr seine Original-Siebe zur Verfügung stellte, während Lichtenstein und Stella ihr diverse Tipps gaben, damit ihre Kopien möglichst perfekt gelangen.605 Damit machten sie 601 602 603 604 605 Die Unterscheidung zwischen der "Erfindung" und der "Entdeckung" geht bereits auf Leon Battista Albertis Postulat, die Leistung der Menschen bestehe in der Entdeckung, dass die Natur sich selbst in ähnlichen Formen und Bildern wiederhole, zurück. Dem Anfang der Künste liege demnach nicht in die Erfindung (inventio), sondern die Entdeckung (inventum) zugrunde, vgl. dazu Bätschmann 2000, S. 31. – Mit Marcel Duchamps Readymade wurde das Entdecken und Auffinden erneut zu einem künstlerischen Akt erklärt. Zu einer Revision des Originalbegriffs der historischen Avantgarde vgl. Krauss 1985, bes. S. 151-172. Vgl. dazu auch Cameron 1990, S. 273-278; zur wichtigen Rolle Warhols in der Umwertung von Original und Kopie, Unikat und Multiple sowie absolutem Meisterwerk und Wiederholung, vgl. auch Stoichita 2001. Vgl. Schwartz/Davis 1986, Sturtevant 1988, Drathen 1991, bes. S. 182190; Crow 1996, S. 70-74, Rebbelmund 1999, S. 99-108, Sturtevant 1999, und Frohne 2000, S. 280. – 1973 erschien von Carol Duncan unter dem Pseudonym Cheryl Bernstein der Artikel "The fake as more" über den Künstler Hank Herron und seine Repliken Frank Stellas. Dass der Text ein Fake war und der angebliche Künstler Harron sehr ähnlich beschrieben wurde, wie die Arbeit von Elaine Sturtevant, kam erst 13 Jahre später heraus, als der Kunsthistoriker Thomas Crow über die Umstände aufklärte, Bernstein 1993, Crow 1996, S. 69-77; vgl. auch Römer 2001, S. 19-30. Vgl. Brüderlin 1989, S. 146; Drathen 1991, S. 183; Crow 1996, S. 72; Moser 1997, S. 92; Rebbelmund 1999, S. 101. – Auch Joseph Beuys reagierte sehr positiv auf Sturtevants Wiederholungen seiner Arbeiten und 165 sich ebenso wie Sturtevant vom Anspruch auf eine originäre Schöpfung und der ästhetischen Konvention der "Aura" eines Unikats frei.606 Heute wird Sturtevant immer wieder zur so genannten "Appropriation Art" gezählt,607 obwohl sie lange vor der Entstehung des Begriffs in den 80er Jahren ihre Kopien anfertigte und sich selbst von dieser begrifflichen Vereinnahmung lossagte.608 Bei der diskursiven Formation der "Appropriation Art" wurde sie indes auch nicht berücksichtigt, hier galten Künstler und Künstlerinnen wie Sherrie Levine, Richard Prince, Louise Lawler und Cindy Sherman, die sich in Fotografien eine bestehende Bildlichkeit aneigneten, als Paradebeispiele.609 Ausgehend von Douglas Crimps Ausstellung Pictures im alternativen Ausstellungsraum Artists Space in New York 1977 wurde hier ein neuer Bildbegriff formuliert, der sich gegen jede Selbstreferenzialität der Kunst wandte und vielmehr deren Referenzen auf Kontexte problematisierte.610 Während sich aber bereits in der Begriffsformation der "Appropriation Art" unterschiedliche Gewichtungen und Definitionen andeuteten,611 manifestierte sich in der in Deutschland Ende der achtziger Jahre einsetzenden Rezeption der "Appropriation Art" der völlige Verlust ihres diskursiven Kontextes, so dass der Begriff "Appropriation" heute undifferenziert für sämtliche Arten der 'Aneignung' 606 607 608 609 610 611 bekundete in einem persönlichen Treffen der beiden Interesse an einer Fortsetzung, vgl. dazu Frohne 2000, S. 276. Eine Ausnahme bildete Claes Oldenburg: Nach anfänglicher Begeisterung für Sturtevants Idee, fühlte er sich 1967, als sie seinen Store of Claes Oldenburg nachbildete, doch seines Urheberrechts beraubt, vgl. dazu Rebbelmund 1999, S. 105, und Frohne 2000, S. 286, Fussnote 8. Vgl. Deecke 1999a, S. 18-19. Auch in der Ausstellung The Art of Appropriation im Alternative Museum, New York, 1985, war Sturtevant mit Kopien nach Lichtenstein und Warhol vertreten, vgl. Ferrer 1985 und Marter 1985. Vgl. Moser 1997 und Rebbelmund 1999, S. 99. Vgl. Römer 1997 und Römer 2001, S. 91-104. – Sherrie Levine griff Kunst-Reproduktionen nicht nur fotografisch auf, sondern malte sie später auch in Aquarellen ab, vgl. Temkin 1993. Crimp 1984; vgl. Owens 1982, S. 21; Römer 2001, S. 98. Vgl. Crimp 1996a und im Gegensatz dazu Buchloh 1982a und Buchloh 1982b. 166 von Kunst oder Gegenständen aus dem lebensweltlichen Alltag verwendet wird.612 Dass eine Unterscheidung der Begriffe jedoch sinnvoll wäre, belegt die Tatsache, dass die Aneignungen Richters und Polkes sich von denen der 'Appropriationists' deutlich unterscheiden.613 Zwar greifen auch beide auf eine bestehende Bildlichkeit zurück, sind jedoch in der Abwendung vom Original weit weniger radikal. Rosalind Krauss macht gerade an der "Gruppe junger Künstler" der Pictures-Ausstellung den "Diskurs der Reproduktion" fest, welcher den der Originalität abgelöst habe.614 Während Römer entsprechend die Arbeiten Sherrie Levines als "konzeptuelle Reproduktionen" bezeichnet,615 ist der Begriff der "Reproduktion" für Richter und Polke gänzlich unzutreffend. Beide Künstler stellen im Gegensatz zu Levine oder Prince keine unveränderten Kopien ihrer Vorbilder im Sinne von "Fakes" her, sondern produzieren Transformationen und Nachahmungen, in denen Vieles 'bekannt' vorkommt, ohne dass immer ein eindeutiges Vorbild erkennbar sein muss. Ist dies doch der Fall, wie etwa bei Polkes Dürer-Hase oder Richters Ema (Akt auf einer Treppe), so geht es statt um die Kopie vielmehr um eine Manipulation des Vorbildes. Dennoch eignen sich auch Richter und 612 613 614 615 Vgl. Römer 1997, S. 133-134: "Meist wird von seiten der Theoretiker unspezifisch auf Begriffe wie Imitation, Simulation oder Aneignung verwiesen, ohne mit einer konkreten Kritik der Zeichenökonomie eine des Repräsentationssystems anzustreben […]. Die Appropriation Art erscheint im historischen Rückspiegel als strategischer Begriff, der von einer diskursiven Gruppe Anfang der 80er an einem Ort zum strategischen Warenzeichen geprägt wurde, dessen Distinktionsfähigkeit allerdings durch seine eigene Zirkulation immer weiter verschoben oder konvertiert wird". – Diese Beobachtung bestätigt sich in Romana Rebbelmunds Bemerkung, sie versuche Elaine Sturtevant in die Appropriation Art einzuordnen, da sich diese Bezeichnung nicht mehr ausschliesslich auf eine Künstlergruppe beziehe, sondern zu einem "kunsthistorischen Stilbegriff" erweitert worden sei, Rebbelmund 1999, S. 99. Auch Doris von Drathen plädiert in diesem Sinne für eine "Enteignung der Appropriation", welche inzwischen ein "Sammelbecken" völlig disparater Kunstäusserungen geworden sei, Drathen 1991, S. 186. Krauss 2000, S. 218-219. Römer 2001, S. 117. 167 Polke ein bestehendes Bildrepertoire mit seinen Konnotationen an, um es mit neuen Bedeutungen und Identitäten zu belegen.616 Aufgrund dieses Rückgriffs auf einen scheinbar frei verfügbaren Bildbestand und die daraus resultierende stilistische Heterogenität ihrer Werke wurden Polke und Richter, ebenso wie die Appropriation-Künstler, immer wieder zu Protagonisten einer 'posthistorischen' Kunst erkoren. Bezugspunkt dieser Verortung war das Theorem vom "Ende der Geschichte" wie es vor allem vom Soziologen Arnold Gehlen seit den fünfziger Jahren entwickelt worden war. Sowohl unter dem Gesichtspunkt der "Herrschaft" als auch dem der "Kultur" prognostizierte Gehlen eine "kommende Geschichtslosigkeit", die sich in einer Art "Beweglichkeit auf stationärer Basis" zeige, in der Fortschritt nur noch die "Verlängerung des schon Erreichten, Ausgeformten und zur Institution gewordenen" sein könne.617 Mit dem Begriff "Posthistoire" bezeichnete Gehlen somit eine kommende "Unaufhörlichkeit", in der die Kultur sich nicht mehr erneuern könne.618 Aufgrund dieser Entwicklungen prophezeite er 1960 auch explizit das Ende jeder "kunstimmanenten Entwicklung": "Mit einer irgendwie sinnlogischen Kunstgeschichte ist es vorbei, selbst mit der Konsequenz der Absurditäten vorbei, die Entwicklung ist abgewickelt, und was nun kommt ist bereits vorhanden: Der Synkretismus des Durcheinanders aller Stile und Möglichkeiten, das Posthistoire."619 Dass im gleichen Jahr, als Gehlen eine "sinnlogische Kunstgeschichte" für beendet erklärte, der amerikanische Kunstkritiker Clement Greenberg seinen programmatischen Essay über "Modernistische Malerei" publizierte, in welchem er die Kunstgeschichte als 616 617 618 619 Vgl. die entsprechende Beschreibung der Appropriation bei Danto 2000, S. 37. Gehlen 1975, S. 115-133, bes. S. 120-121. Gehlen 1975, S. 126-132. – Den Begriff "Posthistoire" führt Gehlen bereits auf den Politiker und Philosophen Hendrik de Man und über diesen auf einen französischen Mathematiker und Philosophen des 19. Jahrhunderts, Antoine Augustin Cournot, zurück, bei dem der Begriff zwar nicht zu finden ist, wohl aber die Vision eines Endzustandes der Geschichte, Gehlen 1975, S. 126, vgl. dazu Niethammer 1989, S. 18-25. Gehlen 1965, S. 206. 168 teleologischen Prozess der Purifikation beschrieb, zeigt die zeitliche Überschneidung gegensätzlicher Diskurse an.620 Greenbergs Geschichtsverständnis ging davon aus, dass die einzelnen Kunstformen sich notwendig einer selbstkritischen "Reinigung" unterziehen müssten, um ihre jeweilige Autonomie legitimieren zu können. Für die mit Edouard Manet beginnende modernistische Malerei habe dieser Prozess in einer fortschreitenden formalen Reduktion auf ihre essentielle Eigenschaft der Flächigkeit (flatness) und einer ästhetischen Reinigung von allem Unwesentlichen bestanden.621 Dass Greenbergs formalistische Erzählung der Kunst in der ebenso radikalen Prozessdarstellung der Malerei im 20. Jahrhundert von Werner Haftmann seine perfekte Entsprechung fand, konnte bereits in Bezug auf den Diskurs der Abstraktion im Nachkriegsdeutschland gezeigt werden.622 Greenberg und Haftmann schrieben somit eine Historiografie der Kunst fort, welche seit der Renaissance durch den "Mythos vom künstlerischen Fortschritt" geprägt war.623 Markus Brüderlin griff 1986 in seinem Artikel "Postmoderne Seele und Geometrie" diese Geschichte einer zur 'reinen' Abstraktion fortschreitenden Kunst auf, um mit Arnold Gehlen ihr Ende zu konstatieren und damit ein "neues Kunstphänomen", den "Iterativismus", also die stete Wiederholung einer geometrischen Abstraktion, zu erklären. Die Folge vom Ende des "linearen Fortschrittsdenkens" sah Brüderlin in der "potentiellen Gleichzeitigkeit der 620 621 622 623 Greenberg 1997a. – Immerhin sah auch Gehlen in der "abstrakten Kunst" noch "die Entdeckung eines neuen Kontinents der Sensibilität, auf dessen Landkarte sich übrigens noch weisse Flecken befinden, zu denen bisher niemand vordrang", Gehlen 1965, S. 230. Zur Geschichtssicht Greenbergs vgl. auch Sandler 1996, S. 2-7; Danto 2000, S. 93-113. Greenberg 1997a, bes. 265-268. – Die Tendenzen zu diesem Prozess sieht Greenberg bereits seit dem 16. Jahrhundert als Bestreben der Malerei, "sich des Skulpturalen zu entledigen", Greenberg 1997a, S. 270-271. Haftmann 1959, S. 13; vgl. dazu auch Bracht 2003, S. 192. Vgl. zu diesem Mythos Gombrich 1966; Belting 1984, bes. S. 15-21, 6391; Belting 1995, bes. 128-139; Hazan 1999. - Während Olga Hazan 1999 in Le mythe du progès artistique die Idee des Prozesses als Grundkonzept der Kunstgeschichtsschreibung aller Gattungen analysierte, lieferte etwa Suzi Gablik 1976 mit Progress in Art noch selbst eine explizit linear gedachte Geschichte der Kunst, Gablik 1976; vgl. auch die kritische Stellungnahme zu Hazans Untersuchung bei Mitchell 2002. 169 Stile und Stilformen" und in einer neuen Gleichwertigkeit von "Konkreter und Realistischer Kunst in bezug zur Wirklichkeit", wie er sie auch bei Richter und Polke beobachtete.624 Dabei zeigt sich allerdings, wie hier Gehlens Theorem einer 'Posthistoire' mit dem einer 'Postmoderne' vermengt wird, welche sich nach JeanFrançois Lyotard, einem ihrer philosophischen Haupttheoretiker, durch das "Ende der Meta-Erzählungen" und eine daraus folgenden Pluralität auszeichnet.625 Während die These der 'Posthistoire' pessimistisch vom Ende der Innovationen und geschichtlichen Möglichkeiten ausgeht, erklärt die Theorie der Postmoderne vielmehr die Ganzheitsvorstellungen einer Historiografie für beendet.626 Die Vermengung dieser zwei Theoreme, die von grundsätzlich verschiedenen End-Visionen ausgehen, hat sich für die Versuche der Verortung zeitgenössischer künstlerischer Phänomene wie der Wiederholung oder Pluralität von Ausdrucksformen als symptomatisch erwiesen. Horst Bredekamp kann zeigen, dass die Idee vom Ende der Geschichte, welche oft in Hegels Konzept einer im Geist zu sich selbst und damit zu einem Ende kommenden Historie fundiert wurde,627 Ausgangspunkt war für verschiedenste andere "Denkbewegungen, die allesamt Facetten des Finalen durchzuspielen suchten": nach dem "Tod des Subjekts" und dem "Tod des Autors" das "Ende des Buches" und in diesem Zusammenhang auch das "Ende der Kunst" 624 625 626 627 Brüderlin 1986. Lyotard 1986, S. 14:"Bei extremer Vereinfachung hält man die Skepsis gegenüber den Metaerzählungen für 'postmodern'" – Wolfgang Welsch sieht neben diesem "negativen Minimalbegriff der Postmoderne" bei Lyotard den positiven in der Freigabe und Potenzierung der Sprachspiele und ihrer Heterogenität, Autonomie und Irreduzibilität, Welsch 1988, S. 33. – Dabei distanziert sich Lyotard zugleich von der gerne verwendeten Formel des "alles ist erlaubt", welche auch Brüderlin mit dem ursprünglich auf die Wissenschaftstheorie bezogenen Satz "Anything goes" Paul Feyerabends anführt, Lyotard 1985, S. 38: "Für mich ist die 'Postmoderne' weder die unmögliche Trauer, d.h. die Melancholie der Moderne (jene Sehnsucht, zu der die Romantik gehörte), noch der zynische Eklektizismus des 'Alles ist erlaubt' (der Transavantgardismus in der Malerei z.B.)". Wolfgang Welsch weist in seiner Untersuchung zur Definition und Geschichte der Postmoderne ausdrücklich darauf hin, dass häufig auf eine Wesensidentität der Theoreme der "Posthistoire" und der "Postmoderne" geschlossen werde, obwohl beide nichts miteinander zu tun hätten, Welsch 1988, S. 17-18. Vgl. vor allem Kojève 1958; vgl. auch Niethammer 1989, 73-82. 170 beziehungsweise in seiner spezifischen Form das "Ende der Malerei".628 Wie Richter und Polke neben anderen Künstlern für die verschiedenen 'Ende-Diagnosen' instrumentalisiert oder durch diese vermeintlich erklärt wurden, machen die unterschiedlichen Begründungen deutlich, unter denen beide als Vertreter einer postmodernen oder auch "post-narrativen", "neo-avantgardistischen" oder eben "posthistorischen" Kunst erscheinen: Arthur C. Danto plädiert gar direkt für das "Zusammenfallen" der Ausdrücke "postnarrativ" und "post-historisch" und möchte mit dieser Vermengung den Zustand der Kunst nach dem Ende der Kunst beschreiben.629 Jenes Ende sieht er mit Verweis auf Hegel "im Bewusstwerden des wahren philosophischen Wesens der Kunst",630 wobei er sich jedoch von einer Totsagung der Malerei distanziert. Die Malerei habe vielmehr, nachdem sie zunächst der geläufigste Vertreter von Greenbergs Erzählung der Moderne gewesen sei, im Zeitalter nach dieser Erzählung durch Anpassung überlebt, indem sie in ihren Formen den "Pluralismus der Kunstwelt" zwangsläufig verinnerlicht habe.631 Indem nun Richter und Polke alle Medien und Stilarten für gleich legitim erklärt und "ein bestimmtes Reinheitsideal zurückgewiesen" hätten, gehören sie für Danto explizit zu "den Künstlern, die den posthistorischen Augenblick am trefflichsten exemplifizieren."632 Nicht nur Dantos Bezug auf Hegel wurde allerdings bereits für problematisch erklärt,633 auch die Rede vom Ende der Kunst konnte als Versuch 'entlarvt' werden, in der Aneignung des Ende-Diskurses die eigene Disziplin der Philosophie zu legitimie- 628 629 630 631 632 633 Bredekamp 1997, bes. S. 32-33. Danto 1995, S. 76. Danto 2000, S. 56. Danto 1995, S. 75-77. Danto 1995, S. 75; Danto 2000, S. 74, 155. Bredekamp 1997, S. 34; Geulen 2002, bes. S. 22-60. – Eva Geulen zeigt ausserdem mit Bezug auf Niklas Luhman, dass die Rede vom 'Ende der Kunst' eine Konstante in der "Selbstbeschreibung" des Kunstsystems geworden und in jüngerer Zeit mit Bezug auf die künstlerischen Wiederholungen gar zu einer "Phrase" verkommen sei, vgl. S. 10-13. 171 ren.634 Wie widersprüchlich die Vereinnahmung der Künstler für den jeweiligen Diskurs dabei ausfällt, zeigt sich am Beispiel Robert Rymans: Während Danto noch zur Diskussion stellt, ob man Rymans weisse Bilder als "letzte Stufe der Erzählung der Moderne" ansehen soll oder "als eine jener Formen, welche die Malerei in der post-narrativen Ära anzunehmen begann", widmet Johannes Meinhardt dem Amerikaner ein ganzes Kapitel unter dem Abschnitt "Malerei nach dem Ende der Malerei".635 Richter und Polke gelten dagegen für beide Theoretiker als beste Beispiele für eine Malerei, die sich jenseits des jeweiligen diagnostizierten Endes ansiedelt. Im Gegensatz dazu zitiert Douglas Crimp wiederum Richters Aussage, Malerei sei "purer Schwachsinn" als Beleg und Eingeständnis für das Ende der Malerei selbst. Für die Postmoderne konstatiert er eine Abwendung von der Malerei und stattdessen eine Hinwendung zur Fotografie und zur nicht-musealen Kunst.636 Eben Crimps Beispiele einer "fotografischen Aktivität des Postmodernismus" setzt allerdings Craig Owens, ein weiterer Apologet der postmodernen Kunst, wieder in Analogie zu Richters stilistischer Heterogenität: Owens greift Crimps Beschreibung von Cindy Sherman, welche in ihren fotografischen Rollenspielen "den impliziten Auteurismus attackierte" auf und vergleicht sie darin mit Richter, der das Verschwinden des Autors praktisch demonstriere, indem er sich den Prinzipien konzeptueller Kohärenz und stilistischer Einheitlichkeit gänzlich entziehe.637 Diesen Topos vom Ver- 634 635 636 637 Vgl. Germer 1995, S. 140: "Wer vom Ende spricht, […] hat Absichten. Er will dasjenige, dessen Zuendegegangensein, gar nicht abschaffen, sondern vielmehr in eine Perspektive rücken, in der es vom Subjekt zum Objekt wird, also zum Gegenstand einer Erzählung, eines Diskurses oder gar einer Disziplin werden kann, welche ihre Legitimität daraus gewinnen, dass sie an Stelle des als abgeschlossen Deklarierten sprechen"; Bredekamp 1997, S. 34: "Dantos jüngste Verschärfung der Diagnose eines 'Endes' der Kunst wirkt vor diesem Hintergrund wie ein Versuch, mit Hegel schliesslich doch die Superiorität der Philosophie zu retten"; vgl. auch die scharfe Kritik an Danto bei Düttmann 2000, S. 65-70. Danto 1995, S. 75; Meinhardt 1995, S. 230-235. Crimp 1996b; vgl. auch Crimp 1984, Crimp 1996c und Crimp 1996a. Owens 1992b, S. 123-125. 172 schwinden des Autors bezieht Owens auch auf Polke und ernennt daher beide Künstler zu Vertretern der "postmodernen Kunst".638 Es liessen sich noch zahlreiche Beispiele anfügen, in denen deutlich wird, dass die Diagnosen verschiedenster Endpunkte und die damit zusammenhängenden Zuordnungen der Künstler zu Konstruktionen wie "Posthistoire", "Postmoderne" oder weiteren Modellen wie der "Zweiten Moderne"639 oder der "Neo-Avantgarde"640 den Diskurs um die künstlerische Wiederholung oft mehr verunklären als weiterführen. Selbstverständlich ist für alle der Theoretiker das Phänomen der Wiederholung das entscheidende Indiz für einen Paradigmenwechsel.641 So behauptet etwa der Philosoph und Kunstkritiker Thomas McEvilley, ein Kennzeichen der postmodernen Haltung gegenüber der Geschichte sei das Vorherrschen des Zitats, da es die linearen Sequenzen historischer Zeitalter aufbreche und "die altsteinzeitliche Wandmalerei, das sumerische Bildnis, die ägyptische Monumentalskulptur […] die zentralen Stile der klassischen Moderne und vieles andere miteinander" verschmelze.642 In dieser Formulierung deutet sich jedoch eher die Beliebigkeit eines eklektischen Neo-Historismus an als das kritische Potential einer "Revision der Moderne", wie es etwa Heinrich Klotz für die Postmoderne einforderte.643 Hans Belting beschreibt die so genannte 638 639 640 641 642 643 Owens 1992a, S. 329-330. Vgl. etwa Richters Zuordnung zu einer "Spätzeit der Moderne" durch Eduard Beaucamp in Heinrich Klotz' Essaysammlung zur Zweiten Moderne, Beaucamp 1996; Klotz selbst ordnet Richter hingegen der Malerei "zwischen Moderne und Postmoderne" zu: "Für Richter stellte sich die Alternative zwischen Moderne und Postmoderne nicht. Seine Malerei ist beides und zugleich jenseits Entweder-Oder", Klotz 1999, S. 94. Unter die Bezeichnung einer 'Neo-Avantgarde' wird Richter bei Benjamin Buchloh subsumiert. Bezugspunkt des Begriffs der 'Neo-Avantgarde' ist Peter Bürgers Theorie der Avantgarde von 1974, Buchloh 2000b, S.365401; vgl. zur Neo-Avantgarde auch Foster 1994. Vgl. u. a. Brüderlin 1986; Brüderlin 1989; Crimp 1984; Crimp 1993 Crimp 1996a; Crimp 1996c; Owens 1982; Owens 1992c; Bohnen 1988a; Scheer 1992; Schütz 1993b, Sandler 1996; Danto 2000; Groys 2001. McEvilley 1993, S. 135. Zur "Revision der Moderne" vgl. Klotz 1999; Thorsten Scheer weist darauf hin, dass es der Postmoderne eben nicht um eine beliebige Kombination von Elementen gehe, sondern um eine Kombination, welche "das Spannungsfeld einer Reflexion über die ungelösten Probleme der Moderne zu schaffen in der Lage" ist, Scheer 1992, bes. S. 140. 173 "Zitat-Kunst" gar als "Epiphänomen", also als reines "Symptom" der Situation nach dem "Ende der Kunstgeschichte".644 Zugleich sieht er in den Rückbezügen auf die Kunstgeschichte wie sie sich in den Wiederholungs-Akten Robert Rauschenbergs, Richard Hamiltons oder Cindy Shermans präsentieren, künstlerische Versuche, eine "Meta-Geschichte der Kunst" als Reaktion auf das starre Konzept der Geschichtsschreibung zu entwerfen.645 Dass auch Richters und Polkes reflektierte Wiederholungen vorgefundener Bilder ebenso wie die Revision von Stilen, Gattungen, Medien und Darstellungskonventionen als Reaktion auf ideologisch geprägte Diskurse von Kunst-Historiografie und Gesellschaft zu verstehen sind, erscheint einleuchtend und wurde hier entsprechend analysiert.646 Dabei ist der propagierte Akt des 'Findens' und Wiederholens klar als Gegenkonzept zu dem des 'Erfindens' im Sinne einer schöpferischen Innovation zu verstehen. Richter erklärte 1985 in seinen Notizen eine "Malerei wie die Natur, als Werden, Entstehen, Da-Sein, So-Sein, ziellos, genauso richtig, logisch, vollkommen und unverständlich" zu seinem Ziel.647 Auch Polkes Malerei erweist sich als Versuch, etwas wie die Natur entstehen zu lassen, wobei die Vielfalt der Bilderwelt entsprechend einer natürlichen Vielfalt ausgeschöpft wird.648 Eine Angleichung 644 645 646 647 648 Belting 1995, S. 186-187. – 1989 hatte Belting im Katalog zur Ausstellung Bilderstreit die "Zitatkunst" gar als "Alarmzeichen" dafür benannt, "dass ein neuer Relativismus ins Haus stünde", Belting 1989, S. 27. Belting 1995, S. 123-128. In den übergreifenden Thesen werden die spezifischen Charakteristika der jeweiligen Kunstbezüge hingegen meist verallgemeinert und im Fall von Richter und Polke oft auf ein 'Potpourri' von Stilen und Zitaten reduziert, vgl. etwa Sandler 1996, S. 301-309. - Dass die Beschränkung auf das Merkmal des Stilwechels im Diskurs der Postmoderne "dessen Ambivalenz zur Unbrauchbarkeit" vereinseitige und dem Problembewusstsein der Werke nicht gerecht werde, kritisiert auch Thorsten Scheer in seiner Untersuchung zur postmodernen Kunst, Scheer 1992, S. 143. "Notizen 1985, 50.5.85", in: Obrist 1993, S. 113. Martin Hentschel zeigt an Polkes Bild The Copyist von 1982 (Lack auf Leinwand, 260 x 200 cm, New York, Collection of Linda and Harry Macklowe) in der Pinselzeichnung mit Bäumen, Häusern und Wolken eine "Rückbesinnung auf die traditionelle Landschaftsmalerei", während das darunter liegende "metamorphosierende Farbenspiel" eine "Modalität der Naturmachung" sei, indem es eine Ahnung der eigenen Gesetzmässigkeit 174 an das planlose Schaffen der Natur handelt somit jedem Anspruch an die Kunst zuwider, einem Ziel oder Endpunkt entgegen zu wirken. Diese paradoxe Offenlegung der absurden Bedingung ihrer künstlerischen Tätigkeit wird ebenso Bestandteil der Werke wie das Bewusstsein der eigenen Historisierung. Indem beide Künstler ihre Wiederholungen schliesslich noch weiteren Reproduktionsmechanismen unterwerfen, können sie die Reflexion dieser Absurdität noch potenzieren: Seit 1979 verwendet Polke den Fotokopierer als Bildmaschine, mit der er verzerrte Kopien seiner eigenen Rasterbilder anfertigt. 1992 zeigte er diese erstmals als eigenständige künstlerische Werke im Rahmen einer Ausstellung. Die mechanisch hergestellte Kopie als Inbegriff der Reproduktion wurde somit wieder in ein Unikat verwandelt.649 Gerhard Richter präsentierte im Jahr 2000 in seiner kleinen Retrospektive "Übersicht" zahlreiche Multiples in Form von Fotografien seiner bekannten Ölgemälde. So sah das Publikum beispielsweise im Cibachrome Kleine Badende (Abb. 84) die Fotografie eines Ölgemäldes nach einer Fotografie von Richters Frau, das auf Ingres' Gemälde Grosse Badende im Louvre verweist. Im Katalog wurde diese demonstrative 'Ausreizung' der Wiederholung und das Spiel mit den Kategorien Original, Nachahmung, Kopie und Reproduktion, auf das Richter auch im Engelskopf verweist, allerdings nicht thematisiert.650 Die Haltung, welche sich in derartigen Verfahren andeutet, wird besonders an einer Arbeit deutlich, welche in Richters Oeuvre eine Sonderstellung einnimmt: Für das 1970 publizierte Ver- 649 650 der "schaffenden Natur" vermittle, Hentschel 1992a. - Hentschel deutet das Bild als Schlüsselbild und Wendepunkt in Polkes Werk, da es die Beschäftigung Polkes mit dem Verhältnis von Natur und Kunst (z.B. die folgenden Farbexperimente) eingeleitet habe, Hentschel 1992a. – Auf eine entsprechende Weise lässt sich auch das Gemälde Frau Herbst und ihre zwei Töchter (1991, Mischtechnik auf Polyestergewebe, 300 x 500 cm, Minneapolis, Walker Art Center) deuten, wo die Allegorie der Natur ("Frau Herbst") neben die "natürlichen" Vorgänge der Bildmaterialien gestellt wird, vgl. Haxthausen 2000. Zuvor waren nur Fotografien dieser Arbeiten zu sehen gewesen, wobei man hierin durchaus noch eine Verlängerung der Kette von Wiederholungen sehen könnte, vgl. Hentschel 2000, S. 390. Vgl. Schwarz 2000b. 175 zeichnis seiner Grafiken entwarf Richter einen Umschlag mit einem Offsetdruck, der die französische Schauspielerin Sarah Bernard in einem Holzstich zeigte. Richter hatte den Holzstich eines unbekannten Künstlers in einem Buch über die Schauspielerin gefunden und für seine Druckgrafik quasi als Readymade unverändert reproduziert. Der Umschlag des Katalogs gibt keinerlei Hinweis auf dieses Vorgehen, sondern suggeriert vielmehr, es handle sich auf dem Deckblatt um eine etwas unzeitgemässe 'Originalgrafik' Richters. Dieser Akt scheint programmatisch: Richter selbst setzte das Werk in einem Gespräch mit Hubertus Butin 1991 in Analogie zur Arbeit Elaine Sturtevants, womit er sich direkt zu seinem Interesse am "Diskurs der Reproduktion" bekannte. Es handelt sich hier allerdings um das einzige Beispiel, in dem einer seiner Kunstbezüge einem Duplikat gleichkommt.651 Weder seine, noch Polkes Wiederholungen sind sonst so eindeutig als Verneinungen von Original, Innovation und Autorschaft lesbar; so sehr sich auch beide Künstler stilistischen Kategorien, einem Schöpfungsakt und einer Handschrift zu entziehen versuchen, bleibt doch ihre jeweilige Vielseitigkeit charakteristisch für den einzelnen Autor. Anstatt einer strikten Überwindung moderner Paradigmen zeigen Richter und Polke gegenüber sämtlichen Modellen eine eher ambivalente Haltung.652 In ihren expliziten Bezugnahmen auf historiografische Schemata der Kunst und ihrer Entwicklung wird zudem noch einmal deutlich, dass beide Künstler zwar ähnliche Topoi und Verfahren aufgreifen, die sich zum Teil auch mit denen anderer 'Aneignungskünstler' überschneiden, dass aber die Art und Weise, wie sie Stellung beziehen, beide klar voneinander unterscheidet: Polkes 651 652 Hubertus Butin unterscheidet Richters Sarah Bernard (1971, Offsetdruck, 24,0 x 16,1 cm) dennoch in der Intention von den Arbeiten Sturtevants, da er nicht von einem "powerful image" ausgehe, das mit zahlreichen Konnotationen aufgeladen sei, sondern eines unbedeutenden Grafikers aus dem 19. Jahrhunderts aufgreife, Butin 1993, S. 19-21. Vgl. dazu Wood 1994, S. 182: "However strongly his work may count as a critique of modernist stylistic categories, a 'Richter' remains a 'Richter' as palpably as does the hallmark work of any mature modernist." 176 Konstruktionen um Leonardo da Vinci und Sigmar Polke (Abb. 24) von 1969 führen die Methoden der Kunstgeschichtsschreibung direkt ad absurdum: Mit der Projektion der harmonischen Normvorstellung des 'Goldenen Schnitts' auf die Zeitachse der Biografien zweier Künstler, welche sich durch diese Normierung ergänzen sollen, spielte er fast bösartig auf die Verknüpfung nicht zusammenhängender Phänomene in der Geschichtsschreibung an und machte zudem einen Seitenhieb auf die formalistische kunsthistorische Methode. Was in bekannten historiografischen Schemata wie etwa bei Alfred Barr als scheinbar logische Verbindung von einem Künstler zum anderen dargestellt ist, wird bei Polke in einem pseudowissenschaftlichen Experiment jeglicher Logik beraubt. Auch Richter verzichtet in seiner Übersicht (Abb. 23) auf die bei Barr gezeigten linearen 'Beeinflussungen' zwischen einzelnen Künstlern und Kunstbewegungen, doch greift er mit seiner Darstellung den Mythos einer Synopse auf, ohne sich von einem solchen Modell zu distanzieren. Richter zeigt sich in der Übersicht durchaus an einer Tradition interessiert, wie dies auch an seiner Suche nach wiederkehrenden Darstellungskonventionen und ihren Gebrauchsweisen zu zeigen ist. Während Danto das Ende der Geschichte darin bestätigt sieht, "dass der Kanon […] geschlossen ist"653, ordnet Richter sich selbst und seine Zeitgenossen ohne Zäsur genau einem solchen Kanon noch zu. Wo Polke die grosse Erzählung der Kunstgeschichte gezielt aufbricht und denunziert, bekennt sich Richter affirmativ zu einer durchgehenden Tradition. Dass dabei allerdings Tradition nicht mit der zielgerichteten Prozessualität einer Stilentwicklung gleichzusetzen ist, demonstriert er in einer weiteren historiografisch angelegten Arbeit, seinem eigenen Oeuvre-Verzeichnis. Brüderlins Formel einer "Avantgarde des Alten" für eine kollektive Wendung gegen den modernen Imperativ der Innovation basiert nicht nur auf einer diffusen Vermengung unterschiedlicher Diskurse, sondern muss zudem für die einzelnen Künstler und ihre 653 Danto 2000, S. 32. 177 Rückbezüge stark differenziert werden. Darüber hinaus scheint sie auf den ersten Blick auch insofern unpassend, als gerade die Avantgarden der Ausdruck sich ablösender moderner 'Kunst-Ismen' waren, von denen sich doch die Wiederholungen abzuwenden scheinen. Möglicherweise ist die Formel aber in ihrer Widersprüchlichkeit geeignet zu zeigen, dass auch die künstlerische Verneinung des Neuen und die Infragestellung einer geschichtlichen Linearität im Sinne einer "Umwertung der Werte" bereits wieder als kultureller Gestus des Regelbruchs zu verstehen sind. Boris Groys zeigt in seiner Untersuchung Über das Neue, dass es somit keinen Weg gebe, das Neue zu überwinden, da auch ein solcher Weg wieder neu sei.654 Der entscheidende Funktionswandel, den Boris Groys an anderer Stelle aber der Appropriation Art im Gegensatz zu den Werken der an Innovationen orientierten Moderne und ihrer bereits "freien Verfügung" über die Tradition zuerkennt, liegt im Herauslösen der aufgegriffenen Vorbilder aus ihrer historischen Verankerung unter Opferung jeglicher künstlerischer Subjektivität. Anstatt die verborgene, originäre Intention des angeeigneten Werkes zu rekonstruieren, werde es in einer scheinbar überflüssigen Wiederholung als Allegorie für einen "eigenen, neuen Text" benutzt.655 Da Groys diese Beobachtung allerdings an den unveränderten Reproduktionen einer Elaine Sturtevant festmacht, in welchen keinesfalls "kreativ oder ironisch" mit dem Vorbild umgegangen wird, muss ein derartiger 'Funktionswandel' für Richters und Polkes Werke erst verifiziert werden.656 2. Kritik am 'reinen' Bild – Erweiterte Referenzen? Anlässlich der Ausstellung Gerhard Richter: 100 Bilder657 wurde 1996 im "Carré d'Art" in Nîmes auch das Gemälde Kl. Badende (Abb. 84) präsentiert. Die Reaktion von Gislind Nabakowski in der 654 655 656 657 Groys 1999; vgl. dazu auch Horst Bredekamps Feststellung einer "Vergeblichkeit der Ende-Diagnose", Bredekamp 1997, S. 33. Groys 2001, S. 177-178, 182-184. Groys 2001 Obrist 1996. 178 Frankfurter Allgemeinen Zeitung war vernichtend: "Beinahe noch schlimmer ist die 'Kl. Badende', die in 'perlmuttfarbenen' Schimmer eingehüllt ist. […] Fast ein von vorne gemalter Ingres-Akt, doch stehend und um die Achse gedreht, vor allem aber seicht und unklar weit dahinter zurückgefallen. Es handelt sich um die Anamorphose auf eine 'Badende', freilich ins heutige Abseits gestellt und wie durch eine trübe Linse betrachtet. Der soziale Raum der Gegenwart wird hier dank des 'Weichzeichner-Realismus' protestantisch weggebügelt."658 Die Kl. Badende ist nicht das einzige Gemälde, das derart scharf kritisiert wurde. Auch das "kuschelige Duo S. mit Kind", "unzeitgemäss und ausserzeitlich als Madonna", das "neckische" Porträt der Lesenden und schliesslich auch die schillernden abstrakten Gemälde gehörten für Nabakowski alle in die Sparte der "Kaufhauskunst" – entsprechend fragte sie sich, ob Richter es mit seinem "flachen Vorhaben" auf "lifestyle und dessen Schlingerkurs zum Geld" angelegt habe.659 Einen Monat später reagierte Thierry Chervel von der Basler Zeitung auf Nabakowskis Artikel mit der Frage, was Richter denn falsch gemacht habe. Seine Antwort fiel eindeutig aus: Nichts, denn die Bezeichnung "Kaufhauskitsch" rühre von einem allgemeinen Problem der Kunst und Kulturindustrie mit der Darstellung von "Sanftheit, Intimität, Erotik" im Gegensatz zu "Sex und Gewalt" her. Schönheit sei tabu, liesse sich nicht mehr anschauen und löse nun den Schrecken aus, den einst die Abstraktion erzeugt habe. 658 659 Der gesamte Abschnitt lautete: "Beinahe noch schlimmer ist die 'Kl. Badende', die in 'perlmuttfarbenen' Schimmer eingehüllt ist. […]Ist nun mit 'Kl.' etwa das zierliche Weibchen oder das trickreich bescheiden anmutende Bildmass von nur 51 mal 36 Zentimetern gemeint? Ein kleiner, schmelzig-schmalziger Frontalakt. Das 'liebe' Köpfchen neigt sich seitwärts zum Dreiviertelproträt, geschmückt von einem geschlungenen, weissen Tuch, das nolens volens einem Hochzeitsputz ähnelt. Ein persilweisses Laken verdeckt den unteren Teil des Körpers, die keusch verschränkten Arme verbergen die Brust. Fast ein von vorne gemalter Ingres-Akt, doch stehend und um die Achse gedreht, vor allem aber seicht und unklar weit dahinter zurückgefallen. Es handelt sich um die Anamorphose auf eine 'Badende', freilich ins heutige Abseits gestellt und wie durch eine trübe Linse betrachtet. Der soziale Raum der Gegenwart wird hier dank des 'Weichzeichner-Realismus' protestantisch weggebügelt.", Nabakowski 1996. Nabakowski 1996. 179 Er selbst betitelte die Kl. Badende als "mutiges Bild" und gestand mit seinem Titel dem Künstler zu, dass er wieder zeigen könne, "wie die Schönheit möglich ist."660 Die beiden Presse-Reaktionen sind in ihrer Polarität keine Einzelfälle. Bereits seit den sechziger Jahren wird die zeitgenössische Kunst von der Debatte um "Form versus Inhalt" beherrscht. Clement Greenberg hatte schon 1939 in seinem Essay "Avantgarde und Kitsch" konstatiert, der Inhalt eines avantgardistischen Kunstwerkes löse sich vollständig in der Form auf und lebe im Unterschied zum Massenphänomen Kitsch nicht von Wirkungen nach aussen, sondern sei ganz auf sich selbst bezogen.661 1960 bekräftigte er erneut, "dass die bildende Kunst sich ausschliesslich auf das beschränken soll, was in der visuellen Erfahrung gegeben ist, und sich auf nichts beziehen [soll], was in einer anderen Art von Erfahrung gründet […]".662 Diese in der kunsthistorischen Erzählung legitimierte Forderung einer Reduktion der Kunst auf das 'Optische' und seine 'reine Form' fand in der amerikanischen Kunstwelt der sechziger Jahre etwa bei Susan Sontag und Michael Fried, aber auch bei Künstlern wie Ad Reinhardt eine starke Anhängerschaft.663 Während Greenberg glaubte, Inhalt müsse zu etwas "strikt Optischem" vollständig in Form aufgelöst werden, bezeichnete Sontag den Begriff des Inhalts gar als ein Hindernis und plädierte für eine Wirkung der "reinen, unübersetzbaren Unmittelbarkeit", die nicht interpretiert werden solle.664 Dass im 660 661 662 663 664 Chervel 1996. Der Essay war vor dem Hintergrund der politischen Vereinnahmung der Kunst sowohl in Deutschland als auch Russland entstanden, wobei Greenberg den Kitsch im Gegensatz zur Avantgarde-Kunst als Instrument der Macht-Propaganda entlarvte, Greenberg 1997b, bes. S. 33. – Christian Bracht kann in seiner Dissertation zum Kunstkommentar in den sechziger Jahren zeigen, dass Greenberg mit seiner Kunsttheorie erfolgreich an einen bereits etablierten und institutionell gestützten Diskurs des Formalismus anknüpfen konnte, wie er von etwa von den britischen Kritikern Roger Fry und Clive Bell entwickelt worden war; vgl. Bracht 2003, S. 179-181. Greenberg 1997a, S. 274. Vgl. McEvilley 1993, S. 19-52, bes. S. 22. Greenberg 1961, S. 6; Sontag 1978, S. 5, 11: "Ideally, it is possible to elude the interpreters in another way, by making works of art whose 180 Nachkriegsdeutschland Richters und Polkes diese formalistische Tradition ebenso stark präsent und entsprechend ideologisch behaftet war, zeigt nicht zuletzt Werner Haftmanns Prophezeiung einer "schrittweise[n] Ausmerzung" aller "Wirklichkeitsbilder" in der Malerei, welche dem amerikanischen 'Reinheitsgebot' in nichts nachstand.665 Die Gegenposition zum Idiom des 'reinen' Bildes ortete Greenberg selber 1971 im Avantgardismus Duchamps. Dieser habe 1912 die Richtlinien für eine Kunst gestellt, die "höhere Anforderungen an den Verstand stellt als an den Geschmack" und die er abschätzig als "Hyper-Avantgarde" betitelte.666 Zielscheibe von Greenbergs vernichtender Kritik waren unter anderem die Konzeptkünstler, welche die krasseste Gegenposition zum Formalismus einnahmen und ihren Ansatz selbst im Readymade Duchamps fundierten. Joseph Kosuth schrieb 1969 in seiner Essayfolge "Kunst nach der Philosophie": "Durch das 'Ready-made' wurde der Schwerpunkt der Kunst von der Form auf die Sprache auf das, was gesagt wurde, verlagert. Was bedeutet, dass es das Wesen der Kunst von einer Frage der Morphologie in eine Frage der Funktion umwandelte. Diese Veränderung – von der 'Erscheinung' zur 'Konzeption' war das Ende der 'modernen' und der Beginn 'konzeptueller' Kunst."667 Kosuth plädierte für eine Trennung von Kunst und Ästhetik und kritisierte entsprechend Greenbergs ästhetisch und geschmacklich motivierte Urteile über Kunst.668 Ähnlich forderte auch Sol LeWitt, konzeptuelle Kunst solle eher den Verstand des Betrachters als sein Auge oder sein Gefühl ansprechen und beschäftigen.669 Diese antiästhetische Haltung der Konzeptkünstler, welche sich auch in 665 666 667 668 669 surface is so unified and clean, whose momentum is so rapid, whose adress is so direct that the work can be […] just what it is." Haftmann 1959, S. 13. - Mark A. Cheetham zeigt eine ästhetische Ideologie der "Reinheit" auch bereits bei Künstlern wie Wassily Kandinsky und Piet Mondrian auf, unterscheidet diese jedoch in Bezug auf ihre Transzendenzvorstellungen von der Theorie Greenbergs, Cheetham 1991, bes. S. 116-118. Greenberg 1997c, S. 385-388. Kosuth 1974, S. 84. Vgl. Benezra 1999a, S. 32; vgl. auch Bracht 2003, S. 254. LeWitt 1974, S. 183. 181 zahlreichen anderen Kunstformen ausdrückte, fand verschärfte Unterstützung in der Diskussion um die postmoderne Kunst und ihren "Bruch mit dem ästhetischen Teil der Moderne".670 Zwar bestanden die Apologeten der Postmoderne dabei nicht mehr auf dem von den Konzeptkünstlern geforderten 'linguistischen' Schwerpunkt der Kunst, gegen das Ästhetische sprachen sich Kunstkritiker wie Hal Foster, Douglas Crimp, Rosalind Krauss oder Craig Owens aber geradezu dogmatisch aus. Foster führte in der programmatischen Essaysammlung The Anti-Aesthetic das Misstrauen gegenüber dem Ästhetischen auf seine Zweckfreiheit und Geschichtslosigkeit zurück. Die Gegner des Formalismus sahen im Ästhetischen einen Aufschub kritischer Fragen und hielten dem eine "interdisziplinäre Praxis, die auf Formen der Kultur reagiert, die sich mit Politik befassen oder auf einer volkstümlichen Sprache basieren" entgegen.671 Paul Wood problematisiert diese Haltung insofern, als er in der Ablehnung des Ästhetischen eine neue "radikale Orthodoxie" nach dem Modernismus sieht, die selbst schon zu einer Institution mit eigenen Interessen geworden sei.672 In Gislind Nabakowskis Beanstandung eines von Richters "Weichzeichner-Realismus" verdeckten "sozialen Raums der Gegenwart" drückt sich, wie bei den Anti-Ästheten, die Forderung nach einer Relevanz und kritischen Haltung der Kunst aus, welche Richters Spätwerk offenbar vermissen lässt. Was Thierry Chervel als "schön" legitimieren und gegen den Vorwurf des Kitsch verwahrt sehen möchte, ist für Nabakowski schlicht "viel zu glatt".673 Ihr Kommentar belegt einmal mehr, dass der Begriff der Schönheit in den neunziger Jahren kein Qualitätskriterium der Kunst mehr war, sondern vielmehr benutzt werden konnte, einen Künstler herabzu- 670 671 672 673 Foster 1983, S. IX. – Die Formulierung Fosters bezieht sich auf die Tatsache, dass sich bereits einige moderne Avantgarde-Bewegungen systematisch gegen das Schöne in der Kunst gewandt hatten, vgl. dazu Wyss 1997, S. 86-109, bes. S. 92; Warnke 1995, S. 48. Foster 1983, S. XV (Übersetzung aus dem Engl.: Benezra 1999a, S. 249); vgl. zur anti-ästhetischen Haltung auch Wood 1994, S. 190. Wood 1994, S. 191. Nabakowski 1996. 182 setzen.674 Entsprechend findet Dave Hickeys Feststellung, Schönheit sei bei den zeitgenössischen Künstlern Ausweis für Marktorientierung und Konformismus mit den herrschenden Werten der Konsumgesellschaft, denn auch in Nabakowskis provokanter Frage ihren Niederschlag, ob sich Richter auf dem "Schlingerkurs zum Geld" befände.675 Dennoch postulierten zur gleichen Zeit sowohl der Kunstkritiker Hickey als auch unter anderem die Ausstellung Beauty Now 1999/2000 in Washington und München, dass das Schöne "im Rahmen einer postmodernen, allumfassenden Ästhetisierung unserer Lebenswelt" künftig wieder Konjunktur haben werde.676 Dabei könne der Begriff der Schönheit allerdings kein naiver mehr sein, sondern ein sentimentaler, der seine eigene Vorgeschichte mitreflektiere.677 Bezeichnenderweise präsentierte die Ausstellung auch Werke von Richter und Polke als Beispiele einer solchen Reflexion. Während Polke mit seinen Bunnies vertreten war, einem frühen Rasterbild, das im Katalog als "sarkastische Kritik an der amerikanischen Kultur" und damit als Reflexion eines degenerierten Schönheitsideals gedeutet wurde,678 waren von Richter acht offenbar authentisch schöne Landschaften und abstrakte Werke ausgestellt.679 Olga M. Viso ordnete Richters Werke in ihrem Katalogessay dem Kapitel "Der Reiz der Natur" zu, erklärte aber, dass Richters Landschaften nur "scheinbar" romantisch seien und in der Unschärfe die tiefere Wahrheit der Landschaft und die Objektivität der Fo- 674 675 676 677 678 679 Vgl. dazu Benezra 1999a, S. 36-37; Gilbert-Rolfe 1996, S. 20. Hickey 1993, S. 16-17. Der Titel der amerikanischen Ausgabe von Ausstellung und Katalog hiess Regarding Beauty; vgl. Gassner 1999, S. 13: "Das Interesse an einer Kunst, die moralisch argumentiert und politisch korrekt in unser Leben eingreift, scheint gegenwärtig wieder abzuflauen." – Vgl. dazu auch Wyss 1995. Vgl. Gassner 1999, S. 14. Sigmar Polke, Bunnies, 1966, Acryl auf Leinen, 149,2 x 99,3 cm, Washington, D.C., Hirshhorn Museum and Sculpture Garden, Smithsonian Institution; vgl. Viso 1999, S. 111. Vgl. Benezra 1999b, Kat. Nrn. 48-55. 183 tografie hinterfragten.680 Dabei erwähnte sie allerdings mit keinem Wort, dass das ausgestellte Seestück (bewölkt) von 1969 auf eine Fotomontage zurückging, an der sie den Bruch mit der Romantik hätte aufzeigen können. Dennoch gestand auch Viso ein, es sei "doch gerade die Schönheit (oder manchmal die Banalität) seiner Bilder, die ihnen den Charakter einer Übertretung" verleihe. Was Gislind Nabakowski entsprechend als sentimentalen Kitsch verurteilte, wird auch bei Viso als "ebenso honigsüss wie atemberaubend" beschrieben, jedoch in der gezielten Gegenüberstellung mit den abstrakten Bildern als Attacke auf die "Vorstellung reiner Malerei" verstanden.681 Es fällt auf, dass Richters Revisionen von Gattungen der Malerei in ihrem Anachronismus und ihrer Virtuosität die Erwartungen an die Kunst immer wieder irritieren. Während die schwarzweisse Malerei nach Laienfotos und Zeitungsbildern eine ästhetische Wirkung eher verhinderte und eindeutig auf eine Reflexionsebene verwies, deuten zahlreiche der farbigen Landschaften oder Stillleben eine Distanz zum Referenten lediglich noch in der Unschärfe oder im Bildausschnitt an. Eine dekonstruktive oder konzeptuelle Haltung liest sich aus derartigen Werken eher in der Gegenüberstellung mit völlig gegensätzlichen Ansätzen aus dem Gesamtwerk oder aber im Zusammenhang mit den sprachlichen Äusserungen des Künstlers. Dieses Vorgehen scheint, wie hier gezeigt wurde, für die Gegenwartskunst durchaus legitim, da die sprachlichen Kommentare – solange sie nicht als schlichte Interpretationsanweisungen des Künstlers betrachtet werden – durchaus als Teil des Werkes, etwa im Sinne eines erweiterten Titels, zu verstehen sind. Dennoch muss man sich fragen, ob Visos Verbindung der abstrakten Bilder mit Richters eigener Beschreibung als "fiktive Modelle" ausreicht, darin eine Attacke auf die "reine Malerei" zu 680 681 Hierin kommt Viso der Interpretation Peter Osbornes nahe, der in Richters "photo-painting" eine "double negation" von Fotografie und Malerei beobachtet, Osborne 1992. Viso 1999, S. 121-122. 184 sehen.682 Dass sich eine solche Attacke gegen die Ästhetik an Richters schönen Landschaften eben gerade nicht ablesen lässt, belegt ein Vergleich mit der ebenfalls im Katalog gezeigten Sinking Sun von Roy Lichtenstein. Indem letzterer das Massenkulturelle in Form von mechanischer Produktionsweise und Elementen der Werbegrafik und des Cartoons für die Darstellung eines klassischen Bildthemas einsetzt, distanziert er sich im Gegensatz zu Richter eindeutig vom traditionellen "Reiz der Natur". Anlässlich der Ausstellung Pop Art in Venedig 1980 hatte Roland Barthes gerade in diesem Gebrauch des Massenkulturellen bei den Pop Artisten eine Umwertung der Werte und eine Verdrängung des Ästhetischen aus der Kunst beobachtet.683 In dieser Verdrängung all dessen, was nicht rhetorisch sei, sah Barthes das Bild als seinen Signifikanten in Erscheinung treten.684 Eben diesen Rückgriff auf massenkulturelle Bilder, Medien oder deren Codes macht sich auch Sigmar Polke in seinen Rasterund Stoffbildern zunutze, um eine "unreine Diskursivität" des Bildes zu erzeugen.685 Indem er Elemente der Massenkultur mit solchen der Hochkunst vermengt, wie etwa in den Versionen des DürerHasen oder in Carl André in Delft, kann er Greenbergs Postulat der Reinheit im Rückgriff auf den "Kitsch" gezielt unterlaufen.686 In dieser Überlagerung verschiedener Codes entreisst Polke das originale Werk seinem ursprünglichen Kontext und belegt es mit 682 683 684 685 686 Gerade die späteren Abstrakten, die eben nicht mehr auf einem Wiederholungsverfahren basieren, geben immer wieder Anlass zur Diskussion um eine affirmative Haltung Richters; vgl. Hentschel 1999, Nabakowski 1996, Wood 1994. - Paul Wood beobachtet allerdings in den späten abstrakten Bildern Richters eine Rekonstituierung des Schönen "aus den Ruinen des Modernismus" und folgert, dass Richter sich gezielt gegen eine von Ästhetik befreite, rein kulturelle Intervention wende, Wood 1994, S. 192-193. Barthes 1982, bes. S. 181. Barthes 1982, S. 187; vgl. auch Amelunxen 1993, S. 31-32. Vgl. zum Begriff der "unreinen Diskursivität" im Gegensatz zur "reinen Optikalität" Jay 1997, bes. S. 158. – Entsprechend wurden Polkes Bunnies in der Ausstellung Beauty Now auch als kritische Stellungnahme zum Diskurs der Schönheit verstanden. Thomas Crow kann in seinem Aufsatz "Moderne und Massenkultur in der bildenden Kunst" allerdings aufzeigen, dass sich das modernistische Selbstverständnis keineswegs nur auf Materialreinheit und Mediengerechtigkeit beschränkt, wie es die Postmodernen behaupten, Crow 1990. 185 einem neuen. Derartige Kontexte bezeichnet Marlies Grüterich als "reale Zusammenhänge", in welche die zeitgenössische Kunst interveniere und welche sie als mediale Bezugspunkte in ihre Untersuchung mit einbeziehe. Grüterich bezieht sich mit ihrer Aussage allerdings auf Richter und liest auch sein Werk in diesem Sinne als "eine gemalte Ästhetik gegen die reine Malerei".687 Dabei lässt sie jedoch ausser Acht, dass zahlreiche der Gemälde, für sich betrachtet, kaum Hinweise auf eine 'unreine' Lesart liefern: Die gezielte Irritation eines rein optischen Erlebnisses und eines 'unschuldigen' Blicks,688 wie sie etwa in der doppelten Codierung der schwarz-weissen Fotogemälde oder der frühen Abstrakten eingesetzt wird, ist in den romantisch anmutenden Landschaften oder den Blumenstillleben in sehr viel geringerem Masse vorhanden. Während etwa die überdimensionalen Pinselstriche ihren Scheincharakter in einer innerbildlichen Differenz selbstständig entlarven, erhalten Richters Landschaftsbilder erst mit seiner unzeitgemässen Bekenntnis, er habe einfach Lust gehabt, "etwas Schönes zu malen" und in ihrer Auslegung als "Kuckuckseier" und Ausdruck von "Verlogenheit" eine subversive Qualität.689 Im Zusammenspiel von Malerei und Kommentar oder von Einzelwerken gegensätzlicher Ausdrucksform, wie zum Beispiel den Landschaften und den Grauen Bildern, werden so die aufgegriffenen Positionen in ihrer Authentizität wieder unterlaufen. In dieser manipulativen Eigenschaft liessen sich die Kunstbezüge Richters und Polkes in Analogie zu Boris Groys' Beschreibung des postmodernen Tafelbildes auch als "Verweis auf einen Kontext, nicht jedoch auf einen Referenten" verstehen.690 Die zum Teil überflüssig erscheinende Wiederholung verschiedenster Kunstwerke und Bildformen deutet insofern auch eine Absage an die Autonomie 687 688 689 690 Grüterich 1975, S. 16-17. Zum Topos des "unschuldigen Auges", auf den sich die Formalisten berufen, vgl. Ruskin 1904; Gombrich 1977, S. 246-278, bes. S. 250-252; Arthur C. Danto, "Tiere als Kunsthistoriker: Reflexionen über das unschuldige Auge", in: Danto 1996, S. 27-45; Bracht 2003, S. 168-172. Vgl. Bätschmann 1998, S. 30-31. Groys 1991, S. 99. 186 des Bildes und seine 'reine' Selbstgenügsamkeit an. Die Kunstbezüge eröffnen durch verschiedene Mittel wie Ironie, Manipulation, Brechung oder scheinbare Redundanz den Raum einer Referenzialität, die aus jener Kunstimmanenz tendenziell hinausweist, wie dies Uli Bohnen auch für seine Ausstellung Hommage-Demontage 1988 postulierte.691 Im Gegensatz zur ästhetischen Selbstbezüglichkeit des Werkes im Greenberg'schen Modernismus, handelt es sich bei derartigen Aneignungen bestehender Bilder um eine diskursive Reflexion. Die einzelnen Wiederholungen präsentieren sich entsprechend so unterschiedlich wie die Vorbilder und Diskurse, auf die sie referieren: Richters Zyklus Verkündigung nach Tizian greift die Frage nach dem Objektcharakter des Bildes, der Bildsprache und dem kunstpolitischen Bilderstreit auf, ebenso wie die halb abstrakten, halb figurativen Werke beider Künstler, die listig gegensätzliche Ausdrucksformen in ihrer Dichotomie in Frage stellen. Polkes Original + Fälschung thematisiert die gesellschaftliche Bewertung und den wirtschaftlichen Wert der Kunst, die DürerHasen und der Leonardo-Zyklus ihre Vermarktung und das daraus entstehende kollektive Bild eines Dürers beziehungsweise Leonardos. Auch Richters Fotobezüge untersuchen in den Familienporträts, Akten oder Landschaftsbildern eine visuelle Kultur und vergleichen die Darstellungskonventionen der Alltagsmedien mit denen der Kunstgeschichte. Die Stilzitate entlarven schliesslich die Kunst einerseits in ihren politischen Ideologien, etwa in Polkes Konstruktivistisch, und stellen andererseits die Historiografie der Kunst selbst zur Diskussion. Die werkimmanente Selbstreflexion wird hier also ausgeweitet auf Fragen nach den Voraussetzungen und Mechanismen der Kunst, wobei diese nicht nur ihre visuellen und medialen Grenzen betreffen, sondern auch gesellschaftliche, ideologische, politische und wirtschaftliche Bedingungen einbeziehen. 691 Bohnen 1988a, S. 9; Bohnen 1988b, S- 320. 187 In diesem Sinne trifft auf die Kunstbezüge Richters und Polkes zu, was Owens dem postmodernen Kunstwerk im allgemeinen zuschreibt: Im Rückgriff auf Bilder, die durch die Medien übermittelt sind, untersuchen die Wiederholungen darin kodierte ideologische Inhalte und decken Strategien und Taktiken auf, durch welche sich derartige Bilder ihren Status in unserer Kultur sichern.692 Markus Brüderlin vergleicht dieses Vorgehen der Aneignungskunst mit Michel Foucaults Definition seiner Archäologie des Wissens: So wie die Archäologie nicht ideengeschichtlich die "unmittelbaren Erfahrungen" wieder herstelle, welche sich in den Diskursen verbergen, sondern "jene Diskurse selbst […] als bestimmten Regeln gehorchende Praktiken" beschreibe, geht nach Brüderlin auch die zeitgenössische Aneignungskunst vor. Und wie Foucaults Archäologie als "erneute Schreibung" nicht zum "Geheimnis des Ursprungs" zurückkehrt, behauptet auch Boris Groys, die postmoderne Wiederholung rekonstruiere nicht "die verborgene, originäre Intention des angeeigneten Werkes".693 Während Groys aber für die Appropriation-Künstler eine radikale Opferung der künstlerischen Subjektivität und Autorschaft beobachtet, welche in nichts kompensiert werde, kann dies für Richters und Polkes Wiederholungen nicht im gleichen Masse gelten wie für eine Elaine Sturtevant oder Sherrie Levine. Groys stellt fest, dass man eine Arbeit von Warhol oder Beuys visuell erkennen könne, ein Werk von Sturtevant hingegen nicht. Dass auch 'ein Richter' und 'ein Polke' trotz der Zurückweisung von gestischem Ausdruck und Personalstil als solche zu erkennen sind, nähert sie eher den Pop Artisten als den Appropriation-Künstlern an. Die Bildherstellungs-Verfahren, derer sich Polke und Richter indessen bedienen, bringen im Gegensatz zu den Pop Künstlern Werke hervor, 692 693 Owens 1982, S. 21. – Hubertus von Amelunxens Behauptung, dabei ginge es Owens gerade nicht um "die ironisch gebrochene Begegnung von Überliefertem und 'Neuem', trifft nicht zu, insofern als Owens explizit von Parodien spricht: "Through appropriation, manipulation and parody, these artists work to render visible the invisible mechanisms whereby these images secure their putative transparency […]", vgl. im Gegensatz dazu: Amelunxen 1993, S. 32-33. Brüderlin 1990, S. 125; Foucault 1986, S. 198-200; Groys 2001, S. 178. 188 die sich nie ganz einem kreativen und handwerklichen Bearbeiten der Vorbilder und einer traditionell ästhetischen Wirkung entziehen. Sobald die eindeutig subversiven Gesten, etwa in Form von Schrift oder deutlichen Verweisen auf die Massenmedien, in den Hintergrund treten, nimmt auch die kritische Differenz zum Vorbild ab. Während etwa Richters Graue Bilder ebenso gut als Inbegriff der formalen Selbstbezüglichkeit gelesen werden könnten,694 überwindet auch die Malerei Polkes nicht konsequent die modernistische Autonomie des Bildes. So berichtete Isabelle Graw 1993 von Polkes Ausstellung im Mönchengladbacher Museum Abteiberg, Polke gehe von einem "realen und fiktiven Publikum aus, das zu einem Geniessen bereit ist, welches seinem Genuss bei der Arbeit ähnelt."695 Diese "Aufforderung zur Anschauung" beobachtete sie vor allem an den Schüttbildern der neunziger Jahre, doch lässt sich eine ähnlich ästhetische und geradezu transzendente Wirkung auch für Polkes Kunstbezüge wie die Dürer-Schleifen oder die grossen monochromen Arbeiten für die XLII. Biennale aufzeigen. 3. Eine Kunstwelt für sich Dass diese Ambivalenz der Werke in der Kunstwelt mitunter regelrechtes Unverständnis provoziert, macht der Bericht Benjamin Buchlohs über Richters Beitrag für die documenta IX von 1992 deutlich. Richters Präsentation eines holzgetäfelten Kabinettraumes mit dreizehn abstrakten Gemälden, einem Scheibenrelief und einem einzelnen Blumenstillleben erinnerte Buchloh in ihrer befremdlich konservativen Wirkung an die frühere Installation der Bronzeköpfe von Richter und Blinky Palermo 1972 in der Münchner Galerie Heiner: "Auch dort sahen sich die deutsche Kritik und die Museums-Professionellen fassungslos mit einer Geste konfrontiert, die weder als ironisch noch als affirmativ klassifiziert werden konnte und die sich eben in ihrer extremen Ambivalenz als ästhe- 694 695 Owens bezeichnet die "rhetorical strategy of self-reference upon which modernism is based" als die Quelle des ästhetischen Gefallens schlechthin, Owens 1992c, S. 85. Graw 1993, S. 80. 189 tisch definierte. Die aussichtslose Hypertrophie des künstlerischen Geltungsanspruchs (auf geschichtliche Dauer und auf Autorenruhm) war in den Bronzebüsten, die Richter von sich und Palermo modellierte und giessen liess, ebenso artikuliert worden, wie er nun seinen Anspruch auf der Malerei angemessene, vorkulturindustrielle Ausstellungs- und Erfahrungsbedingungen in der Kabinettkonstruktion in Edelholzfurnier ausführte."696 Während die Kritiker in der Kabinett-Hängung der Gemälde die Unvermeidbarkeit ihres dekorativen Charakters eingestanden sahen und eine Neuartigkeit und Kontextualität der Bilder gerade im Installationsgefüge vermissten, deutete Buchloh die Präsentation als werkimmanente Kritik an ihren eigenen Voraussetzungen und als Widerstand "gegen die tatsächliche und vollkommene Vereinnahmung" der visuellen Erfahrung in der Spektakelkultur. Das Blumenstillleben enthüllte für ihn "in der falschen Harmlosigkeit" eben den "Substitutscharakter des Ästhetischen".697 Richters auf den ersten Blick konservative Arbeit erhielt somit bei Buchloh den Status einer kritischen Reflexion ihrer eigenen Bedingungen und Funktionen. Gerade in der Nichterfüllung der Forderung nach einer kontextspezifischen Installationskunst habe Richter die Erwartungen an die Kunst unterlaufen und die Gläubigkeit der Kritiker entlarvt. In analoger Weise deutete Isabelle Graw im gleichen Jahr auch Polkes "Neue Bilder 1992" in Mönchengladbach als Antwort auf gesellschaftliche Forderungen an die Kunst: Die Gemälde seien so gehängt gewesen, dass jeder Einwand, den man gegen ein Bild hätte haben können, durch das nächste Werk bereits entkräftet worden sei.698 Im Nebeneinander der Bilder habe Polke sowohl das Erlebnis eines "ästhetischen Ausuferns" wie auch das "Bedürfnis nach einer gesellschaftlichen Funktion von Kunst" befriedigt. Polkes Bilder 696 697 698 Benjamin Buchloh, "Gerhard Richter und die Allegorie des abstrakten Kabinetts [1992]", in: Buchloh 1993b, S. 69-71, hier S. 68. Benjamin Buchloh, "Gerhard Richter und die Allegorie des abstrakten Kabinetts [1992]", in: Buchloh 1993b, S. 69-71. Graw 1993, S. 81. 190 und Ausstellungen deutete Graw insofern als strategisch, da er sein Publikum im Auge behalte.699 Sowohl aus Buchlohs und Graws Plädoyers zu den jeweiligen Präsentationen der Künstler, als auch aus den durch sie übermittelten kritischen Stimmen wird klar deutlich: So sehr auch dem Ästhetischen eine Konjunktur prophezeit wurde, so sehr blieb doch offenbar die Erwartung nach einer kritischen Haltung und einer gesellschaftlichen Relevanz der Kunst bestehen.700 Weder die Rezeptionsvorgaben eines intimen Kabinetts, welches die Gemälde in ihrer Autonomie betonte und ein rein ästhetisches Erlebnis zu befördern schien, noch die "Illusion eines erfüllten Begehrens", die Polkes "selbstgefällige" Schüttbilder auslösten, erschienen den Kritikern der frühen neunziger Jahre zeitgemäss. Buchloh selbst wies darauf hin, dass ein Kunstwerk zu jener Zeit "als bloss noch temporäres und ephemeres dem permanenten Schichtwechsel unterworfen sei" und daher kontextuell ausgerichtet sein müsse.701 Entsprechend konnten wohl auch die positiven Deutungen der Ausstellungen durch Graw und Buchloh sich nicht auf einen optischen Genuss allein berufen, sondern fanden die Legitimation der scheinbar affirmativen Werke gerade in ihrer subversiven und damit wieder kritischen Haltung. Dass sich ihre Interpretationsansätze dadurch als ebenso 'zeitgemäss' erwiesen, wurde bei Graw indirekt mitreflektiert. Sie selbst wies darauf hin, dass auch die Erwartungen an die Kunst einem Wandel des 'Zeitgeistes' unterliegen: Während Buchloh etwa in den siebziger Jahren Polkes Rasterbilder noch als "Ideologiekritik" verstanden hatte, wurden sie in den neunziger Jahren durch Martin Hentschel gerade in Abweichung vom Zeitungsraster als ornamentale Strukturen beschrie- 699 700 701 Graw 1993, S. 88. Vgl. dazu die Untersuchung Wolfgang Rupperts zum 'modernen Künstler', dessen "Dienstleistungsfunktion" im 19. Jahrhundert in der Darstellung, Vermittlung und Reflexion des ideellen Wertesystems lag, das für die symbolische Selbstverständigung der bürgerlichen Individuen bedeutsam war, Ruppert 2000, bes. 143-150. Benjamin Buchloh, "Gerhard Richter und die Allegorie des abstrakten Kabinetts [1992]", in: Buchloh 1993b, S. 67-71, hier S. 68. 191 ben - eine Deutung, die Graw in den siebziger Jahren, "in einer Umgebung, die an Kritik glaubte", für unmöglich befand.702 Die Wahrnehmung der Kunst war immer durch ihre institutionelle Rahmung und Interpretation gelenkt, beschränkt und beschnitten.703 Dass Kunsturteile dabei grösstenteils auf moralischen Wertungen basieren, beweist auch das Unbehagen, welches Richters offenbar "zu unproblematisches" Spätwerk bei den Kritikern auslöst.704 Auch bei Polke wurde bereits seit den achtziger Jahren in der ästhetischen Verwendung natürlicher Materialien eine "Umkehr" konstatiert, welche Thomas McEvilley jedoch dadurch legitimieren konnte, dass das Eindringen in die Natur eine noch "radikalere Phase" bedeute als die direkte Kulturkritik.705 Interessanterweise offenbarte sich dagegen 1997 in den Kritiken der documenta X, welcher die Kuratorin Catherine David die Malerei weitgehend ausgeklammert hatte, schon eine Übersättigung des Kunstpublikums an sozialen oder moralischen Interventionen. So beklagte etwa Henning Ritter in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung das "armselige Äussere" der Werke und betitelte die Künstler als "Sozialarbeiter", die nun versuchten, sich zu "Dandys" aufzuschwingen.706 702 703 704 705 706 Graw 1993, S. 88, 82; vgl. Buchloh 1976, S. 140-142; Hentschel 1991, S. 152-158; – Vgl. auch die sich wandelnde Rezeption des Werks von Andy Warhol, wie sie Buchloh darstellte, Buchloh 1991. Vgl. Germer 1995, S. 143. – Germer wandte sich gegen Hans Beltings These eines "Endes der Kunstgeschichte", welches dieser dadurch begründete, dass die kunstgeschichtlichen "Rahmen" zu eng geworden seien, um die moderne oder postmoderne Kunst beschreiben, vgl auch Belting 1995, bes. S. 21-25. Paul Wood bezeichnet Richters Werk insofern als "problematisch", als gerade ein "loss of a sense of 'problem' in his more recent work" zu beobachten sei, Wood 1994, S. 180. - Auch Buchloh möchte in jüngerer Zeit seine früheren Analysen des Richter'schen Werks überdenken und die klassischen Realismen in Richters Kunst nicht als Bezug auf die Kunstgeschichte, sondern im Zusammenhang mit seiner Prägung durch die Realismen autoritärer Systeme wie der DDR und dem Nationalsozialismus erklären. Diese Thesen, welche sich in seiner angekündigten neuen Publikation zu Richter finden werden, stellte Buchloh unter anderem im Schlussreferat der Tagung der Vereinigung der Kunsthistorikerinnen und Kunsthistoriker der Schweiz Kunstgeschichte der Gegenwart schreiben am 12. Oktober 2002 in Winterthur vor. McEvilley 1991, S. 35 u. 50. Ritter 1997. 192 Es lässt sich beobachten, dass die Konkurrenz dieser pluralen Ansprüche, Begriffe und Konzepte, welche die Kunsttheorie und kritik seit den sechziger Jahren hervorgebracht hat, auch in den Werken der Künstler ihren Niederschlag findet. In den bisweilen geradezu gegensätzlichen Rezeptionsmöglichkeiten der Werke Richters und Polkes deutet sich insofern vielleicht eine interne Kritik an ihrer Fixierung auf eine auktoriale Intention an. Richters affirmative Wiederholungen von Gattungen und Stilen der Malerei versucht sich dabei ebenso wie Polkes groteske Kombination von verschiedensten Bildern und Medien jeglicher Eingrenzung auf ein ideologisch einheitliches Modell zu widersetzen.707 Gerade die Kunstbezüge von Richter und Polke können somit als Stellungnahme zu einem System verstanden werden, dem sie selbst angehören. Ein ähnliches Verständnis liest sich auch aus Isabelle Graws Bemerkung, keine künstlerische Entscheidung sei ohne die in ihr enthaltenen gesellschaftlichen Interpretationen denkbar. In Bezug auf Polkes Rasterbilder stellt sie die These auf, der Anspruch einer kritischen Haltung habe sich auch auf die Künstler und ihre Produkte übertragen, so dass Polkes Bilder möglicherweise nicht nur als "Ideologiekritik" empfunden wurden, sondern vielleicht auch so gemeint gewesen seien.708 Graws These erscheint als Indiz dafür, wie stark Kunstkommentar oder –theorie und Kunstpraxis verbunden sind und in Abhängigkeit voneinander entstehen. So ist auch die Ausrufung eines posthistorischen oder postmodernen Zeitalters für die Kunst nicht nur als theoretische Analyse der künstlerischen Praxis zu verstehen, sondern muss als ebenso konstituierend für die Seite der Produktion erachtet werden. Modelle wie das vom "Ende der Geschichte" oder vom "Tod des Autors" werden damit für den gesamten Kunstbetrieb zu einem Leitfaden des Zeitgemässen. Christian Bracht beschreibt in seiner Dissertation zur Funktion des Kunstkommentars 707 708 Dieser Entzug äussert sich in der Appropriation Art noch deutlicher, indem sie sich in ihrem "Doppelcharakter" einer einzigen Deutung im Sinne der herrschenden Moral gerade widersetzt, vgl. Römer 2001, S. 276. Graw 1993, S. 82. 193 in den sechziger Jahren, wie die Differenz von altem und neuem Paradigma einerseits zur Leitdifferenz aktueller Ästhetiken und zugleich zur zentralen Legitimation des herrschenden Kunstdiskurses werde. Diese Legitimation übertrage der Kunstdiskurs auf seinen Gegenstand, so dass nur solche Kunst für ästhetisch gültig erklärt werde, die sich zur Macht der Tradition – hier dem Modell des Modernismus - erkennbar subversiv verhalte.709 Für dieses Zusammenspiel von Kunstproduktion, -theorie, -kritik und -markt prägte Arthur C. Danto 1964 den Begriff der "Kunstwelt". Dieser macht deutlich, dass Kunstwerke nur im Rahmen von Diskursen, welche die Interpretationen und Gebrauchsweisen von Kunstwerken regeln, ihren Status erhalten.710 Für die moderne Kunst heisst dies, dass nicht nur der Objektcharakter, sondern vorrangig die Installation in Galerien, Museen oder im öffentlichen Raum den Bezugsrahmen vorgeben, in dem sich Kunst überhaupt erst als solche konstituiert. Gerade in diesen Mechanismen der Kunstwelt könnte sich einer der Gründe für die zahlreichen Bezugnahmen der Künstler auf ihre eigene Tradition verbergen. Das Abhängigkeitsverhältnis von Kunst und institutionellem Rahmen sowie die weiterhin moralischen Bewertungskategorien der Kunstwelt scheinen geradezu eine Praxis der institutions- und medienkritischen Selbstbezüglichkeit zu provozieren.711 Auch Wertmassstäbe wie die Ideologie des Originals werden dabei einer kritischen Revision unterzogen. Heinz Schütz prägte 1993 mit einer Dokumentation des Kunstforums für eben diese Selbstbezüglichkeit auf die Tradition die Bezeichnung "Kunst Geschichte Kunst".712 Damit wurde bereits angedeutet, dass es sich nicht um einen "neuen Historismus" handelte, wie dies etwa Udo 709 710 711 712 Bracht 2003, S. 99. Danto 1992, bes. S. 431-433. In Dan Camerons Überblick über verschiedene "postmoderne" Strömungen der New Yorker Kunstwelt wird deutlich, dass die den Kontext der Kunst thematisierende Praxis, welche er als "Neo-Konzeptualismus" bezeichnet, besonders auf die Konzeptkunst und ihren Bezug auf das Readymade zurückgeht, Cameron 1990, bes. S. 281. Schütz 1993a. 194 Kultermann 1980 und Ekkehard Mai 1981 angenommen hatten,713 sondern, dass hier die Kunst auf einer kritischen Meta-Ebene ihre eigene Historisierung und Institutionalisierung thematisierte. So drückt sich in den konzeptuell angelegten Wiederholungen eben nicht die von Mai beschriebene "romantische Sehnsucht nach grosser Malerei" aus,714 sondern gerade die kritische Infragestellung derartiger Kategorien. Wenn in diesem Sinne "Kunst von Kunst" kommt, heisst dies somit nicht, dass die Kunst lediglich "über sich selbst als über sich selbst Reflektierende reflektiert", ohne diesen Zirkel zu durchbrechen.715 Die wiederholten Vorbilder dienen vielmehr als Gegenstand der Selbstverortung, zu dem visuell-diskursive Differenzen hergestellt werden, die über die kunstinternen Grenzen hinausweisen können.716 Otto Karl Werckmeister hingegen kritisiert die zeitgenössische "institutionell abgesicherte künstlerische Kultur" als "selbstgeschlossenen Expertenkreis", der seine eigene Kunstgeschichte nicht nur schreibe, sondern entwerfe, verwirkliche und vollziehe. Dabei bestehe die ästhetische Distanz "dieser medialen Ausdruckskultur" von der visuellen Medienumwelt nur noch darin, dass sie die kritische Reflexion auf sich selbst in ihre Darbietungen einbeziehe und durch sprachliche Kommentare ergänze. Die Beurteilung durch die Beschauer nehme sie dabei vorweg, beziehe vorgeblich deren Reaktionen bereits in ihre Darbietungen ein und programmiere ihre eigene Kritik vor.717 Werckmeisters Vorwurf einer nur "scheinbar kritischen, tatsächlich aber affirmativen" Gegenwartskunst spricht das Problem an, welches sich im künstlerischen Schwanken zwischen einer kritischen Opposition zur Kunstin- 713 714 715 716 717 Kultermann 1980, Mai 1981. Mai 1981, S. 49. Bohnen 1988b, bes. S. 318-321. Vgl. dazu auch Römer 2001, S. 273. Werckmeister 1998, S. 4-5. – Dabei muss allerdings bemerkt werden, dass Werckmeister die "Gegenwartskunst" grundsätzlich nicht für epochal hält und die These aufstellt, nicht die Kategorien der Kunstgeschichte versagten angesichts der Gegenwartskunst, sondern umgekehrt werde letztere den Kategorien der Kunstgeschichte vielleicht nicht gerecht. 195 stitution und einer die Institution legitimierenden Partizipation auftut. Stefan Römer stellt in diesem Zusammenhang fest, dass sich die zeitgenössischen Taktiken nicht mehr durch eine behauptete Autonomie ausserhalb der hegemonialen Kulturindustrie positionieren, sondern durchaus am Markt und somit an der Konsumideologie partizipieren.718 Die Kunstwelt erweist sich hier auf geradezu verzwickte Weise als "geschlossenes", "selbstbeschreibendes" und "selbstförderndes" System, indem die Kunst in ihrer institutionskritischen Reflexion immer auch Teil des untersuchten Feldes ist.719 Daraus ergibt sich, dass die Künstler sich gerade den traditionellen Werten und Mechanismen der Kunst, die sie zu verneinen und unterlaufen versuchen, nie ganz entziehen können. Wie die ursprünglich gegen die elitäre Hochkunst gerichteten Werke Rauschenbergs und Warhols, haben auch die demonstrativen Wiederholungen von Richter und Polke mit der Zeit eine kulturelle Bedeutung erlangt, die ihnen den Status von Meisterwerken verleiht. Dadurch konnten sie im Unterlaufen der Tradition paradoxerweise sowohl die Praxis der hohen Kunst wie auch die in Verruf geratene Malerei wieder beleben.720 An dieser Stelle schliesst sich der Kreis hier wieder: Gerade diejenigen künstlerischen Konzepte, die sich den Regeln des Systems zu entziehen versuchen, geniessen darin grösste Wertschätzung. Somit verdankt sich auch der Ruhm von Polke und Richter nicht zuletzt der notorischen Fähigkeit des Kunstbetriebs zur Einverleibung seiner schärfsten Kritiker: Seit 1999 besetzen beide Künstler als Vertreter der "Neuen Malerei" 718 719 720 Vgl. Römer 2001, S. 276-277. – Römer macht darauf aufmerksam, dass auch eine "so genannte Radikalopposition" nur über den Prozess der Vermarktung politisch wirksam werden könne, weshalb sie dann aber keine Radikalopposition mehr darstelle. Vgl. das von Niklas Luhmann systemtheoretisch als soziales System gesellschaftlicher Kommunikation beschriebene Kunstsystem, Luhman 1995. - Ähnlich wie Danto hält Luhmann dabei fest, dass das Kunstsystem als autonomes System selbst bestimmt, was als Kunst zählt und fördert und sich somit selbständig erneuert. Die Funktion der Kunst sieht Luhmann dabei darin, die "Welt in der Welt erscheinen zu lassen", also in einer Art Selbstreflexion, S. 222-242; zur "Selbstbeschreibung" bes. S. 393-401. Zu Rauschenberg und Warhol vgl. Buchloh 1982a, S. 29-30. 196 und als "Künstlerstars" die absolute Spitze des weltweiten Kunstmarktes, von wo sie sogar den langjährigen amerikanischen Spitzenreiter und "Prozesskünstler" Bruce Nauman verdrängen konnten.721 Somit gelten die gleichen Gemälde, welche 1963 die traditionellen Kriterien eines Kunstwerks nicht erfüllten und sich "mit Siebenmeilenstiefeln" von der Kunst wegzubewegen schienen,722 im Jahr 2002 für die Zeitschrift Art Investor als "Blue Chips" des Börsenmarktes, in denen "Quantität und Qualität" bereits "weitgehend festgelegt" sind.723 721 722 723 dpa 1999: "Nachdem soeben die Kunstzeitschrift "Arte" [sic] ihre Besten-Hitparade der Künstler aufgestellt hat, in der Gerhard Richter als wichtigster Maler erscheint, legt der "Kunstkompass" des Wirtschaftsmagazins "Capital" nach. Dort führt Sigmar Polke die Liste an. Erstmals löste er den seit sieben Jahren amtierenden Amerikaner Bruce Nauman ab. Es folgen Richter, Nauman, Trockel, Baselitz, Cindy Sherman"; zur zitierten "Besten-Hitparade" vgl. Art-Umfrage 1999a, und ArtUmfrage 1999b. – Vgl. Capital Kunstkompass 2002. Friedrichs 1963. Dudzik 2002, S. 78; vgl. auch die Analyse des Marktwertes von Gerhard Richter in der Zeitschrift art investor, in der es heisst, gerade die frühen Leinwände seien auf dem Kunstmarkt sehr gesucht und erzielten auf Auktionen immer wieder Höchstpreise, Kohl 2002, S. 38. 197 Glossar Die hier vorgelegte Begriffsliste stellt den Versuch dar, die oft undifferenziert gebrauchten Bezeichnungen für verschiedene Arten der künstlerischen Wiederholung mit möglichst 'dienlichen' und präzisen Definitionen zu versehen und diese miteinander in Beziehung zu setzen. Die Umschreibungen stützen sich auf Begriffsdefinitionen in der kunsthistorischen, sowie literatur- und sprachwissenschaftlichen Fachliteratur, ansonsten gilt der allgemeine Sprachgebrauch. Dabei wird versucht, den bisherigen Gebrauch der Begriffe in der kunsthistorischen Literatur mit einzubeziehen. Die wichtigste Quelle zur Begründung einer Systematik der Begriffe ist Gérard Genettes literaturwissenschaftliche Theorie der "Hypertextualität" Palimpsestes von 1982, die hier in stark verkürzter und vereinfachter Form auf bildliche Bezüge übertragen wird. Die begriffliche Systematik Genettes kann dabei jedoch nur ein grobes Raster zur Unterscheidung von Bezugnahmen liefern, da die Unterscheidung der Beziehungen von Bildbezügen weniger eindeutig ist, als dies bei Texten der Fall ist. Alle mit einem * gekennzeichneten Begriffe sind im Sinne Genettes verwendet und entsprechend im angefügten Schema wieder zu finden:724 Register Spielerisch Satirisch Ernst Beziehung Transformation Nachahmung PARODIE PASTICHE TRANSPOSITION NACHBILDUNG TRAVESTIE PERSIFLAGE ADAPTION Umarbeitung eines literarischen Werks für eine andere literarische Gattung od. für ein anderes Kommunikationsmedium (z. B. Film, Fernsehen). ANALOGIE (griech. Entsprechung, Gleichartigkeit) Sprachwissenschaft: Methodologisches Mittel, um bestimmte Sachverhalte verschiedener Gebiete in ei- 724 Genette 1993, S. 44. 198 ne Beziehung zu bringen. Auf der Grundlage der Ähnlichkeit von Verhältnissen kann von einem bekannten System von Elementen auf ein unbekanntes Element eines zweiten Systems geschlossen werden;725 hier übertragen: Beziehung der Ähnlichkeit von übereinstimmenden Elementen verschiedener Kunstwerke.726 APPROPRIATION (engl. Besitzergreifung, Beschlagnahmung);727 die künstlerische Appropriation definiert Benjamin Buchloh allgemein als eine Überprüfung lokaler, zeitgenössischer Codes der künstlerischen Praxis durch Bezug auf frühere Stile, motivische Vorläufer oder unterschiedliche Produktions- und Rezeptionsformen;728 andererseits könne auch ein aus dem Zusammenhang gerissenes Motiv mittels Recodierung in eine künstlerische Aussage integriert werden, um den kulturellen Apparat umzufunktionieren und seine Rahmenbedingungen zu überprüfen; die Ursprünge jener Strategie liegen nach Buchloh in den "allegorischen" Verfahren von Collage und Montage;729 Robert S. Nelson betont den Aspekt der aktiven, subjektiven und zielgerichteten Praxis im Gegensatz zur Vorstellung eines "Einflusses" und setzt appropriation mit Roland Barthes' Begriff des "Mythos" gleich;730 appropriation art wurde seit Beginn der achtziger Jahre zum Begriff für eine Bildstrategie der Aneignung verwendet, die bereits eine Form der Kritik impliziert und die Bedeutung von Originalität und Autorschaft unterläuft;731 nach der Definition Douglas Crimps ist die Abwendung von einer Stil- durch eine Materialaneignung, die historische Reflexion der "Aneignung über die Aneignungsstrategie selbst" und die spezifische Rolle der Fotografie entscheidend.732 ANEIGNUNG Dt. Übersetzung für Benjamin Buchlohs Definition der appropriation; die Bezeichnung dient häufig als Oberbegriff für die künstlerischen Bezugnahmen seit den siebziger Jahren.733 BEZUGNAHME Allgemein der Verweis oder die Referenz auf ein anderes Kunstwerk; dabei kann zwischen einer starken und schwachen "Referenzialität" unterschieden werden, je nachdem wie intensiv das zitierte Werk thematisiert und seine Eigenart "blossgelegt" wird.734 725 726 727 728 729 730 731 732 733 734 Vgl. Artikel "Analogie", in: Metzler-Lexikon Sprache, hrsg. von Helmut Glück, Stuttgart/Weimar: Verlag J. B. Metzler, 1993, S. 37. Zum Thema der "visuellen Analogie", vgl. Stafford 1999. Vgl. Artikel "appropriation", in: The Oxford English Dictionary, hrsg. von J.A. Simpson und E.S.C. Weiner, 20 Bde., 2. Aufl., Oxford: Clarendon Press, 1989, hier Bd. 1, S. 587. Buchloh 1982b, S. 28. Buchloh 1982a, S. 44-47; vgl. auch Römer 1997 und Römer 2001, S. 91104. Nelson, Robert S., "Appropriation", in: Nelson/Shiff 1996, S. 118-119; vgl. auch Barthes 1957, S. 191-247. Stefan Römer, "Appropriation Art", in: Butin 2002a, S. 15-18. Crimp 1996a, S. 144. Vgl. etwa die Verwendung in: Schenker 1988. Vgl. Pfister 1985, S. 26-27. 199 DOUBLE (frz. (das) Doppelte, Duplikat, Doppelgänger);735 im Gegensatz zur Replik von fremder Hand angefertigtes Duplikat als eigenständiges Werk736 ENTLEHNUNG Sprachwissenschaft: Vorgang und Ergebnis der Übernahme eines sprachlichen Ausdrucks aus einer Fremdsprache in die Muttersprache, meist in solchen Fällen, in denen es in der eigenen Sprache keine Bezeichnung für neu entstandene Sachen bzw. Sachverhalte gibt.737 FÄLSCHUNG Mit arglistiger Täuschungs- und Betrugsabsicht angefertigte Kopie.738 FAKE (engl. Fälschung, Kunstgriff, Trick, Schwindel, Erfindung);739 nach der Definition Stefan Römers mimetische Nachbildung eines anderes Kunstwerks, die im Gegensatz zur Fälschung selbst auf ihren gefälschten Charakter hinweist und mittels einer genauen Bilduntersuchung auf einen kunsthistorischen Erkenntnisprozess zielt; Fake wird als Kritik der Institution der Kunst und ihrer Ideologie des Originals betrachtet.740 FASSUNG Die in wesentlichen Punkten abweichende Replik.741 HOMMAGE Huldigung an einen bestimmten Künstler oder eine Künstlergruppe in Form einer an ihn/sie oder sein/ihr Werk erinnernden Darstellung, wobei auch eine Form von Selbstdarstellung des Huldigenden, sowie eine Bezugnahme auf kontextuelle Entwicklungen impliziert sein können.742 KOPIE Im Gegensatz zur Fälschung manuelle Wiederholung eines anderen Kunstwerks ohne betrügerische Absichten; auch Stiche oder Fotografien nach Kunstwerken sind Kopien, unterscheiden sich jedoch als Reproduktionen von manuellen Kopien durch die Verwendung mechanischer Prozesse; Unterscheidung dreier Arten der Kopie: 1) in der Absicht einer Wiederholung, 2) als Bestandteil der künstlerischen Ausbildungspraxis seit der 735 736 737 738 739 740 741 742 Vgl. Artikel "Double", in: Le Nouveau Petit Robert. Dictionnaire alphabétique et analogique de la langue française, hrsg. von Paul Robert, Paris: Dictionnaires Le Robert, 1993, S. 680-681. Vgl. den Gebrauch bei Frohne 2000, S. 271. Vgl. Artikel "Entlehnung", in: Lexikon der Sprachwissenschaft, hrsg. von Hadumod Bussmann, 3. Aufl., Stuttgart: Kröner, 2002; S. 193. - Die Umschreibung der Entlehnung als "schöpferische Nachahmung eines Kunstwerks" im Du-Themenheft Meister borgen bei Meistern ist unpräzise und daher als Definition nicht dienlich; vgl. Meister borgen bei Meistern (du. Kulturelle Monatsschrift), 1961, Bd. 21, H. 243, S. 24-43. Vgl. "Kunstfälschung", in: Lexikon der Kunst, hrsg. von Harald Olbrich u. a., 7 Bde., Leipzig: E.A. Seemann Verlag, 1987-1994, Bd. 7, 1989, S. 145-146. Vgl. Artikel "fake", in: The Oxford English Dictionary, hrsg. von J.A. Simpson und E.S.C. Weiner, 20 Bde., 2. Aufl., Oxford: Clarendon Press, 1989, hier Bd. 1. Vgl. Römer 1999a und Römer 2001. Döhmer 1978, S. 76. Vgl. Hattendorff 1998. 200 Antike, 3) als Ausgangspunkt für die Schöpfung eines neuen Werks;743 die Kopie ist nicht unbedingt im gleichen Massstab wie das Vorbild angefertigt, aber in den gleichen Proportionen und in einer ähnlichen Technik.744 NACHAHMUNG* Indirekte Transformation, die in einer nicht sichtbaren Zwischenstufe eine Art Modell als Vermittlung zwischen dem nachgeahmten und dem nachahmenden Kunstwerk erstellt; Reproduktion von erkannten und ausgewählten Eigenschaften des Vorbilds; erzählt eine andere Geschichte als der ursprüngliche Text, lässt sich aber von dem durch den ursprünglichen Text begründeten "zugleich formalen und thematischen Gattungstypus leiten".745 NACHBILDUNG* Ernste Nachahmung, im Unterschied zum spielerischen Pastiche.746 ORIGINAL (von lat. origo, Ursprung, Quelle, Stamm)747, eigenständiges Werk eines Künstlers; in Grafik und Bronzeguss der Abzug bzw. Abguss von der Hand des Künstlers (oder unter seiner Aufsicht entstanden).748 PARAPHRASE Sprachwissenschaft: (umgangssprachlich) Umschreibung; Mittel zur eines Erklärung, Verdeutlichung oder Interpretation kommunikativer Absichten oder Definition,749 verdeutlichende Übertragung eines Textes in eine andere Sprachform, sehr freie Übersetzung in eine andere Sprache;750 Musik: frei ausschmückende Bearbeitung von Tonstücken, Phantasie über ein Tonstück); Kunst: allgemeine Bezeichnung für frei ausschmückende Bearbeitung oder Nachahmung von Kunstwerken. PARODIE* Komische und spielerische Bedeutungsänderung durch minimale Transformation eines Vorbildes;751 betreffend Literatur: "semantische Transformation",752 übertragen auf die Kunst: minimale Transformation von Darstellungselementen. PASTICCIO (ital., Pastete, Durcheinander, Pfuscherei) Collage von Zitaten oder Stilelementen verschiedener Herkunft zu einem neuen Ganzen.753 743 744 745 746 747 748 749 750 751 752 753 Vgl. Artikel "Copy", in: The Dictionary of Art, hrsg. von Jane Turner, 34 Bde., London/New York: Macmillan Publishers/Grove, 1996, Bd. 7, S. 830-831. Vgl. Döhmer 1978, S. 76. Genette 1993, S. 16. Genette 1993, S. 40. Vgl. Saur 1984, Sp. 1373. Vgl. "Original", in: Lexikon der Kunst 1987-90, Bd. 9, 1989, S. 27. – Die Problematisierung des Original-Begriffs wird ihrer Komplexität wegen hier ignoriert und im Hauptteil der Arbeit angesprochen. Vgl. Artikel "Paraphrase", in: Lexikon der Sprachwissenschaft, hrsg. von Hadumod Bussmann, 3. Aufl., Stuttgart: Kröner, 2002, S. 496. Vgl. Artikel "Paraphrase", in: Metzler-Lexikon Sprache, hrsg. von Helmut Glück, Stuttgart/Weimar: Verlag J. B. Metzler, 1993, S. 451-452. Genette 1993, S. 40. Genette 1993, S. 42. Vgl. Döhmer 1978, S. 76 und "Pasticcio", in: Lexikon der Kunst 198790, Bd. 9, 1989 S. 98. 201 PASTICHE* (einerseits frz. für Pasticcio, hier im Sinne Genettes verwendet): ohne satirische Absicht aber spielerisch unternommene Nachahmung eines Vorbilds.754 PERSIFLAGE* Satirisches Pastiche.755 PLAGIAT Art der Fälschung, bei der fremdes (Gedanken-)Gut als eigenes ausgegeben wird.756 RECYCLE/RECYCLING (engl. Wiederverwendung eines Materials in einem industriellen Prozess; Rückkehr zu einer früheren Stufe in einem Kreislauf; Wiederverwertung eines unbrauchbaren Materials im Sinne einer Wiederaufbereitung in eine brauchbare Form);757 allgemeine Wiederverwertung und – aufbereitung eines Kunstwerkes; bei Markus Brüderlin die Wiedereinführung einer Reproduktion in den Museumskontext.758 REFERENZ (lat. referre, sich beziehen auf) 1. Bezugnahme; 2. Sprachwissenschaft: Bezugnahme sprachlicher Ausdrücke auf aussersprachliche "Welt";759 Bericht, Auskunft; von einer Vertrauensperson gegebene Auskunft, die man als Empfehlung vorweisen kann; Vertrauensperson, die über jmdn. eine positive Auskunft geben kann. REMINISZENZ Erinnerung, Anklang an ein Kunstwerk. REPLIK Vom Urheber des Originals (oder seiner Werkstatt) hergestellte exakte Kopie.760 REPRISE (Musik: Wiederholung eines Teils im Sonatensatz; Wiederaufnahme eines früher gezeigten Films oder Theaterstücks); Kunst: möglichst genaue Wiederholung und Wiederaufnahme eines Kunstwerks.761 REPRODUKTION (von neulat. reproductio, Wiederherstellung) Bezeichnung für das Verfahren und Resultat der Wiedererzeugung oder der Vervielfältigung; bildende Kunst: In einem Medium verfertigte (meist verkleinerte) Nachbildung, die eine technische Vervielfältigung erlaubt (Holzstich, 754 755 756 757 758 759 760 761 Genette 1993, S. 40 u. 44. – Als monografische Diskussion und Anwendung des Begriffs in Bezug auf Kunst, Film und Literatur vgl. Hoesterey 2001. Genette 1993, S. 40. Vgl. Rebbelmund 1999, S. 24. Vgl. "recycle" (v + sb), in: The Oxford English Dictionary, hrsg. von J.A. Simpson und E.S.C. Weiner, 20 Bde., 2. Aufl., Oxford: Clarendon Press, 1989, hier Bd. 13, S. 388. Brüderlin 1994, S. 62-63. Vgl. Artikel "Referenz", in: Metzler-Lexikon Sprache, hrsg. von Helmut Glück, Stuttgart/Weimar: Verlag J. B. Metzler, 1993, S. 499. Vgl. "replica", in: The Dictionary of Art, hrsg. von Jane Turner, 34 Bde., London/New York: Macmillan Publishers/Grove, 1996, Bd. 26, S. 221. Vgl. die Verwendung des Begriffs in Bezug auf die Kunst von Elaine Sturtevants in: Frohne 2000, S. 282-283. 202 Holzschnitt, Kupferstich, Radierung, Fotografie, digitale Aufnahme und deren Verarbeitung).762 STILKOPIE Ernsthafte Nachempfindung eines Stils eines Künstlers oder einer Epoche (z.B. im Klassizismus).763 TRANSPOSITION* Ernste Transformation (im Gegensatz zur Parodie).764 TRANSFORMATION* Steht im Gegensatz zur Nachahmung im einfachen oder direkten Verhältnis zum Vorbild (Vorbild entspricht hier dem Hypotext bei Genette); offensichtlicher Bezug ohne das Vorbild direkt nennen zu müssen; Abänderung irgendeines Bestandteils des Vorbildes.765 TRAVESTIE* Stilistisch herabsetzende Transformation eines Vorbildes.766 ÜBERSETZUNG Sprachwissenschaft: Vorgang und Ergebnis einer Übertragung eines Textes aus einer Ausgangssprache in eine Zielsprache;767 Kunst: Übertragung eines Motivs/Sujets von einem Vorbild in ein in Stil und Ausdruck verändertes Nachbild. VERSION Sonderform der Variante (kann in grossem zeitlichen Abstand zum Vorbild entstehen).768 VARIANTE Abwandlung eines Motivs oder Themas durch den Künstler selbst.769 VARIATION Abwandlung einer Bildidee durch Schüler/Werkstatt; Wiederaufgreifen eines Motivs, einer Formvorstellung, Bildidee und deren unterschiedlich intensive Abwandlung durch fremde Hand, die bis zur fast völligen Umwandlung führen kann.770 WIEDERHOLUNG Allgemein das gezielte, nochmalige Aufgreifen von etwas schon 'Dagewesenem'. ZITAT Wörtlich oder bildlich genau wiedergegebener Ausschnitt einer Vorlage,771 welche als solches kenntlich gemacht sein muss (in der Sprache durch Anführungszeichen, in der Kunst beispielsweise durch das 'Bild 762 763 764 765 766 767 768 769 770 771 Vgl. "Reproduktion", in: Lexikon der Kunst 1987-90, Bd. 10, 1989, S. 53. – Zur Problematik des Begriffs bei Walter Benjamin und seiner Nachfolge vgl. den Hauptteil der Arbeit. Vgl. Rebbelmund 1999, S. 22. Genette 1993, S. 43-44. Genette 1993, S. 15-17. Genette 1993, S. 40. Vgl. Artikel "Übersetzung", in: Lexikon der Sprachwissenschaft, hrsg. von Hadumod Bussmann, 3. Aufl., Stuttgart: Kröner, 2002, S. 717-718. Vgl. Rebbelmund 1999, S. 24. Vgl. Rebbelmund 1999, S. 24. Vgl. "Variation", in: Lexikon der Kunst 1987-1994, Bd. 7, 1994, S. 556. Vgl. Rebbelmund 1999, S. 23. 203 im Bild'),772 für die Sprache sind zahlreiche Typen des Zitats je nach Motivation des Zitierenden und Form des Zitats zu unterscheiden;773 Entsprechungen liessen sich zum Teil auch für die Kunst definieren. 772 773 Vgl. Goodman 1990, S. 65-68. Vgl. zu einer ausführlichen Untersuchung der Zitattypen in der Sprache: Bennighoff-Lühl 1998. 204 Abbildungsverzeichnis 1. Gerhard Richter, Tisch, 1962, Öl auf Leinwand, 90 x 113 cm, Kunsthalle zu Kiel, Leihgabe Sammlung Onnasch, Berlin (Werk-Nr. 1). 2. Tizian, Verkündigung, Öl auf Leinwand, ca. 1520, 166 x 266 cm, Venedig, Scuola Grande di San Rocco. 3. Gerhard Richter, Verkündigung nach Tizian, 1973, Öl auf Leinwand, 125 x 200 cm, New York, Hirshhorn Museum (343-1). 4. Gerhard Richter, Verkündigung nach Tizian, 1973, Öl auf Leinwand, 125 x 200 cm, New York, Hirshhorn Museum (343-2). 5. Gerhard Richter, Verkündigung nach Tizian, 1973, Öl auf Leinwand, 150 x 250 cm, Schaffhausen, Hallen für neue Kunst, Sammlung Crex (344-1). 6. Gerhard Richter, Verkündigung nach Tizian, 1973, Öl auf Leinwand, 150 x 250 cm, Schaffhausen, Hallen für neue Kunst, Sammlung Crex (344-2). 7. Gerhard Richter, Verkündigung nach Tizian, 1973, Öl auf Leinwand, 150 x 250 cm, Schaffhausen, Hallen für neue Kunst, Sammlung Crex (344-3). 8. Gotthard Graubner, Hommage à Tintoretto, 1982, Öl und Acryl auf Leinwand über Kunstfaserfüllung, 400 x 400 x 20 cm, Frankfurt am Main, Museum für Moderne Kunst. 9. Sigmar Polke, Original + Fälschung 5-13a, 1973, Collage auf schwarzem Karton, grün angespritzt, 60 x 80 cm, Duisburg, Sammlung Grothe. 10. Sigmar Polke, Original + Fälschung 6, 1973, Öl auf Leinwand, 90 x 70 cm, Duisburg, Sammlung Grothe. 11. Henri de Toulouse-Lautrec, Marcelle, 1894, Öl auf Karton, 460 x 295 cm, Albi, Musée Toulouse-Lautrec (gestohlen am 27.12.1968 während einer Ausstellung in Kioto). 12. Sigmar Polke, Original + Fälschung 5, 1973, Öl auf Leinwand, 90 x 70 cm, Duisburg, Sammlung Grothe. 13. Thomas Gainsborough, Bildnis des Brigadier General Sir Robert Fletcher, ca. 1771, 72,5 x 60,6 cm, Montreal Museum of Fine Arts (gestohlen am 4.9.1972). 14. Sigmar Polke, Original + Fälschung 11, 1973, Öl auf Leinwand, 90 x 70 cm, Duisburg, Sammlung Grothe. 15. Antonello da Messina, Bildnis eines Mannes, ca. 1470, Öl auf Holz, 28,5 x 22,5 cm, Pavia, Museo Civico Malaspina (gestohlen am 10./11.5.1970). 16. Sigmar Polke, Original + Fälschung 12, 1973, Öl auf Leinwand, 90 x 70 cm, Duisburg, Sammlung Grothe. 17. Antonio Allegri da Correggio, Hl. Familie mit der Hl. Elisabeth und dem Johannesknaben, ca. 1515, Öl auf Holz, 27 x 21 cm, Pavia, Museo Civico Malaspina (gestohlen am 11.5.1970). 18. Marcel Duchamp, L.H.O.O.Q., 1919, rectified readymade: Bleistift auf Postkarte, 19,7 x 12,4 cm, Privatbesitz. 19. Robert Rauschenberg, Erased de Kooning Drawing, 1953, Spuren von Tinte und Buntstift auf Papier, Sammlung des Künstlers. 20. Sigmar Polke, Moderne Kunst, 1968, Dispersion auf Leinwand, 150 x 125 cm, Møn/Stuttgart, Gemeinsames Eigentum der Sammlungen Block/Froehlich. 205 21. Sigmar Polke, Akt mit Geige, 1968, Dispersion auf Holzfaserplatte, 90 x 75 cm, München, Leihgabe des Wittelsbacher Ausgleichfonds Sammlung Herzog Franz von Bayern an die Bayrische Staatsgemäldesammlung. 22. Jörg Immendorff, Vergleichen sie mit meinen Arbeiten die folgenden Bilder: „Feininger, Hodler, Kandinsky, Cross, Cézanne, Thoma, Leibl, Marées, Blechen, Pissarro, Manet, Millet, Beckmann, Klee, Munch. Kommt den Leuten entgegen!, 1964, Collage, 49 x 40 cm, Privatsammlung. 23. Gerhard Richter, Übersicht, 1998, Offsetdruck, 83 x 68 cm, 10 Exemplare. 24. Sigmar Polke, Konstruktionen um Leonardo da Vinci und Sigmar Polke (Detail), 1969, Offsetdruck auf Papier (5 Seiten mit 2 Abb.), 20 x 21 cm, Leverkusen, Städtisches Museum, Schloss Morsbroich. 25. Gerhard Richter, Atlas, Tafeln 249 + 250 (Detail): Räume, 1971, 2 FarbFotos in Raumskizzen montiert und 8 Farb-Fotos in Raumskizzen montiert, 66,7 x 51,7 cm (beide), in: Friedel/Wilmes 1997. 26. Gerhard Richter, Grosse Teyde-Landschaft (mit zwei Figuren), 1971, Öl auf Leinwand, 200 x 300 cm, Zürich, Sammlung Crex. 27. Gerhard Richter, Parkstück, 1971, Öl auf Leinwand, 300 x 375 cm (dreiteilig), Privatsammlung. 28. Gerhard Richter, Ema (Akt auf einer Treppe), 1966, Öl auf Leinwand, 200 x 130 cm, Köln, Museum Ludwig (134). 29. Marcel Duchamp, Nu descendant un escalier [No. 2], 1912, Öl auf Leinwand, 146 x 89 cm, Philadelphia Museum of Art, The Louise and Walter Arensberg Collection. 30. Gerhard Richter, Olympia, 1967, Öl auf Leinwand, 200 x 130 cm, Berlin, Privatsammlung. 31. Gerhard Richter, Brigid Polk, 1971, Öl auf Leinwand, 175 x 175 cm, Köln, Ingrid Andree. 32. Sigmar Polke, Konstruktivistisch, 1968, Dispersion auf Leinwand, 150 x 125 cm, München, Leihgabe des Wittelsbacher Ausgleichfonds Sammlung Franz von Bayern an die Bayrische Staatsgemäldesammlungen. 33. Roy Lichtenstein, Non-objective II, 1964, Öl und Magna auf Leinwand, 121,9 x 121,9 cm, New York, Sonnabend Collection. 34. Gerhard Richter, Grau, 1970, Öl auf Nessel, 200 x 150 cm, Essen, Privatbesitz Hans und Isa Piotrowiak (247-2). 35. Sigmar Polke, Höhere Wesen befahlen: rechte obere Ecke schwarz malen!, 1969, Lack auf Leinwand, 150 x 125,5 cm, Stuttgart, Sammlung Froehlich. 36. Sigmar Polke, Carl Andre in Delft, 1968, Acryl auf Dekostoff, 80 x 75 cm, Köln, Sammlung Speck. 37. Gerhard Richter, 1024 Farben, 1974, 300 x 300 cm, Duisburg, Sammlung Grothe (355-2). 38. Ellsworth Kelly, Spektralfarben, zufällig verteilt, 1951-53, Öl auf Holz, 152,4 x 152,4 cm, Besitz des Künstlers. 39. Sigmar Polke, Wandbild mit hygroskopischer Farbe, Kobalt-II-Chlorid, 1986, XLII. Biennale in Venedig, Pavillon der Bundesrepublik Deutschland (Vormittags), in: Polke Katalog 1997(1), p. 254. 40. Sigmar Polke, Wandbild mit hygroskopischer Farbe, Kobalt-II-Chlorid, 1986, XLII. Biennale in Venedig, Pavillon der Bundesrepublik Deutschland (Nachmittags), in: Polke Katalog 1997(1), p. 255. 41. Gerhard Richter, Vier Glasscheiben, 1967, Glas und Eisen, 4teilig, je 190 x 100 cm, London, Anthony d’Offay Gallery (160). 206 42. Sigmar Polke, Tropenwald, 1992, Holzfurnier und Dispersion auf Polyestergewebe, 300 x 225 cm, Privatsammlung. 43. Sigmar Polke, Fensterfront, 1994, Kunstharzlack und Stoff auf bedrucktem Polyestergewebe, 300 x 500 cm, Köln, Museum Ludwig. 44. Gerhard Richter, Seestück (See-See), 1970, Öl auf Leinwand, 200 x 200 cm, Berlin, Staatliche Museen Preussischer Kulturbesitz, Nationalgalerie (244). 45. Gerhard Richter. Atlas, Tafel 184: Seestücke, 1969, 9 Collagen aus 2 Farbfotos mit Klebefilm einzeln montiert 66,7 x 51,7 cm, , in: Friedel/Wilmes 1997. 46. Gerhard Richter, Spiegel, grau, 1991, farbig beschichtetes Glas, gerahmt, 280 x 165 cm, Musée des Beaux-Arts de Nantes (735-1). 47. Gerhard Richter, Vorhang II, 1965, Öl auf Leinwand, 200 x 195 cm, Berlin; Staatliche Museen Preussischer Kulturbesitz, Nationalgalerie (55). 48. Sigmar Polke, Blauer Boucher, 1994, Verschiedene Materialien auf Leinwand, 190 x 200 cm , Privatbesitz. 49. Sigmar Polke, So sitzen Sie richtig (nach Goya), 1982, Dispersion auf Stoff, 200 x 180 cm, Baden-Baden, Sammlung Frieder Burda. 50. Sigmar Polke, Dr. Berlin, 1969-74, Dispersion, Lack und Spray auf Nessel, 150 x 120 cm, Köln, Privatsammlung. 51. Robert Rauschenberg, Factum I, 1957, combine-painting: Öl, Tinte, Bleistift, Kreide, Stoff, Zeitung, Druckerzeugnisse und bedrucktes Papier auf Leinwand, 157,5 x 90,2 cm, Los Angeles, The Museum of Contemporary Art. 52. Robert Rauschenberg, Factum II, 1957, combine-painting: Öl, Tinte, Bleistift, Kreide, Stoff, Zeitung, Druckerzeugnisse und bedrucktes Papier auf Leinwand, 157,5 x 90,2 cm, Chicago, The Morton G. Neumann Family Collection. 53. Roy Lichtenstein, Yellow Brushstroke II, 1965, Öl und Magna auf Leinwand, 91,4 x 274,3 cm, Privatbesitz. 54. Gerhard Richter, Gelb, 1973, Öl auf Leinwand, 300 x 600 cm, BMW München (345-2). 55. Gerhard Richter, Strich (auf Rot) (Detail), 1980, Öl auf Leinwand, 190 cm x 2000 cm, Soest, Börde-Schule (452). 56. Sigmar Polke, Streifenbild I, 1967, Dispersion auf Leinwand, 190 x 150 cm, F.+ H.G. Prager. 57. Sigmar Polke, Vitrinenstück, 1966, 1: Pappbuchstaben auf Velour, 110 x 130 cm, 2: Pappbuchstaben auf Acryl und Nessel, 30 x 130 cm, 3: Fotografie und Typoskript auf Velour, 110 x 130 cm, 4: Acryl auf Stoff, 190 x 170 cm, 5: Vitrine mit Erbsen, zwei Untertassen, Zündhölzern ohne Köpfe, Bildfragment, Fotografie, Typoskript, München, Leihgabe des Wittelsbacher Ausgleichfonds Sammlung Herzog Franz von Bayern an die Bayrischen Staatsgemäldesammlungen. 58. Grandville, Die gefährlichen Bilder, 1844, Holzstich, in: Grandville, Un autre monde, Paris: Fournier, 1844. 59. D. Martin, Don Martin Dept. Part II. In the Hall of Fame, in: Polke/Duchow 1973, [S. 38]. 60. Sigmar Polke, Dürerschleifen (Acrimonia, Virilitas, Audatia, Experentia und Solertia) (vier von acht), 1986, Graohit in Dammar, Zeichnung in Silberoxyd, 190 x 200 cm bzw. 200 x 190 cm, München, Bayrische Staatsgemäldesammlungen, Staatsgalerie moderner Kunst und Leihgabe des Galerievereins München e.V. an die Bayrischen Staatsgemäldesammlungen. 207 61. Sigmar Polke, Künstlerrückzüchtung (Die sechzehn bedeutendsten zeitgenössischen Künstler und ihre Rückzüchtung) (Detail), 1983, Offsetdruck in Schwarz auf rosafarbenem Halbkarton nach eigenen Fotokopien von Filmstreifen von Ch. Zöllner, 29,8 x 22,2 cm, 3500 Exemplare, Beitrag I in: Polke Katalog 1989. 62. Sigmar Polke u. Gerhard Richter, Umwandlung, 1968, Offsetdruck in Schwarz auf Halbkarton, nach 5 eigenen Fotografien, 46,5 x 67,2 cm, 232 bekannte Exemplare, Berlin, Galerie René Block. 63. Sigmar Polke, 5 Punkte, 1964, Dispersion auf Stoff, 90 x 70 cm, Stuttgart, Sammlung Froehlich. 64. Gerhard Richter, Philip Wilhelm, 1964, Öl auf Leinwand, 150 x 130 cm, Köln, Privatbesitz. 65. Sigmar Polke, Ruhe auf der Flucht nach Ägypten (nach Hoogstraten), 1997, Kunststoffsiegel auf Polyestergewebe, 280 x 350 cm, Privatbesitz (Courtesy Galerie Michael Werner, Köln und New York). 66. Sigmar Polke, Fungus Rock, 1992, Polyestergewebe bedruckt, Kunststoffsiegel, Kunstharzlack, rückseitig gegossen, Schwarz vorn, 300 x 400 cm, Privatsammlung. 67. Gerhard Richter, Familie nach altem Meister, 1965, Öl auf Leinwand, 147 x 155 cm, Düsseldorf, Privatbesitz (26). 68. John Singleton Copley, The Copley Family, 1776-77, Öl auf Leinwand, 184,1 x 229,2 cm, Washington, D.C., National Gallery of Art. 69. Gerhard Richter, Atlas, Tafeln 9 + 10: Zeitungsfotos, 1962-68, 11 S/WAusschnitte und 1 S/W-Foto und 18 S/W-Ausschnitte mit handschriftlicher Anmerkung, 51,7 x 66, 7 cm (beide), in: Friedel/Wilmes 1997. 70. Thomas Struth, "Künstler im Familienglück", in: DIE ZEIT, Juli 2002, S. 33. 71. Sigmar Polke, Monopoli, 1989, verschiedene Medien auf Leinwand, 180 x 150 cm, Privatbesitz. 72. Sigmar Polke, Rouleaux de papier motifs Révolution I, 1989, verschiedene Medien auf Leinwand, 200 x 190 cm, Pars, Galérie Chantal Crousel. 73. Sigmar Polke, Dürer-Hase, 1968, Dispersion und Plakatsilber auf Stoff, 80 x 60 cm, Baden-Baden, Sammlung Frieder Burda. 74. Sigmar Polke, Gummibandbild Dürer-Hase, 1970, Gummiband auf Stoff, 90 x 75 cm, Privatsammlung. 75. Sigmar Polke, Handtücher, 1994, Textilien, vernäht, 300 x 225 cm, Privatsammlung. 76. "Art-Umfrage nach den Lieblingsbildern der Deutschen. Nun steht fest: An erster Stelle die Mona Lisa", in: Art, 1989, Nr. 11, S. 63 (mit Albrecht Dürer, Feldhase, 1502, Aquarell und Deckfarben auf Papier, 25 x 23 cm, Wien, Albertina). 77. Leonardo da Vinci, Anbetung der Könige, 1481, Tempera, Öl und Bleiweiss auf Holz, 243-246 cm, Florenz, Uffizien. 78. Sigmar Polke, Anbetung der Könige: vor Leonardo, 1984, Mischtechnik auf Leinwand, 200 x 160 cm, Düsseldorf, Sammlung Raschdorf. 79. Sigmar Polke, Anbetung der Könige: nach Leonardo, 1984, Mischtechnik auf Leinwand, 200 x 160 cm, Privatbesitz. 80. Sigmar Polke, Leonardo, 1984, Mischtechnik auf Leinwand, 200 x 160 cm, Privatbesitz. 81. Aby Warburg, Bilderatlas Mnemosyne, Tafel 77, 1929, in: Warnke 2000, S. 129. 208 82. Gerhard Richter, Engelskopf, 1963/65, Öl auf Leinwand, 68 x 72 cm, Privatbesitz. 83. Sigmar Polke, Darf man Kinder auslachen?, 1964, Aquarell, Deckweiss auf Papier, 29,5 x 21 cm, Stuttgart, Sammlung Froehlich. 84. Gerhard Richter, Kleine Badende, 1996, Cibachrome, 53 x 38 cm, 4 Exemplare (Probe). 209 Zitierte Literatur Abstraction 1980 Abstraction. Towards a New Art, Painting 1910-1920 [Ausstellungskatalog: London, Tate Gallery, 1980], London: Tate Gallery Publications, 1980. Adriani 1980 Götz Adriani, "Robert Rauschenberg. 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